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Einführung in die Ästhetik

Eine philosophische Collage

von Evelin Klein (Autor:in)
©2014 Monographie 161 Seiten

Zusammenfassung

Die Autorin bietet in ihren einführenden philosophischen Reflexionen eine Auswahl an klassischen und modernen Themen der Ästhetik: Dialektik der Aufklärung, Kunst nahe am Verstummen, Begriffsgeschichte des Schönen und andere. In zehn Kapiteln werden Zitate durch kommentierende Abschnitte verbunden. Dabei geht das Buch nicht fortlaufend argumentierend vor, sondern präsentiert sich vielmehr als Collage. Jedem Kapitel ist ein literarisches Motto vorangestellt. Es soll den Gefühlsraum zeigen, in dem sich Ästhetik dann bewegt. Gegenwärtige Kunst als kritische Instanz verweist auf die Autonomie der Ästhetik, die stets Tendenzen abwehren muss, welche sie einzuschränken oder gar zu vernichten drohen: dies waren und sind hauptsächlich autoritär-politische Vereinnahmungen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort
  • I. „Ästhetizismus“
  • II. Der Name „Ästhetik“
  • III. Dialektik der Aufklärung
  • IV. Kunst nahe am Verstummen
  • V. Zum Deutschen Idealismus
  • VI. Über den Zusammenhang ästhetischer Theorien mit der ontologischen Grundlegung philosophischer Systeme
  • VII. Zur Begriffsgeschichte des Schönen mit einem Einschub zum Begriff der Nachahmung
  • VIII. Form und Inhalt
  • IX. Sprache in Kunst
  • X. Zur Moderne
  • Anmerkungen
  • Literaturverzeichnis
  • Biographische Notiz
  • Nachwort

Vorwort

Ästhetische Theorie ist als solche widersprüchlich. Kann doch Theorie niemals das einzelne Kunstwerk einholen oder gar Handlungsanweisung fiir Künstler, Kritiker oder Kunsthistoriker sein. Philosophische Theorie kann nie kurzschlüssig praktisch werden. Das Verhältnis zwischen Theorie und Praxis ist ein sehr differenziertes. Ästhetik bewegt sich im Raum des Geistes. Ästhetische Begriffe haben Geschichte, haben sich verändert.

Die Erfahrung des Schönen scheint spontan und theoriefrei zu sein. Aber auch Gefühle sind nicht immer echt, sondern oft verschüttet, unfrei auf Grund des persönlichen Lebensweges oder der allgemeinen, politischen Manipulation, die tagtäglich durch Massenmedien, Werbung etc. geschieht. Die angebliche Echtheit und Unmittelbarkeit gedankenfeindlichen Gefühls erweist sich sehr wohl als vermittelt. Was im Individuum scheinbar als eigenes Gefühl aufsteigt wurde bewußt im Interesse von Herrschaft, Bürokratie, Kapital in es hineingelegt. Ästhetische Erfahrung wird aber dann ihrer Autonomie entfremdet und anderen Zwecken untergeordnet, ihre Heteronomie wird Symptom gesellschaftlicher Unfreiheit. Ästhetische Theorie kann dann als Aufklärung wirken. Aufklärung braucht sie aber auch über sich selbst und die Grenzen von Aufklärung selbst, die angesichts der ökologischen Krise der Welt oder der totalen Vernichtungsmöglichkeit durch die Atombombe mit ihrem mechanistischen Fortschrittsdenken problematisch geworden ist. „Wissen ist Macht“ als technisch praktischer Leitsatz bedeutet Macht zum Bösen. „Besseres“ Wissen ist nötig, das den Menschen Menschsein ermöglicht und Zusammenhänge der Natur beläßt. Nicht mehr geht es um das Naturschöne, seine Betrachtung, seine Darstellung, sondern um Natur selbst: Zerstörung aufzeigen wird Aufgabe von Kunst, Utopie, wie alles noch sein könnte; Negation der schlechten Praxis.

Fortschrittsdenken in der Geschichte täuscht einen ganzheitlichen Sinnzusammenhang vor, den es in Wirklichkeit nicht gibt, es sei denn den der Selbstzerstörung von Natur und Mensch. Logisches Denken täuscht einen Sinnzusammenhang der Sprache vor, den es so nicht gibt: Das zu vermeiden, versuchte ich in meiner Einführung das Prinzip der Collage zu verwenden, das ja auch eines der wichtigsten Formelelemente moderner Kunst ist. Sinn ergibt sich „hinter“ den Sätzen. Einstimmen möchte ich in jedes Kapitel mit literarischen ← 7 | 8 → Mottos: sie sollen den Gefühlsraum zeigen, in dem sich Ästhetik dann bewegt; so wie ein Bild in mir etwas auslösen kann, was nicht im Bild vorhanden ist, so wie ein Satz mir die Augen öffnen kann über etwas, was noch unbewußt in mir verschlossen war; so wie eine längst vergessene Melodie wieder aufsteigt und zu Tränen rührt; so wie ein Gedicht die ganze Welt sein kann, Trauer und Freude.

Einen Vorrang hat bei mir die Dichtung bekommen, da Lesen im eigentlichen Sinn mein geistiges Überleben seit frühester Jugend bedeutet hat. In Büchern oder anderen Kunstwerken zu finden, daß ich mit meiner Denk- und Lebensweise nicht allein in der Welt bin.

Einen Vorrang hat bei mir die Malerei bekommen, weil ich nach langjähriger Lehrtätigkeit, die mir wenig Zeit für philosophische Theorie oder Malerei gelassen hat, seit 1973 als Malerin tätig bin und an zahlreichen Ausstellungen, Projekten teilgenommen oder selbst Einzelausstellungen veranstaltet habe. Mein Anspruch als Malerin und Philosophin ist, zugleich theoretisch und praktisch zu arbeiten; mich nicht beschränken zu lassen auf einzelne Bereiche, die wie Schubladen geöffnet oder geschlossen werden. Freilich bringt die Beschäftigung mit beidem oft Schwierigkeiten, zugleich ist nicht möglich Ästhetik zu schreiben und an einem Bild zu malen. Da blockt eins das andere ab. Es ist so, wie mit dem Freud’schen Lehrsatz übers richtige Leben: Arbeit und Liebe, zugleich gehts nicht. ← 8 | 9 →

I.  „Ästhetizismus“

Das tote Auge kann das tote Auge im Spiegel nicht sehen.
Beim Sterben sind alle Spiegel bedeckt, um die Spiegelungen
zu begraben
.

Anaïs Nin, Unter einer Glasglocke

Als Ästhet wird in der Sprache des Alltags ein Mensch bezeichnet, der nur dem Schönen, „Geistigen“ lebt, sich selbst genügt, ein Narziß. Ablehnung von Verunstaltung, Krankheit, Häßlichkeit und die Verdrängung von Alter und Tod bestimmen diese Haltung. Narzißmus wird oft ästhetisch begründet. Das Wort „ästhetisch“ kann als Bezeichnung für eine bestimmte Körperhaltung, eine Geste, einen Ausdruck verwendet werden. „Unästhetisch“ wird so fast zu einem Synonym von „pornographisch“. Eine Frau sitzt „ästhetisch“, wenn ihre Beine übereinandergeschlagen oder schief gegeneinandergepreßt sind. Auf Hochzeitsbildern der Jahrhundertwende und noch lange danach blickt die Frau seitlich weg vom Ehegatten oder starr ins Objektiv. Ein Aktbild wird als Kunst gewertet, wenn Sexualität nicht grob deutlich wird, eben nur als Hauch von Erotik spürbar ist. Die Toleranzgrenzen, wann etwas als Pornographie oder als Kunst zu bewerten sei, haben sich freilich im Laufe der Geschichte verschoben.

Details

Seiten
161
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653048131
ISBN (ePUB)
9783653978582
ISBN (MOBI)
9783653978575
ISBN (Hardcover)
9783631655917
DOI
10.3726/978-3-653-04813-1
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (September)
Schlagworte
Schönheit Deutscher Idealismus Collagieren Aufklärung
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 161 S.

Biographische Angaben

Evelin Klein (Autor:in)

Evelin E. Klein hat an der Universität Wien Germanistik, Geschichte und Philosophie studiert und ist eine international tätige bildende Künstlerin. Sie ist Herausgeberin der Reihe Persephone sowie Autorin der Monografie Weg der Theorie – Hodos Theorias.

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