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Integrationsforschung im Rechtskreis des deutschen Sozialgesetzbuches II

Endbericht zur Wirksamkeit der Integration von Langzeitarbeitslosen nach dem Ingeus-Programm in München und Berlin- Unter Mitwirkung von Pamela Finley

von Hannes Spengler (Autor:in) Franz Egle (Autor:in)
©2014 Monographie 150 Seiten

Zusammenfassung

Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist eines der wichtigsten Ziele der deutschen (und europäischen) Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik.
Die Mannheimer Forschungsgesellschaft für Arbeit und Bildung (MAFAB) führte als Tochterunternehmen des Heinrich-Vetter-Forschungsinsituts (HVFI) einen Forschungsauftrag der Ingeus Deutschland GmbH zur Untersuchung der Wirkungen ihres spezifischen Arbeitsvermittlungskonzepts durch. Die in diesem Bericht enthaltenen Auswertungen und Forschungsergebnisse beziehen sich auf die Arbeitsmarkt-Integrationsprojektevon Ingeus in München und Berlin. Dabei reichte das Forschungsinteresse weit über Analysen der Integrationserfolge hinaus; zusätzlich wurden Zufriedenheits- und Wirkungsanalysen sowie Methodenprüfungen durchgeführt.
Im Rahmen der Studie konnten aufschlussreiche Erkenntnisse über den innovativen Vermittlungsansatz von Ingeus gewonnen weren. So zeigt sich beispielsweise, dass Ingeus überdurchschnittliche Vermittlungsquoten erreicht und dieser Vermittlungserfolg weitgehend unabhängigvom Qualifikationsniveau der SGB II-Kunden ist.
Selbst für arbeitsmarktferne Kundengruppen, wie z.B. Ältere oder Langzeitarbeitslose oder Menschen mit multiplen Vermittlungshemmnissen, werden immer noch Wiedereingliederungsquoten erreicht, die im Bereich des allgemeinen Bundesdurchschnitts liegen.
Interessante Erkenntnisse ergeben sich nicht nur für Personen, die an Arbeitsmarkdienstleistungen interessiert sind. Auch für Akteure und Entwickler von arbeitsmarkpolitischen Instrumenten, wie z.B. Experten aus der Arbeitsmarkt und Sozialpolitik, die Agenturen für Arbeit, die Jobcenter sowie Arbeitsmarktforscher, sind die Ergebnisse aufschlussreich.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhalt
  • 1. Einleitung
  • 2. Telefonische Abgangsbefragung von Münchner Kunden
  • 2.1 Repräsentativität der Telefonbefragungsstichprobe für die erste Münchner Zuweisungsgruppe
  • 2.2 Auswertung des Befragungsprogramms der Telefonbefragung
  • 2.2.1 Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt
  • 2.2.2 Lebenszufriedenheit
  • 2.2.3 Entwicklung von Fähigkeiten, Persönlichkeit und Lebensumständen
  • 2.2.4 Betreuungserfahrung
  • 2.3 Fazit der Telefonbefragung
  • 3. Paper-Pencil-Zugangs- und Abgangsbefragungen von Münchner und Berliner Kunden
  • 3.1 Zugangsbefragungen
  • 3.1.1 Repräsentativität der Zugangsbefragungen für die zweite Münchner und die erste Berliner Zuweisungsgruppe
  • 3.1.2 Auswertung des Befragungsprogramms der Zugangsbefragungen
  • Aktuelle berufliche Situation zu Beginn des Programms
  • Selbsteinschätzung bzgl. suchrelevanter Kenntnisse und Fähigkeiten
  • Selbsteinschätzung hinsichtlich arbeitsmarktrelevanter Persönlichkeitseigenschaften
  • Bedürfnisse hinsichtlich der Veränderung von allgemeinen Lebensumständen
  • Lebenszufriedenheit
  • 3.1.3 Zwischenfazit der Zugangsanalyse
  • 3.2 Abgangsbefragungen
  • 3.2.1 Repräsentativität der Abgangsbefragungen für die zweite Münchner und die erste Berliner Zuweisungsgruppe
  • 3.2.2 Auswertung des Befragungsprogramms der Abgangsbefragungen
  • Aktuelle Situation zum Ende des Ingeus-Programms
  • Entwicklung von Fähigkeiten und Kenntnissen während des Programms
  • Persönlichkeitsentwicklung über das Ingeus-Programm
  • Allgemeine Lebensumstände am Ende des Ingeus-Programms
  • Betreuung durch Ingeus-Berater
  • Lebenszufriedenheit
  • 3.2.3 Zwischenfazit der Abgangsanalyse
  • 3.3 Vorher-Nachher-Vergleich
  • 3.3.1 Repräsentativität Vorher-Nachher-Vergleich
  • 3.3.2 Auswertungen zum Vorher-Nachher-Vergleich
  • Suchrelevante Kenntnisse und Fähigkeiten
  • Arbeitsmarktrelevante Persönlichkeitseigenschaften
  • Allgemeine Lebensumstände
  • Lebenszufriedenheit
  • 3.3.3 Zwischenfazit der Vorher-Nachher-Analyse
  • 3.4 Fazit der PP-Zugangs- und Abgangsbefragungen
  • 4. Erfolgsfaktorenanalyse mittels Prozessdaten von Ingeus für München und Berlin
  • 4.1 Beschreibung des Datenmaterials
  • 4.2 Deskriptive Analyse der Erfolgsfaktoren
  • 4.3 Multivariate Analyse
  • 4.4 Fazit
  • 5. Kosten-Nutzen-Analyse des Ingeus-Ansatzes
  • Zu 1: Spezifikation des Projekts
  • Zu 2: Festlegung, wessen Nutzen und Kosten zu betrachten sind
  • Zu 3: Zusammenstellung der Wirkungen und Indikatoren zu ihrer Messung
  • Zu 4: Quantitative Abschätzung der Wirkungen des Projekts
  • Zu 5: Pekuniarisierung aller Wirkungen
  • Zu 6: Abdiskontierung aller Nutzen und Kosten (Barwertberechnung)
  • Zu 7: Berechnung des Nettobarwertes des Projekts
  • Zu 8: Sensitivitätsanalysen
  • Zu 9: Aussprechen einer Handlungsempfehlung
  • 6. Schlussbemerkungen
  • 7. Anhang
  • 7.1 Detailauswertung der telefonischen Abgangsbefragung von Münchner Kunden
  • 7.2 Detailauswertung der schriftlichen (PP) Zugangs- und Abgangsbefragung von Münchner und Berliner Kunden
  • 7.2.1 Zugangsbefragung
  • 7.2.2 Abgangsbefragung
  • 7.2.3 Vorher-Nachher-Vergleich
  • 7.3 Antrag auf Übermittlung von Sozialdaten zur Realisierung einer Kosten-Nutzen-Analyse des Ingeus-Programms in München
  • Literatur
  • Die Autoren

1.Einleitung

Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist eines der wichtigsten Ziele der deutschen (und europäischen) Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik. Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder zu reduzieren, stellt für die öffentliche Hand einen Nutzen in doppelter Hinsicht dar: Bei geringerer Arbeitslosigkeit werden nicht nur Sozialleistungen eingespart, sondern – einen Übergang in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis vorausgesetzt – von den sonst zuwendungsbedürftigen Personen auch (zusätzliche) Sozialversicherungsbeiträge erwirtschaftet. Hinzu kommen zusätzliche Steuereinnahmen und zusätzliche Wertschöpfung und die dazugehörigen Multiplikatoreffekte, die durch den zusätzlichen Konsum in Gang gesetzt werden. Über diese direkten pekuniären Wirkungen hinaus, profitiert ein Staat mit niedriger (Langzeit-)Arbeitslosigkeit auch von vermiedenen indirekten negativen Effekten. Häufig wird anhaltend hohe Arbeitslosigkeit als eine Ursache rückläufiger sozialer Kohäsion und des Zerfalls der sozialen Normen einer Gesellschaft gesehen. Zahlreiche empirische Forschungsarbeiten können belegen, dass sich die Abnahme sozialer Kohäsion und die Erosion sozialer Normen in einer erhöhten Kriminalitätsbelastung niederschlagen (siehe hierzu z.B. Entorf/Spengler 2002 und die darin zitierte Literatur).

Ein hoher Anteil der Arbeitslosen wird in Deutschland schon seit vielen Jahren von sogenannten schwer vermittelbaren Arbeitslosen gebildet. Einen wichtigen Teil der schwer vermittelbaren Arbeitslosen stellen wiederum die Langzeitarbeitslosen – also Menschen mit einer Arbeitslosigkeitsdauer von mindestens einem Jahr –dar. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen in Deutschland beträgt seit vielen Jahren ca. ein Drittel oder mehr (im Jahr 2000 waren es z.B. 37 Prozent und zuletzt im Jahr 2011 32 Prozent). Betrachtet man anstelle des administrativ geprägten Arbeitslosigkeitskonzepts das stärker ökonomisch ausgerichtete Erwerbslosigkeitsprinzip des Statischen Bundesamtes bzw. der International Labour Organization (ILO) so ergibt sich für Deutschland im Jahr 2011 sogar eine Langzeiterwerbslosenquote von 47,3 Prozent, die im EU-Vergleich noch vor Spanien und Frankreich mit je 40,5 Prozent eine Spitzenposition einnimmt; in Dänemark und Schweden belaufen sich die entsprechenden Anteile nur auf 23 bzw. 19 Prozent. In Deutschland gelingt es somit weiterhin nur vergleichsweise schlecht, Menschen mit einer Erwerbslosigkeitsdauer von mindestens einem Jahr in die Arbeitswelt zu reintegrieren (Bundesagentur für Arbeit 2011).

Langzeitarbeitslose oder Menschen mit anderen Vermittlungshemmnissen haben sich oft schon so weit vom ersten Arbeitsmarkt entfernt, dass ihre Wie ← 11 | 12 → dereingliederung in reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung eine große Herausforderung darstellt, die weit über die Verfügbarkeit prinzipiell geeigneter Stellen hinausgeht. Oft sind die betroffenen Menschen von dem Gefühl, nicht mehr von der Gesellschaft gebraucht zu werden, entmutigt und bringen – insbesondere nach einer Vielzahl von gescheiterten Anläufen – nur noch wenig Energie für überzeugende Job-Bewerbungen auf. Doch selbst nach erfolgter Einstellung bestehen weiterhin erhöhte Arbeitslosigkeitsrisiken, weil man häufig das normale Arbeitsleben mit Achtstundentagen und ständig höher werdenden Leistungsanforderungen nicht mehr gewöhnt ist. Insofern stellt die erfolgreiche und nachhaltige Wiedereingliederung schwervermittelbarer Arbeitsloser in den ersten Arbeitsmarkt eine große Herausforderung dar.

Nach der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld (Alg) II im Zuge der Umsetzung der Vorschläge der Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (Hartz-Kommission) ist die Betreuung und Integration der Alg II-Empfänger (bzw. SGB II-Kunden) der Landkreise und kreisfreien Städte bei den sogenannten „Jobcentern“ angesiedelt.1 In vielen Jobcentern – vor allem in urbanen Gebieten – reichen die personellen Ressourcen jedoch nicht aus, um den Arbeitslosen eine so intensive Betreuung zukommen zu lassen, wie es deren Vermittlungshemmnisse in Hinblick auf eine erfolgreiche und nachhaltige Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt eigentlich erfordern. Deshalb sieht das Sozialgesetzbuch (sowohl im Rechtskreis des SGB II als auch des SGB III) die Möglichkeit vor, im Rahmen sogenannter „Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung“ u.a. Dritte mit der Vermittlung zu betrauen. Zu diesen Dritten zählen auch private Arbeitsvermittler wie z.B. Ingeus, dessen Wiedereingliederungsaktivitäten Gegenstand dieses Berichts sind.

Ingeus ist ein in Australien gegründetes Unternehmen, das seine Hauptaktivität inzwischen nach Europa und dort insbes. nach Großbritannien verlagert hat. Ingeus bezeichnet sich selbst als internationalen Anbieter von Serviceleistungen rund um das Thema „Arbeit statt Sozialhilfe“ (Jordan 2008). Das Ge ← 12 | 13 → schäftsmodell basiert stark auf hochqualifizierten und hochmotivierten Mitarbeitern mit ausgeprägter sozialer Kompetenz, die den Kunden eine hochwertige, ganzheitliche Vermittlungsdienstleistung bieten. Ingeus wurde 1989 in Australien durch Thérèse Rein gegründet. Nach der Expansion nach Großbritannien (2002), Frankreich (2005), Deutschland (2006), Schweden (2009) und der Schweiz (2010), folgte 2011 als weiteres europäisches Land Polen. Außerhalb Europas bestehen in Südkorea (2010) und Saudi Arabien (2011) weitere Standorte.

In Deutschland war es bislang üblich, dass die Jobcenter Ingeus zeitlich befristet i.d.R. jeweils für einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren mit der Vermittlung einer vor Projektbeginn festgelegten Anzahl von Kunden beauftragt haben. Die Analysen des vorliegenden Berichts beziehen sich auf entsprechend temporär angelegte Projekte in München und Berlin. Die Verträge zwischen Jobcenter und Ingeus sahen die Zuweisung und Betreuung von 4.000 Kunden im Zeitraum vom 1.10.2007 bis 31.12.2009 in München und 2.400 Kunden im Zeitraum vom 1.11.2008 bis 31.07.2011 in Berlin Treptow-Köpenick vor.

Details

Seiten
150
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653041552
ISBN (ePUB)
9783653993257
ISBN (MOBI)
9783653993240
ISBN (Hardcover)
9783631646649
DOI
10.3726/swsy
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Schlagworte
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Arbeitsvermittlungskonzepte Arbeitsmarkt-Integrationsprojekte
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 150 S., 45 Tab., 10 Graf.

Biographische Angaben

Hannes Spengler (Autor:in) Franz Egle (Autor:in)

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