Lade Inhalt...

Die Rolle des L2-Inputs in bilingualen Kindergärten

von Martina Weitz (Autor:in)
©2015 Dissertation 477 Seiten

Zusammenfassung

Wie kann Inputqualität in bilingualen Kindergärten erfasst werden? Welchen Einfluss hat die Qualität des Inputs in der Fremdsprache auf den frühen Zweitsprachenerwerb? Diesen Fragen geht die Autorin in ihrem Buch nach und entwickelt einen systematischen Beobachtungsbogen, der es ermöglichen soll, die Inputqualität von fremdsprachigen Fachkräften in bilingualen Kindergärten zu ermitteln. Weiterhin werden Aspekte identifiziert, die sich auf struktureller Ebene auf die Qualität und Quantität des L2-Inputs auswirken können. Um zu überprüfen, welchen Einfluss die Beschaffenheit des sprachlichen Umfeldes auf die L2-Entwicklung der Kinder hat, wird die rezeptive grammatische und lexikalische L2-Entwicklung von über 150 Kindern ausgewertet und mit den Inputdaten in Beziehung gesetzt.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Vorwort
  • Preface
  • Vorwort
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Tabellenverzeichnis
  • Abbildungsverzeichnis
  • I Einleitung
  • Teil A: Theoretischer Hintergrund
  • II Input
  • 1 Die Relevanz von Input aus zweitsprachenerwerbstheoretischer Sicht
  • 1.1 Property-Ansätze
  • 1.2 Transition-Ansätze
  • 2 Interaktionistischer Ansatz – Theoretischer Rahmen
  • 2.1 Input-Hypothese
  • 2.2 Interaktionshypothese
  • 2.3 Output-Hypothese
  • 2.4 Gass’ Spracherwerbsmodell
  • 3 Input und Interaktion im L1-und L2-Erwerb
  • 3.1 Caretaker Talk (CT)
  • 3.1.1 Merkmale und Nutzen
  • 3.1.2 Diskussion
  • 3.2 Foreigner Talk (FT)
  • 3.2.1 Merkmale und Nutzen
  • 3.2.2 Diskussion
  • 3.3 Teacher Talk (TT)
  • 3.3.1 Merkmale und Nutzen
  • 3.3.1.1 Suprasegmentale Modifikationen I: Sprechgeschwindigkeit und Pausen
  • 3.3.1.2 Suprasegmentale Modifikationen II: Phonologie, Intonation, Artikulation und Betonung
  • 3.3.1.3 Lexikalische Modifikationen
  • 3.1.1.4 Morphosyntaktische Modifikationen
  • 3.1.1.5 Diskursive Modifikationen
  • 3.3.2 Diskussion
  • 4 Zusammenfassung
  • III Beobachtungen im Schul-und Kindergartenkontext
  • 1 Methoden der Unterrichtsforschung
  • 1.1 Laboruntersuchung vs. Unterrichtsforschung
  • 1.2 Unterschiedliche Ausgangssituationen und Ziele
  • 1.3 Quantitative vs. qualitative Unterrichtsforschung
  • 1.4 Traditionen der Unterrichtsforschung
  • 2 Beobachtungen
  • 2.1 Systematische Beobachtungen
  • 2.2 Formen der Beobachtung
  • 2.3 Gütekriterien
  • 2.4 Fehlerquellen
  • 3 Beobachtungsinstrumente – Input und Interaktion im Schul-und Kindergartenkontext
  • 3.1 Merkmale von Beobachtungsbögen
  • 3.2 Beobachtungen von Input und Interaktion im Schulkontext
  • 3.3 Beobachtungen von Input und Interaktion im Kindergartenkontext
  • 4 Ergebnisse diverser Studien mit Beobachtungsinstrumenten
  • 4.1 Schulkontext
  • 4.2 Kindergartenkontext
  • 4.2.1 Strukturvariablen und Entwicklung
  • 4.2.2 Prozessvariablen und Entwicklung
  • 5 Zusammenfassung und Diskussion
  • Teil B: Studien
  • IV Studie 1
  • 1 Forschungsfragen
  • 2 Methodik
  • 2.1 Probanden
  • 2.2 Methodisches Vorgehen
  • 3 Ergebnisse
  • 3.1 Strukturvariablen mit Relevanz für die Inputqualität und -quantität in bilingualen Kindergärten
  • 3.1.1 Herleitung der Strukturvariablen
  • 3.1.1.1 Informationen zur Fachkraft
  • 3.1.1.2 Gruppenspezifische Merkmale
  • 3.1.1.3 Team
  • 3.1.1.4 Inputintensität
  • 3.1.2 Erfassung der Strukturvariabeln – Methodische Umsetzung
  • 3.2 Prozessvariable „L2-Inputqualität“ in bilingualen Kindergärten
  • 3.2.1 Entwicklung des Beobachtungsinstruments IQOS
  • 3.2.1.1 Grundsätzliche Informationen zur Beobachtung
  • 3.2.1.2 Verbale Modifikationen
  • 3.2.1.3 Übersetzungen und L1-Gebrauch
  • 3.2.1.4 L2-Produktion
  • 3.2.1.5 Kontextualisierung
  • 3.2.1.6 Negotiation of Meaning
  • 3.2.1.7 Children
  • 3.2.2 Das Beobachtungsinstrument IQOS
  • 3.2.2.1 Methodische Darstellung des Beobachtungsinstruments IQOS
  • 3.2.2.2 Inhaltliche Darstellung des Beobachtungsinstruments IQOS
  • 3.2.2.2.1 General information
  • 3.2.2.2.2 Quantity
  • 3.2.2.2.3 Input characteristics
  • 3.2.2.2.4 Promoting comprehension
  • 3.2.2.2.5 Reacting to children’s output
  • 3.2.2.2.6 Children’s reaction
  • 3.2.3 Exemplarische Bewertungen mit dem Beobachtungsinstrument IQOS
  • 3.2.3.1 IQOS-Bewertung von Rating A
  • 3.2.3.2 IQOS-Bewertung von Rating B
  • 3.2.3.3 IQOS-Bewertung von Rating C
  • 3.2.4 Gütekriterien
  • 3.2.5 Herausforderungen
  • 4 Zusammenfassung
  • V Studie 2
  • 1 Forschungsfragen
  • 2 Methodik
  • 2.1 Probanden
  • 2.2 Erhebungsinstrumente
  • 2.2.1 Struktur-und Prozessvariablen
  • 2.2.2 Sprachstandstests
  • 2.2.2.1 Wortschatz – BPVS II
  • 2.2.2.2 Grammatik – ELIAS Grammar Test
  • 2.3 Datenanalyse
  • 2.4 Methodisches Vorgehen
  • 3 Ergebnisse
  • 3.1 Erfassung von Unterschieden in der L2-Inptuqualität anhand des Beobachtungsinstruments IQOS
  • 3.2 Strukturvariablen und Prozessvariable „L2-Inputqualität“
  • 3.2.1 Ausbildung und Vorerfahrung
  • 3.2.2 Sprachlicher Hintergrund
  • 3.2.3 Rolle der L2-Kraft
  • 3.3 Strukturvariablen und sprachliche Entwicklung
  • 3.3.1 Ausbildung und Vorerfahrung der L2-Kräfte
  • 3.3.2 Sprache im Team und mit den Eltern
  • 3.3.3 Rolle der L2-Kraft
  • 3.3.4 L1-Englisch Kinder in der Kita
  • 3.3.5 Inputintensität
  • 3.4 Prozessvariable „L2-Inputqualität“ und sprachliche Entwicklung
  • 3.4.1 IQOS-Gesamtwert
  • 3.4.2 IQOS-Überkategorien
  • 3.4.3 IQOS-Kategorien
  • 3.5 Anfangsniveau
  • 4 Zusammenfasssung
  • VI Diskussion
  • 1 Untersuchungsgruppe und Untersuchungszeitraum
  • 2 Strukturvariablen
  • 3 IQOS
  • 3.1 Ergebnisse
  • 3.2 Herausforderungen und Ideen zur Weiterentwicklung
  • 4 Sprachstandserhebungen – Lexikalische und grammatische Entwicklung
  • VII Zusammenfassende Überprüfung der Forschungsfragen und Ausblick
  • VIII Literaturverzeichnis
  • IX Anhang

← 14 | 15 → Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht der wichtigsten Fehlerquellen bei Beobachtungen; nach Greve & Wentura 1997: 60

Tabelle 2: Unterteilung der SIOP-Kategorien in unterstützende Maßnahmen auf Lehrer- und Schülerseite (Kategorien-Nr. in Klammern angegeben)

Tabelle 3: Übersicht der Strukturvariablen in bilingualen Kindergärten

Tabelle 4: Übersicht der Rohwerte, des Alters und der L2-Kontaktzeit für den BPVS sowie den GT zu beiden Testzeitpunkten und getrennt nach Geschlecht

Tabelle 5: ELIAS Grammar Test – Abkürzungen, Erklärungen und Beispiele

Tabelle 6: Einteilung zur Beschreibung unterschiedlicher Korrelationsstärken; nach Kühnel & Krebs 2007: 404f

Tabelle 7: Interpretation der Irrtumswahrscheinlichkeit – Signifikanzniveaus; nach Bühl 2010

Tabelle 8: Übersicht einiger allgemeiner Informationen des IQOS anhand der gesamten Datenbasis (372 Beobachtungssequenzen)

Tabelle 9: Mittelwerte im IQOS – Überkategorien und Gesamtwerte für 21 L2-Erzieher

Tabelle 10: Mittelwerte im IQOS – Werte der Einzelkategorien für 21 L2-Erzieher (Teil 1)

Tabelle 11: Mittelwerte im IQOS – Werte der Einzelkategorien für 21 L2-Erzieher (Teil 2)

Tabelle 12: Signifikante Zusammenhänge zwischen einzelnen IQOS-Kategorien und dem IQOS-Gesamtwert berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 13: Übersicht der signifikanten Zusammenhänge zwischen den Mittelwerten der IQOS-Kategorien aller 21 L2-Erzieher berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten (Teil 1)

Tabelle 14: Übersicht der signifikanten Zusammenhänge zwischen den Mittelwerten der IQOS-Kategorien aller 21 L2-Erzieher berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten (Teil 2)

← 15 | 16 → Tabelle 15: Überblick Strukturvariablen für alle 21 Erzieher mit Werten für die statistischen Berechnungen

Tabelle 16: Zusammenhänge zwischen der Strukturvariable „Ausbildung“ und dem IQOS-Gesamtwert sowie den IQOS-Überkategorien für den gesamten Datensatz und 18 L2-Kräfte mit pädagogischer Ausbildung berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 17: Zusammenhänge zwischen der Vorerfahrung der L2-Kräfte in der Arbeit in Kindergärten und dem IQOS-Gesamtwert sowie den IQOS-Überkategorien für den gesamten Datensatz berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 18: Zusammenhänge zwischen der Vorerfahrung der L2-Kräfte in der Arbeit in Kindergärten und den einzelnen IQOS-Kategorien für den gesamten Datensatz berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 19: Zusammenhänge zwischen dem sprachlichen Hintergrund der L2-Kräfte und einzelnen IQOS-Kategorien berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 20: Signifikante Zusammenhänge zwischen der Rolle im Team und dem IQOS-Gesamtwert sowie einzelnen IQOS-Kategorien für den gesamten Datensatz und 19 L2-Kräfte berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 21: Zusammenhang zwischen Alter bzw. L2-Kontakt und BPVS-Ergebnissen zu T1 und T2 bzw. Entwicklung getrennt nach Geschlecht berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 22: Zusammenhang zwischen Alter bzw. L2-Kontakt und GT-Ergebnissen zu T1 und T2 bzw. Entwicklung getrennt nach Geschlecht berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 23: Übersicht der Entwicklung von T1 zu T2 im BPVS und im GT für den gesamten Datensatz und getrennt nach Geschlecht berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

← 16 | 17 → Tabelle 24: Zusammenhänge zwischen der Ausbildung bzw. der Vorerfahrung der L2-Kräfte und der sprachlichen Entwicklung der Kinder im BPVS und GT berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 25: Zusammenhänge zwischen der Sprache im Team bzw. der Sprache mit den Eltern und der sprachlichen Entwicklung der Kinder im BPVS und GT berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 26: Zusammenhänge zwischen der Rolle im Team und der sprachlichen Entwicklung der Kinder im BPVS und GT für den gesamten Datensatz und die modifizierte Gruppe berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 27: Zusammenhänge zwischen der gruppierten Anzahl der L1-Englisch Kinder in der Kita und der sprachlichen Entwicklung der Kinder im BPVS und GT berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 28: Zusammenhänge zwischen der L2-Intensität und der sprachlichen Entwicklung der Kinder im BPVS und im GT berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 29: Überblick gewichtete IQOS-Werte (Kategorien, Überkategorien, Gesamt) für die 163 Kinder des Wortschatztests BPVS

Tabelle 30: Überblick gewichtete IQOS-Werte (Kategorien, Überkategorien, Gesamt) für die 147 Kinder des Grammatiktests

Tabelle 31: Zusammenhänge zwischen den IQOS-Gesamtwerten und der sprachlichen Entwicklung der Kinder im BPVS und GT berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 32: Zusammenhänge zwischen den gruppierten IQOS-Überkategorien und der sprachlichen Entwicklung der Kinder im BPVS und GT berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 33: Zusammenhänge zwischen den gruppierten IQOS-Kategorien und der sprachlichen Entwicklung der Kinder im BPVS berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

← 17 | 18 → Tabelle 34: Zusammenhänge zwischen den gruppierten IQOS-Kategorien und der sprachlichen Entwicklung der Kinder im GT berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 35: Zusammenhänge zwischen dem Anfangsniveau (Ergebnis zu T1) und der sprachlichen Entwicklung der Kinder im BPVS und im GT berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 36: Gruppeneinteilungen und Entwicklung von T1 zu T2 für den BPVS und den GT in Bezug auf das Anfangsniveau der Kinder zu T1 berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 37: Zusammenhänge zwischen den zuvor als signifikant identifizierten Strukturvariablen und der sprachlichen Entwicklung im BPVS und im GT mit Berücksichtigung des Anfangsniveaus zu T1 berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 38: Überblick über gewichtete IQOS-Werte (Kategorien, Überkategorien, Gesamtwert) für die 163 Kinder des Wortschatztests mit Berücksichtigung des Anfangsniveaus zu T1

Tabelle 39: Überblick gewichtete IQOS-Werte (Kategorien, Überkategorien, Gesamt) für die 147 Kinder des Grammatiktests mit Berücksichtigung des Anfangsniveaus zu T1

Tabelle 40: Zusammenhänge zwischen den zuvor als signifikant identifizierten und gruppierten IQOS-Gesamtwerten und der sprachlichen Entwicklung im BPVS und im GT mit Berücksichtigung des Anfangsniveaus zu T1 berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 41: Zusammenhänge zwischen den zuvor als signifikant identifizierten und gruppierten IQOS-Überkategorien und der sprachlichen Entwicklung im BPVS und im GT mit Berücksichtigung des Anfangsniveaus zu T1 berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

Tabelle 42: Zusammenhänge zwischen den zuvor als signifikant identifizierten und gruppierten IQOS-Kategorien und der sprachlichen Entwicklung im BPVS mit Berücksichtigung des Anfangsniveaus zu T1 berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten

← 18 | 19 → Tabelle 43: Zusammenhänge zwischen den zuvor als signifikant identifizierten und gruppierten IQOS-Kategorien und der sprachlichen Entwicklung im GT mit Berücksichtigung des Anfangsniveaus zu T1 berechnet anhand des Rangkorrelationskoeffizienten← 19 | 20 →

 

← 20 | 21 → Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: The L2 initial state = the L1 final state (and UG has withered away); nach Gass 1997: 90

Abbildung 2: The L2 initial state = the L1 final state (and UG is still available); nach Gass 1997: 90

Abbildung 3: The L2 initial state = the L2 initial state = UG; nach Gass 1997: 91

Abbildung 4: Mixed positions; nach Gass 1997: 91

Abbildung 5: Forschungsarten; nach van Lier 1988: 57

Abbildung 6: Kontinuum von Zwang/Druck, der durch elterliche Rückmeldungen ausgelöst wird; nach Döpke 1992: 67← 21 | 22 →

 

← 22 | 23 → I Einleitung

Nach einer Zählung des Vereins für frühe Mehrsprachigkeit an Kindertageseinrichtungen und Schulen (FMKS) hat sich das Angebot bilingualer Kindertagesstätten1 in den letzten zehn Jahren verdreifacht. Während im Jahre 2004 deutschlandweit 340 Einrichtungen bilingual arbeiteten, konnten im Januar 2014 insgesamt 1035 Kitas verzeichnet werden, in denen eine zweite Sprache durch bilinguale Betreuung eingesetzt wird (http://www.fmks-online.de/aktuelles.html).

In der Literatur werden bilinguale Kindergärten, in denen die zweite Sprache2 nicht Lerninhalt ist, sondern als Kommunikationsmedium zwischen einem (oder mehreren) L2-Erzieher(n)3 und den Kindern genutzt wird, aus diversen Gründen als vorteilhaft erachtet. Zunächst ermöglicht eine so frühe Implementierung einer weiteren Sprache eine Annäherung an die Forderung der EU-Kommission, jeden Menschen zu befähigen, neben der L1 mindestens zwei weitere Sprachen im Laufe der Schulzeit zu erwerben (vgl. Europäische Kommission 2004). Die frühe und intensive Integration einer Fremdsprache im Kindergarten bietet die Möglichkeit, die erworbenen Sprachkompetenzen in der Grundschule auszubauen und ← 23 | 24 → somit mehr Zeit für weitere Sprachen in der Schullaufbahn zu schaffen (vgl. z.B. Wode 2001, 2009). Im Gegensatz zum Schulkontext gestaltet sich die Implementierung einer zweiten Sprache in der Kita weiterhin wesentlich einfacher. Dies liegt u.a. an den fehlenden curricularen Vorgaben und dem dadurch geringeren Leistungsdruck. Auch Studien, in denen der Einfluss des Alters auf das Sprachenlernen untersucht wird, deuten hinsichtlich der erreichbaren Kompetenz (ultimate attainment) auf einen Vorteil von jüngeren gegenüber älteren Lernern hin. Besonders hinsichtlich der Phonologie sowie des Lexikons scheinen jüngere Lerner demnach eher die Möglichkeit zu haben, Kompetenzen zu entwickeln, die mit denen von L1-Sprechern vergleichbar sind (z.B. Chambers 1992; Payne 1980; Hyltenstam 1992; Lee 1998; Muñoz & Singleton 2011; Spadaro 1996).4

Als weiterer Grund für den L2-Erwerb in bilingualen Kindergärten kann die aktuelle spracherwerbstheoretische Sichtweise angeführt werden, dass Sprache primär Kommunikationsmedium ist und sich Lerner das Regelwerk der Sprache in kommunikativen Situationen kreativ und aktiv erschließen. Diese Grundannahme spiegelt sich auch in aktuellen didaktischen Modellen wider, in denen kommunikative sowie handlungsorientierte Konzepte betont werden und u.a. auf die Relevanz von Interaktionen hingewiesen wird, in denen Lerner die Konsequenzen der eigenen sowie fremder sprachlicher Handlungen bemerken (z.B. Müller-Hartmann & Schocker-von Ditfurth 2011; Richards & Rodgers 2002: 204ff., 223ff.; Weskamp 2001: 75ff.). Bilinguale bzw. immersive Konzepte5, die u.a. auf eben dieser Annahme ← 24 | 25 → beruhen, könnten in dieser Hinsicht als besonders förderlich erachtet werden, da die Fachinhalte im Schulkontext bzw. die alltäglichen Situationen im Kindergartenkontext Sprechanlässe ermöglichen, die nicht primär zum Unterrichten der Fremdsprache geschaffen werden müssen.

Obwohl es bisher nur wenige Studien gibt, in denen der L2-Erwerb im bilingualen Kindergartenkontext untersucht wurde, zeigen die Ergebnisse, dass Sprachenlernen bereits in bilingualen Kindergärten stattfindet und die erreichten Kompetenzen einen zentralen Grundbaustein in der weiteren L2-Entwicklung darzustellen scheinen (vgl. z.B. Burmeister & Steinlen 2008; Kersten, Rohde, Schelletter & Steinlen 2010a, 2010b; Piske 2007; Rohde 2005; Rohde & Tiefenthal 2000; Tiefenthal 1999; Wode 2001, 2006, 2009 etc.). Welche Faktoren jedoch ausschlaggebend für einen erfolgreichen Erwerb von Kompetenzen in der Zielsprache6 sind, ist weniger eindeutig.

Ein Faktor, der in diversen Studien und in verschiedenen Spracherwerbskontexten untersucht wurde, ist die Qualität der umgebenden Sprache. So kann in einer Vielzahl an Studien sowie innerhalb einiger theoretischer Erklärungsansätze gezeigt werden, dass die Qualität des sprachlichen Inputs sowie die Beschaffenheit der Interaktionen zwischen Lehrern (bzw. Eltern) und Lernern einen Einfluss auf die sprachliche Entwicklung haben (vgl. Kapitel II). Auch in der vorliegenden Arbeit wird Inputqualität daher als entscheidender Faktor herausgestellt. Während für den schulischen Fremdsprachenunterricht sowie den monolingualen Kindergartenkontext diverse Beobachtungsinstrumente gefunden werden können, mit denen die sprachliche Qualität sowie die Beschaffenheit der sprachlichen Interaktionen ermittelt und dokumentiert werden können, fehlt ein solches Instrument bisher für den bilingualen Kindergartenkontext.

Die vorliegende Arbeit umfasst zwei Studien. Ziel der ersten Studie (vgl. Kapitel IV) ist es zunächst, relevante Merkmale hinsichtlich des L2-Inputs in bilingualen Kindergärten zu identifizieren und zu beschreiben sowie Erhebungstechniken zu finden, mit denen die Beschaffenheit des sprachlichen Umfelds in einem solchen Erwerbskontext erfasst werden kann. Kernpunkt der Studie ist die Entwicklung des systematischen Beobachtungsinstruments IQOS (Input Quality Observation Scheme), das ← 25 | 26 → es ermöglichen soll, die Inputqualität von L2-Erziehern im bilingualen Kindergartenkontext zu ermitteln sowie quantitativ auszuwerten. Zudem werden weitere Aspekte, die sich auf struktureller Ebene auf qualitative sowie quantitative Aspekte des L2-Inputs auswirken können, anhand von Strukturvariablen identifiziert. Die Strukturvariablen, die in der vorliegenden Arbeit als potentiell relevant erachtet werden, können teilweise aus bisherigen Untersuchungen in monolingualen Kontexten abgeleitet sowie durch eine Analyse der speziellen Situation im bilingualen Kindergartenkontext durch zusätzliche Faktoren erweitert werden. In der ersten Studie werden demnach die folgenden Forschungsfragen gestellt und überprüft:

Forschungsfrage 1

Welche strukturellen Merkmale können sich im bilingualen Kindergartenkontext auf die Quantität sowie die Qualität des L2-Inputs auswirken?

Forschungsfrage 2

Wie kann die Prozessvariable „L2-Inputqualität“ erfasst und anhand eines systematischen Beobachtungsbogens quantifiziert werden?

In der zweiten Studie werden die zuvor hergeleiteten Struktur- sowie Prozessvariablen anhand der vorliegenden Datenbasis quantitativ ausgewertet. Alle im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Daten wurden innerhalb des zweijährigen multilateralen EU-Comenius-Projekts ELIAS (Early Language and Intercultural Acquisition Studies, Kersten et al. 2010a, 2010b) von 2008 bis 2010 in neun bilingualen Kindergärten in Deutschland, Schweden und Belgien erhoben.7 Die Daten umfassen Angaben zu den L2-Erziehern, die während der Projektlaufzeit für die Kinder verantwortlich waren, 372 Beobachtungssequenzen, die mit dem IQOS bewertet wurden, sowie die Dokumentation der rezeptiven lexikalischen und grammatischen Kompetenzen von über 200 Kindern zu zwei Testzeitpunkten. ← 26 | 27 → Eine genauere Darstellung der Datenerhebung, der Datenbasis sowie der Probanden erfolgt in den jeweiligen Methodikkapiteln der Studien (vgl. IV.2 bzw. V.2). Anhand statistischer Analysen wird in der zweiten Studie untersucht, ob sich die Zusammenstellung der Prozess- sowie Strukturmerkmale dazu eignet, Unterschiede im sprachlichen Umfeld bilingualer Kitas abzubilden. Desweiteren wird überprüft inwieweit die sprachlichen Bedingungen in diversen bilingualen Kindergärten mit der kindlichen L2-Entwicklung in diesen Einrichtungen zusammenhängen. Es werden daher die folgenden Forschungsfragen gestellt und überprüft:

Forschungsfrage 3

Können Unterschiede in der Qualität des sprachlichen Verhaltens diverser L2-Kräfte anhand des im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Beobachtungsbogens IQOS quantitativ sichtbar gemacht werden?

Forschungsfrage 4

Lassen sich Zusammenhänge zwischen den ausgewählten Strukturvariablen und dem sprachlichen Verhalten der L2-Kräfte ermitteln?

Details

Seiten
477
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653051322
ISBN (ePUB)
9783653976168
ISBN (MOBI)
9783653976151
ISBN (Hardcover)
9783631657300
DOI
10.3726/978-3-653-05132-2
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Schlagworte
früher Zweitsprachenerwerb Inputqualität Struktur- und Prozessvariablen
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 477 S., 6 s/w Abb., 43 Tab.

Biographische Angaben

Martina Weitz (Autor:in)

Martina Weitz ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Englischen Seminar II an der Universität zu Köln tätig. Sie beschäftigt sich mit bilingualen Kindergartenprogrammen und Unterrichtskonzepten, Mehrsprachigkeit und Bildung sowie frühem Zweitsprachenerwerb.

Zurück

Titel: Die Rolle des L2-Inputs in bilingualen Kindergärten
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
480 Seiten