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Der Betreiberbegriff im Umweltrecht

Unter besonderer Berücksichtigung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und seiner Bedeutung für den Rechtsverkehr

von Katharina Kürzel (Autor:in)
©2015 Dissertation XXVI, 326 Seiten

Zusammenfassung

Aus aktuellem Anlass, der Ersetzung der IVU-Richtlinie (Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) durch die IE-Richtlinie (Richtlinie über Industrieemissionen), widmet sich die Studie der Bestimmung des im deutschen Immissionsschutzrecht nicht definierten Betreiberbegriffs. Untersucht wird aufgrund der Abkehr des Richtliniengebers vom Grundsatz der Betreiberidentität die Vereinbarkeit des deutschen Immissionsschutzrechts mit den europarechtlichen Vorgaben. Ferner behandelt das Buch die Gewichtung von Betreiber-Kriterien in für Wissenschaft und Praxis relevanten Konstellationen einschließlich Mehrpersonenverhältnissen und Rechtsnachfolge. Es beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Gesellschafts- und Umweltrecht, der Betreiberbestimmung im Konzern sowie bei Verschmelzungen und Spaltungen von Unternehmen. Auf Basis der Untersuchungsergebnisse wird eine Definition des Betreiberbegriffs entwickelt.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsübersicht
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Teil 1. Einleitung
  • Teil 2. Immissionsschutzrechtliche Vorschriften, die Rückschlüsse auf den Inhalt und die Bedeutung des Betreiberbegriffs geben
  • § 1. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage
  • I. Anlage nach § 3 Abs.5 BImSchG
  • II. Die genehmigungsbedürftige Anlage
  • 1. Gegenstand der Genehmigungspflicht
  • a) Errichtung
  • b) Betrieb
  • 2. Abschließender Anlagenkatalog
  • 3. Mindestbetriebsdauer
  • 4. Leistungsgrenze und Anlagengröße
  • 5. Anlagenumfang und Reichweite des Genehmigungserfordernisses
  • a) Haupteinrichtung
  • b) Nebeneinrichtungen
  • c) Gemeinsame Anlage
  • 6. Der Betreiber als Inhaber der anlagenbezogenen Genehmigung
  • § 2. Der Betreiber und der Träger des Vorhabens im Genehmigungsverfahren
  • I. Der Träger des Vorhabens als Antragsteller
  • II. Anzeige- und Genehmigungspflichten bei der Änderung genehmigungsbedürftiger Anlagen
  • III. Anzeige- und Genehmigungspflichten bei Betreiberwechsel
  • IV. Der Begriff des Vorhabenträgers versus der Begriff des Betreibers
  • § 3. Der Betreiber als Adressat von Grundpflichten und Überwachungspflichten
  • I. Der Betreiber einer genehmigungsbedürftigen Anlage als Adressat der Grundpflichten
  • 1. Die Schutzpflicht nach § 5 Abs.1 Nr.1 BImSchG
  • 2. Die Vorsorgepflicht nach § 5 Abs.1 Nr.2 BImSchG
  • 3. Die Nachsorge- und Rückführungspflicht nach § 5 Abs.3 und Abs.4 BImSchG
  • II. Überwachungspflichten
  • 1. Sicherstellung der Zustellungsmöglichkeit nach § 51b BImSchG – die Nationalität des Betreibers
  • 2. Betreibereigene Überwachung nach §§ 26 ff. BImSchG – der Betreiber als Überwacher
  • 3. Behördliche Überwachung nach § 52 BImSchG – das Kriterium der dinglichen Berechtigung
  • 4. Mitteilungspflichten nach § 52b BImSchG – die Organisationsformen des Betreibers
  • a) Die Anzeigepflicht nach § 52b Abs.1 BImSchG
  • aa) Der Betreiber als Kapitalgesellschaft
  • bb) Der Betreiber als Personengesellschaft
  • b) Immissionsschutzrechtliche Gesamtverantwortung im Unternehmen
  • c) Mitteilungspflicht nach § 52b Abs.2 BImSchG
  • § 4. Der immissionsschutzrechtliche Grundsatz der Betreiberidentität
  • I. Historischer Hintergrund des § 1 Abs. 1 S. 4 der 4. BImSchV – Die Windfarm-Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Abweichen vom Grundsatz der Betreiberidentität
  • II. Umfang und Berechtigung der Geltung des Grundsatzes der Betreiberidentität im deutschen Immissionsschutzrecht
  • 1. Vorteile des Grundsatzes der Betreiberidentität im deutschen Immissionsschutzrecht
  • 2. Nachteile des Grundsatzes der Betreiberidentität
  • 3. Faktische Durchbrechung und Einschränkungen des Grundsatzes der Betreiberidentität
  • III. Der Betreiber und der Grundsatz der Betreiberidentität im Unionsrecht
  • 1. Allgemeiner Hintergrund des europäischen Industrieanlagenrechts
  • 2. Der Betreiberbegriff nach der IE-Richtlinie
  • 3. Die Abkehr vom Grundsatz der Betreiberidentität nach der IE-Richtlinie
  • 4. Das Verhältnis nationalen Rechts zum Unionsrecht
  • a) Vorrang der richtlinienkonformen Auslegung
  • b) Grenzen der richtlinienkonformen Auslegung
  • c) Behandlung des Betreiberbegriffs und des Grundsatzes der Betreiberidentität im deutschen Recht vor dem Hintergrund der IE-Richtlinie
  • § 5. Der Betreiber nach der Störfallverordnung
  • I. Der Betreiber eines Betriebsbereichs nach der StörfallVO
  • II. Die Pflichten des Betreibers zur Verhinderung von Störfällen
  • 1. Die Grundpflichten und erweiterten Pflichten
  • 2. Die Anzeigepflichten des Betreibers nach der StörfallVO
  • III. Die Bestimmung des Betreiberbegriffs vor dem Hintergrund der Seveso II-Richtlinie und Seveso III-Richtlinie
  • 1. Der Betreiberbegriff nach der Seveso II-Richtlinie und der Seveso III-Richtlinie
  • 2. Die Umsetzung der auf den Betreiber bezogenen Vorgaben der Seveso II-Richtlinie in das deutsche Störfallrecht
  • § 6. Der Betreiber als Adressat sanktionsrechtlicher Vorschriften
  • I. Der Betreiber als Adressat von Ordnungsverfügungen und Sanktionen nach dem BImSchG
  • II. Der Betreiber als Adressat von Sanktionen nach dem Strafgesetzbuch
  • 1. Der Betreiber als Täter bei unerlaubtem Anlagenbetrieb nach § 327 Abs.2 Nr.1 StGB
  • 2. Der Betreiber als Täter bei Luftverunreinigung und Lärmverursachung nach §§ 325, 325a StGB
  • § 7. Zusammenfassung
  • Teil 3. Der in anderen Gesetzen verwendete Betreiber- bzw. Inhaberbegriff in Abgrenzung zum Betreiberbegriff des BImSchG
  • § 1. Der Betreiber nach dem TEHG
  • I. Allgemeiner Hintergrund
  • II. Der „Anlagenbetreiber“ als Adressat nach § 3 Nr.4 TEHG
  • III. Der Verantwortliche als Adressat nach § 3 Abs.7 TEHG a.F.
  • IV. Der Betreiberbegriff nach der Emissionshandelsrichtlinie 2003/87/EG
  • V. Der Betreiber nach dem TEHG in Abgrenzung zum Betreiber des BImSchG
  • § 2. Der energiewirtschaftliche Begriff des Anlagenbetreibers nach dem EEG und KWKG
  • I. Der Anlagenbetreiber nach dem EEG
  • 1. Wirtschaftliche Risikoteilung
  • 2. Juristische Personen
  • 3. Einzelfallbetrachtung auf Grundlage zivilrechtlicher Verträge
  • II. Der Betreiber einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage
  • 1. Wirtschaftliche Risikoverteilung
  • 2. Einzelfallbetrachtung bei Gemeinschaftskraftwerken
  • III. Das Verhältnis der Betreiberbegriffe des EEG und KWKG zum Betreiberbegriff des BImSchG
  • § 3. Die verantwortliche Person und der Betreiber nach der SeeAnlV
  • I. Allgemeines zur SeeAnlV
  • II. Die verantwortliche Person und der Betreiber nach der SeeAnlV
  • III. Das Verhältnis der von der SeeAnlV verwendeten Begriffe zum Betreiberbegriff des BImSchG
  • § 4. Der Inhaber- bzw. Betreiberbegriff nach dem WHG
  • I. Allgemeines zum WHG
  • II. Der Gewässerbenutzer nach den Erlaubnis- und Bewilligungsvorschriften des WHG
  • III. Der Betreiber im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen
  • IV. Der Betreiber als Adressat der zivilrechtlichen Gefährdungshaftung wegen Gewässerveränderungen
  • 1. Der „Betreiber“ als neuer Haftungsadressat nach § 89 Abs.2 S.1 WHG
  • a) Inhaberbegriff versus Betreiberbegriff innerhalb des WHG
  • b) Erlaubnisinhaber, Eigentümer und gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Betreiber
  • 2. Haftung für Dritte
  • V. Die Betreiberbegriffe des WHG in Abgrenzung zum Betreiberbegriff des BImSchG
  • § 5. Der Inhaber der Anlage nach dem UmweltHG
  • I. Die zivilrechtliche Gefährdungshaftung nach dem UmweltHG
  • II. Der Inhaber der Anlage als Haftungsadressat
  • 1. Inhaber- und Betreiberbegriff im Rahmen des UmweltHG
  • 2. Der Inhaber der Anlage als Gefahrenbeherrscher und Nutznießer
  • § 6. Der Verantwortliche nach dem USchadG
  • I. Allgemeines zur öffentlich-rechtlichen Haftung nach dem USchadG und der Umwelthaftungsrichtlinie
  • II. Der Begriff des Verantwortlichen in Abgrenzung zum Betreiberbegriff
  • § 7. Zusammenfassung
  • Teil 4. Kriterien zur Bestimmung des Anlagenbetreibers des BImSchG nach Rechtsprechung und Literatur
  • § 1. In eigenem Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung
  • § 2. Bestimmender Einfluss
  • I. Entscheidungsgewalt über das „Ob“ und „Wie“ des Anlagenbetriebs
  • II. Entscheidungsgewalt über umweltrechtliche Pflichtenerfüllung
  • III. Entscheidungsgewalt in rechtlicher Hinsicht
  • IV. Tatsächliche Verfügungsgewalt in eigener Verantwortung
  • V. Bestimmender Einfluss in wirtschaftlicher Hinsicht
  • 1. Wirtschaftliche Verfügungsgewalt als ausschlaggebendes Kriterium
  • 2. Nutznießung und Tragen des wirtschaftlichen Risikos
  • 3. Eigentümerstellung
  • VI. Umfassende Einzelprüfung
  • VII. Zusammenfassung
  • § 3. Die Bestimmung des Betreibers durch Vertrag
  • Teil 5. Die besondere Bedeutung des Betreiberbegriffs für den Rechtsverkehr
  • § 1. Organisationsformen des Betreibers
  • § 2. Der Betreiber im Konzern
  • I. Unterordnungs-, Gleichordnungskonzern und Gewinngemeinschaft im Überblick
  • II. Der Betreiberbegriff im Unterordnungskonzern
  • 1. Beherrschungsvertrag und Gewinnabführungsvertrag
  • 2. Faktischer Unterordnungskonzern
  • 3. Qualifiziert faktischer Unterordnungskonzern und Strohmann
  • 4. Geschäftsführungsvertrag
  • 5. Betriebsführungsvertrag
  • 6. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag
  • III. Abhängigkeitsverhältnis und gemeinsame Anlage
  • IV. Zusammenfassung
  • § 3. Rechtsnachfolge in Rechte und Pflichten des Betreibers des BImSchG
  • I. Rechtsnachfolge im Öffentlichen Recht im Überblick
  • 1. Die Übergangsfähigkeit von öffentlich-rechtlichen Pflichten nach der Rechtsprechung des BVerwG
  • 2. Allgemeine Verwaltungsgrundsätze und Voraussetzungen der Rechtsnachfolge im Öffentlichen Recht
  • II. Übergang immissionsschutzrechtlicher Rechte und Pflichten
  • 1. Immissionschutzrechtliche Genehmigung und Pflichten
  • 2. Übergang von immissionsschutzrechtlichen Anordnungen
  • a) Nachträgliche Anordnungen nach § 17 BImSchG
  • b) Ordnungsverfügungen nach § 20 Abs.1, 1a und 2 BImSchG
  • c) Untersagungsverfügung nach § 20 Abs.3 S.1 BImSchG
  • 3. Rechtsnachfolge im Falle einer Insolvenz
  • III. Rechtsnachfolge bei Verschmelzungen und Spaltungen von Unternehmen nach dem UmwG
  • 1. Verschmelzung
  • 2. Spaltung
  • a) Abspaltung nicht genehmigungsbedürftiger Nebeneinrichtungen
  • b) Abspaltung genehmigungsbedürftiger, selbständiger Teilanlagen
  • c) Aufteilung des Anlagenkerns in abhängige Teilanlagen
  • IV. Zusammenfassung
  • § 4. Der Betreiber im Industriepark
  • I. Allgemeiner Hintergrund zu Industrieparks
  • II. Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit Industrieparks
  • 1. Industriepark-, Standortbetreiber und Infrastrukturgesellschaft
  • 2. Standortservicegesellschaft
  • 3. Industriepark-/ Standortnutzer
  • III. Immissionsschutzrechtliche Besonderheiten im Industriepark
  • 1. Der Betreiber i.S.d. BImSchG im Industriepark
  • a) Industrieparknutzer
  • b) Benutzungsordnung
  • c) Industrieparkbetreiber und Servicegesellschaft
  • d) Genehmigungshaltergesellschaft
  • 2. Gemeinsame Anlage
  • 3. Störfallvorsorge im Industriepark
  • a) Betriebsbereich unter der Aufsicht eines Betreibers
  • b) Leitungsnetze (Rohrleitungen, Pipelines)
  • c) Berücksichtigung von Anlagen anderer Betreiber
  • 4. Zivilvertragliche Regelungsmöglichkeiten
  • a) Betreiberstellung
  • b) Kooperationspflichten
  • c) Einheitliche Sicherheitsregeln
  • d) Das autokratische und das demokratische Vertragsmodell
  • e) Die Industriepark-AGB
  • f) Betreiberausschuss
  • g) Allgemeine Verkehrssicherungspflichten im Industriepark
  • h) Zustimmung zur Grundstücksnutzung und Verzicht auf nachbarrechtliche Abwehransprüche
  • aa) Möglichkeit des Verzichts
  • bb) Inhalt des Verzichts
  • Teil 6. Zusammenfassung und Vorschlag einer Definition zur Bestimmung des Betreibers i.S.d. BImSchG
  • Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Teil 1.  Einleitung

Wer „Betreiber“ einer Anlage ist, spielt für die umweltrechtliche Praxis eine wichtige Rolle. Der Gesetzgeber knüpft insbesondere im Immissionsschutzrecht mit einer Vielzahl von Rechtsvorschriften an den Begriff des Betreibers an und erklärt diesen zum Adressat wesentlicher Pflichten (z.B. Genehmigungs-, Schutz-, Vorsorgepflichten) und einschneidender Rechtsfolgen.1 Der Betreiber trägt aufgrund seiner Betreibereigenschaft das Risiko, Täter einer Straftat nach §§ 324 ff. StGB oder einer Ordnungswidrigkeit z.B. nach § 62 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG2) zu sein, sowie das Risiko einer umfangreichen Haftung. Es ist daher und angesichts des großen sachlichen Anwendungsbereichs des BImSchG bemerkenswert, dass der Begriff des Betreibers einer Anlage im BImSchG nicht definiert ist (vgl. „Begriffsbestimmungen“ des § 3 BImSchG). Auch eine vergleichbare gesetzliche Klarstellung zu diesem Begriff wurde nicht vorgenommen. In Umweltgesetzen mit einem vergleichsweise relativ eingeschränkten sachlichen Anwendungsbereich – im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in § 3 Nr.2, im Gentechnikgesetz (GenTG) in § 3 Nr.7 und in der Deponieverordnung in § 2 Nr.12 – hat der Gesetzgeber demgegenüber den Begriff des Betreibers geregelt.

Warum der Gesetzgeber insbesondere im Immissionsschutzrecht nicht gesetzgeberisch tätig geworden ist, erschließt sich auch vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung nicht.3 Der Rechtsanwender wird (nur) vereinzelt auf Definitionen des Betreiberbegriffs in der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-4 und Bundesverfassungsgerichts5 sowie in der ← 1 | 2 → Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte6 bzw. Verwaltungsgerichtshöfe7 und einfachen Verwaltungsgerichte8 stoßen. Eine Untersuchung dieser Rechtsprechung wird insoweit jedoch zeigen, dass der Betreiberbegriff auch nicht von etwaiger „drei Jahrzehnte währender Rechtspraxis und Rechtsprechung hinreichend ausgeformt“ ist.9 Eine konkrete Anleitung, mit der sich der Betreiber in jeder Konstellation ohne weiteren Untersuchungsaufwand bestimmen lässt, bietet die Rechtsprechung nicht. Vielmehr werden zum überwiegenden Teil verschiedene (rechtliche, tatsächliche und wirtschaftliche) Merkmale zur Betreiberbestimmung aneinandergereiht und in ein Alternativverhältnis gesetzt.10 Die bisherige Rechtspraxis lässt eine einfache Lösung nach wie vor vermissen und bedeutet Rechtsunsicherheit für den Rechtsanwender. Er steht vor der Aufgabe, für seine Rechtsangelegenheit die „richtige“ Gewichtung der einschlägigen Merkmale zur Bestimmung des Betreibers zu finden. Die vorliegende Arbeit setzt sich mit diesen Betreiberkriterien auseinander und soll bei der Einordnung der Merkmale und ihrer Gewichtung eine Hilfestellung bieten.

Die nachfolgende Untersuchung wird zeigen, dass die Literatur oftmals (ebenfalls) nicht hilfreich bei der Bestimmung des Betreibers sein wird. Teilweise verwendet sie bei der Begriffsbestimmung die in der Rechtsprechung angeführten ← 2 | 3 → Betreibermerkmale oder alternativ zum Betreiberbegriff den Begriff „Inhaber der Anlage“11, ohne einen Bezug zum einschlägigen Umweltgesetz und dessen (Schutz-)Zwecke herzustellen. Hinzukommt, dass sich die Literatur in der Vergangenheit nur partiell intensiv mit der Auslegung des Betreiberbegriffs und den vielen Folgefragen beschäftigt hat.12 Dies fällt insbesondere bei der Suche nach Lösungen im Zusammenhang mit Mehrpersonenverhältnissen13 und Konstellationen mit mehreren oder mehrteiligen Anlagen auf. Fragen zum Verhältnis von Gesellschaftsrecht und Umweltrecht, zur Betreiberstellung im Konzern sowie zur Betreiberstellung bei Verschmelzungen und Spaltungen von Unternehmen wurden bislang nur selten beleuchtet und sollen daher im Rahmen dieser Arbeit näher untersucht werden.

Die Frage, wer Betreiber im Immissionsschutzrecht ist, ist (auch) aus aktuellem Anlass spannend: Mit der Ersetzung der IVU-Richtlinie14 durch die Richtlinie über Industrieemissionen vom 24. November 2010 (IE-Richtlinie)15 bestimmt der europäische Richtliniengeber unter Abkehr vom Grundsatz der Betreiberidentität den Betreiberbegriff neu und wirft Fragen der Vereinbarkeit ← 3 | 4 → des im deutschen Immissionsschutzrecht vertretenen Grundsatzes der Betreiberidentität mit dem EU-Recht auf. Diesem Thema hat sich die Literatur bislang nicht gewidmet. Die vorliegende Arbeit soll diesbezüglich neue Erkenntnisse schaffen.

Weiteren Anlass für eine Untersuchung des Betreiberbegriffs bieten die Novellierung des TEHG, die einen Wechsel vom Begriff des Verantwortlichen zum Betreiberbegriff vorsieht16, sowie die Novellierung des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG), die zu einer Ersetzung des Inhaberbegriffs durch den Betreiberbegriff geführt hat17. Im Folgenden wird daher untersucht, ob diese Neuerungen Hinweise für den Begriff des Anlagenbetreibers des BImSchG enthalten.

Darüber hinaus haben sich bislang weder Rechtsprechung noch Literatur mit dem Betreiberbegriff nach der Seeanlagenverordnung (SeeAnlV), der nicht legaldefiniert ist, beschäftigt, obwohl dies für die Praxis z.B. in Bezug auf Windparks von großer Bedeutung ist. Auch im Rahmen der Novellierung der SeeAnlV Anfang 2012 wurden keine Klarstellungen zum Inhalt des Betreiberbegriffs vorgenommen, so dass sich weiterhin die Frage stellt, in welchem Verhältnis der Betreiberbegriff der SeeAnlV zum Betreiberbegriff des Immissionsschutzrechts sowie Energiewirtschaftsrechts (EEG oder KWKG) steht. Die nachfolgende Untersuchung zielt auch insoweit auf neue Erkenntnisse ab.

Details

Seiten
XXVI, 326
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653049756
ISBN (ePUB)
9783653973808
ISBN (MOBI)
9783653973792
ISBN (Paperback)
9783631656631
DOI
10.3726/978-3-653-04975-6
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (November)
Schlagworte
Betreiberstellung Betreiberidentität Industriepark Unternehmensverschmelzungen Betreiberwechsel
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. XXVI, 326 S.

Biographische Angaben

Katharina Kürzel (Autor:in)

Katharina Kürzel studierte Rechtswissenschaften in Münster, Rom und Köln. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie als Rechtsanwältin im Öffentlichen Wirtschaftsrecht in Düsseldorf, seit 2013 ist sie als Rechtsanwältin im Wirtschaftsrecht in Berlin tätig.

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