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Die Wirksamkeit der Risikoausschlüsse für wissentliche und vorsätzliche Pflichtverletzungen in der D&O-Versicherung

von Johannes Dilling (Autor:in)
©2015 Dissertation XXII, 239 Seiten

Zusammenfassung

Auf dem 70. Deutschen Juristentag 2014 nahm das Thema Managerhaftung eine wichtige Sonderstellung ein: Der Abschluss einer D&O-Versicherung bietet Managern eine Möglichkeit, ihr Haftungsrisiko zu reduzieren. Im vorliegenden Buch wird der Frage nachgegangen, welche zentralen Klauseln von D&O-Versicherern genutzt werden können, um im Ernstfall ihrer Verpflichtung zur Deckung/Zahlung doch noch entgehen zu können. Ca. 90 Prozent aller Deckungsstreitigkeiten werden im Vergleichswege beendet. Eine zentrale Rolle spielen dabei die sogenannten Risikoausschlüsse für wissentliche und vorsätzliche Pflichtverletzungen. Diese Ausschlüsse verstoßen nach Auffassung des Verfassers gegen § 307 Abs. 1, 2 BGB, da sie seiner Auffassung nach vom gesetzlichen Leitbild des § 103 VVG zu weit entfernt sind, den Versicherungsschutz aushöhlen und intransparent sind.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • A. Beschreibung des Problems
  • B. Grundlagen
  • I. Begriff der D&O-Versicherung
  • II. Zwecke der D&O-Versicherung
  • 1. Wirtschaftliche Absicherung des Organs
  • 2. Wirtschaftliche Absicherung des Unternehmens
  • 3. Rekrutierungsinteresse des Unternehmens
  • 4. Stärkung der unternehmerischen Risikobereitschaft
  • III. Historische Entwicklung der D&O-Versicherung
  • 1. Die Anfänge in Deutschland
  • 2. Die Weltwirtschaftskrise
  • 3. Die ersten D&O-Versicherungen in Deutschland
  • 4. Die Etablierung der D&O-Versicherung in Deutschland
  • IV. Entwicklung der Organhaftung in Deutschland
  • 1. Die ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des Bundesgerichtshofes
  • 2. Weitere bekannte Organhaftungsfälle
  • 3. Die Organhaftung verschärfende Gesetzgebungsinitiativen
  • 4. Corporate Governance
  • 5. Globalisierung und shareholder-value-Gedanke
  • 6. Weite des Untreuetatbestandes, § 266 StGB
  • 7. Bedeutung für die D&O-Versicherung
  • V. Rechtliche Rahmenbedingungen der D&O-Versicherung
  • 1. Zulässigkeit der D&O-Versicherung
  • 2. D&O-Versicherung als Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung
  • 3. Freiwillige Haftpflichtversicherung
  • 4. Versicherung für fremde Rechnung
  • a) Versicherungsnehmer
  • b) Versicherte Personen
  • 5. Versicherungsvertrag
  • 6. Das Trennungsprinzip
  • VI. Gegenstand der D&O-Versicherung
  • 1. Die GDV-Musterbedingungen 2013 (AVB-AVG)
  • 2. Voraussetzungen des Versicherungsschutzes
  • a) Gesetzliche Haftpflichtbestimmungen
  • aa) Innenhaftung
  • (1) Organschaftliche Anspruchsgrundlagen der Innenhaftung
  • (2) (Dienst-)Vertragliche und deliktische Anspruchsgrundlagen
  • bb) Außenhaftung
  • b) Vermögensschäden
  • c) Pflichtverletzung
  • aa) Funktionen der Business Judgment Rule
  • (1) Stärkung der unternehmerischen Risikobereitschaft
  • (2) Rekrutierungsinteresse des Unternehmens
  • bb) Eingeschränkte richterliche Überprüfbarkeit unternehmerischer Entscheidungen
  • cc) Analoge Anwendung von § 93 Abs. 1 S. 2 AktG auf die GmbH
  • dd) Dogmatische Einordnung der Business Judgment Rule
  • ee) Voraussetzungen der Business Judgment Rule
  • (1) Unternehmerische Entscheidung
  • (2) Vorbereitung der unternehmerischen Entscheidung auf Grundlage angemessener Information
  • (3) Zum Wohle der Gesellschaft
  • (4) Keine sachfremden Interessen
  • (5) Gutgläubigkeit
  • ff) Schlussfolgerungen für die Pflichtwidrigkeit
  • d) Verschulden
  • 3. Sachlicher Umfang des Versicherungsschutzes
  • 4. Einschränkungen des Versicherungsschutzes
  • a) Begrenzung der Versicherungssumme
  • b) Selbstbehalt
  • c) Öffentlichkeitsklausel
  • d) Eigenschadenklausel
  • e) Ausschluss des Versicherungsschutzes
  • aa) Verbreitung und Funktionen der Risikoausschlüsse für wissentliche und vorsätzliche Pflichtverletzungen
  • bb) Voraussetzungen der Risikoausschlüsse für wissentliche und vorsätzliche Pflichtverletzungen
  • (1) Voraussetzungen des Risikoausschlusses für wissentliche Pflichtverletzungen
  • (2) Voraussetzungen des Risikoausschlusses für vorsätzliche Pflichtverletzungen
  • cc) Debatte darüber, welcher Risikoausschluss günstiger ist
  • C. Wirksamkeit der Risikoausschlüsse für wissentliche und vorsätzliche Pflichtverletzungen
  • I. Wirksamkeit des Risikoausschlusses für wissentliche Pflichtverletzungen
  • 1. Einzubeziehende Interessen des versicherten Organs
  • 2. Unangemessenheit der Klausel gemäß § 307 Abs. 2 BGB
  • a) Nicht zu vereinbarende Abweichung mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB
  • aa) Gesetzliche Vorschriften
  • bb) Dispositivität des § 103 VVG
  • cc) Abweichung vom wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Vorschriften
  • (1) Wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung des § 103 VVG
  • (a) Inhalt der Regelung
  • (b) Zweck der Regelung
  • (c) Subjektive Voraussetzungen des § 103 VVG
  • (d) Ermittlung des Gerechtigkeitskerns des § 103 VVG
  • (2) Abweichung der Klausel von der gesetzlichen Regel
  • dd) Unvereinbarkeit der Abweichung
  • (1) Bewertung der Ausschlussklausel für wissentliche Pflichtverletzungen durch die Rechtsprechung
  • (2) Bewertung der Ausschlussklausel für wissentliche Pflichtverletzungen durch die Literatur
  • (3) Eigene Bewertung
  • (a) Kompensation durch die Schadensgeneigtheit des Pflichtverstoßes
  • (b) Kompensation durch die Wissentlichkeit des Pflichtverstoßes
  • (c) Fehlende Einschlägigkeit der BGH-Rechtsprechung
  • (d) Höherrangige Interessen der Versicherer
  • (aa) D&O-Versicherungsschutz führt nicht zum Wegfall der Verhaltenssteuerung
  • (bb) Fehlende Eignung der Ausschlussklausel für wissentliche Pflichtverletzungen zur Verhaltensprävention
  • (cc) Selbstbehalt als geeigneteres Mittel zur Verhaltenssteuerung
  • (dd) Verbleibender Schutz durch § 103 VVG
  • (e) Besonderheiten des Vertragstypus
  • (f) Risikobeherrschung
  • (g) Preisargument: Interesse niedriger Prämien
  • (h) Die Ausschlussklausel für wissentliche Pflichtverletzungen als Handelsbrauch i. S. v. § 310 Abs. 1 S. 2 BGB
  • (aa) Verbrauchereigenschaft des GmbH-Geschäftsführers
  • (bb) Verbrauchereigenschaft des Vorstandsmitglieds einer AG
  • (i) Keine grundlegende Kritik gegen § 103 VVG
  • (j) Abschließende Stellungnahme
  • b) Gefährdung des Vertragszweckes, § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB
  • aa) Wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben
  • bb) Gefährdung des Vertragszweckes
  • cc) Vertragszweckgefährdung durch den Risikoausschluss für wissentliche Pflichtverletzungen
  • (1) Fahrlässig pflichtwidrige gebundene Entscheidungen
  • (2) Fahrlässig pflichtwidrige unternehmerische Entscheidungen
  • (3) Verletzung von Organisations-, Planungs- und Risikoüberwachungspflichten
  • (4) Abschließende Stellungnahme
  • (a) D&O-Versicherungen decken einen Bereich ab, in dem Pflichtverletzungen als wissentlich eingeordnet werden
  • (b) Empfindliche Einbußen des Versicherungsschutzes im Rahmen „einvernehmlicher“ Verhandlungen
  • c) Verstoß gegen das Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB
  • aa) Anwendbarkeit des Transparenzgebotes auf die Ausschlussklause für wissentliche Pflichtverletzungen
  • bb) Sinn und Zweck des Transparenzgebotes
  • cc) Inhalt des Transparenzgebotes
  • dd) Durchschnittlicher Versicherungsnehmer
  • ee) Verwendung von Fachtermini
  • ff) Grenzen des Transparenzgebotes
  • gg) Abschließende Stellungnahme
  • II. Wirksamkeit des Risikoausschlusses für vorsätzliche Pflichtverletzungen
  • 1. Nicht zu vereinbarende Abweichung mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB
  • a) Beurteilung des Risikoausschlusses für vorsätzliche Pflichtverletzungen durch die Rechtsprechung
  • b) Kritische Würdigung der Rechtsprechung
  • c) Die Bewertung des Risikoausschlusses für vorsätzliche Pflichtverletzungen durch die Literatur
  • d) Kritische Würdigung der Literatur
  • e) Abschließende Stellungnahme
  • 2. Gefährung des Vertragszweckes, § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB
  • a) Ermittlung des Vorsatzes im Zivilprozess
  • b) Bewertung der Vorsatzermittlung im Zivilprozess
  • c) Ermittlung des Vorsatzes im Strafprozess
  • d) Auswirkungen des Untreuevorwurfs auf das Versicherungsverhältnis
  • e) Abschließende Stellungnahme
  • 3. Verstoß gegen das Transparenzgebot, § 307 Abs. 1 S. 2 BGB
  • D. Wesentliche Ergebnisse
  • Literaturverzeichnis

← xvi | xvii → Abkürzungsverzeichnis

← XXII | 1 → A. Beschreibung des Problems

Will man einer in der Literatur vertretenen Auffassung glauben, hat die Rechtsprechung „in langjähriger Kontinuität“ „ein völlig klar konturiertes Verständnis“ des Risikoausschlusses für wissentliche Pflichtverletzungen „entwickelt, das keinen – jedenfalls keinen wesentlichen – Interpretationsspielraum belässt“ bzw. „für theoretische Interpretationen insofern nahezu kein Raum verbleibt.“1 Zwar gibt es nach Kenntnis des Verfassers bisher keine einschlägigen ober- oder höchstrichterlichen Entscheidungen, welche die Wirksamkeit dieses Ausschlusses speziell in der D&O-Versicherung behandeln. Soweit es jedoch um (Vermögensschaden-)Haftpflichtversicherungen geht, wurde die Wirksamkeit dieser Klausel tatsächlich stets einhellig von der Rechtsprechung bejaht, wenn sie sie überhaupt problematisiert hat.2 Auch in der Literatur werden nur vereinzelt Zweifel an der Wirksamkeit dieser Klausel und deren „kleiner Schwester“, der Ausschlussklausel für vorsätzliche Pflichtverletzungen geäußert.3 Die ganz h. M. geht von der Wirksamkeit dieser Risikoausschlüsse in der D&O-Versicherung aus.4 Schweitzer kommt in der bereits im Vorwort erwähnten Arbeit „Zulässigkeit der Ausschlussklauseln für Vorsatz und wissentliches Handeln in der D&O-Versicherung“ ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die hier untersuchten Risikoausschlüsse für wissentliche und vorsätzliche Pflichtverletzungen bis auf (gestalterisch zu überwindende) Bedenken hinsichtlich deren Transparenz grundsätzlich wirksam sind.5 Einzig bei der hier nicht gesondert überprüften6 ← 1 | 2 → und von Schweitzer so bezeichneten „Kombinationsklausel“7 wegen vorsätzlicher Schadensverursachung und (sonstiger) wissentlicher Pflichtverletzung verneint Schweitzer ganz grundsätzlich die Wirksamkeit.8

Die praktische Bedeutung dieser für die D&O-Versicherer „zentralen“9 Klauseln ist erheblich. Mit der vor allem durch die ARAG-Garmenbeck-Entscheidung10 ausgelösten Zunahme der Organhaftungsfälle in Deutschland stieg auch die Bedeutung der D&O-Versicherung und damit die der Risikoausschlüsse für wissentliche und vorsätzliche Pflichtverletzungen, sind diese doch „das Nadelöhr“11 für die Versicherer, ihrer Leistungspflicht doch noch entgehen zu können.12 Eine Studie zur D&O-Versicherung aus dem Jahre 200713 nennt den Ausschluss für wissentliche Pflichtverletzungen und Vorsatz mit Abstand an erster Stelle aller Streitpunkte in Deckungsfragen.14 Im sog. „Zehn-Punkte-Abwehrplan der Versicherer“ wird der Ausschluss für wissentliche Pflichtverletzungen ebenfalls an erster Stelle genannt.15 „Alles nicht so schlimm“, möchte ← 2 | 3 → man meinen, wenn immer wieder darauf verwiesen wird, dass es nur wenig Gerichtsverfahren in diesem Bereich gibt und üblicherweise sämtliche Beteiligten schließlich doch dazu in der Lage sind, sich zu einigen.

In der Praxis geht es häufig jedoch nicht ganz so einvernehmlich zu. So wird mit den Versicherern teilweise heftig und „bis zur letzten Patrone“16 darüber gestritten und gefeilscht, ob und in welcher Höhe der Versicherer für einen durch einen Manager verursachten Schaden einzustehen hat. In diesen Verhandlungen ist immer wieder festzustellen, dass die Versicherer geradezu reflexartig und sei es auch nur „rein vorsorglich“ bei jedwedem potentiell pflichtwidrigen Organhandeln die Risikoausschlüsse für wissentliche und/oder vorsätzliche Pflichtverletzungen bemühen, häufig nicht ohne darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei eben um von der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannte und „völlig klar konturierte“ Tatbestände handelt.17 Vorhalte, dass das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Tatbestände von den Versicherern zu beweisen ist, kontern diese häufig mit Hinweisen auf eine etablierte Rechtsprechung, welche sich mit Indizien wie der von dem Manager in Rede stehenden schweren Pflichtverletzung zu behelfen wisse und das daraus für diesen folgende Prozess- und Insolvenzrisiko.

← 3 | 4 → Denn klar ist: Sollte eine solche gerichtliche Auseinandersetzung mit dem D&O-Versicherer verloren gehen, wird die wirtschaftliche Existenz des Managers in den allermeisten Fällen vernichtet sein.18 Hierzu bedarf es gar keiner „schwindelerregenden Schadenssummen“;19 schon die Führung des Haftungs- und ggf. des Deckungsprozesses mit geeigneten Anwälten über mehrere Jahre dürfte die finanziellen Möglichkeiten der meisten Manager übersteigen.20

Wie aktuell dieses Thema ist, zeigt auch das Programm des 70. Deutschen Juristentages 2014. Dort heißt es zum Thema „Reform der Organhaftung? – Materielles Haftungsrecht und seine Durchsetzung in privaten und öffentlichen Unternehmen“ auf S. 14: „Was die materiell-rechtliche Seite anbelangt, so haben zahlreiche Sachverhalte deutlich werden lassen, dass selbst bei geringfügigem Verschulden Schäden in Millionenhöhe entstehen können, die durch eine D&O-Versicherung auch nicht annähernd gedeckt werden können, so dass sich die Organmitglieder dem Risiko einer existenzbedrohenden persönlichen Haftung ausgesetzt sehen.“21 In einem aktuellen Beitrag weist Dauner-Lieb darauf hin: „Die Haftungsfrage trifft aber nicht nur Organe von DAX-Unternehmen, ← 4 | 5 → die regelmäßig von ausreichend Ressourcen, Beratern und Experten umgeben sind, um ihre Tätigkeit weit möglichst abzusichern, sondern auch die nicht im Lichte der Öffentlichkeit stehenden Vorstände und Geschäftsführer nicht ganz so großer Unternehmen mit nicht ganz so hohen Vergütungen, bei denen Haus, Studium der Kinder und Altersversorgung auf dem Spiel stehen.“ Diese äußerst strapaziöse Situation geht somit auch an den Familien der Manager nicht spurlos vorbei, was den Druck weiter erhöht, den drohenden Ruin abzuwenden und sich mit dem Unternehmen aber auch mit dem D&O-Versicherer selbst irgendwie zu einigen.22

Vielen Managern wird dabei die Tragweite dieser Risikoausschlussklauseln erst im Nachhinein klar, auch und gerade, weil sie „gutgläubig“ dachten, im Interesse des Unternehmens gehandelt zu haben.23 So ist immer noch festzustellen, dass vielen Unternehmen und deren Organen nicht klar ist, wie eine D&O-Versicherung funktioniert und wovor sie schützt, wenn sie überhaupt Kenntnis von den jeweiligen Versicherungsbedingungen haben.24

← 5 | 6 → Managerhaftung ist wichtig und richtig. Manager sollen zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie das Unternehmen pflichtwidrig schädigen. Um die Manager und im Übrigen auch das Unternehmen selbst vor den Folgen von solchen ggf. existenzvernichtenden Fehlern zu schützen, wurde die D&O-Versicherung geschaffen. Doch nützt und schützt sie auch nur dann, wenn im Schadensfall tatsächlich Deckung bereitsteht und der Versicherer dieser nicht durch das „Nadelöhr“ einer wissentlichen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung entgehen kann.

Die Versicherer verdienen Schutz davor, Deckung für mutwillig herbeigeführte Schäden leisten zu müssen. Deshalb heißt es in § 103 VVG, dass derjenige den Versicherungsschutz verliert, der den Schaden vorsätzlich herbeiführt. Demgegenüber stellen die zu untersuchenden Ausschlussklauseln für wissentliche und vorsätzliche Pflichtverletzungen darauf ab, dass nicht erst der Schaden wissentlich oder vorsätzlich herbeigeführt werden muss, sondern schon die Pflichtverletzung, welche den Schaden auslöst. Demgemäß entfällt der Versicherungsschutz bereits dann, wenn es dem Versicherer gelingt, dem Manager eine wissentliche oder vorsätzliche Pflichtverletzung nachzuweisen.25 Folglich kann sich der Manager im Rahmen dieser Klauseln nicht mehr damit entlasten, er habe zum Wohle des Unternehmens handeln und dieses gerade nicht schädigen wollen.

Fraglich ist deshalb, ob ein legitimes Interesse der Versicherer an dieser Ausdehnung des Deckungsausschlusses über § 103 VVG hinaus besteht, das so groß ist, dass die ggf. berechtigten Interessen des Versicherungsnehmers bzw. der versicherten Person dahinter zurücktreten.

Soweit dies im Schrifttum bejaht wird, kann häufig eine gewisse Nähe zur Versicherungswirtschaft festgestellt werden, sei es, dass die befürwortenden Stimmen bei den Versicherern angestellt sind oder von diesen mandatiert werden. Dass von dieser Seite vergleichsweise wenig Zweifel an der Wirksamkeit dieser Klauseln vorgebracht werden, überrascht daher nicht.26

Ziel der vorliegenden Arbeit soll es sein, die These, dass diese Klauseln wirksam sind, kritisch zu hinterfragen und dabei nicht nur die Interessen der Versicherer angemessen zu berücksichtigen, sondern auch diejenigen derer, die eine ← 6 | 7 → D&O-Versicherung abschließen oder hiervon begünstigt werden sollen, also die der Unternehmen und ihrer Organe.

Details

Seiten
XXII, 239
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653049077
ISBN (ePUB)
9783653979848
ISBN (MOBI)
9783653979831
ISBN (Paperback)
9783631655238
DOI
10.3726/978-3-653-04907-7
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (April)
Schlagworte
Managerhaftung Haftungsrisiko Deckungsstreitigkeiten Vergleichsweg Versicherungsschutz
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. XXII, 239 S.

Biographische Angaben

Johannes Dilling (Autor:in)

Johannes Dilling ist Volljurist. Er studierte Rechtswissenschaft in Köln, Paris und Münster. Heute ist er selbstständiger Rechtsanwalt in Köln. Er berät und vertritt Unternehmen und Privatpersonen in allen Fragen des Wirtschafts- und Haftungs-rechts, insbesondere auch beim Abschluss von D&O-Versicherungen und bei Auseinandersetzungen mit D&O-Versicherern.

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