Lade Inhalt...

Einreise und Integration von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation

Eine rechtsvergleichende Untersuchung

von Oxana Syuzyukina (Autor:in)
©2015 Dissertation 464 Seiten

Zusammenfassung

Das Buch behandelt die Zuwanderung und Integration von Ausländern in Deutschland und Russland. Im Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung mit den drei wichtigsten und aktuellsten Problematiken der Ausländerintegration: Zugang zu (Aus-)Bildung, Zugang zum Arbeitsmarkt und gesellschaftspolitische Partizipation. Eine solch umfassende Darstellung der Probleme im Zusammenhang mit Einreise und Integration in Russland gibt es bislang nicht. Die Autorin zeigt die Besonderheiten der Migration im gegenwärtigen Russland auf und vergleicht die deutsche und russische Rechtsordnung bezüglich der wichtigsten Migrationsprobleme: erforderliche Sprachkenntnisse, Zugang zur (Aus-)Bildung und Bildungsdefizite, Zugang zum Arbeitsmarkt, Anerkennung ausländischer Hochschul- und Berufsabschlüsse, und Fragen möglicher Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Sprache, Religion oder Rasse. Weiterhin untersucht sie politische Rechte und Themen wie Akzeptanz, Kultur, Struktur der Aufnahmegesellschaft, Bewahrung der eigenen Identität und Einbürgerung.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsübersicht
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung
  • A. Einführung in die Problematik
  • B. Ziel und Gegenstand der Untersuchung
  • C. Abgrenzungsfragen und Begriffliches
  • D. Gang der Untersuchung
  • 1. Kapitel: Die gesetzliche Regelung der Zuwanderung in der Bundesrepublik Deutschland
  • A. Die gesetzliche Regelung der Zuwanderung
  • I. Der Begriff der Einwanderung
  • II. Die historische Entwicklung der Zuwanderung und ihre gesetzliche Regelung in der Bundesrepublik Deutschland
  • 1. Die historische Entwicklung der Zuwanderung
  • a) Die erste Phase der Zuwanderung
  • b) Die zweite Phase der Zuwanderung
  • c) Die dritte Phase der Einwanderung
  • d) Die vierte Phase der Einwanderung
  • e) Die fünfte Phase der Einwanderung
  • 2. Überblick über die rechtlichen Grundlagen der Zuwanderung in Deutschland
  • a) Ausländergesetz von 1965
  • b) Das Ausländergesetz 1990
  • c) Rechtsänderungen von 1992 bis 2004
  • d) Zuwanderungsreform 2004
  • III. Das Zuwanderungsrecht im Rahmen europäischer Reform einer Flüchtlings- und Migrationspolitik
  • IV. Das Zuwanderungsgesetz als Grundlage des deutschen Ausländerrechts
  • 1. Zweck des Gesetzes
  • 2. Anwendungsbereich und Personenkreise
  • a) Vorrangsregelungen
  • aa) Vorrang von Spezialgesetzen
  • bb) Ausnahmen von der Anwendung
  • b) Türkische Staatsangehörige
  • c) Die Staatenlosen
  • B. Daten und Fakten zur Situation von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland
  • I. Zum Begriff des Ausländers
  • II. Die Gruppen der Ausländer
  • III. Zahlen und Fakten zu den in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländern
  • IV. Aufenthalts- und niederlassungsrechtliche Stellung von Ausländern
  • 1. Aufenthaltstitel
  • 2. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels
  • a) Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 5 Abs. 1 AufenthG
  • aa) Erfüllung der Passpflicht i. S. d. § 3 Abs. 1 AufenthG
  • bb) Sicherung des Lebensunterhalts
  • cc) Geklärte Identität und Staatsangehörigkeit
  • dd) Nichtvorliegen von Ausweisungsgründen
  • ee) Keine Beeinträchtigung oder Gefährdung von Interessen der Bundesrepublik Deutschland
  • b) Besondere Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels
  • aa) Ordnungsgemäße Einreise
  • (1) Befreiung von der Visumpflicht
  • (2) Erforderliches Visum
  • bb) Maßgebliche Angaben
  • cc) Absehen von der Erfüllung der Visumpflicht, § 5 Abs. 2 S. 2 AufenthG
  • dd) Ausnahmen zugunsten von Flüchtlingen
  • ee) Fehlende Versagungsgründe
  • c) Weitere Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels
  • aa) Voraussetzungen der Aufenthaltserlaubnis
  • (1) Erfüllung der besonderen Erteilungsvoraussetzungen
  • (2) Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen
  • (3) Fehlen eines Versagungsgrundes
  • bb) Voraussetzungen der Niederlassungserlaubnis
  • (1) Besitz der Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren nach § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AufenthG
  • (2) Sicherung des Lebensunterhalts gem. § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AufenthG
  • (3) Altersvorsorge, § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AufenthG
  • (4) Kein Verstoß gegen öffentliche Sicherheit und Ordnung
  • (5) Zulassung zur Erwerbstätigkeit, § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 und Nr. 6 AufenthG
  • (6) Hinreichende Integration, § 9 Abs. 2 S. 1 Nrn. 7–8 und S. 2 bis 5 AufenthG
  • (7) Besitz von ausreichendem Wohnraum gem. § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 9 AufenthG
  • cc) Voraussetzungen der Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG
  • dd) Voraussetzungen der Blauen Karte EU, § 19a AufenthG
  • 3. Aufenthaltszwecke nach dem Aufenthaltsgesetz
  • a) Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung nach §§ 16, 17 ff. AufenthG
  • b) Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit
  • aa) Aufenthalt zur Ausübung einer Beschäftigung, §§ 18, 18a, 18b und § 18c
  • bb) Niederlassungserlaubnis für Hochqualifizierte gem. § 19 AufenthG
  • (1) Allgemeine Tatbestandsvoraussetzungen
  • (2) Zum Personenkreis der Hochqualifizierten
  • (3) Ermessen und Mitwirkung der obersten Landesbehörde
  • (4) Rechtsfolge
  • (5) Weitere Regelungen für Hochqualifizierte
  • cc) Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Forschung, § 20 AufenthG
  • dd) Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit, § 21 AufenthG
  • ee) Aufenthaltserlaubnis für Freiberufler nach § 21 Abs. 5 AufenthG
  • c) Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen
  • d) Aufenthalt aus familiären Gründen gem. §§ 27 ff. AufenthG
  • e) Besondere Aufenthaltsrechte, Abschn. 7
  • 4. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen
  • a) Die Ausreisepflicht gem. § 50 AufenthG
  • b) Rücknahme und Widerruf eines Aufenthaltstitels
  • c) Die Ausweisung nach § 53 ff. AufenthG
  • d) Überwachung ausgewiesener Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit
  • V. Der grundrechtliche Schutz der Ausländer
  • 1. Allgemeine Grundrechte der Ausländer
  • 2. Politische Rechte der Ausländer
  • 3. Soziale und wirtschaftliche Rechte von Ausländern
  • C. Zusammenfassung des 1. Kapitels
  • 2. Kapitel: Der rechtliche Regelungsrahmen zur Integration in Deutschland
  • A. Die Rechtslage bzgl. der Integration von Zuwanderern
  • I. §§ 43–45 ff. des Aufenthaltsgesetzes und die Integrationskursverordnung
  • 1. Grundangebot Integrationskurs gemäß § 43 ff. AufenthG
  • a) Inhalt der Integrationskurse nach § 43 Abs. 3 AufenthG i. V. m. § 10 ff. IntV
  • b) Ausreichende Sprachkenntnisse
  • c) Abschlusstest
  • d) Kosten und Finanzierung der Integrationskurse
  • e) Evaluation der Integrationskurse nach § 43 Abs. 5 AufenthG
  • 2. Begünstigter Personenkreis
  • a) Anspruchsberechtigte
  • aa) Erlöschen des Anspruchs
  • bb) Ausschluss des Teilnahmeanspruchs
  • cc) Kursteilnahme durch Ermessensentscheidung
  • b) Teilnahmeverpflichtete im Sinne des § 44a AufenthG
  • aa) Fallgruppen für eine Teilnahmeverpflichtung (§ 44a Abs. 1 AufenthG)
  • bb) Verfügbarkeit und zumutbare Erreichbarkeit
  • cc) Verwaltungsakt
  • c) Nicht-Teilnahmeverpflichtete
  • 3. Rechtsfolgen
  • a) Verletzung der Teilnahmepflicht
  • b) Erfolglose Teilnahme
  • c) Vertretenmüssen
  • d) Sanktionen nach § 44a Abs. 3 AufenthG
  • e) Anreize für eine erfolgreiche Teilnahme
  • 4. Bundesweites Integrationsprogramm als Gesamtprogramm
  • II. Bundesvertriebenengesetz
  • III. §§ 15, 31 SGB II – Sozialrechtliche Integrationsvorschriften
  • B. Begriffsklärung der Integration
  • C. Ziel und Zweck der Integration
  • D. Soziologische Aspekte von Integrationsprozessen und Multikulturalität
  • I. Die sozialwissenschaftliche Debatte über Multikulturalität und Multikulturalismus
  • 1. Multikulturalismuskonzept in den modernen Gesellschaften
  • a) Begriff von Multikulturalität
  • b) Multikulturalismusdiskurs im angloamerikanischen (Sprach)Raum
  • aa) Integrationsbedingungen der modernen Gesellschaften
  • (1) Sozialintegration und Systemintegration
  • (2) Integration der Zuwanderer in die Struktur und Kultur der Gesellschaft
  • bb) Kritische Analyse des Multikulturalismusmodells
  • 2. Multikulturalismusdebatte in der Bundesrepublik Deutschland
  • a) Die politisch-philosophischen Grundlagen des deutschen Multikulturalismus
  • b) Die Diskussion um die deutsche Leitkultur
  • II. Darstellung des kulturellen Integrationsprozesses bei den Zuwanderern
  • 1. Integration und Desintegration in den multikulturellen Gesellschaften
  • 2. Grundlegende Integrationsmodelle: Akkulturation und Assimilierung
  • 3. Im Speziellen: Zur Bedeutung der Muttersprache und kultureller Identität bei den Zuwanderern
  • III. Schlussfolgerungen
  • E. Die nationale Integrationsaufgabe des demokratischen Staates
  • I. Integration als Aufgabe der Gesellschaft und des Staates
  • 1. Integration als Aufgabe der Gesellschaft
  • 2. Integration als Staatsaufgabe
  • 3. Die Integration des Zuwanderers als verfassungsrechtliche Pflichtaufgabe
  • a) Der grundrechtliche Freiheitsaspekt zur Integration
  • b) Integration als Voraussetzung für die Chancengleichheit und Funktionsfähigkeit des Staates
  • c) Die Sprache als Integrationsfaktor für den Staat
  • aa) Der Zusammenhang von Menschenwürde und Sprache
  • bb) Die deutsche Sprache als Integrationselement
  • cc) Die Ausländer im deutschen Sprachgebiet – Spannungsfeld zwischen Sprachenfreiheit und Territorialprinzip
  • II. Die staatlichen Mittel und die deutsche Integrationspolitik
  • III. Im Besonderen: Grundlegende Probleme bei der Durchführung der Integrationspolitik
  • F. Zusammenfassung des 2. Kapitels
  • 3. Kapitel: Aktuelle Probleme der Ausländerintegration unter Berücksichtigung der Rechtsprechung
  • A. Zugang zu den Bildungseinrichtungen: Schule und berufsbildende Schulen
  • I. Der staatliche Bildungs- und Erziehungsauftrag im freiheitlichen Verfassungsstaat gem. Art. 7 Abs. 1 GG 169
  • 1. Grundlagen eines staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrags in der Schule
  • 2. Erziehungsmaßstäbe des GG: das Entfaltungsrecht des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG
  • 3. Das Recht auf chancengleiche Bildung und Ausbildung (Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG)
  • 4. Ausbildungsfreiheit für Ausländer?
  • II. Landesverfassungsrechtliche Bildungsgarantie
  • III. Völkerrechtliche Gewährleistung eines Rechts auf Bildung
  • IV. Staatliche Schulaufsicht und religiös-kulturelle Bezüge in der Schule
  • 1. Religionsunterricht als „ordentliches Lehrfach“ (Art. 7 Abs. 3 GG)
  • 2. Recht der Erziehungsberechtigten aus Art. 7 Abs. 2 GG
  • 3. Die spezielle Problematik in Bezug auf die anderen Religionen
  • a) Einführung des islamischen Religionsunterrichts als ordentliches Lehrfach gem. Art. 7 Abs. 3 S. 1 GG
  • b) Die Kultursymbole in der öffentlichen Schule
  • V. Die öffentliche Schule als institutioneller Integrationsfaktor
  • VI. Die Rechtslage und Praxis zur Beschulung der Zuwanderer in der Bundesrepublik Deutschland – dargestellt am Beispiel des Bundeslandes Nordrhein–Westfalen
  • 1. Zur allgemeinen Schulpflicht in Deutschland
  • 2. Ausländerspezifische Daten
  • 3. Gesetzliche Regelungen zur Schulpflicht in Nordrhein-Westfalen
  • 4. Die Beschulung der zugewanderten Kinder in der Schulpraxis
  • a) Schulformen und Schülerstatistik
  • b) Inhalt der Beschulung zugewanderter Kinder
  • aa) Die Bedeutung der KMK-Beschlüsse bei der Beschulung zugewanderter Kinder
  • bb) Praktische Darstellung der gegenwärtigen Beschulung
  • cc) Im Besonderen: bildungsbezogene Probleme der Zuwandererkinder
  • 5. Modellversuche in Richtung Gemeinschaftsschule
  • 6. Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach
  • 7. Zusammenfassung
  • B. Verfassungs- und völkerrechtliche Gewährleistungen eines Rechts auf Berufsfreiheit – Zugang zu dem Arbeitsmarkt
  • I. Verfassungs- und völkerrechtliche Grundlagen für die Gewährleistung eines Rechts auf Arbeit und Berufsfreiheit
  • 1. Das Grundrecht der Arbeits- und Berufsfreiheit im deutschen Grundgesetz
  • a) Beruf als zentrales Tatbestandsmerkmal
  • b) Grundrechtsberechtigte
  • c) Erweiterung der Berufsfreiheit für Ausländer
  • 2. Das Recht auf Arbeit und Berufsfreiheit in den Landesverfassungen
  • 3. Berufsbezogene Freiheitsgewährleistungen im europäischen und internationalen Recht
  • 4. Zwischenergebnis: Arbeitsmarktzugang von Drittstaatsangehörigen
  • a) Rechtliche Grundlagen
  • b) Zulassung der Ausländer zur Beschäftigung
  • II. Die Nicht-Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse als ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot
  • III. Im Besonderen: Die „Blue Card“ als ein Mittel zur Überwindung des Arbeitskräftemangels in der deutschen Wirtschaft
  • 1. Ziel der Hochqualifizierten–Richtlinie und ihr Anwendungsbereich
  • 2. Gesetzliche Anforderungen für den Erwerb der Blauen Karte EU
  • 3. Richtlinienumsetzung in Deutschland
  • C. Gesellschaftspolitische Aspekte als wichtiger Integrationsfaktor
  • D. Einbürgerung als ein weiterer Aspekt des Integrationsprozesses
  • I. Die Einbürgerungsgesetzgebung und Staatsangehörigkeitsreform 2007
  • II. Die deutsche Staatsangehörigkeit: Status, Erwerb und Verlust
  • 1. Das Rechtsinstitut der Staatsangehörigkeit
  • 2. Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit
  • a) Einbürgerung nach § 8 bis 16 StAG
  • aa) Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG
  • (1) Voraussetzungen des Einbürgerungsanspruchs (§ 10 StAG)
  • (2) Ausnahmen (§ 10 Abs. 1 S. 2 und Abs. 6 StAG)
  • bb) Einbürgerung auf Ermessen nach § 8 StAG
  • (1) Gesetzliche Voraussetzungen (§ 8 StAG)
  • (2) Ausnahmen des § 8 Abs. 2 StAG
  • cc) Einbürgerungserleichterung für privilegierte Personen
  • dd) Rechtsfolge
  • 3. Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit
  • III. Rechtliche Vor- und Nachteile der Einbürgerung
  • IV. Einbürgerungszahlen und nationalitätenspezifische Unterschiede
  • V. Ist die Einbürgerung Zeichen einer gelungenen Integration?
  • E. Zusammenfassung des 3. Kapitels
  • 4. Kapitel: Die Ausländerintegration in der Russischen Föderation
  • A. Der rechtliche Rahmen der Zuwanderung in der Russischen Föderation
  • I. Zum Begriff der Zuwanderung
  • II. Historische Entwicklung der Zuwanderung in der UdSSR und der Russischen Föderation
  • 1. Die sowjetische Zeit (1917–1991)
  • 2. Die Migration im gegenwärtigen Russland (seit 1992)
  • III. Die gesetzliche Regelung der Zuwanderung in Russland
  • 1. Die zwischenstaatlichen Abkommen
  • 2. Die grundsätzlichen Normativakte
  • B. Daten und Fakten zur Situation von Einwanderern in der Russischen Föderation
  • I. Begriff des Ausländers nach russischem Recht
  • II. Die Gruppen der Ausländer
  • III. Zahlen und Fakten zu den in der Russischen Föderation lebenden Immigranten
  • IV. Die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für Ausländer
  • 1. Zeitweiliger Aufenthalt, Art. 25.1 FG Nr. 114 FZ i.V.m. Art. 18 ff. RVO Nr. 335
  • a) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels
  • b) Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels
  • aa) Erfüllung der Pass- und Visumspflicht
  • bb) Sicherung des Lebensunterhalts
  • cc) Fehlende Ausweisungs- und Versagungsgründe
  • dd) Besitz der Migrationskarte
  • ee) Die Registrierung ausländischer Bürger
  • 2. Zeitweiliger Wohnsitz, Artt. 6 ff. und 6.1 AuslG
  • a) Erteilung eines Aufenthaltstitels
  • b) Voraussetzungen der Erlaubnis zum zeitweiligen Wohnsitz
  • aa) Die Festlegung der Quote
  • bb) Absehen von der Quotenfestlegung
  • cc) Besitz des Visums
  • dd) Beantragung einer Erlaubnis zum zeitweiligen Wohnsitz
  • ee) Ausschluss des Freizügigkeitsrechts
  • ff) Sicherung des Lebensunterhalts
  • 3. Ständiger Wohnsitz, Art. 8 f. AuslG
  • a) Erteilung eines Aufenthaltstitels
  • b) Voraussetzungen der Niederlassungsbewilligung
  • aa) Besitz der Erlaubnis zum zeitweiligen Wohnsitz
  • bb) Nachweis des individuellen Wohnraums
  • cc) Einkommensnachweis
  • dd) Besitz der gesundheitsbezogenen Nachweise
  • ee) Ausschluss der Versagungsgründe oder Entziehung einer Wohnerlaubnis
  • c) Vor- und Nachteile der Erlangung einer Wohnerlaubnis
  • 4. Zwischenergebnis
  • 5. Weitere Aufenthaltszwecke in der RF
  • a) Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit
  • b) Aufenthaltstitel zum Zweck der Ausbildung
  • c) Reguläres humanitäres Visum
  • d) Aufenthaltstitel aus völkerrechtlichen und politischen Gründen
  • V. Rechtsstellung des Ausländers
  • 1. Allgemeine Grundrechte der Ausländer
  • 2. Politische Rechte der Ausländer
  • 3. Soziale und wirtschaftliche Rechte
  • C. Migrations- und Integrationspolitik und aktuelle Rechtsprobleme der Ausländerintegration in der Russischen Föderation
  • I. Die Migrationspolitik in der Russischen Föderation
  • 1. Besonderheiten, Ziele und aktuelle Probleme der Zuwanderungspolitik
  • 2. Die Staatsverwaltung der Migration: Ministerien und ihre Zuständigkeiten
  • II. Die Integrationspolitik in der Russischen Föderation
  • 1. Politische und wissenschaftliche Strategien der Integrationspolitik
  • 2. Das Rückkehrprogramm als Instrument der Integration?
  • 3. Die Einbürgerung als Teil des Integrationsprozesses
  • a) Die Einbürgerungsgesetzgebung in der Russischen Föderation
  • b) Die russische Staatsangehörigkeit: Status, Erwerb und Verlust
  • aa) Das Rechtsinstitut der Staatsangehörigkeit
  • bb) Erwerb der russischen Staatsangehörigkeit
  • (1) Einbürgerung nach Artt. 13 und 14 StAG-RF
  • (a) Allgemeine Regelungen
  • (b) Einfache Regelungen
  • cc) Verlust der russischen Staatsangehörigkeit
  • c) Einbürgerungszahlen und nationalitätenspezifische Unterschiede
  • III. Die rechtliche Problematik der Ausländerintegration in Russland
  • 1. Der Zugang zum Arbeitsmarkt
  • a) Verfassungsrechtliche Garantien der Arbeits- und Berufsfreiheit
  • b) Die Einstellung ausländischer Arbeitnehmer in Russland
  • c) Quote für die Erteilung der Arbeitseinladung und -erlaubnis
  • d) Besonderheiten der Berufstätigkeit
  • e) Hochqualifizierte ausländische Spezialisten
  • f) Die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse in Russland
  • 2. Der Zugang zu den Bildungseinrichtungen in der Russischen Föderation
  • a) Das Recht auf Bildung
  • b) Gesetzliche Regelung
  • c) Allgemeine Schulpflicht in Russland
  • d) Das russische Schulsystem
  • e) Beschulung der Migrantenkinder in den russischen Schulen
  • aa) Statistische Angaben
  • bb) Inhalt und praktische Darstellung der Beschulung
  • cc) Problematik der Beschulung der Migrantenkinder in der RF
  • f) Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen
  • 3. Gesellschaftliche und politische Aspekte der Integration
  • IV. Perspektive: Unentbehrlichkeit der Vervollkommnung und Europäisierung der Gesetzgebung
  • D. Zusammenfassung des 4. Kapitels
  • 5. Kapitel: Vergleich der gefundenen Ergebnisse
  • A. Methodik der Rechtsvergleichung
  • I. Gegenstand der Rechtsvergleichung
  • II. Aufgaben der Rechtsvergleichung
  • III. Formen der Rechtsvergleichung
  • IV. Prozess der Rechtsvergleichung
  • B. Rechtsvergleichende Untersuchung und Bewertung
  • I. Allgemeines
  • II. Einzelfragen
  • 1. Sprachkenntnisse
  • a) Stand
  • b) Bewertung
  • 2. Zugang zur Aus(Bildung) und Bildungsdefizite
  • a) Stand
  • b) Bewertung
  • 3. Zugang zum Arbeitsmarkt
  • a) Stand
  • b) Bewertung
  • 4. Anerkennung ausländischer Hochschul- und Berufsabschlüsse
  • a) Stand
  • b) Bewertung
  • 5. Keine Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Sprache, Religion und Rasse
  • a) Stand
  • b) Bewertung
  • 6. Politische Rechte
  • a) Stand
  • b) Bewertung
  • 7. Akzeptanz der Kultur und Struktur der Aufnahmegesellschaft
  • a) Stand
  • b) Bewertung
  • 8. Bewahrung der eigenen Identität
  • a) Stand
  • b) Bewertung
  • 9. Einbürgerung
  • a) Stand
  • b) Bewertung
  • 10. Abschließende Bewertung
  • Literaturverzeichnis
  • Verwendete Internetressourcen
  • Anhang

Einleitung

„Die Welt hat sich durch die Globalisierung verändert“ (Aus dem Bericht der Weltkommission für internationale Migration, Oktober 2005)

A. Einführung in die Problematik

Es gibt heute kaum ein Land, das von der weltweiten Migration, gleich welcher Art, nicht betroffen ist. Migration und Integration sind zugleich Ursache und Folge von Globalisierungsprozessen. Der tatsächliche Umfang der internationalen Migration weltweit ist kaum zu beschreiben und zu messen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind derzeit weltweit mehr als 214 Mio. Menschen unterwegs (im Jahre 2005 gab es ca. 191 Mio. internationale Migranten).1 Drei Viertel aller Migranten leben in nur 28 Ländern. Die wichtigsten Zielländer der Zuwanderer sind – neben den USA und Kanada – die Bundesrepublik Deutschland und die Russische Föderation. Gegenwärtig stellt Russland das zweitgrößte Einwanderungsland der Welt dar – nach den USA – mit ca. 13,6 Mio. Zuwanderern.2 Deutschland befindet sich auf Platz 3 der weltweiten Zuwanderer. Nach Angaben der UNO leben rund 10,8 Mio. Zuwanderer in Deutschland.3

Die meisten Zielländer von Einwanderungsbewegungen – darunter auch die Bundesrepublik Deutschland – bemühen sich um eine Steuerung der Zuwanderung und in den letzten Jahren verstärkt um eine bewusste und zielgerichtete Gestaltung der Ausländerintegration. Dabei ist der Umgang mit kulturfremden Werten, Normen und Lebensstilen von Zuwanderern von zentraler Bedeutung. Die Eingliederung der Zuwanderer in Deutschland ist allerdings mit erheblichen Integrationsdefiziten verbunden. Besondere Defizite liegen – wie sich auch aus den zahlreichen Untersuchungen ergibt – im Bereich des Schulwesens und des Arbeitsmarkts sowie in der politischen Partizipation. In Russland wird die Integration von Zuwanderern – trotz der erheblichen demographischen und wirtschaftlichen Probleme – weder in wissenschaftlichen Untersuchungen noch in der Öffentlichkeit thematisiert. Die rückgängige Geburtenrate, die Überalterung der ← 33 | 34 → Bevölkerung und die hohe Auswanderung junger Leute und Hochqualifizierter bilden nur einige Gründe dafür, die Zuwanderungspolitik in der RF neu zu gestalten, damit die „Entvölkerung des Landes“ vermieden wird. Bereits heute wird Russland auf der internationalen Bühne als eine „defekte Großmacht“ bezeichnet, und das zu Recht: Neben zahlreichen Gründen stellt die demographische Krise im Land ein großes Zukunftsrisiko für Russland dar. Nach offiziellen Angaben wird hier bis zum Jahr 2050 ein Bevölkerungsrückgang von derzeit ca. 145 Mio. auf 85–100 Mio. prognostiziert. Bereits heute ist ein Arbeitskräftemangel festzustellen. Dieser Bedarf ist mit der Situation von vor 60–70 Jahren in Deutschland vergleichbar. Andererseits stellt Russland heute ein Aufnahmeland für Millionen von Zuwanderern aus den ehemaligen sowjetischen Teilrepubliken dar. Diese Entwicklung kann nicht ohne Einfluss auf Politik und Wissenschaft bleiben. Die politischen Diskussionen betreffen allgemeine Ausländer- und Migrationsprobleme bei den Arbeitsmigranten, aber nicht die Probleme der Integration von Zuwanderern in Russland. Die vorliegende vergleichende Untersuchung möchte daher – unter rechtswissenschaftlichen Gesichtspunkten – in diesem Bereich einen Beitrag leisten.

B. Ziel und Gegenstand der Untersuchung

Das Ziel der vorliegenden Untersuchung liegt in der Analyse der rechtlichen Grundlagen von Zuwanderung und der Eckpunkte von Ausländerintegration in Deutschland sowie deren Vergleich mit den rechtlichen Steuerungsinstrumentarien der Zuwanderungskontrolle in Russland. Dabei soll eine effektive Lösung für die Eingliederung zugewanderter Bevölkerungsgruppen in die Aufnahmegesellschaft beider Rechtsordnungen gefunden werden, um die Bildung gefährlicher Parallelgesellschaften zu vermeiden. Die Untersuchung dreht sich um drei wichtige und aktuelle Probleme der Ausländerintegration: Zugang zu (Aus)Bildung, Zugang zum Arbeitsmarkt und gesellschaftspolitische Partizipation. Das weitere Ziel des Projektes besteht darin, ein für die Praxis taugliches Modell zu schaffen: das deutsche Ausländerrecht wird auf Regelungsmodelle hin untersucht, um dieses auf das Problem der Ausländerintegration in der RF zu übertragen. Vergleichbare wissenschaftliche Arbeiten liegen bisher nicht vor. Vor allem besteht eine große Lücke im Bereich der Ausländerintegration in Russland, wo die staatlichen Maßnahmen bisher nur auf die Zuwanderung in jeglicher Form gerichtet sind. Zudem fehlt eine grundlegende zukunftsorientierte Gesetzgebung; und es besteht ein Reformbedarf der Migrationspolitik in der RF. Mit dieser Forschungsarbeit soll daher nicht nur ein Beitrag für die Entwicklung der Rechtswissenschaft im Bereich der Migration und Integration geleistet werden, sondern die Forschungsarbeit soll auch der Zivilgesellschaft in beiden Staaten behilflich sein, indem Toleranz und Integration akzentuiert und gefördert werden. ← 34 | 35 →

C. Abgrenzungsfragen und Begriffliches

Um im Fortgang der Untersuchung Missverständnisse zu vermeiden, werden vorab einige Begriffe geklärt und abgrenzende Fragen erläutert. Den Gegenstand der Untersuchung bilden die in der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation lebenden Zuwanderer. Im Wesentlichen werden folgende Ausländergruppen in die Untersuchung mit einbezogen: Spätaussiedler, Green-Card- und Blaue-Karte-EU-Inhaber (nur in Deutschland), Arbeitsmigranten, Asylberechtigte, andere Flüchtlinge und sonstige Gruppen (Familiennachzug, Studenten, Wissenschaftler) – in beiden Ländern. Keinen Gegenstand dieser Untersuchung bilden die EU-Ausländer und – in beiden Rechtsordnungen – die illegalen Ausländer. Trotz ihrer Behandlung als Deutsche i. S. d. Art. 116 Abs. 1 GG sind in die wissenschaftliche Untersuchung auch die Aussiedler und Spätaussiedler mit einzubeziehen, weil sie ähnlich wie andere Zuwanderergruppen in Deutschland erhebliche Integrationsdefizite aufweisen. So ist eine Begegnung mit Aussiedlern und Spätaussiedlern stets von kultureller Fremdheit geprägt. In den nachfolgenden Ausführungen werden mit „Zuwanderer“ und „Ausländer“ oder mit anderen Begriffen, die nur in männlicher Form verwendet werden, sowohl weibliche als auch männliche zugewanderte Personen bezeichnet. Aufgrund der besseren Lesbarkeit werden diese Begriffe im Rahmen der vorliegenden Untersuchung im o. g. Sinne verwendet. Die Begriffe „Zuwanderer“, „Ausländer“, Arbeitsmigrant“ werden hier im Zusammenhang mit der Zuwanderung und Integration sowie in ähnlichen Konstellationen synonym benutzt.

D. Gang der Untersuchung

Der Schwerpunkt der Darstellung liegt im deutschen Recht. Die Ausführungen zur russischen Rechtslage erheben demzufolge keinen Anspruch auf Vollständigkeit und fallen bewusst knapper aus.

Die Abhandlung gliedert sich insgesamt in fünf Teile. Zunächst folgt ein Überblick zu der historischen Entwicklung der Zuwanderung und ihren gesetzlichen Regelungen in der Bundesrepublik Deutschland. Es wird das nationale Zuwanderungsrecht im Rahmen europäischer Reformen zur Flüchtlings- und Migrationspolitik und als Grundlage des deutschen Ausländerrechts angeschnitten. Zur besseren Problemdarstellung werden hier auch Daten und Fakten zur Zuwanderung erläutert. Die Aufgabe dieses Abschnittes liegt darin, die Rechtslage von Drittstaatsangehörigen in Deutschland zu analysieren. Im ersten Kapitel soll somit der Grundstein zum Verständnis der weiteren Kapitel gelegt werden.

Das zweite Kapitel befasst sich mit dem gesetzlichen Regelungsstand zur Ausländerintegration in der Bundesrepublik Deutschland, wobei die allgemeinen Grundlagen zur Integration von Zuwanderern zu entwickeln sind. Es geht hier um die nationale Integrationsaufgabe eines demokratischen Staates und einer Gesellschaft bei der Eingliederung von Zuwanderern sowie um grundlegende Probleme bei der Durchführung der deutschen Integrationspolitik. Hierbei wird insbesondere die ← 35 | 36 → Sprache als Integrationsfaktor dargestellt. Die Untersuchung über die Integration von Zuwanderern wäre allerdings ohne Erarbeitung der soziologischen Grundlagen zur Beschreibung von kulturellen und strukturellen Integrationsprozessen bei den Zuwanderern in der Aufnahmegesellschaft und ohne Auseinandersetzung mit kontroversen Multikulturalismus- und Leitkulturdebatten in der Bundesrepublik unvollständig. Daher ist beabsichtigt, in diesem Abschnitt auch die Soziologie der modernen Gesellschaften darzustellen.

Trotz der Bemühungen des Staates zur Integration von Zuwanderern sind noch erhebliche Integrationsdefizite vorhanden. Diese liegen vor allem im Bereich des Schulwesens und des Arbeitsmarkts. Aus diesem Grund werden im dritten Kapitel der rechtliche und tatsächliche Zugang zu den Bildungseinrichtungen und die Gewährleistung des freien Zugangs für Zuwanderer zum Arbeitsmarkt untersucht. Die Rechtslage und Praxis zur Beschulung von Zuwandererkindern in der Bundesrepublik wird anhand des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen dargestellt. Die weiteren Aspekte des Integrationsprozesses – gesellschaftspolitische Partizipation und Einbürgerung – sind nachfolgend zu analysieren.

Im vierten Kapitel der vorliegenden Arbeit wird die Ausländerintegration in der gegenwärtigen Russischen Föderation dargestellt. Im Vergleich zu Deutschland, hat die Zuwanderung und Auswanderung in Russland nach dem großen politischen Umbruch der 1990er Jahre in beträchtlichem Ausmaß zugenommen. Das Ziel dieses Abschnittes ist es daher, neben der Darstellung der gesetzlichen Regelungen der Zuwanderung auch Daten und Fakten zur Situation von Zuwanderern in Russland zu liefern. Ferner soll die Migrations- und Integrationspolitik des Landes analysiert werden; und aktuelle rechtliche Probleme bei der Ausländerintegration – vor allem im Bildungswesen, im Arbeitsmarkt und in der gesellschaftspolitischen Partizipation – sollen herausgearbeitet werden.

Im abschließenden Kapitel werden die Untersuchungsergebnisse zur russischen und deutschen Rechtsordnung miteinander verglichen und einer abschließenden Bewertung unterzogen. Damit soll das Ziel der wissenschaftlichen Untersuchung erreicht werden. An dieser Stelle soll jedoch erwähnt werden, dass ein Vergleich nur unter großem Vorbehalt vorgenommen werden kann – denn die Entwicklung und Struktur beider Rechtssysteme sind unterschiedlich. Der für diese wissenschaftliche Arbeit gewählte methodische Ansatz eines Rechtsvergleichs wird im letzten Kapitel kurz dargestellt. Im Übrigen endet jeder Abschnitt mit einer kurzen Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. ← 36 | 37 →

                                                   

   1 Aus der Rede von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon zum Internationalen Tag der Migranten am 18.12.2012, abrufbar unter: http://www.unric.org/de (abgerufen am 30.04.2013).

   2 FMS der RF, in: Die Arbeitsergebnisse des Jahres 2010, 2010, S. 2. Nach Angaben der UNO lebten in Russland im Jahr 2010 ca. 12,3 Mio. Zuwanderer. In den USA sind es insgesamt ca. 42,8 Mio. Zuwanderer. S. Trends in International Migrant Stock: The 2008 Revision, United Nations – Department of Economics und Social Affairs 2010, S. 3, abrufbar unter: www.un.org/esa/population/migration/UN_MigStock_2008.pdf. (abgerufen am 03.05.2013).

   3 Ebenda.

1. Kapitel: Die gesetzliche Regelung der Zuwanderung in der Bundesrepublik Deutschland

Das erste Kapitel befasst sich mit einigen wichtigen Aspekten der Forschungsarbeit, insbesondere mit den Fragen der gesetzlichen Regelung der Zuwanderung in der Bundesrepublik Deutschland. Hierbei werden im ersten Kapitel die Grundlagen für das Verständnis der darauf folgenden Kapitel entwickelt. Zuerst wird auf die Fragen der gesetzlichen Regelung der Zuwanderung und auf die Geschichte der Migration in Deutschland eingegangen. Es werden maßgebliche Daten und Fakten zur Situation von Ausländern in der Bundesrepublik dargestellt.

A. Die gesetzliche Regelung der Zuwanderung

I.   Der Begriff der Einwanderung

Der Begriff „Einwanderung“ wird häufig als Synonym mit den Begriffen „Zuwanderung“ „Migration“ und „Immigration“ verwendet. Das Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet v. 30. Juli 20044 regelt im Kapitel 1 die allgemeinen Bestimmungen des Gesetzes. Hier werden auch die im Gesetz verwendeten sieben wesentlichen Begriffe erläutert, unter denen sich jedoch der Rechtsbegriff der Zuwanderung oder Einwanderung nicht findet.

In den Politikwissenschaften werden häufig die Termini „Emigration“ und „Migration“ verwendet. Mertins versteht als Migrationen (Wanderungen) diejenigen Formen der räumlichen Mobilität, die mit einer endgültigen oder längerfristigen Wohnsitzverlagerung einhergehen, wobei diese zwischen verschiedenen Einheiten eines räumlichen Systems stattfinden kann, z. B. zwischen Bezirken einer Stadt, zwischen Gemeinden oder Ländern.5 Nach Rieger umfasst Migration alle Wanderungsbewegungen, gleich welcher Verursachung, mit denen Gruppen oder Individuen ihren Wohnsitz vorübergehend oder ständig verändern. Danach ist Migration stets ein Versuch, die eigene Lebenslage zu verbessern bzw. den ← 37 | 38 → widrigen Bedingungen der jeweiligen natürlichen wie sozialen Umwelt zu entkommen. Idealtypisch unterscheidet die Migrationsforschung (1) hinsichtlich der Migrationsmotivation zwischen Flucht und Arbeitsmigration und (2) in Bezug auf die betroffenen politischen Einheiten zwischen grenzüberschreitender Migration (Einwanderungs- und Asylpolitik) und Binnenmigration.6

In den Sozialwissenschaften handelt es sich um Binnenwanderungen und internationale Wanderungen. Als internationale Wanderung wird die freiwillige Verlegung des tatsächlichen Wohnsitzes von Einzelnen oder ganzen Familien dauernd oder vorübergehend von einer Nationalwirtschaft in eine andere bezeichnet.7 Hierbei werden verschiedene Formen (substitutive, komplementäre) und Ursachen der internationalen Wanderungen unterschieden. Internationale Arbeitnehmerwanderungen werden als „vorübergehende Arbeitsaufnahme in einem fremden Land“ und keine Dauereinwanderung mit dem Ziel der ständigen Niederlassung bezeichnet. Vom Begriff der internationalen Wanderungen werden ferner sämtliche grenzüberschreitenden Wanderungen umfasst, wie freiwillige Emigration, durch Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis legalisierte und illegale Arbeitsmigration sowie die durch Gewalt oder lebensbedrohende Situationen erzwungene Flucht oder Vertreibung.8

Der juristische Terminus für die „Einwanderung“ ist die Zuwanderung. Nach Meinung des BVerfG kann Einwanderung bereits dann vorliegen, „wenn die Niederlassung in einem ausländischen Staat für längere Zeit erfolgen soll“9. Dies bedeutet, dass eine Person aus einem anderen Staat ausgewandert ist und dauerhaft ihren Wohnsitz in einen anderen Staat verlegt hat. Der Begriff der Einwanderung umfasst neben dem dauerhaften Zuzug in einen Mitgliedstaat und die Einreise zwecks Familienzusammenführung auch den Aufenthalt zum Zwecke einer Ausbildung, eines Studiums, einer selbstständigen oder unselbstständigen Tätigkeit.10 Das Völkerrecht (mit Ausnahme von Spezialregelungen für Flüchtlinge, Asylsuchende, Wanderarbeitnehmer und Staatenlose) kennt keine umfassenden Regelungen zur Einwanderung. Unter Zuwanderung wird allgemein die Einreise in einen anderen Staat als den Heimatstaat verstanden, die mit dem Wunsch verbunden ist, dort auf Dauer einen Lebensmittelpunkt zu begründen und zukünftig sogar den Status des Staatsangehörigen zu erwerben.11 ← 38 | 39 →

II.  Die historische Entwicklung der Zuwanderung und ihre gesetzliche Regelung in der Bundesrepublik Deutschland

1. Die historische Entwicklung der Zuwanderung

Bis zu den 40er Jahren des abgelaufenen Jh. gehörte Deutschland zu den größten Auswanderungsstaaten Westeuropas, ebenso wie Italien, Großbritannien und Irland. Nur das Ruhrgebiet erlebte Ende des 19. Jh. Arbeitsimmigration in einem größeren Umfang. Bereits vor der Entstehung der Bundesrepublik wurde die Beschäftigung von Arbeitsmigranten praktiziert. Es fand Arbeitsmigration sowohl im Kaiserreich als auch in der Weimarer Republik statt.12 Zudem bewegten sich die Flüchtlingsströme (sog. Heimatvertriebene und ehemalige Kriegsgefangene) in das Gebiet des Deutschen Reiches bereits vor der bedingungslosen Kapitulation.13 Erst nach dem Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg hat sich Deutschland zu einem Einwanderungsland entwickelt. Seit den 90er Jahren des letzten Jh. bildet die Bundesrepublik im Vergleich zu den anderen westeuropäischen Ländern die wichtigste Zielregion für Zuwanderer unterschiedlicher Herkunft. Aber was unverändert geblieben ist, sind die Ängste vor Zunahme der Arbeitslosigkeit oder kultureller „Überfremdung“ und die Betrachtung der Einwanderung als ein gravierendes soziales, wirtschaftliches, politisches und kulturelles Problem mit geringen Vorteilen, aber mit zahlreichen Nachteilen und Gefahren für die Gesellschaft. Im Folgenden wird zunächst auf die Zuwanderung nach der Gründung der BRD eingegangen. Im Wesentlichen begann die Migrationsgeschichte direkt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und lässt sich in folgende fünf Phasen aufteilen:

a) Die erste Phase der Zuwanderung

Die erste Phase der Zuwanderung dauerte von 1945 bis 1961, wobei die ersten fünf Jahre bis 1950 durch Massenwanderungen gekennzeichnet waren. Diese waren durch Umwälzungen, Vertreibungen und Repatriierungen sowie durch die Neugestaltung der politischen und staatsterritorialen Landschaft in Europa in Folge der nationalsozialistischen Herrschaft und des Krieges ausgelöst worden. In dieser Zeit kamen mindestens 12 Mio. Menschen (Vertriebene und Flüchtlinge).14 Besonders betroffen waren hiervon die sog. „Displaced Persons“, Zwangsarbeiter aus verschiedenen Staaten außerhalb ihrer Heimatländer und die große Bevölkerungsbewegung in Ost-West-Richtung, vornehmlich in die vier Besatzungszonen (US-amerikanische, britische, französische und sowjetische) Nachkriegsdeutschlands. Auch diese Massenwanderung war eine Folge des Nationalsozialismus. Die erste Volkszählung v. 29. Oktober 1946 erfasste in den vier Besatzungszonen über 9,6 Mio. vertriebene Deutsche aus Osteuropa, davon befanden sich 3,6 Mio. in der ← 39 | 40 → sowjetischen Besatzungszone und fast 6 Mio. in den westlichen Zonen. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg kam es in Europa vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Ost-West-Konfliktes zu massiven Fluchtbewegungen. Am stärksten aus allen sozialistischen Staaten war die DDR von diesen Auswanderungen betroffen. So verließen allein nach dem Kriegsende bis 1990 mehr als 4,5 Mio. Menschen die DDR.15 Zwischen 1991 und 2008 wanderten etwa 1,2 Mio. Menschen aus den otsdeutschen Bundesländern ab.16

b) Die zweite Phase der Zuwanderung

Die Einwanderung von 1955 bis 1973 war von der Anwerbung ausländischer Arbeitnehmer geprägt. Hintergrund der Anwerbepolitik war ein steigender Bedarf an billigen Arbeitskräften im in- und angelernten Arbeitsmarktsegment der Industrie. So folgten die Abschlüsse folgender Anwerbeabkommen mit Italien (1955), Griechenland (1960), Spanien (1960), der Türkei (1961), Marokko (1963), Portugal (1964), Tunesien (1965) und Jugoslawien (1968).17 Diese Vereinbarungen zielten nicht darauf, Menschen für einen dauernden Aufenthalt in Deutschland zu gewinnen. Vereinbart wurden kurzfristige Arbeitsaufenthalte von meist alleinstehenden Arbeitnehmern, die nach einem Jahr oder jedenfalls wenigen Jahren wieder in die Heimat zurückkehren sollten. Demgegenüber stieg die Zahl der ausländischen Arbeitnehmer im Jahr 1964 zunächst auf 1,2 Mio. Im Jahr 1973 hielten sich schließlich 4 Mio. ausländische Personen in der BRD auf.18 Folglich hat die Regierung den Anwerbestopp eingeführt: Bei Verlust des Arbeitsplatzes verlor der Einwanderer automatisch die Aufenthaltsgenehmigung.

c) Die dritte Phase der Einwanderung

Die Einwanderung zwischen 1973 bis 1989/90 verlief uneinheitlich. Sie war aber von den Folgen der Anwerbung und des Anwerbestopps geprägt. Der Anwerbestopp von 1973 wurde in der Bundesrepublik durch den sog. Ölpreisschock, die Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit ausgelöst.19 Die Bundesregierung versuchte dem Prozess der dauerhaften Einwanderung ab 1980 mit verschiedenen politischen Maßnahmen entgegenzusteuern. Wie die Praxis gezeigt hat, kamen diese ← 40 | 41 → zeitlich zu spät, denn zu dieser Zeit hatten viele Einwanderer die Entscheidung, in Deutschland zu bleiben, bereits getroffen.20 Kurz vor der deutschen Einheit im Oktober 1990 hielten sich in Westdeutschland über 5,2 Mio. (8,2 %) Ausländer auf. Bereits damals stellten die türkischen Staatsangehörigen mit 38 % die größte Einwanderungsgruppe dar.21

d) Die vierte Phase der Einwanderung

Diese Einwanderungswelle beginnt um 1989/90 und dauert bis zur Gegenwart an. Sie war mit zwei Arten von Ereignissen in Europa eng verbunden. Zum einen wanderten nach dem Zerfall der Sowjetunion die Aussiedler und Spätaussiedler22 mit sog. „deutscher Volkszugehörigkeit“ und jüdische Emigranten23 nach Deutschland ein. Während die höchste Einwanderungszahl der Aussiedler mit 397.073 bereits 1990 erreicht wurde, ist die Zahl der Spätaussiedler seit der Mitte der 90er Jahre kontinuierlich gesunken.24 Laut statistischen Angaben wanderten 1994 ca. 222.591 Spätaussiedler, im Jahr 2000 insgesamt 95.615 und im Jahr 2011 lediglich 2.148 Personen ein.25 Eine weitere Einwanderungsgruppe bildeten die jüdischen Zuwanderer aus der ehemaligen UdSSR, die als sog. „Kontingentflüchtlinge“ in Deutschland aufgenommen wurden. Bis Ende 1999 waren insgesamt 120.500 Kontingentflüchtlinge in die Bundesrepublik eingereist.26 Zum anderen entstanden wegen militärischer Konflikte auf dem europäischen Kontinent, vor allem aufgrund der Auseinandersetzungen zwischen Armenien und Aserbaidschan und Bergkarabach, zwischen der Tschetschenischen Republik und Russland sowie wegen der Bürgerkriege in Kroatien, Bosnien, Herzegowina und Kosovo Anfang und Ende der 90er Jahre, erneut Fluchtbewegungen. Deutschland hat diese Flüchtlinge als „De-facto-Flüchtlinge“ aufgenommen. D.h. sie waren Flüchtlinge ohne formalen Flüchtlingsstatus, die aus humanitären Gründen aufgenommen wurden, keinen Asylantrag gestellt haben oder deren Antrag abgelehnt wurde. Zwischen 1990 und 1998 beantragten knapp 1,8 Mio. Menschen in Deutschland ein politisches Asyl. Diese Zahl ist deutlich höher als in den westlichen Nachbarländern (zum ← 41 | 42 → Vergleich: In Großbritanien wurden 405.589 Asylanträge gestellt, in Frankreich – 267.332 und in den Schweden – 233.823.)27 Die Zahl der Asylbewerber hat erst mit der Änderung des Asylrechts zurückgegangen.

e) Die fünfte Phase der Einwanderung

Die letzte Phase überschneidet sich mit der vierten. Sie beginnt mit einem „Paradigmenwechsel“ in der Politik. Mit der „Green Card“ (2000) setzte sich die bereits gestoppte Anwerbung hochqualifizierter ausländischer Arbeitskräfte und von IT-Fachkräften fort. Bis Ende Oktober 2001 erhielten diese mehr als 10.000 ausländische Arbeitskräfte, wovon 14 % bereits zum Studium nach Deutschland eingereist waren. Die IT-Fachkräfte kamen überwiegend aus Indien (21 %), Russland, Weißrussland, der Ukraine und den Baltischen Staaten (14 %), Rumänien (8 %), der Tschechischen und Slowakischen Republik (7 %) und dem ehemaligen Jugoslawien (6 %).

2. Überblick über die rechtlichen Grundlagen der Zuwanderung in Deutschland

Bevor auf den historischen Überblick zu den rechtlichen Grundlagen der Zuwanderung in Deutschland eingegangen wird, ist anzumerken, dass sich die ausländerrechtlichen Vorschriften nicht nur im AufenthG, sondern auch in einer Vielzahl anderer Gesetze, Verordnungen, untergesetzlicher Normen und Verträge finden. Diese Regelungen sind auf einen jeweils unterschiedlichen Personenkreis anwendbar. Im Einzelnen richtet sich die Frage der Anwendbarkeit der Norm nach der Staatsangehörigkeit des Ausländers. In der Literatur wird dies wie folgt geordnet: In erster Linie wird zwischen den Drittstaatsangehörigen (Nicht EU – Bürger) und den Unionsbürgern unterschieden. Zudem genießen aufgrund europarechtlicher Vorgaben und völkerrechtlicher Verträge die Angehörigen bestimmter Drittstaaten, insbesondere die türkischen Staatsangehörigen, Sonderregelungen.

a) Ausländergesetz von 1965

Nach der Gründung der BRD 1949 galt zunächst die Ausländerpolizeiverordnung v. 22. August 193828 als Bundesrecht fort. Sie hat nur das Aufenthaltsrecht der Ausländer geregelt. Nach der gezielten Anwerbung ausländischer Arbeitnehmer seit Mitte der 1950er Jahre und dem wirtschaftlichen Aufschwung erwies sich diese als zunehmend weniger tragfähig.29 Aus diesem Grund wurde das Ausländergesetz v. 28. April 196530 ausgefertigt und verkündet, das am 1. Oktober 1965 in Kraft trat. Dieses Gesetz enthielt die Regelung der Einreise und des Aufenthalts der ← 42 | 43 → Ausländer, die Bestimmungen über das Pass- und Ausweiswesen, die politische Betätigung und das Asylrecht. Die Entstehung des neuen AuslG wurde als Triumph der Toleranz gefeiert.31 Das neue Fremdenrecht fiel in dieser Zeit für das „entnationalisierte“ Land fortschrittlich aus und hat die Anforderungen der Aufnahmegesellschaft vollständig erfüllt. Allerdings war das AuslG 1965 offensichtlich von der Unterscheidung zwischen Fremden und Deutschen geprägt und kannte keinen Einwandererstatus. Es war von der Vorstellung beherrscht, dass dem Fremden der Aufenthalt zwar – wenn es im öffentlichen Interesse lag – gestattet werden konnte, dass er aber auch nach langem Aufenthalt nicht seine Fremdeneigenschaft verlor, die ihn von den Deutschen unterscheidet. Daher hatte das Ausländerrecht primär polizeiliche Funktionen.32 Das Gesetz erhielt konsequenterweise keine Vorschriften über den Familiennachzug, über die Erteilung der Aufenthaltsberechtigung und Einbürgerung. Auch die Integration des Ausländers wurde nicht thematisiert: Nach Vorstellung des Gesetzgebers sollten die „Gastarbeiter“ nach einem kurzfristigen Arbeitsaufenthalt wieder in die Heimat zurückkehren.

b) Das Ausländergesetz 199033

Die tatsächliche Entwicklung der Migration ist jedoch anders verlaufen. Seit Mitte der 1980er Jahre wurde daher der Bedarf nach einem neuen Ausländergesetz viel stärker.34 Deutschland wurde offiziell als „Einwanderungsland“ anerkannt. Die ausländerpolitischen Ziele der Begrenzung weiteren Zuzugs und der Integration der Zuwanderer sowie des Offenhaltens der BRD für deutsche Volkszugehörige aus den „Ostblockstaaten“ und für die Freizügigkeit innerhalb der erweiterten EU bedurften neuer Maßstäbe und rechtlicher Formen.35 So wurden Ende der 1980er Jahren erste konkrete Vorstellungen über ein neues Ausländerrecht geäußert.36 Es wurden zahlreiche Gesetzesentwürfe zum Aufenthalts- und Niederlassungsrecht vorgelegt. Das neue AuslG trat am 1. Januar 1991 in Kraft. Das Gesetz brachte einige Erleichterungen für Ausländer. Die Einbürgerung, das Wahlrecht und die Teilhabe des Ausländers am sozialen und kulturellen Leben spielten dabei eine wichtige Rolle.

Was die Integration der Ausländer betraf und welche Vorstellungen damit im Einzelnen verbunden waren, wurde aus der komplizierten Regelung des Gesetzes nicht hinreichend deutlich. In der Begründung des Gesetzes hieß es jedoch, dass die Bundesrepublik den Ausländern die Teilhabe an ihrem wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben ermöglichen und im Rahmen ihrer ethisch-moralischen, ← 43 | 44 → rechtlichen und kulturellen Wertvorstellungen Ausländern einen Freiraum für die Bewahrung der eigenen kulturellen Identität lassen müsse. Den Ausländern obliege es aber auch, sich in die rechtliche, soziale und wirtschaftliche Ordnung der BRD einzufügen, die hiesigen kulturellen und politischen Wertvorstellungen zu respektieren und sich nicht gegen ihre deutsche Umwelt, in die sie freiwillig als Ausländer gekommen seien, zu verschließen.37 Das AuslG 1990 war im Wesentlichen von dem Grundprinzip geprägt, dass Ausländern, die zum Zweck einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit in die Bundesrepublik einreisen wollten, ein Aufenthaltsrecht nur ausnahmsweise nach Maßgabe einer Rechtsverordnung gewährt wurde. Bestimmungen zur selbstständigen Erwerbstätigkeit oder zur Integrationsförderung von Ausländern wurden kein Gesetzesinhalt.

c) Rechtsänderungen von 1992 bis 2004

In der Folgezeit wurde zunächst mit den Asylnovellen38 vom Juni 199239 und Juni 199340 mehrere Regelungen des AuslG grundlegend geändert, insbesondere wurden ← 44 | 45 → die §§ 50, 57, und §§ 32a, 74a AuslG eingeführt. Die Verteilung von Flüchtlingen, das Verhältnis zum Arbeitserlaubnisrecht und die Mitteilungen an die zuständigen Behörden wurden neu geregelt. Zum 1. November 1997 wurden einzelne Verbesserungen des AuslG vorgenommen. Diese galten für den Familiennachzug, das eigenständige Aufenthaltsrecht des Ehegatten und die Aufenthaltsgenehmigung für Kinder aus ehemaligen Anwerbestaaten. Es wurden Ausweisung und Abschiebung erleichtert und Strafvorschriften verschärft.41 Außerdem wurde erstmals 1994 eine gesetzliche Grundlage für die Einrichtung und den Betrieb des Ausländerzentralregisters42 geschaffen. Das AsylVerfG wurde in der Folgezeit mehrfach geändert, jedoch nur in weniger wichtigen Einzelheiten. Im Zuge der Vorbereitung der ← 45 | 46 → Zuwanderungsrechtsreform wurden auch weitere Verbesserungen des Asylrechts und der asylrechtlichen Verfahren vorgesehen. Bis zum Jahre 1998 stellte jedoch eine umfassendere Zuwanderungsregelung kein politisches Thema für die CDU/CSU- geführte Bundesregierung dar.

Im Zuge der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahre 2000 wurden die Einbürgerungsvorschriften der §§ 85 ff AuslG grundsätzlich geändert. Außerdem wurden einige Personengruppen vom Erfordernis der Aufenthaltsgenehmigung befreit oder zur Antragstellung nach der Einreise befugt43 und die visumsfreie Teilnahme an Klassenfahrten für Schüler aus Drittstaaten in andere Unionsstaaten zugelassen.44 Da der Gegenstand der Dissertationsarbeit nicht die EU – Ausländer sind und der Rahmen der Dissertationsschrift es nicht gestattet, alle diese Frage zu betrachten, soll auf die Rechtsänderung bzgl. der Unionsbürger nicht eingegangen werden.

d) Zuwanderungsreform 2004

Im Zuge der Vorbereitung eines neuen Zuwanderungsrechts wurden vor allem grundlegende Neuorientierungen der Steuerung der Zuwanderung mit dem Ziel einer Aufgabe des Anwerbestopps und einer Neuausrichtung der Zuzugsregeln diskutiert. Dabei wurde die Aussage: „Deutschland braucht Zuwanderung“ häufig angewendet. Die Reformstimmung stützte sich zunächst auf drei wesentliche Argumente: den drohenden Arbeitskräftemangel, die dramatische Alterung der deutschen Gesellschaft und gravierende Integrationsdefizite in den früheren Phasen der Zuwanderung.45 Diese Diskussion wurde von einer Rede des Bundeskanzlers Schröder am 23. Februar 2000 in Hannover initiiert, in der er den damals in Deutschland bestehenden Fachkräftemangel im Bereich der Kommunikations- und Informationstechnologie beschrieb. Erst mit dieser Rede nahm eine breite Öffentlichkeit wahr, dass eine Arbeitsmigration in bestimmten Bereichen sowohl ökonomisch als auch demographisch erforderlich ist. Danach folgte die Verordnung des Bundesministeriums über „Aufenthaltserlaubnisse für hoch qualifizierte ausländische Fachkräfte der Informations- und Kommunikationstechnologie (IT-AV)“ v. 25. Juli 200046, die als eine sog. „Green Card“ für IT-Spezialisten verstanden ← 46 | 47 → wurde, mit denen der seit 1993 geltende Anwerbestopp für ausländische Arbeitskräfte etwas relativiert wurde.47 Die unabhängige Kommission „Zuwanderung“48 stellte fest, dass Deutschland zum Einwanderungsland geworden ist und qualifizierte Zuwanderer auf Dauer bereits im eigenen Interesse benötigt. In einem Bericht wurden jeweils die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen der bisherigen Zuwanderung und die Veränderungspotenziale schwerpunktmäßig wiedergegeben. Nach einer umfassenden Darstellung des demographischen Wandels und der äußerst ungünstigen Entwicklung des Arbeitsmarkts wurden konkrete Empfehlungen für eine verbesserte Ausschöpfung der vorhandenen Ressourcen und für eine gezielte Anwerbung herausgearbeitet: Vereinfachung der Aufenthaltstitel, deutliche Verbesserungen der Integrationsförderung und Zuwanderung nach einem „Punktesystem“. Ferner wurden Reformen in den Bereichen Bildungs- und Ausbildungspolitik, Familienpolitik, Wissenschafts– und Technologiepolitik sowie Arbeits- und Sozialpolitik vorgeschlagen.49 Nach Vorlage des Zuwanderungsberichtes hat Bundesinnenminister Otto Schily am 3. August 2001 einen ersten Entwurf für ein Zuwanderungsgesetz vorgelegt. Dabei wurden einige Empfehlungen der Süssmuth-Kommission, insbesondere neue Grundsätze für die Zulassung von Selbstständigen und Arbeitnehmern sowie die gleichzeitige Zulassung zum Aufenthalt und zur Erwerbstätigkeit, aufgegriffen und weitere Änderungen des Aufenthaltsrechts vorgeschlagen.50 Zunächst wurde dieser allgemein begrüßt. Der Gesetzesentwurf wurde während der Beratungen im Bundesrat und Bundestag teilweise ergänzt und modifiziert.51 Trotz Bedenken des Bundespräsidenten ← 47 | 48 → wegen des Abstimmungsverhaltens im Bundesrat52 wurde das Gesetz verkündet53 und trat teilweise am 26. Juni 2002 und am 1. Juli 2002 in Kraft.54 Wegen einiger Unklarheiten bei der Stimmenbewertung im Bundesrat haben die unionsregierten sechs Bundesländer55 eine Normenkontrollklage beim BVerfG eingereicht: Die Stimme des Landes Brandenburg hätte nicht als „Ja“-Stimme gewertet werden dürfen, so dass die erforderliche Mehrheit zur Verabschiedung des Entwurfs nicht ← 48 | 49 → erreicht worden sei. Das BVerfG56 erklärte das Zuwanderungsgesetz für formell verfassungswidrig und daher (wegen Unvereinbarkeit mit Art. 78 GG) für nichtig, so dass sich die Konsequenz ergab, dass die alte Rechtslage weiterhin galt. Die öffentliche Diskussion hat jedoch auf die dringend notwendige Modernisierung des deutschen Ausländerrechts hingewiesen. Im Januar 200357 wurde der Entwurf des Zuwanderungsgesetzes vom Bundeskabinett erneut und unverändert in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht.58 Das Zuwanderungsgesetz v. 30. Juli 200459 trat am 1. Januar 2005 in Kraft, wobei einige Vorschriften bereits einen Tag nach der Verkündung galten. Im neuen Aufenthaltsrecht sind gegenüber dem AuslG folgende Änderungen festzustellen: Reduzierung der Zahl der Aufenthaltstitel, deutliche Verbesserungen für Selbstständige, Hochqualifizierte, Hochschulabsolventen, anerkannte GK-Flüchtlinge und Spätaussiedler; Zusammenfassung von Aufenthalt und Erwerbstätigkeit; zusätzliche Maßnahmen zum Schutz von Sicherheitsinteressen und Bündelung zahlreicher alter und neuer Aufgaben beim BAMF. Schließlich hat das Gesetz wichtige Änderungen im Bereich der Integration erbracht. Auf die Untersuchungen, denen diese Dissertation gewidmet ist, wird im Hinblick darauf später eingegangen.

III. Das Zuwanderungsrecht im Rahmen europäischer Reform einer Flüchtlings- und Migrationspolitik

Im Rahmen der europäischen Reform der Flüchtlings- und Migrationspolitik60 der letzten Jahre hat sich das nationale Zuwanderungsrecht wesentlich geändert. Mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher EU-Richtlinien ← 49 | 50 → v. 19. August 200761 wurden zahlreiche Regelungen des Ausländer- und Asylrechts geändert. Das Richtlinienumsetzungsgesetz hat insbesondere elf ausländer- und asylrechtliche EU-Richtlinien in das nationale Recht umgesetzt, auf deren bedeutendste für das Zuwanderungsgesetz an dieser Stelle kurz eingegangen wird.

Die Familiennachzugsrichtlinie62 hat die Harmonisierung der aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung, Versagung oder Entziehung des Aufenthalts zum Zweck der Familienzusammenführung zu Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in den EU-Mitgliedstaaten aufhalten, zum Ziel. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten, Ehegatten und minderjährigen Kindern sowie eingetragenen Lebenspartnern von Drittstaatsangehörigen den Familiennachzug zu gestatten, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Deutschland hat die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt. Der Nachzug zu Familienangehörigen kann grundsätzlich von einem Integrationskriterium abhängig gemacht werden.63

Die Daueraufenthaltsrichtlinie64 sieht zur Harmonisierung des Daueraufenthaltsrechts von Drittstaatsangehörigen die Schaffung eines gemeinschaftlichen EU-Daueraufenthaltsrechts nach fünfjährigem rechtmäßigen Aufenthalt in einem ← 50 | 51 → Mitgliedstaat der EU vor. Das Daueraufenthaltsrecht begründet grundsätzlich einen Gleichbehandlungsanspruch beim Arbeitsmarktzugang und bei auf „Kernleistungen“ beschränkten Sozialleistungen65 sowie beim Recht auf Weiterwanderung in einen anderen Mitgliedstaat. Im Zuge der Richtlinienumsetzung wurde die sog. Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG geschaffen.66

Mit der Studentenrichtlinie67 werden die Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt auch für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit von Studenten und Schülern im Rahmen eines Schüleraustauschs sowie von Teilnehmern unbezahlter Ausbildungs- oder Freiwilligenmaßnahmen geregelt. Im nationalen Recht wurde ein Aufenthaltstitel zum Zweck des Studiums bzw. der Studienbewerbung geschaffen. § 16 wurde weitgehend erweitert. Nach neuer Regelung beträgt die Mindestgeltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Studiums ein Jahr, die maximale Dauer zwei Jahre (vgl. § 16 Abs. 1 S. 5) und kann danach verlängert werden.

Nach der Forscherrichtlinie68 erhalten Forscher aus Drittstaaten in einem dreistufigen Verfahren für zeitlich begrenzte Forschungsprojekte in der EU einen Aufenthaltstitel, um ihr Forschungsprojekt innerhalb der gesamten EU verwirklichen zu können.69 Es wurde im AufenthG ein besonderer Aufenthaltstitel für Forscher ← 51 | 52 → entwickelt (vgl. § 20). Es wurden Mobilitätsregelungen umgesetzt und das Zulassungsverfahren in der AufenthVO geregelt.

IV. Das Zuwanderungsgesetz als Grundlage des deutschen Ausländerrechts

Das Kernstück des Zuwanderungsgesetzes v. 30. Juli 2004 bildet das „Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet“70. Mit der Ersetzung des AuslG durch das AufenthG hat der Gesetzgeber bereits im Namen des Gesetzes deutlich gemacht, dass in der Ausländerpolitik nicht nur kleine Korrekturen vorgenommen werden sollten, sondern mit einem neuen Zuwanderungsgesetz ein „Paradigmenwechsel“ verbunden sein sollte, der durch den Dreiklang Steuerung, Begrenzung und Integration gekennzeichnet war.

1. Zweck des Gesetzes

Im § 1 Abs. 1 S. 4 sind die Regelungsbereiche des Gesetzes, insbesondere Einreise, Aufenthalt, Erwerbstätigkeit und Integrationsförderung von Ausländern, festgelegt, die den Inhalt des Gesetzes bilden. § 1 Abs. 1 AufenthG71 besagt ausdrücklich, dass Einreise und Aufenthalt für Ausländer mit zahlreichen Beschränkungen verbunden sind, nicht frei und nur eingeschränkt genehmigt werden können. Weder Völker- noch Verfassungsrecht garantieren eine „kosmopolitische Freizügigkeit“, obwohl das Völkerrecht einen gewissen fremdenrechtlichen Mindeststandard, vor allem die Freiheitsrechte und den Rechtsschutz, für Ausländer gewährt. Allgemeine Grundsätze des Völkerrechts zeigen über Art. 25 GG keine praktischen Auswirkungen auf das deutsche Ausländerrecht, weil das deutsche innenstaatliche Recht diese Mindestnormen erfüllt. Die Einreisefreiheit für Staatsfremde ergibt sich weder aus dem Völkervertrags- noch aus dem Völkergewohnheitsrecht.72 Allerdings können zugunsten von Staatsangehörigen bestimmter Länder aufgrund bilateraler Verträge oder Abkommen Erleichterungen und Vergünstigungen bei Einreise und Aufenthalt getroffen sowie durch das AufentG selbst Ausnahmen und Befreiungen für diese Personengruppe angeordnet oder vorgesehen werden.73 ← 52 | 53 → Das auf Ausländer in Deutschland teilweise anwendbare Grundgesetz, sofern die Grundrechte nicht den Deutschen vorbehalten sind, gewährt ebenfalls keine Einreisefreiheit. Eine Ausnahme in diesem Bereich bildet jedoch Art. 16a Abs. 1 GG, wonach den Flüchtlingen Schutz vor politischer Verfolgung gewährt wird.74 Für die Einreise von Asylsuchenden sind daher insbesondere Art. 16a Abs. 1 GG sowie §§ 18, 18a, 19 Abs. 3 AsylVerfG maßgebend.75 Eine Zuwanderung bestimmter Gruppen, etwa von Unionsbürgern, Asylbewerbern und Familienangehörigen, in die Bundesrepublik wird wegen Verfestigung des Aufenthaltsrechts bis hin zur Einbürgerung sowohl rechtlich als auch faktisch zugelassen.76

Aus dem § 1 Abs. 1 ergibt sich, dass die Ziele und Zwecke des Gesetzes mit den fünf Begriffspaaren, insbesondere Steuerung und Begrenzung, Ermöglichung und Gestaltung von Zuwanderung, Aufnahme- und Integrationsfähigkeit, Wirtschaft- und Arbeitsmarkt sowie Gestaltung und Pflichterfüllung, zusammengefasst dargestellt sind. Als vorrangiges Ziel sind jedoch die Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung77 zu verstehen. Als Zweck des Gesetzes sind ebenfalls im Zusammenhang mit dem Erwähnten das Ermöglichen und Gestalten von Zuwanderung zu betrachten. Der Gesetzgeber hat diese beiden Begriffe bewusst zur Verdeutlichung gewählt: Zuwanderung soll nicht nur allgemein geregelt, sondern auch gestaltet und gesteuert sowie vor allem begrenzt werden. Folglich ist das Ziel der Begrenzung den anderen Ziel- bzw. Zweckbestimmungen, wie aus deren Inhalten ← 53 | 54 → hervorgeht, vorgeordnet. Es sollen die Möglichkeiten und Fähigkeiten der BRD zur Aufnahme und Integration von Zuwanderern beachtet werden. Es ist aber deutlich zu erkennen, dass eine Steuerung im Interesse Deutschlands notwendig ist und sich auch lohnt.78

Die Interessen von Wirtschaft und Arbeitsmarkt als eine Antwort auf die zunehmende Globalisierung und damit verbundene Flexibilisierung der Arbeitsmärkte bilden einen wichtigen Bezugspunkt für die Zuwanderung. Es sollen für die deutsche Wirtschaft und für den deutschen Arbeitsmarkt nützliche Lösungen gefunden werden, damit die Bundesrepublik im Wege der fortschreitenden Liberalisierung der Märkte und der gleichzeitigen Mobilisierung der Arbeitskräfte konkurrenzfähig bleibt.79 Allerdings ist Deutschland neben dem zielgerichteten und aktiven Gestalten der Zuwanderung im eigenen Interesse gehalten, wie auch andere (zahlreiche) Länder, die humanitären Verpflichtungen zu erfüllen. In diesem Bereich brachte das AufenthG im Vergleich zum AuslG 1990 deutliche Verbesserungen, obwohl hinsichtlich des humanitären Schutzes und der Familienzusammenführung zahlreiche Probleme auftauchen. In der Aufzählung der Ziele und Zwecke des Gesetzes fehlen jedoch andere Interessen des Gesetzgebers, wie Renner zu Recht bemerkt, z. B. das Interesse an einer Verbesserung der demographischen Situation in Deutschland, obwohl dieses Problem zukünftig auch in Deutschland eine Reihe von Problemen aufwerfen wird.80 Diese Aspekte sind bei der Gesetzesauslegung einzubeziehen.

2. Anwendungsbereich und Personenkreise

a) Vorrangsregelungen

In räumlicher Hinsicht ist das AufenthG im gesamten Bundesgebiet anzuwenden. In persönlicher Hinsicht gilt es nur für natürliche Personen, die durch § 2 Abs. 1 ausdrücklich genannt sind, also ausschließlich für Ausländer. Als Ausländer sind Personen ohne Status des Deutschen nach Art. 116 Abs. 1 GG zu verstehen. Auf die nähere Erläuterung des Begriffs des Ausländers wird in der Untersuchung später eingegangen. An dieser Stelle ist allerdings gleich zu verdeutlichen, dass mit diesem Begriff gem. § 2 Abs. 1 sowohl die Angehörigen anderer Staaten als auch die Staatenlosen erfasst sind. Die Anwendung des Gesetzes auf diesen Personenkreis ist in zweifacher Hinsicht eingeschränkt: durch vorrangige andere gesetzliche Regelungen gem. § 1 Abs. S. 5 und durch im § 1 Abs. 2 genannte Anwendungsausnahmen. ← 54 | 55 →

aa) Vorrang von Spezialgesetzen

Nach § 1 Abs. 1 S. 5 bleiben die Vorschriften der in anderen Gesetzen enthaltenen Regelungen – damit sind die spezielleren Gesetze gemeint – unberührt. Obwohl der allgemeine Rechtsgrundsatz „lex specialis derogat legi generali“ gilt, also das speziellere Gesetz das allgemeine verdrängt, hat der Gesetzgeber dieses ausdrücklich in § 1 Abs. 1 geregelt. Andere Gesetze oder Spezialgesetze i. S. d. § 1 Abs. 5 S. 1 sind derzeit insbesondere folgende Gesetze, das AsylVerfG81 und das Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet,82 die Vorrang vor dem AufenthG haben. Zu den Bestimmungen i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 5 gehören auch die Vorschriften der EMRK.83 Abgesehen vom vorrangigen Art. 16a GG, unterliegen Asylbewerber, Asylberechtigte und GK-Flüchtlinge den speziellen Bestimmungen des AsylVerfG, ansonsten sind sie als Personenkreis vom AufenthG erfasst. Die Rechtsstellung der heimatlosen Ausländer84 ergibt sich zunächst aus den privilegierten Vorschriften des HAG.

Details

Seiten
464
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653049985
ISBN (ePUB)
9783653976526
ISBN (MOBI)
9783653976519
ISBN (Hardcover)
9783631657119
DOI
10.3726/978-3-653-04998-5
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (März)
Schlagworte
Ausländerintegration Zugang zum Arbeitsmarkt politische Partizipation Zuwanderung
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 464 S.

Biographische Angaben

Oxana Syuzyukina (Autor:in)

Oxana Syuzyukina studierte Philologie und Medienwissenschaften in Tscheboksary sowie Rechtswissenschaften in Moskau und Potsdam. Sie war mehrere Jahre als Journalistin tätig und arbeitete als wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Rechtsgeschichte und Rechtsphilosophie i. V. m. Öffentlichem Recht der Juristischen Fakultät der Universität Potsdam.

Zurück

Titel: Einreise und Integration von Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
462 Seiten