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«Wenn jemand eine Reise tut …»

Die kontrastive Textologie am Beispiel der österreichischen und polnischen Tourismuswerbung

von Marta Smykała (Autor:in)
©2016 Monographie 308 Seiten

Zusammenfassung

Dieses Buch zielt darauf ab, die Textsorte Reiseprospekt kontrastiv (Polnisch–Deutsch) und möglichst ganzheitlich zu untersuchen. Der Untersuchung liegen repräsentative Prospekte der polnischen und österreichischen Tourismusorganisationen zugrunde, welche vor dem Hintergrund der kulturellen und wirtschaftspolitischen Bedingungen in beiden Ländern analysiert werden. Der Forschungsschwerpunkt liegt auf der funktionalen Analyse der Prospekte, deren Grundlage das Vier-Funktionen-Modell von C. Nord darstellt. Die ermittelten Unterschiede in Bezug auf die Textsortenkonventionen und Persuasionsmechanismen leisten einen theoretischen Beitrag zur Beschreibung der untersuchten Textsorte. Sie sind zugleich für Übersetzer von Reiseprospekten für die beiden touristischen Märkte von Relevanz.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Statt eines Vorworts
  • 1. Einleitung
  • 2. Zum Forschungsstand
  • 2.1 Kontrastive Textologie
  • 2.2 Kontrastive Textlinguistik versus kontrastive Textologie
  • 2.3 Textsortenlinguistik
  • 2.3.1 Zum Begriff Textsorte
  • 2.3.2 Zum Begriff Textsortenkonvention
  • 2.4 Werbung als Erkenntnisgegenstand der Linguistik
  • 2.5 Linguistische Untersuchungen zur Tourismuswerbung
  • 3. Methodologie der Analyse
  • 3.1 Kriterien der Analyse
  • 3.1.2 Textsorte Fremdenverkehrsprospekt
  • 3.1.3 Fremdenverkehrsprospekt vs. andere werbliche Textsorten der Tourismusbranche
  • 3.2 Analysemodelle
  • 3.2.1 Das ganzheitliche Analysemodell von Janich
  • 3.2.2 Ebenen der Textsortenbeschreibung nach Brinker
  • 3.2.3 Vier-Funktionen-Modell von Nord
  • 3.2.3.1 Phatische Funktion
  • 3.2.3.2 Referentielle Funktion (Darstellungsfunktion)
  • 3.2.3.3 Expressive Funktion (Ausdrucksfunktion)
  • 3.2.3.4 Appellative Funktion
  • 3.2.3.5 Die kommunikativen Grundfunktionen im Überblick
  • 3.2.3.6 Kommunikative Handlungen
  • 3.3 Analyseschema
  • 4. Polnische und österreichische Fremdenverkehrsprospekte im Vergleich: Analyse des Textexterna
  • 4.1 Bemerkungen zum Korpus
  • 4.2 Analyse der Textexterna
  • 4.2.1 Interaktionsrahmen: Tourismusbranche. Allgemeines
  • 4.2.2 Tourismus in Österreich
  • 4.2.2.1 Entwicklung des Tourismus in Österreich nach 1945
  • 4.2.2.2 Stellenwert des Tourismus in Österreich
  • 4.2.2.3 Österreich Werbung
  • 4.2.2.4 Touristisches Produkt Österreich
  • 4.2.3. Tourismus in Polen
  • 4.2.3.1 Entwicklung des Tourismus in Polen nach 1945
  • 4.2.3.2 Stellenwert des Tourismus in Polen
  • 4.2.3.3 Die polnische nationale Tourismusorganisation POT und ihre Vorgänger
  • 4.2.3.4 Touristisches Produkt Polen
  • 4.2.4 Tourismusmarketing und Tourismuswerbung
  • 4.2.5 Gegenstand der Tourismuswerbung – das touristische Produkt
  • 4.2.6 Ziele der Tourismuswerbung
  • 4.2.7 Die Werbestrategie
  • 4.2.7.1 Zielgruppe
  • 4.2.7.2 Die Positionierung
  • 4.2.7.3 Die Kreativ-Strategy (Copystrategie)
  • 4.2.8 Werbemittel und Werbeträger im Tourismus
  • 4.2.9 Exkurs: ‚Werbung‘ vs. ‚promocja‘
  • 4.2.10 Analyse der Textexterna – Gemeinsamkeiten und Unterschiede
  • 5. Polnische und österreichische Fremdenverkehrsprospekte im Vergleich: Analyse der Textinterna
  • 5.1 Struktureller Aufbau der Prospekte
  • 5.1.1 Polnische Fremdenverkehrsprospekte
  • 5.1.2 Österreichische Fremdenverkehrsprospekte
  • 5.1.3 Struktureller Aufbau der polnischen und österreichischen Fremdenverkehrsprospekte im Vergleich
  • 5.2 Thematische Ebene: Thema und thematische Entfaltung
  • 5.2.1 Polnische Fremdenverkehrsprospekte
  • 5.2.2 Österreichische Fremdenverkehrsprospekte
  • 5.2.3 Polnische und österreichische Fremdenverkehrsprospekte im Vergleich
  • 5.3 Inhaltliche Analyse
  • 5.3.1 Polnische und österreichische Prospekte im Vergleich
  • 5.3.1.1 Stützung – polnische und österreichische Prospekte im Vergleich
  • 5.4 Analyse der Versprachlichung der kommunikativen Funktionen im Rahmen des Vier-Funktionen-Modells
  • 5.4.1 Appellative Kommunikation. Zur Handlung Überreden
  • 5.4.2 Überreden durch Ansprechen – phatische Kommunikation
  • 5.4.2.1 Senderbezug (FS)
  • 5.4.2.1.1 Österreichische Prospekte
  • 5.4.2.1.2 Polnische Prospekte
  • 5.4.2.1.3 Polnische und österreichische Texte im Vergleich
  • 5.4.2.2 Adressatenbezug (FA)
  • 5.4.2.2.1 Österreichische Prospekte
  • 5.4.2.2.2 Polnische Prospekte
  • 5.4.2.2.3 ­Polnische und österreichische FVP im Vergleich
  • 5.4.2.3 Registerwahl
  • 5.4.2.3.1 Österreichische Prospekte
  • 5.4.2.3.2 Polnische Prospekte
  • 5.4.2.3 Polnische und österreichische Prospekte im Vergleich
  • 5.4.2.3.4 Kontaktaufnahme, -erhalt und -beendigung
  • 5.4.2.3.4.1 Kontaktaufnahme
  • 5.4.2.3.4.2 Kontakterhalt: Implizitheit vs. Explizitheit
  • 5.4.2.3.4.3 Kontaktbeendigung
  • 5.4.2.3.4.4 Kontaktaufnahme, -erhalt und -beendigung in Bezug auf Teiltexte
  • 5.4.2.4 Phatische Kommunikation – polnische und österreichische Prospekte im Vergleich
  • 5.4.3 Überreden durch Loben – expressive Kommunikation
  • 5.4.3.1 Bewerten durch Konnotate
  • 5.4.3.2 Bewerten durch Beurteilen. Persönliches und unpersönliches Beurteilen
  • 5.4.3.3 Bewerten durch Relativieren: Pauschalisierungen
  • 5.4.3.4 Bewerten durch Referieren
  • 5.4.3.5 Implizites Schildern. Implizite Gefühlsbekundung (Charakterisieren)
  • 5.4.3.5. Emphase (Übertreibung)
  • 5.4.3.6 Explizites Schildern
  • 5.4.3.7 Andere Expressivitätsmarker
  • 5.4.3.8 Expressive Kommunikation – polnische und österreichische Prospekte im Vergleich
  • 5.4.4 Überreden durch Erinnern – polnische und österreichische Prospekte im Vergleich
  • 5.4.5 Direkte appellative Kommunikation. Kommunikative Handlung Auffordern
  • 5.4.5.1 Empfehlungen
  • 5.4.5.2 Ratschläge
  • 5.4.5.3 Ersuchen
  • 5.4.5.3.1 Einladungen
  • 5.4.5.4 Direkte Appellformen – polnische und österreichische Prospekte im Vergleich
  • 5.5 Der visuelle Code
  • 5.5.1 Allgemeine Charakteristik des visuellen Codes
  • 5.5.2 Bilder als Ikone, Indexe und Symbole
  • 5.5.3 Text-Bild-Verknüpfungen
  • 5.5.4 Exkurs: Bildtexte
  • 5.5.5 Weitere Text-Bild-Verknüpfungen
  • 5.5.6 Kommunikative Funktionen des visuellen Codes
  • 5.5.6.1 Informationsfunktion des visuellen Codes
  • 5.5.6.2 Kontaktfunktion des visuellen Codes
  • 5.5.6.3 Expressive Funktion des visuellen Codes
  • 5.5.6.4 Appellative Funktion des visuellen Codes
  • 5.5.6.5 Rhetorische Mittel
  • 5.5.6.6 Topische Ebene
  • 5.5.6.7 Zusammenfassung der Ergebnisse der Analyse des visuellen Codes – polnische und österreichische Prospekte im Vergleich
  • 5.6 Abschließende Bemerkungen zur kontrastiven Analyse der Textsorte Fremdenverkehrsprospekt in Polen und in Österreich
  • 6. Brückenschlag: eine Fallstudie 2014
  • 6.1 Allgemeine Anmerkungen zur gegenwärtigen Rolle des Tourismus in Polen
  • 6.2 Tourismuswerbung heute. Zum aktuellen Stellenwert der Textsorte Fremdenverkehrsprospekt
  • 6.3 Fallstudie: Prospekt Podkarpackie. Turystyka aktywna
  • 6.3.1 Sruktureller Aufbau und Inhalt des Prospekts
  • 6.3.2 Kommunikative Funktionen des verbalen Codes
  • 6.3.2.1 Überreden durch Ansprechen – phatische Kommunikation
  • 6.3.2.2 Überreden durch Loben – expressive Kommunikation
  • 6.3.2.3 Direkte appellative Kommunikation
  • 6.3.3 Kommunikative Funktionen des visuellen Codes
  • 6.4 Fazit
  • Literaturverzeichnis
  • Abbildungs-, Schema- und Tabellenverzeichnis
  • Anhang

← 10 | 11 →Statt eines Vorworts

Der Beginn

Zu Anfang war es die Erfahrung. Ein potenzieller Österreich-Besucher, der in Polen zu Hause ist, kommt auf die Idee, „Österreich von seinen besten Seiten“1 kennenzulernen und so greift er nach – wohlgemerkt – offiziellem Info- und Werbematerial der Österreich Werbung. Er hält toll aufgemachte Prospekte auf Glanzpapier in seinen Händen, mit großformatigen bunten Fotos, auf denen glückliche Skifahrer, wunderschöne Landschaften, seien es alpine Panoramen oder historische Städtchen samt ihrem Kulturerbe, zu sehen sind. Eigentlich hat er die Entscheidung, in dieses touristische Paradies zu reisen, bereits getroffen, doch dann beginnt er die Texte zu lesen. Im Prospekt über Winterurlaub in Österreich liest er u.a. Folgendes:

„Skoro już jesteśmy przy „spływaniu“ na desce w dół stoku, to nie ma nic wspanialszego niż zjazd w głębokim, puszystym śniegu, po którym deska sunie jak łyżeczka po bitej śmietanie. A wszystko to na świeżym górskim powietrzu i w malowniczym krajobrazie. Nieprzypadkowo uniesienie jakiego się doznaje, bywa określane jako flow – brak jakichkolwiek ograniczeń i stan zbliżony do nieważkości, jaki normalnie można odczuwać jedynie podczas latania. A „sfruwać“ na desce można jedynie w snowboardowym raju – Austrii.“2

Gleich auf der nächsten Seite desselben Prospekts stößt er sofort auf die Überschrift: Spotkanie na szczycie rozkoszy3, in Deutsch etwa Ein Treffen auf dem Gipfel des Genusses4.

← 11 | 12 →Der polnischsprachige Leser fühlt sich etwas überrascht, vielleicht konfus und empfindet das Gelesene als „merkwürdig“. Warum eigentlich?

Er muss feststellen, dass der angeführte Abschnitt eher eine komische statt werbende Wirkung erzielt. Sofort fällt dem Leser ein, der Übersetzer wäre hieran schuld. Aber aufgepasst! Hier könnte es sich um ein voreiliges Urteil handeln, das zutreffen könnte, wenn das Zitat eine vereinzelt vorkommende Stelle im Prospekt wäre. Wenn man sich genauer in die polnischen Übersetzungen der österreichischen Prospekte der Österreich Werbung einliest, merkt man, dass derartig stark expressiv gekennzeichnete Stellen sehr häufig vorkommen. Es liegt also nahe, zu schlussfolgern, dass der Stil, so zu schreiben, schlicht und einfach ein Charakteristikum (eine Konvention) dieser Textsorte in Österreich ist.

Im Rahmen dieser Arbeit wird versucht zu überprüfen, ob diese Schlussfolgerung tatsächlich begründet ist. Deswegen werden im Verlauf der Analyse keinerlei Übersetzungen, sondern nur Originaltexte untersucht. Um jedoch zu erfahren, warum diese Texte von polnischen Lesern als sonderbar bzw. merkwürdig empfunden werden und bei ihnen den „Eindruck der „Fremdheit“ (Kaiser 2000: 63) erwecken, werden im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls polnische Texte dieser Art analysiert, um Unterschiede und Ähnlichkeiten zu erarbeiten.

Das oben angeführte Textbeispiel evoziert beim polnischen Leser Assoziationen verschiedener Art. Den Gipfel des Genusses assoziiert man in erster Linie mit dem sexuellen Höhepunkt. So zu schreiben, war im Jahre 2002 (und das ist es wohl immer noch) nach meinem Empfinden sehr gewagt, wenn nicht schockierend. Die längere Textpassage ist sehr anschaulich und plastisch. Der Vergleich des Hinabfließens auf dem Brett mit dem Gleiten eines Löffels über die Schlagsahne wirkt neu und überraschend oder sogar befremdend im Polnischen, auch dann wenn er auf den eher nur im kulinarischen Bereich konventionellen bildhaften Vergleich anspielt: gładki jak śmietana (glatt im Sinne cremig wie Sahne). Die deutschsprachige Fassung mag vielleicht nicht den höchsten stilistischen Ansprüchen genügen, die polnische musste im Jahre ihrer Veröffentlichung wahrlich verblüffen. Emphatische explizite Gefühlsbekundungen, denn so müsste man die Beschreibung des Gemütszustands des Skifahrers im paradiesieschen Österreich bezeichnen, mögen für den polnischen Leser an emotionalen Exhibitionismus grenzen. Der polnische Leser ist immer noch nicht imstande, derart viel Emphase und „Süße“ gut zu vertragen.

Es ist eine Tatsache, dass die Leser von Texten stets in einer bestimmten Kultur aufwachsen und mit bestimmten Erwartungen an die jeweils konkreten Textsorten herangehen. Die Erwartungen, die sie an bestimmte Textsorten haben, resultieren aus ihren Erfahrungen mit diesen Textsorten. Die Erwartungen sind also kulturspezifisch (vgl. Nord 2003: 2). Im beschriebenen Fall scheint die ← 12 | 13 →unterschiedliche Spezifik der Textsorte Fremdenverkehrsprospekt in Polen und in Österreich zu komisch-merkwürdigen Effekten zu führen. In Bezug auf manche Übersetzungen könnte man sogar die Behauptung wagen, dass die aus den ins Polnische übersetzten Texten der nationalen Tourismusorganisation ­Österreich Werbung hervorstechende österreichische Textsorten- und Kulturspezifik die angestrebte Werbewirkung zunichte macht.

Den Anstoß, diese Arbeit zu schreiben, gaben mir also meine eigenen ­Erfahrungen mit den Texten der Österreich Werbung. Mit den genannten Texten hatte ich über Jahre hindurch sowohl als Leserin als auch Übersetzerin zu tun. Die hier dargestellten Ergebnisse sind somit ein Resultat wissenschaftlicher Analysen, meiner übersetzerischen Berufspraxis und einer kritischen Betrachtung dieser Texte als deren Rezipientin.

 

Die vorliegende Untersuchung wäre ohne die Beharrlichkeit und stets wohlwollende Unterstützung von Prof. Dr. Zofia Bilut-Homplewicz nicht entstanden. Ihr gilt daher mein tief empfundener und aufrichtiger Dank. Bei Prof. Dr. Beata Mikołajczyk und Prof. Dr. Zofia Berdychowska bedanke ich mich sehr für die eingehende und detailkritische Lektüre des Manuskripts. Mein besonderer Dank gilt auch Prof. Dr. Zdzisław Wawrzyniak, der mich stets zu motivieren verstand. Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei Susanne Kramer-Drużycka M. A., für das sorgfältige Lektorat sowie Anke Geschwend M. A., und Sascha Miller M. A., für die vorherige Korrektur einzelner Textpassagen. Ich danke auch meinen Liebsten für ihre ­Geduld und Nachsicht, welche sie mir während der gesamten Zeit meiner Arbeit an dieser Publikation entgegengebracht haben. ← 13 | 14 →


1 Titel eines Prospekts, der von der Österreich Werbung herausgegeben wurde.

2 Der zitierte Abschnitt stammt aus dem Prospekt Najlepsze pomysły na zimowy urlop. Winterjournal der Österreich Werbung in Polnisch, 2002. In deutscher Fassung etwa so: “Wenn wir schon davon sprechen, wie man auf einem Brett den Hang “hinabfließt”, dann gibt es nichts Großartigeres als eine Abfahrt durch den tiefen, weichen Schnee, über den das Brett wie ein Löffel über die Schlagsahne gleitet. Und all das inmitten der frischen Bergluft und einer malerischen Landschaft. Die Erregung, die man spürt, wird nicht ohne Grund als flow bezeichnet: ein Fehlen jeglicher Beschränkungen, ein nahezu schwereloser Zustand, wie wir ihn normalerweise nur während des Fliegens erfahren. Doch wirklich auf einem Brett “dahinfliegen” kann man nur im Snowboard-Himmel: in Österreich.” (Übersetzt von Heinz Rosenau.)

3 Ebenda.

4 Übersetzung ins Deutsche: Heinz Rosenau.

← 14 | 15 → 1.Einleitung

Die vorliegende Arbeit schließt sich der zurzeit populären Strömung der Pragmatisierung der Linguistik insbesondere der Textlinguistik an, welche darin besteht, dass textlinguistische Analysen im Rahmen eines breiteren kulturellen Kontextes vorgenommen werden. Sie ist aber nicht entstanden, um sich der ­aktuellen Mode anzupassen, sondern sie gilt als ein Versuch, die Lücke, die zwischen den kontrastiv angelegten Studien im Bereich Polnisch-Deutsch klafft, zumindest etwas zu verringern. Dabei geht es hier vor allem um die textlinguistischen kontrastiven Untersuchungen. Im Bereich der kontrastiven Grammatik wird dieses Defizit seit mehreren Jahren immer geringer, wobei in diesem Kontext ein Werk exemplarisch genannt werden sollte, nämlich die Deutsch-polnische kontrastive Grammatik (1999) von Ulrich Engel et. al. Hervorzuheben ist insbesondere die Tatsache, dass das genannte Werk nicht etwa mit einzelnen Wortklassen beginnt, sondern mit dem Text und den Sprechakten. Im Anschluss werden verschiedene Textsorten beschrieben.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht also in der intra- und der interlingualen Untersuchung einer Textssorte – des Fremdenverkehrsprospekts, wobei die funktionale Textanalyse den Schwerpunkt der Untersuchung ausmacht. Es wird versucht aufzuzeigen, mit welchen sprachlichen Mitteln die einzelnen kommunikativen Funktionen in den analysierten Texten realisiert werden. Verglichen werden konkrete Textexemplare als Vertreter einer Textsorte. Auf der einen Seite sind es Texte aus den polnischen Fremdenverkehrsprospekten und auf der anderen Seite österreichische Texte, die ebenfalls aus Fremdenverkehrsprospekten stammen. Es wird der Versuch unternommen, die Textsorte Fremdenverkehrsprospekt funktional und kulturspezifisch zu charakterisieren.

Obwohl eine kritische Einstellung gegenüber Übersetzungen der genannten Texte den eigentlichen Ausgangspunkt für diese Arbeit darstellt, sind die Übersetzungen selbst kein Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit. Es geht hier vielmehr um die Analyse von Paralleltexten in ihrer originalsprachlichen Fassung, damit die einzelnen sprach- und kulturspezifischen Merkmale besser herausgearbeitet und im Nachhinein einander gegenüber gestellt werden können. Eine funktionale Analyse ausgewählter Texte, die als ein Beitrag zur kontrastiven Textologie angesehen werden kann, ermöglicht manche Schlussfolgerungen in Form von Implikationen für die Übersetzung. Diese Implikationen könnten für tätige Übersetzer und Autoren touristischer Werbetexte als eine Art Hilfestellung von praktischer Bedeutung sein.

← 15 | 16 → Die vorliegende Arbeit schöpft aus der umfangreichen sprachwissenschaftlichen Literatur aus den Bereichen: Textlinguistik, Pragmatik, Rhetorik, ganz speziell aber aus den Arbeiten bezüglich der kontrastiven Textologie, der funktionalen Textanalyse und der linguistischen Werbeforschung. Wohlgemerkt, Werbung ist keine rein sprachliche Erscheinung, sondern eher ein soziologisches und wirtschaftliches Phänomen, daher erscheint es notwendig, auch entsprechende Forschungsansätze aus anderen Disziplinen zu berücksichtigen. Dies erfolgt in Kapitel 4, in welchem der Interaktionsrahmen der untersuchten Textsorte charakterisiert wird.

Wie bereits eingangs erwähnt, basiert der analytische Teil dieser Arbeit auf der Analyse von Paralleltexten, die sprachlich und kulturell autonom sind und nicht in Translat-Relation zueinander stehen. Die Analyse umfasst die Untersuchung der kommunikativen Funktionen, die in diesen Texten zum Ausdruck gebracht werden. Und eben dieses „zum Ausdruck bringen“, d.h. die Versprachlichung dieser Funktionen ist hier von besonderem Interesse. „Denn kommunikative Funktionen sind übereinzelkulturell, während ihre Versprachlichung durch die Möglichkeiten des Sprachsystems einerseits und die spezifischen Gebrauchskonventionen andererseits bestimmt wird.“ (Nord 2003:3)

Für die Zwecke der Analyse dient in erster Linie das Vier-Funktionen-Modell von Christiane Nord. Eine Beschreibung dieses Modells befindet sich in Kapitel 3.2.3 der vorliegenden Arbeit. Linguistisch verankert wird das gesamte Forschungsvorhaben in Kapiteln 2 und 3.

Den umfangreichsten Teil dieser Arbeit stellen die eigentlichen Analysen dar (Kapitel 4 und 5), deren Ergebnisse in Form von Schlussfolgerungen zusammengefasst wurden. Ein Problem, das hier angemerkt werden und zugleich als abgehandelt gelten soll, ist die Tatsache, dass die untersuchten Texte raschen Veränderungen unterliegen. Dies betrifft vor allem die polnischen Texte. Polen befindet sich seit mehreren Jahren in einem Wandlungsprozess. Nicht nur die touristische Werbung evolutioniert, um nicht zu sagen, „revolutionisiert“ sich, in Richtung westlicher Muster. Es verändert sich auch vieles mehr, u.a. auch der sog. Lifestyle, der auch die Reisegewohnheiten betrifft. Daher sind die Ergebnisse der in Kapiteln 4 und 5 vorliegenden Analyse als „Zwischenergebnisse“ anzusehen, die für die „polnische Wandlungsetappe 2000-2006“ gelten. Über eventuelle weitere Wandlungen der polnischen Tourismuswerbung kann somit lediglich spekuliert werden. Damit wir es nicht nur bei Spekulationen belassen, führt Kapitel 6 die Ergebnisse einer Fallstudie an, in deren Rahmen ein aktueller polnischer Fremdenverkehrsprospekt auf alle Kriterien hin untersucht wurde.

Und last but not least: In der vorliegenden Arbeit tauchen oft nicht linguistische Begriffe und Bezeichnungen auf, die einer Erläuterung bedürfen. Es geht ← 16 | 17 →zunächst um die Namen der beiden nationalen Tourismusorganisationen: auf der polnischen Seite ist es die Polska Organizacja Turystyczna (Abkürzung POT), die seit 2000 in Polen tätig ist und als Pendant zur österreichischen Organisation Österreich Werbung (Abkürzung ÖW) angesehen werden kann. Die Ziele und Zuständigkeiten der Organisationen entsprechen sich weitgehend, was natürlich nicht bedeutet, dass es zwischen ihnen keinerlei Unterschiede gibt. Genauer wird diese Problematik in Kapitel 4 behandelt. An dieser Stelle sei nur vermerkt, dass diese Organisationen die Herausgeber der untersuchten Texte sind. Um die Vergleichbarkeit der Texte zu gewährleisten, war es wichtig, dass die Herausgeber bzw. Autoren der Texte einigermaßen als „gleichrangig“ angesehen werden können. Dadurch, dass die Organisationen für die offizielle touristische Werbung in Österreich (ÖW) und in Polen (POT) zuständig sind, ist das Postulat der Gleichrangigkeit der Herausgeber erfüllt.

Abschließend sei noch gesagt, dass die untersuchten Texte stellvertretend für die Texte der österreichischen und der polnischen Tourismuswerbung gelten können. Die Ergebnisse der Analyse können also verallgemeinert und als gewisse Tendenzen in der Tourismuswerbung aufgefasst werden. ← 17 | 18 →

Details

Seiten
308
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653042092
ISBN (ePUB)
9783653987805
ISBN (MOBI)
9783653987799
ISBN (Hardcover)
9783631650752
DOI
10.3726/978-3-653-04209-2
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (November)
Schlagworte
Kontrastive Textsortenanalyse Reiseprospekt Persuasionsmechanismen
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 308 S., 10 s/w Abb., 11 Tab., 5 Graf.

Biographische Angaben

Marta Smykała (Autor:in)

Marta Smykała ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Germanistik der Universität Rzeszów (Polen). Ihre Forschungsschwerpunkte sind (kontrastive) Textologie, Übersetzungswissenschaft, Text- und Diskurslinguistik. Jahrelang galt ihr Forschungsinteresse der Tourismuswerbung.

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