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Kompetenzverschiebungen zwischen Gesetzgebungsorganen in föderalen Strukturen

Am Beispiel des Deutschen Kaiserreiches, der Europäischen Union und der USA

von Andreas Stimpfle (Autor:in)
©2015 Dissertation 457 Seiten

Zusammenfassung

Das Buch befasst sich mit der Dynamik der Kompetenzverteilung in föderalen Strukturen und untersucht drei Rechtsordnungen hinsichtlich der Entwicklungstendenzen ihrer zentralen Gesetzgebungsorgane. Im Einzelnen werden in drei Länderberichten das Deutsche Kaiserreich, die USA und die EU behandelt. Andreas Stimpfle arbeitet dabei die Verschiebungen der Kompetenzen in den Bereichen der Gesetzgebungs-, Kontroll- und Kreationsfunktion heraus. Die Entwicklungen werden vergleichend gegenübergestellt, wobei der Autor einen Fokus auf die Frage der Voraussetzungen einer Parlamentarisierung von Verfassungsordnungen legt.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • A. Die Dynamik föderaler Systeme und Kompetenzverschiebungen
  • B. Bundesrat und Reichstag im Deutschen Kaiserreich
  • I. Bismarck und die nationale Einigung Deutschlands
  • 1. Grundkonzeptionen der Bismarckschen Verfassungswerke
  • 2. Kompetenzzuwachs auf Reichsebene – Unitarisierung
  • II. Die Gesetzgebungsorgane des Bismarckschen Verfassungssystems
  • 1. Der Reichstag
  • a) Das Parlament gem. Art. 5 des Augustbündnisses von
  • b) Der Reichstag im Norddeutschen Bund und im Kaiserreich
  • 2. Der Bundesrat
  • a) Der Bundesrat in den Verfassungsentwürfen
  • b) Der preußische Einfluss im Bundesrat
  • c) Der Bundesrat als „Central-Organ“ des Reiches
  • d) Föderale Repräsentation im Bundesrat
  • aa) Der Beitritt der süddeutschen Staaten
  • bb) Elsass-Lothringen und das Drängen nach bundesstaatlicher Repräsentation
  • 3. Reichstag und Bundesrat im Spiegel der Staatsrechtslehre
  • 4. Zusammenspiel der Organe
  • III. Kompetenzen und deren Wahrnehmung
  • 1. Legislativfunktion
  • a) Die Rolle der Reichsleitung in der Gesetzgebung
  • aa) Begrenzte Ansätze von Opposition gegen die preußische Dominanz
  • bb) Die Herausbildung einer Reichsverwaltung unter dem preußischen Präsidium
  • b) Erlass formeller Gesetze
  • aa) Initiativrecht
  • bb) Gesetzgebungsverfahren
  • (1) Einsetzung von beratenden Körperschaften zur Schwächung des Reichstages
  • (2) Obstruktion durch Reichstagsabgeordnete im Gesetzgebungsverfahren
  • (3) Fehlende Streitbeilegungsmechanismen
  • (3.1) Reichstagsauflösung als Mittel zur legislativen Konfliktlösung
  • (3.2) Staatsstreich als Ultima Ratio
  • (3.3) Zeitweise Schwächung der Position des Reichstages nach Ausbruch des Krieges
  • (4) Verfahrensabschluss
  • c) Rechtsverordnungen
  • 2. Kontrollfunktion
  • a) Haushaltsrecht
  • aa) Einnahmebewilligungsrecht des Reichsgesetzgebers
  • bb) Das Heeresbudget
  • b) Frage- und Untersuchungsrechte
  • c) Parlamentarisches Vertrauen als konstitutives Element für die Amtsführung der Reichsleitung
  • aa) Kooperation in der Legislativarbeit als erster Ansatz
  • bb) Entwicklung faktischer Abhängigkeiten
  • cc) Das Missbilligungsvotum gem. § 33a RTGeschO
  • dd) Die Parlamentarisierung der Reichsleitung im Ersten Weltkrieg
  • d) Zugriff auf die präsidiale Außen- und Militärpolitik
  • 3. Kreationsfunktionen des Bundesrates
  • 4. Praxisbeispiel: Der Konflikt um das Diätenverbot als Exempel für die zunehmende Stärke des Reichstages
  • 5. Die Oktoberreformen
  • a) Die Verfassungsdiskussion gegen Ende des Ersten Weltkrieges
  • b) Inhalt und Bewertung des Reformprogramms
  • IV. Ablösung des Kaiserreiches durch die Weimarer Republik
  • V. Fazit
  • C. Rat und Parlament in der Europäischen Union
  • I. Motive für die Gründung der Union
  • 1. Friedenssicherung durch wirtschaftliche Zusammenarbeit
  • 2. Vielfalt vor Einheit
  • 3. Streit um die Natur der Union
  • II. Die Gesetzgebungsorgane der Europäischen Union
  • 1. Der Rat der Europäischen Union
  • a) Die Willensbildung im Rat
  • b) Blockadepolitik im Rat zur Wahrung nationaler Interessen
  • aa) Die Luxemburger Vereinbarung von 1966 und ihre Nachwirkungen
  • bb) Der Kompromiss von Ioannina von
  • 2. Das Europäische Parlament
  • a) Die Einführung der Direktwahl
  • b) Das Parlament als unitarisches Organ
  • 3. Rat und Parlament im Spiegel der (deutschen) Staatsrechtslehre
  • 4. Gescheiterter Verfassungsvertrag 2007 und Vertrag von Lissabon
  • 5. Der EuGH als entscheidende Instanz bei Kompetenzkonflikten
  • a) Verfahren vor dem EuGH
  • b) Integrative Tendenzen beim EuGH
  • c) Die Lehre vom institutionellen Gleichgewicht als Hauptargument des EuGH
  • d) Die Beteiligtenfähigkeit des Parlaments in Verfahren vor dem EuGH
  • 6. Interinstitutionelle Vereinbarungen als Mittel zum Interessenausgleich
  • III. Kompetenzen und deren Wahrnehmung
  • 1. Legislativfunktion
  • a) Die Rolle der Kommission in der (frühen) Gesetzgebung
  • b) Erlass formeller Rechtsakte
  • aa) Initiativmonopol der Kommission
  • (1) Möglichkeiten des Parlaments zur Abmilderung des Initiativmonopols
  • (2) Abänderungsrecht des Rates zur Abschwächung des Initiativmonopols
  • bb) Die Kommission als Ersatzrechtsetzungsorgan für den Rat
  • cc) Verfahren der Rechtsetzung
  • (1) Die beratenden Ausschüsse
  • (2) Anhörungsverfahren
  • (3) Verfahren der Zusammenarbeit
  • (4) Verfahren der Zustimmung
  • (5) Vom Mitentscheidungsverfahren zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
  • (5.1) Ansatz eines „Navette“-Verfahrens als Ausgleichsmechanismus
  • (5.2) Das Vermittlungsverfahren
  • (5.3) Fristen im Verfahren der Zusammenarbeit und im Mitentscheidungsverfahren
  • (6) Rechtsprechung des EuGH als Faktor in der europäischen Gesetzgebung
  • c) Komitologieverfahren
  • aa) Entwicklung des Komitologieverfahrens bis zum Lissabonner Vertrag
  • (1) Das Ringen zwischen Rat und Kommission um die Letztentscheidung
  • (2) Das Parlament im Komitologieverfahren
  • bb) Heutiges Komitologieverfahren
  • 2. Kontrollfunktion
  • a) Europäisches Haushaltsverfahren
  • aa) Beschränkung des Budgetrechts durch den mehrjährigen Haushaltsrahmen
  • bb) EU-Steuern? – Einfluss für das Parlament auf der Einnahmeseite des Budgets
  • b) Interpellationsrecht
  • c) Untersuchungsrecht
  • d) Amtsenthebung von Kommissaren durch den Gerichtshof
  • e) Europäisches Misstrauensvotum
  • f) Auswärtige Politik im Rahmen der Kompetenzen des institutionellen Dreiecks
  • 3. Kreationsfunktion
  • a) Ernennung der Kommission
  • b) Besetzung weiterer Ämter
  • 4. Der Europäische Rat – Parlamentsfreier Raum der Lenkungspolitik und neuer Einflussfaktor neben dem Rat der Europäischen Union
  • IV. Fazit
  • D. Senat und Repräsentantenhaus – Der Kongress der Vereinigten Staaten
  • I. Die amerikanische Verfassungsordnung
  • II. Die Gesetzgebungsorgane der US-Verfassung
  • 1. Senat und Repräsentantenhaus als Herzkammern der Gesetzgebung
  • a) Motive für die Etablierung eines Zweikammersystems
  • b) Rollenbilder und Funktionen der Häuser im Lauf der Zeit
  • c) Besondere Entwicklungen im Senat
  • aa) Vermittlungsfunktion vor dem Sezessionskrieg
  • bb) Weitgehende Emanzipation des Senats vom Vizepräsidenten als Vorsitzenden
  • cc) Die Einführung der Direktwahl des Senats
  • (1) Der Senat auf dem Weg zum unitarisch geprägten Organ
  • (2) Die Verfassungsergänzung von 1913
  • d) Repräsentationsdefizite des Kongresses
  • 2. Der Supreme Court und andere integrierende Faktoren
  • 3. Weitgehender Ausfall des Supreme Courts als Streitbeilegungsorgan in Kompetenzkonflikten
  • III. Kompetenzen der amerikanischen Legislativorgane und deren Wahrnehmung
  • 1. Legislativfunktion
  • a) Die Rolle des Präsidenten in der Gesetzgebung
  • b) Erlass formeller Gesetze
  • aa) Streitbeilegung
  • bb) Spezielle Blockademöglichkeiten des Senats
  • c) Delegierte Rechtsetzung
  • 2. Kontrollfunktion
  • a) Haushaltsverfahren
  • aa) Lediglich formeller Vorzug des Repräsentantenhauses vor dem Senat im Budgetwesen
  • bb) Präsidentielles Notbudgetrecht
  • b) Hearings und Untersuchungen in den Kongressausschüssen
  • c) Der Aufbau einer Legislativverwaltung
  • d) Impeachment
  • e) Zugriff auf die Außen- und Sicherheitspolitik
  • 3. Kreationsfunktion
  • a) Subsidiäre Wahl der Staatsspitze durch den Kongress
  • b) Beteiligung an der Ernennung von sonstigen Amtsträgern
  • 4. Der Konflikt zwischen Kongress und Präsident und die Krise des Konsensmodells
  • IV. Fazit
  • E. Kompetenzverschiebungen im Vergleich
  • I. Kompetenzzuweisungen und ihre Ursachen
  • 1. Vergleichender Abriss der Grundmotive der untersuchten Systeme
  • a) Unschärfe des Bundesstaatsbegriffes
  • b) Integrative Ansätze
  • 2. Besondere Stellung der föderalen Kammern
  • a) Rudimente des Völkerrechts
  • aa) Aufleben des völkerrechtlichen Konsensprinzips und Ringen um das Mehrheitsprinzip
  • bb) Grundsatz der Staatengleichheit
  • b) Ausgestaltung und Systemstellung als föderale Interessenvertretung
  • aa) Senats- oder Ratsmodell
  • bb) Föderale Kammern und die Vertretung der Gliedstaatenparlamente
  • c) Stabilisierende Traditions- und Konservierungsfunktion föderaler Kammern
  • aa) Übernahme historischer Vorbilder
  • bb) Kontrollierend-konservierende Anlage und Funktion föderaler Kammern
  • d) Übertragung justizieller Funktionen auf föderale Kammern
  • 3. Parlamentarische Gremien als Garanten der demokratischen Repräsentation
  • a) Begriff und Ausgestaltungen des Parlamentarismus
  • b) Typische Funktionen eines modernen Parlaments nach Bagehot
  • c) Unitarisierende Tendenz eines Parlaments
  • d) Kritik und Probleme zentraler demokratischer Repräsentation
  • 4. Bikammeralismus und bundesstaatliche Ordnung
  • II. Kompetenzverschiebungen zwischen den Legislativorganen
  • 1. Legislativfunktion
  • a) Kompetenzverschiebungen im Rahmen des Initiativrechts
  • aa) Das Initiativrecht als taktgebender Faktor in der Legislative
  • bb) Das Streben der Exekutive nach einem Initiativrecht
  • b) Kompetenzverschiebungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nach der Einbringung
  • aa) Erlass formeller Gesetze
  • bb) Kompetenzverschiebungen im Rahmen der Streitbeilegung
  • (1) Interne Streitbeilegung zwischen den Legislativorganen
  • (1.1) Streitbeilegung durch das Navette-Verfahren
  • (1.2) Streitbeilegung durch Überstimmung
  • (1.3) Streitbeilegung durch einen Vermittlungsausschuss
  • (1.4) Auflösungsrecht
  • (2) Notkompetenzen der Exekutive als Ersatzlösung
  • c) Einfluss auf die delegierte Rechtsetzung
  • aa) Notwendigkeit delegierter Rechtsetzung
  • bb) Notwendigkeit und Mittel parlamentarischer Kontrolle
  • d) Die Beteiligung der Exekutive als Indikator für die Grundmotive eines Systems
  • 2. Kontrollfunktion
  • a) Das Budgetrecht als Königsrecht der Volksvertretung
  • aa) Ausstrahlungswirkung des Budgetrechts
  • bb) Beschränkungen des Budgetrechts
  • cc) Modifizierter, stabilisierender Beschlussprozess
  • dd) Mitwirkung der Exekutive bei der Ausgestaltung des Budgets
  • ee) Notbudgetrecht
  • b) Parlamentarische Regierung vs. dualistische Modelle
  • aa) Das Misstrauensvotum und parlamentarische Tadelrechte
  • bb) Inkompatibilität und Interpellationsrechte als Faktoren
  • cc) Wechselseitiges Vertrauensverhältnis als Voraussetzung für ein parlamentarisches Regierungssystem
  • c) Einflussnahme auf die Außenpolitik
  • 3. Kreationsfunktion
  • a) Wahl gubernativer Organe
  • b) Ernennung sonstiger Amtsträger
  • 4. Entwicklungsperspektiven des Europäischen Parlaments
  • III. Versuch einer Klassifizierung von Kompetenzverschiebungen – Erkenntnisse anhand der untersuchten Systeme
  • 1. Kompetenzverschiebungen durch Verfassungs-/ Vertragsänderung
  • 2. Figur des Verfassungswandels
  • 3. Kompetenzverschiebungen durch Verfassungsinterpretation
  • a) Einseitiger Interpretationsansatz
  • b) Einseitige Anrufung der Rechtsprechung zum Drittentscheid
  • c) Gemeinsame paktierte Schöpfung von Rechtsnormen
  • d) Gemeinsame Etablierung von Gewohnheitsrecht?
  • F. Zusammenfassung der Kompetenzverschiebungen
  • Literaturverzeichnis

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A. Die Dynamik föderaler Systeme und Kompetenzverschiebungen

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit drei Rechtsordnungen hinsichtlich der Entwicklungstendenzen ihrer Gesetzgebungsorgane. Zum einen wird das Deutsche Kaiserreich von 1871–1918 untersucht, welches insgesamt von einer immer stärkeren Unitarisierung geprägt war. Zum anderen wird die Europäische Union beleuchtet, die als Staatenverbund eigener Art heute einen Integrationsstand erreicht hat, welcher über einen normalen Staatenbund weit hinausgeht. Des Weiteren wird mit den USA der erste moderne und noch immer bestehende bundesstaatliche Zusammenschluss analysiert. Damit geht die Arbeit teils auf klassische Modellfälle, wie das Kaiserreich und die USA,1 aber mit der EU auch auf moderne Ausprägungen föderaler Strukturen ein, in denen heute noch besonders dynamische Entwicklungen zu beobachten sind. Dabei unterscheiden sich die Systeme entscheidend in ihrer Grundkonzeption. Während im Deutschen Kaiserreich der Föderalismus als zusätzliches Element im spätkonstitutionellen Ringen zwischen Parlament und Krone hinzutrat, fügt er sich in den USA in das System einer präsidentiellen Demokratie mit strikter Gewaltenteilung ein. Allen drei Systemen ist gemeinsam, dass sie keinen Einheitsstaat hervorgebracht haben, sondern föderale Ordnungsstrukturen aufweisen.

Der Begriff „Föderalismus“ leitet sich von dem lateinischen Wort „foedus“ für „Bund, Bündnis“ ab, was also eher auf einen vertragsmäßigen Zusammenschluss hindeutet.2 Im Laufe der Geschichte hat sich in der Rechtswissenschaft die Tendenz entwickelt, den Terminus „Föderalismus“ nicht mehr für den klassischen Staatenbund auf vertraglicher Grundlage zu verwenden, sondern ihn im Sinne der Staatsrechtslehre mit einem in kleinere Einheiten gegliederten Bundesstaat gleichzusetzen.3 In den Geisteswissenschaften wird „Föderalismus“ dagegen bis heute wesentlich weiter verstanden. Formell stellen hier z.B. Politik- und Kulturwissenschaften auf jedes Zusammengehen kleiner Einheiten zu einer höheren Verbindung unter Bewahrung eigener Selbstbestimmungsrechte ab, während materiell naturgemäß nicht nur rechtliche, sondern auch die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Wechselwirkungen durch den Zusammenschluss untersucht werden.4

Föderale Strukturen entstehen aus verschiedenen Motiven heraus. Sie können zum einen dazu dienen, eine Vielfalt an verschiedenen Staaten zu integrieren, aber ← 19 | 20 → auch so konstruiert sein, dass die Unterschiede zwischen mehreren Ländern in einem Staatswesen erhalten werden. So zielt z.B. die Schweizer Bundesverfassung darauf ab, die kulturellen Divergenzen zwischen den verschiedenen Kantonen zu bewahren, während ein Staat wie Südafrika auf die Überbrückung der Gegensätze der verschiedenen Rassen und Völker auf seinem Territorium setzt.5

Bundesstaatlichkeit ist letztlich eine Teilmenge des Föderalismusbegriffs und erfasst diejenigen höheren Zusammenschlüsse autonomer Einheiten, die durch das Ausmaß der erlangten Kompetenzen und der erreichten Integration Staatsqualität haben.6

Ein derartiges Gebilde muss dazu keinesfalls starr strukturiert sein. Bereits Triepel diagnostizierte 1907, dass „kein Bundesstaat der Welt […] auch nur denkbar [ist] ohne dauernden Hader zwischen unitarischen und föderalen Strebungen“7. Bis sich diese flexible Sicht durchgesetzt hatte, wurde Föderalismus oft als statische Konstruktion verstanden, weswegen Kompetenzveränderungen rechtlicher wie tatsächlicher Natur als Störungen des Systems aufgefasst wurden.8 Konzeptionell war diese Denkweise z.B. in der Theorie des dual federalism, welche eine klare Trennung von Staaten- und Bundesebene forderte, in den USA bis zur new-deal-Politik Roosevelts besonders stark verankert.9

Nach der Einführung des Grundgesetzes und der zunehmenden Konzentration von Entscheidungsbefugnissen auf Bundesebene wurde in Deutschland verstärkt davon ausgegangen, dass föderale Geflechte sich stets einer unausweichlichen Unitarisierung ausgesetzt sehen müssen.10 Dieser Standpunkt ist äußerst problematisch, wird doch unterstellt, dass der Bundesstaat nur ein Übergangsmodell auf dem Weg zum Einheitsstaat sei. Die Ereignisse in der ehemaligen DDR erschüttern ← 20 | 21 → zudem die Vermutung, dass es stets zu einer zwangsläufigen Unitarisierung kommt: Die DDR-Bürger sprachen sich 1990 gegen gewichtige verwaltungstechnische und wirtschaftliche Einwände entschieden für die Wiedererrichtung der Länder aus, welche zuvor nur von 1949 bis 1952 Bestand gehabt hatten.11

Föderalismus ist also kein statisches System. Vielmehr ringen Gliedstaaten und Zentralgewalt um Einfluss und Kompetenzen.12

Somit ist im Föderalismus stets von einer Dynamik auszugehen, die dessen gesamte Verfasstheit prägt. Föderale Strukturen sind aus diesem Grund besonders inneren Veränderungen unterworfen.13 Dies betrifft nicht nur das Verhältnis zwischen Zentrale und Gliedstaaten, sondern auch zwischen den Organen der Zentrale.14 Dies wird in Systemen deutlich, in denen die Gesetzgebung zwischen Organen aufgeteilt ist, welche zum einen die föderale Komponente und zum anderen das direkt demokratisch legitimierte, unitarische Element im Staatswesen abbilden.15 Hier drückt sich das stete Tauziehen zwischen beiden Prinzipien in rechtlicher wie tatsächlicher Weise in Streitigkeiten zwischen den Institutionen aus. Strukturell ist das bei allen in der Arbeit beleuchteten Systemen der Fall: In der EU fungieren Rat und Parlament und in den USA Senat und Repräsentantenhaus als Legislativ­organe. Im Kaiserreich war die gesetzgebende Gewalt zwischen Bundesrat und Reichstag aufgeteilt.

Die Arbeit versucht mit dem Vergleich der drei ausgewählten Systeme, Rückschlüsse auf den aktuellen Stand der Verfasstheit der Europäischen Union zu gewinnen. Insbesondere stellt sich die Frage, ob und inwieweit die EU auf dem Weg zu einer Parlamentarisierung ist bzw. welche Hindernisse einer derartigen Entwicklung im Wege stehen.

Mit dem Kaiserreich und den USA werden nämlich nicht nur Bundestaaten, sondern mit der EU wird auch ein Staatenverbund sui generis untersucht. Es fragt ← 21 | 22 → sich an dieser Stelle, inwieweit die ausgewählten Objekte vergleichbar sind. Die deutsche Staatsrechtslehre vertritt zum Teil, dass Bundesstaat und zwischenstaatliche Organisationen streng zu trennen und strukturell völlig verschieden seien,16 sodass eine Vergleichung hier nur schwer möglich wäre. Diese extrem dualistische Sichtweise vermag aber schon mit Blick auf die zu beleuchtenden Ordnungen nicht zu überzeugen. Denn sowohl die USA als auch das Kaiserreich haben ihre Wurzeln in staatenbündischen Strukturen, deren Relikte sich, wie noch zu zeigen ist, in den Verfassungen niedergeschlagen haben. Die EU als Staatenbund mit einem ungemein hohen Integrationsstand ist Zeichen dafür, dass Staatenbund und Bundestaat keine streng getrennten, sondern fließend ineinander übergehende Rechtsfiguren darstellen.17 Die durch Triepel konstatierte Dynamik lässt sich also auf föderale Strukturen generell übertragen, da es an klaren Abgrenzungskriterien fehlt.18 Teilweise werden als trennende Merkmale die Auflösbarkeit eines Staatenbundes durch die Mitgliedstaaten bzw. die Verortung der Kompetenz-Kompetenz bei den Gliedstaaten genannt.19 So enthält Art. 48 EUV heute ein derartiges ausdrückliches ← 22 | 23 → Sezessionsrecht und die Mitgliedstaaten verfügen auch derzeit über die Gestaltung des weiteren Primärrechts. Mit Blick auf das Deutsche Reich und den dort herrschenden Gedanken einer vollständigen Verfassungsrevision durch Entschluss der Länder, die der eigentliche Träger der Souveränität des Reiches waren, ist diese Differenzierung aber problematisch. In den USA wurde die Frage einer Sezessionsmöglichkeit erst faktisch durch den Ausgang des Bürgerkrieges 1865 entschieden.

Carl Schmitt bot als alternatives Abgrenzungsmerkmal von zwischenstaatlichen und staatlichen Organisationen das Kriterium der Homogenität an. Dies bedeutet eine gewisse Übereinstimmung der Staatsvölker hinsichtlich gemeinsamer Sprache, Werte, Herkunft und Tradition.20 Die untersuchten Rechtsordnungen beweisen, dass die Ausfüllung und Bedeutung der jeweiligen Kriterien zum Teil höchst unterschiedlich gewichtet sind. So besteht unter den Mitgliedstaaten der EU z.B. nach Art. 2 Abs. 2 der EU-Grundrechtecharta der Konsens, dass die Tötung eines Menschen zu repressiven Zwecken, also die Todesstrafe, kein zulässiges Strafinstrument darstellt.21 Dieses auch in Art. 102 GG enthaltene „Bekenntnis zum grundsätzlichen Wert des Menschenlebens“22 existiert in den Bundesstaaten in den USA nicht. Die Anwendung der Todesstrafe im strafrechtlichen Sanktionensystem bleibt nach der US-Verfassung den Bundesstaaten überlassen. Der achte Zusatzartikel normiert nur ein Verbot von grausamen und ungewöhnlichen Strafen, sodass die Verhängung der Todesstrafe ein differenziertes Verfahren zur Straffestsetzung sowie möglichst humane Standards in der Strafvollstreckung voraussetzt.23 Die USA, ein Bundesstaat, sind in der ethisch-moralischen Grundentscheidung gespalten, während im Staatenverbund der EU in dieser Hinsicht ein breiter gesellschaftlicher Konsens herrscht.

In Zeiten gesellschaftlicher Ausdifferenzierung und dem in Demokratien westlicher Prägung weitgehend gewährleisteten Schutz individueller Anschauungen ist der Rückgriff auf ein Homogenitätskriterium nicht hilfreich, um es als Indiz für die Staatlichkeit heranzuziehen. Vielmehr ist es fraglich, ob der Homogenitätsbegriff, der seine Wurzeln in der Weimarer Zeit hat,24 nicht eher Ausdruck des damaligen ← 23 | 24 → Zeitgeistes als ein permanent gültiges Abgrenzungskriterium ist. Das nach dem Ersten Weltkrieg untergegangene Vielvölkerkonstrukt Österreich-Ungarn stellte z.B. schon zuvor ein Beispiel für ein inhomogenes, aber staatliches Gebilde dar. Die zahlreichen religiösen Verwerfungen im Zuge der Reformation sowie die Wirren nach der Völkerwanderung im Frühmittelalter zeigen, dass eine stabile, homogene Bevölkerungsstruktur nie dauerhaft Bestand hat. Deshalb liegt die Aufgabe eines Staates und gerade eines bundesstaatlich aufgebauten Staates darin, vorhandenen und neu aufkommenden, sich widersprechenden, also inhomogenen Wertvorstellungen und Lebensmodellen zur friedlichen Koexistenz zu verhelfen.25 Gleichzeitig stehen Homogenität und Bundestaatlichkeit nicht in einem voraussetzungsvollen Zusammenhang, sondern in einem Wechselwirkungsverhältnis, sodass gemeinsame Organisationstrukturen auch erst den Boden für eine Homogenisierung bereiten können.26

Der Zweck des Homogenitätskriteriums wird darin gesehen, dass so dem existenziellen Konfliktfall, nämlich dem Zerfall eines Bundes, vorgebeugt werden soll.27 Das Kriterium der Homogenität steht damit in engem Zusammenhang mit dem Ewigkeitsdogma des Bundesstaatsbegriffs. Mit Blick auf das ständig fragile Balancieren des bestehenden Bundestaates USA vor dem Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südstaaten in der Sklavenfrage scheint dieses Kriterium zwar zweckmäßig, aber nicht notwendig für die Begründung einer bundesstaatlichen Verbindung zu sein.

Die deutsche Föderalismusdogmatik haftet als solche am nationalstaatlichen Bundesstaatsbegriff, der von einer homogenen und permanenten Verbindung ausgeht.28 Die zentrale Frage in einem stark integrierten Europa geht dagegen dahin, inwieweit demokratische Legitimation und bundestaatliche Vertretung in möglichst weitgehende praktische Konkordanz gebracht werden können.29 Zur Evaluierung des Integrationsstandes ist daher die rechtsvergleichende Perspektive zu anderen föderalen Systemen mit Staatsqualität als Erkenntnisquelle notwendig. Grundsätzlich ist es darüber hinaus die Funktion der Rechtsvergleichung, wesensverschiedene ← 24 | 25 → und damit auch homogene und inhomogene Systeme auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu untersuchen, um Rückschlüsse auf den eigenen Standpunkt ziehen zu können. Bezogen auf den Stand der Kompetenzlage der europäischen supranationalen Legislativorgane gewinnt also gerade der Vergleich mit Organen aus staatlichen Systemen große Bedeutung.30

Insbesondere die Gegenüberstellung der Europäischen Union mit der Integration Deutschlands durch die Gründung des Norddeutschen Bundes 1866 und die Reichsgründung 1871 kann hier nutzbringend sein. In beiden Rechtsordnungen ist eine generelle Tendenz hin zu einem Kompetenzzuwachs der parlamentarischen Körperschaften zu verzeichnen, die im Kaiserreich 1918 in der Parlamentarisierung des Reiches gipfelte. Beide Systeme haben wesentliche Wurzeln im klassischen zwischenstaatlichen Völkerrecht, die eine zumindest vordergründig starke Stellung der einzelstaatlichen Vertretung rechtfertigten. Dazu sind beide Rechtsordnungen ähnlich konstruiert. Sowohl das Reich als auch die EU vertrauten der Vertretung der Teilstaaten wesentliche Funktionen in der Staatsleitung an, wodurch Parlamentarisierungstendenzen stark abgeschwächt wurden.31

Somit ist festzustellen, dass staatenbündische und bundestaatliche Strukturen keine völlig wesensverschiedenen Organismen sind, vielmehr ist der Übergang zwischen beiden Rechtsfiguren fließend. Die Europäische Union ist, auch wenn sie nicht den Charakter eines bundesstaatlichen Zusammenschlusses erreicht hat, mit den USA und dem Kaiserreich vergleichbar.

Die Arbeit beginnt mit drei Berichten über die Verfassungsentwicklung der zu untersuchenden Systeme. Dabei wird auf die Kompetenzen der Gesetzgebungsorgane im Verhältnis zueinander und zu dritten Organen eingegangen. Anhand der ermittelten Ergebnisse werden die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Kompetenzverschiebungen in den Systemen vergleichend in einem vierten Abschnitt herausgearbeitet. Zunächst soll hierbei auf die Grundprinzipien der zu analysierenden Organe und Systeme eingegangen werden. Anschließend werden die Entwicklungen im Bereich der Rechtsetzung, der Kontrolle exekutiven Handelns ← 25 | 26 → und der Haushaltsplanung überprüft. Dabei orientiert sich die Arbeit an den klassischen Funktionen von Gesetzgebungskörperschaften, welche in Wechselbezug untereinander und zu anderen Verfassungsorganen wahrgenommen werden, nämlich an der Gesetzgebungs-, Kontroll- und Kreationsfunktion.32 Im Rahmen dieser Untersuchung soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit sich die Grundfunktionen der untersuchten Organe auf die Entwicklung des Kompetenzbestandes ausgewirkt haben.

Unter einer Kompetenz ist hierbei die Rechtsmacht eines Organs, von einem anderen Organ ein Tun, Dulden oder Unterlassen verlangen zu können, zu verstehen.33 Am Ende des vierten Abschnitts soll der Versuch unternommen werden, verschiedene Arten einer Kompetenzverschiebung herauszuarbeiten und zu klassifizieren.

1 Zippelius, Allgemeine Staatslehre, 1994, S. 378.

2 Deuerlein, Föderalismus, 1972, S. 11.

3 Zur Verwendung des Rechtsbegriffes „Bundesstaatlichkeit“ in Abgrenzung zur politischen Realität des „Föderalismus“ in der Staatsphilosophie Šarčević, Das Bundesstaatsprinzip, 2000, S. 13 ff.

4 Deuerlein, Föderalismus, 1972, S. 13 ff.

5 Fleiner, Deutscher Bundesrat – Schweizerischer Ständerat. Zweikammer-Entwicklungen im Vergleich, in: Geis/Lorenz (Hrsg.), Staat, Kirche, Verwaltung. Festschrift für Hartmut Maurer zum 70. Geburtstag, 2001, S. 67 (S. 68); zur Entstehung verschiedener Bundesstaaten Leonhardt, Die Europäische Union im 21. Jahrhundert – ein Staatenkartell auf dem Weg zum Bundesstaat, in: Gehler (Hrsg.), From Common Market to European Union Building, 2009, S. 687 (S. 690 ff.).

6 In den USA ist der Begriff „federal“ auf die zentrale Bundesebene gemünzt; vgl. z.B. „Federal Government“ oder die „Federalist Papers“, die für die Errichtung eines Bundesstaates plädierten; Triepel, Zweierlei Föderalismus, Süddeutsche JZ, 1947, 150. Die Bewegung der Anti-Federalists trat entsprechend für die Stärkung der Einzelstaaten ein; Frotscher/Pieroth, Verfassungsgeschichte, 2005, Rn. 37.

7 Triepel, Unitarismus und Föderalismus im Deutschen Reiche, 1907, S. 10.

8 Laufer/Münch, Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland, 1991, S. 22; zu den Alternativplanungen und Einwänden vgl. S. 21 f.

9 Annaheim, Die Gliedstaaten im amerikanischen Bundesstaat, 1992, S. 39 ff.; Dann, Parlamente im Exekutivföderalismus, 2004, S. 32 f.

10 So sieht Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 1985, S. 86 f. die Entwicklung der deutschen Bundesstaatlichkeit als stetig von Unitarisierungstendenzen geprägt; ähnlich mit einem kooperativen Erklärungsansatz Scheuner, Staatstheorie und Staatsrecht, 1978, S. 399 ff.

11 Laufer/Münch, Das föderative System der Bundesrepublik Deutschland, 1991, S. 22; zu den Alternativplanungen und Einwänden vgl. S. 78 ff.; siehe auch Rudolf, Das akzeptierte Grundgesetz, Europa und die Länder, in: Maurer (Hrsg.), Das akzeptierte Grundgesetz. Festschrift für Günter Dürig zum 70. Geburtstag, 1990, 145 (149).

12 Zu den verschiedenen Föderalismuskonzeptionen der deutschen Staatsrechtslehre vgl. Hanebeck, Der demokratische Bundesstaat des Grundgesetzes, 2004, S. 28 ff.

13 So auch Dau Lin, Die Verfassungswandlung, 1932, S. 181 f. am Beispiel des Kaiserreiches und der Schweiz.

14 Diese Dynamik föderaler Strukturen, welche zu unitarischen oder zentrifugalen, kompetitiven oder kooperativen Erscheinungen führen kann, macht es schwierig, eine allgemeingültige theoretische Grundlage für einen Bundesstaats- bzw. Föderalismusbegriff zu entwickeln; siehe hierzu auch Šarčević, Das Bundesstaatsprinzip, 2000, 21 ff.; zur Dynamik des EU-Systems Giegerich, Europäische Verfassung und deutsche Verfassung im transnationalen Konstitutionalisierungskontext: Wechselseitige Rezeption, konstitutionelle Evolution und föderale Verflechtung, 2003, S. 299 ff.

15 Die Beteiligung der Glieder an der gesamtstaatlichen Willensbildung wird häufig als konstitutives Merkmal einer föderalen Ordnung angesehen; vgl. Zenthofer, Wettbewerbsföderalismus, 2006, S. 39.

16 In diese Richtung z.B. Hilf, Die rechtliche Bedeutung des Verfassungsprinzips der parlamentarischen Demokratie für den europäischen Integrationsprozess, EuR 1984, 9 (35 f.), welcher übersieht, dass eine Vergleichung der Organkonstellationen durchaus möglich ist; Ipsen, Über Verfassungs-Homogenität in der Europäischen Gemeinschaft, in: Maurer (Hrsg.), Das akzeptierte Grundgesetz. Festschrift für Günter Dürig zum 70. Geburtstag, 1990, 159 (176). Zur Problematik ebenfalls Weber, Zur künftigen Verfassung der Europäischen Gemeinschaft, JZ 1993, 325 (326); siehe auch Häberle, Europäische Verfassungslehre, 2005, S. 430 f.

17 Mosler, Der Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, ZaöRV 1952, 1 (8, 32, 43 f.) stellte fest, dass sich die europäische Integration bereits in ihrer Frühphase die Gestaltungsmittel eines Bundesstaates zunutze machte; zur mangelnden Abgrenzbarkeit auch Scholz, Die politische Union, in: Scholz, (Hrsg.), Deutschland auf dem Weg in die Europäische Union, 1994, S. 414 f.

18 Schon Triepel bezeichnete den Bundesstaat als „Mittelding“ zwischen Einheitsstaat und Staatenbund, siehe Triepel, Unitarismus und Föderalismus im Deutschen Reiche, 1907, S. 9; siehe auch Triepel, Zweierlei Föderalismus, Süddeutsche JZ, 1947, 150; ähnlich Šarčević, Das Bundesstaatsprinzip, 2000, S. 19 und Mulert, Die Funktion zweiter Kammern in Bundesstaaten, 2006, S. 44 f. betont, dass jede föderale Struktur das Ergebnis einer einzigartigen Geschichte und Rechtsentwicklung ist. Die schematische Anwendung von Oberbegriffen wie „Staatenbund“ und „Bundesstaat“ wird der Individualität eines jeden Zusammenschlusses daher nicht gerecht. Hueglin/Fenna, Comparative Federalism, 2006, S. 35 ordnen die EU ebenfalls im Sinne eines fließenden Übergangs als Zwischenstadium ein; zum Mangel einer Bundestaatslehre auch Scheuner, Staatstheorie und Staatsrecht, 1978, S. 415 ff.

19 Z.B. Ebers, Die Lehre vom Staatenbunde, 1910, S. 311 ff.; Isensee, Integrationsziel Europastaat?, in: Ole u.a. (Hrsg.), Festschrift für Ulrich Everling, Band I, 1995, 567 (575); Zorn, Streitfragen des deutschen Staatsrechts, ZgS 1881, 292 (296); Huber, Das institutionelle Gleichgewicht zwischen Rat und Europäischem Parlament in der künftigen Verfassung für Europa, EuR 2003, 574 (591 f.).

20 Šarčević, Das Bundesstaatsprinzip, 2000, S. 22 f.; zur Problematik der Bestimmung eines homogenen Volkes bereits Delbrück, Regierung und Volkswille, 1914, S. 1 ff.; entsprechend auch Köppen, Verfassungsfunktionen-Vertragsfunktionen, Strukturelle Divergenz zwischen bundesstaatlichen Verfassungen und EU-Gründungsverträgen aus funktioneller Sicht, 2002, S. 168.

21 Zu gesamteuropäischen Wertvorstellungen auch Saalfrank, Funktionen und Befugnisse des Europäischen Parlaments, 1995, S. 115 f.

22 BVerfGE 18, 112, 117.

23 Furman v. Georgia, 408 U.S. 238 (1972); Gregg v. Georgia, 428 U.S. 153 (1976).

24 Zu Schmitt, Heller und Kelsen als Vätern des Homogenitätsgedankens siehe Lübbe-Wolff, Homogenes Volk – Über Homogenitätspostulate und Integration, ZAR 2007, 121 (122 f.); siehe auch Giegerich, Europäische Verfassung und deutsche Verfassung im transnationalen Konstitutionalisierungskontext: Wechselseitige Rezeption, konstitutionelle Evolution und föderale Verflechtung, 2003, S. 424.

Details

Seiten
457
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653050011
ISBN (ePUB)
9783653976502
ISBN (MOBI)
9783653976496
ISBN (Paperback)
9783631657126
DOI
10.3726/978-3-653-05001-1
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (März)
Schlagworte
Parlamentarisierung föderale Kompetenzverteilung Gewaltenteilung Verfassungsvergleichung
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 457 S.

Biographische Angaben

Andreas Stimpfle (Autor:in)

Andreas Stimpfle studierte Rechtswissenschaften an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, wo er von 2012 bis 2014 als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war und auch seine Promotion abschloss. Derzeit absolviert er das Rechtsreferendariat am OLG Nürnberg.

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Titel: Kompetenzverschiebungen zwischen Gesetzgebungsorganen in föderalen Strukturen
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