Drachen und Rad
Gesammelte Beiträge zur mährischen Geschichte
Edited By Hellmuth Kiowsky
Einige Brünner Theater-Anekdoten
Extract
Das Brünner Deutsche Theater wurde damals von Leopold Kramer geleitet. Bei seinem Amtsantritt hatte man ihm nahegelegt, das gesamte in Brünn ansässige Personal zu übernehmen. Kramer machte, was das betraf, nur bei einem einzigen Mitglied, Ernst Reginald Ullmann, Schwierigkeiten und wollte ihm keinen Vertrag geben. Ullmann wandte sich daraufhin an alle möglichen Instanzen mit der Bitte um Intervention, unter anderen auch an die jüdische Kultusgemeinde, an die er den dringenden Appell richtete, „einem armen jüdischen Schauspieler nicht seines Brotes berauben zu lassen“.
Die Herren der Brünner Kultusgemeinde prüften Ullmanns Schreiben gewissenhaft und kamen zu dem Schluss, dass darin kein wahres Wort zu finden sei. Sie sagten: „Arm ist er nicht, denn seine Eltern sind begüterte Holzhändler. Jüdisch ist er nicht, denn er ist zum Islam übergetreten. Und dass er Schauspieler ist… davon hat noch niemand was gemerkt!“
In seinem letzten Brünner Direktionsjahr schien Leopold Kramer von einer Art Torschlusspanik befallen, er spielte und inszenierte ein Stück nach dem anderen und ließ es sich nicht nehmen, sogar das Kindermärchen „Schneewittchen“ selbst in Szene zu setzen.
Für die sieben Zwerge hatte man besonders geeignete Kinder von Brünner Bühnenarbeitern, Garderobern und Requisiteuren ausgesucht.
Kramer war vom sprachlichen Niveau dieser jugendlichen Künstler keineswegs begeistert. Besonders mit der Leistung des Zwerges, der sagt: „Wer hat in meinem Bettchen geschlafen?“, wollte er sich nicht zufrieden geben. Immer wieder...
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