Lade Inhalt...

«Patent-Trolling» – Rechtsmissbräuchliche Verwendung des Patentrechtes?

von Tobias Frick (Autor:in)
©2014 Dissertation 544 Seiten

Zusammenfassung

Patent-Trolle verwenden die patentierte Erfindungsidee weder für eigene Produktionstätigkeiten noch sind sie erfinderisch tätig. Sie setzen die patentrechtlichen Ansprüche zwecks Aufbaus einer Drohkulisse strategisch ein. Ziel ist das Erreichen einer Situation, in welcher der Betroffene den Abschluss einer überhöhten Lizenzvereinbarung als die vorteilhafteste Lösung ansieht. Die Untersuchung widmet sich der Frage, ob das Patent-Trolling eine rechtsmissbräuchliche Verwendung des Patentrechtes darstellt. Hierzu werden anhand der patentrechtlichen Rechtfertigungstheorien und einer ökonomischen Betrachtung die Zielsetzungen des Patentrechtes herausgearbeitet, um die Auswirkungen des «Patent-Trollings» auf diese zu analysieren und Kriterien für einen Missbrauchstest zu entwickeln.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung
  • Erster Teil: Festlegung der zu untersuchenden Verhaltensweisen
  • § 1. Untersuchungsgegenstand: Das „Patent-Trolling“
  • A. Einleitung
  • B. Bestimmung des Untersuchungsgegenstandes
  • I. Überblick: Auftreten des „Patent-Trolling“ in der US-amerikanischen und deutschen Rechtsprechung und Literatur
  • 1. Bildung eines Merkmalsrasters
  • 2. „Patent Sharks“ im 19. Jahrhundert: US-amerikanische Landmaschinen
  • 3. Patent enforcement companies
  • 4. US-amerikanische Rechtsprechung
  • a. NTP Inc. v. RIM Ltd. (BlackBerry)
  • b. Eolas Technologies Inc. v. Microsoft Corp
  • c. eBay Inc. v MercExchange L.L.C
  • aa. Überblick
  • bb. Entscheidung des District Court
  • cc. Entscheidung des Federal Court of Appeal
  • dd. Entscheidung des Supreme Court
  • ee. Zurückverweisung an den District Court und Kauf der Patente durch eBay
  • 5. Ansätze von „Patent-Trolling“ in Deutschland
  • a. LG Düsseldorf – NMR-Kontrastmittel
  • b. IPCom GmbH & Co KG gegen Nokia
  • c. IPCom GmbH & Co KG gegen HTC
  • II. Festlegung des Untersuchungsgegenstandes der vorliegenden Arbeit
  • 1. Zielsetzung: Finanzielle Einnahmen
  • 2. Der Verwertungsansatz des „Patent-Trolls“
  • a. Negative Kriterien
  • aa. „Non-practising entity“
  • bb. Keine Weiterentwicklung
  • cc. Keine Lizenzierung außerhalb des „Trollings“
  • b. Zielsetzung des „Patent-Trolls“: Erreichung einer überhöhten Lizenzgebühr unter Ausnutzung der patentrechtlichen Abwehrinstrumentarien
  • c. Voraussetzung: Zustand des „Verletztseins“
  • aa. Faktoren auf Seiten des Betroffenen
  • (1) Fahrlässige Nichtkenntnis des Patentes
  • (2) Vorsätzliche Verletzung des Patentes
  • bb. Taktiken auf Seiten des Patent-Trolls
  • (1) „Dormant patent“: Aufkauf bisher nicht durchgesetzter Patente und Abwarten
  • (2) „Submarine Patent“: Anpassung der Patentansprüche / Herauszögern der Offenlegung
  • (a) Faktoren des „submarine patenting“ in den USA
  • (b) Durchführbarkeit des „submarine patenting“ unter dem deutschen PatG?
  • (3) Patent Ambush – Verhalten im Rahmen von Standardisierungsverfahren
  • (4) Fishing Technique
  • d. Die Drohkulisse
  • aa. Der Mechanismus zum Aufbau einer Drohkulisse
  • bb. Faktoren der Drohkulisse
  • (1) Einschneidende Wirkungen des Unterlassungsanspruches
  • (2) Unsicherheitsfaktoren auf Seiten des Betroffenen
  • (3) Strategischer Einsatz des Unterlassungsbegehrens
  • (4) Geringe Angriffsfläche des „Patent-Trolls“
  • (5) Bereits Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches ausreichend?
  • (a) Das Droh– und Einnahmenpotential des Schadensersatzanspruches unter US-amerikanischem Recht
  • (b) Das Droh– und Einnahmenpotential unter dem PatG
  • (c) Ergebnis
  • e. „Werkzeug“: Geltendmachung des Unterlassungsanspruches zwecks Aufbaus einer Drohkulisse
  • aa. Abmahnung
  • bb. Einstweilige Verfügung
  • (1) Verfügungsanspruch
  • (2) Verfügungsgrund
  • (3) Ergebnis
  • cc. Folge: Akzeptieren der überhöhten Lizenzgebühr seitens des Betroffenen als für ihn vermeintlich vorteilhaftere Lösung
  • III. Stellung des „Patent-Trolls“
  • 1. Patentinhaberschaft
  • 2. Bloße Lizenznahme ausreichend?
  • a. Einfache Lizenz
  • b. Ausschließliche Lizenz
  • 3. Ergebnis
  • IV. Art und Weise der Erlangung der eingesetzten Patente durch den „Patent-Troll“
  • 1. Überblick
  • 2. Gründe für die Möglichkeit Patente günstig zu erwerben
  • 3. Aus eigener Forschung resultierende Patente
  • V. Zusammenfassung: Charaktermerkmale des „Patent-Trolls“
  • 1. Non-practising entity
  • 2. Das „Geschäftsmodell“
  • 3. Die Drohkulisse als Werkzeug zur Zielerreichung
  • VI. Kategorisierung
  • 1. Der „klassische ‚Patent-Troll‘“
  • 2. „Forschende Trolle“
  • 3. „Versehentliche ‚Patent-Trolle‘“
  • § 2. Gründe für die Entstehung des „Patent-Trollings“ und Bewertung des Risikos der hiervon Betroffenen
  • A. Die Attraktivität des Patents als Ausgangsbasis für das „Patent-Trolling“
  • I. Ausgangspunkt: das Patent als immaterielles Geistesgut
  • 1. Schutzobjekt: technische Erfindungslehre
  • 2. Schutzbedürftigkeit der Erfindungsidee
  • 3. Ausgestaltung des Schutzes des Patentes: absolute Rechtsstellung
  • II. Aus der Rechtsstellung des Patentes resultierende Attraktivität
  • 1. Wirtschaftliches Monopol resultierend aus dem Patent?
  • 2. Rechtlich begründete Ausschließlichkeitsstellung
  • 3. Zusammenfassung
  • III. Bedeutung der Rechtsstellung aus dem Patent für das „Patent-Trolling“
  • 1. Starke rechtliche Stellung des Patentinhabers
  • a. Zuweisungs– und Ausschlussfunktion des Patentes
  • b. Patentrechtliche Erteilungsvoraussetzungen
  • c. Patentrechtliche Schranken
  • 2. Kosteneffizienz des Patentes
  • a. Rechtserwerbs– und Rechtsaufrechterhaltungskosten
  • b. Rechtsdurchsetzungskosten
  • 3. Zusammenfassung
  • B. Das „Patent-Trolling“ begünstigende Faktoren und Bewertung Risikos unter deutschem Recht
  • I. Faktoren im amerikanischen Rechtraum
  • 1. Kritik am Patenterteilungsverfahren
  • a. Niedrige Anforderungen an den „inventive step“
  • b. Patentierung im „Grenzbereich“
  • c. Überlastung des Patentamtes
  • 2. Hohe Rechtsverfolgungskosten
  • 3. Ausgestaltung des Schadensersatzrechtes
  • 4. Auswahl „‚troll-‘freundlicher“ Gerichte erster Instanz
  • II. Übertragbarkeit der das „Patent-Trolling“ begünstigenden US-amerikanischen Faktoren auf die dt. Rechtslage
  • 1. Höhere Patenterteilungsvoraussetzungen
  • 2. Kostenbelastung
  • III. Das „Patent-Trolling“ fördernde Faktoren, resultierend aus der deutschen Rechtslage
  • 1. Der „zwingende“ Unterlassungsanspruch
  • 2. Prozessuale Gründe
  • IV. Ausgleich von „Schwächen“ im US-amerikanischen Patentrecht über den „Equity-Vorbehalt“ nach eBay v. MercExchange?
  • V. Zusammenfassung
  • 1. Risikobewertung unter deutschem Recht
  • 2. Ausnutzen gegenwärtiger Problemkonstellationen im deutschen Patentrecht
  • Zweiter Teil: „Patent-Trolling“ – ein Missbrauch des Patentrechtes?
  • § 1. Untersuchungsziel: „Patent-Trolling“ als Missbrauch des Patentrechtes?
  • A. Der Missbrauchsbegriff
  • B. Anknüpfungspunkt für die Missbrauchskontrolle des „Patent-Trolling“
  • I. Art. 3 Abs. 2 der Enforcement-Richtlinie als Anknüpfungspunkt
  • II. Kartellrechtlicher Missbrauchsbegriff oder allgemeiner Rechtsmissbrauchstatbestand?
  • § 2. Der allgemeine Rechtsmissbrauchsbegriff – eine Bestandsaufnahme
  • A. Überblick: Rechtsmissbrauchsbegriffe
  • I. Der deutsche Rechtsmissbrauchsbegriff
  • 1. Historische Entwicklung des deutschen Rechtsmissbrauchsbegriffes
  • a. Der Rechtsmissbrauchsbegriff im römischen Recht
  • b. Die Entwicklung des Rechtsmissbrauchsbegriffs im deutschen Recht
  • aa. Das Preußische Allgemeine Landrecht
  • bb. Von der Schaffung des BGB bis zum Ersten Weltkrieg
  • (1) Die Rechtsprechung des Reichsgerichts
  • (2) Entwicklung allgemeiner Prinzipien
  • cc. Entwicklung in der Nachkriegszeit
  • 2. Kategorien des Rechtsmissbrauches i. S. d. § 242 BGB
  • a. Institutioneller Rechtsmissbrauch
  • b. Individueller Rechtsmissbrauch
  • c. Stellungnahme
  • d. Dogmatische Verortung der Beschränkung der Rechtsausübung
  • aa. Außentheorie
  • bb. Innentheorie
  • cc. Stellungnahme
  • 3. Fallgruppen des Rechtsmissbrauches im Zivilrecht
  • a. Früheres missbräuchliches Verhalten
  • b. Gegenwärtiges missbräuchliches Verhalten
  • c. Vertrauensschutz
  • d. Objektives Interessenmissverhältnis
  • 4. Überblick über Anwendungsfälle des allgemeinen Rechtsmissbrauchstatbestandes im Bereich der Immaterialgüterrechte
  • a. Verwirkung
  • b. Markenrecht
  • c. Urheberrecht
  • 5. Strategischer Einsatz von Patenten
  • a. Widersprüchliches Verhalten
  • b. Schutzbereichserstreckung / „patent misuse“ / „royalty stacking“
  • c. Sperr– und Vorratspatente
  • 6. Die „Classe-E“-Entscheidung des BGH als Vergleichspunkt
  • a. Tatbestand: Auftreten eines „Markentrolls“?
  • b. Wesentliche Entscheidungspunkte
  • c. Zusammenfassung der „Classe-E“-Entscheidung des BGH
  • d. Übertragbarkeit der Rechtsprechung des BGH in „Classe-E“ auf das Patentrecht
  • aa. Fehlender Ausführungszwang im Patentrecht als grundlegender Unterschied
  • (1) Der Benutzungszwang im Markenrecht
  • (2) Der Ausführungszwang im Patentrecht
  • (a) Historische Entwicklung
  • (b) Wirtschaftlicher Hintergrund des Ausübungszwanges
  • (3) Analyse
  • bb. Verschiedenartige zeitliche Anknüpfungspunkte des Missbrauchsvorwurfes
  • (1) „Classe-E“-Entscheidung des BGH
  • (2) „Patent-Trolling“
  • (3) Analyse
  • cc. Ergebnis
  • 7. Zusammenfassung: Deutscher Rechtsmissbrauchsbegriff
  • II. Der europäische Rechtsmissbrauchsbegriff
  • 1. Überblick: allgemeiner Rechtsgrundsatz
  • a. Voraussetzungen für einen allgemeinen Rechtsgrundsatz
  • b. Aufgaben allgemeiner Rechtsgrundsätze
  • c. Geltungsgrund allgemeiner Rechtsgrundsätze auf europäischer Ebene
  • aa. Überblick über die Theorien
  • bb. Analyse
  • 2. Entwicklung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Rechtsmissbrauchs in der Rechtsprechung
  • a. Rechtssache van Binsbergen – Dienstleistungsfreiheit
  • b. Rundfunk-Fälle – Dienstleistungsfreiheit
  • c. Rechtsprechung des EuGH im Bereich der Niederlassungsfreiheit
  • d. Emsland-Stärke – Warenverkehrsfreiheit
  • e. Rechtsprechung im Bereich der Steuern
  • f. Zusammenfassung
  • 3. Schaffung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Rechtsmissbrauchs auf europäischer Ebene?
  • a. Nur Interpretationsregel?
  • b. Uniforme Anwendung
  • c. Ableitung in induktiver Weise
  • aa. Der Rechtsmissbrauchsbegriff im acquis communautaire
  • (1) Europäisches Primärrecht
  • (2) Europäisches Sekundärrecht
  • bb. Der Rechtsmissbrauch in den Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten
  • (1) Kontinentale Rechtsordnungen – Umfassende Missbrauchslehre
  • (a) Das französische Recht
  • (b) Das deutsche Recht
  • (2) Das italienische Recht – Schikaneverbot
  • (3) Das englische Recht – kein Rechtsmissbrauchstatbestand
  • cc. Analyse
  • d. Generalität
  • e. Ergebnis
  • 4. Missbrauchskriterien
  • B. Festlegung des Rechtsmissbrauchsbegriffes
  • I. Art. 3 Abs. 2 Enforcement-Richtlinie als Ausgangspunkt
  • II. Reichweite der Harmonisierung der Enforcement-Richtlinie
  • 1. Keine Harmonisierung des Missbrauchsbegriffes
  • 2. Harmonisierung im Sinne des europäischen allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Rechtsmissbrauches
  • 3. Stellungnahme
  • III. Direkte Anwendbarkeit europäischer allgemeiner Rechtsgrundsätze durch die nationalen Gerichte?
  • IV. Verhältnis des europäischen Missbrauchsbegriffes zum nationalen Recht
  • 1. Einleitung
  • 2. Vier denkbare Konstellationen
  • 3. Befugnis zur Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe in Richtlinien
  • a. Konkretisierung von Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen in Richtlinien
  • aa. Generelle Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten
  • bb. Generelle Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes
  • cc. Ansichten von Schmidt und Schillig
  • dd. Die Ansicht von Roth
  • ee. Die Ansicht von Röthel
  • b. Analyse
  • aa. Generelle Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten
  • bb. Generelle Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes
  • cc. Ansichten von Roth, Röthel, Schmidt und Schillig
  • c. Umfang der Konkretisierungsbefugnis
  • d. Anwendung der gefundenen Ergebnisse auf das „Patent-Trolling“
  • aa. Individueller und institutioneller Rechtsmissbrauch
  • bb. Verankerung der „Classe E“-Faktoren im europäischen Recht
  • 4. Ergebnis
  • § 3. „Patent-Trolling“ als Rechtsmissbrauch?
  • A. Zweckwidriger Einsatz des Patentrechtes
  • I. Vorüberlegungen: Bestimmung des Zweckes des Patentrechts
  • 1. Quellen zur Bestimmung des Zweckes
  • a. Patentrechtliche Rechtfertigungstheorien
  • b. Ökonomische Betrachtung des Patentrechts
  • 2. Methodisches Vorgehen und Vorüberlegungen
  • II. Zweckbestimmung des Patentes anhand der patentrechtlichen Rechtfertigungstheorien
  • 1. Überblick über die patentrechtlichen Rechtfertigungstheorien
  • 2. Die klassischen Rechtfertigungstheorien
  • a. Naturrechtlich-individualistische Prägung
  • aa. Eigentumstheorie
  • bb. Belohnungstheorie
  • b. Utilitaristisch-kollektivistische Prägung des Patentrechts
  • aa. Anspornungstheorie/Anreiztheorie
  • bb. Offenbarungstheorie/Vertragstheorie
  • 3. Die modernen Rechtfertigungstheorien
  • a. Nationalökonomische Theorie nach Kändler
  • b. Investitionstheorie nach Geissler
  • c. Transfertheorie nach Godt
  • 4. Systematisierung der Rechtfertigungstheorien
  • a. Theorien ohne Zuweisung einer instrumentellen Wirkung
  • aa. Überblick
  • bb. Eigentumstheorie/Naturrechtstheorie
  • cc. Belohnungstheorie
  • dd. Kritik an der Naturrechts– und der Belohnungstheorie
  • (1) Stellungnahme zur Naturrechtstheorie
  • (2) Stellungnahme zur Belohnungstheorie
  • (3) Ergebnis
  • b. Theorien mit Zuweisung einer instrumentellen Wirkung
  • aa. Schaffung von Innovationsanreizen
  • (1) Anknüpfungspunkt: Rechtsstellung an sich
  • (2) Anknüpfungspunkt: zukünftige Gewinnaussichten
  • (3) Stellungnahme
  • bb. Sicherung der Bedürfnisbefriedigung
  • (1) Vertragstheorie
  • (a) Leistungsverpflichtung: bloße Offenbarung der Innovation
  • (b) Leistungsverpflichtung: Realisierung der tatsächlichen Bereicherung des Standes der Technik
  • (c) Stellungnahme
  • (2) Investitionsschutztheorie nach Geissler
  • (3) Transfertheorie nach Godt
  • cc. Wirtschaftsförderung – Nationalökonomische Theorie nach Kändler
  • dd. Folgenorientierte Auslegung der patentrechtlichen Rechtfertigungstheorien möglich?
  • c. Zusammenfassung
  • III. Zweckbestimmung anhand einer ökonomischen Betrachtung des Patentrechtes
  • 1. Ausgangspunkt: Ökonomische Analyse des Rechtes
  • a. Grundlagen der ökonomischen Analyse
  • aa. Wirtschaftssystem
  • bb. Ökonomisches Grundprinzipien: das Gesetz von Angebot und Nachfrage und Selbstregelung das Marktes – Patente als „Property Rights“
  • cc. Der Utilitarismus
  • dd. Methode: Folgenprognose und Folgenbewertung
  • (1) Folgenprognose anhand des Leitbildes des „homo oeconomicus“
  • (a) Eigennutzen-Theorem
  • (b) Rationalitätsannahme
  • (2) Folgenbewertung anhand des Effizienzprinzips
  • (a) Zielsetzung: Wohlfahrtsmaximierung
  • (b) Effizienzkriterien
  • b. Wirtschaftliche Grundlagen des Patentwesens
  • 2. Ökonomische Theorien
  • a. Überblick
  • b. Theorie der Anreiz– und Nutzenoptimierung
  • aa. Überblick
  • bb. Wettbewerbsbeschränkung? – Das 3-Stufen-Modell nach v. Weizsäcker
  • cc. Zusammenhang: Stärke des Patentes – Anreizwirkung – Wohlfahrt
  • dd. Theorienspezifische Kritikpunkte
  • (1) Entfaltung der Anreizwirkung
  • (2) Operationalisierbarkeit des Nutzens
  • c. Neoklassische Property Rights Theory
  • aa. Überblick
  • bb. Kritik
  • d. Konzept der Einholzeit
  • e. Neue Institutionenökonomie
  • aa. Überblick
  • bb. Die ex-post-Theorien
  • (1) Transaktionskosten-Theorie nach Heald
  • (2) Kommerzialisierungstheorie nach Kieff
  • (3) Prospect Theory nach Kitch
  • (4) Transaktionstheorie nach Merges
  • 3. Systematisierung der ökonomischen Theorien
  • a. Überblick
  • b. Förderung des technologischen Fortschrittes
  • aa. Anreiz– und Nutzenoptimierungstheorie sowie Transaktionskostentheorie
  • bb. Investitionsschutz – Konzept der Einholzeit
  • cc. Koordinierungsfunktion– Prospect Theory und New Property Rights Economics
  • c. Sicherstellung der Bedürfnisbefriedigung
  • aa. Kommerzialisierungstheorie nach Kieff
  • bb. Transaktionstheorie nach Merges
  • IV. Systematisierung der Begründungsansätze zur Zielbestimmung des Patentrechtes
  • V. Auswirkungen des „Patent-Trollings“ auf die patentrechtlichen Zielsetzungen
  • 1. Einleitung: Gang der Untersuchung
  • 2. Betrachtung der seitens des Trolls erzielten Lizenzgebühr
  • a. Maßstab
  • aa. Die Lizenzanalogie im Schadensersatzrecht
  • bb. Das ökonomische Analysemodell nach Lemley und Shapiro
  • (1) Überblick
  • (2) Berechnungsfaktoren des gap
  • b. Einfluss des „Patent-Trolling“
  • aa. „Einfangen“ der Investitionen
  • (1) Abwarten
  • (2) Dormant Patent
  • (3) Submarine Patent
  • (4) Auswirkungen
  • bb. Einfluss schwacher Patente (fishing technique)
  • cc. Einfluss einer Hold-up-Situation (Patentdickicht und patent ambush)
  • c. Ergebnis
  • 3. Einfluss des „Patent-Trollings“ auf die Zielsetzungen des Patentrechts
  • a. Förderung des technologischen Fortschrittes
  • aa. Überblick
  • bb. Anreizgedanke: Setzung von Innovationsanreizen
  • (1) Verortung des Anreizgedankens: zukünftige Gewinnaussichten
  • (2) Einfluss auf das Anreizgeflecht des Betroffenen und unbeteiligter Dritter
  • (a) Überzogene Lizenzgebühren
  • (b) Setzung fragwürdiger Anreize
  • (c) Überdehnung des Schutzbereiches
  • (3) Einfluss auf das Anreizgeflecht des „Patent-Trolls“
  • cc. Investitionsschutzgedanke
  • (1) Überblick
  • (2) Einfluss des „Patent-Trollings“
  • dd. Koordinierungsgedanke: Prospect Theory / Kommerzialisierungstheorie
  • (1) Überblick
  • (2) Einfluss des „Patent-Trollings“
  • b. Sicherstellung der Bedürfnisbefriedigung
  • aa. Überblick: Realisierung der Wohlstandseffekte
  • bb. Einfluss des „Patent-Trollings“
  • (1) Einfluss der unangemessenen Kostensteigerung
  • (2) Verharren auf einer „Hold-up“-Position
  • (3) Strategie des Abwartens
  • (4) Einfluss auf das Marktverhalten
  • 4. Zusammenfassung
  • VI. Kritische Würdigung der gefundenen Ergebnisse
  • 1. Überblick
  • 2. Gegenargumente gegen eine zweckwidrige Verwendung des Patentrechtes
  • a. Anknüpfungspunkt der Zweckwidrigkeit
  • b. “Patent-Trolling“ im Einklang mit dem Wortlaut des PatG
  • c. Keine „besonderen Verhaltensweisen“
  • d. „Patent-Trolle“ als „Marktvermittler“?
  • aa. Überblick
  • bb. Bewertung
  • B. Missverhältnis zwischen Lizenzhöhe und „Wert“ des Immaterialguts
  • I. Dogmatische Verortung des Begriffes der Verhältnismäßigkeit im Zivilrecht
  • 1. Gedanke der objektiven Unverhältnismäßigkeit
  • a. Verhältnismäßigkeit als Teil der Interessenabwägung im Rahmen der Prüfung des Rechtsmissbrauches
  • b. Verhältnismäßigkeit als eigenständiges Prinzip
  • 2. Unterschiede
  • 3. Europarechtliche Verortung der Verhältnismäßigkeit
  • II. Einfluss des „Patent-Trolling“ auf Verhältnismäßigkeitserwägungen
  • 1. Verhältnis der erzielten Lizenzgebühr zum technischen und wirtschaftlichen Wert des Patentes
  • 2. Verhältnis der möglichen Folgen des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs (aufseiten des Betroffenen und der Öffentlichkeit) zu den schutzwürdigen Interessen des „Patent-Trolls“
  • a. Weitreichende Folgen aufseiten des Betroffenen
  • b. Interessen der Öffentlichkeit
  • c. Mangelnder Ausgleich aufseiten des „Patent-Trolls“
  • aa. Die Folgen des Status des „Trolls“ als non-practising entity
  • bb. “Non-practising entity“ als zulässiger Anknüpfungspunkt für einen Missbrauchsvorwurf?
  • d. Lizenzgebühr als Ausdruck des Marktes?
  • III. Ergebnis
  • C. Bildung von Kriterien zur Ermittlung eines rechtsmissbräuchlichen „Patent-Trolling“
  • I. Vorbemerkung: Einzelfallbezogenheit
  • II. Lediglich finanzielle Interessen des „Patent-Trolls“
  • III. Patent-Troll als non-practising entity
  • 1. Der fehlende Ausübungszwang im deutschen Patentrecht
  • 2. Die Abgrenzungsschwierigkeiten des „Patent-Trolls“ gegenüber den Universitäten und „kleinen Erfindern“
  • a. Überblick
  • b. Unterschiede in den Verhaltensweisen
  • IV. Die Taktik des Abwartens seitens des „Trolls“ trotz Kenntnis der Verletzung zwecks „Einfangens“ der Investitionen
  • 1. Rechtsgedanke des § 254 Abs. 2 BGB – Schadensminderungspflicht
  • 2. Vergleich mit dem Gedanken des Vorbenutzungsrechtes, § 12 PatG
  • 3. Vergleich der Verhaltensweise des „Einfanges von Investitionen“ mit dem Rechtsgedanken der Verwirkung i. S. d. § 242 BGB
  • 4. Gesamtergebnis
  • V. Künstliche Generierung von Verletzungsfällen durch den „Troll“
  • 1. Vergleich mit dem Gedanken des „missbilligenswerten früheren Verhaltens“
  • a. Submarine patenting
  • b. Fishing technique
  • 2. Vergleich mit dem Rechtsgedanken des Vorbenutzungsrechts, § 12 PatG
  • 3. Zusammenfassung
  • VI. Die „Hold-up“-Problematik
  • VII. Ablehnung angemessener und Forderung unverhältnismäßig hoher Lizenzgebühren
  • 1. Widersprüchliches Verhalten
  • 2. Vergleichbarkeit mit der Fallgruppe des „geringfügigen Eigeninteresses“ i. V. m. dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit?
  • a. Mangelndes Unterlassungsinteresse des „Patent-Trolls“
  • b. Inkonsistentes Verhalten
  • VIII. Patent Ambush
  • IX. Verantwortlichkeit des Betroffenen für die Patentverletzung
  • 1. Betroffener hat das streitgegenständliche Patent vorsätzlich verletzt
  • 2. Betroffener hat das streitgegenständliche Patent fahrlässig verletzt bzw. übersehen
  • X. Zusammenfassung
  • § 4. Die Rechtswirkungen des Rechtsmissbrauchstatbestandes
  • A. Zielvorstellung: Verbot der „second generation“
  • B. „Alles oder nichts“ – rechtshindernde Einwendung
  • C. Punktuelle Wirkung des Missbrauchseinwandes
  • D. Kritik: „Aushöhlung“ des Patentrechts?
  • I. Der Unterlassungsanspruch des Patentinhabers als „Kern“ der aus dem Patent resultierenden absoluten Rechtsposition
  • II. Einschränkungsmöglichkeiten
  • III. Maximaler Schutz erstrebenswert? – Hypertrophie der Schutzrechte
  • E. Rechtsmissbrauch als „Funktionsäquivalent“ zum US-amerikanischen four-factor test?
  • I. Der four-factor test nach eBay v MercExchange
  • II. Der Begriff der Equity
  • III. Vergleichbarkeit der Equity mit dem deutschen Rechtsmissbrauchstatbestand?
  • IV. Faktoren, Ziele und Wertungen hinter dem four-factor test
  • V. Vergleichbarkeit des four-factor test zur gefundenen Lösung für das „Patent-Trolling“ über den deutschen Rechtsmissbrauchstatbestand?
  • § 5. Gesamtergebnis: „Patent-Trolling“ als Rechtsmissbrauch
  • Dritter Teil: Alternative Lösungsansätze
  • § 1. Patentrechtliche Zwangslizenz, § 24 PatG
  • § 2. Der kartellrechtliche Missbrauchstatbestand, Art. 102 AEU / § 19 GWB
  • A. Überblick
  • B. Die Voraussetzungen des kartellrechtlichen Missbrauchstatbestandes im Detail
  • I. Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung des Patentinhabers
  • 1. Maßstab: Bedarfsmarktkonzept
  • 2. Festlegung des relevanten Marktes im Rahmen des „Patent-Trollings“
  • 3. Marktbeherrschende Stellung
  • a. Kriterien für eine marktbeherrschende Stellung
  • aa. Rechtliches Monopol ausreichend zur Begründung einer marktbeherrschenden Stellung?
  • bb. Marktbeherrschende Stellung durch ein Patent?
  • (1) Die Rechtsprechung des EuGH
  • (2) Die Rechtsprechung des BGH
  • (3) Kriterien
  • b. Erfüllung dieser Kriterien im Bereich des „Patent-Trolling“?
  • II. Missbrauch
  • 1. Überblick
  • 2. Anknüpfungspunkte für ein etwaiges missbräuchliches Verhalten i.S.d. Art. 102 AEU
  • a. Ausbeutung durch überhöhte Lizenzgebühren, Art. 102 Satz 2 lit. a AEU
  • b. Verhinderung neuer Produkte, Art. 102 Satz 2 lit. b AEU
  • c. Missbräuchliche Klagerhebung – ITT Promedia
  • III. Ergebnis
  • C. Rechtsfolgen eines kartellrechtlichen Verstoßes
  • I. Kartellrechtliche Sanktionen
  • II. „Kartellrechtseinwand“ im Verletzungsprozess?
  • III. Geeignetheit des Kartellrechts zur Behandlung des „Patent-Trolling“?
  • § 3. Verhältnismäßigkeitsvorbehalt
  • A. Dogmatische Einordnung
  • B. Existenz eines allgemeinen Verhältnismäßigkeitsvorbehalts im Zivilrecht?
  • I. Gesetzliche Ausprägungen eines Verhältnismäßigkeitsvorbehalts
  • 1. § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB
  • 2. § 1004 i. V. m. den §§ 906 Abs. 2, 912 Abs. 1 BGB analog
  • 3. § 138 Abs. 2 BGB und §§ 228, 904 BGB
  • 4. § 275 Abs. 2 BGB analog
  • II. Existenz eines allgemeinen Verhältnismäßigkeitsvorbehaltes im Zivilrecht?
  • C. Zulässigkeit eines Verhältnismäßigkeitsvorbehalts hinsichtlich des patentrechtlichen Unterlassungsanspruchs?
  • I. Entgegenstehende Faktoren
  • 1. Der Wortlaut des § 139 Abs. 1 PatG
  • 2. Systematische Auslegung: §§ 140a, 140b PatG contra § 139 PatG
  • 3. Historische Auslegung
  • 4. Vergleich zu § 100 UrhG
  • II. Verhältnismäßigkeitsvorbehalt in § 3 Abs. 2 Satz 1 Enforcement-Richtlinie
  • 1. Möglichkeit der richtlinienkonformen Auslegung?
  • 2. Stellungnahme
  • D. Kriterien eines Verhältnismäßigkeitsvorbehaltes
  • I. Tetzner: „Einbaufälle“
  • II. Kraßer: „Zerstörung unverhältnismäßig großer wirtschaftlicher Werte“
  • III. Ohly: „Kriterienkatalog“
  • IV. Zusammenfassung
  • E. Rechtsfolgen des Einwandes der Unverhältnismäßigkeit
  • F. Ergebnis
  • § 4. Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung im Rahmen der fishing technique?
  • A. Überblick
  • I. Schutzrechtsverwarnung
  • II. Nichtberechtigung
  • III. Adressat und Schutzwürdigkeit
  • B. Rechtswidrigkeit
  • I. Rechtswidrigkeit der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung bejahend
  • II. Rechtswidrigkeit der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung verneinend
  • III. Die Entscheidung des Großen Senates
  • IV. Kritik an der Entscheidung des Großen Senats
  • V. Stellungnahme
  • C. Anwendbarkeit auf das „Patent-Trolling“?
  • I. Fallgruppen
  • II. Unterschiede zwischen Schutzrechtsverwarnung und „Trolling“
  • D. Stellungnahme
  • § 5. Lauterbarkeitsrechtliche Ansprüche
  • A. Zur Behandlung des „Patent-Trollings“ in Betracht kommende Tatbestände
  • B. Vorliegen einer geschäftlichen Handlung?
  • C. Unlauterbarkeit
  • I. § 4 Nr. 1 i.V.m. § 3 UWG
  • II. § 4 Nr. 10 i.V.m. § 3 UWG
  • 1. Überblick
  • 2. Der Begriff des „Mitbewerbers“ i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG
  • III. § 3 Abs. 1 UWG – allgemeine Marktbeeinträchtigung
  • D. Rechtsfolgen eines UWG-Verstoßes
  • E. Zusammenfassung
  • § 6. Prozessuale Mittel
  • A. § 144 PatG – Streitwert-Herabsetzung
  • B. § 145 PatG – Zwang zur Klagekonzentration
  • C. § 712 ZPO – Abwendung des Zwangsvollstreckungsverfahrens
  • § 7. Veränderungen des Patentanmeldungsverfahrens
  • A. „Raising the bar“
  • B. Erhöhung der Patentaufrechterhaltungskosten
  • C. Kritik
  • § 8. Schaffung eines „Patent Investment Trust“
  • § 9. Prozessuale Verhaltensstrategien
  • § 10. Post-Grant Review
  • § 11. Wirksamkeitsvergleich der alternativen Lösungen zum Rechtsmissbrauchstatbestand
  • Vierter Teil: Zusammenfassung
  • Literaturverzeichnis

Einleitung

„Das Patent wandelt sich zu einem handelbaren Wertpapier“ – so konstatiert Osterrieth sinngemäß in einem Aufsatz aus dem Jahre 2009.1 Längst komme dem Patent nicht mehr nur eine Bedeutung als Abwehrrecht zu, sondern es sei ein zentraler Wirtschaftsfaktor für Unternehmen, sowohl in monetärer als auch in unternehmensstrategischer Sicht, geworden.2

Zu dieser Aussage bewogen wurde Osterrieth angesichts neuartiger Patentverwertungsmethoden jenseits der wohlbekannten „klassischen“ Verwertung durch Verkauf des Patentes oder Anwendung der geschützten Erfindungsidee im Rahmen eigener Produktionstätigkeiten durch den Patentinhaber. Charakteristikum der neuen Verwertungsmethoden ist, dass nicht mehr die Nutzenziehung aus der technologischen Lehre im Vordergrund steht, indem z.B. neuartige Produkte entwickelt oder Effizienzsteigerungen erzielt werden; vielmehr geht es den Anwendern dieser neuen Verwertungsmethoden darum, unter Einsatz der patentrechtlichen, gesetzlich normierten Abwehrinstrumentarien – wie vornehmlich dem Unterlassungs– und Schadensersatzanspruch – eine möglichst hohe Geldzahlung seitens des Betroffenen zu erzielen. Manche Autoren gehen sogar so weit, von einer „Erpressung“ seitens der Anwender gegenüber den Betroffenen zu sprechen.3

Im Zentrum dieser Entwicklung stehen als treibende Kraft die sogenannten „Patent-Trolle“. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich mangels eigener Produktionsmöglichkeiten nicht mit der Umsetzung bzw. Verwendung der patentierten Erfindungsidee beschäftigen (weshalb sie auch als sog. „non-practising entity“ bezeichnet werden), sondern sich stattdessen auf den Aufkauf und die nachfolgende gerichtliche oder außergerichtliche Durchsetzung von Patenten – unter Berufung auf den patentrechtlichen Unterlassungsanspruch – beschränken. Hierzu nutzen die „Patent-Trolle“ oftmals die prozessualen Instrumente der Abmahnung, der einstweiligen Verfügung und vor allem der Unterlassungsklage. ← 27 | 28 → Eigentliches Ziel der „Patent-Trolle“ ist jedoch nicht die Durchsetzung eines Unterlassungsanspruches; vielmehr dient ihnen dieser Anspruch lediglich zur Errichtung einer „Drohkulisse“ gegenüber dem Betroffenen, um diesen zum Abschluss einer außergerichtlichen Lizenzvereinbarung zu bewegen, und zwar mit Lizenzzahlungen, die in einer Höhe liegen, welche aus objektiver Betrachtung als im Verhältnis zu der technologischen oder wohlfahrtsökonomischen Bedeutung des Patentes als „unangemessen hoch“ qualifiziert werden.

Ein „Patent-Troll“ ist nach der Definition von Peter Detkin – der diesen Begriff zum ersten Mal verwandte und somit maßgeblich prägte – „somebody who tries to make a lot of money off a patent that they are not practicing and have no intention of practicing and in most cases never practiced.“4

Über die Zulässigkeit der Verhaltensweisen solcher „Patent-Trolle“ hat sich vorrangig in der US-amerikanischen Literatur eine kontroverse Debatte entwickelt. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu klären, ob das „Patent-Trolling“ nach dem deutschen Patentrecht durchführbar und rechtlich zulässig ist.

Hält man sich streng an den Wortlaut der Sanktionsnorm des § 139 PatG, so wird der Unterlassungsanspruch unabhängig von den mit ihm verfolgten Zielen und Intentionen gewährt. Grund hierfür ist, dass der Unterlassungsanspruch einen „Grundpfeiler“ des Patentrechtes darstellt, da er dem Patentinhaber die einzige Möglichkeit bietet, Kontrolle über das geschützte immaterielle Gut der geschützten Erfindung auszuüben, das durch Ubiquität und Nichtrivalität gekennzeichnet ist.5 Anders als bei tangiblen Sachen kann der Zugriff auf die geschützte Erfindungsidee nicht durch physische Schranken – wie etwa ein Vorhängeschloss – verhindert werden.

Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob die Verhaltensweisen, die Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind, gegen die grundsätzlichen Ziel– und Wertvorstellungen verstoßen, die zur Schaffung des Patentrechtes geführt haben. Insofern wird unter anderem in der vorliegenden Arbeit die zentrale Frage analysiert, ob das Patentrecht im Rahmen des „Patent-Trollings“„funktionswidrig“ angewandt wird.

Im Zentrum der Untersuchung soll der allgemeine Rechtsmissbrauchsbegriff stehen, der in Deutschland aus dem Gebot von Treu und Glauben gem. § 242 ← 28 | 29 → BGB abgeleitet wird. Daneben weist der Begriff des Rechtsmissbrauches auch eine europarechtliche Dimension auf und steht seit Umsetzung der Enforcement-Richtlinie6 im Fokus der Durchsetzung der Immaterialgüterrechte. Art. 3 Abs. 2 der Enforcement-Richtlinie statuiert, dass die immaterialgüterrechtlichen „Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe […] wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und so angewendet werden [müssen], dass die Einrichtung von Schranken für den rechtmäßigen Handel vermieden wird und die Gewähr gegen ihren Missbrauch gegeben ist.“7 Insofern ist im Rahmen der vorliegenden Arbeit auch zu klären, inwieweit bei der Auslegung des deutschen Rechtsmissbrauchsbegriffs europarechtliche Vorgaben zu berücksichtigen sind.

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in vier Teile:

  1. Im ersten Teil wird der Untersuchungsgegenstand dargelegt und die Frage geklärt, ob das „Patent-Trolling“, welches sich vornehmlich im US-amerikanischen Rechtsraum entwickelt hat, auch unter dem deutschen Patentgesetz ausgeübt werden kann. Daneben wird ein Fokus auf die Frage gelegt, warum sich gerade das Patentrecht im besonderen Maße zur Ausübung des „Trollings“ anbietet.
  2. Der zweite Teil der Arbeit, die zugleich den Schwerpunkt bildet, geht der Frage nach, ob die untersuchungsgegenständlichen Verhaltensweisen eine rechtsmissbräuchliche Verwendung des Patentrechtes darstellen. Hierfür ist zunächst auf den deutschen Rechtsmissbrauchsbegriff einzugehen. Daneben ist aufgrund der europarechtlichen Verankerung des Missbrauchbegriffes in Art. 3 Abs. 2 der Enforcement-Richtlinie zu analysieren, ob sich auf europäischer Ebene ein allgemeiner Rechtsgrundsatz des Rechtsmissbrauches herausgebildet hat und falls ja, wie dieser im Verhältnis zum deutschen Missbrauchsbegriff steht.
    Nach der Festlegung der im Rahmen des Rechtsmissbrauchsbegriffes zu dessen Anwendung notwendigen Voraussetzungen sind die untersuchungsgegenständlichen Verhaltensweisen hierunter zu subsumieren. Dabei wird es maßgeblich auf die Frage ankommen, ob das Patentrecht in zweckwidriger Art und Weise verwendet wird; hierzu sind die hinter dem Patentrecht stehenden Zielvorstellungen näher zu betrachten. Bewertungskriterien werden anhand der traditionellen (rechtlichen) Rechtfertigungstheorien ← 29 | 30 → des Patentrechtes sowie der modernen ökonomischen Rechtfertigungsansätze gewonnen.
    Anhand dieser Zielvorstellungen wird dann die Vereinbarkeit des „Patent-Trollings“ mit den aus den Rechtfertigungstheorien abgeleiteten grundlegenden Zweckbestimmungen des Patentrechtes untersucht. Ziel ist, es Kriterien im Sinne eines beweglichen Systems nach Wilburg
    8 zu finden, die im Einzelfall für oder gegen einen Rechtmissbrauch sprechen. Kommt man zu dem Ergebnis, dass ein Rechtmissbrauch vorliegt, so muss nachfolgend die Rechtsfolgenseite betrachtet werden, um eine möglichst ausgewogene Lösung zwischen den widerstreitenden Interessen des „Patent-Trolls“ auf der einen Seite, dessen Verhaltensweisen zumindest von dem Wortlaut der Regelungen des Patentgesetzes gedeckt werden, und den Interessen der Betroffen und der Allgemeinheit auf der anderen Seite sowie den patentrechtlichen Zielsetzungen des technologischen Fortschritts und der Bedürfnisbefriedigung zu erreichen.
  3. Der dritte Teil der Untersuchung wirft einen kursorischen Blick auf andere Lösungsmöglichkeiten zur Behandlung der untersuchungsgegenständlichen Verhaltensweisen jenseits des Konzepts „Rechtsmissbrauch“ und evaluiert deren Wirksamkeit zur Lösung der zuvor beschriebenen widerstreitenden Interessen im Vergleich zu der hier vorgeschlagenen Lösungsvariante.
  4. Der vierte Teil fasst die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zusammen. ← 30 | 31 →

                                                   

  1  Osterrieth, GRUR 2009, 540 (540).

  2  Osterrieth, GRUR 2009, 540 (540).

  3  Sandburg, The Recorder vom 30.07.2001, Seite 1; Morgan, 17 Fed. Cir. B.J. (2008), 165 (166).

  4  Sandburg, The Recorder vom 30.07.2001, Seite 1; was übersetzt bedeutet: Ein Patenttroll ist jemand, der versucht eine Menge Geld aus einem Patent zu machen, welches er weder ausübt, noch die Intention hat es jemals auszuüben und es in den meisten Fällen noch nie ausgeübt hat. Siehe auch Ohly, GRURInt 2008, 787 (787).

  5  Kraßer, § 1 A II 3 (Seite 3); MercExchange, L.L.C. v. eBay, Inc., 401 F.3d 1323, 1339 (Fed.Cir. 2005).

  6  Richtlinie 2004/48/EG.

  7  Hervorhebungen vom Verfasser in kursiv hinzugefügt.

  8  Wilburg, Seite 12f.; Canaris, Seite 78ff.; Bydlinski, passim.

Erster Teil:    Festlegung der zu untersuchenden Verhaltensweisen

Im ersten Kapitel steht die Verhaltensweise des „Patent-Trollings“ im Mittelpunkt der Betrachtung. Es sind die unter diesen Begriff zusammengefassten Verhaltensweisen und -varianten zu bestimmen.

Im zweiten Kapitel werden die Hintergründe und Faktoren, die zur Entstehung des „Patent-Trollings“ geführt haben, näher beleuchtet. Hierbei wird insbesondere auf die Attraktivität des Patentes im Rahmen der untersuchungsgegenständlichen Verhaltensweisen eingegangen, und zwar im Vergleich des Patentes zu sonstigen Immaterialgüterrechten. Danach wird eine einführende Risikobewertung nach deutschem Recht vorgenommen, um die Frage zu klären, ob eine Ausdehnung der vornehmlich in den USA auftretenden Verhaltensweisen auch auf den deutschen Rechtsraum zu erwarten ist.

§ 1. Untersuchungsgegenstand: Das „Patent-Trolling“

A. Einleitung

Zuerst ist der plakative Begriff des „Patent-Trolling“ mit Inhalt zu füllen. Vereinfacht ausgedrückt, umschreibt dieser Begriff eine besondere Weise der Patentverwertung, die seit 2004 vornehmlich in den USA aufgetreten ist und bereits zu einigen viel beachteten Gerichtsurteilen9 führte.

Ein „Patent-Troll“ ist eine natürliche oder juristische Person, die die Verhaltensweise des „Patent-Trollings“ anwendet. Der Begriff des „Trolls“ stammt aus der nordischen Mythologie und beschreibt ein hässliches, gnom-artiges Wesen, dem die Charaktereigenschaften Bösartigkeit, Hinterhältigkeit und ← 31 | 32 → Gier zugeschrieben werden.10 Der „Troll“ der Mythologie verstreckt sich unter Brücken, um plötzlich hervorzuspringen und von Überquerungswilligen einen überhöhten Wegzoll zu erpressen.11

In der modernen „Netzkultur“ des Internets wird mit dem Begriff des „Trolls“ jemand beschrieben, dessen Ziel es nicht ist, mit seinem Beitrag zur laufenden Diskussion beizutragen, sondern themenfremde Reaktionen hervorzurufen.12

Im Rahmen des Patentrechtes wurde der Begriff des „Patent-Trolls“ erstmals von Peter Detkin13 verwendet, nachdem ihm unter dem Gesichtspunkt übler Nachrede untersagt wurde, den Begriff „patent extortionist“ („Patent-Erpresser“) zu verwenden.14 Nach der einleitend bereits aufgeführten Definition von Detkin ist ein Patent-Troll „somebody who tries to make a lot of money off a patent that they are not practicing and have no intention of practicing and in most cases never practiced.“15

Subramanian umschreibt „Patent-Trolle“ als „Patentinhaber, die weder die Erfindungsidee in einer eigenen Produktion verwenden noch Dienstleistungen anbieten, sondern sich ausschließlich aus Rechtsstreitigkeiten finanzieren.“16 Hierbei werde der Umstand ausgenutzt, dass der potentielle Verletzter schon sehr viel Geld in die Kommerzialisierung investiert habe und deshalb einen risikoreichen Rechtstreit fürchte, so dass er offen gegenüber einer gütlichen Streitbeilegung im Wege einer (überhöhten) Lizenzvereinbarung ← 32 | 33 → sei“.17

Ein weiterer Definitionsansatz findet sich bei Magliocca: „Patent-Trolle kaufen Patente auf, welche von Dritten – die fälschlicherweise davon ausgehen, das Wissen stamme aus der public domain – unwissentlich benutzt werden und setzen diese Patente dann in Rechtsstreitigkeiten mit Gewinnerzielungsabsicht durch.“18 Sinn und Zweck sei eine ‚gütliche‘ Beilegung der Auseinandersetzung im Wege einer überhöhten Lizenzvereinbarung, in deren Kontext der Unterlassungsanspruch durch die drohende Einstellung der kompletten Produktion des Betroffenen als „Hebel“ bzw. „Druckmittel“ funktioniert“.19

B. Bestimmung des Untersuchungsgegenstandes

Die verschiedenen Definitionsansätze verdeutlichen, dass es sich beim „Patent-Trolling“ keineswegs um eine uniforme Verhaltensweise handelt, sondern vielmehr um eine Kombination verschiedenster Elemente. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass teilweise erhebliche Unterschiede zwischen den Definitionsansätzen zu verzeichnen sind.

Folge ist eine erhebliche Schwierigkeit, das „Patent-Trolling“ im Sinne einer einheitlichen, allumfassenden Begriffsbestimmung fassbar zu machen; die daraus resultierenden Probleme machen vorliegend in der weiteren Darstellung Differenzierungen erforderlich.

I.   Überblick: Auftreten des „Patent-Trolling“ in der US-amerikanischen und deutschen Rechtsprechung und Literatur

Ausgangspunkt für die nachfolgende Konkretisierung des Begriffes des „Patent-Trollings“ sollen die Entwicklungen im Bereich der US-amerikanischen Rechtsprechung und Literatur sein. Hierfür wird zunächst ein Blick auf die geschichtliche Entwicklung geworfen, bevor die landmark cases der US-amerikanischen und der deutschen Rechtsprechung näher beleuchtet werden.

1. Bildung eines Merkmalsrasters

Die Rechtsprechungsfälle sollen anhand eines Merkmalsrasters mit folgenden Eckpunkten analysiert werden:

Einen Komplex bildet die Rechtsbeziehung zwischen „Patent-Troll“ und eingesetztem Patent; in Betracht kommen sowohl eine Patentinhaberschaft als auch eine Lizenznahme. ← 33 | 34 →

Im Zentrum der vorliegenden Untersuchungen steht die Art und Weise der Verwendung des Patentes durch den „Patent-Troll“. Diesbezüglich sind die Zielsetzungen hinter den einzelnen Verhaltensvarianten zu beleuchten sowie ein Blick auf das zentrale Element des „Aufbaus einer Drohkulisse“ durch den „Patent-Troll“ gegenüber dem Betroffenen zu werfen.

Abschließend soll geklärt werden, wie die eingesetzten Patente durch die „Patent-Trolle“ erlangt wurden und ob Patente mit bestimmten Charakteristika besonders „anfällig“ für eine Verwendung im Rahmen des „Patent-Trollings“ sind.

2. „Patent Sharks“ im 19. Jahrhundert: US-amerikanische Landmaschinen

Zum besseren Verständnis des Begriffes des „Patent-Trollings“ soll ein Blick auf die historische Entwicklung geworfen werden.

Herbei darf man nicht dem Trugschluss aufsitzen, es handele sich ausschließlich um eine „moderne“ Thematik. Vielmehr fanden sich im US-amerikanischen Rechtsraum schon im 19. Jahrhundert Ansätze erster „Patent-Trolle“: die sog. „patent sharks“.20 Magliocca arbeitet einen schleichenden Entwicklungsprozess heraus, ausgehend von den „patent sharks“ über die noch darzustellenden patent enforcement companies hin zu den gegenwärtigen „Patent-Trolls“:21

Die „patent sharks“ zeichneten sich dadurch aus, dass sie in Vergessenheit geratene Patente bezüglich amerikanischer Landmaschinen aufkauften, um in einem zweiten Schritt diejenigen Landwirte, die unwissentlich schutzrechtsverletzende Produkte benutzten, auf Zahlung einer Lizenzgebühr „in großem Stil“ zu verklagen.22

Maßgeblich für das Aufkommen von „patent sharks“ war der Umstand, dass 1870 die Erteilungsvoraussetzungen der sog. design patents reformiert und in dem Zuge auch das Kriterium der „Nützlichkeit“ mit die Erteilungserwägungen einbezogen wurde.23 In der Folge wurde jedem Design, das besonders nützlich war, immaterialgüterrechtlicher Schutz gewährt.24 Hierdurch wurden auch kleinste technische Fortschritte, die vom „normalen“ bzw. „technischen“ ← 34 | 35 → Patentrecht – mangels ausreichenden erfinderischen Schrittes – nicht erfasst worden waren, schutzfähig.25

Aufgrund des sehr geringen Schutzumfanges wurden die design patents von dessen Inhabern in der Praxis oftmals nicht durchgesetzt.26 Dieses führte dazu, dass sich sog. „dormant patents“27 entwickelten, die von Herstellern vielfach – wissentlich oder unwissentlich – verletzt wurden, ohne dass Verletzungsklagen erhoben worden wären.28 Aufgrund des geringen Schutzumfanges und der langjährigen Nichtbenutzung schienen diese design patents für die jeweiligen Inhaber im Wesentlichen wertlos, so dass die „patent sharks“ sie zu niedrigen Preis aufkaufen konnten.29

Die „sharks“ benutzen das bisher „schlafende“ Patent nun, um dessen Abwehrinstrumentarien gegen Dritte im Rahmen eines Rechtsstreites geltend zu machen.30 Oftmals reichte bereits die Androhung eines Unterlassungsanspruches aus, um den Abschluss einer Lizenzvereinbarung zu erzwingen, da die Betroffenen das Risiko eines Rechtsstreits und die hohen Rechtsverfolgungskosten scheuten.31 So erzielten die „sharks“ beachtliche Einnahmen über einen Masseneffekt, was aufgrund der geringen Rechtserwerbskosten für sie jeweils in einen hohen Gewinn mündete.32

Das eigentliche Ziel der „patent sharks“ war also nicht die Durchsetzung der Patentrechte, sondern die Erzielung einer Lizenzvereinbarung; die patentrechtlichen Abwehrinstrumentarien dienten ihnen hierbei nur als Mittel zum Zweck. ← 35 | 36 →

Die Gründe für diese Entwicklung wurden in der Literatur, außer in einer Absenkung der Prüfungsstandards, insbesondere in inkompetenten Patentprüfern und im Fehlen einer Möglichkeit zur Zwangslizenzerteilung gesehen33 – interessanterweise Kritikpunkte, die auch im Rahmen der heutigen Problematik der „Patent-Trolle“ diskutiert werden.34

3. Patent enforcement companies

Der nächste Schritt in der Entwicklung hin zum modernen „Patent-Trolling“ war das Auftreten von patent enforcement companies.

Patent enforcement companies sind Dienstleister, die für die Patentinhaber bzw. ausschließlichen Lizenznehmer die Überwachung ihrer Patente und deren Durchsetzung im fremden Interesse wahrnehmen, und zwar gegen eine Beteiligung an den so erzielten Lizenz– bzw. Schadensersatzzahlungen.35 Meist werden dabei solche Patente lizenziert und durchgesetzt, die nicht auf eigener Entwicklungstätigkeit des Patentinhabers oder der patent enforcement company basieren.36 Die Initiative zur Einleitung rechtlicher Schritte und die Auswahl der von ihnen Betroffenen geht nicht von den Patentinhabern, sondern von den patent enforcement companies aus.

Diese patent enforcement companies können mit den untersuchungsgegenständlichen „Patent-Trolls“ nicht pauschal gleichgesetzt werden; vielmehr stellen die „Patent-Trolle“ deren Weiterentwicklung dar. Der „Patent-Troll“ agiert nicht als Dienstleister für einen Dritten; insofern obliegt ihm die Initiative und die Auswahlbefugnis hinsichtlich möglicher Rechtsstreite.37

4. US-amerikanische Rechtsprechung

In der US-amerikanischen Rechtswissenschaft werden vornehmlich drei Rechtsprechungsfälle als „typische Trollfälle“ bezeichnet:38 ← 36 | 37 →

a. NTP Inc. v. RIM Ltd. (BlackBerry)

Im Zentrum des Rechtsstreits New Technologies Products Inc. (NTP) v. Research in Motion Ltd. (RIM) stand das bekannte Mobiltelefon BlackBerry, das seinem Verwender – in damals revolutionärer Art und Weise – ermöglichte, über das Mobilfunknetz jederzeit E-Mails zu empfangen und zu versenden.42

Das Unternehmen NTP hielt zum damaligen Zeitpunkt fünf amerikanische Patente43, die den Abruf elektronischer Daten über eine kabellose Verbindung abdeckten. Im Jahre 2000 kontaktierte NTP mehrere Mobilfunkanbieter – u. a. auch RIM – und bot ihnen die Lizenzierung dieser Patente an.44 Nachdem die Lizenzverhandlungen erfolglos verlaufen waren, erhob NTP gegen RIM Patentverletzungsklage vor dem United States District Court for the Eastern District of Virginia.45 Die Auswahl dieses Gerichtes erfolgte aus strategischen Erwägungen, da es für seine „Klägerfreundlichkeit“ und schnelle Abwicklung von Patentstreitigkeiten bekannt war.46 ← 37 | 38 →

Die Jury kam nach einem kuriosen47 Prozessverlauf zu dem Ergebnis, RIM verletze die streitgegenständlichen Patente, und sprach NTP einen Schadensersatz i. H. v. 33 Mio. US-Dollar zu. Der Richter erhöhte diesen Betrag wegen „willful infringement“ („vorsätzlicher Verletzung“) auf die Summe von 55 Mio. US-Dollar und verurteilte RIM – außer zur Übernahme der Kosten des Rechtsstreites i. H. v. 4,5 Mio. US-Dollar – zur Unterlassung des Anbietens und Vertriebs des BlackBerry.48

NTP wird in der amerikanischen Literatur vorgeworfen, diesen Rechtsfall wegen Patentverletzung seitens RIM durch die Strategie des sog. „submarine patenting“ in der Variante der patent continuation künstlich herbeigeführt zu haben (auf die nachfolgend noch im Detail eingegangen wird).49 Dabei werden in sog. continuation patents nachträglich neue Patentansprüche im Hinblick auf eine bereits offengelegte Technologie beansprucht, um hierdurch die Ausführungsformen Dritter „einzufangen“.

Insbesondere der Unterlassungstitel stellte eine enorme Belastung für RIM dar, dessen vorläufige Aussetzung das Unternehmen nur gegen Zahlung einer Sicherheit i. H. v. 240 Mio. US-Dollar erreichen konnte. Zudem legte RIM umgehend Berufung gegen das Urteil ein.

Parallel verhandelten beide Parteien über eine gütliche Streitbeilegung, in deren Rahmen NTP die Summe von 450 Mio. US-Dollar forderte. Diese Verhandlungen scheiterten jedoch im Juni 2005.

Nachdem der US-amerikanische Supreme Court im Januar 2006 die Revision abgelehnt hatte, verstärkte sich die Bedrohung für RIM zusätzlich, weil NTP ← 38 | 39 → dadurch in die Lage versetzt wurde, seinen Unterlassungsanspruch gegenüber RIM zu vollstrecken.

Obwohl RIM im Februar 2006 ankündigte, dass sie für den Fall der Vollstreckung des Unterlassungsanspruches ein nicht patentverletzendes „work-around“ entwickelt hätten, kam es März 2006 zu einer außergerichtlichen Streitbeilegung gegen Zahlung einer Lizenzgebühr i. H. v. 612,5 Mio. US-Dollar.50

Die Besonderheit dieses Falles wurde – außer in der hohen vereinbarten Lizenzgebühr, deren Angemessenheit im Hinblick auf die erfinderische Leistung von der Literatur kritisiert wurde – in der Stellung von NTP und dessen Verhalten gesehen:

Bei NTP handelt es sich um ein kleines Unternehmen, das lediglich zum Halten und zur Verwertung von Patenten durch Lizenzierung gegründet wurde.51 Somit fehlt es dem Unternehmen an eigenen Produktionskapazitäten. Hinter NTP stehen der Erfinder Thomas Campana Jr. und der Rechtsanwalt Donald Stout.52 Interessanterweise setzt sich das NTP-Betriebsvermögen fast ausschließlich aus Patenten zusammen, die entweder von Campana in den Betrieb eingebracht oder von der nicht mehr existierenden Telefind Inc. (im Folgenden: „Telefind“) gekauft worden waren.53 Bei Telefind handelte es sich um ein gescheitertes Start-up-Unternehmen, welches die Marktreife seiner Erfindungen nicht erreichen konnte und an welchem Campana eine Beteiligung hielt.54

b. Eolas Technologies Inc. v. Microsoft Corp.

In der Rechtssache Eolas Technologies Inc. v. Microsoft Corp.55 (im Folgenden „Eolas“ bzw. „Microsoft“) erhob Eolas den Vorwurf, Microsoft verletze mit seinem Internet Explorer ein Patent der University of California, an dem Eolas eine ausschließliche Lizenz hielt.56 ← 39 | 40 →

Konkret ging es um ein Softwarepatent über „embedded objects within a hypermedia document“.57 Eolas vertrat die Auffassung, dieses decke die „Plug-in“-Technologie moderner Webbrowser ab.

Im Jahre 1994 bot Eolas mehreren Unternehmen – darunter auch Microsoft – diese Technologie erfolglos zur Lizenzierung an.58 Infolgedessen erhob Eolas im Jahre 1999 Klage mit dem Vorbringen, Microsoft verletze mit seiner Plug-in-Schnittstelle ActiveX, die in den Internet Explorer integriert sei, Eolas‘ Patent.59

Eolas war in der ersten Instanz erfolgreich und bekam vom betreffenden District Court einen Schadensersatz i. H. v. 521 Mio. US-Dollar gegen Microsoft zugesprochen. Das Gericht äußerte sich dahingehend, dass gegen die Gewährung eines Unterlassungsanspruches u. U. eine Interessenabwägung sprechen könne, da die Unterlassung zu unverhältnismäßig hohen Kosten auf Seiten von Microsoft führen würde; jedoch sah es im Ergebnis das Schutzinteresse des Patentinhabers als überwiegend an, weil der Unterlassungsanspruch den Kern des Immaterialgutes ausmache.60

Gegen das erstinstanzliche Urteil wandte sich Microsoft im Jahre 2004 mit der Berufung an den Court of Appeal for the Federal Circuit.61 Dieser verwies den Streit zwar zurück an den betreffenden District Court, erhielt jedoch sowohl den Schadensersatz– als auch den Unterlassungsauspruch aufrecht.62 Ein Revisionsantrag Microsofts scheiterte vor dem Supreme Court wegen Nichtannahme.

Ohne die erneute Verhandlung vor dem District Court abzuwarten, traten Microsoft und Eolas im Juli 2007 in Verhandlungen über eine gütliche Beilegung ein, die mit einer nicht veröffentlichten – aber, aus den Umständen abzuleiten, wohl erheblichen – Zahlung durch Microsoft sowie dem Abschluss einer Lizenzvereinbarung endeten.63 ← 40 | 41 →

Besondere Aufmerksamkeit errang der Rechtsprechungsfall durch die Tatsache, dass es sich bei der „Browser-Plug-in“-Technologie um eine Schlüsseltechnologie im Bereich des Internet(-browsing) handelt. Dies zeigt eindrucksvoll ein Brief des damaligen W3C-Direktors64 Tim Berners-Lee an den Staatssekretär des US-Wirtschaftsministeriums mit der Bitte, das Patent von Eolas für unwirksam zu erklären, da es eine massive Bedrohung für die Funktionsfähigkeit des Internets darstelle.65 Interessanterweise sprangen Microsoft auch Mitglieder der Software Open-Source-Gemeinschaft mit der Begründung bei, Eolas könne ansonsten die „freiheitliche Natur“ des Internets erheblich bedrohen.66

Wiederum wurde die Besonderheit dieses Rechtsprechungsfalles – außer in der vereinbarten hohen Lizenzgebühr, deren Angemessenheit im Hinblick auf die im Patent verkörperte erfinderische Leistung kritisiert wird – in der Stellung von Eolas gesehen:

Eolas ist ein kleines, in San Francisco ansässiges Unternehmen, das von ehemaligen Forschern der University of California und von Juristen gegründet wurde und dessen Ziel und Einnahmequelle die Lizenzierung von Technologien ist.67 Insofern besteht das Eolas-Betriebsvermögen zum größten Teil aus Patenten. Das gegenüber Microsoft in Stellung gebrachte Patent resultierte faktisch aus eigenen Forschungsbemühungen von Eolas, obwohl Eolas nur eine ausschließliche Lizenz hält und nicht Patentinhaber ist Zwar wurde das Patent mit Mitteln der University of California finanziert, doch ist der im Patent ausgewiesene Erfinder, Michael David Doyle, der spätere Begründer von Eolas.68

c. eBay Inc. v MercExchange L.L.C.

aa. Überblick

Der am meisten diskutierte „Patent-Troll-Fall“ in den USA ist der Rechtsstreit eBay, Inc. v. MercExchange, L.L.C. (im Folgenden „eBay“ bzw. „MercExchange“). Grund hierfür ist, dass sich in ihm der Supreme Court erstmals mit der Frage der ← 41 | 42 → Zulässigkeit der Verwendung des Unterlassungsanspruchs als „bargaining tool“ zur Beeinflussung der Lizenzhöhe im Sinne des Klägers befasste.69

MercExchange ist Inhaber von Patenten, dessen Schutzumfang sich auf – in den USA, anders als in Europa, patentierbare – Geschäftsmethoden zum Verkauf von Waren durch ein gesichertes Netzwerk erstrecken. Diese umfassen auch die Schaffung eines Online-Marktplatzes, auf dem Waren unter den Bedingungen einer Live-Auktion oder aber zum sofortigen Kauf zu einem festgelegten Preis angeboten werden können.70

Mangels Geschäftsbetriebs wurden die Patente von MercExchange nicht zum Aufbau einer eigenen Online-Handelsplattform verwendet.71 Einzige Zielsetzung von MercExchange war das offensive Vorgehen gegen Dritte, mit dem das Unternehmen bereits kurz nach der Erteilung der Patente begann.72 Beispielhaft hierfür ist das rasche gerichtliche Durchgreifen von MercExchange gegen GoTo.com, das umgehend zu einer außergerichtlichen Streitbeilegung gegen Zahlung einer (unveröffentlichten) Geldsumme führte.73

Das Unternehmen eBay nahm im Jahre 1995 seinen Geschäftsbetrieb auf, der im Kern aus einer Plattform für Online-Auktionen zum Verkauf von Waren besteht. Aufgrund potentieller patentbezogener Konflikte trat eBay im Jahre 2000 mit einem Kaufangebot hinsichtlich der Patente an MercExchange heran.74 Jedoch scheiterten diese Verhandlungen in 2001, so dass MercExchange umgehend Klage gegen eBay einreichte.75 In diesem Rechtsstreit stand insbesondere die „Sofort kaufen“-Option von eBay auf dem rechtlichen Prüfstand.76

Details

Seiten
544
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653050004
ISBN (ePUB)
9783653979503
ISBN (MOBI)
9783653979497
ISBN (Paperback)
9783631655412
DOI
10.3726/978-3-653-05000-4
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (September)
Schlagworte
Rechtsmissbrauch Technologieförderung Bedürfnisbefriedigung Lizenzabschlüsse
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 544 S.

Biographische Angaben

Tobias Frick (Autor:in)

Tobias Horst Frick studierte Rechtswissenschaften an der Universität Hannover. Anschließend absolvierter er den LL.M.-Studiengang International Studies in Intellectual Property Law in London und Dresden. Der Autor ist als Rechtsanwalt tätig.

Zurück

Titel: «Patent-Trolling» – Rechtsmissbräuchliche Verwendung des Patentrechtes?
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
544 Seiten