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Spengler ohne Ende

Ein Rezeptionsphänomen im internationalen Kontext

von Gilbert Merlio (Band-Herausgeber:in) Daniel Meyer (Band-Herausgeber:in)
©2014 Sammelband 281 Seiten

Zusammenfassung

Im Hinblick auf seine Rezeption ist Oswald Spengler nicht nur ein deutsches oder gar ein europäisches, sondern auch geradezu ein Weltphänomen. Spenglers Werk dient vielen als Bezugsgröße für die Analyse der heutigen geistigen und politischen Situation in Europa und in der Welt. Die Beiträge dieses Bandes versuchen, verschiedene Aspekte dieser räumlich und zeitlich unbegrenzten Rezeption zu beleuchten. Sie hängt selbstverständlich von der Krisenhaftigkeit der Zeiten ab. Das in dieser vielseitigen Rezeption dominierende Motiv vom Untergang des Abendlands wird aber von den außereuropäischen Rezipienten nicht selten als Verheißung des Aufstiegs ihres eigenen Kulturkreises gedeutet. So zeigt sich nicht nur das kulturkritische, sondern auch das politische bzw. geopolitische Potential von Spenglers Werk.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhalt
  • Vorwort
  • I. Spengler im deutschsprachigen Raum
  • Kulturkritik in Zeit und Raum. Spengler, Theodor Lessing und Leo Frobenius. Rezeptionsprozesse bei Ernst Bloch
  • Zeit- und Raumkritik in der Kulturkritik
  • Spengler: der Untergang
  • Frobenius: die Kulturmorphologie
  • Lessing: das Chaos
  • Neulektüren der raumzeitlichen Pluralität
  • Dezentrierung
  • Ende der Zirkularität
  • Hinterfragung des geschichtlichen Sinnes
  • Ungleichzeitigkeit
  • Fazit
  • Chancen des Aufstiegs und des Niedergangs. Max Schelers Spengler-Kritik
  • Der ambivalente Status der Geschichte: Statik und Dynamik
  • Historismus als (typisch deutscher?) Fatalismus
  • Die philosophische Kritik am Geschichtsdeterminismus
  • Die Freiheit
  • Revidierung der Kulturkritik: Dekadenz und Ausgleich
  • Metamorphose, Ursprung, Untergang. Goethes Erbe in Spenglers Morphologie und Benjamins dialektischer Konstruktion von Erfahrung mit Geschichte
  • „Geschichtslose Geschichte“. Martin Heideggers Spengler-Rezeption
  • „Arbeit wird das große Wort des ethischen Nachdenkens“. Über Spengler und Ernst Jünger
  • Geschichtsbiologismus. Oswald Spengler und Konrad Lorenz
  • Morphologie und Philosophie des Raums bei Spengler und Sloterdijk. Sloterdijk als Erbe Spenglers?
  • Zwei Projekte einer Weltgeschichte in morphologischer Absicht
  • Was ist eine Kultur?
  • Kulturkritik
  • „Das Ende der Demokratie“? Spengler – Sloterdijk – Jirgl
  • Einführung: Das postdemokratische Zeitalter
  • Sloterdijk – und die Verachtung der Verachtung
  • Jirgl I – Ein postdemokratisches Grundgerüst
  • Jirgl II – Der Widerstreit in Permanenz
  • II. Rezeption im europäischen und außereuropäischen Raum
  • Die Rezeption Spenglers in Italien
  • - I -
  • - II -
  • - III -
  • - V -
  • - VI -
  • Pierre Bertaux liest Spenglers Jahre der Entscheidung. Eine Miszelle
  • Malraux lecteur de Hegel et de Spengler
  • „Auf den Spuren Spenglers bei Cioran. Von der „tapferen Skepsis“ zum Ausstieg aus der Geschichte
  • I. Spenglers „kluger Affe“
  • II. Der nationalistische Schwärmer
  • Schlussbetrachtung
  • Spenglers Rezeption in Lateinamerika
  • Spengler au Japon. L’inspiration de la „révolution conservatrice“ dans l’asiatisme et le rejet de la démocratie
  • La réception de Spengler au Japon: un état des lieux
  • L’influence spenglérienne dans l’asiatisme d’avant-guerre
  • L’inspiration spenglérienne dans le Japon d’après 1945
  • Conclusion
  • „This is an extraordinary thing you’ve perhaps heard of...“ Die Rezeption Oswald Spenglers bei Francis Scott Fitzgerald
  • 1. Einleitung
  • 2. Biographische Rezeption
  • 3. Literarische Rezeption
  • 4. Schluss
  • Spengler im heutigen Russland. Zur Neu-Eurasischen Rezeption der Kulturmorphologie
  • Übersetzungen und wissenschaftliche Studien zu Spengler
  • Spengler bei den Neu-Eurasiern
  • 1. Spengler bei Dugin
  • 2. Eurasische Rezeption Spenglers in Aserbaidschan
  • 3. Kommunisten und Spengler nach 1991
  • 4. Transnationales Aufgreifen Spenglers im postsowjetischen Raum
  • Schlusswort
  • Spengler et la pensée arabo-musulmanne
  • Introduction
  • Éloges
  • Critiques
  • Distances
  • Conclusion
  • Reihenübersicht

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Vorwort

Wenn die Größe eines Denkers an seiner Rezeption gemessen werden kann, dann ist Oswald Spengler zweifelsohne ein großer Denker. Der Untergang des Abendlandes wurde nicht nur ein Bestseller in Deutschland zur Zeit seines Erscheinens, es wurde auch inzwischen in alle großen Sprachen der Welt übersetzt und wird allenthalben weiterhin erwähnt und zitiert. Spenglers Werk ist zugleich zeitgemäß und unzeitgemäß. Zeitgemäß, weil es dem Geist seiner Zeit entspricht und auf diese Zeit philosophisch, ideologisch und politisch einwirken will. Unzeitgemäß, weil es nicht nur von historischem Interesse ist. Es hat bis heute nie aufgehört, eine interessierte Leserschaft zu finden, und zwar nicht nur im ihm zufolge untergehenden Abendlande, sondern überall auf der Welt. Diesem doppelten Charakter entsprechen auch zwei Rezeptionsebenen: Spengler als eine der repräsentativsten Figuren der Weimarer Republik, ein Akteur ihrer politischen Zersetzung, und andererseits – ebenfalls seinem Selbstbild entsprechend – als genialer Außenseiter, von dem denkerische Impulse ausgehen, die nichts an Aktualität bzw. polemischen Sprengkraft verloren haben. Wie lässt sich diese anhaltende, zeitlich und räumlich unbegrenzte Resonanz erklären? Die Beiträge zu diesem Sammelband versuchen, zumindest eine partielle Antwort auf diese Frage zu geben.

Spenglers „Morphologie der Weltgeschichte“ beeindruckt durch ihren ambitionierten Umfang und durch ihre Vielseitigkeit. Sie spricht sowohl Philosophen, Soziologen, Geschichtstheoretiker als auch Kunsttheoretiker und Schriftsteller an. Wenn man sich aber fragt, welches Motiv die anhaltende Rezeption Spenglers wohl am besten erklärt, dann nimmt seine Prognose des Untergangs des Abendlandes unweigerlich den ersten Platz ein. Spengler war nicht der erste, der die Sterblichkeit der Zivilisationen und die Dekadenz unserer europäischen Kultur ankündigte. Vielmehr wurde der seit seinem Durchbruch während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vordergründig triumphierende Fortschrittsmythos immer wieder kontrapunktisch durch den Dekadenzmythos in Frage gestellt (Rousseau, Herder, de Maistre, Gobineau, Nietzsche, Sorel, unter vielen anderen). Aber der Zeitpunkt von Spenglers Prophetie am Tage nach der „Urkatastrophe“ des 20. Jahrhunderts, welche die Fortschrittsgläubigkeit stark erschütterte, verlieh ihr eine besondere Wirkungskraft. Da die Krise der abendländischen Welt heute ← 7 | 8 → in aller Munde ist, und die Prophetie von der Wirklichkeit eingeholt zu werden droht, erhält Spenglers Werk eine erneute Aktualität, die in der vermehrten Zahl der Publikationen über ihn ihren Niederschlag findet.1 Spenglers Rezeption hängt stark von der Krisenhaftigkeit der Zeiten ab.

Spenglers Prognose stützt sich auf eine Geschichtsmorphologie, die ihre historische Gültigkeit verstärken soll. Die geschichtsmorphologische Methode – oft gepaart mit der lebensphilosophischen Vorstellung einer fatalen Dialektik von Leben und Geist im Kulturprozess – erfreute sich im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts einer gewissen Beliebtheit (man denke nicht nur an Frobenius, sondern auch an Lamprecht, Breysig, Lessing usw.). Zwar ist sie, besonders mit dem Systemcharakter und dem starken lebensphilosophischen Einschlag, die sie bei Spengler charakterisieren, von den seriösen „Berufs-historikern“ nie ganz ernst genommen worden, obwohl diese nicht selten anerkennen mussten, dass Spengler durch seine analogische Verfahrensweise2 (mit dem Paradigma des Untergangs Roms im Mittelpunkt) tiefe Einsichten in fremde oder vergangene Kulturen gewinnen konnte. Nichtsdestoweniger findet diese Geschichtsmorphologie bis heute bei „Geschichtsdenkern“ ein gewisses Echo, oder sie gibt mindestens Anlass zu Fragestellungen. Philosophen wie Bloch oder Sloterdijk hinterfragen zum Beispiel das Zeit-Raum- Verhältnis, das die diskontinuierliche Auffassung der Geschichte voraussetzt, das heißt im Grunde genommen die Frage der relativen Zeit innerhalb der im Raum verstreuten und durch ein bestimmtes Raumgefühl geprägten ← 8 | 9 → einzelnen Kulturen. Bloch verurteilt zwar diese „Verräumlichung“ der Zeit, die jede utopische Zukunft für die Menschheit verbietet, greift aber doch zum Begriff der Ungleichzeitigkeit in seiner Schilderung der Moderne. Trotz einiger Vorbehalte gegenüber Spengler bejaht und praktiziert Sloterdijk mit seiner Sphärentheorie diese „makrokosmische“ Herangehensweise an Geschichte. Auch Benjamin setzt sich mit der Frage der Kontinuität und Diskontinuität in der Zeit auseinander. Er verwendet seinerseits ein zwar dialektisch umformtes Analogieverfahren, verwandelt das Spengler’sche Ursymbol in einen historischen „Ursprung“ und durchbricht seine eigene Sicht der Geschichte als totale Katastrophe durch seinen Messianismus. Ein anderer Problembereich betrifft die Grundlagen von Spenglers Geschichtsphilosophie: die Frage nach ihrem „Biologismus“. Der Vergleich mit dem Ethologen Konrad Lorenz zeigt, dass Nuancierung auf diesem Gebiet geboten ist: Für Spengler ist Kultur mehr als nur Natur und seine Rede von den Kulturen als „lebenden Organismen“ ist vielleicht lediglich metaphorisch zu verstehen. Was seinen Geschichtsfatalismus übrigens in keiner Weise vermindert!

Spenglers „vergleichende Morphologie der Geschichte“ integriert und untermauert eine Kritik der modernen Zivilisation, die alle Leitmotive der konservativen Kulturkritik zusammenbündelt. Aber sie erhält ihre Prägnanz und ihre Wirkung nicht nur von diesem synthetischen Charakter. Denn diese Bündelung lässt sich auch wiederum leicht in ihre Bestandteile auflösen, so dass abgesehen vom System einzelne triftige Analysen oder scharf formulierte Urteile sich auch für gegebenenfalls anders orientierte Diagnosen heranziehen und verwerten lassen. Für Spenglers Rezeption gilt noch mehr, was bei jeder Rezeption, die ja stets einer Wiederaneignung oder einem Transfer gleichkommt, erfolgt: Jeder Rezipient kann sich im Extremfall mit diesen „Versatzstücken“ seinen eigenen Spengler „zusammenbasteln“, wie in einem der Beiträge über Jirgls Rezeption gesagt wird. Mit anderen Worten: Man kann das System verwerfen, aber die Ein- und Hellsicht mancher Diagnosen und Prognosen begrüßen, was zum Beispiel auch Heideggers Analysen durchweg zeigen. Es kann sehr weit gehen. 1976 schrieb Cioran, von Spengler bleibe nur noch ein einziger Titel, aber dieser Titel werde immer mehr an Aktualität zunehmen! Nicht selten hat man tatsächlich den Eindruck, Spenglers Titel, der wohl als erster diesen Wortlaut gehabt hat, sei eine bloß rituelle Referenz für viele, die, ohne dem Werk inhaltlich weiter Rechnung zu tragen, literarisch oder essayistisch vom Thema der Dekadenz handeln wollen. Für andere Autoren hingegen wie den amerikanischen Schriftsteller Francis Scott Fitzgerald scheint die Lektüre des Untergangs einen strukturierenden Einfluss gehabt zu haben, der in der Gestaltung der ← 9 | 10 → Handlung und der Figuren seiner Romane sichtbare Spuren hinterlassen hat. Freilich, als Inspirationsquellen verfügte er auch über andere amerikanische Autoren, die parallel zu Spengler dachten.

Als Kompendium der kulturkritischen Topoi fügt sich Spenglers Denken selbstverständlich in eine Tradition der reflexiven Moderne ein, an die andere Denker anknüpfen. So wird seine Technikkritik von Ernst Jünger wieder aufgegriffen, der den Arbeitsprozess und den Typus des Arbeiters als die dominierende „Gestalt“ der kommenden Zeit schildert und das kalte Medium der Fotographie als das beste Mittel betrachtet, dessen zugleich funktionalisierte und heroische Züge „physiognomisch“ festzuhalten.

Zu Recht treten in Studien, die auf die anhaltende Rezeption eines Werkes orientiert sind, dessen Entstehungsbedingungen und ursprüngliches Ziel in den Hintergrund: in diesem Falle das politische Anliegen Spenglers, das aus ihm einen der „geistigen Väter“ der sogenannten Konservativen Revolution gemacht hat. Die zeitgenössische Lektüre der Jahre der Entscheidung durch den Germanisten Pierre Bertaux veranschaulicht durchaus, dass diese politischen Positionen damals wahrgenommen und in Frankreich mit besonderer Sensibilität empfunden wurden. Doch die politische Dimension seines Werkes kommt in diesem Band auch verschiedentlich zum Vorschein. Zunächst auf der Ebene seiner Kulturkritik: Autoren wie Sloterdijk oder Jirgl stützen sich auf seine Deutung der Demokratie als politischem Endstadium einer untergehenden Hochkultur und auf die Ankündigung des darauf folgenden Cäsarismus, um ihre eigene Auffassung des „postdemokratischen Zeitalters“ darzulegen. Dann in der außereuropäischen bzw. außerabendländischen Rezeption (Japan, Südamerika), in der gerne auf die Spengler’schen Thesen von der vollkommenen Relativität der Kulturen und vom Untergang des Abendlandes rekurriert wird, um auf die Gleichrangigkeit aller Kulturen zu pochen, jede zivilisatorische Eurozentrik zu verwerfen, und das Recht auf eigene kulturelle und politische Identität und Machtstellung zu beanspruchen. Aber auch hier zeigt sich, dass eine Rezeption der Thesen Spenglers oft erst unter der Bedingung erfolgt, dass sie relativiert, adaptiert, oder gar ihrer ursprünglichen Bestimmung entwendet werden. Mit dem der Kristallographie entlehnten Begriff der Pseudomorphose wollte Spengler zu verstehen geben, dass eine junge Kulturseele alte verkalkte zivilisatorische Formen mit völlig neuem geistigem Inhalt erfüllen kann, wobei er jede direkte Filiation in Frage stellen wollte. Vertreter des Islams greifen zum selben Begriff, um zu beklagen, dass die westlichen Zivilisationsformen zu lange den Geist des Islams erstickt haben. Dieselben Denker begrüßen Spenglers „Erfindung“ einer arabischmagischen Kultur, vergessen aber den ← 10 | 11 → „Fellachenzustand“, dem sie laut Spengler nach ihrem Tod als Hochkultur unentrinnbar verfallen ist, um ihre Renaissance in Aussicht zu stellen oder zu untermauern. Andererseits beweist die Berufung auf die eigentliche politische, extrem nationalistische Doktrin Spenglers in faschistischen Ländern der Zwischenkriegszeit wie Rumänien oder Italien oder auch heute im neu erwachenden Nationalismus und Neo-Panslawismus Russlands, dass die Wellen seiner Rezeption nicht nur von kulturellpolitischen Krisenstimmungen, sondern auch von politischen Wünschen und Zielsetzungen abhängig sind.

Italien ist wohl das Land, wo alle bisher erwähnten Aspekte von Spenglers Rezeption zur Geltung gekommen sind. Hier wurde im Zuge der Historismustradition seine Geschichtsphilosophie bzw. sein besonderer Geschichtssinn bis heute ernsthaft in Betracht gezogen (was trotz Raymond Aron in Frankreich kaum der Fall gewesen ist), der Faschismus mit Mussolini an der Spitze erkannte ihn als Meisterdenker an, seine Kulturkritik und seine Philosophie überhaupt werden hier intensiver berücksichtigt als anderswo in Europa.

Suchen wir nach einem gemeinsamen Nenner inmitten all der Rezeptionsrichtungen, die in diesem Band angesprochen werden, so müssen wir feststellen, dass alles sich im Grunde genommen um die Konzeption eines linearen Fortschritts und des mit ihm verbundenen universellen idealistischen Humanismus dreht. Vor Spenglers radikaler Negierung des einen wie des anderen, vor seinem lebensphilosophisch fundierten Antiintellektualismus und seiner realpolitischen zynischen Vernunft schrecken die meisten zurück, wie das Beispiel von Max Scheler zeigt. Für viele stellt die Radikalität von Spenglers Thesen eine Herausforderung dar, die eine in vielen Fällen zwischen Anziehung und Abstoßung schwankende Rezeption erklärt. Diese Radikalität aber lässt sich schwer verstehen, wenn man vom politischen Anliegen Spenglers absieht. Die anfangs erwähnten zwei Rezeptionsebenen des Werkes von Spengler finden hier ihren Konvergenzpunkt. Deshalb sollte man vielleicht, wenn man diese Rezeption betrachtet, nicht „unwillkürlich und notwendigerweise zu viel weglassen von dem, was gräßlich an ihm war, und seinen Welterfolg noch verklären“, wie Thomas Mann in einem 1950 unter dem Titel „Wagner und kein Ende“ veröffentlichten Brief warnt3, ein ebenfalls zugleich sehr deutsches und sehr internationales Phänomen.

Illustration

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Die Herausgeber danken der Groupe de Recherche sur la Culture de Weimar, dem Forschungszentrum IRICE (Identités, Relations internationales et Civilisations de l’Europe) der Université Paris-Sorbonne, dem DAAD und dem Heinrich Heine Haus für die großzügige Unterstützung der im März 2011 in Paris abgehaltenen Tagung, aus der dieser Band hervorgegangen ist.

1 Siehe insbesondere den ebenfalls in der Schriftenreihe zur Kultur der Weimarer Republik von Manfred Gangl, Markus Ophälders und Gilbert Merlio herausgegebenen Band Spengler – Ein Denker der Zeitenwende (Frankfurt am Main / Berlin / Bern u.a., Peter Lang 2009), den von Zaur Gasimov und Carl Antonius Lemke Duque herausgegebenen Band Oswald Spengler als europäisches Phänomen. Der Transfer der Kultur- und Geschichtsmorphologie im Europa der Zwischenkriegszeit 1919 – 1939 (Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht 2013), sowie den 2014, beim Heidelberger Synchron Verlag erscheinenden Sammelband: Tektonik der Systeme. Neulektüren von Oswald Spengler, der von Arne De Winde, Sven Fabré, Sientje Maes und Bart Philipsen herausgegeben wird.

2 Wegen ihres allzu systematischen Charakters wurde diese analogische Methode durch verschiedene Kritiker verspottet. Man erinnert sich an die Satire von Robert Musil in „Geist und Erfahrung. Anmerkungen für Leser, welche dem Untergang des Abendlandes entronnen sind“ (1921), in: Robert Musil: Gesammelte Werke, Band 2: Prosa und Stücke. Kleine Prosa, Aphorismen. Autobiographisches. Essays und Reden. Kritik, hrsg. von Adolf Frisé, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt 1978, S. 1042-1059, hier S. 1043 f. Man könnte auch den Satz von Tucholsky erwähnen, der Spenglers Verfahrensweise durch seine „Unart […], Dinge, die nichts miteinander zu tun haben, um einer Theorie willen gleichzuordnen,“ kennzeichnet (Kurt Tucholsky: „Der darmstädter Armleuchter“ (1928), in: ders.: Gesammelte Werke, Bd. 6: 1928, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt 1993, S. 144- 150, hier S. 147).

3 Thomas Mann: Gesammelte Werke, Band X: Reden und Aufsätze 2, Frankfurt am Main, Fischer 1974, S. 925-927, hier S. 925 f.

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I.

SPENGLER IM DEUTSCHSPRACHIGEN RAUM

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Alba Chouillou

Kulturkritik in Zeit und Raum

Spengler, Theodor Lessing und Leo Frobenius Rezeptionsprozesse bei Ernst Bloch

Folgt man Ernst Blochs Urteil über Oswald Spengler1, so ist die „Verräumlichung“ der Geschichte reaktionär. Dem kulturkritischen Denken am Anfang des 20. Jahrhunderts wird vorgeworfen, zum kulturpessimistischen Diskurs beizutragen, indem es die Zeit mit einem negativen Zeichen versieht – wie zum Beispiel in den Figuren des Untergangs (bei Spengler) und des Chaos (bei Lessing) – während es dem Raum positive Züge beimisst. Eines der Hauptanliegen der Kulturkritik ist bekanntlich die Infragestellung des linearen Fortschritts in der Geschichte. Dem setzt sie alternative Modelle entgegen. Hierzu zählt die Kulturmorphologie als räumliche Auffassung der Geschichte. Der Raum wird nämlich als Ausdruck der Kulturseele (oder „Paideuma“ bei Frobenius) gekennzeichnet.

Details

Seiten
281
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653041149
ISBN (ePUB)
9783653989229
ISBN (MOBI)
9783653989212
ISBN (Hardcover)
9783631649701
DOI
10.3726/978-3-653-04114-9
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (Juli)
Schlagworte
Untergang des Abendlandes Kulturkritik Rezeptionsgeschichte Geschichtsphilosophie
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 281 S.

Biographische Angaben

Gilbert Merlio (Band-Herausgeber:in) Daniel Meyer (Band-Herausgeber:in)

Gilbert Merlio ist emeritierter Professor der Germanistik (Ideengeschichte) an der Sorbonne in Paris. Neben zahlreichen Aufsätzen über Kulturkritik, Spengler, die Konservative Revolution, den Nationalsozialismus sowie die Geschichte der Intellektuellen in Frankreich und Deuschland veröffentlichte er zuletzt die Werke Linke und rechte Kulturkritik und Spengler – Ein Denker der Zeitenwende. Daniel Meyer ist Maître de Conférences für Germanistik an der Université Mulhouse (Frankreich). Seine Forschungsschwerpunkte sind Geschichtsphilosophie, politische Philosophie, intellektuelle Strömungen der Weimarer Republik sowie deutschsprachige Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts. Zuletzt veröffentlichte er das Buch Die streitbare Klio. Zur Repräsentation von Macht und Geschichte in der Literatur.

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