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Zusammenfassung

Diese Arbeit bietet eine umfassende Analyse humorvoller Werbevergleiche. Der Humor ist in rechtlicher Hinsicht ein nur schwer zu fassendes Phänomen und seine lauterkeitsrechtliche Bewertung auf den ersten Blick allein eine Frage des persönlichen Geschmacks des jeweiligen Adressaten. Auf den zweiten Blick wird aber durchaus eine gewisse Systematik in der Rechtspraxis erkennbar, die durch das Urteil des Bundesgerichtshofes in Gib mal Zeitung einen weiteren wichtigen Impuls erfahren hat. Neben einer Darstellung und kritischen Würdigung der bestehenden Rechtslage wird in dieser Arbeit auch die grundrechtliche Dimension lauterkeitsrechtlicher Werbebeschränkungen untersucht, insbesondere vor dem Hintergrund des bestehenden Mehrebensystems aus Bundesverfassungsgericht, Europäischem Gerichtshof und Europäischer Menschenrechtskonvention.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Vorwort
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsübersicht
  • Der Humor in der vergleichenden Werbung
  • § 1 Einleitung
  • A. Problemstellung
  • B. Gang der Untersuchung
  • 1. Kapitel Vergleichende Werbung
  • § 2 Tatbestand der vergleichenden Werbung, § 6 UWG
  • A. Allgemeines
  • B. Tatbestandsmerkmale vergleichender Werbung
  • I. Werbung
  • II. Mitbewerber, vgl. § 2 UWG
  • III. Unmittelbares bzw. mittelbares Erkennbarmachen von Mitbewerbern oder ihrer Produkte
  • IV. Merkmal des Vergleichs
  • 1. „Vergleichende Werbung ohne Vergleich?“
  • 2. Rechtsprechung des EuGH
  • 3. Rechtsprechung des BGH
  • 4. Herrschende Literaturansicht
  • 5. „Vergleich“ i.S.v. § 6 Abs. 1 UWG
  • § 3 Geschichte der vergleichenden Werbung
  • A. Rückblick - Eine wechselhafte Geschichte
  • I. Erste Phase – „freies Spiel der Kräfte“
  • II. Zweite Phase – Weltwirtschaftskrise 1929
  • III. Dritte Phase – „roaring nineties“
  • B. Entwicklung der Rechtsprechung des BGH zur vergleichenden Werbung
  • I. Allgemeines
  • II. Rechtsprechungsübersicht
  • 1. Testpreis - Angebot
  • a) Sachverhalt
  • b) Ausführungen des BGH
  • 2. „Vergleichen Sie“
  • a) Sachverhalt
  • b) Ausführungen des BGH
  • 3. Stellungnahme
  • 2. Kapitel Humorvolle Werbevergleiche
  • § 4 Humor in der Werbung
  • A. Begriffsbestimmungen
  • I. Begriff der Wirtschaftswerbung
  • II. Der Begriff des „Humors“
  • 1. Allgemeines
  • 2. Der „Humor“
  • a) Was ist „Humor“
  • b) Warum lachen wir?
  • 3. Verschiedene Spielformen des Humors
  • a) Witz (Althochdeutsch wizzi; altengl. Wit = Scharfsinnigkeit, Verstand, Esprit)
  • b) Ironie (griechisch εἰρωνεία eironeía, erheuchelte Unwissenheit, Verstellung)
  • c) Sarkasmus (griech.: sarkazein - zerfleischen, verhöhnen; sarkasmós - beißender Spott)
  • d) Satire (lat. satira; von satura lanx: „Den Göttern dargebotene, mit Früchten gefüllte Schale“)
  • e) Parodie (griechisch παρῳδία parōdía „nachahmendes Lied“)
  • f) Groteske (franz. grotesque – ital. Grottesco „wunderlich, verzerrt“)
  • g) Persiflage (von frz. siffler „pfeiffen“)
  • B. Werbewirkung humorvoller Werbevergleiche
  • I. Werbewirkung vergleichender Werbung
  • 1. Positionierung der Marke
  • 2. Weitere positive Werbeeffekte
  • a) Werbeeffekte
  • b) optimales Umfeld
  • 3. Negative Werbeeffekte
  • 4. Stellungnahme
  • II. Werbewirkung des Humors in der Werbung
  • 1. Allgemeines
  • 2. Werbeeffekte des Humors
  • a) Werbewirkung des Humors in der Werbung
  • b) Werbeumfeld – „moderierende Faktoren“
  • 3. Stellungnahme
  • III. Fazit
  • C. Ökonomische Effekte humorvoller Werbevergleiche
  • I. Allgemeines
  • II. Erhöhung der Markttransparenz
  • III. Förderung des Wettbewerbs
  • 1. Marktzutrittsschranken
  • 2. Beseitigung künstlicher Differenzierungen
  • IV. Stellungnahme
  • § 5 Rechtsprechungshistorie - Humor in der vergleichenden Werbung
  • A. Allgemeines
  • B. Rechtsprechungsübersicht
  • I. Rechtsprechung des BGH
  • 1. BGH, Urt. v. 12.7.2001 - Preisgegenüberstellung im Schaufenster
  • a) Der Sachverhalt
  • b) Ausführungen des BGH
  • 2. Urt. v. 17.1.2002 – Lottoschein
  • a) Der Sachverhalt
  • b) Ausführungen des BGH
  • 3. Urt. v. 25.4.2002 – Die „Steinzeit“ ist vorbei!
  • a) Der Sachverhalt
  • b) Ausführungen des BGH
  • II. Rechtsprechung der OLG
  • 1. OLG München, Urt. v. 16.9.1999 – Vergleichende Werbung zwischen Leitungswasser und Mineralwasser
  • a) Der Sachverhalt
  • b) Ausführung des OLG
  • 2. OLG Jena, Urt. v. 28.2.2002 – Fremdgehen
  • a) Der Sachverhalt
  • b) Ausführungen des OLG
  • 3. OLG Hamburg, Urt. v. 6.3.2003 – Müsli-Riegel
  • a) Der Sachverhalt
  • b) Ausführungen des OLG
  • 4. OLG Frankfurt, Urt. v. 25.11.2004 - Vergleich mit einem Stachelschwein
  • a) Der Sachverhalt
  • b) Ausführungen des OLG Frankfurt
  • 5. OLG Hamburg, Urt. v. 25.5.2004 – „Babes und Zicken“
  • a) Der Sachverhalt
  • b) Ausführungen des OLG Hamburg
  • 6. OLG Frankfurt, Urt. v. 10.3.2005 – „Na..auch T-Aktionär?“
  • a) Der Sachverhalt
  • b) Ausführungen des OLG
  • 7. OLG Hamburg, Urtl v. 23.1.2003 – Gurgelndes Auto
  • a) Der Sachverhalt
  • b) Ausführungen des OLG Hamburg
  • C. Stellungnahme
  • 3. Kapitel BGH Urteil v. 1.10.2009 - „Gib mal Zeitung“
  • § 6 Das Urteil
  • A. Allgemeines
  • B. Der Sachverhalt
  • C. Die Ansicht der Vorinstanzen
  • D. Ausführungen des BGH
  • I. Vergleichende Werbung, § 6 UWG
  • 1. Allgemeines
  • 2. Unlautere Herabsetzung - § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG
  • 3. Objektivitätsgebot - § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG
  • 4. Unlautere Rufausnutzung - § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG
  • II. Markenrecht - §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 MarkenG
  • § 7 Kritische Würdigung der BGH – Entscheidung
  • A. Allgemeines
  • B. Anwendungsbereich der vergleichenden Werbung – „Mitbewerber“?
  • C. § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG – unlautere Herabsetzung
  • I. Allgemeines
  • II. Methodik des BGH
  • 1. Wörtlich und damit ernst nehmen
  • 2. Dem Spott und der Lächerlichkeit preisgeben
  • a) „Entkleidung“ der Kernaussage
  • b) Auslegung durch den BGH
  • 3. Parallelen zum Presserecht
  • D. § 6 II Nr. 2 UWG - Objektivitätsgrundsatz
  • I. Allgemeines
  • II. Eigenschaftsvergleich – „taz ist nicht für jeden“ eine nützliche Information?
  • III. Objektivität des Vergleichs – Darstellung des BILD-Lesers eine rein subjektive Wertung?
  • E. § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG
  • I. Allgemeines
  • II. „taz“ – Werbespot
  • F. Fazit
  • 4. Kapitel Meinungsäußerungsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 11 GRCh, Art. 10 EMRK
  • § 8 Allgemeines
  • § 9 Grundrechtskonforme Auslegung - Geltung der Grundrechte im Zivilrecht
  • A. Allgemeines
  • B. Mittelbare Drittwirkung der Grundrechte des Grundgesetzes
  • C. Unionsgrundrechtskonforme Auslegung
  • I. Unionsgrundrechte – Entwicklungslinien
  • II. Unionsgrundrechtskonforme Auslegung
  • § 10 Rechtsprechungsübersicht - kommerzielle Meinungsäußerungsfreiheit
  • A. Schutzbereich
  • I. Art. 5 I S. 1 - Rechtsprechung des BVerfG
  • 1. Allgemeines
  • a) „Meinung“ im Rechtssinn
  • b) Wirtschaftswerbung
  • 2. Rechtsprechung des BVerfG
  • a) Benetton I
  • b) „Therapeutische Äquivalenz“
  • 3. Stellungnahme
  • II. Art. 11 GRCh – EU – Grundrecht
  • 1. Allgemeines
  • a) Unionsgrundrechte
  • b) „Meinungsäußerung“ i.S.v. Art. 11 GRCh
  • 2. Kommerzielle Äußerungen
  • a) Rechtsprechung EGMR
  • b) Rechtsprechung EuGH
  • 3. Stellungnahme
  • C. Rechtfertigungsebene
  • I. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung nach Art. Abs. 2 GG
  • 1. Allgemeines
  • 2. § 6 UWG als allgemeines Gesetz i.S.d. Art. 5 Abs. 2 GG
  • 3. Schranken – Schranke der Wechselwirkungslehre
  • a) Allgemeines
  • b) Rechtsprechung des BVerfG
  • aa) Benetton I, II
  • bb) Therapeutische Äquivalenz
  • cc) Tier- und Artenschutz
  • dd) Anonymer Preisvergleich
  • 4. Stellungnahme
  • II. Rechtfertigungsebene – Unionsgrundrecht, Art. 11 GRCh
  • 1. Allgemeines
  • 2. Rechtsprechung des EGMR
  • a) Gesetzesvorbehalt
  • b) Schranken-Schranke
  • aa) „legitimes Ziel“
  • bb) „Unentbehrlich in einer demokratischen Gesellschaft“
  • aaa) „markt intern Verlag GmbH u. Klaus Beermann“
  • bbb) „Hertel vs. Schweiz“
  • ccc) „Krone Verlag GmbH & CoKG“
  • c) Stellungnahme
  • 3. Rechtsprechung des EuGH
  • a) Gesetzesvorbehalt
  • b) legitimes Ziel
  • c) Interessenabwägung
  • aa) Allgemeines
  • bb) RTL
  • cc) Karner
  • d) Stellungnahme
  • III. Zusammenfassung
  • § 11 Anwendungsbereich der Unionsgrundrechte
  • A. Kollisionsnormen der EU - Charta
  • B. Fazit
  • § 12 Der fehlende effektive Grundrechtsschutz des EuGH im geschäftlichen Verkehr am Beispiel der vergleichenden Werbung
  • A. Einführung
  • B. Grundrechtsschutzdefizit im geschäftlichen Verkehr am Beispiel vergleichender Werbung
  • I. Voraussetzungen des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 - Struktursicherungsklausel
  • 1. Allgemeines
  • 2. Gesamtbetrachtung
  • 3. Schutz des Wesensgehalts
  • 4. „Generell und offenkundig“
  • II. Im Wesentlichen vergleichbarer Grundrechtsschutz im Falle von kommerzieller Werbung
  • III. Fazit
  • § 13. Fallgruppen – Grundrecht der Meinungsfreiheit als Motor eines liberaleren Verständnisses?
  • A. Allgemeines
  • B. „Schlechter Geschmack“
  • I. BVerfG
  • 1. Konkrete Beeinträchtigung des Rechtsguts
  • 2. Parallelen zur „Entkleidungsrechtsprechung“ des BVerfG
  • II. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
  • C. Imagewerbung
  • I. BVerfG
  • II. EGMR
  • D. Fazit
  • 5. Kapitel Eine liberalere Rechtsanwendung vergleichender Werbung – Mehr Freiheit wagen!
  • § 14 Einführung
  • § 15 Richtlinienkonforme Auslegung
  • A. Allgemeines
  • B. Art. 4 der Richtlinie 2006/114/EG - Zulässigkeits- oder Verbotskatalog
  • I. Allgemeines
  • II. Zulässigkeits- oder Verbotskatalog
  • 1. Argumente gegen die Annahme eines Verbotskataloges
  • 2. Argumente für die Annahme eines Verbotskataloges
  • III. Stellungnahme
  • C. Restriktive Auslegung des Anwendungsbereichs des § 6 UWG?
  • I. Allgemeines
  • II. Vergleichende Bezugnahme auf einen Mitbewerber bzw. seine Waren oder Dienstleistungen
  • D. Bagatellklausel im Anwendungsbereich vergleichender Werbung
  • I. Allgemeines
  • II. Streit in der Lehre
  • 1. Argumente gegen die Anwendung einer Bagatellklausel im Anwendungsbereich des § 6 UWG
  • 2. Argumente für die Anwendung einer Bagatellklausel im Anwendungsbereich des § 6 UWG
  • III. Stellungnahme
  • § 16 Rechtspolitische Kritik am allgemeinen Informationsgebot im Rahmen vergleichender Werbung
  • A. Kritik an § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG
  • I. Einführung
  • II. Rechtspolitische Erwägungen
  • 1. Aus Gründen der Markttransparenz
  • a) Moderne Informationsökonomie
  • b) Signal der Imagewerbung
  • 2. Aus Gründen der Wettbewerbsförderung
  • 3. Aus Gründen des Leitbildes des informierten Durchschnittsverbrauchers
  • III. Fazit
  • B. Kritik am Kennzeichenschutz nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG
  • I. Einführung
  • II. Rechtspolitische Erwägungen
  • Beispiele
  • 1. Humorvolle Anlehnung an fremde Werbeslogans
  • 2. Verwendung eines fremden Maskottchens
  • III. Fazit
  • § 17 Humorvolle vergleichende Werbung – de lege ferenda
  • 6. Kapitel Rechtsvergleichung mit den USA und Großbritannien
  • § 18 Einführung
  • § 19 Humorvolle vergleichende Werbung in Großbritannien
  • A. Allgemeines
  • B. Rechtslage vergleichender Werbung vor Umsetzung der RL 2006/114/EG
  • I. Markenrechtliche Bewertung
  • II. Deliktsrechtliche Bewertung – Common Law
  • III. Selbstverwaltungskontrolle
  • C. Rechtslage vergleichender Werbung nach Umsetzung der RL 2006/114/EG
  • D. Fazit
  • § 20 Humorvolle vergleichenden Werbung in den USA
  • A. Allgemeines
  • B. Rechtslage im Hinblick auf vergleichende Werbung
  • I. Verwaltungsrechtliche Regelungen – Federal Trade Commission
  • II. „National Advertising Division of the Better Business Bureau“ (NAD)
  • III. Civil Court
  • 1. Allgemeines
  • 2. Anspruchsgrundlage – Lanham Act 43 (a)
  • 3. Rechtslage im Hinblick auf humorvolle Werbevergleiche
  • a) Irreführung
  • b) Kennzeichenschutz
  • C. Fazit
  • § 21 Stellungnahme
  • § 22 Schlussfolgerungen
  • Literaturverzeichnis

← 16 | 17 → Der Humor in der vergleichenden Werbung

Ich will lieber mit Weisen irren,
als mit Unwissenden Recht zu behalten.“

(Marcus Tullius Cicero, röm. Philosoph, 106 v. Chr.-43 v. Chr.)

“Die zehn Gebote sind deswegen so kurz und logisch,
weil sie ohne Mitwirkung von Juristen
zustande gekommen sind.”

(Charles de Gaulle, franz. Staatspräsident, 1890-1870)

Philosoph

§ 1 Einleitung

A. Problemstellung

Von dem Schriftsteller Sigismund von Radecki ist die Aussage bekannt „Deutscher Humor ist, wenn man trotzdem nicht lacht.“ Bei aller Klischeehaftigkeit dieses Zitats findet sich auch hier, wie so häufig durchaus ein wahrer Kern. So gab es in der näheren Vergangenheit tatsächlich zahlreiche Urteile, die das Bild des humorlosen Deutschen bestätigten. Dabei tut sich die deutsche Gerichtsbarkeit in besonderem Maße mit satirischen Darstellungen schwer. Schon Kurt Tucholsky beschwerte sich, sobald in Deutschland einem ein guter Witz gelinge, sitze halb Deutschland auf dem Sofa „und nimmt übel1. Auf diesem Sofa nehmen – um im Bild zu bleiben – im Falle der humorvollen vergleichenden Werbung noch einige mehr Menschen Platz. Die vergleichende Werbung galt in Deutschland über viele Jahre - namentlich seit dem berühmten Hellegold Urteil des Reichsgerichts im Jahre 1931 - als unzulässig. Es bedurfte des Anstoßes aus Europa in Form einer europäischen Richtlinie, um die deutsche Rechtswissenschaft nach über 80 Jahren mit dem Vergleich aus kommerziellen Gründen zu versöhnen. Seit der Umsetzung der Richtlinie 97/55/EG am 14.9.2000 ist der Werbevergleich damit grundsätzlich zulässig. Dennoch: Auch 10 Jahre nach ihrer gesetzlichen Kodifizierung ist die vergleichende Werbung in der deutschen Werbelandschaft noch nicht richtig heimisch geworden. Auch weiterhin ist ein Unbehagen mit dieser Werbeform allenthalben festzustellen. Dieses latent vorhandene Unbehagen steigert sich noch weiter desto humorvoller, bissiger und ironischer der ← 17 | 18 → Werbevergleich ausgestaltet ist. Da es nicht im Interesse eines Unternehmens liegt, in einer fremden Werbung „als Mittel zur Erhöhung der eigenen Leistungsfähigkeit des Anpreisenden verwendet zu werden2, stellt die europäische Richtlinie einige Voraussetzungen auf, die an eine zulässige vergleichende Werbung zu stellen sind. Vor dem Hintergrund dieses Kataloges ist insbesondere zu prüfen, ob ein humorvoller Werbevergleich den Verbraucher irreführt, den Objektivitätsgrundsatz verletzt, auf unlautere Weise den guten Ruf der Kennzeichen des Mitbewerbers ausnutzt bzw. beeinträchtigt oder den Mitbewerber bzw. seine Waren oder Dienstleistungen auf unlautere Weise herabsetzt. Es ergibt sich aus der Natur der Sache, dass es der Humor in diesem rechtlichen Umfeld nicht leicht hat, ist es doch gleichsam eines der Wesensmerkmale des Humors zu übertreiben, zu überspitzen oder zu verzerren. Bedenkt man die zurückgelegte Wegstrecke in Deutschland - mit einem Unlauterkeitsvorwurf auch im Falle eines wahrheitsgemäßen Leistungsvergleichs - kann ein gewisses Unbehagen deutscher Gerichte mit dieser Form vergleichender Werbung auch nicht verwundern. Es ist letztlich dieses Unbehagen, das Thema der vorliegenden Arbeit sein soll. Denn so zahlreich die Veröffentlichungen zum Themenkomplex der vergleichenden Werbung auch sind, es fehlt an einer detaillierten Auseinandersetzung mit dem Aspekt des Humors, der satirischen Überspitzung, der ironischen Anklänge in der vergleichenden Werbung. Auch hat dieser Teilaspekt der vergleichenden Werbung durch ein Urteil des BGH3 („Gib mal Zeitung“) in jüngster Zeit einen weiteren Impuls erfahren. Die Rechtsprechung ist im Hinblick auf humorvolle vergleichende Werbung von einer weitreichenden Einzelfallbetrachtung geprägt. Da zu dieser an und für sich richtigen Orientierung am Einzelfall jedoch eine gewisse Widersprüchlichkeit in der Rechtsprechung hinzukommt, ist die zwangsläufige Folge ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit. Verständlicherweise führt dies zu einem eher vorsichtigen Umgang der Werbepraxis mit humorvollen Werbevergleichen. Der Humor ist eine in rechtlicher Hinsicht unberechenbare Größe und es fällt schwer sich der Ansicht zu verschließen, die Frage der Zulässigkeit eines humorvollen Werbevergleichs sei zuweilen abhängig von dem Humor des jeweils Recht sprechenden Richters. In eben dieser Frage könnte das Urteil des BGH „Gib mal Zeitung“ einen wichtigen Wendepunkt markieren, jedenfalls aber für Verbesserungen sorgen. Auf der einen Seite bereits, da die höchstrichterliche Entscheidung einen offeneren und liberaleren Geist als viele vorherige Urteile zu diesem Thema atmet und auf der anderen Seite, da die ← 18 | 19 → Urteilsbegründung möglichweise eine gewisse Systematisierung im Bereich der humorvollen Werbevergleiche möglich machen könnte. Natürlich bleibt z.B. die Frage einer unlauteren Herabsetzung nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG auch weiterhin in hohem Maße einzelfallabhängig und dies auch völlig zu Recht. Eine schablonenhafte Betrachtung von Werbung verbietet sich im Lauterkeitsrecht generell. Dennoch möchte der Autor herausarbeiten, dass der richtige Einwand der Einzelfallbetrachtung keineswegs das Ende der Diskussion bedeuten darf. Es wird zu zeigen sein, dass sich durchaus prinzipielle und allgemeingültige Aussagen in diesem Bereich treffen lassen.

B. Gang der Untersuchung

Das Ziel der Untersuchung ist somit zum einen darzustellen, in welchen rechtlichen Grenzen humorvolle Werbevergleiche sich in Deutschland bewegen können. Zum anderen möchte sich die Arbeit aber nicht allein damit begnügen, den status quo systematisch darzustellen; vielmehr soll versucht werden zu zeigen, dass der Gesetzgeber bzw. die Rechtsprechung an verschiedenen Stellen der humorvollen vergleichenden Werbung durchaus einen größeren Spielraum zuge-stehen könnte bzw. sogar sollte.

Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel. Im ersten Kapitel soll die Werbeform der vergleichenden Werbung näher beleuchtet werden. Dabei sollen sowohl der Tatbestand vergleichender Werbung als auch die historischen Wurzeln dieser Werbeform – gleichsam als Basis für die weitere Untersuchung – aufgezeigt werden. Im zweiten Kapitel wird der humorvolle Werbevergleich unter verschiedenen Gesichtspunkten – marketingspezifischen, ökonomischen und rechtlichen – dargestellt. Die rechtliche Ebene wird hier insbesondere durch einen Blick auf zurückliegende Urteile verdeutlicht. Ist damit der status quo ante humorvoller Werbevergleiche dargestellt, wirft die Arbeit in Kapitel 3 nun einen Blick auf das durchaus Aufsehen erregende Urteil des BGH „Gib mal Zeitung“. Wie bereits angedeutet, schlägt der BGH hier einen deutlich liberaleren Ton gegenüber humorvollen Werbevergleichen an. Die für deutsche Verhältnisse bissige und provokante Werbung der Tageszeitung taz sowie das überraschend wohlwollende Urteil des BGH lohnen hier eine tiefer gehende Auseinandersetzung.

Klang die grundrechtliche Dimension lauterkeitsrechtlicher Werbebeschränkungen in dem Verfahren „Gib mal Zeitung“ bereits an, setzt sich das vierte Kapitel mit dem Spannungsverhältnis der freien Meinungsäußerung und den Schutzobjekten des lauteren Wettbewerbs auseinander. Es ist mittlerweile auf allen Ebenen der Grundrechtsrechtsprechung (EuGH, EGMR, BVerfG) anerkannt, dass auch kommerzielle Äußerungen in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit ← 19 | 20 → gehören. Der Autor wird sich in der Folge mit der Grundrechtsrechtsprechung des EuGH, EGMR sowie des BVerfG im Bereich der kommerziellen Werbung auseinandersetzen. Dabei werden deutliche Unterschiede in der Gewichtung und der Prüfungsdichte offenbar werden. Die grundrechtsbeschränkende Dimension von Werbeverboten wirft auch im Bereich der vergleichenden Werbung Fragen nach den Grenzen lauterkeitsrechtlicher Verbote auf.

Im fünften Kapitel schließen sich dann einige rechtspolitische Ausführungen an. Dabei wird sich der Autor insbesondere mit dem Objektivitätsgrundsatz der Richtlinie beschäftigen. Es wird die Frage zu stellen sein, ob dieser an verschiedenen Stellen des Zulässigkeitskataloges des § 6 Abs. 2 UWG erkennbare Rechtsgrundsatz - vor dem Hintergrund der Schutzgüter des Lauterkeitsrecht - tatsächlich seine Berechtigung findet.

Die Arbeit abschließen wird ein Rechtsvergleich mit den Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritannien. Die USA bieten sich als Vergleichsgegenstand aufgrund ihrer sehr liberalen Rechtslage im Falle vergleichender Werbung an. Großbritannien gewinnt Beachtung aufgrund der Tatsache, dass hier vor der Umsetzung der Richtlinie 2006/114/EG eine im Vergleich zu Deutschland liberalere Rechtslage bestand. Im Gegensatz zu Deutschland bedeuteten die Vollharmonisierung und der Verbotskatalog der Richtlinie somit eine Verschärfung der Regulierung vergleichender Werbung. Es dürfte spannend sein zu untersuchen, ob die britischen Gerichte – vor dem Hintergrund ihrer Geschichte – das vollharmonisierte Recht vergleichender Werbung erkennbar liberaler anwenden als ihre deutschen Kollegen.

____________________

1Tucholsky (1919): „Was darf Satire“?

2RG GRUR 1931, 1299 (1301) – Hellegold.

3BGH Urt. v. 1.10.2009 – I ZR 134/07 – „Gib mal Zeitung.

← 20 | 21 → 1. Kapitel
Vergleichende Werbung

Your true value depends entirely
on what you are compared with

(Bob Wells, amerik. Moderator)

§ 2 Tatbestand der vergleichenden Werbung, § 6 UWG

A. Allgemeines

Da sich im Bereich der vergleichenden Werbung in den letzten Jahren durchaus neue Entwicklungen gezeigt haben, dürfte es sich lohnen, zunächst den „latest state of art4 im Bereich des § 6 UWG darzustellen. Nach § 6 Abs. 1 UWG entspricht die vergleichende Werbung jeder Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. Der deutsche Gesetzgeber hat die Formulierung von Art. 2 lit. c) der Richtlinie 2006/114/EG5 wortgleich übernommen. Der Tatbestand der vergleichenden Werbung ist damit denkbar weit gefasst. Dies entspricht auch der Intention des europäischen Richtliniengebers, wie sich aus dem achten Erwägungsgrund der Richtlinie ergibt:

Der Begriff der vergleichenden Werbung‘ sollte breit gefasst werden, so dass alle Arten der vergleichenden Werbung abgedeckt werden.“

B. Tatbestandsmerkmale vergleichender Werbung

I. Werbung

Der Tatbestand der vergleichenden Werbung setzt zunächst voraus, dass es sich bei der vorliegenden Äußerung um Werbung i.S.d. Lauterkeitsrechts handelt. Eine differenzierende Analyse der verschiedenen Formen der Wirtschaftswerbung ist im Rahmen der lauterkeitsrechtlichen Bewertung nicht notwendig6. Nach der Legaldefinition des Art. 2 lit. a der Richtlinie 2006/114/EG ist Werbung

jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern.“

Details

Seiten
244
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653044843
ISBN (ePUB)
9783653983623
ISBN (MOBI)
9783653983616
ISBN (Hardcover)
9783631653180
DOI
10.3726/978-3-653-04484-3
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (August)
Schlagworte
Sachlichkeitsgebot Imagewerbung Werbevergleiche Meinungsfreiheit
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 244 S., 3 s/w Abb.

Biographische Angaben

David Preisendanz (Autor:in)

David Preisendanz studierte Rechtswissenschaften an der Universität Konstanz und forschte im Bereich deutsches und europäisches Wirtschafts-, Wettbewerbs- und Regulierungsrecht an der Freien Universität Berlin. Derzeit arbeitet er als Rechtsanwalt in Frankfurt am Main.

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Titel: Der Humor in der vergleichenden Werbung
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