Lade Inhalt...

Reformmodelle in der Berufsorientierung

Das Beispiel der Patenschaft

von Lothar Beinke (Autor:in)
©2014 Monographie 164 Seiten

Zusammenfassung

Die Berufsorientierung als Aufgabe für die Schule hat sich durchgesetzt. Trotz der sich häufenden Modelle bleiben die Erwartungen, die Ausbildungsabbrüche durch die verstärkten Aktivitäten zu reduzieren, unerfüllt. Zwar stehen neben neuen und erweiterten Diagnoseverfahren die Betriebspraktika noch immer als Erfolgsfaktoren im Mittelpunkt, um Berufsentscheidungen zu individualisieren. Doch als Informationssucher stehen die Jugendlichen in den Betrieben oft vor für sie schwer zu verarbeitenden Eindrücken, die die hochindustrialisierte Welt der modernen Produktionsstätten darstellen. Hier bietet das Modell der Patenschaften die entscheidende Hilfe zur Reduktion der Komplexität: Die Schüler werden von Auszubildenden im zweiten Ausbildungsjahr (Paten) betreut, die ihnen während der Praktikumswochen auch in der Berufsschule beratend und informierend zur Seite stehen. Die Paten werden somit Experten der betriebsorientierten Berufsorientierung.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Anstelle eines Mottos
  • Inhaltsverzeichnis
  • Teil 1
  • Vorwort
  • Gegenwärtige Bedingungen, in eine berufliche Qualifizierung einzutreten
  • Auswahl aus bisher vorgelegten Modellen
  • Das Modell der Patenschaft
  • Innovationsvorhaben Patenschaften – Kurzfassung der Ergebnisse
  • Kurze Charakteristik des Patenmodells
  • Frühe Hinweise und Ausführungen zur Berufsorientierung an Gymnasien
  • Diskussion zur Struktur von Schülerbetriebspraktika – eine Bestandsaufnahme
  • Das Betriebspraktikum von Platte
  • Modell zur Berufsorientierung zur Minderung der Diskrepanzen zwischen den Geschlechtern
  • Das Schülerbetriebspraktikum als Schnupperlehre
  • Das Projekt Betriebspraktikum – Feldhoff
  • BIBB – Bildungskette, Peschner u.a.
  • Handreichungen Schröder
  • Teil 2
  • Innovationsvorhaben „Osnabrücker Patenmodell“
  • Vorbemerkung: Berufsorientierung in allgemein bildenden Schulen
  • Einleitung – Einordnung in das System Berufsorientierung
  • Osnabrücker Patenmodell
  • Das Modell der Patenschaft
  • Abgrenzung von anderen Modellen
  • Die Einführung des Patenmodells
  • Hypothese für das Modell Patenschaften
  • Überlegungen zur Methode
  • Realisierung des Modells
  • Instrumentarien zur Messung der Ergebnisse des Patenschaftsmodells
  • Der Ablauf der Befragung
  • Die ersten Ergebnisse
  • Eine Einstimmung
  • Die Beurteilung der Hilfen besonders für die Paten
  • Auszubildende als Paten
  • Berufsfindungsprobleme Jugendlicher
  • Darstellung und Kommentierung von Hilfsaktionen
  • To-do-Listen – Leitfäden - Seminare während der Patenschaft im Praktikum
  • Eine kommentierte Auswahl von Interviews mit den Paten (Exempel)
  • Generalisierbare Ergebnisse des Vorhabens
  • Interview Paten und Ausbilder – Zoo
  • Gymnasium Praktikanten und Paten
  • Gymnasium Ausbilder
  • Zusammenfassung des Teilmodellversuchs „Osnabrücker Patenschaften“ am Gymnasium
  • Interviews mit den Ausbildern – Gymnasium
  • Ausgewähltes Interview mit einem Ausbilder – Gymnasium
  • Rückblick
  • Anhang – Befragung
  • Literaturverzeichnis

| 9 →

Teil 1

| 11 →

Vorwort

Gegenwärtige Bedingungen, in eine berufliche Qualifizierung einzutreten

Dieses Modell soll durch Informationen über Berufswahlchancen – z.B. durch Entdecken der Fähigkeiten und Interessen – die in vermitteltem Kontakt durch die Auszubildenden ermöglicht werden, mit den realen Bedingungen der Berufswelt bekannt machen. Welche Bedingungen wären dazu zu bewältigen?

Junge Männer und junge Frauen haben in der globalisierten Welt mit ihrer weitestgehend hoch differenzierten Arbeitsteilung ein Problem, für ihre Entscheidung für den einen Ausbildungsberuf (nicht Lebensberuf!) die – wie für jede Entscheidung – erforderliche Übersicht über die Fülle der Informationen zu bekommen und aus den Unterschieden Kriterien zu entwickeln, die als Basis für eine Entscheidung geeignet erscheinen. Die jungen Menschen überspielen die Schwierigkeiten durch Simulationen, in denen das Prinzip des trial and error ungefährdet angewendet werden kann - auch in Betriebspraktika. Dadurch gewinnen sie Zeit und Distanz, was streng genommen heute eher Mangelware ist und die Schüler belastet. Deshalb ist es geradezu notwendig, dass ihnen geholfen wird. Eine Hilfe mit Tradition, denn ob mit der Hilfe Gottes auf den gebührenden Platz oder mit dem Ergebnis einer psychotechnischen Diagnose, immer gab es Hilfen, sollten die Übergänge in einen Beruf nicht in persönlichem und gesellschaftlichem Chaos enden. Hilfen, so hoffte man, waren immer eine Verbesserung der Bewerberlage um Ausbildungsplätze. Es wurde kaum an ihrer Wirksamkeit gezweifelt. Z.B. wurde die mangelnde Abstimmung zwischen Schule und Betrieb nicht als hindernd erkannt. Ebenso wenig wurde fehlende Praxisnähe erkannt.

Es fehlte gerade die Praxisnähe, die überwiegend in den Betriebspraktika zu erlangen ist. Und es fehlte die Abstimmung zwischen der Schule und den Betrieben, die notwendig ist, um aus der bisher getrennten Vorbereitung in der Schule und der Relativierung in den Betrieben eine Gesamtheit zu schaffen.

← 11 | 12 →

Auswahl aus bisher vorgelegten Modellen

Es wurden im Verlauf der bildungspolitischen Einführung des Faches Arbeitslehre mit den Vorgaben zur Berufsorientierung und den darin enthaltenen Realbegegnungen grundlegende Modelle entwickelt, in denen die folgenden Arbeiten wichtige Anstöße erhielten. Die vorgestellten Modelle sind eine gezielte Auswahl.

Das Praktikum gilt zwar nicht allein der Berufswunschkontrolle und der Berufsfindung. Dennoch geht die Motivation zum Eintritt in ein Betriebspraktikum eindeutig von der Vorstellung der Berufswunschkontrolle aus. Die Hauptwirkung der Betriebspraktika liegt in der Verstärkung konkreterer Wünsche, in geringem Maße auch auf Abschreckung vorangegangener Wünsche. Anregung zu neueren Überlegungen, die dann auch auf Entscheidungen durchlagen, erfolgt nur in einem eher geringen Maße. Betriebspraktika in ihrer globalen Orientierung – darunter verstehen wir Praktikumsmodelle, die keine spezifische, aspekthafte Struktur gewonnen haben - berücksichtigen auch nicht, dass bei der Berufswahl die Jugendlichen sich sehr nach Berufsgruppen unterscheiden. Die Jugendlichen orientieren sich bei der Suche eines Ausbildungsplatzes auch häufig an den Betrieben, so dass die Betriebswahl faktisch eine starke Bedeutung gewinnt. Sie wissen, dass z.B. die Betriebsgröße auch einen formalen Wert bei der Ausbildung besitzt und dass dieser formale Wert den Rang und die Qualität ihres Berufsabschlusses bestimmt. Wenn bei den Betriebspraktika die Wirkung auf Schullaufbahn und Schulabschluss nicht berücksichtigt wird, dann verkürzt das unzulässig den Berufswahlprozess auf die Bildung und Festlegung von ad hoc zustande gekommenen Berufswünschen. Die Berufswahlhilfe in der Schule sollte deswegen einen deutlichen Vorlaufcharakter vor dem Betriebspraktikum haben.

Denjenigen Lehrern, die sich durch entsprechende Fachkompetenz auszeichnen, ist mit der Thematik der Hinführung in die Wirtschafts- und Berufswelt ein komplexes thematisches Feld zugewiesen, das nicht nur die fachlichen Implikationen verlangt, sondern auch ein Gut Teil an Organisations- und Koordinierungsarbeit. Fachlich arbeiten sie in dem Rahmen, der grob umrissen durch Wirtschaft, Technik und gesellschaftliche Rahmenbedingungen charakterisiert ist. In den traditionellen Fächern heißt das: Ökonomie, Technik und Hauswirtschaft. Diese Kombination war als ← 12 | 13 → Trias zwar im Fach „Arbeitslehre“ vorgesehen – vom Deutschen Ausschuss ausdrücklich konzipiert -, ist in der schulischen Realität aber eher als ein Fächerverbund entstanden. Der Trias als Ganzem war vom Deutschen Ausschuss auch die Berufswahl mit der zentralen Bestimmung der Betriebserkundungen und des Betriebspraktikums zugewiesen. Oft wird letztere als eigenständiger Bereich behandelt.

Die schulische Struktur der Berufsorientierung, die sich in einzelnen Schulen als Profilierung mit eigenem Gewicht entwickelt hat, erscheint, wenn wir es bei der obigen Vorstellung beließen, als eigener selbständiger Bereich, in dem die Schule nahezu das Gesamtfeld der Berufsorientierung beherrscht. Diesem Eindruck müssen wir entgegenhalten, dass die Einflüsse der Schule/Lehrer auf die Berufsentscheidung der Schüler unterrepräsentativ sind. Er wird von anderen übertroffen – teilweise auch unterstützt oder gar konterkariert, da die Schule mit außerschulischen Einflüssen von außerschulischen Lernorten kooperiert oder konkurriert. Auf diese muss sie eingehen, will sie Konkurrenzen mindern und Kooperationen verbessern.

Außerdem kann eine Orientierung auf die Berufs- und Wirtschaftswelt durch die Schule allein oder als Schwergewicht den Auftrag der Information über die Wirtschaft nur in geringem Maß erfüllen, da die Vorstellungen der Lehrer über sie in der Regel nicht aus deren eigener Erfahrung geprägt sind. Ja, zu einem großen Teil gibt es fundierte Kenntnisse darüber besonders bei älteren Lehrern fast nicht. Daraus folgt ein eklatanter Mangel an pädagogischer Aufklärungsfähigkeit über die Arbeits- und Wirtschaftswelt. Über die in der Realität der Betriebe vorkommenden Berufstätigkeiten werden die Schüler auf diese Weise nicht informiert. Das Versäumnis der Schule wird wegdiskutiert. Es sei Aufgabe der Schüler selbst, aus der Arbeit in der Praxis – während des Aufenthalts in den Praktika – sich Grundlagen in der Berufsorientierung zu verschaffen. Die allgemein bildende Schule könne eine solche umfassende Orientierung nicht leisten.

Werfen wir einen Blick zurück. Als die festen Ordnungen der prästabilierten Gesellschaft aufbrachen, bedeutete das für die Jugendlichen für ihre künftige Berufstätigkeit ihre Neigungen und Eignungen zu ergründen, sie zu vertiefen, sich zu artikulieren und zu präsentieren und in den neuen Ordnungen ihren Platz zu finden. Eltern und später auch Lehrer sollten ihnen dabei tatkräftig zur Seite stehen, aber den Wünschen und Bedürfnissen der Jugendlichen durchaus Priorität einräumen, denn sie brauchen Hilfe, weil ← 13 | 14 → die Transparenz der Berufswelt und der Ausbildungsmöglichkeiten zu einem Beruf nicht weit ausgeprägt waren. Und selbst wenn die Jugendlichen einen weiteren Einblick in die Strukturen der Berufswelt hätten gewinnen können, stand dem noch die Informationssuche und die Verarbeitung der Suchergebnisse als kaum zu bewältigendes Hindernis entgegen.

Details

Seiten
164
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653044751
ISBN (ePUB)
9783653977868
ISBN (MOBI)
9783653977851
ISBN (Hardcover)
9783631654132
DOI
10.3726/978-3-653-04475-1
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (Juli)
Schlagworte
Betriebspraktika Patenschaften Praktikanten Ausbildungsabbrüche Berufsorientierung
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 164 S.

Biographische Angaben

Lothar Beinke (Autor:in)

Lothar Beinke studierte Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftspädagogik. Er hatte bis zu seiner Emeritierung den Lehrstuhl für Arbeitslehre und ihre Didaktik an der Universität Gießen inne.

Zurück

Titel: Reformmodelle in der Berufsorientierung
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
166 Seiten