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Märchen, Mythen und Moderne

200 Jahre «Kinder- und Hausmärchen» der Brüder Grimm – Teil 1 und 2

von Claudia Brinker-von der Heyde (Band-Herausgeber:in) Holger Ehrhardt (Band-Herausgeber:in) Hans-Heino Ewers-Uhlmann (Band-Herausgeber:in)
©2015 Konferenzband XIV, 1207 Seiten

Zusammenfassung

Im Dezember 2012 jährte sich zum 200. Mal das Erscheinen der Kinder- und Hausmärchen. Dieses Jubiläum nahm die Universität Kassel zum Anlass, einen internationalen Kongress mit dem Titel Märchen, Mythen und Moderne. 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm zu veranstalten. Die vorliegenden Kongressbeiträge nähern sich dem populärsten Werk der Brüder Grimm sowohl literatur- und sprachwissenschaftlich als auch aus Sicht der Kinder- und Jugendliteratur, Psychologie und Pädagogik, Medienwissenschaft und interkulturellen Rezeptionsforschung. Über die Märchen hinaus finden sich Studien zum philologischen, lexikographischen, mythologischen und rechtshistorischen Werk der Brüder Grimm.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Band 1
  • Inhalt
  • Vorwort
  • Einleitung: Holger Ehrhardt
  • Quellen und Konzepte
  • Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm und ihre Beiträger: Heinz Rölleke
  • Lolivetta, Straparola und die Brüder Grimm: Luisa Rubini Messerli
  • Zeit – Zeiten – Erinnerung in Märchen Goethes und der Frühromantik: Ingrid Oesterle
  • Kooperation und Konkurrenz – oder: Das Ende einer Freundschaft. Clemens Brentano und die Brüder Grimm im auktorialen Wettstreit um das ‚romantische‘ Märchen: Wolfgang Bunzel
  • Zur Visualisierung einer Landschaft der ‚Naturpoesie‘ – die Brüder Grimm und Philipp Otto Runges Konzept einer ‚neuen Landschaft‘: Isamitsu Murayama
  • Gegen die Moderne. Zeit und Geschichte bei den Brüdern Grimm: Francesco Forlin
  • Zur Frage der orientalischen Vorlagen und Quellen der Grimm’schen Märchen: Ein Vergleich zwischen Mädchen ohne Hände (KHM 31) und der Geschichte der Frau, die dem Armen ein Almosen gab aus Tausendundeine Nacht: Engy El Sawaf
  • Religion als Substrat und Zugabe: Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm im Spannungsfeld von Bedeutungsentleerung und -aufladung: Almut-Barbara Renger
  • „eine ganz eigene Welt poetischer Schönheit“ – die Rezeption von Vuk Karadžićs pjesnarica im Freundeskreis der Brüder Grimm: Sabine Gruber
  • Tradition, Poetik und Motivik
  • Die Kinder- und Hausmärchen zwischen Philologie und Spekulation. Möglichkeiten und Grenzen der Forschung: Lothar Bluhm
  • Stimmen aus der Vergangenheit: Ruth B. Bottigheimer
  • Politik des Wunderbaren: Nationale Identität und Utopie in ausgewählten Werken der Brüder Grimm: Dorothee Ostmeier
  • Mythen und Mystifikationen oder das Spiel von simulatio und dissimulatio in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm: Günter Oesterle
  • Rituale als narrative Organisatoren in den Märchen der Brüder Grimm: Hartwig Frankenberg
  • Kausalität nach Gesetzen des Märchens. Mittelalterliches und märchenhaftes Erzählen: Joachim Theisen
  • Das Hässliche in den Märchen der Brüder Grimm anhand der Ästhetik des Häßlichen von Karl Rosenkranz: Joanna Gospodarczyk
  • The Witches of the Brothers Grimm: Willem de Blécourt
  • Behinderung als Märchen. Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm im Kontext des Monstren-Wissens um 1800: Urte Helduser
  • Juden und Schneider: Integration und Ausgrenzung durch Stereotypenbildung in Clemens Brentanos romantischen Märchen: Cornelia Ilbrig
  • Leibspeisen. Zur Inszenierung und Funktionalisierung von Ernährung in den Kinder- und Hausmärchen: Nikolas Immer
  • Grimm’s Hans My Hedgehog and Katarzyna Kotowska’s Jeż as Stories about ‘Taming’ Through Love: Dorota Michułka
  • Das tapfere Schneiderlein. Oder: Wie man wird, was man ist: Corona Schmiele
  • Märchenillustration
  • Die ‚Gattung Grimm‘ wird zum ‚Volksmärchen‘ – Ludwig Richters Illustrationen zu Johann Carl August Musäus’ Volksmährchen der Deutschen: Andreas Beck
  • Märchenarabesken. Eugen Napoleon Neureuther (1806–1882): Regina Freyberger
  • Das Rotkäppchen im Interieur. Robert Julius Beyschlags gemaltes Märchen nach den Brüdern Grimm: Jasmin Schäfer
  • Das Bild vom Märchen. Otto Ubbelohdes Illustrationen zur Jubiläumsausgabe der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 1907–1909: Rainer Zuch
  • Künstler illustrieren die Märchen der Brüder Grimm: Burkhard Kling
  • Märchenbilderbücher der Gegenwart. Inszenierungen, Konzeptionen und Strategien: Gundel Mattenklott
  • Zur Geschichte der Illustrationen der Kinder- und Hausmärchen in Japan um 1900: Hiroko Nishiguchi
  • Deutsche Erzählungen, japanische Ästhetik: Die Transkulturalität der Kinder- und Hausmärchen anhand Grimms Manga: Kristin Eckstein
  • Schneewittchen schrecklich schön. Benjamin Lacombes bildkünstlerische Märchenbearbeitung: Mareile Oetken
  • Adaptionen und mediale Transformationen
  • Märchen-Buch. Mediale Transformationen der Märchenerzählung in der Romantik vom „Roman“ zum „Erziehungsbuch“: Helmut Schanze
  • Wie wird aus einem Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen ein Kunstmärchen aus Zamonien? Walter Moers’ Ensel und Krete und die Transformation eines romantischen Märchenmodells: Manuel Bauer
  • Märchen – Symbol – Drama: die Schlüsselfunktion der Kinder- und Hausmärchen für die frühen symbolistischen Dramen Maurice Maeterlincks: Susanne Friede
  • Remnants of Grimms’ Fairy Tales and German Legends in (Post-)Holocaust Poetry from the Bukovina: Cindy K. Renker
  • Zwischen Magie und Propaganda – DEFA-Verfilmungen von Märchen der Brüder Grimm: Christin Niemeyer
  • Wo wohnt König Schneiderlein? DEFA-Märchenschlösser zwischen Mittelalter und Romantik: Corinna A. Rader
  • ‚Eigensinnige Kinder‘ – Jacob Grimm und Alexander Kluge als Gründerfiguren einer neuen Geschichtspädagogik: Vinzenz Hoppe und Kaspar Renner
  • Once Upon TV – Telling Tales of the Twenty-First Century: Anika Ullmann
  • Adaption von Grimm-Biographie und Grimm’scher Märchennovellistik im aktuellen Hollywood-Kino: David Nikolas Schmidt
  • „In einem Schloss zu leben ist ganz herrlich.“ Aschenputtel im Film: Ingrid Tomkowiak
  • Rotkäppchen, revisited. Wie im Animationsfilm Die Rotkäppchen-Verschwörung (Hoodwinked!) Märchen erzählt werden: Ute Dettmar
  • Märchenhafte Medientexte – mediale Märchentexte. Wie DreamWorks’ Shrek das Märchen aktualisiert und weiterschreibt: Tobias Kurwinkel
  • Brüder, Ritter, Betrüger: Beschädigte Männlichkeit in Terry Gilliams Brothers Grimm: Waltraud Maierhofer
  • „Wer schön sein will …“ – Schönheit und Intersektionalität in Grimm’schen Märchenadaptionen des aktuellen Hollywoodkinos: Susanne Schul
  • Eine brisante koreanische Filmadaption von Hänsel und Gretel von Yim Pil Sung (2007): Moon Sun Choi
  • Wenn Kinder eine Grenze zwischen zwei Welten überqueren – Engelbert Humperdincks Hänsel und Gretel als ‚Fantasy-Oper‘: Seigo Inoue
  • Autorenverzeichnis zu Band 1
  • Farbabbildungen
  • Band 2
  • Inhalt
  • Märchen in Kinder- und Jugendliteratur, Didaktik und Psychologie
  • Kinder und Volksmärchen – Anmerkungen zu einer Erfolgsgeschichte: Rüdiger Steinlein
  • Grimms Märchen, Naturpoesie und kindgerechte Erziehung – zum Paradigmenwechsel der portugiesischen Kinderliteratur im ausgehenden 19. Jahrhundert: Maria Teresa Cortez
  • The Brothers Grimm’s fairy tales as a breakthrough in English children’s literature in the nineteenth century: Irina Shishkova
  • On the reception of the Brothers Grimm’s Rapunzel in Contemporary French Children’s literature: Christiane Connan-Pintado
  • Grimm’sche Topoi und deren Umwandlungen in ausgewählten Werken zeitgenössischer portugiesischer Kinderbuchautoren: Gabriela Fragoso
  • Aschenputtel in Afrika. Exotismus, Klischee und das (inter-)kulturelle Potenzial von Märchen im Märchenseminar: Isabel dos Santos
  • Märchen, Märchenalter und Phantastik. Zur Bedeutung der Kinder- und Hausmärchen für die Literaturpädagogik der 1950er- und 1960er-Jahre: Sonja Müller
  • Märchenonkel und/oder Gründerväter der Germanistik – Brüder-Grimm-Fiktionen als populärkulturelles Phänomen und Herausforderung für den Literaturunterricht: Ines Heiser
  • Nicht nur Kinder brauchen „Lauter Märchen, nichts als Märchen“ – Anregungen zum Einsatz kabarettistisch verfremdeter Märchenfiguren im kompetenzorientierten Deutschunterricht der Oberstufe: Tina Deist
  • Altersfreuden und Altersdesaster im Märchenkosmos der Brüder Grimm: Brigitte Boothe
  • Wunder als minimal kontraintuitive Konzepte. Ein Beitrag zur Klassifikation von Erfahrungswidrigkeit in den Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen: Christine A. Knoop und Thomas Nehrlich
  • Die kluge Else und die moderne Hysterie: Iris Schäfer
  • Hans im Glück. Interpretationen aus Sicht von fünf Disziplinen – Philologie, Philosophie, Psychologie, Ökonomie, Managementlehre: Rolf Wunderer
  • Wirkung und internationale Rezeption der Brüder Grimm
  • Mythen in Massen. Überlegungen zu einem Schlagwort in der Tagespresse: Harm-Peer Zimmermann
  • Ein Beitrag zu Identität und Profil: Die Landesmarke Grimm: Ernst Wegener
  • Natur- und Kunstpoesie. Zum Fortleben zweier poetologischer Kategorien in der Literaturgeschichtsschreibung nach den Grimms: Jesko Reiling
  • „…was haben wir denn gemeinsames als unsere sprache und literatur?“ – Sprachenvielfalt und kulturelle Identität im deutschsprachigen Raum: Wolfgang Thierse
  • Das Forschungsprogramm der Grimms am Beispiel des Finnen Elias Lönnrot: Helga Bleckwenn
  • Zur Wirkung und Rezeption der Brüder Grimm in Ungarn im Spannungsfeld der parallelen philologischen Entwicklung in Europa: Sarolta Lipóczi
  • „Denkt an die Arbeit der Brüder Grimm“ – Die Jugendbewegung und das Märchen: Malte Lorenzen
  • Mit Grimm in den Klassenkampf. Zur Rezeption der KHM im ‚Proletarischen Märchen‘ des frühen 20. Jahrhunderts: Bernd Dolle-Weinkauff
  • In the Company of Witches and Wolves: Biopolitics and Frau Holle from the Grimm Brothers to Hilsenrath: Peter Arnds
  • „… die Märchen in den Ofen feuern!“ Der Märchenstreit im Nachkriegsdeutschland: Kristin Wardetzky
  • Die Brüder Grimm: Vorbild für Märchensammler im Norden: Radka Slouková
  • Antonio Gramsci als Übersetzer Grimm’scher Märchen: Lucia Borghese
  • Bearbeitungen, Neuschreibungen und Übersetzungen – Die Märchen der Brüder Grimm im Verlag Calleja: Isabel Hernández
  • Analyse von verschiedenen Märchen der Brüder Grimm und ihre Rezeption in hispanischen volkskundlichen Märchen: María Carmen Alonso Ímaz
  • Märchen als Volkspoesie – ein gattungstypologischer Versuch zum deutschen und spanischen Umgang mit Traditionsbegriffen anhand ausgewählter Grimm’scher Märchen und Bécquer’scher Leyendas: Raphaela Braun
  • Von Rotkäppchen zu Txanogorritxo. Anmerkungen zu den baskischen Übersetzungen der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm: Naroa Zubillaga Gomez
  • Die Kinder- und Hausmärchen in der Heimat der Contes de fées. Zur französischen Rezeption der Grimm’schen Sammlung und zu deren Bedeutung für Märchensammlungen im Frankreich des 19. Jahrhunderts: Natacha Rimasson-Fertin
  • Kinder- und Hausmärchen in Polen. Zur Geschichte polnischer Übersetzungen der Grimm’schen Märchen: Eliza Pieciul-Karmińska
  • „Zürnst du deinem Bräutigam, daß du dich vor ihm verbirgst?“ Zur Genese von Prinz Bajaja von Božena Němcová im Vergleich mit Bajaja von Jiří Trnka und Eisenhans der Brüder Grimm: Lubomír Sůva
  • Memetics and the cultural evolution of Grimms’ fairy tales in Slovenian territory (1849–2012): Milena Mileva Blažić
  • Johann Georg von Hahn – der erste Märchensammler in Griechenland auf den Spuren der Brüder Grimm: Argyro E. Mountaki
  • Die Kinder- und Hausmärchen in Brasilien. Über die verschiedenen Übersetzungsarten: Adriana Maximino dos Santos
  • Komparatistische Untersuchung zu Magie und Sprachmagie in einigen deutschen und beninischen Märchen: Mensah Wekenon Tokponto
  • Missionaries or Mimics? The Brothers Grimm and 19th Century Protestant German Missionaries in India: Anto Thomas Chakramakkil
  • Zum philologischen, mythologischen und rechtshistorischen Werk der Brüder Grimm
  • Von der „Macht des unermüdlich schaffenden Sprachgeistes“. Jacob Grimm und die Veränderung der Sprache: Walter Haas
  • Behind the scenes of Grimms’ German Dictionary (1838–1863). A survey of original source materials: Alan Kirkness
  • Gesellschaft – Sprache – Wissenschaft. Ethisch gebundene Denkfiguren Jacob und Wilhelm Grimms: Heidrun Kämper
  • „Was halten Sie vom tz?“ Wissenschaftssoziologische Überlegungen zur Grundlegung der Deutschen Philologie anlässlich des Briefwechsels zwischen Grimm und Lachmann: Nathanael Busch
  • Die Golem-Sage bei Jacob Grimm und in Handschriften Achim von Arnims: Renate Moering
  • „Diese Märchen-Sammlung ist eine angenehme Neben-Arbeit, unsere Hauptsache ist natürlich jetzt immer die Edda“. Die Brüder Grimm und die Lieder-Edda. Übersehene Vielfalt im Schaffen des Jahres 1812?: Christof Seidler
  • Die Kindermärchen der übrigen Völker kennen lernen. Übersetzungstheorie und Märchenpoetik bei Jacob und Wilhelm Grimm: Agnes Blümer
  • The Grimm Corpus of the Brothers Grimm Fairy Tales and Legends in COSMAS – What would Jacob and Wilhelm do with this Marvelous and Modern Tool?: Margrit Zinggeler
  • Formierungen des Mythischen. Zur Prägung deutscher Mythologien durch Jacob Grimm: Helmut Groschwitz
  • „der lose zusammenhang des rettbaren“. Die Deutsche Mythologie von Jacob Grimm zwischen Universalisierung und Aktualisierung: Ruth Neubauer-Petzoldt
  • Performative Elemente in den städtischen Gewohnheitsrechten: Martin M. Langner
  • Autorenverzeichnis zu Band 2
  • Farbabbildungen
  • Reihenübersicht
  • Verzeichnis der Ausgaben der Kinder- und Hausmärchen bis 1858

Claudia Brinker-von der Heyde / Holger Ehrhardt / Hans-Heino Ewers / Annekatrin Inder (Hrsg.)

Märchen, Mythen und Moderne

200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Mitarbeit bei den Korrekturen:
Julia Eichhorn, Laura Rudowski, Neville Williamson

Umschlagabbildung:
Titelblatt zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm.
Bd. 1. Berlin 21819 (Kassel, Grimm-Sammlung).

Umschlaggestaltung:
© Atelier Platen, Olaf Glöckler, Friedberg

ISSN 1611-695X
ISBN 978-3-631-64454-6 (Print)
E-ISBN 978-3-653-03174-4 (E-Book)
DOI 10.3726/978-3-653-03174-4

© Peter Lang GmbH
Internationaler Verlag der Wissenschaften
Frankfurt am Main 2015
Alle Rechte vorbehalten.
Peter Lang Edition ist ein Imprint der Peter Lang GmbH.

Peter Lang – Frankfurt am Main · Bern · Bruxelles · New York · Oxford · Warszawa · Wien

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Diese Publikation wurde begutachtet.

www.peterlang.com

Autorenangaben

Claudia Brinker-von der Heyde, Germanistin/Mediävistin an der Universität Kassel.
Holger Ehrhardt, Germanist an der Universität Kassel.
Hans-Heino Ewers, Germanist/Kinder- und Jugendliteraturforscher an der Goethe-Universität Frankfurt a. M.
Annekatrin Inder, Germanistin an der Universität Kassel.

Über das Buch

Im Dezember 2012 jährte sich zum 200. Mal das Erscheinen der Kinder- und Hausmärchen. Dieses Jubiläum nahm die Universität Kassel zum Anlass, einen internationalen Kongress mit dem Titel Märchen, Mythen und Moderne. 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm zu veranstalten. Die vorliegenden Kongressbeiträge nähern sich dem populärsten Werk der Brüder Grimm sowohl literatur- und sprachwissenschaftlich als auch aus Sicht der Kinder- und Jugendliteratur, Psychologie und Pädagogik, Medienwissenschaft und interkulturellen Rezeptionsforschung. Über die Märchen hinaus finden sich Studien zum philologischen, lexikographischen, mythologischen und rechtshistorischen Werk der Brüder Grimm.

Zitierfähigkeit des eBooks

Diese Ausgabe des eBooks ist zitierfähig. Dazu wurden der Beginn und das Ende einer Seite gekennzeichnet. Sollte eine neue Seite genau in einem Wort beginnen, erfolgt diese Kennzeichnung auch exakt an dieser Stelle, so dass ein Wort durch diese Darstellung getrennt sein kann.

Inhalt

BAND 1

Vorwort

Holger Ehrhardt
Einleitung

Quellen und Konzepte

Heinz Rölleke
Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm und ihre Beiträger

Luisa Rubini Messerli
Lolivetta, Straparola und die Brüder Grimm

Ingrid Oesterle
Zeit – Zeiten – Erinnerung in Märchen Goethes und der Frühromantik

Wolfgang Bunzel
Kooperation und Konkurrenz – oder: Das Ende einer Freundschaft. Clemens Brentano und die Brüder Grimm im auktorialen Wettstreit um das ‚romantische‘ Märchen

Isamitsu Murayama
Zur Visualisierung einer Landschaft der ‚Naturpoesie‘ – die Brüder Grimm und Philipp Otto Runges Konzept einer ‚neuen Landschaft‘

Francesco Forlin
Gegen die Moderne. Zeit und Geschichte bei den Brüdern Grimm

Engy El Sawaf
Zur Frage der orientalischen Vorlagen und Quellen der Grimm’schen Märchen: Ein Vergleich zwischen Mädchen ohne Hände (KHM 31) und der Geschichte der Frau, die dem Armen ein Almosen gab aus Tausendundeine Nacht

Almut-Barbara Renger
Religion als Substrat und Zugabe: Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm im Spannungsfeld von Bedeutungsentleerung und -aufladung

Sabine Gruber
„eine ganz eigene Welt poetischer Schönheit“ – die Rezeption von Vuk Karadžićs pjesnarica im Freundeskreis der Brüder Grimm

Tradition, Poetik und Motivik

Lothar Bluhm
Die Kinder- und Hausmärchen zwischen Philologie und Spekulation. Möglichkeiten und Grenzen der Forschung

Ruth B. Bottigheimer
Stimmen aus der Vergangenheit

Dorothee Ostmeier
Politik des Wunderbaren: Nationale Identität und Utopie in ausgewählten Werken der Brüder Grimm

Günter Oesterle
Mythen und Mystifikationen oder das Spiel von simulatio und dissimulatio in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm

Hartwig Frankenberg
Rituale als narrative Organisatoren in den Märchen der Brüder Grimm

Joachim Theisen
Kausalität nach Gesetzen des Märchens.
Mittelalterliches und märchenhaftes Erzählen

Joanna Gospodarczyk
Das Hässliche in den Märchen der Brüder Grimm anhand der Ästhetik des Häßlichen von Karl Rosenkranz

Willem de Blécourt
The Witches of the Brothers Grimm

Urte Helduser
Behinderung als Märchen. Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm im Kontext des Monstren-Wissens um 1800

Cornelia Ilbrig
Juden und Schneider: Integration und Ausgrenzung durch Stereotypenbildung in Clemens Brentanos romantischen Märchen

Nikolas Immer
Leibspeisen. Zur Inszenierung und Funktionalisierung von Ernährung in den Kinder- und Hausmärchen

Dorota Michułka
Grimm’s Hans My Hedgehog and Katarzyna Kotowska’s Jeż as Stories about ‘Taming’ Through Love

Corona Schmiele
Das tapfere Schneiderlein. Oder: Wie man wird, was man ist

Märchenillustration

Andreas Beck
Die ‚Gattung Grimm‘ wird zum ‚Volksmärchen‘ – Ludwig Richters Illustrationen zu Johann Carl August Musäus’ Volksmährchen der Deutschen

Regina Freyberger
Märchenarabesken. Eugen Napoleon Neureuther (1806−1882)

Jasmin Schäfer
Das Rotkäppchen im Interieur. Robert Julius Beyschlags gemaltes Märchen nach den Brüdern Grimm

Rainer Zuch
Das Bild vom Märchen. Otto Ubbelohdes Illustrationen zur Jubiläumsausgabe der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 1907–1909

Burkhard Kling
Künstler illustrieren die Märchen der Brüder Grimm

Gundel Mattenklott
Märchenbilderbücher der Gegenwart.
Inszenierungen, Konzeptionen und Strategien

Hiroko Nishiguchi
Zur Geschichte der Illustrationen der Kinder- und Hausmärchen in Japan um 1900

Kristin Eckstein
Deutsche Erzählungen, japanische Ästhetik: Die Transkulturalität der Kinder- und Hausmärchen anhand Grimms Manga

Mareile Oetken
Schneewittchen schrecklich schön. Benjamin Lacombes bildkünstlerische Märchenbearbeitung

Adaptionen und mediale Transformationen

Helmut Schanze
Märchen-Buch. Mediale Transformationen der Märchenerzählung in der Romantik vom „Roman“ zum „Erziehungsbuch“

Manuel Bauer
Wie wird aus einem Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen ein Kunstmärchen aus Zamonien? Walter Moers’ Ensel und Krete und die Transformation eines romantischen Märchenmodells

Susanne Friede
Märchen – Symbol – Drama: die Schlüsselfunktion der Kinder- und Hausmärchen für die frühen symbolistischen Dramen Maurice Maeterlincks

Cindy K. Renker
Remnants of Grimms’ Fairy Tales and German Legends in (Post-)Holocaust Poetry from the Bukovina

Christin Niemeyer
Zwischen Magie und Propaganda – DEFA-Verfilmungen von Märchen der Brüder Grimm

Corinna A. Rader
Wo wohnt König Schneiderlein?
DEFA-Märchenschlösser zwischen Mittelalter und Romantik

Vinzenz Hoppe und Kaspar Renner
‚Eigensinnige Kinder‘ – Jacob Grimm und Alexander Kluge als Gründerfiguren einer neuen Geschichtspädagogik

Anika Ullmann
Once Upon TV – Telling Tales of the Twenty-First Century

David Nikolas Schmidt
Adaption von Grimm-Biographie und Grimm’scher Märchennovellistik im aktuellen Hollywood-Kino

Ingrid Tomkowiak
„In einem Schloss zu leben ist ganz herrlich.“ Aschenputtel im Film

Ute Dettmar
Rotkäppchen, revisited. Wie im Animationsfilm Die Rotkäppchen-Verschwörung (Hoodwinked!) Märchen erzählt werden

Tobias Kurwinkel
Märchenhafte Medientexte – mediale Märchentexte.
Wie DreamWorks’ Shrek das Märchen aktualisiert und weiterschreibt

Waltraud Maierhofer
Brüder, Ritter, Betrüger: Beschädigte Männlichkeit in Terry Gilliams Brothers Grimm

Susanne Schul
„Wer schön sein will …“ – Schönheit und Intersektionalität in Grimm’schen Märchenadaptionen des aktuellen Hollywoodkinos

Moon Sun Choi
Eine brisante koreanische Filmadaption von Hänsel und Gretel von Yim Pil Sung (2007)

Seigo Inoue
Wenn Kinder eine Grenze zwischen zwei Welten überqueren – Engelbert Humperdincks Hänsel und Gretel als ‚Fantasy-Oper‘

Autorenverzeichnis zu Band 1

Farbabbildungen ← IX | 1 →

Vorwort

Die Arbeit der Brüder Grimm, ihr Forschen und Sammeln ist eng verknüpft mit der Stadt Kassel. Hier verbrachten Jacob und Wilhelm 30 prägende Jahre ihres Lebens, hier begannen sie, angeregt durch ihre Lehrer und Freunde, sich dem germanischen Altertum zuzuwenden. Den 200. Geburtstag des ersten Bandes der Kinder- und Hausmärchen nahm die Universität Kassel deshalb zum Anlass, vom 17. bis zum 20. Dezember 2012 zu einem internationalen Kongress unter dem Titel Märchen, Mythen und Moderne. 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm einzuladen. 300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt nahmen diese Einladung an. 130 Vorträge befassten sich mit dem ganzen Spektrum des Grimm’schen Schaffens. Im Zentrum standen dabei zweifellos die Märchen. Es wurde nach den Vorläufern von und Einflüssen auf Märchen gefragt, die weltweite Wirkung und Rezeption der Kinder- und Hausmärchen sowie die Bedeutung des Sammlungsprinzips der Brüder Grimm für andere Nationalphilologien vorgestellt, narrative Konzepte und Motive, die Volks- und Kunstpoesie, die Heidelberger Romantik sowie Mythos und Mythologie im Märchen untersucht. Einzelne Sektionen widmeten sich den Märchenübersetzungen, den medialen (Illustrationen, Verfilmungen), musikalischen und szenischen Bearbeitungen sowie der Intermedialität der Kinder- und Hausmärchen. Ein deutlicher Schwerpunkt lag auf der Kinder- und Jugendliteratur, wobei u.a. die Märchen im Kontext der Literatur des 19. Jahrhunderts dargestellt und didaktische Konzepte, Vermittlungsaspekte sowie intertextuelle Bezüge untersucht wurden. Auch Biographen der Brüder kamen zu Wort, die deren politische Bedeutung, aber auch Ideologisierung ausloteten. Und schließlich gerieten sowohl die philologischen, sprachwissenschaftlichen und lexikographischen Arbeiten in den Blick als auch Vermarktungsstrategien der berühmten Brüder und die Bedeutung, die den Märchen in Psychologie und Psychotherapie zukommt.

Jedes einzelne dieser großen Themenfelder wurde mit einem Plenarvortrag eingeführt: Der bekannte Märchenforscher Heinz Rölleke referierte über die Grimm’schen Märchenzuträger, Eugen Drewermann über religiöse und psychoanalytische Aspekte der KHM, der neuseeländische Germanist Alan Kirkness stellte seine neuesten Forschungen zum Grimm’schen Wörterbuch vor, Walter Haas von der Universität Freiburg/Schweiz würdigte Jacob Grimms sprachwissenschaftliche Leistungen in dessen Deutscher Grammatik und Kristin Wardetzky schlug das unbekannte Kapitel des Märchenstreits im Nachkriegsdeutschland auf. Der damalige Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse hielt ein eindrückliches Plädoyer für die Sprachenvielfalt und die Pluralität kultureller Identitäten im europäischen Raum.

Nicht nur der anregende wissenschaftliche Diskurs, auch ein breites Rahmenprogramm und die überaus gute Atmosphäre trugen zum Gelingen des Kongresses bei. Dieses schlägt sich nicht zuletzt in der vorliegenden Publikation nieder, zu dem 95 Vortragende ihre Beiträge geliefert haben. Ihnen gilt unser aufrichtiger Dank.

Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die großzügige Unterstützung der Tagung, den vielen privaten Spendern und Sponsoren sowie der Theo-Münch-Stiftung für den finanziellen Beitrag zu dieser Kongresspublikation.

Besonderer Dank gilt dem Verlag Peter Lang für die Aufnahme in sein Verlagsprogramm, insbesondere Herrn Ühlein für seine Geduld und professionelle Beratung. ← 1 | 2 →

Schließlich danken wir allen studentischen Hilfskräften, die uns bei der Durchführung des Kongresses in den einzelnen Sektionen unterstützt und den reibungslosen Ablauf sichergestellt haben.

Und wenn nun endlich zu Beginn des Jahres 2015 dieser Kongressband ausgeliefert werden kann, so feiern wir damit erneut einen 200. Geburtstag, den des zweiten Bandes der Kinder- und Hausmärchen nämlich, wie uns Jacob in einem Brief an Wilhelm Grimm vom 18. Januar 1815 wissen lässt: „Die Märchen hab ich endlich erhalten.“

Kassel, im Oktober 2014Die Herausgeber

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Holger Ehrhardt

Einleitung

Der Mythos ist im eigentlichen und übertragenen Wortsinn von Beginn an mit den Kinder- und Hausmärchen (KHM) der Brüder Grimm aufs engste verwoben.1 In einem frühen Aufsatz, 1807 im Neuen Literarischen Anzeiger veröffentlicht,2 weist Jacob Grimm darauf hin, dass in verschiedenen Werken der alten europäischen Literatur einzelne Erzählzüge wiederholt werden, was ein Beweis für deren echt poetische Bestandteile bzw. deren epischen Charakter sei.3 Seine dort vorgetragene These von der epischen Volkssage als ältester Geschichte eines Volkes untermauert er mit einem Motiv, das u.a. in der altnordischen Wilkinasaga, der altfranzösischen Berthasage und der mittelhochdeutschen Tristan-Überlieferung zu finden ist.

Wie oftmals begibt es sich nicht in den alten geschichten, dasz eine unschuldige königin, oder neugeborne kinder der grausamkeit wilder diener anvertraut, und von diesen in dem dunkelen wald ermordet werden sollen; dasz aber die mordknechte auf einmal gerührt werden, und weil sie die befohlenen zeichen der that zurückbringen müssen, mitlaufenden hündlein, oder ziegen u. s. w. herz und zunge ausreiszen.4

Dieser Erzählzug, der 1812 in der Erstausgabe der KHM im Sneewittchen (KHM 53) wiederkehrt, lässt sich in den zwei überlieferten handschriftlichen Urfassungen des Märchens allerdings so nicht finden, sondern dort wird der Königstochter lediglich befohlen, die Kutsche im Wald zu verlassen. Jacob Grimm setzt am Rande der handschriftlichen Mitschrift dieses Märchens hinzu: „weil sie hoffte, daß es die wilden Thiere bald verzehren sollten“, – vermutlich um den Text kohärenter zu machen. In der Druckfassung der Erstausgabe allerdings wird die oben erwähnte alte Sage ausführlich restituiert:

sie rief einen Jäger und sagte zu ihm: „führ das Sneewittchen hinaus in den Wald an einen weiten abgelegenen Ort, da stichs todt, und zum Wahrzeichen bring mir seine Lunge und seine Leber mit, die will ich mit Salz kochen und essen.“ Der Jäger nahm das Sneewittchen und führte es hinaus, wie er aber den Hirschfänger gezogen hatte und eben zustechen wollte, da fing es an zu weinen, und bat so sehr, er mögt ihm sein Leben lassen, es wollt nimmermehr zurückkommen, sondern in dem Wald fortlaufen. Den Jäger erbarmte es, weil es so schön war und gedachte: die wilden Thiere werden es doch bald gefressen haben, ich bin froh, daß ich es nicht zu tödten brauche, und weil gerade ein junger Frischling gelaufen kam, stach er den nieder, nahm Lunge und Leber heraus und bracht sie als Wahrzeichen der Königin mit, die kochte sie mit Salz und aß sie auf, und meinte sie hätte Sneewittchens Lunge und Leber gegessen.5 ← 3 | 4 →

Die mythologiegeschichtliche Grundüberzeugung der Brüder Grimm modifiziert den Text der Märchen so, dass dieser noch unzweifelhafter als „rezente[r] Zeuge“6 für die alten, mündlich überlieferten Mythen erscheint.7 In anderen Fällen werden solche Parallelen nur konstatiert als „leuchtender Beweis vom Uralter unseres Kindermärchens“ wie etwa die Gemeinsamkeiten zwischen dem Dornröschen-Märchen und dem „Svefnthorn, welchen Odin der Brynhild unters Haupt steckte, daß sie davon entschlief.“8 Beides, die auf Mythen verweisende Anmerkung sowie die mythische Archaisierung des Textes, lässt sich in den Kinder- und Hausmärchen nachweisen und auch in ihren späteren Arbeiten sind die Brüder Grimm nicht von dieser Auffassung abgewichen. Mehr noch: Jacob Grimm gibt sich 1846, in seinem Vorwort zur Liebrecht’schen Übersetzung des Pentamerone, überzeugt, diese Überlieferungen seien „wie sich immer unzweifelhafter herausstellt, die wunderbaren letzten nachklänge uralter mythen, die über ganz Europa hin wurzel geschlagen haben.“9

Die Reaktionen der Zeitgenossen sind zwiespältig. Es gibt Rezensenten, die den Gedanken der Brüder Grimm folgen,10 andererseits vernimmt man auch Protest, den prominentesten vielleicht von Friedrich Schlegel, der meint, „[w]enn man […] für jeden Trödel im Namen der ‚uralten Sage‘ Ehrerbietung begehrt, so wird in der That gescheiten Leuten allzu viel zugemuthet.“11

Die Sammlung der Kinder- und Hausmärchen steht also von Beginn an in einem genetischen Zusammenhang mit mythologischer Überlieferung, unabhängig davon, ob die Brüder Grimm – wie es Lothar Bluhm in seinem Beitrag zu diesem Band formuliert – „in dieser weiten mythologiegeschichtlichen Begründung einer Fiktion folgte[n] und einer Selbsttäuschung aufsaß[en], die einem zeitgenössischen Diskurs folgte,“ oder nicht. Ohne den Glauben der Brüder Grimm an den Mythos in der Volksüberlieferung hätte es keine Sammlung der Kinder- und Hausmärchen gegeben.

Welche Auffassung aber haben die Brüder Grimm vom Ursprung dieser Märchenerzählungen und ihrer Mythen? Alles wurde „fast nur in Hessen und den Main- und Kinziggegenden in der Grafschaft Hanau“12 gesammelt, einerseits also im vertrauten, Verwandten- und Bekanntenkreise und andererseits – besonders bedeutsam: in einer Gegend, die „alte Sitten und Ueberlieferungen besser aufbewahren kann.“13 Auch diese Überzeugung bewahrt Jacob Grimm bis ins hohe Alter. In seiner Geschichte der deutschen Sprache (1848) spitzt er diese Idee sogar noch zu: „Ich weiss kein andres deutsches volk, bei dem sich so viele erinnerungen an das heidenthum eng nebeneinander bewahrt hätten wie bei den Hessen, und zwar gerade in dem landstrich, der auch als hauptsitz der Chatten angesehn werden muss.“14 Doch trotz der Revision für ← 4 | 5 → die Zweitauflage der KHM von 1819, nach der „noch einmal geprüft, was verdächtig schien, d. h. was etwa hätte fremden Ursprungs oder durch Zusätze verfälscht seyn können, und dann alles ausgeschieden“15 sei, zeigt sich, dass auch bei ‚unverdächtigen‘ Beiträgern keine Gewähr für alte und älteste Überlieferung besteht. Neuere Forschungen zeigen – verwiesen sei besonders auf den hier abgedruckten Plenarvortrag von Heinz Rölleke –, dass die Überlieferungskette oft nicht in die germanisch-heidnische Zeit hinabreicht, sondern französische Vorfahren oder literarische Einflüsse die Erzählungen auch beeinflusst haben können. Der Mythos vom deutschen Mythos geht in einer europäischen, ja indoeuropäischen Erzähltradition auf.

Neben solchen Abschreibungen, die einige wissenschaftliche (hier: mythologiegeschichtliche) Auffassungen der Brüder Grimm betreffen, haben sich an die Märchen aber auch falsche Auffassungen und Fehlurteile – Mythen – der Rezipienten geheftet, die bis heute nur schwer zu korrigieren sind bzw. immer wieder neu entstehen.

Eine vermeintlich gesicherte Position der Grimm-Forschung besteht beispielsweise darin, dass Jacob und Wilhelm in Bezug auf die Bearbeitung der KHM entgegengesetzte Auffassungen vertreten haben, obwohl Gunhild Ginschel dies schon 1963 ausführlich widerlegt hat.16 Eine starke Mythenbildung hat auch bei der berühmtesten Märchenbeiträgerin der Brüder Grimm, Dorothea Viehmann, stattgefunden, – nicht nur durch die Grimm’sche Stilisierung zur idealtypischen, bäuerlichen Märchenfrau, sondern auch durch Hinzuerfindung oder Unterdrückung bestimmter Sachverhalte durch die Nachwelt.

In den letzten 200 Jahren sind die KHM ein Welterfolg geworden. Früh werden sie in andere Sprachen übersetzt: 1816 ins Dänische, 1820 ins Holländische, 1823 ins Englische, 1830 ins Französische. Noch zu Lebzeiten der Brüder Grimm gibt es Ausgaben u.a. in Italienisch, Schwedisch, Ungarisch und Armenisch.17 Ende des 19. und im 20. Jahrhundert kommen noch weitere Sprachen hinzu, so dass Ludwig Denecke 1965 in einem Ausstellungskatalog des Brüder Grimm-Museums Kassel feststellen kann: „Heute sind Übersetzungen in 63 Sprachen nachweisbar.“ Im Jubiläumskatalog 200 Jahre Brüder Grimm (1985) wird noch vorsichtig davon ausgegangen, dass die Märchen „in über 100 verschiedene Sprachen, Mundarten und Kulturdialekte der Welt übertragen worden sind.“18 Bis heute hat sich die Zahl der angeblichen Übersetzungen schließlich auf 160 gesteigert. Diese Meldungen finden sich oftmals zusammen mit der Behauptung, die KHM seien neben der Luther-Bibel [!] das am meisten übersetzte Werk deutscher Sprache. Belegbar sind im Bestand der Kasseler Brüder-Grimm-Sammlungen jedoch nur Übersetzungen in etwa 70 Sprachen und Dialekte; alle anderen Zahlen und Meldungen entbehren derzeit einer nachprüfbaren Grundlage.19

Ähnliche Mythen heften sich an die immer neu angefachten Versuche, die Grimm’schen Märchen als ungeeignet für Kinder darzustellen. Auf den jeweils herrschenden pädagogischen Kontext schauend, wird häufig übersehen, dass es schon seit der Antike zum erzieherischen Repertoire gehört, Kinder mit Märchen nicht nur ← 5 | 6 → zu unterhalten und zu erfreuen, sondern auch durch Einschüchterung und Angst zu erziehen.20 Trotz aufklärerischer und philanthropischer Reformen und Neuansätze der Pädagogik im 18. Jahrhundert wirkt dieses Strafprinzip auch noch bei den Lehrern der Brüder Grimm, wie wir aus Ludwig Emil Grimms Erinnerungen aus meinem Leben wissen. Der Steinauer Präzeptor Zinckhan sperrte seine Schüler ein, sie „bekamen oft Schläge, […] beinahe alle Tage. Er hatte Stöcke und kurze lederne Peitschen, denen er Namen gegeben hatte“. Ludwig Emil Grimm schreibt, er wüsste niemanden, „vor dem [er] in seinem Leben mehr in Furcht gewesen wäre, wie vor diesem Präzeptor Zinckhan.“21 Und von Wilhelm Grimm selbst wissen wir, dass ihm das pädagogische Prinzip der Einschüchterung bewusst war: „Das Märchen von dem Schlachten hab ich in der Jugend von der Mutter erzählen hören, es hat mich gerade vorsichtig und ängstlich bei Spielen gemacht“.22 Überhaupt wäre die Beachtung des brieflichen Disputs zwischen Achim von Arnim und den Brüdern Grimm,23 in dem sich dieses Zitat findet, sehr erhellend und hätte manch unnötige spätere Diskussion erspart. So war es immer im Sinn der Brüder Grimm, dass Eltern ihren Kindern die Märchen vorlesen – und bei Bedarf zensieren – sollten:

Und den Zweck und das Wesen der Kindermärchen möchte ich nicht mit Dir darin setzen, daß die Kinder dadurch zu einer freudigen Selbstbeschäftigung geführt und zu Weitererfindungen gebracht würden. Sie gründen sich auf die innere Lust zu hören, die Kinder wie Erwachsene haben.24

Es wird zu zeigen sein, dass hier keine Rechtfertigungsrhetorik vorliegt, sondern Jacob Grimm sich durchaus konform weiß mit den pädagogischen Auffassungen seiner Zeit.

Insbesondere bei dieser Diskussion gilt, was Ludwig Denecke seinem Buch Jacob Grimm und sein Bruder Wilhelm programmatisch voranstellte: „Fehlurteile der Gegenwart beruhen weitgehend auf mangelnder Kenntnis der Sachverhalte.“25

In einem wichtigen Entstehungszusammenhang mit den Märchen steht auch die Stadt Kassel, der Ort, an dem die Märchen nicht nur gesammelt und aufgeschrieben wurden, sondern wo auch die wichtigsten Beiträgerfamilien wohnten: die Wilds und die Hassenpflugs oder die Schwestern Ramus, die den Brüdern Grimm die Bekanntschaft mit Dorothea Viehmann vermittelten. Kassel ist aber auch – was oft übersehen wird – der Ort, aus dem die Mutter der Brüder Grimm stammt und wo sich ihre Wurzeln bis ins frühe 16. Jahrhundert nachweisen lassen.26

1805 bietet sich dem Besucher der kurhessischen Residenzstadt – so Johann Christian Krieger in einer historisch-topographischen Beschreibung – eine Stadt mit „all ihren prächtigen Plätzen, stolzen Pallästen und unzähligen Sehenswürdigkeiten“, ← 6 | 7 → welche sie würdig machen, „unter den vorzüglichsten Städten Europa’s einen Platz einzunehmen.“27 Ein anderer Besucher, Karl Gottlieb Küttner, sieht jedoch hinter der glänzenden fürstlichen, von Hofleuten und Adel bestimmten Residenzfassade die Kehrseite der Fuldastadt: „Hier sehen Sie unter der Bürgerschaft wenig von dem, was Handel, gute Nahrung, oder Wohlstandt verriethe; Sie begegnen wenig wohlgekleideten Menschen, und eine Kutsche ist eine seltene Erscheinung: und dann ist sie nicht eben sehr elegant.“28 Dieses Bild bürgerlicher Dürftigkeit mag für die Jahre stehen, die die Brüder Grimm von 1798 an in Kassel verbringen, für das Ancien Régime, in dem die Tante Henriette Philippine Zimmer, Kammerfrau der Landgräfin und späteren Kurfürstin, dafür sorgt, dass ihre Neffen als Schüler am Kasseler Lyceum Fridericianum eine angemessene Schulbildung erhalten.

Nach der Rückkehr vom Studium an der Landesuniversität in Marburg beziehen die Brüder eine Wohnung in der Marktgasse der Kasseler Altstadt. Zwar sind sie nach Jahren der Trennung wieder mit ihrer Mutter und den Geschwistern vereint, doch sie erleben bald die Flucht des Kurfürsten und der Tante Zimmer, – schließlich im November 1806 den Einzug der Franzosen, womit sich auch ihr Alltag grundlegend ändert. Die Stadt wird in diesen Tagen zwar bunter; es werden „glänzende Kaufläden [errichtet], französische Schneider schnitten die Zwickelkleider und ‚kurzen‘ Taillen zu und französische Haarkräusler lösten die deutschen Zöpfe und drehten Löckchen und schlangen Haarschleifen à la impératrice“29, doch muss Jacob Grimm seine Stelle als Sekretär im Kriegskollegium aufgeben und sich um eine neue Stelle im westphälischen Dienst bewerben. Hier und jetzt beginnt die von Clemens Brentano angeregte Sammlung der Kinder- und Hausmärchen.

Die Töchter des gegenüber wohnenden Nachbarn, des Apothekers Johann Rudolf Wild, Dortchen, Gretchen, Lisette und Marie, junge Frauen im Alter zwischen 13 und 24 Jahren, sind es, die Jacob und Wilhelm Grimm über 30 Märchen erzählen, ebenso die befreundete Familie Hassenpflug, die etwa 40 Märchen beiträgt. Sich dies vergegenwärtigend mag man in der Metaphorik der ersten Sätze der Vorrede der KHM durchaus auch eine versteckte politische Botschaft herauslesen, wenn ein „Sturm oder anderes Unglück, vom Himmel geschickt, eine ganze Saat zu Boden geschlagen, daß noch bei niedrigen Hecken oder Sträuchen, die am Wege stehen, ein kleiner Platz sich gesichert und einzelne Aehren aufrecht geblieben sind.“30 Es sind eben nicht nur die alten Mythen, es sind die (vermeintlich) deutschen Mythen, die in der französischen Zeit aufgezeichnet werden – ein gleichsam mildes Sublimat von Resistance angesichts eines bekannten Bibliothekars, der sein Haus aus Franzosenhass sieben Jahre lang nicht verlässt.

Der vom 17. bis zum 20. Dezember 2012, also genau zum 200. Geburtstag der Kinder- und Hausmärchen in Kassel stattfindende internationale Kongress Märchen, Mythen und Moderne. 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, von dessen Beiträgen hier 95 in überarbeiteter Form vorliegen, wirft einen – natürlich selektiven – Blick auf die Phasen einer 200-jährigen Geschichte zwischen Auseinandersetzung und Mythisierung. Dabei soll die heutige Grimm-Forschung mit ihren ← 7 | 8 → verschiedenen Facetten, teilweise widerstreitenden Schulen und gegensätzlichen Auffassungen, zu Wort kommen.

‚Moderne‘ ist einerseits im klassischen Sinne verstanden als Epochenumbruch am Beginn des 19. Jahrhunderts, ebenso aber im Sinne einer Gegenwart, von der aus auf eine 200-jährige Rezeptions- und Wirkungsgeschichte zurückgeschaut werden soll. Die Publikation dieser Beiträge kann und will dabei keine vollständige Aufarbeitung dieses nur schwer überschaubaren Gebietes leisten, sondern vielmehr Neuansätze, Versuche, Methoden und Schulen aufzeigen, die sich dem Werk der Brüder Grimm nicht nur in den klassischen Grimm-Sparten – der Volkskunde, der Literatur- und Sprachwissenschaft, der Rechtsgeschichte und Mythologie – nähern, sondern auch unter dem Blickwinkel der Kinder- und Jugendliteratur, der Psychologie und Pädagogik, der Medienwissenschaft und der interkulturellen Rezeptionsforschung. Die Beiträge sind sieben Abteilungen zugeordnet, von denen sich die ersten sechs schwerpunktmäßig auf die KHM beziehen, in der letzten sind 11 Beiträge zum Philologischen, mythologischen und rechtshistorischen Werk zusammengefasst. Zu den Märchen finden sich 9 Beiträge in der Kategorie Quellen und Konzepte, 13 in Tradition, Poetik und Motivik, 9 in Märchenillustration, 16 in Adaptionen und mediale Transformationen, 13 in Märchen in Kinder- und Jugendliteratur, Didaktik und Psychologie, 24 in Wirkung und internationale Rezeption der Brüder Grimm.

Dass die Abteilung zur Wirkung und Rezeption dabei die meisten Beiträge versammelt, ist ein Indiz für die unverändert starke internationale Wahrnehmung der Kinder- und Hausmärchen. Aber nicht nur das: Auch die ‚Methode Grimm‘ ist ein nicht nur im 19. Jahrhundert nachgeahmtes Forschungsmodell, sondern es findet auch heute noch – bedenkt man die zeitgenössische Sammlung der Fon-Märchen des beninischen Märchenforschers Mensah Wekenon Tokponto – Nachahmung. Im vorliegenden Band sehen wir Beispiele, wie das Grimm’sche Sammlungsprinzip im 19. Jahrhundert vor allem in Nordeuropa wirkt (beispielsweise in den Arbeiten des finnischen Volkskundlers Elias Lönnrot) bzw. wie groß der Einfluss der Brüder Grimm in ganz Skandinavien auf die Sammlung von Volksmärchen war. In diesem Zusammenhang ist auch die Bemerkung des ungarischen Schriftstellers und Volkskundlers Georg von Gaal zu beachten, der in seinen Märchen der Magyaren (1822) klagt: „nirgends bot sich eine Frau Viehmännin zu williger Erzählung, nirgends ein Schreiber zu schlichter Aufzeichnung des Erzählten.“31 Eine ähnlich starke Bezugnahme auf die Brüder Grimm findet sich bei Johann Georg von Hahn, der nicht nur griechische und albanische (albanesische) Märchen nach ihrem Vorbild sammelt, sondern auch in seinen Mythologischen Parallelen (1859) den religionsgeschichtlichen Ansatz Jacob Grimms aufnimmt und eine Verbindung von griechischer und deutscher Mythologie sucht.

Bei der Rezeption der KHM bilden die Übersetzungen in andere Sprachen ein eigenes, kompliziertes Kapitel. Stellvertretend hierfür sei die Übersetzungsgeschichte ins Polnische genannt, die 1868 mit einer Auswahlausgabe einsetzt und in der es überwiegend Phasen mit Berührungsängsten und Eigenwilligkeiten gibt, so dass es erst 1982 zu einer Übersetzung aller 200 Märchen der „Großen Ausgabe“, allerdings ohne die Kinderlegenden, kommt. Eliza Pieciul-Karmińska geht in ihrem Beitrag auf dieses Kapitel polnisch-deutscher Literaturbeziehungen ein, indem sie die Eigenheiten der polnischen KHM-Übersetzungen analysiert und mit Beispielen aus ← 8 | 9 → der Praxis erläutert. Eine ähnliche Skepsis begegnet den Grimm’schen Märchen bis Ende der 1870er-Jahre in Portugal, wo die Kinderliteratur – so Maria Teresa Cortez in ihrem Aufsatz – bis dahin „an einen streng aufklärerischen Code gebunden, der dem Zauberhaften und Märchenhaften misstraute und einem moralisierenden Fundamentalismus verpflichtet war.“ Auf weitere Besonderheiten verweisen die Beiträge zu den französischen, spanischen, (brasilianisch-)portugiesischen, baskischen, tschechischen und slowenischen Übersetzungen der KHM. Andere Beiträge widmen sich sehr speziellen Themen wie der Übersetzung durch den Mitbegründer der Kommunistischen Partei Italiens, Antonio Gramsci, oder dem Einfluss der Grimms auf deutsche Missionare in Indien.

In der Abteilung Quellen und Konzepte sind diejenigen Beiträge versammelt, die sich Vorläufern der Brüder Grimm wie Casparo Lolivetta und Giovanni Francesco Straparola widmen oder zeitgenössische Einflüsse auf die Sammlung der Märchen untersuchen. Neben Heinz Röllekes Beitrag über einige Märchenbeiträger findet sich hier Wolfgang Bunzels anregende Betrachtung und Neubewertung der Beziehung zwischen den Brüdern Grimm und Clemens Brentano, die durchaus auch als Konkurrenzverhältnis beschrieben werden kann. Andere Beiträge widmen sich den Märchenkonzepten am Beginn des 19. Jahrhunderts oder besonderen Einflüssen, die auf die Märchen gewirkt haben, bisher übersehenen orientalischen Vorlagen oder etwa Philipp Otto Runges Konzept einer ‚neuen Landschaft‘ und seinen Zeichnungen, durch die – so Isamitsu Murayama – „die Grimms wohl nicht unwichtige Anregungen für ihre Verbildlichung der ‚Naturpoesie‘ erhalten“ haben. Ruth Bottigheimer stellt Textvergleiche zwischen den ältesten Märchenaufzeichnungen der Brüder Grimm und der KHM-Erstausgabe an und versucht die komplizierten Überlieferungszusammenhänge mit dem Begriff der ‚literarischen Oralität‘ neu zu fassen.

Die Abteilung Tradition, Poetik und Motivik wird von Lothar Bluhms Beitrag eingeleitet, der die Möglichkeiten und Grenzen einer nur noch schwer überschaubaren Märchenforschung aufzeigt. In dieser Rubrik finden sich unter anderem Motivuntersuchungen zum Hässlichen, zu Hexen, zum Monströsen, zur Ausgrenzung bestimmter Gruppen oder zur Leibspeisen in den Märchen neben narratologischen Studien zu den Märchenritualen oder zu mittelalterlichen Erzähltraditionen. Bemerkenswert ist hier der Beitrag von Joachim Theisen, der Parallelen zwischen der Konstitution mittelalterlichen Literatur an der Grenze von Mündlichkeit und Schriftlichkeit und den KHM erkennt, die dabei ähnlichen Gesetzen des Erzählens folgen, weil sie ein „dialogisch nicht erreichbar[es]“ Publikum einkalkulieren müssen.

Die Beiträge zu den Märchenillustrationen widmen sich sowohl berühmten Illustratoren des 19. und 20. Jahrhunderts, etwa Ludwig Richter, Eugen Napoleon Neureuther und Otto Ubbelohde, als auch zeitgenössischen Künstler wie Benjamin Lacombe. Hiroko Nishiguchis Studie über japanische Illustrationen um 1900 bzw. Kristin Ecksteins Studie über die Verwandlung deutscher Märchenerzählungen in japanische Mangas zeigen, wie auch die Illustrationsgeschichte der KHM die Internationalität und Transkulturalität der Grimm’schen Sammlung reflektiert.

Die Abteilung Adaptionen und mediale Transformationen beginnt mit dem Aufsatz von Helmut Schanze, der die Kinder- und Hausmärchen als „ein bildungspolitisch angeregtes und auch generell unterstütztes Unternehmen im Rahmen der Unterrichtsreformen im Königreich Westphalen“ vorstellt, wobei die Verwandlung des mündlich Erzählten in ein gedrucktes Märchenbuch als medialer Prozess beschrieben wird. Drei Beiträge befassen sich mit Märchentransformationen in literarischen Texten, den ← 9 | 10 → symbolistischen Dramen Maurice Maeterlincks, in der Nachkriegsdichtung der Bukowina bzw. in Walter Moers’ Ensel und Krete. Es überwiegen jedoch die Untersuchungen zu filmischen Adaptionen von Märchenstoffen – nach wie vor zu den Verfilmungen der DEFA, in einem zunehmenden Maße jedoch auch zu Hollywood-Verfilmungen. Hier im Band werden aktuelle Formen solcher Medialisierungen, die Intermedialität von Märchen überhaupt sowie Gender-Konstruktionen vorgestellt. David Nikolas Schmidts Beitrag zeigt dabei, wie durch die weltweite Rezeption Hollywoods auch die adaptierten Grimm’schen Stoffe einer neuen Mythisierung unterworfen sind:

In heutiger Zeit erfährt der Hollywood-Film als ein zentrales Medium der Mythenbildung eine weltweite Verbreitung. Als eine neuartige Form der medialen Umsetzung profitieren diese Filme ihrerseits von der Bekanntheit der Grimm’schen Märchen. Sie fördern aber zugleich auch die internationale Verbreitung Grimm’scher Märchen-Stoffe und der ‚Marke‘ Grimm. […] Es entsteht ein Kosmos populärer Mythen, der durch neu geschaffene Hollywood-Mythen immer wieder neu ergänzt und variiert wird.

Oder – wie es Ute Dettmar etwas schärfer formuliert – „die globale, cross- und multimediale Populärkultur [ist heute] zu einem kulturellen Recycling-Unternehmen in Sachen Märchen geworden.“ Dies ist vermutlich der bemerkenswerteste Aspekt der internationalen Grimm-Rezeption und -Adaption am Beginn des 21. Jahrhunderts.

Eine Reihe von Beiträgen, die ein sehr wechselvolles Kapitel der KHM aufzeigt, befindet sich in der Abteilung Märchen in Kinderliteratur, Didaktik und Psychologie. Rüdiger Steinlein verfolgt die literaturpädagogische Rezeption der KHM von einem Medium rein ästhetischer Erziehung hin zur privilegierten Textsorte des Muttersprachunterrichts im 20. Jahrhundert, von der Ablehnung in der Nachkriegszeit und in den Jahren nach 1968 bis zu einer Renaissance des Märchens im Zusammenhang mit seiner pädagogischen Psychologisierung. Verwiesen wird in diesem Beitrag – dabei sei an die weiter oben erwähnte Diskussion um die schädliche Wirkung der Märchen für Kinder erinnert – auf den Pädagogen Hermann August Niemeyer, der in seinen Grundsätzen der Erziehung und des Unterrichts (1796) Märchen als Kinderlektüre anrät, jedoch die elterliche Zensur für zwingend hält: „Nur sey […] die Auswahl der Fabeln und Mährchen streng, und der moralische Zweck immer hervorstechend.“32 Auch die Unterrichtshinweise des Pädagogen Ernst Christian Trapp (1787) – worauf Joachim Theisens Beitrag verweist – zeigen diesen Ansatz:

Wenn ich selbst meinen Kindern die nämlichen Geschichten erzähle, die sie ohne mich von jenen hören würden: so habe ich einmal den, hier zwar nur als Nebensache in Betrachtung kommenden Vortheil, daß die Kinder mir eins ihrer theuersten Vergnügen verdanken. Dann hab ich auch in meiner Gewalt, was und wie ich erzählen will; und darauf kommt viel an.33

Die Grimm’sche Idee von der elterlichen Zensur beim Märchenvorlesen fügt sich also – wie auch diese Beiträge des Kongressbandes ausweisen – nahtlos in pädagogische Auffassungen des ausgehenden 18. Jahrhunderts ein.

Weitere Aspekte der pädagogischen Rezeption der KHM finden sich im Beitrag von Bernd Dolle-Weinkauff, der auf die Herbart-Ziller’sche Schule im letzten Drittel ← 10 | 11 → des 19. Jahrhunderts als den Zeitpunkt verweist, an dem die KHM zur „führenden kinderliterarischen Gattung im deutschsprachigen Raum“ werden. Seine These mit Hinblick auf die Rezeption der KHM im ‚Proletarischen Märchen‘ besagt,

dass die in der zeitgenössischen Kinderliteratur gängigen, bürgerlich gewendeten Märchenphantasien als Mittel der kulturellen Unterdrückung des proletarischen Kindes fungierten und deshalb nur selektiv bzw. in gereinigter Form an das proletarische Kind weitergegeben werden sollten. Explizit geraten hier die Brüder Grimm als Sammler der mündlich überlieferten populären Erzählstoffe in die Kritik, während sie gleichzeitig als deren Bewahrer durch den Akt des Sammelns und Aufzeichnens durchaus hohe Wertschätzung erfahren.

Die Kongressbeiträge sparen die Rezeption der Kinder- und Hausmärchen in der Zeit des Nationalsozialismus aus. Darin zeigt sich ein generell zu beobachtendes Phänomen der Grimm-Forschung. Einige Momentaufnahmen mögen diese Lücke schließen.

1934 wird vom Reichsverwalter des Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB), Hans Schemm, die Dietrich-Eckart-Stiftung gegründet, die jährlich eine Liste mit Büchern ausgibt, mit denen Jugendliche im Laufe ihrer Entwicklung in Berührung kommen sollten. Die Liste umfasst zehn Titel, davon neun Titel nationalsozialistische Propaganda und als Nr. 10 die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm.

Der wissenschaftliche Assistent für Methodik des Deutschen an der Universität München, Josef Prestel, veröffentlicht 1938 beim Hueber-Verlag ein Heft mit dem Titel Märchen als Lebensdichtung. Das Werk der Brüder Grimm. Das Buch wendet sich, so das Vorwort, „an alle Märchenfreunde, will die Beziehung von Märchen und deutschem Volkstum klarlegen, wertet das Märchen als Ahnenerbe, rassisch-sittliches Schaubild und hohes Kunstwerk.“ Die 70 ausgewählten Märchen stellt Prestel ‒ neben anderen ‒ auch unter folgende Gesichtspunkte: „Hervorhebung der rassischen und erzieherischen Elemente; unterrichtliche Anregungen.“34

Die Hinweise zum Märchen Der Jude im Dorn (KHM 110) offenbaren die mittlerweile vollzogene Gleichschaltung von Literaturdidaktik und nationalsozialistischer Rassenideologie:

Der gute Handel ist das einzige Grimm-Märchen, in dem ein Jude in der für seine Rasse charakteristischen Gesinnung und Handlungsweise erscheint und ganz nach dem gesunden Volksempfinden seine Strafe erhält. […] Der Jude erfreut sich nicht am schönen Vogelgesang wie ein deutscher Mensch, sondern will den Sänger fangen und verkaufen. Als er sich mit Gold losgekauft hat, schmäht er aus sicherer Entfernung seinen Befreier und bringt ihn dann unter einer falschen … Angabe vor Gericht; schließlich stellt sich heraus, dass der Leuteschinder selber das Geld nur gestohlen hatte. Alles typisch jüdische Züge!35

Wiederum vier Jahre später, 1942, fragt der pensionierte Konrektor Johannes Siebert in Westermanns Monatsheften: „Sind die Grimmschen Märchen eine Gefahr für die heutige Jugend?“ Dieser Aufsatz, der vom Kurator der Reichsjugendbücherei und dem Herausgeber der 1942er-Ausgabe der KHM, Karl Hobrecker, zwar umgehend relativiert wird, zeigt auf bedrückende Weise, welches Verhältnis zur Gewalt einige Pädagogen nach neun Jahren nationalsozialistischer Herrschaft einnehmen. Siebert ← 11 | 12 → beklagt, dass seit 125 Jahren niemand den Sinn und Wert der Märchen erkannt habe, die vielmehr nur zur Unterhaltung, Phantasieanregung und Hebung der Sittlichkeit dienten. Eine derartige Überzüchtung des Gemütes und Zurückdrängung des Intellekts untergrabe die Tatkraft:

Unsere heutige Jugend, die hart wie Stahl, zäh wie Leder und flink wie ein Wiesel werden will, verlangt etwas anderes als eine alle Grenzen übersteigende Gemütserregung. […] Schon die Märchen, die „ein unvergleichlich hohes Lied des Kampfes singen“, können in hervorragender Weise dazu dienen, „jenen Kampfeswillen zu stärken und anzufeuern, der glücklicherweise in jedem deutschen Jungen und … Mädel aufs neue ungebrochen geboren wird.“ So bewertet man die Märchen heute einzig und allein nach ihrem heldischen Gehalte. […] Ihre Heldengestalten kämpften gegen alles, was wert war, vernichtet zu werden.36

Mit diesen Momentaufnahmen lässt sich leichter nachvollziehen, weshalb sich die literaturpädagogischen und bildungspolitischen Auseinandersetzungen im Nachkriegsdeutschland mit solcher Vehemenz vollziehen, wie sie im Beitrag von Kristin Wardetzky geschildert werden. In den 50er-Jahren weichen diese Vorbehalte einer weitgehenden Akzeptanz der KHM als Kinderlektüre, bis die Märchen nach 1968 als indoktrinierend und ideologisch wieder aus den Lektürelisten verbannt werden. Sonja Müller hat die Diskussionen der 1950er- und 60er-Jahre in ihrem Beitrag herausgearbeitet.

Die letzte Abteilung des Kongressbandes versammelt diejenigen Beiträge, die sich mit den Forschungsfeldern jenseits der Märchen befassen: Zum philologischen, mythologischen und rechtshistorischen Werk der Brüder Grimm. In sehr klaren Worten beleuchtet Walter Haas in seinem Beitrag zur Deutschen Grammatik Jacob Grimms eigenwillige Arbeitsweise sowie seine Stellung im sprachwissenschaftlichen Kontext seiner Zeit. Das Paradoxe an der heutigen Wahrnehmung der Grimm’schen Grammatik ist dabei, dass „seine Erkenntnisse auch über das Germanische hinaus zu selbstverständlichen Bestandteilen der Wissenschaft geworden sind. Der Nachteil solcher Selbstverständlichkeit ist, dass die Originalwerke kaum mehr besucht werden.“ Alan Kirkness, der Experte für das Deutsche Wörterbuch, eröffnet in seinem englischsprachigen Beitrag mit bisher teilweise unbekanntem Archivmaterial einen Blick auf den Schreibtisch der beiden Brüder Grimm, um die Entstehungsstadien dieses Werks vom Manuskript über die Korrekturbögen bis hin zum gedruckten Text nachzuvollziehen. Die anderen Beiträge dieser Abteilung drehen sich um Denkfiguren der Grimms, wissenschaftssoziologische und korpuslinguistische Überlegungen, Übersetzungstheorien und verschiedene Aspekte ihres mythologischen Werks.

200 Jahre nach dem Erscheinen der Grimm’schen Kinder- und Hausmärchen blicken wir also zurück auf den Beginn, wo die Suche nach den Mythen als ein wichtiges Motiv für die Sammlung der Märchen steht. Diese Veröffentlichung hat unüberschaubare Folgen: eine auch von Mythen verstellte, weitverzweigte Grimm- und Märchenforschung und eine fast 200-jährige weltweite Rezeption. Von Beginn an sind die Grimm’schen Märchen auch an einen Medienwandel geknüpft: Aus mündlichen Erzählungen wird ein Märchenbuch, das eine unglaubliche Wirkungsgeschichte entfaltet, zu einer eigenen Gattung wird, zum festen literarischen Wissen von Generationen gehört; ein Buch, das auf andere Literatur einwirkt, vielfältig adaptiert, illustriert wird und schließlich – wiederum medial transformiert – einen ‚Kosmos neuer Mythen‘ hervorbringt. ← 12 | 13 →

Literaturverzeichnis

Primärliteratur

Grimm 1807

Jacob Grimm: Von der Übereinstimmung der alten Sagen (1807). In: Kleinere Schriften. Bd. 4. Berlin 1869, S. 9–12.

Grimm 1813

Jacob Grimm: Bedeutung der Blumen und Blätter (1813). In: Altdeutsche Wälder. Bd. 1. Kassel 1813, S. 131–158.

Grimm 1846

Jacob Grimm: Vorrede zu „Der Pentamerone“ (1846). In: Kleinere Schriften. Bd. 8. Gütersloh 1890, S. 191–201.

Grimm/Steig 1904

Herman Grimm und Reinhold Steig (Hrsg.): Achim von Arnim und die ihm nahe standen. Bd. 3: Achim von Arnim und Jacob und Wilhelm Grimm. Stuttgart, Berlin 1904.

Grimm/Stoll 1913

Ludwig Emil Grimm: Erinnerungen aus meinem Leben. Hrsg. von Adolf Stoll. Leipzig 21913.

Grimm, A. L. 1809

Albert Ludewig Grimm: Kindermährchen. Heidelberg 1809.

Sekundärliteratur

Denecke 1965

Ludwig Denecke: Katalog der Ausstellung des Brüder Grimm-Museums in der Murhardschen Bibliothek der Stadt Kassel und Landesbibliothek. Kassel 1965.

Denecke 1971

Ludwig Denecke: Jacob Grimm und sein Bruder Wilhelm. Stuttgart 1971.

Gaal 1822

Georg von Gaal: Märchen der Magyaren. Wien 1822.

Ginschel 1963

Gunhild Ginschel: Der Märchenstil Jacob Grimms. In: Deutsches Jahrbuch für Volkskunde 9 (1963), S. 131–168.

Hennig/Lauer 1985

Dieter Hennig und Bernhard Lauer (Hrsg.): 200 Jahre Brüder Grimm. Die Brüder Grimm. Dokumente ihres Lebens und Wirkens. Bd. 1. Kassel 1985.

Kasseler Ausgabe 1998, Briefe, Bd. 1.

Brüder Grimm: Werke und Briefwechsel. Kasseler Ausgabe. Briefe. Bd. 1: Briefwechsel mit Herman Grimm. Hrsg. von Holger Ehrhardt. Kassel, Berlin 1998.

Knetsch 1932

Carl Knetsch: Ahnentafel des Kunsthistorikers Herman Grimm. Leipzig 1932. ← 13 | 14 →

Krieger 1805

Johann Christian Krieger: Cassel in historisch-topographischer Hinsicht. Nebst einer Geschichte und Beschreibung von Wilhelmshöhe und seinen Anlagen. Marburg 1805.

Küttner 1804

Carl Gottlieb Küttner: Reise durch Deutschland, Dänemark, Schweden, Norwegen und einen Theil von Italien, in den Jahren 1797. 1798. 1799. T. 1. Leipzig 21804.

Niemeyer 1970

August Hermann Niemeyer: Grundsätze der Erziehung und des Unterrichts. Hrsg. von Hans-Heinrich Groothoff und Ulrich Herrmann. Paderborn 1970.

Prestel 1938

Josef Prestel: Märchen als Lebensdichtung. Das Werk der Brüder Grimm. München 1938.

Röhling 2013

Jürgen Röhling (Hrsg.): Das poetische Kassel. Ein Lesebuch aus fünf Jahrhunderten. Berlin, Kassel 2013.

Schlegel/Böcking 1847

August Wilhelm von Schlegel’s sämmtliche Werke. Hrsg. von Eduard Böcking. Bd. 12. Leipzig 1847.

Siebert 1942

Johannes Siebert: Sind die Grimmschen Märchen eine Gefahr für die heutige Jugend? In: Westermanns Monatshefte (Dezember 1942), S. 173‒175.

Trapp 1787

Ernst Christian Trapp: Vom Unterricht überhaupt. Zweck und Gegenstände desselben für verschiedene Stände. Ob und wie fern man ihn zu erleichtern und angenehm zu machen suchen dürfe? Allgemeine Methoden und Grundsätze. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens von einer Gesellschaft praktischer Erzieher. Achter Theil. Hrsg. von Joachim Heinrich Campe. Wolfenbüttel 1787. ← 14 | 15 →

1Zu den verschiedenen Bedeutungsvarianten bei Grimm und zum heutigen Gebrauch vgl. den Beitrag von Harm-Peer Zimmermann in dieser Publikation.

2Nr. 36, S. 568–571.

3Vgl. Grimm 1807, S. 10.

4Ebd., S. 11.

5KHM 1812, Bd. 1, S. 239f.

6Denecke 1971, S. 53.

7Wobei nicht auszuschließen ist, dass den Brüdern Grimm eine Variante bekannt wurde, die dieses Motiv enthielt. Vgl. beispielsweise Grimm, A. L. 1809, S. 21, 27–34.

8Grimm 1813, S. 135, Anm. 3.

9Grimm 1846, S. 193.

10Vgl. Wiener allgemeine Literatur-Zeitung, 2.3.1813, S. 282f.: „Die Zurückbringung der Leber und der Zunge, die von einem Thier genommen sind, ist grosses Allgemeingut der alten Zeit und kommt an mehrern Orten vor, wir erinnern nur an die Genoveva.“

11Schlegel/Böcking 1847, Bd. 12, S. 391.

12KHM 1812, Bd. 1 [Vorrede], S. VII.

13KHM 1819, Bd. 1 [Vorrede], S. XIII.

14GdS 1848, Bd. 2, S. 578.

15KHM 1819, Bd. 1 [Vorrede], S. XIV.

16Ginschel 1963.

17Vgl. Denecke 1965, S. 37.

18Hennig/Lauer 1985, S. 565.

19Nach einer Überprüfung der Bestände des Brüder Grimm-Museums durch Susanne Völker, Stephan Franke und Daniel Rothen.

20Vgl. dazu KHM 1812, Bd. 1 [Zeugnisse für Kindermärchen], S. XXII: „Strabo I, 2. §. 3. ed. 1620. p. 19. Wir erzählen den Kindern, um sie zu ermuntern, angenehme Geschichten, und um sie abzuhalten, schreckliche Märchen, wie die von der Lamia, der Gorgone, von Ephialtes und Mormolyk.“

21Grimm/Stoll 1913, S. 39.

22Grimm/Steig 1904, S. 265 (Wilhelm Grimm an Achim von Arnim, 28. Januar 1813).

23Vgl. ebd., S. 263–265.

24Grimm/Steig 1904, S. 236f. (Jacob Grimm an Achim von Arnim, 29. Oktober 1812).

25Denecke 1971 [Vorwort], S. V.

26Vgl. Knetsch 1932, S. 8, Nr. 376–379.

27Krieger 1805, S. 2.

28Küttner 1804, S. 315.

29Röhling 2013, S. 193.

30KHM 1812, Bd. 1 [Vorrede], S. V.

31Gaal 1822, S. 5.

32Niemeyer 1970, S. 116.

33Trapp 1787, S. 155f.

34Prestel 1938, S. 1f.

35Ebd., S. 81.

36Siebert 1942, S. 173.

Quellen und Konzepte

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Heinz Rölleke

Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm und ihre Beiträger1

Es ist ein seltsames Phänomen, dass ein zweihundertjähriges Jubiläum des Erscheinens eines Buches gefeiert wird. Wir feiern sonst Geburtstage und Sterbetage von großen Persönlichkeiten, aber dass ein Buch eine derartige Hektik auslöst, ist sehr erstaunlich und ziemlich einmalig: Ein ganzes Jahr lang sind die Medien schon voll davon, wohin man schaut; es finden Kongresse statt, es finden Vorträge statt, es ist eine Gedenkmünze geprägt worden und es ist eine Gedenkbriefmarke herausgekommen. Dieses Buch, das fast auf den Tag genau vor 200 Jahren erstmals erschienen ist, hat es in sich. Es ist ein Stück Weltliteratur, es ist das bestbekannte, deutschsprachige Buch aller Zeiten und es ist – das sage ich als Germanist mit Trauer, aber auch mit stolzem Blick auf die Grimms – der letzte Rest literarischer Allgemeinbildung. Man kann heute bekanntlich nicht mehr ohne weiteres Kenntnis des Erlkönigs voraussetzen oder der Glocke, aber wenn man Dornröschen sagt, dann sagt noch fast jeder Deutsche: „Ja, das kenne ich.“

Es ist sinnvoll und sehr zu begrüßen, dass die zentrale Feier in diesen denkwürdigen Tagen hier in Kassel begangen wird. Besonders ist in diesem Zusammenhang das Engagement der Universität Kassel zu rühmen, die schon zuvor mit der Schaffung einer Grimm-Professur endlich ein Zeichen ihrer Verbundenheit und ihrer Verpflichtung gegenüber den Brüdern Grimm gesetzt hat. Das hat man in den Jahren seit der Gründung der Gesamthochschule Kassel in aller Welt schmerzlich vermisst. Außer der Verleihung des Ehrendoktors an den verdienstvollsten Grimm-Forscher der Nachkriegszeit, Ludwig Denecke, im Rahmen eines kleinen Grimm-Symposions im Jahre 1986 hatte sich lange Zeit so gut wie nichts getan. Umso dankbarer können die literarische Öffentlichkeit, aber auch die Stadt Kassel und das Land Hessen für das Arrangement dieser Tagung sein.

Wir feiern das Entstehen und Erscheinen dieses bedeutenden Buches in der Lokalität, die von der Marktstraße, der damaligen Wohnung der Brüder Grimm, nur ein paar Schritte entfernt liegt, wo die Brüder Grimm ihre frühesten Märchenaufzeichnungen und schließlich das Buch druckfertig gemacht haben. Darüber lässt sich kurz referierend zusammenfassen: Anfang 1807 exzerpierte Jacob Grimm, damals 22-jährig, eine Kurzfassung des nachmaligen Allerleirauh-Märchens aus Karl Nehrlichs Roman Schilly, der 1798 erschien und seither bis vor kurzem gänzlich verschollen war. Und dieses Exzerpt einer Allerleirauh-Version ist die allererste Spur der Grimm’schen Märchenarbeit, die fortan vor allem Wilhelm Grimm lebenslänglich beschäftigen sollte. Wenig später schreibt Wilhelm Grimm seiner 19-jährigen Nachbarin aus der Wild’schen Apotheke, Gretchen Wild, zwei Märchenerzählungen nach: Marienkind und Prinz Schwan (nachmals in den Anmerkungen zum Märchen Der Eisenofen verschwunden).

Die ersten Grimm’schen Märchenaufzeichnungen entstanden zu der Zeit, als Clemens Brentano seine jungen Mitarbeiter an den Folgebänden des seit 1805 ← 17 | 18 → erscheinenden Wunderhorns aufgefordert hatte, für ihn nicht mehr nur noch Volkslieder wie bisher, sondern nun auch Märchen und Sagen zu sammeln, die er, Brentano, romantisch überarbeiten, redigieren und in Druck geben wollte. Die Grimms konnten bei ihren ab sofort systematisch betriebenen Sammelbemühungen an eigene sporadische Vorarbeiten anknüpfen. Denn seit 1806 schon hatten sie im Zuge der Erstellung ihrer gewaltigen sogenannten Sagenkonkordanz auch Motive unter der Rubrik ‚Kindermärchen‘ festgehalten. Das sind die frühesten Zeugnisse, für Grimms damals eher zufällige Bekanntschaft mit mündlich tradierten Märchen, die sie in diesem frühen Stadium allerdings nicht um der Märchen selbst willen beachteten, sondern nur nach bestimmten Motiven durchsuchten. Diese Motivexzerpte sind in der Materialmasse der Sagenkonkordanz geradezu untergegangen. Die umfangreiche jahrelang betriebene Materialsammlung zu 972 Stichworten – im Druck sind das über 500 Seiten – ist 2006 erstmals überhaupt im Druck erschienen und zwar im Rahmen der Berliner Grimm-Ausgabe des Hirzel-Verlags. Zur Datierung, wer von den Brüdern Grimm und wann Kenntnisse eines bestimmten Märchenmotivs oder eines ganzen Märchens hatte, ist das eine unschätzbare Quelle. Jacob Grimm hatte diese Sammlung stets als die wichtigste und grundlegendste Arbeit der Brüder überhaupt bezeichnet. Sie blieb ziemlich genau 200 Jahre nach ihren Anfängen völlig unbeachtet, obwohl sie im Grimm-Nachlass stets öffentlich zugänglich war. Meine Edition ist seit den fünf Jahren, die seit der Erstauflage vergangen sind, wiederum kaum zur Kenntnis genommen, geschweige denn ausgewertet worden, obwohl hier reiche Forschungsergebnisse zu erwarten stehen. In meinen Augen ein Versäumnis der bisherigen Grimm-, aber auch der Märchenforschung, im Einzelnen wie im Allgemeinen.

Auch die Materialien dieser Grimm’schen Sagenkonkordanz sind ausschließlich in Kassel gesammelt worden wie auch die Märchen selbst, die zunächst entweder aus den Beständen der hiesigen Bibliothek oder der Privatbibliothek Clemens Brentanos oder eben durch Beiträger mündlicher Tradition gewonnen wurden. Diese Beiträger erzählten gewöhnlich in der Wohnung der Brüder Grimm in der Marktstraße ihre Märchen. Als Brentano das Gesammelte zu seinem eigenen Gebrauch verlangte, konnte ihm Jacob Grimm Ende Oktober 1810 an die 50 Märchenaufzeichnungen nach Berlin senden. Diese sogenannten ‚Urhandschriften‘ der nachmaligen Kinder- und Hausmärchen blieben zwar im Nachlass Brentanos erhalten, teilten aber fast das Schicksal der eben genannten Sagenkonkordanz. Erst mehr als 100 Jahre nach ihrem Entstehen kamen sie unter dem Titel Ölenberger Handschrift in einer höchst unzulänglichen lücken- und fehlerhaften Edition in die Öffentlichkeit, ehe sie 1975 endlich in einer vollständigen und korrekten Wiedergabe erschienen.

Obwohl Brentano in der Sache nichts mehr von sich hören ließ, sandten ihm die Grimms zunächst noch einige weitere Märchen sozusagen als Nachtrag zu, bis sie auf Anraten ihres Freundes Achim von Arnim, bei dessen Besuch in Kassel am 22. Januar 1812 beschlossen, eine eigene Veröffentlichung der von ihnen gesammelten (in eigenen Abschriften der an Brentano geschickten Märchen erhaltenen) Texte zu planen und vorzubereiten. Im Spätsommer 1812 sandten sie ihr Manuskript, das nunmehr 100 Stücke unter 86 Nummern umfasste, an den Berliner Verleger Georg Andreas Reimer in Berlin. Der brachte das Buch noch ohne den Untertitel Erster Band, denn der 1814 erscheinende zweite Band war seinerzeit noch nicht in Arbeit, im Dezember 1812 in seiner Berliner Realschulbuchhandlung heraus. Anlass genug für die Berliner Staatsbibliothek in diesen Tagen eine schöne Ausstellung und eine wissenschaftliche Vortragsreihe unter dem Titel Rotkäppchen kommt aus Berlin zu veranstalten. Das ← 18 | 19 → hat man in Kassel und in Hessen gar nicht gerne gehört und sagte, das ist eine Okkupation der eigenen Kulturleistung, aber Rotkäppchen hat nun einmal in deutscher Sprache im Druck seinen Geburtsort in Berlin gehabt. Das kann man der Stadt nicht nehmen und das ist in dieser Gestalt dann auch verbreitet worden und eben nicht in der Gestalt der Handschrift der Brüder Grimm, die ist natürlich den Kasselern und Hessen nicht zu nehmen.

Es soll nun um die Frage gehen, wer aus mündlicher Tradition Märchenbeiträge zur Grimm’schen Sammlung geliefert hat. Es ist eine Menge neuer Ergebnisse in dem jüngst erschienenen, von Albert Schindehütte illustrierten Buch enthalten. Wir haben da 25 dieser Beiträger ganz neu vorgestellt in ihrer Biographie und ihrem Bildungsstand, mit ihren Vorfahren, ihren Sprachkenntnissen, mit ihrer Verbindung zu den Brüdern Grimm und ihrem Repertoire. Was haben sie denn eigentlich erzählt? Wir haben auch Musterstücke von ihnen in die Sammlung aufgenommen, so dass sich für diese 25 Beiträger doch ein ganz neues Bild und ein ganz neuer Forschungsstand ergeben, das kann man ohne weiteres sagen. Insgesamt waren es übrigens 40 Beiträger, die aber nicht alle in dem umfangreichen Band Platz finden konnten.

Die frühere landläufige Meinung, die auch die frühe Wissenschaft unnachdenklich geteilt hat, stellte sich gern anonyme Erzähler aus dem sogenannten ‚einfachen Volk‘ vor, denen die märchensammelnd über Land ziehenden Brüder Grimm ihre Geschichten abgelauscht hätten. So liest man es gerade in diesen Tagen noch in der Bundesbahnillustrierten. „Jacob und Wilhelm Grimm“, steht da, „durchstreiften märchensuchend erst ihre Heimat, die Maingegenden, dann ganz Hessen, dann alle deutschen Lande und schließlich ganz Europa.“ Und dann weiter: „In den geheimnisvollen Wäldern, in lieblichen Auen und verträumten Fachwerkstädtchen sammelten die Grimms ihre weltberühmten Märchen, die heute UNESCO-Welterbe der Menschheit sind.“ In der Zeitschrift Psychologie heute las ich gerade einen Artikel über die „Philologen Grimm, die per Anschlag an Laternenpfählen in Kassel nach Helfern suchten – nach Marktfrauen, Dienstmägden oder Kutschern – die hinzutragen sollten was im Volk an Mythen kursierte.“ Die Psychologen beschäftigen sich ja gerne mit Märchen, aber so war es ganz und gar nicht. Es gibt keinerlei Zeugnisse dafür, dass die jungen Forscher Spinnstuben oder Kohlenmeiler besucht oder an die Türen der Bauernhäuser geklopft hätten, nach dem Motto: „Haben Sie nicht ein Märchen oder sowas?“ Das ist völlig undenkbar.

Es gibt einen einzigen Beleg, der ernst zu nehmen ist. Wilhelm Grimm ist einmal von Kassel nach Marburg gereist auf Empfehlung Brentanos, der sagte: „Da im Elisabethhospital sitzt ’ne alte Frau, die hat mir wunderbare Märchen erzählt und jede Menge. Ich hab mir Notizen gemacht aber ich krieg die nicht mehr zusammen. Da muss einer von euch nochmal hin und das mal richtig abhören.“ Und daraufhin ist dann Wilhelm Grimm sozusagen auf Dienstreise gegangen nach Marburg, hat sich um die alte Dame bemüht und schreibt schon nach zwei Tagen resigniert nach Kassel zurück: „Das Orakel will nicht sprechen.“ Also warum? Dem Brentano hat sie erzählt. Der konnte immer sehr gut mit Frauen jeden Alters umgehen. Wilhelm war noch sehr jung, war auf jeden Fall sehr linkisch und etwas ungeschickt im Umgang mit so einer alten Frau, die vielleicht auch ein bisschen heikel war. Denn er hat sich nachher erkundigt: „Warum erzählt die mir denn nichts?“ – Und da hieß es, sie hätte gesagt, sie müsste sich ja vor ihren Mitbewohnern schämen, wenn sie einem erwachsenen Menschen so einen Kinderkram erzählte. Also Kindern würde sie wohl Märchen erzählen, aber nicht im ernsthaften Sinne, und das haben wohl manche alten Leute ← 19 | 20 → so gehalten, übrigens auch die jugendlichen Märchenbeiträgerinnen Gretchen Wild und andere. Die haben fleißig Märchen erzählt bis zum Tag ihrer Hochzeit und dann absolut kein einziges mehr. Jacob Grimm hat darüber immer geraunzt: „Mit denen ist überhaupt nichts mehr anzufangen, wenn sie geheiratet haben. Jetzt haben sie nur noch ihren Mann im Kopf, jetzt scheuen sie sich Märchen zu erzählen. Warum denn auf einmal?“ Sie waren arrivierte Frauen, sie waren verheiratet. Wahrscheinlich hat der Ehemann gesagt: „Du machst mir das Zeug nicht mehr. Du machst uns lächerlich überall, wenn du hier Märchenkram erzählst.“

Ich glaube, so war das. Es war nicht einfach für die Brüder Grimm, an Beiträger heranzukommen. Und dass wir so lange gar nichts über diese Beiträger wussten oder völlig fehlinformiert waren, das liegt zum großen Teil an den Brüdern Grimm, aber auch an unserem jahrzehntelangen Umgang mit diesem Buch. Der amerikanische Kinderbuchautor Russell Hoban hat es mal auf den Punkt gebracht, er sagte: “When I was a child, it never occurred to me to wonder where these tales came from […]. Their first name was Grimm’s, their middle name was Fairy, their last name was Tales, and that was that.” Also bei ‚Grimm’s‘ fragt man nicht: „Ist das ein Familienname oder wer steckt dahinter?“ – Das sind einfach Grimm’s Fairy Tales. Mir ist in England noch häufig begegnet, dass die Kollegen sagten: „Na, die heißen doch nur so ‚Grimms Märchen‘, weil da so viele grimmige Texte drin stehen.“ Also keinerlei Interesse an der Frage: Wer steckt hinter diesen Märchen?

Wir als Kinder mussten uns dafür nicht interessieren und haben es auch wahrlich nicht getan, und in einem Alter, wo man dann auch mal fragt, welcher Autor hat denn eigentlich dieses Buch geschrieben, da hat man in der Regel keine Märchen mehr gelesen. Also fiel das biographisch zwischen alle Stühle – bei den Wissenschaften sowieso. Man schob die Grimms Märchen immer von der Germanistik auf die Volkskunde herüber und die schob sie wieder zurück und jeder sagte: „Das ist eure Sache, wir befassen uns da nicht weiter mit.“

Details

Seiten
XIV, 1207
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653031744
ISBN (MOBI)
9783653991963
ISBN (ePUB)
9783653991970
ISBN (Hardcover)
9783631792452
DOI
10.3726/978-3-653-03174-4
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (April)
Schlagworte
Deutsche Mythologie Kinder- und Jugendliteratur Deutsches Wörterbuch Deutsche Grammatik
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. XIV, 1207 S., 39 farb. Abb.

Biographische Angaben

Claudia Brinker-von der Heyde (Band-Herausgeber:in) Holger Ehrhardt (Band-Herausgeber:in) Hans-Heino Ewers-Uhlmann (Band-Herausgeber:in)

Claudia Brinker-von der Heyde, Germanistin/Mediävistin an der Universität Kassel. Holger Ehrhardt, Germanist an der Universität Kassel. Hans-Heino Ewers, Germanist/Kinder- und Jugendliteraturforscher an der Goethe-Universität Frankfurt a. M. Annekatrin Inder, Germanistin an der Universität Kassel.

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Titel: Märchen, Mythen und Moderne
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