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Ortsumbenennungen im sowjetischen Russland

Mit einem Schwerpunkt auf dem Kaliningrader Gebiet

von Sven Freitag (Autor:in)
©2015 Dissertation 206 Seiten
Reihe: Kieler Werkstücke, Band 10

Zusammenfassung

Gegenstand der Arbeit ist die Untersuchung von Ortsumbenennungen auf dem Territorium der russischen Teilrepublik der Sowjetunion (RSFSR). Welche Entscheidungswege gab es? Nach welchen Kriterien wurden die Namen gewählt? Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf dem Kaliningrader Gebiet, wo über die Siedlungsnamen hinaus auch fast alle Flur- und Gewässernamen ausgetauscht worden sind. Auch die Umbenennungen auf der Krim, auf Sachalin und in Karelien werden auf ihre Motivationen hin analysiert. Zugleich wird das Thema in den Kontext der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts eingebunden; Umbenennungen sind eines der Mittel zur Schaffung von Gedächtnisorten für neue politische und gesellschaftliche Verhältnisse.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Danksagung
  • Inhaltsverzeichnis
  • 1. Einleitung
  • 1.1 Die Quellen
  • 1.2 Terminologie
  • 2. Massenhafte Ortsumbenennungen in Europa – Fallbeispiele
  • 2.1 Elsass–Lothringen
  • 2.2 Südtirol
  • 2.3 Deutsches Reich
  • 2.4 Exkurs: Umbenennungen in der SBZ/DDR
  • 2.5 Volksrepublik Polen
  • 2.6 Zusammenfassung
  • 3. Zarenreich und Sowjetunion – der Weg zur politischen Nutzung von Oikonymen
  • 3.1 Mittelalterliche russische und ostslavische Oikonyme
  • 3.2 Von Peter I. bis zu Nikolaj II. – Oikonyme unter den Zaren
  • 3.2.1 Peter I.
  • 3.2.2 Katharina II.
  • 3.2.3 Das 19. Jahrhundert, der Vaterländische Krieg und Oikonyme in Russland
  • 3.2.4 Nationalismus und Oikonyme im Zarenreich
  • 3.2.5 Die Februarrevolution 1917
  • 3.2.6 Exkurs: Das Russische Reich als Kolonialmacht und der Einfluss auf die Toponymie der betroffenen Gebiete
  • 3.2.7 Zusammenfassung
  • 4. Ortsumbenennungen in der Sowjetunion
  • 4.1 Einzeln vorgenommene Umbenennungen
  • 4.1.1 Auftakt: 1917 bis Anfang 1930er Jahre
  • 4.1.2 Begriffserläuterung: Sowjetische Toponyme im Allgemeinen und sowjetische Oikonyme im Speziellen
  • 4.1.3 Personenkulte: 1930er Jahre bis 1956
  • 4.1.4 Entstalinisierung: 1956 bis ca. 1970er Jahre
  • 4.1.5 Beseitigung der „sowjetischen Monster“: Ende der 1970er bis Ende der 1980er Jahre
  • 4.1.6 Perestroika: 1985 bis 1992
  • 4.1.7 Überblick über die rechtlichen Grundlagen von Umbenennungen in der RSFSR
  • 4.2 Massenhafte Umbenennungen
  • 4.2.1 Umbenennungen in den nach 1945 an die RSFSR angegliederten Gebieten
  • 4.2.1.1 Kaliningrader Oblast ’
  • a) Die Entstehung der Orts- und Flurnamenlandschaft bis 1945
  • b) Die Entstehung der Orts- und Flurnamenlandschaft nach 1945
  • c) Toponyme der Kaliningrader Oblast ’
  • d) Oikonyme und Anoikonyme der Kaliningrader Oblast ’ - ein abschließender Überblick
  • 4.2.1.2 Sachaliner Oblast ’/Südsachaliner Oblast ’
  • a) Die Entstehung der Namenlandschaft bis 1946
  • b) Die Entstehung der Namenlandschaft nach 1946
  • 4.2.1.3 Leningrader Oblast ’
  • a) Die Entstehung der Namenlandschaft bis 1940/45
  • b) Die Entstehung der Namenlandschaft nach 1940/1945 - bürokratische Prozesse
  • 4.2.1.4 Zusammenfassung: Umbenennungen in den angegliederten Gebieten
  • 4.2.2 Massenhafte Umbenennungen und vertriebene Völker
  • 4.2.2.1 Die ASSR der Wolgadeutschen
  • 4.2.2.2 Die ASSR der Krim
  • 4.2.2.3 ASSR der Tschetschenen und Inguscheten
  • 4.2.2.4 Autonomes Gebietе der Karatschaier
  • 4.2.2.5 ASSR der Kalmücken
  • 4.2.2.6 Der chinesisch-sowjetische Konflikt, die letzten massenhaften Ortsumbenennungen
  • 5. Fazit – Nomen est omen
  • 6. Quellen- und Literaturverzeichnis
  • Archivalien:
  • Literaturverzeichnis
  • 7. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
  • 8. Abkürzungsverzeichnis
  • 9. Ortsnamen- und Personenverzeichnis
  • 10. Anhang

← 12 | 13 → 1. Einleitung

Istanbul was Constantinople,

Now it ’s Istanbul not Constantinople,

Been a long time gone, Constantinople

Now it ’s turkish delight on a moonlit night,

[…]

Even old New York was once New Amsterdam,

Why they changed it I can‘t say,

People just liked it better that way.1

„Eine kurze Analyse der Namen der Siedlungen

der sowjetischen Periode zeigt, dass sie die

geistige Haltung des Volkes ausdrücken,

die reale Verwirklichung seiner Autonomie,

[und] der sozialistischen Umgestaltung.“ 2

Weist der Textauszug aus dem Lied der Gruppe „They Might be Giants“ darauf hin, dass Metropolen eine sehr lange Tradition haben, erklärt die Aussage von Bušmakin die besonderen Umstände von Ortsumbenennungen in der Sowjetunion. Die „geistige Haltung“ des Sowjetvolkes manifestierte sich demnach auch in den Ortsnamen des Staates. Namen für geographische Objekte (Toponyme) dienen im allgemeinen der Orientierung, der Bezeichnung, der Beschreibung und in einigen Fällen auch der Besitzanzeige. Sie unterliegen andauernden, in ihrer Wirkung in der Regel sehr langsamen, in einigen Perioden der Geschichte aber auch sehr schnellen, Einflüssen. Sie gehören zu den Bezeichnungen, die teilweise über Jahrtausende tradiert werden, ohne einem Wandel zu unterliegen. Selbst wenn eine Sprache schon lange ausgestorben ist, kann es sein, dass die in dieser Sprache ausgedrückten Toponyme weiterhin verwandt werden, auch wenn nicht mehr verstanden wird, welche Bedeutungen der Name ursprünglich in sich getragen hat. Einer Tradierung mit besonders langsamen Wandlungen unterliegen dabei die Namen von Flüssen und Metropolen.

Thema dieser Arbeit ist die Untersuchung von Ortsumbenennungen in der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR), und, zu einem geringeren Teil, des Zarenreiches. Exkursorisch wird auf Ortsumbenennungen in anderen Teilen Europas eingegangen. Auf diese Weise sollen zum einen verschiedene Intensitätsstufen und Intentionen bei der Umbenennung von Toponymen verdeutlicht werden, um so die besonderen Eigenheiten der sowjetischen Orts- und ← 13 | 14 → Flurnamenumbenennungen zu verdeutlichen. Zum anderen soll verdeutlicht werden, dass Ortsumbenennungen ein Teil der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts sind, und kein rein sowjetisches Phänomen.

Im Vordergrund der Untersuchung der Ortsumbenennungen in der RSFSR stehen Umbenennungen in größtem Maßstab. Hier wird insbesondere die Einführung russisch-sowjetischer Toponyme im nördlichen Teil Ostpreußens, dem Gebiet Kaliningrad, untersucht. Neben dieser westlichsten Oblast ’ der heutigen Russländischen Föderation stehen aber noch andere Gebiete wie zum Beispiel die Oblast ’ Leningrad oder die Oblast ’ Sachalin im Fokus der Untersuchung. Da diese Umbenennungen in ihrer Konsequenz, ihrer Durchführung und ihrem Ergebnis nur im Kontext anderer Umbenennungen innerhalb der RSFSR und einiger besonderer Regionen Europas die im Laufe des 20. Jahrhunderts von Ortsumbenennungen in großem Umfang betroffen waren, zu verstehen sind, wird beides ebenfalls, wenn auch nicht in gleichem Umfang, dargestellt. Da ein genaues Eingehen auf Umbenennungen in Europa nach dem Ersten Weltkrieg in diesem Rahmen nicht möglich ist, werden nur einige wenige Umbenennungswellen exemplarisch bearbeitet. Diese wurden nach ihren besonderen Eigenarten ausgewählt, um verschiedene Vor- und Umgehensweisen mit den Toponymen einer neuen nationalen Minderheit aufzuzeigen. Ausgewählt wurden hier zum einen, das nach dem Krieg an Frankreich abgetretene Elsass-Lothringen, zum anderen das Italien angegliederte Südtirol. Der historischen Entwicklung folgend, werden die im Deutschen Reich und den von ihm beherrschten Gebieten unter nationalsozialistischen Gesichtspunkten vorgenommenen Umbenennungen untersucht, um dergestalt später die Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei Umbenennungen in der Sowjetunion und dem „Dritten Reich“ herausarbeiten zu können. Im Zuge des Zweiten Weltkrieges, beziehungsweise als Konsequenz des Krieges, wurden in der nach Westen verschobenen Volksrepublik Polen und der Tschechoslowakei bis dato gebräuchliche deutsche Toponyme umbenannt. Exemplarisch werden hier die Vorgänge in der Volksrepublik Polen dargestellt.3 Die Vorgänge und Motive dieser Umbenennungen unterscheiden sich zu einem gewissen Grade von den vorgenommenen Umbenennungen in der Sowjetunion, obwohl sie im Umfeld eines sowjetischen Satellitenstaates stattgefunden haben. Die hier im Raume stehenden Fragen sind: In welcher Form werden Anknüpfungen an vorangegangene Toponyme deutlich, welche Begründungen werden für die Umbenennungen angeführt und, vor allem, auf welche Weise werden Ortsumbenennungen durchgeführt? Gibt es Verfahrensweisen, die sich bei der Gleichheit der Aufgabe wie von selbst ergeben, oder können verschiedene Ansätze gewählt werden?

Der Eindruck, die Umbenennungen in der RSFSR seien in ihrer Massenhaftigkeit bis dato ohne Vorläufer gewesen und wie aus dem Nichts entstanden, wird dadurch beleuchtet, dass zunächst in kurzer Form Umbenennungen und Entwicklungen der Vergabe besonderer Ortsnamen im Zarenreich von Peter dem Großen bis zur Oktoberrevolution vorgestellt werden. Darauf aufbauend, wird, ebenfalls in kurzer Form, die Entwicklung der Umbenennung von Orten in der Sowjetunion bis zu ihrem Ende im ← 14 | 15 → Jahr 1992 aufgezeigt. Im Vordergrund steht hier die Frage, welche Einflussfaktoren sich in welchem Zeitraum auf die Vergabe neuer Ortsnamen auswirkten. Ein besonderes Merkmal in der Entwicklung der Toponymie der Sowjetunion, welches sich von den zunächst vorgestellten einzeln vorgenommenen Umbenennungen unterscheidet, sind die von mir so genannten massenhaften Umbenennungen. Sie sind, bei nur einer Ausnahme, alle mit dem Zweiten Weltkrieg verbunden. Durch das Vorgehen gegen Polen, die baltischen Staaten und Rumänien verleibte sich die Sowjetunion bis zum deutsch-sowjetischen Krieg große Gebiete ein. Möglich wurde diese Westexpansion, ebenso wie die deutsche Ostexpansion, erst durch den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt aus dem Sommer 1939. In den der Sowjetunion angegliederten „befreiten“ Gebieten wurden ebenso, wie im von der Wehrmacht eroberten Polen, Umbenennungen durchgeführt. Da diese aber nicht auf dem Territorium der RSFSR stattfanden, werden sie im Zuge dieser Arbeit nicht untersucht.

Die Eingliederung der heutigen Kaliningrader Oblast ’, von Teilen der heutigen Oblast ’ Sachalin sowie der ehemals finnischen Territorien der Leningrader Oblast ’ führten, neben großen Bevölkerungsverschiebungen, zu einem Phänomen, welches eindeutig von den bis dato durchgeführten Ortsumbenennungen zu trennen ist: die massenhafte Umwandlung der Toponymie (Gesamtheit der vorhandenen Orts-, Flur- und anderer Namen eines bestimmten Gebietes) der betroffenen Gebiete.

Diese Umbenennungen haben einen Vor-, beziehungsweise in einigen Fällen Nachläufer: Die Gebiete der so genannten bestraften Völker innerhalb der Sowjetunion. Diese Völker, denen kollektive Kollaboration mit dem Feind oder Widerstand gegen die Rote Armee vorgeworfen worden war, sind innerhalb der Sowjetunion deportiert worden. In ihren vorherigen Siedlungsgebieten wurden im Zuge der Wiederbesiedlung die Toponyme der vorangegangenen Bevölkerungen umbenannt. Teilweise, zum Beispiel im Autonomen Gebiet der Wolgadeutschen (ASSR Privolžskich Nemcev), geschah dies bereits während des Krieges, teilweise wurden diese Umbenennungen erst, wie im Falle der Oblast ’ der Krim, nach Kriegsende beendet.

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt, wie bereits angedeutet, auf den Umbenennungen in dem heutigen Kaliningrader Gebiet (Kaliningradskaja Oblast ’, im Weiteren Kaliningrader Oblast ’), dem nördlichen Teil des ehemaligen Ostpreußens. Festzuhalten ist, dass in der Kaliningrader Oblast ’ und in allen untersuchten Gebieten die Untersuchung der Urbanonyme (Namen der Objekte innerhalb von Siedlungen) und der Mikrotoponyme (Namen der kleinsten geographische Objekte) ausgespart worden ist. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass es keine offiziellen Umbenennungsakte für die Umbenennung von Mikrotoponymen gab, beziehungsweise die Untersuchung von Urbanonymen im Rahmen dieser Untersuchung nicht zu leisten ist. Da die Mikrotoponymie in aller Regel besonders im Alltag der Bevölkerung verankert ist und besonders schnellen Wandlungen unterliegt, ist es zwar fragwürdig, ob sich Toponyme aus der Zeit vor 1945 erhalten haben, allerdings nicht ausgeschlossen.4 Die Urbanonyme der Siedlungen und Städte in der Kaliningrader Oblast ’ wurden durch entsprechende Rechtsakte umbenannt.

← 15 | 16 → Im Zuge der Angliederung und Besiedlung der Kaliningrader Oblast ’ wurde in den Jahren 1946 bis 1950 der Namenbestand des Gebietes nahezu vollständig umgewandelt. Schon fast zwangsläufig ergeben sich hier einige Fragen, die in dem entsprechenden Kapitel untersucht und beantwortet werden sollen. Zunächst stehen die mit den Umbenennungen zusammenhängenden administrativen Vorgänge im Vordergrund der Untersuchung. Wer war an den Umbenennungen beteiligt? Wer überlegte sich neue Namen? Konnte die Bevölkerung auf die neuen Ortsnamen Einfluss nehmen, und, so dies möglich war, in welchem Maße? Welche Verwaltungsglieder in Partei und Zivilverwaltung mussten den Umbenennungen zustimmen? Gab es unterschiedliche Interessen, die bei den Umbenennungsvorgängen ausgehandelt werden mussten?

Auf den Fragen nach den administrativen Vorgängen aufbauend, ergeben sich weitere Fragestellungen: Werden Ortsnamen und Flurnamen gleichwertig behandelt? Gibt es einen Zusammenhang zwischen der potentiellen ideologischen Bedeutung eines Ortes und seinem Namen?

In einem nächsten Schritt werden die Umbenennungen in der Kaliningrader Oblast ’ mit den ebenfalls im gleichen Zeitraum vorgenommenen Umbenennungen am „anderen Ende der RSFSR“, in der Oblast ’ Sachalin, verglichen. Hier steht nicht mehr der grundsätzlich ähnliche Verwaltungsgang der Umbenennungen im Vordergrund, sondern die Frage nach Unterschieden und Besonderheiten. Hat die geographisch und politisch auf der einen Seite ähnliche, auf der anderen Seite differente Lage der Oblast ’ Sachalin einen Einfluss auf den neuen Namensfundus? Gibt es Rückgriffe auf Toponyme, die bis 1905, als der südliche Teil der Insel Sachalin in japanischen Besitz überging, im Russischen Reich in Gebrauch waren? Welche Einflussfaktoren stehen hier im Vordergrund?

Kürzer als die Untersuchung der Oblast ’ Sachalin fällt die Untersuchung der Umbenennungen auf dem karelischen Isthmus aus, also den Gebieten der heutigen Leningrader Oblast ’, die bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges unter finnischer Herrschaft standen. Untersucht werden die Umbenennungen nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges. Auf dem karelischen Isthmus ist die Ausgangslage ähnlich wie in der Oblast ’ Sachalin, handelt es sich doch um ein Gebiet, welches lange Zeit direkt oder indirekt von Russland aus regiert wurde, und somit zu einem gewissem Maße russische Toponyme enthalten konnte. Die sich hier ergebende Frage ist wiederum die nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten. Die Untersuchung der Umbenennungen in der Oblast ’ Kaliningrad, der Oblast ’ Sachalin und den genannten Teilgebieten der Leningrader Oblast ’ dient der Beantwortung der Frage nach möglichen besonderen regionalen Einflüssen und überregionalen Gemeinsamkeiten. Wäre ein Name, der in Kaliningrad vielleicht als opportun oder zumindest nicht als schädlich empfunden worden ist, auf Sachalin aus bestimmten Gründen nicht zur Anwendung gekommen? Sind Strategien bei der Aneignung eines Gebietes, beziehungsweise der Toponymie eines Gebietes, die in Kaliningrad vorgenommen wurden, in der Leningrader Oblast ’ nicht angewandt worden? Gibt es Divergenzen zwischen der Leningrader Oblast ’ und der Sachaliner Oblast ’?

Die grundlegende Fragestellung, die im Zuge der Untersuchung beantwortet werden soll, ist aber: Warum werden die Toponyme in der Sowjetunion umbenannt? Handelt es sich um die bewusste Konstruktion eines Namensfundus? Welche Einflussfaktoren spielen dabei eine Rolle? Welche Namenspaten entsprechen diesen Einflussfaktoren? Handelt es sich bei der Gesamtheit der Toponyme in den ← 16 | 17 → untersuchen Gebieten der RSFSR um eine bewusst konstruierte Namenlandschaft5? Wie unterscheiden sich die vergebenen Ortsnamen massenhafter Umbenennungen und einzeln vorgenommener Umbenennungen? Welche Prämissen spielten hier eine Rolle? Spiegelt sich eine Diskussion darüber in den Quellen wieder, handelt es sich um eine unbewusst umgesetzte Konzeption? Ist diese mögliche Konzeption aber unter Umständen auch als selbstverständlich angesehen worden, und bedurfte daher keiner besonderen Erwähnung?

1.1 Die Quellen

Die Untersuchung der Umbenennungen in der RSFSR im Kontext des Zweiten Weltkrieges basiert auf der Untersuchung der Aktenbestände des Staatlichen Archives der Russländischen Föderation (Gosudarstvennyj Archiv Rossijskoj Federacii/GARF). Hier ist insbesondere der Fond A-385 Verchovnyj Sovet RSFSR (F. A-385 Oberster Sowjet der RSFSR) von Interesse, aber auch die Akten des Ministerrates (GARF, F. A-259) wurden zur Untersuchung herangezogen. Ergänzend wurden die Aktenbestände des Russländischen Staatsarchiv für sozio-politische Geschichte (Rossijskij gosudarstvennyj archiv social ’no-političeskoj istorii/RGASPI) herangezogen.

Die Ausarbeitung der Prozesse der Namengebung in der Kaliningrader Oblast ’ beruht auf den Beständen des Staatlichen Archivs der Kaliningrader Oblast ’ (Gosudarstvennyj Archiv Kaliningradskoj Oblasti/GAKO) und den Dokumenten des Zentrums der Aufbewahrung und Untersuchung von Dokumenten der jüngsten Geschichte der Kaliningrader Oblast ’ (Centr chranenija i izučenija dokumentov novejšej istorii Kaliningradskoj Oblasti/CChIDNIKO), in dem die Dokumente der Kaliningrader Parteiorganisation aufbewahrt werden. Darüber hinaus wurden die Bestände des GARF und des RGASPI ergänzend herangezogen. Insbesondere die Akten des Obersten Sowjets konnten Lücken in den Dokumenten des GARF schließen. Ergänzend wird in den entsprechenden Abschnitten der Arbeit die aktuelle Sekundärliteratur zu Umbenennungsprozessen in der RSFSR herangezogen. Die beispielhafte Untersuchung der Umbenennungsprozesse außerhalb der RSFSR basiert vollständig auf der entsprechenden Sekundärliteratur.

Details

Seiten
206
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653048100
ISBN (ePUB)
9783653978629
ISBN (MOBI)
9783653978612
ISBN (Hardcover)
9783631655894
DOI
10.3726/978-3-653-04810-0
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (November)
Schlagworte
Russisches Reich Sowjetunion Deportationen deutsche Ostgebiete
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 206 S., 14 s/w Abb., 24 Tab.

Biographische Angaben

Sven Freitag (Autor:in)

Sven Freitag studierte Osteuropäische Geschichte an der Universität zu Kiel und an der Staatlichen Universität Irkutsk (Russische Föderation). Nach Forschungsaufenthalten in Kaliningrad und Moskau war er an der Universität zu Kiel tätig.

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