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Das deutsche Poplied als Textsorte

Eine Studie über neue deutsche Liedertexte aus textuell-stilistischer Sicht

von Agnieszka Marta Kurzynska (Autor:in)
©2015 Monographie 178 Seiten

Zusammenfassung

Die Autorin befasst sich mit dem Phänomen des gegenwärtigen deutschen Popliedes. In der Fachliteratur hält man das Poplied in der Regel entweder für ein Produkt der Massenkultur mit grundsätzlich unterhaltender Funktion oder für eine textmusikalische Gattung mit literarischen Wurzeln. Das Hauptziel des Buches ist daher, einen aktuellen Katalog von Merkmalen des Popliedes zu erarbeiten, der das Lied in erster Linie als eine Textsorte klassifizieren ließe. Als Forschungskorpus dienen bekannte Liedertexte, die u. a. mit Rücksicht auf Kohärenzmittel, signalisierte stilistische Ebenen sowie Marker der Textfunktionen und der sprachlichen Expressivität analysiert werden.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort
  • 1. Text und Textwissenschaft – Grundbegriffe und Forschungsstand
  • 1.1 Der Forschungsstand moderner Textwissenschaft. Die Textdefinition
  • 1.1.1 Geschichtliche Aspekte der Textlinguistik
  • 1.1.2 Das prozedurale Textmodell
  • 1.1.3 Das Wissensmodell
  • 1.2 Zentrale Begriffe der Textlinguistik
  • 1.2.1 Texthaftigkeit
  • 1.2.2 Kohärenz und Kohäsion
  • 1.2.3 Kriterien der Textkonstitution (thematische Entfaltung, semantische Kontiguität, Referenz und Isotopie)
  • 1.2.4 Textstruktur
  • 1.2.5 Textfunktion
  • 1.3 Textsorte, Textmuster, Stilmuster. Stilistische Prinzipien
  • 1.4 Das Poplied als eine Textsorte
  • 2. Das Ziel der Analyse. Zum Korpus und zur Methode
  • 2.1 Der Forschungsgegenstand
  • 2.2 Das Forschungsziel
  • 2.3 Die Forschungsmethode. Der Fragenkatalog
  • 3. Die Korpusanalyse
  • 3.1 Zu der Liedstruktur
  • 3.2 Zu den gebrauchten Kohärenzmitteln
  • 3.2.1 Die Repetition
  • 3.2.2 Zeilensprung, Parallelismus und ihre Funktionen
  • 3.2.2.1 Zeilensprünge
  • 3.2.2.2 Parallelismen
  • 3.2.3 Wiederaufnahme. Pronominale Kontinuität
  • 3.2.4 Morphologische Kategorien als Kohärenzmittel
  • 3.2.5 Semantische Anknüpfungen
  • 3.3 Zu der Lexik, dem Stil und der Ausdruckskraft
  • 3.3.1 Stilebenen und ihre Marker. Gebrauchte Lexik
  • 3.3.2 Sprachliche Expressivität und ihre Marker
  • 3.4 Zu der Liedfunktion und ihren Markern
  • 3.4.1 Die Informationsfunktion und die Kontaktfunktion
  • 3.4.2 Modus als Marker der Textfunktion. Die Appellfunktion
  • 3.4.3 Die Obligationsfunktion
  • 3.4.4 Zum Beitrag der Modalverben zur Textfunktion
  • 4. Zusammenfassung der Ergebnisse
  • Literaturverzeichnis
  • Anhang 1
  • Anhang 2

Vorwort

Der technische Fortschritt und die Kommerzialisierung verschiedener Lebensbereiche sind evidente Zeichen der Gegenwart, die durch die Massen- und Popkultur dominiert wird. Folglich lebt der gegenwärtige Mensch anders als früher. Man nimmt die Welt auf eine andere Weise wahr und teilt seine Erfahrungen auch unterschiedlich mit. Aus demselben Grund erobern heutige Künstler ihr Publikum durch möglichst kurze Werke, die leicht lesbar und zugleich wenig anspruchsvoll sein sollen. Eine komplizierte Metaphorik sowie schon bestehende Maßstäbe der Kultur zählen nicht mehr, nicht nur im Film oder in der Literatur, sondern auch in der Musik. Ein Werk muss in erster Linie populär werden, denn eben seine Popularität zeugt heutzutage von seiner Qualität. Man will Spaß haben, statt sich psychisch oder emotional anzustrengen. Die Botschaft soll deswegen einfach, direkt und unkompliziert sein, genauso wie die zu diesem Zweck gebrauchten künstlerischen Mittel.

Nach diesen Prinzipien wird auch das Lied gestaltet, obwohl es eine literarische Gattung mit einer langen Tradition ist. Auch wenn es erst im 20. Jahrhundert aufs Neue entdeckt wurde, liegen seine Wurzeln schon im klassischen Altertum. Jedoch erst in der Popkulturwelt erfreut sich das Lied größerer Beliebtheit denn je. Der Hauptgrund hierfür sind u. a. seine konventionalisierten Merkmale, wie z. B. relativ stabile Struktur, unterhaltende Funktion und kommunikative Schlichtheit.

Das Lied ist aber zugleich eine Textsorte. Obwohl die Textforscher verschiedene Texte in Betracht ziehen, waren gegenwärtige Liedertexte für sie bisher relativ selten beachtenswert. Wenn schon, dann konzentrierte man sich vor allem auf die Funktion und die Struktur des Liedes. Im Resultat mangelt es in der Fachliteratur an einem aktuellen Merkmalkatalog, der einen Gattungsrahmen für das Lied bestimmt und das Lied als eine Textsorte klassifizieren lässt.

Eben mit diesem Problem werde ich mich in der vorliegenden Studie beschäftigen. Durch meine Analyse möchte ich eine Diskussion über das Poplied eröffnen, in der man sich auf sein Textuelles konzentrieren wird. In Bezug auf das Korpus werden nicht nur konventionell eruierte Liedmerkmale diskutiert, sondern auch ihr Katalog wird verifiziert und, falls möglich, um neue Eigenschaften erweitert. Ferner werden potentielle Analogien zu dem musikalischen Trend aus den 80er Jahren, nämlich der Neuen Deutschen Welle (= NDW fortan), in Erwägung gezogen. ← 7 | 8 →

Dabei ist zu erklären, warum im Weiteren die Bezeichnung „Poplieder“ (und nicht z.B. „populäre Lieder“) verwendet wird. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die „populären Lieder“ andere Konnotationen in Deutschland als in Polen hervorrufen. Für Deutsche sind das v.a. Volkslieder, also anders als für Polen, für die es Lieder sind, die vielen gut bekannt sind und oft zur Popmusik gehören. Da zum Korpus folgender Arbeit deutsche Lieder gehören, die an der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert veröffentlicht wurden, ist die Bezeichnung „Poplieder“ besser dafür geeignet und aus diesem Grund wird sie hier gebraucht.

Im theoretischen Teil dieser Arbeit werden zuerst der Textbegriff selbst und die wichtigsten Probleme des Textes aus der linguistischen und pragmatischen Perspektive erläutert. Zugleich wird auf den Forschungsstand der modernen Textlinguistik eingegangen, wobei eine kritische Stellung zu den wesentlichen Forschungsperspektiven, Analysekonzepten und Textdefinitionen genommen wird. Im Weiteren wird zu den Problemen des Textmusters, der Textsorte und der Texttypologie übergegangen. Im Zusammenhang damit werden der Textstil und seine Kennzeichen sowie die bisher bestehenden Verhältnisse zwischen dem stilistischen Textaspekt und der Textsorte näher beleuchtet. Zuletzt wird der aktuelle Forschungsstand über das Lied dargestellt.

Auf diese theoretischen Grundlagen gründet sich der folgende, empirische Arbeitsteil. Er beginnt mit den Angaben über das Forschungskorpus, die Forschungsmethode und die Forschungsziele. So werden zuerst die Analyseaspekte geschildert – sie werden detailliert mit Hilfe eines selbstständig erarbeiteten Fragenkatalogs beschrieben, anhand dessen eine Textanalyse durchgeführt wird. Zuerst wird der strukturell-textuelle Aspekt der Liedertexte dargestellt. Dabei werden u. a. die Komposition des Liedes, seine interne Ordnung und verwendete Kohärenzmittel berücksichtigt. Im Folgenden wird das Korpus aus der lexikalisch-stilistischen Perspektive betrachtet. Von Relevanz werden dabei u. a. diverse sprachliche Mittel, die sich auf die Expressivität der Poplieder auswirken sowie sprachliche Marker verschiedener Stilebenen, die in den analysierten Texten präsent sind. Schließlich werden die Textfunktionen untersucht, die in dem Material generiert werden, und zwar mit Rücksicht darauf, wie sie signalisiert werden. Alle Arbeitsergebnisse und Schlussfolgerungen werden dann im letzten Kapitel zusammengefasst. Zum Schluss werden das Literaturverzeichnis, das deutsch- und polnischsprachige Studien umfasst, und der Anhang mit Angaben zu dem Forschungskorpus zusammengestellt.

Die vorliegende Arbeit möchte somit einen Beitrag zu einer neuen Bestimmung des Katalogs der Liedermerkmale liefern, obwohl er grundsätzlich für ← 8 | 9 → deutschsprachige Poplieder konzipiert wurde. Trotzdem hoffe ich, dass sie eine allgemeine Diskussion über das Lied als Textsorte eröffnen lässt.

An dieser Stelle möchte ich meinen Dank denjenigen aussprechen, derer Unterstützung bei der Arbeit an diesem Projekt nicht zu überschätzen ist. Mein herzlichster Dank gilt zunächst meinem Doktorvater, Herrn Professor Marek Cieszkowski, für seine wissenschaftliche Betreuung, alle Hinweise und Geduld. Zu danken habe ich auch meinen Eltern, Grażyna und Karol, und meinem Ehemann, Krzysztof, die mich immer auf meinem Weg begleitet und motiviert haben. ← 9 | 10 →

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1.  Text und Textwissenschaft – Grundbegriffe und Forschungsstand

1.1  Der Forschungsstand moderner Textwissenschaft. Die Textdefinition

Mit dem Problem des Textes setzten sich mehrere Sprachwissenschaftler auseinander1. Sie gingen davon aus, dass der Satz interdisziplinär betrachtet werden soll2. Heutzutage geht man aber mit den Forschungen viel weiter darüber hinaus und daher wird der Text (als solcher) für einen der Schwerpunkte der modernen Textlinguistik gehalten3. Aus diesem Grund setzten sich viele Textlinguisten zum Ziel, eine komplexe Textdefinition zu formulieren, die die möglichst umfangreichste Erklärung für den Text liefert. Zur Diskussion werden immer neuere Analyseaspekte gestellt, unter ihnen auch solche, die zur Zeit umstritten zu sein scheinen. Trotzdem gibt es bis heute keine allgemein anerkannte Textauffassung, durch die der Text sich eindeutig4 bestimmen, klassifizieren und charakterisieren ließe.

Ähnlich wie der Text selbst werden von den Forschern andere textlinguistische Begriffe behandelt, die für diese Disziplin von zentraler Bedeutung sind, wie z.B. die Hauptkriterien der Textualität5 (vgl. Fix/Poethe/Yos 2003). Zugleich ist klar, dass der Begriff des Textes in der Sprachwissenschaft anders als im tagtäglichen Gebrauch verstanden wird. Schon Brinker (2001) stellt es in seiner Studie fest6,

der Rezipient neigt zwar dazu, beliebige Sätze, wenn sie nur räumlich und/oder zeitlich dicht aneinander folgen und durch rein äußerliche Merkmale als zusammenhängend ← 11 | 12 → gekennzeichnet sind, eher als Text zu interpretieren, als sie als voneinander unabhängige oder Einzeltexte aufzufassen. Das heißt aber nicht, dass jede beliebige Aneinanderreihung von Sätzen als Text akzeptiert wird.

(Brinker 2001, S.10)

Auch wenn Brinkersche Studien schon vor einigen Jahren veröffentlich wurden, bleiben einige von seinen Erkenntnissen aktuell. Infolge dessen beziehen sich auf die Studien von Brinker (2001) auch viele zur Zeit tätige Sprachwissenschaftler7. Obwohl seine Thesen nicht mehr als repräsentativ gelten können, werden sie von den Forschern ohne Modifizierungen angenommen und direkt wiederholt. Im Resultat sind viele neu verfasste Textdefinierungen selten neuartig. Daher nehme ich es auch nach Brinker (2001) an, dass jeder Text eine Häufung von Sätzen ist. Darüber hinaus ist es für richtig zu halten, bei der Textdefinition mehrere Merkmale des Textes in Betracht zu ziehen. Davon zeugen ebenso die Textauffassungen, die im Folgenden beleuchtet werden.

Die aktuelle Einstellung zum Textproblem ergibt sich daraus, dass der Textbegriff im Laufe der Zeit stark evolviert hat. Wegen der so erschaffenen theoretischen und empirischen Grundlagen der Textlinguistik ist es zur Zeit möglich, den Text auf unterschiedliche Art zu definieren. Auf Grund terminologischer Unterschiede ist es zugleich problematisch zu bestimmen, was heutzutage für Text gehalten wird, und was nicht mehr. Um diese Differenzen zu klären, wird im Folgenden kurz auf einige geschichtliche Aspekte der Textwissenschaft eingegangen.

1.1.1  Geschichtliche Aspekte der Textlinguistik

Details

Seiten
178
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653050929
ISBN (ePUB)
9783653974508
ISBN (MOBI)
9783653974492
ISBN (Hardcover)
9783631658598
DOI
10.3726/978-3-653-05092-9
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Schlagworte
Stilistik Textdefinition Stilmuster Textwissenschaft Textmuster
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 178 S., 7 Tab., 6 Graf.

Biographische Angaben

Agnieszka Marta Kurzynska (Autor:in)

Agnieszka Marta Kurzyńska studierte Angewandte Linguistik (Deutsch und Russisch) an der Universität Bydgoszcz (Polen). Seit 2004 ist sie am dortigen Institut für Neuphilologie und Angewandte Linguistik tätig.

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