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Rechtliche Rahmenbedingungen der Nutzung oberflächennaher Geothermie bei Großimmobilien

von Christoph Berlin (Autor:in)
©2014 Dissertation 447 Seiten

Zusammenfassung

Oberflächennahe Erdwärme wird zunehmend für die Gebäudeklimatisierung nutzbar gemacht. Die Arbeit widmet sich daher im Kontext des globalen Klimawandels und der steigenden Bedeutung erneuerbarer Energien den rechtlichen Rahmenbedingungen ihrer Nutzung. Dabei werden die bergrechtliche und die wasserrechtliche Zulässigkeit geothermischer Anlagen zur Beheizung und Kühlung von Großimmobilien untersucht. Dies umfasst zum einen die Aufarbeitung von Rechtsfragen, die sich bei der Anwendung des Bundesberggesetzes auf den fiktiven Bodenschatz Erdwärme stellen. Zum anderen werden wasserrechtliche Maßstäbe entwickelt, anhand derer die Gefahren für das Grundwasser infolge von Bohrungen sowie aufgrund seiner Erwärmung bzw. Abkühlung beurteilt werden können. Drohende Nutzungskonflikte bei der Erschließung von Erdwärme erörtert der Autor sowohl aus dem Blickwinkel der Wasserbehörden als auch zivilrechtlich unter Rückgriff auf die Regelungen des Nachbarrechts.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • 1. Teil: Einleitung – Klimawandel und Klimaschutz
  • A. Der globale Klimawandel
  • B. Zur Entwicklung des Klimas
  • I. Aktuelle Situation und Entwicklung des Weltklimas in den vergangenen Jahren
  • II. Prognose bis zum Ende des 21. Jahrhunderts
  • C. Die Möglichkeiten zur Reduzierung der CO2-Emissionen
  • I. Steigerung der Energieeffizienz
  • II. Ausbau der erneuerbaren Energien
  • III. Emissionshandel
  • IV. CO2-Speicherung
  • V. Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung
  • D. Die internationale Klimaschutzpolitik
  • 2. Teil: Der rechtliche Rahmen für den Klimaschutz in Europa
  • A. Der Klimaschutz auf Ebene der Europäischen Union
  • B. Der Klimaschutz auf Ebene der Bundesrepublik Deutschland
  • I. Das Integrierte Energie- und Klimaprogramm der Bundesregierung
  • II. Zu EEG und KWKG
  • III. Das EEWärmeG
  • IV. Weitere nationale Klimaschutzgesetze
  • V. Das Energiekonzept der Bundesregierung
  • VI. Zur Bedeutung der erneuerbaren Energien
  • 3. Teil: Die Nutzung von Erdwärme als Energiequelle
  • A. Allgemeines
  • B. Begrifflichkeiten
  • I. Geothermie
  • II. Oberflächennahe und tiefe Geothermie
  • C. Einzelheiten zur oberflächennahen Geothermie
  • I. Zur technischen Ausführung
  • 1. Zu den geschlossenen Systemen
  • a) Erdwärmesonden
  • b) Erdwärmekollektoren
  • c) Energiepfähle
  • 2. Zu den offenen Systemen
  • 3. Zu den sonstigen Systemen
  • II. Zahlen und Beispiele
  • D. Das Projekt GeoCITTI
  • 4. Teil: Zur bergrechtlichen Zulässigkeit der Nutzung oberflächennaher Erdwärme
  • A. Zur bergrechtlichen Einordnung von Erdwärme
  • I. Zum Bergrecht
  • II. Zum Anwendungsbereich des BBergG
  • III. Zur Systematik des BBergG: bergfreie und grundeigene Bodenschätze
  • 1. Die bergfreien Bodenschätze
  • 2. Die grundeigenen Bodenschätze
  • IV. Die Erdwärme als bergfreier Bodenschatz
  • 1. Zu möglichen Einschränkungen des Anwendungsbereichs des § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 b) BBergG
  • a) Zur Beschränkung des BBergG auf die Tiefengeothermie
  • aa) Zur Verwaltungspraxis in Bayern und Brandenburg
  • bb) Zur grammatikalischen und historischen Auslegung des § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 b) BBergG
  • cc) Zur systematischen Auslegung des § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 b) BBergG
  • dd) Zur teleologischen Auslegung des § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 b) BBergG
  • ee) Zwischenergebnis
  • b) Zur Notwendigkeit eines bestimmten Temperaturniveaus
  • aa) Zur Kommentierung des BBergG von Boldt/Weller
  • bb) Zur Auslegung des Gewinnungsbegriffs (§ 4 Abs. 2 BBergG)
  • cc) Zur Abgrenzung von Gewinnungsbetrieb und Nutzungsbetrieb
  • dd) Zwischenergebnis
  • c) Fazit: Zugrundelegung eines umfassenden Erdwärmebegriffs
  • 2. Zur Anwendbarkeit des BBergG auf die Speicherung thermischer Energie im oberflächennahen Untergrund
  • a) Kein Untergrundspeicher im Sinne des § 4 Abs. 9 BBergG
  • b) Zur analogen Anwendung des § 2 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 9 BBergG
  • c) Die unterirdische Speicherung thermischer Energie als Gewinnung von Erdwärme im Sinne des § 4 Abs. 2 BBergG
  • d) Zur Verwaltungspraxis der Bergbehörden
  • e) Zwischenergebnis
  • V. Zur Bedeutung von Sole als bergfreier Bodenschatz gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 BBergG
  • B. Zur bergrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit der Erschließung oberflächennaher Erdwärme
  • I. Zur Auslegung der Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 2 Nr. 1 BBergG
  • 1. Zum bergrechtlichen Grundstücksbegriff
  • 2. Zur Abgrenzung nach den thermischen Auswirkungen der Erdwärmeerschließung
  • 3. Zur Abgrenzung nach dem Zweck der Erdwärmeerschließung
  • 4. Eigene Überlegungen zur Auslegung des § 4 Abs. 2 Nr. 1 BBergG
  • a) Zur Bedeutung von Nutzungskonflikten für die Auslegung des § 4 Abs. 2 Nr. 1 BBergG
  • b) Zu weiteren Aspekten der Auslegungsproblematik
  • aa) Zu den praktischen Problemen bei der Bemessung von Bewilligungsfeldern
  • bb) Zu den Folgen für die zukünftige Geothermienutzung
  • cc) Zu den Vorteilen einer weiten Auslegung des § 4 Abs. 2 Nr. 1 BBergG
  • c) Zur Rechtsnatur der Erdwärme im Fall des § 4 Abs. 2 Nr. 1 BBergG
  • 5. Ergebnis
  • II. Zur Bedeutung der Probebohrungen im Rahmen von Geothermal Response Tests
  • C. Zur Genehmigungsfähigkeit der Erschließung oberflächennaher Erdwärme gemäß §§ 11 und 12 BBergG
  • I. Zu den Grundzügen der gesetzlichen Regelung
  • II. Zu den Versagungsgründen der §§ 11 und 12 BBergG im Einzelnen
  • III. Zur Anwendung der §§ 11 und 12 BBergG auf die oberflächennahe Geothermie
  • IV. Fazit
  • D. Zum Betriebsplanverfahren gemäß §§ 51 ff. BBergG
  • I. Zur Betriebsplanpflicht gemäß § 51 Abs. 1 BBergG
  • II. Zur Befreiung von der Betriebsplanpflicht gemäß § 51 Abs. 3 BBergG
  • III. Zu den Voraussetzungen der Betriebsplanzulassung
  • IV. Zum Verhältnis von Genehmigungsverfahren und Betriebsplanverfahren
  • V. Zur Anzeigepflicht nach § 50 BBergG
  • E. Zur Anzeigepflicht gemäß § 127 Abs. 1 Nr. 1 BBergG für Bohrungen über 100 m Länge
  • F. Zu weiteren Regelungen im Rahmen der Zulassung einer Geothermie-anlage
  • I. Zum Lagerstättengesetz
  • II. Zu den Regelungen über die Feldes- und Förderabgabe
  • G. Zusammenfassung
  • 5. Teil: Zur wasserrechtlichen Zulässigkeit der Nutzung oberflächennaher Erd- wärme
  • A. Zu den wasserrechtlichen Grundlagen
  • I. Das WHG und die Wassergesetze der Länder
  • II. Zu den unionsrechtlichen Vorgaben
  • III. Zu den weiteren relevanten Regelwerken
  • B. Zur wasserrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit der Nutzung oberflächennaher Geothermie
  • I. Die öffentlich-rechtliche Benutzungsordnung nach dem WHG
  • II. Zu den verschiedenen Formen wasserrechtlicher Gestattungen
  • III. Die geothermische Nutzung des Untergrundes als wasserrechtlicher Benutzungstatbestand
  • 1. Die Errichtung einer Geothermieanlage als wasserrechtliche Benutzung
  • a) Zur Erfüllung des echten Benutzungstatbestands des § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG
  • b) Zur Bedeutung der Ausnahmevorschrift des § 49 Abs. 1 Satz 2 WHG
  • c) Fazit
  • 2. Der Betrieb einer Geothermieanlage als wasserrechtliche Benutzung
  • a) Zur Genehmigungsbedürftigkeit geschlossener Systeme
  • aa) Zum Vorliegen einer unechten Gewässerbenutzung gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG
  • 1) Zur Auslegung des § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG
  • 2) Zu den Auswirkungen des Sondenbetriebs auf das Grundwasser
  • 3) Zur Genehmigungsbedürftigkeit von Kleinanlagen bis 30 kW
  • 4) Zur Verwendung wassergefährdender Stoffe
  • bb) Zum Verhältnis zwischen § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG und § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG
  • cc) Fazit
  • b) Zur Genehmigungsbedürftigkeit offener Systeme
  • aa) Zum Vorliegen einer echten Gewässerbenutzung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 WHG
  • bb) Zum Vorliegen einer echten Gewässerbenutzung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG
  • cc) Fazit
  • 3. Zur Sonderregelung des § 119 Abs. 3 LWG S-H
  • C. Zur wasserrechtlichen Genehmigungsfähigkeit der Nutzung oberflächennaher Geothermie
  • I. Beurteilungsmaßstab: § 12 WHG
  • 1. Zum Vorliegen schädlicher Gewässerveränderungen im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG
  • a) Zur Bestimmung des „Wohls der Allgemeinheit“
  • b) Zu den Voraussetzungen einer Gemeinwohlbeeinträchtigung
  • c) Zur konkreten Abwägung bei geothermischen Nutzungen des oberflächennahen Untergrundes
  • aa) Zu den Auswirkungen geothermischer Großanlagen auf das Grundwasser
  • 1) Zu den Auswirkungen der Anlagenerrichtung
  • (aa) Hydrogeologisch ungünstige Standortbedingungen
  • (bb) Wasserwirtschaftlich ungünstige Standortbedingungen
  • (cc) Fazit
  • 2) Zu den Auswirkungen des Anlagenbetriebs
  • (aa) Zu den Auswirkungen auf die Temperatur des Grundwassers
  • (bb) Zu den Folgen einer Temperaturveränderung für das Grundwasser
  • (cc) Zur Bestimmung der Schädlichkeitsgrenze im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 WHG
  • (1) Zur Bedeutung von Temperaturgrenzwerten
  • (aaa) Zur nationalen und internationalen Rechtslage
  • (bbb) Zu den Nachteilen einer gesetzlichen Festlegung von Grenzwerten
  • (ccc) Beispiel: Erdwärmesondenfeld des CITTI-PARKS in Kiel
  • (2) Fazit
  • (dd) Zur Bedeutung sonstiger Grenzwerte
  • (ee) Zur Bedeutung von Abstandsregelungen
  • (ff) Zur Bedeutung von Störfällen
  • (gg) Zu den Besonderheiten bei Dublettenanlagen
  • (hh) Zwischenergebnis
  • bb) Zur Abwägung mit sonstigen Gemeinwohlbelangen
  • 1) Zu den Bewirtschaftungsgrundsätzen des § 6 WHG
  • 2) Zur ökologischen Nachhaltigkeit im Sinne des Art. 20 a GG
  • 3) Zu den Grundsätzen der Abwägung im Einzelfall
  • cc) Zu den besonderen Bewirtschaftungszielen für das Grundwasser gemäß § 47 Abs. 1 WHG
  • dd) Zum Besorgnisgrundsatz des § 48 Abs. 1 Satz 1 WHG
  • ee) Zur Beifügung von Inhalts- und Nebenbestimmungen
  • d) Zwischenergebnis
  • 2. Zur Verletzung sonstiger öffentlich-rechtlicher Vorschriften (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 WHG)
  • 3. Zum Bewirtschaftungsermessen gemäß § 12 Abs. 2 WHG
  • a) Zur Einschränkung des Ermessens durch unionsrechtliche Vorgaben
  • aa) Zu den Maßnahmenprogrammen im Sinne von § 82 WHG
  • bb) Zur Bedeutung der Maßnahmenprogramme für die Zulassung geothermischer Nutzungen
  • b) Zur Auflösung von Nutzungskonflikten durch die Wasserbehörde
  • aa) Zur Anwendbarkeit allgemeiner Grundsätze
  • 1) Zur Bedeutung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG)
  • (aa) Zu Art. 3 Abs. 1 GG als Maßstab für die Zulassung geothermischer Anlagen
  • (bb) Fazit
  • 2) Zur Ermessensdirigierung durch behördliche Bewirtschaftungskonzepte
  • (aa) Zur Zulässigkeit wasserbehördlicher Bewirtschaftungskonzepte
  • (bb) Zur Erstellung eines Bewirtschaftungskonzeptes im Einzelfall
  • (cc) Fazit
  • 3) Zum Zusammentreffen mehrerer Erlaubnis- oder Bewilligungsanträge
  • bb) Zur Bedeutung des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebotes
  • 1) Zum objektiv-rechtlichen Gehalt des Rücksichtnahmegebots
  • (aa) Zur grundlegenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
  • (bb) Zur Anwendung des Rücksichtnahmegebotes im Einzelfall
  • (1) Zur Konkurrenz mehrerer oberflächennaher Anlagen
  • (aaa) Zur Bestimmung der Zulassungsform
  • (bbb) Zur Festlegung von Maßstäben für die Ermessensausübung
  • (ccc) Zu den weiteren Handlungsmöglichkeiten der Wasserbehörde
  • (ddd) Zur Rücksichtnahme auf zukünftige Vorhaben
  • (2) Fazit
  • 2) Zur subjektiv-rechtlichen Seite des Rücksichtnahmegebots
  • II. Ergebnis
  • D. Zusammenfassung
  • 6. Teil: Zur Bedeutung sonstiger Rechtsgebiete für die Nutzung oberflächennaher Erdwärme
  • A. Zur Bedeutung des Bauordnungs- und des Bauplanungsrechts
  • B. Zur Bedeutung des Immissionsschutzrechts
  • C. Zur Bedeutung des Naturschutzrechts
  • D. Zur Bedeutung des Bodenschutzrechts
  • E. Zusammenfassung
  • 7. Teil: Zur Lösung nachbarlicher Nutzungskonflikte
  • A. Zur (vertikalen) Konkurrenz zwischen der Erschließung oberflächennaher und tiefer Geothermie
  • I. Zur Kollision bergrechtlich zugelassener Nutzungen in verschiedenen Tiefenstockwerken
  • 1. Zur aktuellen Rechtslage nach dem BBergG
  • 2. Zur möglichen Reformierung des Geviertfeldsystems
  • 3. Zwischenergebnis
  • II. Zur Kollision von grundstücksbezogener Erdwärmeerschließung (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 BBergG) mit der Gewinnung tiefer Geothermie
  • III. Fazit
  • B. Zur Lösung (horizontaler) nachbarlicher Nutzungskonflikte
  • I. Zur bergrechtlichen Lösung nachbarlicher Nutzungskonflikte
  • 1. Zur Sperrwirkung des Bergrechts
  • 2. Zur Subsidiarität zivilrechtlicher Ausgleichsansprüche
  • 3. Zwischenergebnis
  • II. Zur zivilrechtlichen Lösung nachbarlicher Nutzungskonflikte
  • 1. Zu den Vorschriften über das Eigentum (§§ 903 ff. und 1004 BGB)
  • 2. Zu den Besonderheiten bei der Nutzung von Erdwärme
  • a) Zum Abwehranspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB
  • aa) Zur Eigentumsbeeinträchtigung infolge fremder Erdwärmenutzung
  • 1) Zur Bestimmung des beeinträchtigten Rechtsgutes
  • 2) Zur Problematik der sog. negativen Einwirkungen
  • 3) Zwischenergebnis
  • bb) Keine Duldungspflicht gemäß § 1004 Abs. 2 BGB
  • 1) Zum Ausschließungsinteresse im Sinne des § 905 Satz 2 BGB
  • 2) Zu den Duldungspflichten aus § 906 BGB
  • (aa) Zur Duldungspflicht aus § 906 Abs. 1 BGB
  • (bb) Zur Duldungspflicht aus § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB
  • (cc) Zwischenergebnis
  • 3) Zur Duldungspflicht aus nachbarlichem Gemeinschaftsverhältnis
  • (aa) Zur Anwendbarkeit der Grundsätze über das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis
  • (bb) Zum Prioritätsprinzip als Abwägungskriterium
  • (cc) Zur Herbeiführung eines Gleichlaufs mit dem Wasserrecht
  • (dd) Zwischenergebnis
  • cc) Ergebnis
  • b) Zu sonstigen Ansprüchen des Grundeigentümers
  • aa) Zu Schadensersatzansprüchen gemäß § 823 BGB
  • bb) Zu möglichen Ausgleichsansprüchen des Grundeigentümers
  • 1) Zum Tatbestand des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs
  • 2) Zum Umfang des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs
  • cc) Ergebnis
  • III. Zur Konkurrenz zwischen grundstücksbezogener Erdwärmeerschließung (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 BBergG) und bergrechtlich bewilligter Erdwärmegewinnung
  • 1. Kein genereller Vorrang einer Gewinnungsberechtigung
  • 2. Zur Anwendung von Prioritätsprinzip und Rücksichtnahmegebot
  • 3. Fazit
  • C. Zusammenfassung
  • 8. Teil: Zusammenfassung in Thesenform
  • Literaturverzeichnis

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1. Teil: Einleitung – Klimawandel und Klimaschutz

Gegenstand dieser Arbeit sind die rechtlichen Rahmenbedingungen der Nutzung von Erdwärme bei Großimmobilien wie zum Beispiel Einkaufszentren, Bürohäusern, Hotels oder anderen gewerblichen Projekten. Derartige Großobjekte verfügen regelmäßig über geothermische Anlagen mit Leistungen von mindestens 100 kW1. Eine Heizleistung von 100 kW entspricht dabei ungefähr dem Bedarf von zehn bis zwölf Reihenhäusern oder einem kleinen Bürogebäude.2 Die Systematisierung anhand der thermischen Leistung einer Anlage steht in Übereinstimmung mit den geotechnischen und geothermischen Kategorien, wie sie im Eurocode 7 (DIN EN 1997 – Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik) und der bauaufsichtlich eingeführten DIN 1054 (Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd- und Grundbau) verwendet werden. Danach fallen in die geothermische Kategorie (GtK) 3 komplexe Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 kW und/oder schwierigen Baugrundverhältnissen bzw. komplexen Wechselwirkungen zur Umgebung, die für den Entwurf und die Bemessung vertiefte geotechnische und geothermische Kenntnisse und Erfahrungen der Ingenieure voraussetzen.3 Neben der (Heiz- oder Kühl-) Leistung kann zur Einstufung einer Anlage auch auf die Gesamtsondenmeter bei Erdwärmesonden oder die Förderleistung bei Brunnensystemen abgestellt werden. In diesem Fall ist von einer Großanlage auszugehen, wenn ein Erdwärmesondensystem über 2.000 Sondenmeter oder mehr und eine Brunnenanlage über eine Förderleistung von mehr als 20 m³/h verfügt.4

Der verstärkten Nutzung der Geothermie sowohl zur Stromproduktion als auch zur Wärmebereitstellung kommt im Rahmen der Klimaproblematik eine wachsende Bedeutung zu, weil sie als erneuerbare Energie geeignet ist, zur Verringerung des Ausstoßes von Kohlendioxid in die Atmosphäre beizutragen. Als Einstieg und zum besseren Verständnis des Gesamtkontextes soll zunächst ein Überblick über ← 19 | 20 → den derzeitigen Stand des Klimawandels sowie mögliche Maßnahmen zu seiner Bekämpfung gegeben werden.

A. Der globale Klimawandel

Die Auseinandersetzung mit dem globalen Klimawandel stellt eine der bedeutendsten Aufgaben für die Menschheit im 21. Jahrhundert dar. In der Fachliteratur wird der Klimawandel insoweit als „eine der größten ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Bedrohungen der Neuzeit“5 und zugleich als „eine der größten Herausforderungen für die internationale Sicherheit und das Wohlergehen der Menschheit“6 bezeichnet.

Unter Klimawandel versteht man im Allgemeinen eine Veränderung im Zustand des Klimas, die über einen Zeitraum von typischerweise Jahrzehnten oder länger andauert, durch statistische Prüfungen bestimmt werden kann und auf einer Änderung der Mittelwerte oder der Variabilität der Klimaeigenschaften beruht.7 Nach der anerkannten Definition des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change – IPCC), des sog. Weltklimarates, kann das Phänomen Klimawandel durch interne natürliche Schwankungen oder durch äußeren Antrieb oder durch fortwährende anthropogene, d.h. durch den Menschen verursachte, Veränderungen in der Zusammensetzung der Atmosphäre oder der Landnutzung zustande kommen.8 Wenn heutzutage von Klimawandel gesprochen wird, ist vor allem die globale Erwärmung gemeint, also die Erhöhung der planetarischen Mitteltemperatur in den letzten 100 Jahren, vornehmlich seit Ende der 1970er-Jahre. Dabei sind die die mittleren Temperaturen gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter von 14,5°C auf heute etwa 15,3°C angestiegen.9

Die globale Erwärmung ist eng verbunden mit dem sog. Treibhauseffekt, wobei zwischen natürlichem und anthropogenem Treibhauseffekt zu unterscheiden ist. Die Erdatmosphäre enthält einen natürlichen Anteil an Gasen, die Wärmestrahlung absorbieren und als Spurengase oder Treibhausgase bezeichnet werden. ← 20 | 21 → Die wichtigsten dieser Gase sind Wasserdampf (H2O), Kohlendioxid (CO2), Ozon (O3), Distickstoffoxid (N2O) und Methan (CH4). Sie lassen die von der Sonne auf die Erde einfallende, energiereiche Strahlung nahezu ungehindert passieren, absorbieren aber Teile der im Gegenzug von der erwärmten Erdoberfläche ausgehenden Strahlung und verringern auf diese Weise den Anteil der in den Weltraum abgegebenen Wärmestrahlung.10 Dies ist – vereinfacht dargestellt – die Wirkungsweise des Treibhauseffektes. Die von Natur aus in der Atmosphäre enthaltenen Treibhausgase haben eine große Bedeutung für das Klima: Der natürliche Treibhauseffekt bewirkt, dass die globale Mitteltemperatur in Bodennähe etwa 15°C beträgt; ohne Treibhausgase in der Atmosphäre läge die Erdmitteltemperatur bei -18°C und die Erde wäre eine Eiswüste.11 Der natürliche Treibhauseffekt führt also zu einer Temperaturerhöhung der Erdoberfläche von etwa 33°C und garantiert erst die optimalen Lebensbedingungen auf der Erde.12

Das gegenwärtige Klimaproblem beruht darauf, dass der Mensch seit Beginn der Industrialisierung durch den Ausstoß bestimmter klimarelevanter Spurengase, insbesondere des Kohlendioxids (CO2), die Konzentration dieser Gase in der Atmosphäre erhöht und damit den natürlichen Treibhauseffekt verstärkt hat. Dies wiederum führt zu einer Erhöhung der Temperatur der Erdoberfläche und der unteren Atmosphäre, da immer weniger Energie von der Erde an den Weltraum abgegeben werden kann.13 Der 4. Sachstandsbericht des IPCC kommt insoweit zu dem Ergebnis, dass der größte Teil des beobachteten Anstiegs der mittleren globalen Temperatur seit Mitte des 20. Jahrhunderts „sehr wahrscheinlich“ auf die Zunahme der anthropogenen Treibhausgaskonzentrationen zurückzuführen ist; „sehr wahrscheinlich“ bedeutet dabei eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 90 %14. Im 3. Wissensstandsbericht des IPCC aus dem Jahr 2001 war der Zusammenhang von gestiegenen Treibhausgaskonzentrationen und globaler Erwärmung noch lediglich als „wahrscheinlich“15 bezeichnet worden.16 Wichtigste Ursache für die Erhöhung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre ist die Verbrennung fossiler Energieträger wie Erdöl, Kohle und Erdgas, bei der ← 21 | 22 → unvermeidbar Kohlendioxid freigesetzt wird.17 Kohlendioxid ist mit einem Anteil am anthropogenen Treibhauseffekt von ca. 60 % das bedeutendste Treibhausgas, Methan hat einen Anteil von ca. 20 % und die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW’s) von knapp 15 %.18

Neben dem Verbrauch fossiler Brennstoffe liefern Landnutzungsänderungen (z.B. durch die Rodung von Wäldern) einen weiteren signifikanten, aber kleineren Beitrag zur Steigerung der atmosphärischen Kohlendioxidkonzentration.19 Der erhöhte Methangehalt in der Atmosphäre ist vornehmlich der Landwirtschaft und dabei der Nutzung wasserbedeckter Reisfelder sowie der Viehzucht mit immer größeren Herden zuzuschreiben.20 Dabei ist die Treibhauswirkung von Methan wesentlich stärker als diejenige von Kohlendioxid; allerdings wird das Methan in der Atmosphäre sehr viel schneller abgebaut als das Kohlendioxid, dessen besonderes Risiko gerade in der langfristigen Anreicherung liegt.21

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Zunahme der Treibhausgaskonzentrationen zu etwa 50 % auf den Verbrauch fossiler Brennstoffe, zu knapp 20 % auf die Chemieproduktion, zu 15 % auf die zunehmend intensiver betriebene Landwirtschaft und zu weiteren 15 % auf die Vernichtung der Wälder zurückzuführen ist.22

Seit Beginn der Industrialisierung ist die Konzentration bei Kohlendioxid um ca. 30 %, bei Methan um ca. 150 % und bei Distickstoffoxid um etwa 17 % angestiegen.23 In absoluten Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, dass sich die globale atmosphärische Kohlendioxidkonzentration von einem vorindustriellen Wert von etwa 280 ppm24 auf 390 ppm im Jahr 2010 erhöht hat.25 Dieser Wert übertrifft die aus Eisbohrkernen bestimmte natürliche Bandbreite der letzten 650.000 Jahre ← 22 | 23 → (180 bis 300 ppm) bei Weitem.26 Die Methankonzentration in der Atmosphäre ist gegenüber der Zeit vor der industriellen Revolution von einem Wert von etwa 715 ppb auf 1.774 ppb im Jahr 2005 gestiegen; dies übertrifft die natürliche Bandbreite der letzten 650.000 Jahre (320 bis 790 ppb) ebenfalls beträchtlich.27 Auch die atmosphärische Konzentration von Lachgas (Distickstoffoxid) hat zugenommen, und zwar von einem vorindustriellen Wert von 270 ppb auf 319 ppb.28

Im Jahr 1900 lag die Menge freigesetzten Kohlendioxids noch bei rund 100 Mio. Tonnen pro Jahr, 2004 waren es rund 38 Mrd. Tonnen.29 Insgesamt sind die globalen Treibhausgasemissionen zwischen 1970 und 2004 um 70 % gestiegen, diejenigen von Kohlendioxid um 80 %.30 Da das Wachstum vornehmlich in den Industrieländern stattgefunden hat, sind diese für rund 90 % der bis heute durch den Energieeinsatz entstandenen CO2-Emissionen verantwortlich.31 Im Jahr 2010 hat die Bundesrepublik Deutschland mit 827 Mio. Tonnen Kohlendioxid etwa 3 % der weltweiten Emissionen verursacht; auf jeden Bewohner Deutschlands entfallen damit umgerechnet mehr als 10 Tonnen des Kohlendioxidausstoßes.32 Zum Vergleich: Ein US-Amerikaner emittiert pro Jahr etwa 20 Tonnen Kohlendioxid, ein Chinese 4,6 Tonnen und ein Inder rund eine Tonne.33 Nach neueren Zahlen liegt der Pro-Kopf-Ausstoß von CO2 in China mittlerweile schon bei 7,2 Tonnen, während er in der Europäischen Union auf 7,5 Tonnen pro Kopf gesunken ist.34

Der auf den dargelegten Veränderungen der Konzentration der Spurengase in der Atmosphäre beruhende anthropogene Treibhauseffekt hatte bedeutende Auswirkungen auf das Klima der zurückliegenden Jahre und wird dies auch in Zukunft haben.

← 23 | 24 →

B. Zur Entwicklung des Klimas

I. Aktuelle Situation und Entwicklung des Weltklimas in den vergangenen Jahren

Dass sich das globale Klima infolge des anthropogenen Treibhauseffektes in den zurückliegenden Jahren erheblich verändert hat, belegt der 4. Sachstandsbericht des IPCC aus dem Jahr 2007. Darin wird die Erwärmung des Klimasystems als „eindeutig“ und aufgrund des beobachteten Anstiegs der mittleren globalen Luft- und Meerestemperaturen, des ausgedehnten Abschmelzens von Schnee und Eis und des Anstiegs des Meeresspiegels als „offensichtlich“ bezeichnet.35 So ist die globale Erdoberflächentemperatur in dem Zeitraum von 1850–1899 bis 2001–2005 um 0,76 [0,57 bis 0,95] °C gestiegen; dabei war die Erwärmungsrate der letzten 50 Jahre mit 0,13 [0,10 bis 0,16] °C annähernd doppelt so groß wie die der vergangenen 100 Jahre.36 Elf der zwölf Jahre zwischen 1995 und 2006 zählten zum damaligen Zeitpunkt zu den zwölf wärmsten Jahren seit Beginn der instrumentellen Messungen der globalen bodennahen Mitteltemperatur im Jahr 1850.37 Das Jahrzehnt 2000–2009 war zudem das wärmste seit Beginn der flächendeckenden globalen Messungen.38

Neben den Temperaturmessungen wird die globale Erwärmung durch zahlreiche weitere Beobachtungen bestätigt, wie zum Beispiel den weltweiten Gletscherschwund, das Schrumpfen des arktischen Meereises, den Anstieg des Meeresspiegels, das im Jahreslauf zunehmend frühere Tauen und spätere Gefrieren von Flüssen und Seen sowie das frühere Austreiben von Bäumen und Pflanzen.39 Dies lässt sich auch mit Zahlen belegen: So ist der mittlere globale Meeresspiegel im 20. Jahrhundert um geschätzte 0,17 [0,12 bis 0,22] m gestiegen. Dabei erhöhte sich die durchschnittliche Geschwindigkeit des Anstiegs von 1,8 [1,3 bis 2,3] mm im Jahr während des Zeitraums von 1961 bis 2003 auf etwa 3,1 [2,4 bis 3,8] mm im Jahr zwischen 1993 und 2003.40 In den Alpen haben die Gletscher seit Beginn der industriellen Revolution mehr als die Hälfte ihrer Masse eingebüßt, wobei sich ← 24 | 25 → der Rückgang zuletzt beschleunigt hat.41 Auch die Schneebedeckung der Nordhalbkugel hat sich seit 1960 um ca. 10 % verringert.42 Nicht zuletzt ist die durchschnittliche jährliche Ausdehnung des arktischen Meereises seit 1978 um 2,7 [2,1 bis 3,3] % pro Jahrzehnt geschrumpft, wobei die Abnahme im Sommer sogar bei 7,4 [5,0 bis 9,8] % lag.43 Dadurch wird der Klimawandel weiter verstärkt, weil die Erde über immer weniger Möglichkeiten verfügt, die Sonneneinstrahlung zu reflektieren. Denn Schnee und Eis reflektieren bis zu 80 % der Sonnenenergie, Wasser dagegen absorbiert sie.44

Es bleibt zudem zu berücksichtigen, dass das Klima aufgrund seiner Trägheit auf äußere Veränderungen immer mit einer Zeitverzögerung von einigen Jahrzehnten reagiert. Mithin ist nicht anzunehmen, dass heute schon die volle zu erwartende Reaktion des Klimasystems auf das Handeln des Menschen zu beobachten ist.45

II. Prognose bis zum Ende des 21. Jahrhunderts

Für die Zukunft bedeutet dies, dass sich die bereits zu beobachtenden Klimaentwicklungen weiter verstärken und neue Phänomene hinzukommen werden. Unter Zugrundelegung einer Reihe plausibler Szenarien für zukünftige Emissionen und unter Berücksichtigung der verbleibenden Unsicherheiten in der Berechenbarkeit des Klimasystems prognostiziert das IPCC im 4. Sachstandsbericht ohne zusätzliche Klimainitiativen einen globalen Temperaturanstieg zwischen 1,8°C und 4,0°C bis zum Jahr 2100 (beste Schätzung) bei einer wahrscheinlichen Bandbreite von 1,1°C bis 6,4°C.46 Dabei wurden die global gemittelten Temperaturerhöhungen für das Ende des 21. Jahrhunderts (2090–2099) mit den Werten aus dem Zeitraum von 1980–1999 verglichen. In den genannten Zahlen ist also die zwischen der vorindustriellen Zeit und dem Zeitraum 1980–1999 bereits erfolgte Erwärmung noch gar nicht enthalten. In dieser Zeit stieg das globale Mittel der bodennahen Lufttemperatur bereits um etwa 0,5°C, so dass man bis zum Jahr 2100 insgesamt zu einer voraussichtlichen globalen Erwärmung von 2,3°C bis 4,5°C gelangt. Einen Temperaturanstieg vergleichbarer Größenordnung gab es zuletzt vor etwa 15.000 Jahren, als die letzte Eiszeit zu Ende ging: Damals stieg die mittlere Erdtemperatur ← 25 | 26 → um ca. 5°C an.47 Allerdings erfolgte diese Erwärmung über einen Zeitraum von 5.000 Jahren – der Mensch droht nun einen ähnlich einschneidenden Klimawandel innerhalb eines Jahrhunderts herbeizuführen.48

Die Dimension des drohenden Klimawandels lässt sich an einem weiteren Beispiel verdeutlichen. In den letzten 600.000 Jahren schwankten die Temperaturen zwischen den Tiefstwerten einer Eiszeit, die bei rund 10°C lagen und Deutschland in eine einzige Eistundra verwandelten, und den Warmzeiten mit etwa 16,5°C, die als blühende Landschaften mit dem Paradies oder dem Garten Eden verglichen wurden, lediglich in einer Bandbreite von etwa 6,5°C.49 Bei dem von Seiten des Weltklimarates prognostizierten Szenario einer Erwärmung zwischen 4°C und über 6°C wird also einer Warmzeit gleichsam eine zweite Warmzeit hinzugefügt.50 Im Extremfall würde dies eine Erdmitteltemperatur von etwa 20°C im Jahr 2100 bedeuten. Eine derart hohe Temperatur hat es nach heutigen Erkenntnissen seit mindestens einer Million Jahre nicht gegeben.51

Ungeachtet der großen Bandbreite der vom IPCC für das Ende des 21. Jahrhunderts prognostizierten Erdmitteltemperaturen, welche zum einen auf der Annahme unterschiedlicher Szenarien (zukünftige Entwicklung der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, des Verbrauchs fossiler Brennstoffe usw.) und zum anderen auf der Ungewissheit hinsichtlich des zukünftigen Treibhausgasausstoßes sowie der Modellunsicherheit beruht, ist festzuhalten, dass aufgrund der Trägheit des Klimas selbst bei einer sehr starken Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen bis zum Jahr 2100 jedenfalls mit einer weiteren globalen Erwärmung von mindestens 1°C gerechnet werden muss.52

Neben der Erderwärmung sind weitere Klimaänderungen wie eine Abnahme der Schneebedeckung, weit verbreitete Zunahmen der Auftautiefe in den meisten Permafrostregionen und eine Schrumpfung des Meereises sowohl in der Arktis als auch in der Antarktis zu erwarten.53 Ebenso werden heiße Extreme, Hitzewellen und Starkniederschlagsereignisse sehr wahrscheinlich vermehrt auftreten und tropische Wirbelstürme (Taifune und Hurrikane) werden „wahrscheinlich“ ← 26 | 27 → in ihrer Intensität zunehmen, höhere Spitzengeschwindigkeiten erreichen und mehr Starkniederschläge enthalten.54 Der projizierte Anstieg des Meeresspiegels bis zum Ende des 21. Jahrhunderts (2090–2099) beträgt – abhängig von dem jeweiligen Emissionsszenario – im Vergleich zu den Jahren 1980–1999 im besten Fall 0,18 bis 0,3 m und im schlechtesten Fall zwischen 0,26 m und 0,59 m.55 Die Modelle berücksichtigen dabei nicht die vollen Auswirkungen möglicher Änderungen des Eisflusses in Grönland und der Antarktis und auch nicht die Unsicherheiten in den Klima-Kohlenstoffkreislauf-Rückkopplungen. In einem wärmeren Klima verringert sich die Aufnahmefähigkeit der Ozeane und der Landoberfläche für anthropogenes Kohlendioxid, weil in wärmerem Wasser weniger Gas gelöst wird und in Böden bei höheren Temperaturen mehr Biomasse abgebaut wird. Deshalb würde die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre stärker ansteigen als ohne diesen Rückkopplungsmechanismus.56 Dementsprechend weisen neuere wissenschaftliche Veröffentlichungen darauf hin, dass der zukünftige Anstieg des Meeresspiegels deutlich über den von Seiten des IPCC projizierten Werten liegen könnte. So wird ein Meeresspiegelanstieg von bis zu einem Meter oder mehr bis zum Jahr 2100 für möglich gehalten.57 Für Europa werden im 4. Sachstandsbericht des IPCC entsprechend der derzeit bereits dokumentierten Klimaveränderungen auch für die Zukunft ein Rückzug der Gletscher, längere Vegetationszeiten, eine Verlagerung der Verbreitungsgebiete von Arten und ein erhöhtes Gesundheitsrisiko durch Hitzewellen vorhergesagt.58 Dabei werden im Norden Europas Überschwemmungen, Erosion und Gletscherschmelze zunehmen, während für den Süden Dürreperioden und Ernteausfälle zu befürchten sind.59

Die bis zum Ende des 21. Jahrhunderts zu erwartenden Auswirkungen des anthropogenen Treibhauseffekts und der dadurch verursachten globalen Erwärmung sind demnach immens. Zur Sicherung der Existenz zukünftiger Generationen ist der Mensch zum Handeln gezwungen.

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C. Die Möglichkeiten zur Reduzierung der CO2-Emissionen

Maßgebliche Bedeutung im Kampf gegen den fortschreitenden Klimawandel kommt der Verringerung des Kohlendioxidausstoßes zu. Denn die energiebedingten CO2-Emissionen tragen global etwa zur Hälfte zum anthropogenen Treibhauseffekt bei.60 Bei Zugrundelegung der derzeitigen Klimaschutzpolitiken und den damit verbundenen Maßnahmen für eine nachhaltige Entwicklung werden die weltweiten Emissionen von Treibhausgasen allerdings weiter zunehmen.61 Hintergrund ist die Annahme, dass die Weltwirtschaft im 21. Jahrhundert, insbesondere in den Entwicklungs- und Schwellenländern, rasant weiterwachsen und sich dieses Wachstum in einem deutlich gesteigerten globalen Energiebedarf widerspiegeln wird. Zu rechnen ist schon bis zum Jahr 2030 mit einem Zuwachs des globalen Energiebedarfs um etwa 60 %62, nach dem Referenzszenario der International Energy Agency (IEA) um rund 40 %.63 Für die daraus resultierenden Emissionen werden die Entwicklungs- und Schwellenländer (Brasilien, Indien, China, Südafrika) mindestens zu drei Vierteln verantwortlich sein, während der Anteil der Staaten der Europäischen Union stetig sinken wird.64 Nach neueren Erkenntnissen wird jedoch unter Einbindung der gegenüber den fossilen Energieträgern effizienteren erneuerbaren Energien auch ein Sinken des globalen Primärenergiebedarfs bis zum Jahr 2050 für möglich gehalten.65 Um das von der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union angestrebte und auf dem 15. Weltklimagipfel in Kopenhagen anerkannte Ziel, die weltweite Erwärmung auf ein Niveau von maximal 2°C gegenüber den vorindustriellen Werten zu beschränken, noch erreichen zu können, sollten die Treibhausgasemissionen in jedem Fall spätestens im Jahr 2015 ihren Höhepunkt erreicht haben und danach bis zum Jahr 2050 um die Hälfte gegenüber dem Emissionsniveau von 1990 abnehmen.66 In Anbetracht der Unterschiede in der globalen Entwicklung ← 28 | 29 → der Wirtschaft bedeutet dies für die Industrieländer, dass sie ihren CO2-Ausstoß in diesem Zeitraum um bis zu 80 % senken müssen.67

Dem sog. Zwei-Grad-Ziel kommt herausragende Bedeutung zu. Es entspricht der allgemeinen Ansicht, dass jenseits dieser Grenze die nachteiligen Folgen des Treibhauseffekts unkalkulierbar sind und die Risiken für Ökosysteme, Arten, Nahrungsmittelproduktion, anfällige Bevölkerungen sowie Infrastruktur unvertretbar erscheinen.68 Um die Zwei-Grad-Grenze einhalten zu können, darf die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre den Wert von 450 ppm nicht überschreiten.69 Derzeit beträgt dieser Wert bereits etwa 390 ppm mit einer jährlichen Wachstumsrate von knapp 2 ppm.70

Es gilt daher, Strategien für die Zukunft zu entwickeln, mittels derer der Ausstoß von Kohlendioxid verringert und der Klimawandel gebremst bzw. aufgehalten werden kann. Damit eng verbunden ist der Begriff der Nachhaltigkeit der Energienutzung. Nach der weithin anerkannten Definition der sog. Brundlandt-Kommission71 be­friedigt eine nachhaltige Entwicklung („sustainable development“) die Bedür­fnisse der heutigen Generationen, ohne die Fähigkeiten zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihre eigenen Lebensstile zu wählen.72 Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit leitet daraus ab, dass eine Energienutzung nur dann nachhaltig ist, wenn sie eine ausreichende und dauerhafte Verfügbarkeit von geeigneten Energieressourcen sicherstellt und zugleich die negativen Auswirkungen von Energiebereitstellung, -transport und -nutzung begrenzt.73 Als Optionen im Rahmen des notwendigen Klimaschutzes sind die Verbesserung der Energieeffizienz, der Ausbau der erneuerbaren Energien, der Handel mit Emissionszertifikaten, die CO2-Speicherung sowie die Förderung von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen zu nennen.

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I. Steigerung der Energieeffizienz

Dabei bietet die Steigerung der Energieeffizienz, z.B. durch Förderung neuer Technologien, durch Verbrauchsstandards für Geräte und Verkehrsmittel oder durch das Nachrüsten bestehender Einrichtungen wie der Wärmedämmung des Gebäudebestands, volkswirtschaftlich das größte, schnellste und billigste Potenzial für einen effektiven Klima- und Ressourcenschutz.74 Wissenschaftliche Studien kommen zu dem Ergebnis, dass allein durch eine effizientere Nutzung der Energien bis zu 50 % der erforderlichen CO2-Reduktionen weltweit ohne Wohlstandsverluste erreicht werden könnten.75 Nach anderer Ansicht beträgt das Einsparpotenzial durch effizientere Energienutzung etwa 20 % der heutigen CO2-Emissionen.76

II. Ausbau der erneuerbaren Energien

Maßgebliche Bedeutung für die Verringerung des Kohlendioxidausstoßes kommt der Ersetzung fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energien zu. Diese besitzen gegenüber den fossilen Energieträgern den unermesslichen Vorteil, dass sie sich durch natürliche Prozesse laufend erneuern und gemessen an menschlichen Dimensionen unerschöpflich zur Verfügung stehen.77 Zudem stellen sie Energie bereit, ohne das Treibhausgas Kohlendioxid auszustoßen; sie gelten daher als das bisher erfolgreichste Mittel im Kampf gegen den Klimawandel.78 Zu den erneuerbaren Energien zählen die Windenergie, die Solarenergie, die Wasserkraft, Gezeiten und Wellen, die Erdwärme und die Verwertung von Biomasse. Der Anteil der erneuerbaren Energien am globalen Endenergieverbrauch lag im Jahr 2009 bei 16 %; davon sind allerdings 10 % dem traditionellen Einsatz von Biomasse als Brennholznutzung in zahlreichen wenig entwickelten Ländern zuzuschreiben.79 Da auch die Atomkraft lediglich 3 % des Endenergiebedarfs abdeckt, basieren immer noch annähernd 80 % der weltweiten Energieversorgung auf fossilen Brennstoffen, bei der kommerziellen Nutzung sind es fast 90 %.80

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Würden die Potenziale zur Nutzung erneuerbarer Energien in den kommenden Jahren zügig erschlossen, könnten bis zum Jahr 2050 voraussichtlich fast 70 % des weltweiten Strombedarfs aus erneuerbaren Energien gespeist werden.81 Um das globale Klimaschutzziel erreichen zu können, müssen sich die erneuerbaren Energien aber nicht nur im Strommarkt, sondern auch im Wärmemarkt und auf dem Verkehrssektor zunehmend durchsetzen. Heutzutage wird weltweit etwa ein Viertel des Wärmebedarfs durch erneuerbare Energien abgedeckt; den größten Anteil daran besitzt jedoch die traditionelle Biomassenutzung durch Brennholz oder Dünger, die häufig zu einer nicht nachhaltigen Übernutzung der lokalen Biomasseressourcen führt.82 Sofern man fossile Energieträger zur Wärmeerzeugung zukünftig durch Solarenergie, Erdwärme und moderne Biomassenutzung ersetzt, könnten bis zum Jahr 2050 etwa 65 % des weltweiten Wärmebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden.83 Als Faustformel lässt sich insoweit festhalten, dass nach dem Energy (R)evolution Szenario – einem Zielszenario, das von einer maximalen globalen Temperaturerhöhung um 2°C ausgeht und das auf eine drastische Steigerung der Energieeffizienz in allen Ländern, einen konsequenten Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung sowie eine ausgewogene Mobilisierung aller erneuerbarer Energiequellen setzt – gegenüber der Business-as-usual-Entwicklung bis zum Jahr 2050 durch Effizienzmaßnahmen etwa 50 % des globalen Primärenergiebedarfs eingespart werden können und dass die Hälfte des verbleibenden Energiebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden kann.84 Für Westeuropa steht dabei ein gesichertes technisches Potenzial erneuerbarer Energien von mindestens 40.000 Petajoule (PJ) zur Verfügung. Dies entspricht etwa 60 % des gegenwärtigen Primärenergieverbrauchs der Staaten der Europäischen Union.85 In Deutschland hat der Einsatz erneuerbarer Energien im Jahr 2010 den Ausstoß von 115 Mio. Tonnen Kohlendioxid und damit von 14 % der gesamten CO2-Emissionen verhindert.86

Neben der Steigerung der Energieeffizienz und dem Ausbau der erneuerbaren Energien stellen auch der Handel mit Emissionszertifikaten, die CO2-Speicherung und die Kraft-Wärme-Kopplung geeignete Instrumente zur künftigen Verringerung des globalen Kohlendioxidausstoßes dar.

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III. Emissionshandel

In Art. 17 des Kyoto-Protokolls87 wird den in Anlage B aufgeführten Vertragsparteien die Möglichkeit eingeräumt, sich am Emissionshandel zu beteiligen und dadurch zur Erfüllung ihrer Emissionsbegrenzungs- und -reduktionsverpflichtungen beizutragen. Rechtliche Grundlage des Emissionshandelssystems auf europäischer Ebene ist die Richtlinie 2009/29/EG vom 23.04.2009 zur Änderung der Richtlinie 2003/87/EG zwecks Verbesserung und Ausweitung des Gemeinschaftssystems für den Handel mit Treibhausgaszertifikaten88, sog. Emissionshandelsrichtlinie. Die Funktionsweise eines Emissionshandelssystems besteht darin, dass der Staat an die Verursacher eines zu reduzierenden Schadstoffes – hier des Kohlendioxids – zu Beginn eines bestimmten Zeitraums, der Zuteilungs- oder Handelsperiode, entgeltlich oder unentgeltlich eine festgelegte Anzahl von Zertifikaten ausgibt und deren Rückgabe nach Ablauf dieses Zeitraums verlangt.89 Jede dieser Berechtigungen verleiht ihrem Inhaber das Recht, eine bestimmte Schadstoffmenge freizusetzen.90 Um insgesamt eine Verringerung der Emissionen erreichen zu können, muss die in den Zertifikaten verbriefte Menge naturgemäß geringer sein als die durch die Inhaber der Berechtigungen tatsächlich freigesetzte Schadstoffmenge.91 Wenn nun ein Schadstoffemittent innerhalb des festgelegten Zeitraums weniger Schadstoffe ausstößt, als es ihm aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Emissionszertifikate erlaubt gewesen wäre, kann er durch den Verkauf von Zertifikaten an Dritte zusätzliche Einnahmen erzielen.92 Andererseits muss ein Betrieb, der mehr Schadstoffe ausgestoßen hat, als es der Menge der ihm zur Verfügung stehenden Berechtigungen entspricht, auf dem freien Markt weitere Emissionszertifikate hinzuerwerben.93 Der Anlagenbetreiber kann also wählen, ob er während der Zuteilungsperiode durch Investition in modernere Techniken Emissionen einspart oder ob er Berechtigungen in Gestalt von Zertifikaten zukauft. Dadurch soll gewährleistet werden, dass Emissionen dort reduziert werden, wo es am preiswertesten ist.94

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IV. CO2-Speicherung

Unter CO2-Speicherung (CCS = Carbon Dioxid Capture and Storage), der sog. Sequestrierung, versteht man die dauerhafte, zumindest mehrere Jahrtausende währende, sichere Endlagerung von Kohlendioxid unterhalb der Erdoberfläche, also in natürlich vorhandenen oder künstlich geschaffenen Hohlräumen in Gesteinen des tieferen Untergrundes.95 Die Grundidee liegt darin, das bei der Verbrennung fossiler Energieträger entstehende Kohlendioxid abzuscheiden, es in geeigneter Form, z.B. flüssig, zu geologischen Speichern wie Gesteinsformationen, ausgeförderten Flözen oder Sedimenten unter dem Meeresboden zu transportieren und es dort von der Atmosphäre zu isolieren.96 Noch befindet sich die Kohlendioxidabscheidung und -speicherung allerdings im Entwicklungsstadium. So ist die Umweltverträglichkeit der Lagerung großer Mengen von CO2 nicht hinreichend untersucht, und es müssen zahlreiche Fragen zur Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der CCS-Technologie geklärt werden. Eine großskalige Implementierung der CO2-Speicherung dürfte daher nicht vor 2020 möglich sein.97

Dennoch besitzt diese Technik ein großes Potenzial, weil sie mit den historisch gewachsenen Energieinfrastrukturen kompatibel ist und es ermöglicht, CO2-Emissionen zu vermeiden, ohne dass es eines abrupten Systemwechsels bedarf. Industrienationen mit einem hohen Anteil fossil-befeuerter Kraftwerke könnten durch die Sequestrierung ihre Emissionen beträchtlich reduzieren, ohne zugleich die Grundstrukturen der Energieversorgung tiefgreifend reformieren zu müssen.98 Desgleichen könnten Entwicklungs- und Schwellenländer, deren Energieversorgung auf fossilen Brennstoffen beruht, in den Prozess der Reduzierung des CO2-Ausstoßes einbezogen werden.99 Gerade für die USA, China, Indien und Russland besitzt die Technologie der CO2-Speicherung eine große Bedeutung, da sie ihre umfangreichen und vergleichsweise billigen Kohlevorkommen ← 33 | 34 → emissionsarm nutzen könnten.100 Ungeachtet dessen sollte diese Technik nicht als eine abschließende Lösung des Klimaproblems betrachtet werden, sondern lediglich als Übergangslösung bis zur hinreichenden Entwicklung kohlendioxidfreier erneuerbarer Energien. Die CO2-Speicherung stellt eine zusätzliche Möglichkeit zur Verringerung des Kohlendioxidausstoßes dar, nicht aber eine langfristige Alternative zum Umbau der derzeitigen Energieversorgungsstrukturen. Denn eine einseitige klimaschutzakzeptable Verlängerung der Nutzung fossiler Ener­gieträger würde die Gefahr mit sich bringen, dass vorhandene Ressourcen nicht in zukunftsfähige erneuerbare Energien investiert und dadurch der zukünftige Handlungsdruck nur verstärkt werden würde.101 Insoweit führt auch die Europäische Union in den Erwägungsgründen der Richtlinie 2009/31/EG vom 23.04.2009 über die geologische Speicherung von Kohlendioxid102, sog. CCS-Richtlinie, aus, dass es sich um eine Brückentechnologie handelt, die zur Abschwächung des Klimawandels beiträgt, deren Entwicklung aber nicht dazu führen darf, die Bemühungen zur Förderung von Energiesparmaßnahmen, erneuerbaren Ener­gien sowie anderen sicheren und nachhaltigen kohlenstoffarmen Technologien zu verringern.103 Ungeachtet dessen könnten die durch die CO2-Speicherung vermeidbaren Emissionen im Jahr 2030 etwa 15 % der in der EU erforderlichen Reduzierung betragen.104

V. Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung

Schließlich kann eine Minderung von CO2-Emissionen auch durch die verstärkte Nutzung von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK-Anlagen) erreicht werden. Kraft-Wärme-Kopplung steht für die gemeinsame Bereitstellung von Elektrizität und Wärme (zum Beispiel für Raumwärme und Warmwasser) in einem einzigen technischen Prozess.105 Damit wird das Ziel verfolgt, Energie wirtschaftlicher bereitzustellen, als es bei der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme der Fall ← 34 | 35 → ist.106 Bei der Kraft-Wärme-Kopplung wird die Abgabe von ungenutzter Abwärme an die Umgebung weitgehend vermieden. Im Gegensatz zu Wärmekraftwerken, die nur auf die Stromerzeugung ausgerichtet sind, wird bei KWK-Anlagen durch die gleichzeitige Abgabe von Strom und Wärme ein sehr viel höherer Nutzungsgrad erreicht. So weisen konventionelle Kraftwerke lediglich einen Wirkungsgrad von durchschnittlich 38 % auf, während in KWK-Anlagen mehr als 70 % der eingesetzten Primärenergie sinnvoll genutzt werden kann.107 Die Kraft-Wärme-Kopplung ist daher – neben der Nutzung regenerativer Energien – die mit Blick auf sparsamen Einsatz von Brennstoffen und möglichst geringe Schadstoffemissionen effizienteste Form der Energieversorgung. Prognosen gehen davon aus, dass die verstärkte Nutzung von KWK-Anlagen die CO2-Emissionen in der Europäischen Union bis zum Jahr 2020 um etwa 258 Mio. Tonnen reduzieren kann.108 In Deutschland haben KWK-Anlagen im Jahr 2010 allerdings nur rund 16 % des Stroms erzeugt.109 Seit der Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG)110 zum 01.01.2009 ist der Gesetzeszweck ausdrücklich darauf gerichtet, diese Quote bis 2020 auf 25 % zu erhöhen.

Über die dargestellten Maßnahmen hinaus erfordert ein wirksamer Klimaschutz weitere globale Anstrengungen wie die Verbesserung und den Ausbau der öffentlichen Verkehrssysteme insbesondere in den Metropolen der Entwicklungs- und Schwellenländer sowie in den Megacities, den Erhalt der Biodiversität durch verbesserten Schutz von Wäldern, Böden und Meeressystemen sowie den endgültigen Ausstieg aus den fluorierten Treibhausgasen und den teilhalogenierten Kohlenwasserstoffen, die insbesondere für Klimaanlagen und zur Kühlung verwendet werden.111

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D. Die internationale Klimaschutzpolitik

Das aktuelle Klima-Regime ist das Ergebnis eines 40 Jahre währenden Politikprozesses, der 1972 in Stockholm mit der Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen (United Nations Conference on the Human Environment – UNCHE) seinen Anfang fand. Die Konferenz von Stockholm wird daher vielfach als der Beginn der globalen Umweltpolitik bezeichnet.112 Ihr Hauptergebnis war die Schaffung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (United Nations Environment Programme – UNEP), welches in den folgenden Jahren wesentlich am Zustandekommen wichtiger internationaler Umweltkonventionen beteiligt war.

Der Klimaschutz im engeren Sinne ist eng verknüpft mit dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (United Nations Framework Convention on Climate Change – UNFCCC), der sog. Klimarahmenkonvention113, die am 9. Mai 1992 in New York verabschiedet und während der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung (United Nations Conference on Environment and Development – UNCED) in Rio de Janeiro im Juni 1992 von insgesamt 166 Staaten unterzeichnet wurde. Sie trat im März 1994 in Kraft und bildete den Grundstein für ein gemeinsames Handeln der Staatengemeinschaft gegen das Problem des globalen Klimawandels.114 Auch wenn es sich bei der UNFCCC nur um eine Rahmenvereinbarung handelt, die durch Zusatzprotokolle in konkrete Politik umgesetzt werden muss, enthält sie Passagen von grundlegender Bedeutung. So haben die Vertragsstaaten in Art. 2 der Konvention versucht, ein globales Klimaschutzziel festzulegen mit dem Inhalt, dass eine Stabilisierung der atmosphärischen Treibhausgaskonzentrationen auf einem Niveau erreicht werden soll, „auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird“.115 Seit 1995 werden im Rahmen der UNFCCC jährliche Klimaschutzverhandlungen, die Vertragsstaatenkonferenzen oder Weltklimagipfel, durchgeführt.

Als Resultat der dritten Vertragsstaatenkonferenz im japanischen Kyoto wurde am 11. Dezember 1997 mit dem Kyoto-Protokoll116 die bisher einzige internationale Übereinkunft verabschiedet, die eine reale Minderung der wichtigsten Treibhausgasemissionen verbindlich vorschreibt. In diesem Zusatzprotokoll zur Ausgestaltung der Klimarahmenkonvention werden sechs anthropogene Treibhausgase ← 36 | 37 → (Kohlendioxid - CO2, Methan - CH4, Distickstoffoxid - N2O, teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe - H-FKW/HFC, perfluorierte Kohlenwasserstoffe - FKW/PFC, Schwefelhexafluorid - SF6) aufgeführt, deren Emissionen von den Industriestaaten innerhalb des Verpflichtungszeitraums von 2008 bis 2012 um durchschnittlich 5,2 % unter das Niveau der Emissionen von 1990 gesenkt werden sollen.117 Für die Europäische Union ist eine Reduzierung der Emissionen von durchschnittlich 8 % vorgesehen. Innerhalb der EU gibt es aber auf Grundlage von Art. 4 des Kyoto-Protokolls eine Lastenteilung (burden sharing) mit länderspezifisch sehr unterschiedlichen Reduktionszielen. Um die Umsetzung der Reduktionsverpflichtungen für die Vertragsstaaten zu erleichtern, sieht das Protokoll sog. flexible Mechanismen vor, und zwar den Emissionshandel (Emissions Trading – ET, Art. 17), die gemeinsame Umsetzung (Joint Implementation – JT, Art. 6) und den Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (Clean Development Mechanism – CDM, Art. 12).

In Kraft getreten ist das Kyoto-Protokoll erst sieben Jahre nach der Vertragsstaatenkonferenz, exakt am 16. Februar 2005. Ursache dieser Verzögerung war der komplizierte Ratifizierungsmechanismus, wonach der Vertrag von mindestens 55 Staaten ratifiziert werden musste, die zusammen für mindestens 55 % der Emissionen von 1990 verantwortlich sind.118 Diese Voraussetzungen waren erst mit der Ratifizierung Russlands im Februar 2005 erfüllt. Heute sind 188 Staaten voll gültige Parteien des Protokolls, sind ihm also entweder beigetreten, haben es ratifiziert oder ihm anderweitig formell zugestimmt.119

Inhaltlich werden die im Kyoto-Protokoll festgelegten Reduktionsverpflichtungen zumeist als nicht ausreichend und das Protokoll daher nur als ein erster kleiner Schritt auf dem Weg zur notwendigen Halbierung der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 angesehen.120 Das Kyoto-Protokoll sei von vornherein lediglich als „der erste Stein einer Gesamtarchitektur für den Klimaschutz unter dem Dach der UN“ konzipiert.121 Problematisch ist zudem, dass die USA das Protokoll nicht ratifiziert haben, obwohl sie allein für fast 25 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sind.122 Die Entwicklungs- und Schwellenländer sind ← 37 | 38 → den Reduktionsverpflichtungen von vornherein nicht unterworfen worden, was zum damaligen Zeitpunkt mit dem niedrigen Pro-Kopf-Ausstoß an Treibhausgasen und der niedrigen wirtschaftlichen Entwicklung begründet wurde. Ländern wie China, Indien, Brasilien oder Südafrika wurden also keine Emissionsbegrenzungen auferlegt, obwohl dies angesichts des globalen Ausmaßes des Klimawandels zwingend notwendig wäre.123 Schließlich fehlt es dem Protokoll an Sanktionsmechanismen bei Nichteinhaltung der Vorgaben zur Emissionsbegrenzung und -reduktion durch einzelne Vertragsparteien. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass sowohl zahlreiche EU-Staaten als auch wichtige sonstige Vertragsstaaten (z.B. Kanada) die Emissionsziele voraussichtlich nicht erreichen werden.124

Da die erste Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls mit Ablauf des Jahres 2012 endet, versuchen die Vertragsstaaten seit längerem, eine Nachfolgeregelung zu erarbeiten. Im Rahmen der 13. Vertragsstaatenkonferenz auf der indonesischen Insel Bali im Dezember 2007 wurde die sog. Bali Roadmap als Verhandlungsmandat für ein Anschlussabkommen zum Kyoto-Protokoll verabschiedet. Innerhalb einer Verhandlungsphase von zwei Jahren sollte ein Nachfolgevertrag vorbereitet werden, um diesen dann auf dem 15. Weltklimagipfel in Kopenhagen unterzeichnen zu können. Die Roadmap liefert den Orientierungsrahmen für die Hauptverhandlungsstränge eines neuen Klimaschutzabkommens: Emissionsminderungsmaßnahmen, Anpassung an den Klimawandel, Technologietransfer und Finanzierung des zukünftigen Klimaschutzregimes. Soweit es die Reduzierung der Treibhausgasemissionen betrifft, wird in der Roadmap bzw. dem Bali Action Plan lediglich die Erkenntnis festgehalten, dass „tiefe Einschnitte bei den globalen Emissionen“ erforderlich sind125; konkrete Zahlen werden nicht genannt. Es findet sich allein ein Hinweis in der Fußnote auf den 4. Sachstandsbericht des IPCC, an dessen Ergebnissen sich die Verhandlungen zum Kyoto-Nachfolgeabkommen orientieren sollen.126

Der Versuch zur Verabschiedung einer Nachfolgeregelung für das Kyoto-Protokoll auf dem 15. Weltklimagipfel in Kopenhagen im Dezember 2009 ist jedoch gescheitert. Der eigens zur Vorbereitung eingesetzten Arbeitsgruppe gelang ← 38 | 39 → es nicht, einen konsensfähigen Vorschlag für eine Nachfolgevereinbarung zu erarbeiten. Einigen konnten sich die Teilnehmer lediglich auf einen Minimalkonsens in Gestalt des Copenhagen Accord, dem zentralen Abschlussdokument der Konferenz. Da die Vertragsstaaten diese politische Absichtserklärung nicht förmlich verabschiedet, sondern lediglich „zur Kenntnis genommen“ haben, ist sie völkerrechtlich nicht verbindlich. Inhaltlich wird in der Vereinbarung erstmals gemeinsam die wissenschaftlich fundierte Notwendigkeit anerkannt, die globale Erwärmung auf weniger als 2°C zu begrenzen.127 Darüber hinaus wird festgestellt, dass der Höhepunkt der globalen und nationalen Emissionen „so bald wie möglich“ erreicht sein soll.128 Verbindliche Reduktionsziele enthält der Copenhagen Accord aber nicht. Aus diesem Grund und wegen der rechtlichen Unverbindlichkeit der Übereinkunft hat das rechtswissenschaftliche Schrifttum den Copenhagen Accord als völlig unzureichend kritisiert.129 Da die Vertreter der Vertragsstaaten zudem ein „unwürdiges Schauspiel“130 ablieferten, ist der Klimagipfel von Kopenhagen als „the worst cop ever“131 in die bisherige Geschichte der UNFCCC eingegangen.

Der klimapolitische Stillstand von Kopenhagen setzte sich auf den folgenden Vertragsstaatenkonferenzen in Cancún und Durban fort, die Einigung über einen Weltklimavertrag mit verbindlichen Reduktionszielen wurde auf 2015 verschoben.132 Die 18. Weltklimakonferenz in Doha (26.11.-08.12.2012) hat zumindest zur Verlängerung des Kyoto-Protokolls mit einer zweiten Verpflichtungsperiode ab 2013 bis zum Jahr 2020 geführt. Beteiligt an der Verlängerung sind Australien, sämtliche Staaten der EU sowie neun weitere europäische Länder, zum Beispiel Norwegen und die Schweiz; die 37 Staaten verursachen insgesamt aber nur knapp 15 % des weltweiten CO2-Ausstoßes.133 Dagegen haben bedeutende Länder wie Russland, Kanada, Japan und Neuseeland dem Kyoto-Protokoll den Rücken gekehrt. In Doha wurde zudem der Fahrplan für ein weltweites Klimaschutzabkommen verabschiedet: bis zum Jahr 2015 soll ein verbindliches Abkommen ← 39 | 40 → ausgehandelt werden, das langfristig alle Staaten einbezieht und das ab 2020 in Kraft tritt.134 Im Ergebnis ist der „Doha Climate Gateaway“135 lediglich als Minimalkompromiss anzusehen, mit dem ein gänzliches Scheitern des Klimagipfels abgewendet werden konnte.

Aktuelle Zahlen zum globalen CO2-Ausstoß lassen befürchten, dass das geplante Inkrafttreten eines Weltklimavertrags im Jahr 2020 zur Erreichung des 2-Grad-Ziels bereits zu spät kommen könnte. Nach einem Bericht des US-Energieministeriums wurden 2010 insgesamt 1.900 Mio. Tonnen und damit 6 % mehr CO2 ausgestoßen als im Jahr 2009; hierbei handelt es sich um den größten je verzeichneten jährlichen CO2-Anstieg.136 Bestätigung finden diese Zahlen in einer Studie der World Meteorological Organization (WMO). Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich der Anteil der CO2-Moleküle in der Atmosphäre von 2009 bis 2010 um 2,3 Millionstel auf 389 ppm erhöht hat, während die Konzentration in den vergangenen zehn Jahren jährlich im Schnitt um 2,0 ppm und in den neunziger Jahren sogar nur um 1,15 ppm gestiegen war.137 Die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre ist damit so hoch wie noch nie seit Beginn der Industrialisierung. Insgesamt ist von einem Anstieg des weltweiten CO2-Ausstoßes zwischen 1990 und 2012 um 58 % auszugehen.138 Angesichts solcher Zahlen halten Wissenschaftler auch eine Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur um fünf Grad bis zum Ende des 21. Jahrhunderts für möglich.139

1 1 Kilowatt = 1.000 Watt.

2 Sass, in: Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Industrie- und Siedlungswasserwirtschaft sowie Abfallwirtschaft e.V. Stuttgart, Grundwasser und Grundwasserleiter - Nutzungskonflikte und Lösungsansätze -, S. 93, 96.

3 VBI-Leitfaden Oberflächennahe Geothermie, S. 11.

4 vgl. Leitfaden Niedersachsen, S. 30.

Details

Seiten
447
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653043570
ISBN (ePUB)
9783653992090
ISBN (MOBI)
9783653992083
ISBN (Paperback)
9783631647295
DOI
10.3726/978-3-653-04357-0
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Schlagworte
Wasserhaushaltsrecht Nachbarrecht Nutzungskonflikte Erdwärme Bergrecht
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 447 S.

Biographische Angaben

Christoph Berlin (Autor:in)

Christoph Berlin studierte Rechtswissenschaften an der Universität zu Kiel. Er ist in Kiel als Rechtsanwalt tätig.

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Titel: Rechtliche Rahmenbedingungen der Nutzung oberflächennaher Geothermie bei Großimmobilien
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