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Steuern im historischen Kontext

Ein Ausschnitt der Steuergeschichte anhand ausgewählter Fragestellungen

von Roman Seer (Band-Herausgeber:in)
©2014 Sammelband 358 Seiten

Zusammenfassung

Dieser Band trägt zu der wohl unterschätzten Aufarbeitung der Steuerrechtsgeschichte bei. Hierbei konzentrieren sich die Beiträge des Bandes auf die geschichtliche Entwicklung der wichtigsten Steuern (Einkommen-, Körperschaft-, Erbschaft-, Vermögen-, Umsatz- und Verbrauchsteuern). Darüber hinaus wird der Unrechtsstaat des Nationalsozialismus im Hinblick auf die Methodenlehre unter dem Topos der unbegrenzten Auslegung, der Reichsfluchtsteuer sowie des Steueranpassungsgesetzes behandelt. Zudem wird der Übergang von einer Reichsfinanzverwaltung hin zu einer föderal geprägten Steuerverwaltung heutiger Tage aufgezeigt.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • A. Die Entwicklung und der Aufstieg der Einkommensteuer im 19. Jahrhundert in den deutschen Ländern und in Europa (Didem Özdemir)
  • I. Einführung in die Problematik
  • II. Die geschichtliche Entwicklung und der Aufstieg der Einkommensteuer im 19. Jahrhundert in Großbritannien
  • 1.) Triple Assessment
  • 2.) Die Pitt’sche Steuer 1799–1802
  • 3.) Die Addington’sche Steuer 1803–1816
  • 4.) Die Peel’sche Steuer 1842
  • III. Die geschichtliche Entwicklung und der Aufstieg der Einkommensteuer im 19. Jahrhundert in den deutschen Ländern
  • 1.) Die Entwicklung bis 1814 in Preußen
  • a.) Das erste Steuerkonzept auf deutschem Boden im Jahr 1806
  • b.) Reglement, das Kriegs – Schulden – Wesen der Provinz Ostpreußen und Litthauen und der Stadt Königsberg insbesondere betreffend vom 23. Februar 1808
  • c.) Edikt betreffend die Erhebung der Beiträge zur Verpflegung der französischen Truppen in den Oder-Festung und auf den Märschen vom 6. Dezember 1811
  • d.) Edikt wegen der Erhebung einer Vermögen- und Einkommensteuer vom 24. Mai 1812
  • 2.) Die Entwicklung bis 1829 in Preußen
  • 3.) Die Entwicklung bis 1852
  • a.) In Preußen
  • (aa.) Entwurf des Finanzrats Otto Camphausen 1847
  • (bb.) Gesetz, betreffend die Einführung einer Klassen- und klassifizierten Einkommensteuer vom 1. Mai 1851
  • b.) In Sachsen
  • (aa.) Das Gewerbe- und Personal-Steuer-Gesetz vom 22. November 1834
  • (bb.) Verordnung, die Schätzung für eine außerordentliche Einkommensteuer betreffend vom 27. April 1848
  • 4.) Die Entwicklung bis 1892
  • a.) In Preußen
  • (aa.) Gesetz wegen Abänderung des Gesetzes vom 1. Mai 1851 betreffend die Einführung einer Klassen und klassifizierten Einkommensteuer vom 25. Mai 1873
  • (bb.) Die Miquel’sche Steuerreform vom 24. Juni 1891
  • b.) In Sachsen
  • 5.) Die Entwicklung in anderen deutschen Ländern
  • IV. Zusammenfassung
  • V. Literaturverzeichnis
  • B. Die Weimarer Reichsverfassung und die Erzbergersche Steuerreform – kompetenziell, verwaltungsstrukturell, verfahrensrechtlich (Vanessa Y. Olshagen)
  • I. Einleitung
  • II. Erzberger und die junge Weimarer Republik
  • 1.) Die Geburtsstunde der Republik
  • 2.) Das politische Leben Erzbergers
  • 3.) Erzbergers Antrieb für die Steuerreform
  • III. Weimarer Reichsverfassung und Erzbergersche Steuerreform
  • 1.) Steuerkompetenzverteilung
  • a.) Gesetzgebungskompetenz
  • (aa.) Ausgangssituation und Problematik ungenutzter Kompetenz
  • (bb.) Einführung neuer Reichssteuergesetze als Reformmaßnahme
  • b.) Ertragskompetenz
  • (aa.) Ausgangssituation und Problematik der Reichsfinanzierung
  • (bb.) Das Landessteuergesetz als Reformmaßnahme
  • c.) Verwaltungskompetenz
  • (aa.) Ausgangssituation und Problematik der Ineffizienz
  • (bb.) Vereinheitlichung der Verwaltung als Reformmaßnahme
  • 2.) Steuerverwaltungsstruktur
  • a.) Problematik eines „Splitterverwaltungssystems“
  • b.) Die Reichsfinanzverwaltung als Reformmaßnahme
  • 3.) Steuerverfahrensrecht
  • a.) Problematik der Uneinheitlichkeit des Verfahrensrecht
  • b.) Die Reichsabgabenordnung als Reformmaßnahme
  • 4.) Erfolg der Erzbergerschen Reformmaßnahmen?
  • a.) Bewertung der kompetenziellen Reformmaßnahmen
  • b.) Bewertung der verfahrensrechtlichen Reformmaßnahme
  • c.) Bewertung der verwaltungsstrukturellen Reformmaßnahme
  • IV. Die „Erzbergersche“ Steuerreform?
  • 1.) Vorliegende Bedingungen
  • 2.) Öffentlich vorgestellte Reformpläne
  • 3.) Durchsetzung der Reform als Verdienst Erzbergers
  • V. Verfassungsmäßigkeit der Erzbergerschen Steuerreform?
  • 1.) Art. 00 Hs. 2 WRV als Ermächtigungsgrundlage?
  • a.) Auslegung
  • (aa.) Wortlaut
  • (bb.) Systematik
  • (cc.) Entstehungsgeschichte
  • (dd.) Sinn und Zweck
  • b.) Ergebnis
  • 2.) Umsetzbarkeit der Erzbergerschen Steuerreform im Jahr 2013?
  • VI. Entwicklung der Erzbergerschen Steuerreform
  • 1.) Verlauf der Steuerreform in der Weimarer Republik
  • 2.) Auswirkung auf das heutige Steuerrecht
  • VII. Fazit
  • VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis
  • C. Die Erzbergersche Steuerreform in materieller Hinsicht – Ertrag-, Vermögen,- Erbschaft- und Verbrauchsteuern (Cecilia-Teres Gürtler)
  • I. Einleitung
  • II. Die Rahmenbedingungen für die Erzbergersche Steuerreform – politische und wirtschaftliche Lage 1919
  • III. Die Person Erzberger und die Zentrumspartei
  • IV. Die Leitgedanken der Erzbergerschen Steuerreform und die Vereinheitlichung der Finanzverwaltung
  • V. Die Erzbergersche Steuerreform in materieller Hinsicht
  • 1.) Ertragsteuern
  • a.) Einkommensteuer
  • (aa.) Die subjektive Steuerpflicht
  • (bb.) Der Einkommensbegriff – die objektive Steuerpflicht
  • (cc.) Bemessungsgrundlage der Reichseinkommensteuer
  • (dd.) Kritische Würdigung der Reichseinkommensteuer
  • b.) Körperschaftsteuer
  • (aa.) Die subjektive Steuerpflicht
  • (bb.) Die objektive Steuerpflicht
  • (cc.) Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer
  • (dd.) Kritische Würdigung der Körperschaftsteuer
  • c.) Kapitalertragsteuer
  • (aa.) Steuerpflichtigkeit und Bemessungsgrundlage
  • (bb.) Kritische Würdigung der Kapitalertragsteuer
  • 2.) Vermögenssteuern
  • a.) Gesetz über eine außerordentliche Kriegsabgabe vom Vermögenszuwachs
  • (aa.) Abgabepflicht und Bemessungsgrundlage der Abgabe vom Vermögenszuwachs
  • (bb.) Kritische Würdigung
  • b.) Gesetz über das Reichsnotopfer
  • (aa.) Abgabepflicht
  • (bb.) Bemessungsgrundlage des Reichsnotopfer
  • (cc.) Kritische Würdigung des Reichsnotopfers
  • 3.) Erbschaftsteuergesetz
  • a.) Nachlasssteuer
  • (aa.) Der Nachlassbegriff
  • (bb.) Bemessungsgrundlage der Nachlasssteuer
  • b.) Erbanfall- und Schenkungsteuer
  • (aa.) Steuerpflicht der Erbanfall- und Schenkungsteuer
  • (bb.) Bemessungsgrundlage der Erbanfall- und Schenkungsteuer
  • c.) Kritische Würdigung der Erbschaftsteuer
  • 4.) Verbrauchsteuern
  • a.) Das Wesen der Umsatzsteuer
  • b.) Gegenstand und Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer
  • c.) Kritische Würdigung
  • VI. Fazit
  • VII. Literaturverzeichnis
  • D. Die „Unbegrenzte Auslegung“ und die Steuerrechtsanwendung – Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs im Dritten Reich (Sara Anna La Paglia)
  • I. Einleitung
  • II. Die historische Entwicklung
  • 1.) Die Finanzgerichtsbarkeit in der Weimarer Republik
  • a.) Grundlagen der Rechtsprechung
  • (aa.) Die Weimarer Verfassung
  • (bb.) Führende Rechtstheorien
  • b.) Die Stellung des Richters in der Weimarer Republik
  • 2.) Von der Weimarer Republik zum nationalsozialistischen Staat
  • 3.) Die Finanzgerichtsbarkeit im nationalsozialistischen Staat
  • a.) Die Umstrukturierung der Finanzgerichtsbarkeit
  • b.) Einführung einer neuen Rechtsprechungsgrundlage
  • III. Das neue Weltbild
  • 1.) Die neuen Rechtsquellen
  • a.) Der geäußerte Wille des „Führers“
  • b.) Das Parteiprogramm der NSDAP
  • c.) Die völkische Weltanschauung
  • 2.) Die nationalsozialistische Weltanschauung
  • IV. Methoden zur Einbindung der neuen Weltanschauung in die Rechtsprechung
  • 1.) Das konkrete Ordnungsdenken
  • 2.) Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe
  • 3.) Gemeinwohlformeln
  • V. Der Einfluss des neuen Weltbilds auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs
  • 1.) Die Anwendung des Steueranpassungsgesetzes
  • 2.) Die Rechtsprechung in Steuerangelegenheiten von Juden
  • 3.) Die Rechtsprechung als Kampf gegen die Kirchen
  • 4.) Entwickelte Rechtsgrundsätze
  • VI. Die Richter des Reichsfinanzhofs
  • 1.) Die Position des Richters im Nationalsozialismus
  • 2.) Richterdisziplinierung
  • 3.) Motive für die schnelle Anpassung der Rechtsprechung an die nationalsozialistische Weltanschauung
  • VII. Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs nach 1945
  • VIII. Fazit
  • IX. Literaturverzeichnis
  • E. Die nationalsozialistische Steuergesetzgebung am Beispiel der Reichsfluchtsteuer und des Steueranpassungsgesetzes (Susanne Jessica Certa)
  • I. Einführung
  • II. Historische Einordnung
  • III. Die nationalsozialistische Weltanschauung und ihre Auswirkungen auf die Steuerpolitik des Reichsfinanzministeriums
  • IV. Steuergesetzgebung im Nationalsozialismus
  • 1.) In formeller Hinsicht
  • a.) Verfassung des NS Staates
  • b.) Steuergesetzgebungs- und Steuerertragshoheit
  • c.) Gesetzgebungsorgane
  • d.) Gesetzgebungsverfahren und Form der Rechtsakte
  • 2.) In materieller Hinsicht
  • V. Das Steueranpassungsgesetz
  • 1.) Steuerpolitische Einordnung des Reformwerks vom 16.10.1934
  • 2.) Das StAnpG in formeller Hinsicht
  • 3.) Das StAnpG in materieller Hinsicht
  • a.) Allgemeines Steuerrecht (Abschnitt I, StAnpG)
  • (aa.) Die Generalklausel § 1 StAnpG
  • (1.) Ursprüngliche Fassung: § 9 RAO
  • (2.) Die nationalsozialistische Fassung: § 1 StAnpG
  • (3.) Auswirkungen auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs
  • (4.) Fazit zu § 1 StAnpG in seiner Fassung von 1934
  • (5.) Konsequenzen des § 1 StAnpG nach 1945
  • (bb.) Ermessensentscheidungen gemäß § 2 StAnpG
  • (cc.) §§ 17–19 StAnpG: Gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke
  • (1.) Die nationalsozialistische Regelung
  • (2.) Heutige Regelung in §§ 52, 53, 54 AO
  • b.) Änderung der Reichsabgabenordnung (Abschnitt II, StAnpG)
  • c.) Verlängerung der Reichsfluchtsteuer (Abschnitt VI, StAnpG)
  • 4.) Zwischenfazit
  • VI. Die Reichsfluchtsteuer
  • 1.) Historische Einordnung und Zielsetzung
  • 2.) In formeller Hinsicht
  • 3.) In materieller Hinsicht
  • a.) Die subjektive Steuerpflicht
  • b.) Die objektive Steuerpflicht
  • (aa.) Bemessungsgrundlage
  • (bb.) Der Steuersatz
  • (cc.) Zahlung der Steuer
  • c.) Steuerstrafrechtliche Konsequenzen der Nichtzahlung
  • 4.) Zwischenfazit
  • 5.) Die Reichsfluchtsteuer nach 1945
  • VII. Schlussbetrachtung
  • VIII. Literaturverzeichnis
  • F. Der Kampf um die Bundesfinanzverwaltung bei Entstehung des Grundgesetzes (Julia Klaftke)
  • I. Einleitung
  • II. Die Finanzverwaltung bis 1945
  • 1.) Deutsches Kaiserreich
  • 2.) Weimarer Republik
  • 3.) Nationalsozialismus
  • III. Die Finanzverwaltung nach 1945
  • 1.) Sowjetische Besatzungszone
  • 2.) Französische Besatzungszone
  • 3.) Amerikanische Besatzungszone
  • 4.) Britische Besatzungszone
  • 5.) Bizone
  • 6.) Herrenchiemseer Konvent
  • a.) Die Einberufung des Herrenchiemseer Konvents
  • b.) Die Arbeit der Kommission II
  • c.) Der Schlagabtausch im Plenum des Konvents
  • 7.) Parlamentarischer Rat
  • a.) Die Konstituierung des Parlamentarischen Rates
  • b.) Die Anstrengung des Finanzausschusses
  • (aa.) Die Positionen der Parteien
  • (1.) SPD und FDP
  • (2.) CDU/CSU
  • (bb.) Eröffnungsreferat von Höpker-Aschoff und Reaktionen
  • (cc.) Die Mühen des Ausschusses für Finanzen
  • (1.) Fragebogen
  • (2.) Anhörung der Sachverständigen
  • (dd.) Ergebnis der Beratungen im Ausschuss
  • (ee.) Konfrontation des Parlamentarischen Rates mit den Alliierten
  • (ff.) Hintergründe des Widerstandes der Alliierten gegen eine einheitliche Finanzverwaltung
  • (gg.) Endergebnis und Ratifizierung des Grundgesetzes
  • IV. Resümee und Darstellung der Schwächen des Ergebnisses
  • V. Literaturverzeichnis
  • G. Die Geschichte der Umsatzsteuer – vom Warenumsatzstempelgesetz bis zur Netto-Allphasen-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug (Kyra-Mano Naujoks)
  • I. Einleitung
  • II. Das Akzisensystem und die allgemeinen Quittungssteuern als Wurzeln der Umsatzsteuer
  • III. Entwicklungsgeschichte der Umsatzsteuer in Deutschland
  • 1.) Die Entwicklung der Umsatzsteuer im Kaiserreich ab 1916: Die Umgestaltung des Warenumsatzstempels zu einer Umsatzsteuer
  • a.) Entwicklung des ersten deutschen Warenumsatzstempelgesetz von 1916
  • b.) Anhebung der Steuersätze zur Deckung der Finanznot
  • 2.) Erlangung besonderer Bedeutung der Umsatzsteuer vor dem Hintergrund der Neugestaltung der Steuerordnung zur Zeit der Weimarer Republik
  • 3.) Angleichung des bisher geltenden Umsatzsteuersystems an die Ideologien und Zielsetzungen der Nationalsozialisten
  • 4.) Anhebung der Umsatzsteuersätze als Motivation zur kritischen Auseinandersetzung mit der Allphasen-Bruttoumsatzsteuer
  • a.) Wesen der Allphasen-Bruttoumsatzsteuer
  • b.) Vorzüge der Allphasen-Bruttoumsatzsteuer
  • c.) Mängel der Allphasen-Bruttoumsatzsteuer
  • 5.) Reformbewegungen auf dem Weg zur Mehrwertsteuer
  • a.) Reformentwurf des Zierold-Pritsch
  • b.) Der Entwurf des Wissenschaftlichen Beirats über eine organische Steuerreform
  • (aa.) „Beseitigung der Kumulativwirkung (Lawineneffekt)“
  • (bb.) „Wettbewerbs- und Konzentrationsneutralität“
  • (cc.) „Soziale Differenzierung“
  • c.) Reformentwurf des Günther Schmölders
  • 6.) Rückschritt hin zu der geltenden Allphasen-Bruttoumsatzsteuer
  • a.) Wesen der Netto-Allphasen-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug
  • b.) Unterschiede zur bisherigen Allphasen-Bruttoumsatzsteuer
  • c.) Vorteile der Netto-Allphasen-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug
  • d.) Nachteile der Netto-Allphasen-Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug
  • 7.) Bedeutung der Mehrwertsteuer bei der Finanzierung der Wiedervereinigung
  • 8.) Die Betrugsanfälligkeit der Vorsteuer im Rahmen des internationalen Geschäftsverkehrs
  • IV. Fazit
  • V. Literaturverzeichnis
  • H. Die Entwicklung der Ertragsbesteuerung der Kapitalgesellschaft und ihrer Gesellschafter (Pascal A. Becker)
  • I. Einleitung
  • II. Entstehungsgeschichtlicher Überblick der Kapitalgesellschaft
  • 1.) Von der klassischen Aktiengesellschaft zur Societas Europaea
  • a.) Die Aktiengesellschaft als „Kapitalsammelbecken“
  • b.) Europäisierung des Gesellschaftsrechts: Die europäische Aktiengesellschaft entsteht
  • 2.) Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) als personengeprägte Kapitalgesellschaft
  • 3.) Die GmbH als „kleine Kapitalgesellschaft“
  • 4.) Transparenz- und Trennungsprinzip als betriebliche Grundentscheidung
  • III. Ertragssteuerrechtliche Besonderheiten für Kapitalgesellschaften und ihre Gesellschafter
  • 1.) Steuerrecht der Kapitalgesellschaften im pluralistischen Steuersystem des Kaiserreichs
  • a.) Problem der Doppelbelastung im einzelstaatlichen Einkommensteuerrecht
  • b.) Wissenschaftlicher Diskurs zur Einkommensbesteuerung von Kapitalgesellschaften
  • 2.) Das „klassische System“ des ersten KStG von 1920
  • a.) Entscheidung des Gesetzgebers für die Doppelbelastung
  • b.) Weitere Entwicklung bis 1976
  • c.) Europäisierungen und Globalisierung des Steuerwettbewerbe
  • 3.) Die Körperschaftsteuerreform 1977 etabliert das Anrechnungssystem
  • a.) Zielsetzung des Reformgesetzes
  • b.) Funktionsweise des Verfahrens
  • c.) Kritik zur Anrechnung der Vorbelastung
  • d.) Reformnotwendigkeit des Systems
  • 4.) Vom Anrechnungssystem zum Halbeinkünfteverfahren
  • a.) Zielsetzung der Verfahrensänderung
  • b.) Funktionsweise des Verfahrens
  • c.) Übergangsphase
  • d.) Kritik zur Reform
  • 5.) Teileinkünfteverfahren und Abgeltungsteuer
  • a.) Reformnotwendigkeit
  • b.) Funktionsweise des neuen Dualismus
  • c.) Kritik zur Veränderung
  • IV. Ergebnis
  • V. Literaturverzeichnis
  • I. Die Geschichte der Grundsteuer vom Altertum bis zur Gegenwart (Isabell Neumann)
  • I. Einführung
  • II. Analyse der historischen Entwicklung
  • 1.) Ausgangspunkt: Die anfängliche Entwicklung der Grundsteuer am Beispiel Ägyptens und Roms
  • a.) Rom
  • b.) Ägypten
  • c.) Zusammenfassung
  • 2.) Die Weiterentwicklung der Grundsteuer am Beispiel einzelner Länder
  • a.) Deutschland
  • (aa.) Die Entwicklung der Grundsteuer in Preußen
  • (bb.) Die Erzberger’sche Finanzreform (1919/1920)
  • (cc.) Die Realsteuerreform vom 01.12.1936
  • (dd.) Änderung des Bewertungsgesetzes vom 13.08.1965
  • b.) Österreich
  • (aa.) Die Grundsteuer im Mailändischen Teil
  • (bb.) Die Grundsteuer unter Maria Theresia
  • (cc.) Die Grundsteuer unter Josefine
  • c.) Frankreich
  • (aa.) 14./15. Jahrhundert
  • (bb.) Napoleon I.
  • d.) Bewertender Vergleich der „Etappen der Entwicklung“
  • 3.) Die aktuellen Grundsteuerregelungen in Deutschland
  • (aa.) Überblick
  • (bb.) Ist die Existenz der deutschen Grundsteuer noch gerechtfertigt?
  • (cc.) Ein Blick nach Europa
  • III. Fazit
  • IV. Literaturverzeichnis

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This paper deals with the formation of the income tax system in Germany during the 19th century. It describes the modifications of taxation norms and their necessity for developing a taxation system as it is nowadays.

A. Die Entwicklung und der Aufstieg der Einkommensteuer im 19. Jahrhundert in den deutschen Ländern und in Europa (Didem Özdemir)

I. Einführung in die Problematik

Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Entwicklung der Einkommensteuer im 19. Jahrhundert. Dargestellt werden sollen die Entwicklungen in Europa und den deutschen Ländern. Dabei wird sich die Darstellung auf die Beschreibung Großbritanniens aus europäischer Sicht beschränken und solchen deutschen Ländern, die eine gewisse Vorstandsposition im Vergleich zu anderen Ländern eingenommen haben. Großbritannien nimmt im Zusammenhang mit der Einkommensteuer eine besondere Situation ein: Aufgrund der Kriegsführung gegen Napoleons Frankreich benötigte Großbritannien weitere Einnahmen und führte als erster Staat die Einkommensteuer ein. Frankreich, die zweite Kriegspartei, führte die Einkommensteuer erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein. Im Rahmen der deutschen Länder sind Preußen und Sachsen als besonders wichtig anzusehen. Preußen als das deutsche Land, in dem die wichtigsten und größten Entwicklungen erfolgten.

Sachsen als das deutsche Land, das mit seinem Einkommensteuergesetz von 1874 wichtige Prinzipien und Grundsteine für die späteren Einkommensteuergesetze gelegt hat und mit diesem Einkommensteuergesetz kurzzeitig Preußen hinter sich gelassen hat. Im Anschluss an jene Länder erfolgt eine kurze Darstellung über den Beginn der Einkommensbesteuerung in anderen deutschen Ländern.

II. Die geschichtliche Entwicklung und der Aufstieg der Einkommensteuer im 19. Jahrhundert in Großbritannien

Zunächst werden die Beginne der Einführung der Einkommensteuer in Großbritannien dargestellt. ← 19 | 20 →

Noch während des 18. Jahrhunderts bestand das englische Steuersystem „fast ausschließlich aus Verbrauchsteuern, Zöllen auf annähernd allen importierten Waren und aus Grundsteuern“.6 Doch dies wurde am Ende des 18. Jahrhunderts geändert. Ab 1793 befand sich Großbritannien im Krieg gegen Frankreich. Aufgrund des lang andauernden Krieges verschlechterte sich die Situation Großbritanniens derart, dass der finanzielle Bedarf nicht mehr durch die vorhandenen Steuereinnahmen gedeckt werden konnte. Zutreffend erkennt Piltz diesen Krieg als Vater der englischen Einkommensteuer.7 „Die Kriegskosten Englands beliefen sich auf 831 Millionen £, von denen lediglich 209 Millionen £ durch Steuereinnahmen gedeckt werden konnten“.8 Es bedurfte somit einer Neuerung des Steuersystems, die zu einer Steigerung der Einnahmen führen sollte.

1.) Triple Assessment

Die Anfänge der Neuerung fanden 1798 statt. Premierminister William Pitt verfasste das Triple Assessment. „Der Grundgedanke dieser Not – Steuer war eine verstärkte steuerliche Belastung der vermögenden Bevölkerungsgruppen“.9 Pitt beabsichtigte eine Erhöhung der Verbrauchsteuern, um somit die vermehrt notwendigen Einnahmen zu gewährleisten. Die Steuerpflichtigen wurden in verschiedene Klassen eingeteilt, die dann einem unterschiedlich hohen Steuersatz unterfielen. Die Einteilung „basierte auf dem Verbrauch im Jahre vor der Steuerschätzung“.10 Der zu zahlende Betrag lag zwischen dem fünffachen Steuerbetrag des Vorjahres und dem dreifachen, daher Triple Assessment, Betrag. Das Triple Assessment stellte sich schon bald als „Fehlschlag“11 heraus. Dies war unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Verwaltung nur minimale Befugnisse hatte, um die Steuer einzutreiben. Ihr fehlte es an Bestrafungsmöglichkeiten bei Steuerhinterziehungen, und sie hatte somit keine Möglichkeit „auf die skandalösen Betrügereien, die die Wirkung der Steuer beeinträchtigen.“12, zu reagieren. Aus diesem Grund bedurfte es einer weiteren Neuerung bzw. ← 20 | 21 → Weiterentwicklung. Nun war jedoch der Gedanke geboren, eine Steuer an dem Gesamteinkommen einer Person zu bemessen.13

2.) Die Pitt’sche Steuer 1799–1802

Die Neuerung des Steuersystems begann am 3. Dezember 1798 mit der Einbringung eines Haushaltsgesetzes „durch William Pitt d. J., der zu dem Zeitpunkt Finanzminister (Chancellor of Excequer) war“14. Pitt beabsichtigte, dass „eine allgemeine Steuer auf alle wichtigen Einkommensarten erhoben werden“15 sollte und dass die Einnahmen aus der Steuer der Finanzierung des Krieges gegen Frankreich dienen sollten. Die anschließend von Pitt eingebrachte Initiative führte „zum ersten Einkommensteuergesetz der Geschichte“16 und trat als Gesetz am 5. April 1799 in Kraft. Als Kriegssteuer beabsichtigt, wurde sie zu der „Steuer, die Napoleon schlug“.17 Die zu besteuernden Einkunftsarten waren folgende: Einkünfte aus Land- und Hausbesitz, aus Vermögen, Handel und Gewerbe, freien Berufen, Diensten, Pensionen, Besoldungen, Arbeitsverhältnissen und sonstigen Berufen, außerhalb Großbritanniens entstehende Einkünfte sowie Einkünfte, die nicht unter die soeben genannten fallen. „Die von dem Steuerzahler eingesetzten Einkünfte aus den einzelnen Quellen wurden zu einem Gesamteinkommen aufaddiert“18. Von dieser Summe erfolgte noch der Abzug „gesetzlich geregelter Abzüge für bestimmte sachbezogene Aufwendungen sowie einige familienbezogene Ermäßigungen.“19 Mithin verwirklichte bereits das erste Einkommensteuergesetz sowohl das objektive als auch das subjektive Nettoprinzip. Weiterhin galt ein progressiver Steuersatz. Dieser begann bei einem Prozentsatz von 0,8% und stieg bis zu einem Höchstsatz von 10%, bei einem jährlichen Einkommen von mindestens 200 £, an. Die Steuerpflichtigen hatten ihre Steuer durch eine Deklaration selbst anzugeben. Wegen des fehlgeschlagenen Triple Assessments wurden auch Konsequenzen gezogen: Es war für Pitt nun von besonderer Bedeutung und Wichtigkeit, eine wirksame Durchsetzung sicherzustellen. Deshalb ← 21 | 22 → sollte für die Behörden die Möglichkeit bestehen, eine genaue Untersuchung anzuordnen, sobald sie Zweifel an der Richtigkeit der Deklaration hatten. Dann hatte eine genaue Aufstellung des Einkommens zu erfolgen. Sollten die Zweifel anschließend weiterhin bestehen, konnte eine Befragung des Steuerpflichtigen und etwaiger anderer Personen erfolgen. Falls auch diese Maßnahme nicht den gewünschten Erfolg herbeiführte, weil keine Aussagen gemacht wurden, durfte die Behörde die Steuer festsetzen. Andererseits bestanden harte, der Hoffnung auf Abschreckung dienende, Strafen bei einer erfolgten Steuerhinterziehung. Weiterhin sah das Gesetz das allgemein geltende Steuergeheimnis vor. Dies bedeutete, dass die Steuerbehörde ihre Informationen, die den Steuerpflichtigen betrafen, streng vertraulich zu behandeln hatte.

Die von Pitt entwickelte Steuer brachte den vom Staat erhofften finanziellen Erfolg. Jedoch war das Volk unzufrieden mit der neuen Steuer und akzeptierte diese nur als Kriegssteuer, die es zu begleichen hatte, um die eigene Sicherheit zu gewährleisten. Im März 1801 war Pitt zurückgetreten. Am 25. März 1802 schloss sein Nachfolger Addington mit Napoleon den Friedensvertrag von Amiens. Durch den nun vereinbarten Frieden war die Grundlage der als Kriegssteuer angekündigten Steuer weggefallen. Aus diesem Grund schaffte Premierminister Addington die Einkommensteuer am 5. April 1802 wieder ab.

3.) Die Addington’sche Steuer 1803–1816

Der Frieden mit Frankreich währte nicht lange, bereits am 18. Mai 1803 brach der Krieg gegen Napoleons Frankreich erneut aus. Nun musste Addington, der die Einkommensteuer kurz zuvor aufgehoben hatte, erneut eine Einkommensteuer auf den Weg bringen, um den Krieg zu finanzieren. Mithin war erneut eine Kriegssituation Grund für die Einführung der Einkommensteuer. Die Einkommensteuer wurde „in einer, nach den Vorschlägen des Schatzkanzlers Addington wesentlich veränderten Gestalt“20 wieder eingeführt. Die Ablehnung der vorherigen Einkommensbesteuerung unter anderem aufgrund der „unbeliebten Einmischung des Staates“21, veranlasste Addington zu einigen Änderungen. Von nun an war nicht mehr das Gesamteinkommen als eine Summe anzugeben, vielmehr sollte eine Steuererklärung abgegeben werden, die in fünf Bestandteile gegliedert war. Je ein Bestandteil entsprach einer Einkommensquelle (Quellenkonzept). Die Einkommensquellen waren die Steuern: aus Land- und Hauseigentum, der Landwirte und Landpächter, der Kapitalgeber, der Bezieher ← 22 | 23 → sonstiger Einkunftsarten, der öffentlich Beschäftigten. Diese unterschiedlichen Einkommensquellen wiederum wurden unterschiedlich nach Listen, den schedules, behandelt. Die Unterteilung der Steuererklärung in fünf Teile führte zu einer Vereinfachung der Kontrolle. Durch die – im Gegensatz zu Pitt’schen Steuer - detaillierte Aufschlüsselung waren etwaige Einkünfte besser nachzuvollziehen. Eine weitere wichtige Veränderung war die Einführung des Quellenabzugverfahrens. Bei Renten, jährlichen Zinsen, Mieten und Arbeitslöhnen sollte die Steuer von nun an direkt an der Quelle einbehalten werden. Dies hatte zwei Gründe. Zum einen war dies von Vorteil für den Steuerpflichtigen, weil er diese bereits an der Quelle einbehaltenen Steuern nicht mehr deklarieren musste. Zum anderen bestand ein wesentlich geringeres Risiko der Steuerhinterziehung. Denn schließlich besteht kein großes Interesse daran, für einen anderen eine niedrigere Steuer anzugeben und dadurch selbst der Steuerhinterziehung bezichtigt und hierfür bestraft zu werden.

Trotz einiger Änderungen wurde der progressive Steuersatz auch bei der Addington’schen Steuer beibehalten, jedoch verminderte Addington den Steuerhöchstsatz von 10% auf 5%. Der niedrigste Steuersatz von 1,2% wurde bei einem jährlichen Einkommen von 60 £ und der höchste Steuersatz von 5% wurde bei einem jährlichen Einkommen von 150 £ angewandt. Der progressive Steuerhöchstsatz wurde im Jahr 1806 wieder von 5% auf 10% angehoben. Wie bereits im Rahmen der Pitt’schen Steuer durften gewisse Ausgaben abzüglich geltend gemacht werden. Das steuerfreie Existenzminimum lag nach wie vor bei 60 £. Von der Besteuerung von Zinsen und Dividenden waren nun, im Gegensatz zur Pitt’schen Steuer, Ausländer befreit. Grund hierfür war, „daß Ausländer im Parlament nicht vertreten seien“22, und deshalb nicht zu besteuern seien: „Keine Besteuerung ohne parlamentarische Vertretung“.23 Dies waren die einzigen Veränderungen, die Addington vornahm. Insbesondere die Verfahren bei dem Verdacht der fehlerhaften Deklaration, der Steuerhinterziehung und das Steuergeheimnis wurden beibehalten. Die von Addington entwickelte Einkommensteuer war erfolgreicher als jene von Pitt. Jedoch war auch diese als Kriegssteuer beschlossen worden und wurde somit „kurz nach dem Ende der Napoleonischen Kriege am 18. März 1816 abgeschafft.“24 ← 23 | 24 →

4.) Die Peel’sche Steuer 1842

Die Zeit ohne Einkommensteuer währte bis 1842. Die „weltweiten Aktivitäten Englands und der Aufstand in Indien führten 1842 zu der Wiedereinführung der Einkommensteuer durch Peel.“25 Peel war zu diesem Zeitpunkt Premierminister in Großbritannien. Zwar herrschte kein Krieg, an dem Großbritannien beteiligt war, dennoch befand sich der Staatshaushalt finanziell in einer derart verheerenden Lage, dass die Einkommensteuer wieder aufgegriffen werden musste. Dies war die erste Einkommensteuer, die nicht aufgrund einer Kriegssituation eingeführt wurde. Peel wusste, „daß eine Einkommensteuer in Friedenszeiten auf starke Opposition treffen werde.“26 Um dieser Ablehnung zumindest ein wenig entgegenwirken zu können, versprach Peel, dass die Einkommensteuer nur für die nächsten drei Jahre gelten sollte, bis die finanzielle Lage sich verbessert haben würde. Die von ihm eingeführte Steuer war eine „Kopie“27 derer, die Addington entwickelt hatte. Die einzigen Änderungen erfolgten zunächst im Bereich der Freibeträge. So wurde der Steuerfreibetrag nun auf 150 £ angehoben, um 1852 wieder auf 100 £ gemindert zu werden. Dieser Betrag wurde 1894 auf 160 £ erhöht. Eine weitere Änderung betraf die Aufhebung des Kinderfreibetrags und des Versicherungsfreibetrags. Die Aufhebung währte jedoch nur bis 1909 bzw. 1853.

Obwohl die Einkommensteuer zu Beginn auf drei Jahre begrenzt wurde, gab es seit diesem Zeitpunkt keine Zeit mehr ohne jene. Sie wurde „ständig verlängert - obgleich immer noch als vorläufige Maßnahme.“28 Und bald wurde die Abschaffung der Einkommensteuer nicht mehr gefordert. Dies lag daran, dass „die Öffentlichkeit sich an die Steuer gewöhnt hatte, die Steuersätze niedrig waren“29 und „die Finanzverwaltung mit Bedacht und Takt handelte“30. So wurde die Einkommensbesteuerung seitdem beibehalten und bis heute sind die damaligen Grundsätze, der progressive Steuersatz, das Schedulensystem und das steuerfreie Existenzminimum im britischen Steuersystem wiederzufinden. ← 24 | 25 →

III. Die geschichtliche Entwicklung und der Aufstieg der Einkommensteuer im 19. Jahrhundert in den deutschen Ländern

In dem folgenden Teil der Arbeit erfolgt eine Darstellung der Einkommensteuer in den deutschen Ländern vom Beginn des 19. Jahrhunderts an bis zur großen Miquel’schen Steuerrefom 1891/1892.

1.) Die Entwicklung bis 1814 in Preußen

Der erste wesentliche Abschnitt ist die Entwicklung bis 1814.

Die ersten Gedanken an eine moderne Einkommensteuer auf deutschem Boden erfolgten in Preußen durch Friedrich Karl Reichsherr vom und zum Stein.

a.) Das erste Steuerkonzept auf deutschem Boden im Jahr 1806

Der preußische Reformer Friedrich Karl Reichsherr vom und zum Stein intendierte erstmalig in seinem Immediatbericht vom 26. September 1806 eine Einkommensteuer in Form einer „Kriegssteuer vom ganzen Einkommen jedes Bewohners der Monarchie“.31 Die Erträge aus der Einkommensteuer der „Beschaffung der Mittel des Krieges gegen Napoleon dienen.“32 Somit war der Beginn der deutschen Einkommensteuer, ebenso wie in Großbritannien, durch eine gegenwärtige Kriegssituation hervorgerufen worden. „Vom Stein beabsichtigte keine grundlegende Etablierung der Einkommensteuer innerhalb des Steuersystems, denn sie sollte auf die Dauer des Krieges, höchstens auf ein Jahr nach demselben eingeschränkt und ihre Einführung von dem Beschlusse des Krieges abhängig gemacht werden.“33 Vom Stein, ein „langjähriger Bewunderer der rechtlichen und politischen Institutionen Großbritanniens“34, strebte eine Einkommensteuer an, die der des britischen Systems glich. Seine Hauptanliegen waren dementsprechend das objektive Nettoprinzip, der progressive Steuersatz, das steuerfreie Existenzminium sowie die obligatorische Steuererklärung.

Gemäß dem Bericht vom 26. September 1806 sollten die Einkünfte aus in der preußischen Monarchie liegendem nutzbaren Vermögen, „und zwar aus Amt, ← 25 | 26 → Gewerbe, Handel, Kapital, Grundeigentum und Häusern, Domänen und Privatverpachtungen besteuert werden.“35 Von diesen Einkünften sollte nur das reine Einkommen besteuert werden, mithin jenes, das „nach Abzug der Schulden, Realkosten etc.“36 verblieb. Dies ist eine Verwirklichung des noch heute geltenden objektiven Nettoprinzips.

Der von vom Stein intendierte progressive Steuersatz hatte in elf Stufen zu erfolgen, wobei der niedrigste Steuersatz mit 1% bei einem jährlichen Einkommen von 100 bis 200 Reichstalern und der höchste Steuersatz mit 30% bei einem jährlichen Einkommen von 30000 Reichstalern angewandt werden sollte. „Das Einkommen unter 100 Rthlrn sollte steuerfrei bleiben.“37 Zudem sprach er sich für die obligatorische Steuererklärung aus. Das Erfordernis der Selbstdeklaration begründete vom Stein damit, dass die Bürger sich nicht wie bisher vom Staat leiten lassen sollten, sondern „zur Selbständigkeit und Selbstverantwortlichkeit gegenüber dem Gemeinwesen erzogen werden“38 sollten. Welche Strafe festgesetzt werden sollte, falls die Deklaration verzögert oder falsch erfolgte, erwähnte vom Stein nicht. Dagegen bedachte vom Stein das Steuergeheimnis. So schrieb er in seinem Bericht vor, dass „sämtliche bei der Regulierung der Besteuerung des Vermögens vorkommende Geschäfte mit größter Verschwiegenheit behandelt“39 werden. Die Durchsetzung dieses Vorschlags war jedoch nicht mehr möglich. Dies lag sowohl an der in Preußen geltenden „Missordnung“ aufgrund der Niederlage in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt im Oktober 1806 als auch an der Entlassung vom Steins im Januar 1807.

b.) Reglement, das Kriegs – Schulden – Wesen der Provinz Ostpreußen und Litthauen und der Stadt Königsberg insbesondere betreffend vom 23. Februar 1808

Der Vorschlag der Einführung einer Einkommensbesteuerung durch vom Stein 1806 war nicht nutzlos. Bereits im Jahr 1807 wurde die Idee der Einkommensbesteuerung wieder aufgegriffen. ← 26 | 27 →

Die finanzielle Situation Preußens war aufgrund der Kriegsfinanzierung verheerend, zudem musste Preußen nach der Niederlage Kriegsentschädigungen an Frankreich zahlen. Um diese Einbuße ausgleichen und die Kontributionen begleichen zu können, sollte die Einkommensteuer eingeführt werden. Aus diesem Grund verfasste Christian Jacob Kraus im Juli 1807 ein Gutachten über „die Mittel, das zur Bezahlung der französischen Kriegsschuld erforderliche Geld aufzubringen“.40 Kraus war Professor der Kameralwissenschaften an der Universität Königsberg. Das Gutachten beinhaltete einige fragliche Aspekte, die im Rahmen eines etwaigen Einkommensteuergesetzes entschieden werden müssten. So galt es zu entscheiden, ob der Steuersatz progressiv ausgestaltet werden sollte und, ob die etwaige Progression bis zu einer bestimmten Einkommenshöhe gelten sollte oder darüber hinaus. Weiterhin mussten die Gesetzgeber entscheiden, ob ein steuerfreies Existenzminimum und ein Kinderfreibetrag gewährt werden sollte. Das Existenzminimum war von vom Stein ebenfalls empfohlen worden, der Kinderfreibetrag wurde von ihm nicht erwähnt, obwohl er in Großbritannien galt und somit nicht neu von vom Stein hätte entwickelt werden müssen. „Das eingereichte Gutachten sollte den Gesetzgeber nicht auf ein bestimmtes Ergebnis festlegen – anders als viele zeitgemäße Gutachten - sondern ihm einen Rahmen vorgeben, der ausreichend Raum für politische Entscheidungen läßt.“41 Das Gutachten wurde bei König Friedrich Wilhelm III. eingereicht. Kraus verstarb jedoch an Folgen der zu dem Zeitpunkt grassierenden Ruhr, so dass das Gutachten zunächst keine Beachtung mehr fand.

Die Ausarbeitungen für eine Gesetzesvorlage zur Einführung der Einkommensteuer wurden wenige Monate später wieder von dem Königsberger Polizeidirektor Frey und von dem für die staatliche Behörde tätigen Assessor Johann Gottfried Hoffmann aufgegriffen. Die Ausarbeitungen wurden am 28. September 1807 vorgelegt. Beide Bearbeiter forderten einen progressiven Steuersatz. Frey wollte die Progression im Gegensatz zu dem Vorschlag von vom Stein nicht begrenzen. Frey war der Ansicht, dass eine Begrenzung nicht dazu führen würde, dass finanziell besonders gut gestellte Personen, dann nicht entsprechend besteuert werden würden. Hoffmann hingegen beabsichtigte einen Höchstsatz von 20%, somit weniger als die von vom Stein geforderten 30%. Im Gegensatz zu vom Steins Ausführungen befand Frey, dass es kein steuerfreies Existenzminimum geben sollte. Frey begründete das fehlende steuerfreie Existenzminimum damit, dass die Steuer nur vorübergehend, ← 27 | 28 → dadurch gerechtfertigt und zu verkraften sei. Hoffmann sprach sich für das von vom Stein angeregte steuerfreie Existenzminimum aus. Er begründete dies damit, dass eine Begrenzung durch einen Höchststeuersatz nur dann zu rechtfertigen sei, wenn es auch eine entsprechende Grenze für ein Existenzminimum gibt. Beide Ausarbeitungen befürworteten die Selbstdeklaration, Hoffmann jedoch nur im Rahmen der Kapitalzinsen. Zudem sollte das Einkommen Gewerbetreibender einer Gruppierung nach Klassen unterzogen werden, da es wegen des schwankenden Gewinns „als nicht abschätzbar galt“42 § 30 der Ausarbeitung. Diese Idee wurde erstmalig von Frey aufgeworfen.

Beide Vorschläge wurden in einer Konferenz beraten. Schlussendlich wurden Teile beider Ausarbeitungen angenommen. Vom Stein, der seit Oktober 1807 wieder im Amt war, zeigte sich damit zufrieden und nahm nur noch wenige Änderungen vor, bis anschließend der Entwurf als Gesetz verabschiedet wurde. Mit Verabschiedung des Gesetzes wurde festgesetzt, dass die Einkommensteuer „als eine Art Notsteuer nur solange zu entrichten war, bis die Kriegsschuld abgetragen war und insofern streng zweckgebunden (§ 3).“43 In dem Reglement wurde eine, bisher von niemandem geforderte, unterschiedliche Besteuerung für die Stadt Königsberg und die Provinzen Ost-, Westpreußen und Litthauen vorgeschrieben. „Litthauen meint hier den späteren ostpreußischen Regierungsbezirk Gumbinnen.“44 Begründet wurde die unterschiedliche Besteuerung damit, dass „Königsberg als einigermaßen geschonte Haupt- und Handelsstadt besonders stark belastet“45 werden könne. Dies machte sich insbesondere im Rahmen des Steuersatzes bemerkbar. Der subjektiven Steuerpflicht unterlagen „sämtliche Eigenthümer und Einwohner der Städte und des platten Landes § 4“ „Das Reglement sah eine gemeinschaftliche Veranlagung vor, wenn die Ehegatten in Gütergemeinschaft lebten (§ 15). Der Ehemann und Vater war nach § 15 Satz 4 verpflichtet, das Vermögen von Ehefrau und Kindern mit anzugeben.“46 ← 28 | 29 →

Zu versteuern waren Einkünfte aus landwirtschaftlichen Grundstücken, Häusern einschließlich des Nutzungswertes der Wohnung im eigenen Haus, Kapitalien, Dividenden, Staatspapiere, Gewerbe, Arbeitslohn, Pensionen, Renten, Stipendien, Stiftungen (§§ 22–32). Die nicht genannten Einkünfte aus selbständiger Arbeit wurden den Einkünften aus Gewerbe zugerechnet. Vermögen, das keinen Ertrag gewährte, war entsprechend der noch heute geltenden Quellentheorie nicht steuerbar.

Die beabsichtigte stärkere Belastung Königsbergs war besonders bei den Steuersätzen bemerkbar. Grundsätzlich wurde differenziert zwischen fundiertem und unfundiertem Einkommen. Fundiertes Einkommen war solches aus „Fonds, welche dem Perzipienten selbst gehören (§ 35 a)“47 und unterlag bei der gleichen Höhe des Einkommens einem höheren Steuersatz. Fundiertes Einkommen war zum Beispiel solches aus Kapitalien. In Königsberg wurde für fundiertes Einkommen festgesetzt, dass die Progression einen Maximalsatz von 20% hatte (§ 35 a). In den Provinzen hingegen galt ein Maximalsteuersatz von 3% (§ 49).

Unfundiertes Einkommen war solches, das „dem Perzipienten nicht gehört (§ 35 b)“48, zum Beispiel das Gehalt. Für unfundiertes Einkommen galt in Königsberg ein Maximalsatz von 15% (§ 35 b). In den Provinzen hingegen wurde erneut ein Maximalsatz von 3% festgesetzt (§ 49). „Die Gewerbesteuersätze des nach Klassen zu bestimmenden Einkommens bewegten sich zwischen 1/3 und 1365 1/3 Talern (§§ 36, 50).“49

Ein steuerfreies Existenzminimum wurde nicht gewährt. Gemäß § 36 Satz 1 war der niedrigste Steuersatz auch dann zu entrichten, wenn das Einkommen jährlich die Summe von 100 Reichstalern nicht erreichte. Begründet wurde dies damit, dass der Steuerbetrag bei den gegebenen Steuersätzen nicht hoch ausgefallen wäre. Die Verweigerung eines steuerfreien Existenzminimums verdeutlicht die finanzielle Notlage Preußens und den Bedarf nach Einnahmen.

Die Selbstdeklaration wurde vorgeschrieben (§ 40). „Das Gesetz von 1808 erklärt jeden Steuerpflichtigen für schuldig, sein der Steuer unterworfenes Vermögen gewissenhaft anzuzeigen; auch jede von einer Steuererhebung zur andern sich ereignenden Veränderung.“50 Das Reglement vom 23. Februar 1808 ← 29 | 30 → traf zudem Regelungen für den Fall verspäteter Zahlungen. Säumige Zahler wurden mit Verzugszinsen und militärischer Vollstreckung belegt (§ 16). Die Steuerhinterziehung wurde als schwerer Betrug bestraft (§ 15 II). „Der doppelte Verkürzungsbetrag war als Strafe zu entrichten.“51 Die Strafe wegen Steuerhinterziehung konnte nur selten verhängt werden. Dies lag zum einen daran, dass die Hinterziehung vorsätzlich erfolgen musste, was schwer nachzuweisen war, und zum anderen daran, dass die eingegangenen Steuererklärungen auch im Fall des Verdachts nicht detailliert kontrolliert werden konnten. Eine genaue Kontrolle konnte nicht erfolgen, da der Steuerpflichtige keine Nachweise, wie etwaige Rechnungen, vorlegen musste. Eine Aufforderung zur Rechnungsvorlegung bei Verdacht der Steuerhinterziehung wurde zu dem Zeitpunkt noch nicht bedacht. Ebenso wurde das Steuergeheimnis nicht in das Gesetz eingebracht, obwohl vom Stein dies 1806 gefordert hatte, und dies somit hätte bedacht werden können. Die in Großbritannien geltenden Abzüge für Lebensversicherungsprämien und die gestaffelten Kinderabzüge, die auch Kraus aufgeführt hatte, wurden nicht in das Reglement eingearbeitet. Dies ist wohl auch damit zu begründen, dass eine enorme finanzielle Not in Preußen bestand und somit alle Einnahmen benötigt wurden.

Vom Stein beabsichtigte, die Einkommensteuer auf weitere Provinzen auszudehnen, um so weitere Einnahmen zu gewährleisten. Diesen Plan konnte er jedoch nicht mehr verwirklichen, da er im November 1808 erneut aus dem preußischen Ministerium ausscheiden musste.

„Seine unmittelbaren Nachfolger wurden Altenstein für die Finanzen und Dohna für die sonstigen inneren Angelegenheiten.“52 Altenstein versuchte mit einigen Ergänzungen und Reformen Preußen finanziell wieder in eine bessere Situation zu bringen. Trotz einiger Reformen war es nicht möglich die Kontributionen an Frankreich zu begleichen. Dies wurde dem fehlenden Finanzplan und Überblick Altensteins zugeschrieben. Nachdem die Kontributionszahlungen nicht erfolgten, forderte Napoleon die Abtretung Schlesiens. Das Ministerium Dohna – Altenstein unterbreitete dies, aus Sorge vor etwaigen Zwangsmaßnahmen durch Napoleon, König Friedrich Wilhelm III. Dieser Vorschlag war mitverantwortlich für das baldige Ausscheiden des Ministeriums. Der König erwartete, dass die Kontributionen beglichen werden konnten und dass dementsprechend Maßnahmen getroffen wurden. Stattdessen wurde ← 30 | 31 → ihm der Vorschlag unterbreitet, das sowieso durch den Krieg verkleinerte Gebiet noch durch die Abtretung Schlesiens weiter zu verkleinern. Dem König schien dies als Verrat. „Insbesondere drängte nun auch die Königin Luise auf die Ablösung Altensteins.“53 Altenstein wurde durch Freiherrn Karl August von Hardenberg abgelöst. Diesen hatte der König im Juni 1810 zum Staatskanzler ernannt. Auch die von Altenstein entwickelte Novelle vom 22. März 1810 konnte seine Ablösung durch Hardenberg nicht mehr verhindern. Die Novelle war die „Deklaration des Ostpreußischen Kriegs – Schulden Reglements vom 23 sten Februar, die abgeänderten Besteuerungsgrundsätze für die Haupt- und Residenzstadt Königsberg betreffend vom 22.3.1810.“54 Sie brachte einige Erneuerungen. Die Begründung für die Erneuerung waren die Beschwerden der Steuerpflichtigen über die ungleiche Steuerbelastung und den großen Druck, der mit der Steuerlast einherging. Weiterhin waren die Einnahmen derart gering, dass die Reparationszahlungen erst in ferner Zukunft hätten beglichen werden können. Mithin musste ein Ausgleich gefunden werden zwischen den zu bezahlenden Reparationen und der zu hohen Steuerbelastung. Altenstein entschied sich für die Entlastung des Volkes. Eine der eingeführten Veränderungen war die Herabsetzung des Progressionstarifs. Die Höchstsätze „für unfundiertes Einkommen wurden um die Hälfte und für fundiertes Einkommen um ein Viertel gesenkt.“55 Außerdem wurde die Steuerfreiheit von Gehältern und Pensionen unter 250 Reichstalern, soweit dies das einzige Einkommen des Steuerpflichtigen ist (§ 1)56 eingeführt, mithin gab es ab 1810 wieder ein steuerfreies Existenzminium. Weiterhin wurde der Individualbesteuerung vor der im Rahmen der Gewerbetreibenden geltenden Klassifikation der Vorzug gegeben, wenn die technische Möglichkeit dies zuließ. Damit einher ging jedoch, dass die Gewerbetreibenden bereit waren, ihr Einkommen offenzulegen. Zudem bestand von nun an die Pflicht, der Selbstdeklaration gewisse Nachweise beizufügen.

Der nun regierende Staatskanzler von Hardenberg „war kein Freund der Einkommensteuer und wollte sie auch nicht gegen den anhaltenden Widerstand ← 31 | 32 → durchsetzen.“57 Vom Hardenberg hob das Reglement vom 23. Februar 1808 und die dazugehörige Novelle mit dem Edikt vom 7. September 1811 wieder auf, obwohl der Zweck des Reglements, die Notsteuer solange zu entrichten, bis die Kriegsschuld abgetragen war (§ 3), nicht „annähernd erfüllt worden“58 war.

c.) Edikt betreffend die Erhebung der Beiträge zur Verpflegung der französischen Truppen in den Oder-Festung und auf den Märschen vom 6. Dezember 1811

Nachdem von Hardenberg das Gesetz von 1808 am 7. September 1811 abgeschafft hatte, zwangen ihn die anhaltenden Finanznöte, eine neue Einkommensteuer einzuführen. Von Hardenberg führte die neue Einkommensteuer entgegen seiner ursprünglichen Absichten ein, um einerseits die Kriegskontributionen an Frankreich und andererseits die Erträge zur Verpflegung der französischen Truppen, die sich in den Oder – Festungen und auf den Märschen aufhielten, erbringen zu können. Steuerpflichtig sind gemäß § 4 I „alle selbständigen Einwohner der ganzen Monarchie“59, die ihren Unterhalt eigenständig beziehen. Die Ehefrau und Kinder wurden dann mit dem Ehemann veranlagt, „wenn sie das Gewerbe und Einkommen des Mannes oder Vaters durch ihre Arbeit oder ihr Vermögen so unterstützten, daß sein Einkommen dadurch vermehrt“ (§ 4 II 2) wurde. Eine getrennte Veranlagung erfolgte dann, wenn die Ehefrau und/oder Kinder ein separates Einkommen besaßen (§ 4 II 1). Die Besteuerung erfolgte, indem Steuerklassen gebildet wurden. Die Eingruppierung der Steuerpflichtigen in die Steuerklassen wurde geschätzt. Dies galt bis zu einem jährlichen Einkommen von 1000 Talern. Die Schätzung erfolgte durch Klassifikations – Kommissionen. Insgesamt wurde in neun Klassen unterteilt. Die unterste Klasse hatte bei einem Einkommen von 20 bis 39 Talern 4 Groschen und die oberste bei einem Einkommen von 900 bis 999 Talern 8 Reichstaler zu zahlen. „Für jede weitere 100 Taler – ab 1000 Talern – kommt noch 1 Taler Steuer hinzu (§ 6 III).“60 Es bestand somit insofern eine Progression, die wie in dem Reglement von 1808 nicht bis zu einem bestimmten Maximaleinkommen begrenzt wurde, sondern ← 32 | 33 → pro 100 um einen Taler grenzenlos stieg. Die zu versteuernden Einkunftsarten entsprachen denen aus dem Jahr 1808. Ein Existenzminimum wurde beachtet, so besagte § 6 IV, dass „wer unter 20 Rthlr. jährliches Einkommen hat, zahlt nichts.“ Alle Einwohner, die ein jährliches Einkommen von mehr als 1000 Talern hatten, mussten schriftlich oder mündlich eine Erklärung über ihr gesamtes Einkommen abgeben (§ 10 II 2).61 Sie konnten Schulden steuermindernd geltend machen (§§ 5, 7 a), nicht jedoch etwaige Werbungskosten bzw. Betriebskosten; das objektive Nettoprinzip wurde somit hier nicht befolgt. Die Deklaration hatte nur generell und nicht detailliert zu erfolgen, musste jedoch bei entsprechendem Verlangen ausführlich gestaltet werden (§ 10). Falls der Verdacht einer unrichtigen Deklaration vorlag, musste der Steuerpflichtige bei entsprechender Aufforderung einen detaillierten Einkommensnachweis vorlegen. Im Gegensatz zu der Novelle ein Jahr zuvor, wird die Rechnungsauslegung nun nicht bei Abgabe der Steuererklärung gefordert, sondern bei Verdacht der fehlerhaften Deklaration. Sollte der Verdacht der fehlerhaften Deklaration und somit der Steuerhinterziehung begründet sein, sah das Gesetz von 1811 „die Veröffentlichung der Namen von Steuerhinterziehern vor.“62 Im Gegensatz zur Novelle von 1810, existierte nun keine Vorschrift über den Verzug der Deklaration.

Details

Seiten
358
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653048117
ISBN (ePUB)
9783653981766
ISBN (MOBI)
9783653981759
ISBN (Hardcover)
9783631652299
DOI
10.3726/978-3-653-04811-7
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (Oktober)
Schlagworte
Weimarer Republik Grundsteuer Umsatzsteuer Bundesfinanzverwaltung Einkommensteuer Reichsfinanzhof
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 358 S.

Biographische Angaben

Roman Seer (Band-Herausgeber:in)

Roman Seer ist Inhaber des Lehrstuhls für Steuerrecht und Direktor des Instituts für Steuerrecht und Steuervollzug an der Universität Bochum.

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Titel: Steuern im historischen Kontext
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