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Materialität und Medialität der sprachlichen Kommunikation / Materiality and Mediality of Linguistic Communication

Akten des 47. Linguistischen Kolloquiums in Olsztyn 2012 / Proceedings of the 47th Linguistics Colloquium in Olsztyn 2012

by Ewa Zebrowska (Volume editor) Mariola Jaworska (Volume editor) Dirk Steinhoff (Volume editor)
©2015 Edited Collection 481 Pages
Series: Linguistik International, Volume 32

Summary

Dieser Band versammelt Beiträge des 47. Linguistischen Kolloquiums an der Universität Olsztyn (Polen) zum Thema Materialität und Medialität der sprachlichen Kommunikation. In den beiden letzten Jahrzehnten haben die Medien in allen Lebensbereichen immer mehr an Bedeutung gewonnen. Die Wahl des Rahmenthemas trägt dem Rechnung und macht zugleich deutlich, dass sich auch die sprachwissenschaftliche Forschung zunehmend für Formen und Inhalte medialer Kommunikation interessiert, indem sie sprachliche Äußerungen in ihrem kommunikativen, funktionalen und kulturellen Kontext zum Gegenstand der Untersuchung macht.
This volume encompasses contributions of the 47th Linguistics Colloquium at the University of Olsztyn (Poland) concerning the Materiality and Mediality of Linguistic Communication. In the last two decades, linguists have expressed a growing interest in the increasing presence of the media in all areas of life. Against this background, linguistic utterances in their communicative, functional, medial and cultural context have become subjects of research.

Table Of Contents

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhalt
  • Vorwort
  • Plenarbeitrag
  • Variation und Selektion – semiotische Systeme in Weblogs
  • Referenten-Beiträge
  • Kognitive Basis der Nomen-Verb-Konversion im Englischen und Deutschen
  • Vague language as a means of self-protection: A fresh look at disclaimers in political discourse
  • Visual manifestations of the Irish language in Ireland: Form and extent
  • Die Inhaltsebene bei Online-Zeitungen
  • Die integrative Sprachfunktion im Kontext der Präsidentenwahl in Frankreich
  • Material realization vs. material zero-realization of cognitive contents as rhetorical strategies
  • Zur (text)linguistischen Analyse von Rezensionen im Internet. Zur Charakteristik der Textsorte “Rezension”
  • Das sog. Wirtschaftsdeutsch, analysiert an einem Wirtschaftsmagazin - Konfrontation der fachinternen mit der fachexternen Kommunikation
  • The representation of accents of English in New English Literatures – challenges and strategies
  • On the representation of SPATIAL MOVEMENT in the English language
  • Ein Beispiel für einen interkulturellen ‚switch-over‘ in früher Zeit – Die Prägung der germanischen Wochentagenamen
  • Herta Müllers Rhetorik in der Übersetzung
  • Phonetikdarstellung in DaF-Lehrwerken für polnische Lernende. Eine exemplarische Analyse
  • Gewebt oder gewoben? Ein Zweifelsfall im deutschen Konjugationssystem
  • Zur Übersetzung von Wirtschaftstexten
  • Textkomponente des wissenschaftlichen Diskurses
  • Sind Emoticons eine neue lingua franca? Kontrastive Analyse des polnischen und deutschen Emoticons-Kodes
  • Zum perfektiven Aspekt im Sprachvergleich (Polnisch : Deutsch)
  • Das lexikalische Paradigma als Instrument der Analyse des politischen Diskurses
  • Foreign language anxiety and achievement in writing skill of monolingual and bilingual EFL learners
  • Language, Religion, and Identity (on the example of the Grodno Diocese)
  • Kurzworttypologie – ein bisschen anders
  • Medialität und Materialität der Sprache und des Textes. Ein kreatives Chaos?
  • „Eh, ich sing’ ja nicht, um gehört zu werden“. Ein Beitrag zur Bedeutungskonstitution idiolektaler Ausdrücke am Beispiel gesungener Texte aus dem polnischen West-Roztocze
  • Die Textsorte Stellenanzeige im 18. und 19. Jahrhundert
  • Zur Entwicklung der deutschen verbalen Flexion
  • The computation of symmetric and asymmetric word associations
  • „Der Künstler ist anwesend“: digitale Präsentationen der Netzkunst als textuell-bildliches Gefüge
  • Zur prekären Beziehung von Materialität und Bedeutung sprachlicher Äußerungen
  • Structure and evaluation of professional competence
  • Word meaning change in the context of Construction Grammar
  • Nature or convention? Animal cognitive models and their names in English and Polish.
  • Materiality of the Japanese language and the Polish learner: Motivating and demotivating factors
  • Konzeptuelle Metaphern als ideell-materielles Medium zwischen Denken und Sein
  • Kommunikative Lesekompetenz erwerben durch authentische Texte (am Beispiel des Buches von Reinhold Ziegler „Groß am Himmel“)
  • Potenzial von E-Learning-Produkten im Fremdsprachenunterricht
  • Chinese-based lexicon in Singapore English and Singapore-Chinese culture
  • (Er)Klärungsversuche zum Problem Äußerung und Aussage im Diskurs auf der Basis von Michel Foucault
  • „Wås i måg is der Donnerstalk – Sprachwitz und Wortspiel im Kontext und in den Texten deutschsprachiger Kabarettisten“
  • Transformationsverfahren bei der Übersetzung von Diminutiven
  • Erweitertes Partizipialattribut und Relativsatz: Ein Fall syntaktischer Synonymie
  • Autorenverzeichnis

← 10 | 11 →Vorwort

Der vorliegende Band erscheint als Ergebnis des 47. Linguistischen Kolloquiums, das vom 6. bis zum 8. September 2012 in Olsztyn stattgefunden hat. Die Konferenz wurde vom Institut für Germanistik der Universität Olsztyn organisiert und fand nach Poznań und Gdańsk zum dritten Mal in Polen statt. Organisatorinnen waren Mariola Jaworska, Anna Dargiewicz, Magdalena Thien und Ewa Żebrowska, die Leiterin des Organisationsteams. Die fast 70 Teilnehmer und Teilnehmerinnnen stammten aus fünfzehn Ländern, darunter sogar einige aus Japan und Singapur. An der feierlichen Eröffnung hat der Rektor der Universität Olsztyn sowie der Dekan der Geisteswissenschaftlichen Fakultät teilgenommen. Ein ganz besonderer Gast war die deutsche Generalkonsulin Anne Klein aus dem Deutschen Generalkonsulat in Gdańsk.

Zur langen Tradition des Kolloquiums gehört, das Rahmenthema der Tagung eher breit festzulegen, was sich auch in diesem Fall bewährt hat. Seit einigen Jahren steigt das Interesse an der Materialität und Medialität der sprachlichen Kommunikation, dies wird unter anderem durch die immer wachsende Anwesenheit der Medien in allen Lebensbereichen beeinflusst. Das Web 2.0 und 3.0 hat auch zur allgegenwärtigen Präsenz der digitalen elektronischen Medien beigetragen.

Vor diesem Hintergrund werden sprachliche Äußerungen in ihrem kommunikativen, funktionalen, medialen und kulturellen Kontext zum linguistischen Forschungsgegenstand, also Sprache in ihrem tatsächlichen, lebensweltlich verankerten Gebrauch. Das, was physisch und real ist, was erfahrbar und innerhalb der Linguistik beschreibbar ist, sind konkrete Äußerungen, Texte, Gespräche, mündliche und schriftliche Überlieferungen, also reale sprachliche Objekte, die immer stärker in der Umgebung von Medien verschiedener Art erscheinen. Sprachliches materialisiert sich primär phonisch, sekundär graphisch. Auf der einen Seite haben wir es also mit dem Gesprochenen zu tun, das flüchtig ist und vergeht, auf der anderen Seite hat sich die Schrift entwickelt, die es erlaubt, die Sprache aus der auditiven in die visuelle Domäne zu überführen und das kulturelle und soziale Wissen zu externalisieren und zu objektivieren.

Die soziohistorischen, kulturellen und material-medialen Bedingungen, unter denen sich Sprache und Kommunikation realisieren, gehören heutzutage zu den wichtigen Fragestellungen innerhalb der Linguistik. Es haben sich bestimmte Routinen und Praktiken der Sprachproduktion sowie mediale Technologien zum ← 11 | 12 →Wort herausgebildet, was intensiv unter den verschiedenen Blickwinkeln thematisiert wird. Eine linguistische Perspektive hat in dieser Reflexion ihren etablierten Platz, wovon auch das 47. Kolloquium zum Rahmenthema Materialität und Medialität der sprachlichen Kommunikation zeugen kann.

Auf diese Problematik gehen viele Autoren und Autorinnen in dem vorliegenden Band ein, darüber hinaus betreffen ihre Beiträge auch andere Thematiken, die den traditionellen linguistischen Subdisziplinen zuzuordnen sind. Insgesamt wurden über sechzig Vorträge gehalten, von denen zweiundvierzig für die Publikation eingereicht wurden und im vorliegenden Band im Druck erscheinen. Da diese Beiträge sich sehr ungleich auf die Sektionen der Tagung verteilten, haben wir uns für die alphabetische Gliederung nach Verfassern entschieden.

In das Rahmenthema leitet der Plenarvortrag Variation und Selektion – semiotische Systeme in Weblogs von Prof. Christina Gansel von der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald ein, in welchem an ausgewählten Beispielen von Beauty-Blogs der Frage nachgegangen wird, wie Computer und Internet unsere Wissens- und Symbolsysteme und die Produktion wie Auslegung von Sinn variieren und welche Formselektionen (Textsorten, Textmuster, Sprachhandlungen oder lexikalische Elemente) daraufhin genutzt werden. Direkt an das Rahmenthema knüpft auch Roman Opiłowski an, indem er die Grenze zwischen der Materialität und Medialität von Texten zieht und auf die Begriffe der Multimedialität und –modalität näher eingeht. Der mit den neuen Medien verbundenen Problematik widmen sich auch folgende Autoren und Autorinnen: Ioana-Narcisa Creţu, die sich mit der Inhaltsebene von Online-Zeitungen befasst; Paweł Rybszleger, der auf die digitale Präsentationen der Netzkunst eingeht; Marijka Dimitrova, die Rezensionen im Internet linguistisch analysiert; Paweł Szerszeń, der für die Anwendung von E-Learning-Produkten im Fremdsprachenunterricht plädiert.

Weitere Autoren und Autorinnen rücken diverse Fragestellungen zum Diskurs in den Vordergrund (Angelika Bergien, Manfred Uesseler, Evgeniya Kakzanova, Izabela Kujawa und Anna Dajlidko), wobei Paul Danler stärker rhetorische Strategien thematisiert. Mit unterschiedlichen Aspekten und Praktiken des Übersetzens beschäftigen sich Klaus-Dieter Gottschalk, Irina Ivanova und Bisserka Veleva. Einige Beiträge sind mit den phonetischen, prosodischen, syntaktischen und morphologischen Fragestellungen der Systemlinguistik zuzuordnen (Karin Ebeling, Mihály Harsányi, Andrzej Kątny, Márta Murányi-Zagyvai, Marta Radojewska-Woźniak, Heinrich Weber). Im Bereich der Glottodidaktik und/oder der Fremdsprachendidaktik bewegen sich die Artikel von Beata Grzeszczakowska-Pawlikowska, Vladimir Legac, Oleg Shabanov, Danuta Stanulewicz und Ida Sukhova sowie der oben schon genannte Paweł Szerszeń. Anna Cisło befasst sich mit der besonderen Form des Bilingualismus in Irland. Schließlich stützen sich die Beiträge von Rafał ← 12 | 13 →Augustyn, Joanna Dubiec-Stach, Marina Fomina, Jörg Füllgrabe, Anna Kapuścińska, Oliver Pfefferkorn, Maria Lojko, Grzegorz Pawłowski, Reinhard Rapp, Olga Sokołowksa, Tatiana Shabanova, Alexander Scholz, Valentina Stepanenko, Adrian Tien und Reinhold Utri auf Ansätze weiterer Teildisziplinen der Linguistik, wie der Soziolinguistik, Pragmatik, der (historischen) Semantik, der kognitiven Linguistik sowie der anthropozentrischen Linguistik.

An dieser Stelle ist alldenjenigen zu danken, dank denen das Kolloquium zustande gekommen ist: dem ganzen Organisationsteam sowie Anna Dajlidko, Marta Gierzyńska und Izabela Kujawa, die bei der Durchführung der Tagung mitgeholfen haben. Englischsprachige Beiträge dieses Bandes hat Dr. Anna Drogosz und deutschsprachige der DAAD-Lektor Dirk Steinhoff redigiert, wofür beiden besonderer Dank gebührt.

Olsztyn, im Januar 2014

Ewa Żebrowska← 13 | 14 →

← 16 | 17 →Variation und Selektion – semiotische Systeme in Weblogs

Christina Gansel (Greifswald)

1. Vorbemerkung

In einer überdisziplinären Textwissenschaft sieht Beaugrande (1997: 9) drei Aspekte vereinbar – den linguistischen, den kognitiven und den sozialen. Nach Fix (2011: 54) schließt Soziales Kulturelles ein und somit wird Textsorten unter Berufung auf Antos/Pogner grundsätzlich ein kultureller Status zugesprochen. Die Autoren stellen Folgendes fest:

„vor allem in der Ethnographie, der Kultursemiotik, der Wissenssoziologie, der Systemtheorie und dem Konstruktivismus werden Kulturen primär als Symbolsysteme, d.h. als Wissens-, Bedeutungs- oder Sinnsysteme konzipiert, die soziales Handeln erst ermöglichen, indem sie auf Dauer überindividuelle Wirklichkeitskonstruktionen vorgeben, Orientierungsmuster anbieten und Identität(en) konstituieren“ (Antos/Pogner 2003: 396).

In meinem Beitrag orientiere ich mich an der im Zitat benannten Systemtheorie und verzichte bewusst auf den „kulturellen“ Status von Textsorten. Vielmehr möchte ich ihren sozialen Status als Kommunikationen in Hinblick auf die Konstitution von sozialen Systemen als Sinnsystemen hervorheben. Bezugspunkt für Textsorten ist also in diesem Beitrag nicht ein Kulturbegriff, sondern das soziale System, das auf der Operation der Kommunikation basiert.

Ausgehend von Rudi Kellers Theorie der unsichtbaren Hand schließt der Beitrag an Niklas Luhmanns Evolutionstheorie mit dem Ziel an, die Mechanismen evolutionärer Prozesse (Variation, Selektion und Restabilisierung) sichtbar zu machen und im Rahmen des integrativen Wandels von Medien und Textsorten mit der Bildung sozialer Systeme zu verbinden. Der Bezug auf einen soziologischen Medienbegriff und seine Ebenen ist für dieses Ziel produktiv. Die Trennung von Variation und Selektion einerseits sowie Selektion und Restabilisierung andererseits soll am Beispiel von Beautyblogs illustriert und auf individuelles (Sozialintegration) und systemspezifisches (Systemintegration) Medienhandeln zurückgeführt werden.1

← 17 | 18 →2. Evolutionstheoretische
Grundlagen – von Rudi Keller zu Niklas Luhmann

Rudi Kellers „Theorie der unsichtbaren Hand“ und Niklas Luhmanns Evolutionstheorie verbindet, dass beide in neodarvinistischer und sozialwissenschaftlicher Tradition evolutionäre Mechanismen auf Fälle „(sozio-)kultureller Evolution“ wie Sprache, Kommunikation und Gesellschaft beziehen und nach den Mechanismen solcher evolutionären Prozesse fragen (vgl. Keller 1990: 175). Keller und Luhmann machen einsichtig, dass evolutionäre Prozesse „Stase und Dynamik“ (Keller 1990: 176) umfassen bzw. von einem bestimmten Zustand der Stabilität her (vgl. Luhmann 1998: 428) gedacht werden. „Um von Wandel überhaupt sinnvoll reden zu können, muß Stabilität vorhanden sein“, so Keller (1990: 128). Erst vor dem Hintergrund der Stabilität wird Wandel (Dynamik) sichtbar.

Ein evolutionärer Prozess darf nicht teleologisch sein, er erfolgt also nicht kontrolliert. Es muss sich um einen kumulativen Prozess handeln (vgl. Keller 1990: 179). Auch Luhmann verzichtet auf eine kausalgesetzliche Erklärung von Evolution und schreibt in seiner Theorie der Irritierbarkeit von Systemen eine besondere Rolle zu.

In Die Gesellschaft der Gesellschaft (1998) sagt Luhmann nicht nur, dass Gesellschaft Kommunikation ist, sondern er sagt auch: „Gesellschaft ist das Resultat von Evolution“ (1998: 413). Gesellschaft ist somit gleichfalls das Ergebnis der Evolution von Kommunikation, denn gesellschaftliche Strukturen finden in Kommunikation ihre Basis. „Seitdem es Sprache gibt“, so Luhmann weiter, „(hat) die Menge der kommunikativen Ereignisse zugenommen“ (1998: 416) und diese trägt somit zur Konstituierung von Gesellschaft bei. Mit seiner Evolutionstheorie möchte Luhmann „Strukturveränderungen“ der Gesellschaft erklären. Deshalb handelt es sich nach Luhmann bei der Evolutionstheorie um eine „Theorie des geschichtlich einmaligen Aufbaus von Systemen“ (1998: 416).

Der Bezug auf soziale Systeme und deren Irritierbarkeit findet sich bei Keller nicht ausformuliert. Kellers Bezugspunkte sind Sprache und Sprachbenutzer, dennoch sind Irritierbarkeit und Soziales gleichfalls in der Theorie Kellers angelegt.

Die Dynamik des evolutionären Prozesses zeigt sich nun in dem Zusammenspiel von Variation und Selektion, die als dritte Bedingung für Sprachwandel genannt wird (vgl. Keller 1990: 179f.). Bezogen auf menschliche Sprache führt Keller (1990: 188) zwei Selektionstypen ein: die „soziale Selektion“ (betrifft die Person) und die „linguistische Selektion“ (betrifft sprachliche Einheiten). Das Überdenken ← 18 | 19 →der Wahl sprachlicher Mittel, die eine Person nicht zum Erfolg geführt hat, bildet den Ausgangspunkt für eine „Selektionsspirale: linguistische Selektion – soziale Selektion – Diagnose – linguistische Selektion – etc.“ (1990: 189).

Vor dem Hintergrund der Annahme einer Irritation oder Störung – Keller verwendet diese Begriffe nicht – wird der Zusammenhang von Selektion und Sprachwandel plausibel. In Kellers (1990: 125f.) Diskussion am Beispiel von englisch1 und englisch2 wird eine derartige Störung, ein „Homonymen-Konfliktpotential“ (1990: 126) ausgemacht, das letztlich Kommunizierende zu dessen Verarbeitung und zu Genauigkeit zwingt. Hier nun setzt ein Evolutionsprozess ein, nämlich eine Negativselektion (Nicht-Gebrauch von englisch im Sinne von engelsgleich), die zu eindeutigem Sprachgebrauch führt, englisch lediglich in der Bedeutung der Herkunft versteht und mit der Form engelhaft die Bedeutung von /engelsgleich/ in das System zur Bildung deutscher Adjektive des Vergleichens integriert. D.h. mit der Bildung des Vergleichsadjektivs wurde eine reproduzierbare positive Strukturselektion vorgenommen und somit das Homonymenpaar aufgelöst. Die Selektion bringt das Sprachsystem wiederum in einen stabilen Zustand. Einen solchen Endzustand einer Evolutionssequenz bezeichnet Luhmann als (Re)Stabilisierung (vgl. 1998: 428) und nimmt mit nun drei Begriffen eine Unterscheidung von Mechanismen der Evolution − Variation und Selektion – sowie der Funktion evolutionärer Prozesse – der Restabilisierung – vor. Restabilisierung und Irritation stellen grundsätzliche Erweiterungen zu Kellers Evolutionstheorie dar und sollen in dem Beitrag fokussiert werden.

Soziale Systeme bilden selbstreferentielle, autopoietische Sinnsysteme, die auf sich selbst bezogen mit den ihnen eigenen Elementen operieren. Autopoiesis als Merkmal psychischer und sozialer Systeme (Sinnsysteme) ist im Hinblick auf evolutionäre Prozesse mitzudenken. So sind es die unterschiedlichen Komponenten der Autopoiesis des Gesellschaftssystems, auf die Luhmann (vgl. 1998: 454f.) die unterschiedlichen Komponenten der Evolution bezieht:

„(1) Durch Variation werden die Elemente des Systems variiert, hier also die Kommunikationen. Variation besteht in einer abweichenden Reproduktion der Elemente durch die Elemente des Systems, mit anderen Worten: in unerwarteter, überraschender Kommunikation.

(2) Die Selektion betrifft die Strukturen des Systems, hier also Kommunikation steuernde Erwartungen. Sie wählt anhand abweichender Kommunikation solche Sinnbezüge aus, die Strukturaufbauwert versprechen, die sich für wiederholte Verwendung eignen, die erwartungsbildend und -kondensierend wirken können; und sie verwirft, indem sie die Abweichung der Situation zurechnet […] diejenigen Neuerungen, die sich nicht als Struktur, also nicht als Richtlinie für die weitere Kommunikation zu eignen scheinen.

(3) Die Restabilisierung betrifft den Zustand des evolierenden Sytems nach einer erfolgten, sei es positiven, sei es negativen Selektion. Dabei wird es zunächst um das ← 19 | 20 →Gesellschaftssystem selbst im Verhältnis zu seiner Umwelt gehen. […] Im weiteren Verlauf der gesellschaftlichen Evolution verlagert die Restabilisierungsfunktion sich dann mehr und mehr auf Teilsysteme der Gesellschaft, die sich in der innergesellschaftlichen Umwelt zu bewähren haben. Dann geht es letztlich um das Problem der Haltbarkeit gesellschaftlicher Systemdifferenzierung.“ (Luhmann 1998: 454 f.)

Die später heranzuziehenden Beispiele sollen zeigen, dass es der Operationsbezug, im Hinblick auf Gesellschaft also der Kommunikationsbezug ist, der die Strukturen der Gesellschaft der Evolution aussetzt (vgl. Luhmann 1998: 431). Das Prinzip der „unsichtbaren Hand“, wie es bei Keller ausformuliert wird, findet in der Evolutionstheorie Luhmanns im Prinzip der Irritierbarkeit von Systemen seine Entsprechung.

3. Soziologischer Medienbegriff und Erkenntnisinteresse

Ausgehend von einer Gesellschaft mit stabilen funktional ausdifferenzierten Teilsystemen (Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Recht u.a.; Organisationssysteme, Interaktionssysteme) wird der Frage nachgegangen, wie psychische und soziale Systeme mit den digitalen Verbreitungsmedien und Kommunikationstechnologien umgehen. Die Mediensoziologie verweist auf zwei Modi des Umgangs mit Medien – die „Sozialintegration“ und die „Systemintegration“2. Ein technikdeterminierter Medienbegriff allein greift für die Erschließung dieser Modi zu kurz. Deshalb orientiert sich der Beitrag an einem soziologischen Medienbegriff, mit dem neben der sozialen und situativen Einordnung der entsprechenden Kommunikate Fragen nach der Rolle dieser für die „Sozial- und die „Systemintegration“ gestellt werden können.

Ein soziologischer Medienbegriff in Luhmann’scher Prägung geht von der Unwahrscheinlichkeit von Kommunikation aus und definiert Medien im Zusammenhang mit ihrer Funktion, Unwahrscheinlichkeiten in Wahrscheinlichkeiten umzuformen.

„Diejenigen evolutionären Errungenschaften, die an jenen Bruchstellen der Kommunikation ansetzen und funktionsgenau dazu dienen, Unwahrscheinliches in Wahrscheinliches zu transformieren, wollen wir Medien nennen.“ (Luhmann 1988: 220, Hervorhebung im Original)

← 20 | 21 →Der Medienbegriff Luhmanns umfasst Sprache, Verbreitungsmedien und Erfolgsmedien3, auf die sich der Beitrag konzentriert. Diese Medien sind in folgender Weise dazu geeignet Kommunikation wahrscheinlicher zu machen:

Sprache gilt als Medium, „das das Verstehen von Kommunikation weit über das Wahrnehmbare hinaus steigert“ (Luhmann 1988: 220). Sprache ermöglicht Assoziationen über das unmittelbar Wahrgenommene und darüber hinaus.

Verbreitungsmedien wie Schrift, Druck und Funk lassen sich aufgrund von Sprache entwickeln. Sie erreichen eine immense Ausdehnung der Reichweite von Kommunikationsprozessen. „Die Verbreitungsmedien selegieren durch ihre eigene Technik, sie schaffen eigene Erhaltungs-, Vergleichs- und Verbesserungsmöglichkeiten, die aber jeweils nur auf Grund von Standardisierungen benutzt werden können.“ (Luhmann 1988: 221) In medienrevolutionärer Perspektive dehnen digitale Medien die Reichweite von Kommunikation enorm aus und erweitern die Möglichkeiten der Herstellung sozialer Kontakte.

Luhmann bezweifelt erst recht, dass Kommunikation durch die Entwicklung der Sprach- und Verbreitungstechnik zum Erfolg gelangen kann. Und in der Tat: ein Radiogerät kann abgeschaltet, ein Buch gegen ein anderes ausgetauscht werden oder Mediennutzer befinden sich im offline-Modus. Hier nun greifen Erfolgsmedien oder „symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien“ (Luhmann 1988: 222). Erfolgsmedien verwenden Generalisierungen, „um den Zusammenhang von Selektion und Motivation zu symbolisieren, das heißt: als Einheit darzustellen.“ (Luhmann 1988: 222) Als Beispiele nennt Luhmann Geld, Wahrheit, Glaube oder Liebe, die die „Befolgung des Selektionsvorschlages hinreichend sicherstellen“ (Luhmann 1988: 222).

Analysen im Falle von Medienevolutionen zielen „auf mediale Veränderungen als Prozessgeschehen von Variation, Selektion und Restabilisierung“ (Ziemann 2006: 27). „Die Evolutionstheorie sensibilisiert zudem stärker für Wechselwirkungsprozesse zwischen Medien und Gesellschaft“, so Ziemann (2006: 29) weiter. Und um derartige Wechselwirkungsprozesse soll es in diesem Beitrag weiterhin gehen. In mediensoziologischer Perspektive erscheint es also sinnvoll, „Medienerfindungen und Medienwandel nicht isoliert als technologische Prozesse zu begreifen, sondern sie grundständig ins Verhältnis mit gesellschaftlichen Strukturen, Anforderungen und Problemen zu setzen“ (Ziemann 2006: 25).

← 21 | 22 →Nicht nur die Technik der Verbreitungsmedien schlägt sich in Sprache nieder, sondern ebenso die symbolisch generalisierten Erfolgsmedien spiegeln sich in sprachlichen Strukturen wider.

In diesem Sinne möchte der Beitrag an ausgewählten Beispielen von Beauty-Blogs der Frage nachgehen, wie „die kulturellen Leit-und Begleitmedien (hier Computer und Internet – C. G.) unsere Wissens- und Symbolsysteme und die Produktion wie Auslegung von Sinn“ (Ziemann 2006: 29f.) variieren und welche Formselektionen (Textsorten, Textmuster, Sprachhandlungen oder lexikalische Elemente) daraufhin genutzt werden.

Um nun die evolutionären Verfahren Variation und Selektion sowie die Funktion der Restabilisierung auf den Zusammenhang von Medienwandel und Gesellschaftswandel anzuwenden, soll die evolutionäre Analyse auf der Mikroebene ansetzen. Dazu gilt es, Sprache, Texte und Textsorten sowie andere semiotische Systeme in ihren medialen Repräsentationen einzubeziehen. Wenn die Mikroanalyse den Zugriff auf Variation, Selektion und Restabilisierung erlauben soll, ist zunächst zu klären, wie die Mechanismen der Zeitdimension zu trennen sind.

Schrift erleichtert den primären Trennungsvorgang zwischen Variation und Selektion (vgl. Luhmann 1998: 498). Er wird einsichtig in den linguistischen Bemühungen, technikbasierte sprachliche Formen im Rahmen der Netzkommunikation zu erschließen.

Schwierig wird es, zwischen Selektion und Restabilisierung zu unterscheiden. Dazu notiert Luhmann: „Die Selektionen werden als Antworten auf Störungen und als Wiederherstellung einer Ruhelage, eines stabilen Gesellschaftszustandes begriffen.“ (Luhmann 1998: 498)

Der Begriff Restabilisierung bezeichnet „Sequenzen des Einbaus von Strukturänderungen in ein struktur-determiniert operierendes System“ (Luhmann 1998: 488).

Hier nun kann in textlinguistischer Perspektive analytisch angesetzt werden. Wenn soziale Systeme operieren, indem sie kommunizieren, sollten Strukturänderungen sich auf Sprache, Textsorten, Bilder beziehen können und einen bestimmten Effekt für das System bereitstellen. In einer systemtheoretisch orientierten Textsortenlinguistik haben wir Textsorten als Strukturen bestimmt. „Textsorten sind auf Kommunikation bezogene Strukturen, die Wiederholbarkeit der Kommunikation sichern und damit zur Selbstkonstitution eines Systems beitragen.“ (Gansel 2011: 30) Ein soziales System ist also auch durch die Textsorten determiniert, die sich für seine Kommunikationen herausgebildet haben.

Um beobachten zu können, wie die bereits angesprochene „Systemintegration“ erfolgt, sind weiterhin Erfolgsmedien (z.B. Geld) als wichtiger Aspekt heranzuziehen.

Bestimmte Funktionsbereiche lösen ihre Selektionsprobleme erfolgreicher als andere und können sich so rascher dem Tempo der modernen Gesellschaft anpassen. ← 22 | 23 →Ein Bereich, für den dies insbesondere zutrifft, ist die Wirtschaft und so wird im folgenden Abschnitt mit Beauty-Blogs auf Formen wirtschaftlicher Kommunikation eingegangen, wie sie durch digitale Medien und die computervermittelte Kommunikation unterstützt werden. Die Lösung von Selektionsproblemen ist nicht nur an den technischen Möglichkeiten zu messen, sondern an dem ausgewählten Beispiel lässt sich zeigen, wie sich gleichfalls das Erfolgsmedium Geld in Textstrukturen mit Hilfe unterschiedlicher semiotischer Systeme einschreibt.

4. Beauty-Blogs als Beobachtungsobjekt für die Trennung evolutionärer Mechanismen

Die in den vorangegangenen Abschnitten dargelegten theoretischen Zusammenhänge sollen im Folgenden an ausgewählten Beispielen aus Beauty-Blogs illustriert werden. Der Begriff des Blogs kann an dieser Stelle nicht umfassend erläutert werden. Vielmehr sind für den Rahmen des Beitrags wesentliche Aspekte herauszustellen. Schlobinski/Siever definieren wie folgt:

„Ein Weblog oder Blog ist medial in erster Linie ein Textmedium und technisch eine dynamische Website, die automatisch und mehr oder weniger periodisch neue Einträge entlang einer Zeitachse enthält. […] Sofern es ein prototypisches Weblog gibt, handelt es sich dabei um eine persönliche Website eines Autors, auf der Texte, Bilder und andere multimodale Elemente im Hinblick auf einen spezifischen thematischen Bereich (Monothematizität) veröffentlicht werden.“ (2005: 9)

Konstitutiv für Blogs sind weiterhin die Kommentarfunktion, Möglichkeiten der hypertextuellen Verknüpfung sowie die Bildung sozialer Vernetzungen (vgl. Schmidt/Schönberger 2005: 1). Neben den genannten Merkmalen ist ein „persönlicher Kommunikationsstil , mit dem persönliche Erfahrungen und Bewertungen ausgedrückt werden (vgl. Meckel 2008: 20), insbesondere für privat geführte Blogs als eine Organisationsform charakteristisch. Schmidt (2008: 71) differenziert Blogs der Organisationskommunikation weiterhin „als Instrument der politischen Kommunikation, der (internen wie externen) Unternehmenskommunikation, als Kanal eines alternativen Journalismus oder als Format für akademischen Informationsaustausch und Diskurs“. Es wird deutlich, dass Blogs in allen Teilbereichen der Gesellschaft als Instrument der Kommunikation mit der Umwelt in unterschiedlichen Zielsetzungen eingesetzt werden. In der Unternehmenskommunikation werden Blogs als Plattform für die eigene Öffentlichkeitsarbeit und die Markenkommunikation genutzt (vgl. Zerfaß/Boelter 2005: 121). Dabei setzt man auf den „redaktionellen Mehrwert“ (Bernet 2010: 110) für ein Produkt oder eine Dienstleistung.

← 23 | 24 →Die für den Beitrag ausgewählten Beauty-Blogs sind auf der Grundlage der benannten Charakteristika als private Blogs einzuordnen und häufig in übergeordnete Plattformen eingebunden. Da sie in enger Beziehung zu Unternehmen stehen, können sich diese ebenso von privaten Blogs in Hinblick auf die Markenkommunikation einen Mehrwert erhoffen.

4.1. Irritationen

Die bereits angesprochenen Modi des Medienumgangs, Sozial- und Systemintegration, lassen sich zunächst vor dem Hintergrund der Irritation von Systemen fassen. Luhmanns These ist es, dass der Übergang zur funktionalen Differenzierung „die Irritierbarkeit der Gesellschaft steigert, ihre Fähigkeit, auf Veränderungen der Umwelt rasch zu reagieren, zunehmen läßt […].“ (1998: 789) Weiterhin wird zum Begriff Irritation formuliert: „Er hat seinen theoretischen Ort in der These eines Zusammenhangs von operativer Schließung (Autopoiesis) und struktureller Kopplung von System und Umwelt.“ (Luhmann 1998: 790) Umweltwirkungen „determinieren“ nicht, sie werden mit systemeigenen Operationen verarbeitet. „Irritation ist danach ein Systemzustand, der zur Fortsetzung der autopoietischen Operationen des Systems anregt.“ (Luhmann 1998: 790) In dieser Perspektive können Kommunikationsformen wie der Blog Kommunikationsbedürfnisse von Individuen/Personen als psychischen Systemen zunächst einmal verstärken. Die Wahrnehmung der Mediennutzung und des Medienhandelns der anderen führt zur eigenen Überprüfung von Kommunikationsmöglichkeiten für eigene Zwecke. Geht man von privaten Blogs aus, so erscheint das Erlangen von Aufmerksamkeit als Aspekt individuellen Medienhandelns als Ansporn für die enorme Entwicklung, die private Blogs und damit auch Beauty-Blogs genommen haben. Die Pflege eines eigenen Schreibstils und die öffentliche Präsentation stellen eine entscheidende Variation im kommunikativen Handeln dar. Zeit- und ortsungebunden können durch individuelles Medienhandeln virtuelle soziale Netzwerke gebildet und damit Adressaten strukturell gekoppelt werden. Die Interaktivität der Kommunikationsform Blog sowie die Reflexivität von Kommunikation in ihr bewirken, dass aktuelle Kommunikationen auf ihre Produktivität hin überprüft und bewertet werden. Von Blogautorinnen und –autoren individuell gefilterte Kommunikationsinhalte und Selektionen bezüglich relevanter Inhalte erwecken den Eindruck von Authentizität, Unabhängigkeit, Transparenz und auch Emotionalität, die nicht aufgesetzt erscheint. Derartige Merkmale sind mit einem hohen Grad an Glaubwürdigkeit verbunden und dazu geeignet, symmetrische Beziehungen zu den Rezipienten aufzubauen. In diesem Sinne kann von Sozialintegration als Teilnahme an gesellschaftlicher Kommunikation in einem spezifischen Themenbereich gesprochen werden.

← 24 | 25 →Wirtschaftliche Interessen der Markenkommunikation schließen nun an die genannten Merkmale privater Blogs an und machen sich deren Kommunikate zunutze, wie dies im Rahmen von Beauty-Blogs vielfach geschieht. Die Vielfalt und Ausdifferenziertheit von Kosmetikprodukten lässt sich allein durch Werbung für einzelne Produkte nicht mehr erfolgversprechend in den Fokus der Aufmerksamkeit von Kunden lancieren. Die glaubwürdige und vertrauenerweckende Kommunikation in Beauty-Blogs und auf ihren Plattformen allerdings geht über bisherige Kommunikationsmöglichkeiten und Reichweiten der Werbung hinaus, die von Unternehmen als abweichende Kommunikation (Variation) zur Systemintegration (Förderung des Absatzes) genutzt wird.

4.2. Beauty-Blogs – Variation und Selektion in semiotischer Kodierung

Beauty-Blogs kommunizieren in der Umwelt von Unternehmen und bilden eigenständige soziale Netzwerke. Sie operieren in gleichen oder ähnlichen Strukturen, die es im Folgenden zu beschreiben gilt.

Die Themen Schönheit, Attraktivität und Erfolg, Kosmetik und ewige Jugend haben eine enorme globale Reichweite und verfügen über eine starke Präsenz in gesellschaftlicher Kommunikation. Um die genannten Themen hat sich ein Kommunikationsmarkt herausgebildet, in dem Privatpersonen ihre Erfahrungen an Interessierte weitergeben und in Gedankenaustausch zu Beautythemen treten. Zudem besteht die Möglichkeit, mit der Verbreitung von Inhalten auch Geld zu verdienen.

Im Folgenden ist nach den Selektionen zu fragen, mit denen Sinnbezüge und Strukturen der thematisch fixierten, eigenständigen virtuellen Welt der Beauty-Blogs aufgebaut werden und die sich für die wiederholte Verwendung eignen. Zu diesem Zweck erscheint der Rückgriff auf Kellers „Selektionsspirale“ (1990: 189) sinnvoll, die „soziale“ und „linguistische“ Selektion unterscheidet. „Linguistisch“ erweist sich in Hinblick auf den Gegenstand als zu eng, vielmehr ist auf unterschiedliche semiotische Systeme der Sinnkonstituierung einzugehen, wobei eine Ordnung nach systemtheoretischen Sinndimensionen (sachlich, sozial, räumlich) vorgenommen wird. Der Beitrag bietet lediglich Raum für eine exemplarische Beschreibung.

Zunächst geht es in der sachlichen Dimension um das bearbeitete zentrale Thema, das WAS der Kommunikation, also den Bezug auf Kosmetikprodukte. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Kosmetikbranche einen spezifischen Fachwortschatz entwickelt hat. Dieser wird beispielsweise auf der Plattform www.Pinkmelon.de in einem „Beauty Lexikon“ erklärt. Hier findet sich zu dem Stichwort „Peeling“ der folgende Eintrag:

(1)„engl. To peel = schälen
Zweck:
Entfernen von lockeren Hornschüppchen
← 25 | 26 →
Öffnen von verstopften Poren
Anregung der Durchblutung.
Folge:
Das Hautbild wird feiner und die Haut erscheint glatter.“ (gesehen auf www.Pinkmelon.de am 22.02.2013)

Einige weitere Beispiele illustrieren das Vokabular der Blogautorinnen in dieser Sphäre: Dupe (günstigeres Produkt, das einem Original ähnelt, das aus einem High end-Sortiment stammt); Swatch, swatchen (Tragebilder); Haul/Raubzug (Blogger berichtet über Einkauf und erworbene Produkte); xOTD (x ist Variable – Nails oft he Day, Outfit of the day); Kurzwörter (AMU – Augenmake-Up, LE – Limited Edition, ES – Eye Shadow).

Details

Pages
481
Year
2015
ISBN (PDF)
9783653042863
ISBN (ePUB)
9783653987522
ISBN (MOBI)
9783653987515
ISBN (Hardcover)
9783631650905
DOI
10.3726/978-3-653-04286-3
Language
English
Publication date
2014 (October)
Keywords
Medien Lebensbereiche Kommunikation sprachliche Aeusserungen
Published
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 481 S., zahlr. Tab. und Abb.

Biographical notes

Ewa Zebrowska (Volume editor) Mariola Jaworska (Volume editor) Dirk Steinhoff (Volume editor)

Ewa Żebrowska ist Außerordentliche Professorin am Lehrstuhl für Germanische Philologie an der Universität Olsztyn (Polen). Ihre Forschungsschwerpunkte sind allgemeine Sprachwissenschaft, Textlinguistik und Pragmalinguistik. Mariola Jaworska ist Dozentin am Lehrstuhl für Germanische Philologie an der Universität Olsztyn. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Didaktik und Methodik des Deutschen als Fremdsprache. Dirk Steinhoff ist Germanist und Kunstpädagoge und war am inter-DaF (Herder-Institut) tätig. Zurzeit ist er DAAD-Lektor an der Universität Olsztyn. Ewa Żebrowska is Associate Professor at the Department of Germanic Philology at the University of Olsztyn (Poland). Her research areas are general linguistics, text linguistics and pragmalinguistics. Mariola Jaworska is a lecturer at the Department of Germanic Philology at the University of Olsztyn. Her research areas are didactics and methodology of German as a foreign language. Dirk Steinhoff is a lecturer on German studies and art education, as well as German as a foreign language at interDaF at Herder Institute. He currently works as a DAAD-Lecturer at the University of Olsztyn.

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Title: Materialität und Medialität der sprachlichen Kommunikation / Materiality and Mediality of Linguistic Communication
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