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Elterliche Sorge im deutschen und im polnischen Recht mit dem Schwerpunkt der Rechtslage bei nicht miteinander verheirateten Eltern

von Magdalena Dittmann (Autor:in)
©2015 Dissertation XX, 414 Seiten

Zusammenfassung

Das Urteil des EGMR vom 3.12.2009 sowie die hierauf folgende Entscheidung des BVerfG vom 21.7.2010 zwangen den deutschen Gesetzgeber zur erneuten Aktivität im Bereich der elterlichen Sorge für nichteheliche Kinder. Ausgehend von der Notwendigkeit einer gesetzlichen Neuregelung wird die Problematik im vorliegenden Buch rechtsvergleichend angegangen und in den Kontext der jeweiligen rechtsgeschichtlichen Entwicklungen in Deutschland und in Polen gestellt. Die Autorin begleitet das deutsche Reformvorhaben und liefert einen umfassenden Überblick über das gesamte Rechtsgebiet in Deutschland und in Polen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem polnischen Regelungsmodell – der ex lege eintretenden elterlichen Sorge des nichtehelichen Vaters – um die einzige praktisch befriedigende und juristisch korrekte Lösung handelt. Dieser Ansatz bleibt auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 16.4.2013 aktuell, da der Inhalt der Regelung eine weitere Nachbesserung notwendig macht.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • Erster Teil: Sorgerecht in Deutschland
  • 1. Abschnitt: Historische Entwicklung des Sorgerechts in Deutschland
  • A. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des BGB am 1.1.1900
  • I. Begriff des Sorgerechts im BGB 1896
  • II. Regelung bei verheirateten Eltern
  • 1. Elterliche Gewalt bei bestehender Ehe
  • 2. Elterliche Gewalt nach der Scheidung
  • III. Regelung bei nicht verheirateten Eltern
  • 1. Kein Verwandtschaftsverhältnis zwischen Kind und Vater
  • 2. Pflichten des biologischen Vaters
  • 3. Keine elterliche Gewalt der unehelichen Mutter
  • 4. Elterliche Gewalt des Vaters durch Legitimation
  • B. Ehegesetz vom 6.12.1938
  • C. Ehegesetz vom 20.2.1946
  • D. Inkrafttreten des GG und Urteil des BVerfG vom 18.12.1953
  • I. Inkrafttreten des GG und der Grundsatz der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau
  • II. Gesetzloser Zustand in der Zeit vom 1.4.1953–3.6.1958
  • III. Urteil des BVerfG vom 18.12.1953
  • IV. Auswirkungen im Bereich der elterlichen Sorge
  • E. Gleichberechtigungsgesetz vom 18.6.1957 und Urteil des BVerfG vom 29.7.1959
  • I. Regelung der elterlichen Gewalt bei bestehender Ehe
  • II. Urteil des BVerfG vom 29.7.1959
  • III. Regelung im GleichberG für den Fall der Scheidung
  • IV. Neu: Regelungsmöglichkeit für den Fall der Trennung
  • V. Regelungen bei unehelichen Kindern
  • F. Familienrechtsänderungsgesetz vom 11.8.1961
  • I. Erstmals elterliche Gewalt der unehelichen Mutter
  • II. Verbesserung des Unterhaltsanspruchs des unehelichen Kindes
  • III. Antragsmodalitäten bei Ehelichkeitserklärung
  • G. Gesetz über die Gleichstellung der nichtehelichen Kinder vom 19.8.1969
  • I. Verfassungsrechtliche Vorgaben
  • II. Gesetzgebungsverfahren: Wesentliche Standpunkte
  • 1. Grundsätzliches
  • 2. Elternrechte der unehelichen Mutter
  • 3. Elternrechte des unehelichen Vaters
  • III. Inhalte des Gesetzes
  • 1. Vaterschaftsanerkennung, Unterhaltsrecht, Familienname, Erbrecht
  • 2. Elterliche Gewalt der Mutter
  • 3. Rechte des Vaters
  • H. Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14.6.1976
  • I. Gesetz zur Neuregelung der elterlichen Sorge vom 18.7.1979
  • I. Ziele der Reform
  • II. Neue Begriffe: elterliche Sorge und Umgangsrecht
  • III. Materiellrechtliche Inhalte
  • J. Entscheidung des BVerfG vom 24.3.1981
  • I. Sachverhalt und Argumentation der Beschwerdeführer
  • II. Stellungnahme der Regierung
  • III. Entscheidungsgründe
  • 1. § 1705 BGB 1979
  • a) Kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 GG
  • b) Kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 GG
  • 2. § 1711 BGB 1979
  • K. Entscheidung des BVerfG vom 3.11.1982
  • I. Sachverhalt und Argumentation der Gesetzesvorlagen
  • II. Stellungnahme der Bundesregierung und der Sachverständigen
  • III. Entscheidungsgründe
  • IV. Klarstellung des BVerfG: Keine Übertragbarkeit auf nichteheliche Lebensgemeinschaften
  • L. Entscheidung des BVerfG vom 7.5.1991
  • I. Sachverhalt und Argumentation der Gesetzesvorlage
  • 1. Zugrundeliegender Sachverhalt
  • 2. Rechtliche Argumentation
  • 3. Schließung der Lücke durch die Analogie zu § 1671 BGB
  • II. Stellungnahme der Bundesregierung
  • III. Stellungnahme des Präsidenten des BGH
  • IV. Entscheidungsgründe
  • 1. Elternrecht auch in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
  • 2. Verletzung des Elternrechts durch Vorenthaltung rechtlicher Befugnisse
  • 3. Strenge Voraussetzungen an einen Eingriff in das Elternrecht
  • a) Kein Konfliktfall – keine Rechtfertigung durch staatliche Aufgabe zur Wahrung und Wiederherstellung des Rechtsfriedens
  • b) Keine Voraussetzungen für den Eingriff in das Elternrecht in Ausübung des Wächteramtes
  • c) Keine Rechtfertigung der ausnahmslosen Regelung durch andere Verfassungsnormen
  • 4. Verstoß gegen Art. 6 Abs. 5 GG
  • 5. Konsequenzen
  • V. Fazit
  • M. Entscheidung des BVerfG vom 7.3.1995
  • I. Wesentliche Inhalte der Entscheidung in Bezug auf die Rechte des nichtehelichen Vaters
  • II. Auswirkungen und Konsequenzen für das Sorgerecht
  • 1. Generelle Auswirkungen
  • 2. Konsequenzen
  • 2. Abschnitt: Gegenwärtige Rechtslage
  • A. Kindschaftsreformgesetz von 1997 – Begründung der heutigen Rechtslage
  • I. Reformbedarf
  • II. Reformziele
  • III. Inhalte der Reform im Bereich des Sorgerechts
  • 1. Allgemeine Neuregelungen im Sorgerecht
  • a) Formelle Änderungen im 4. Buch des BGB
  • b) § 1697 a BGB als Generalklausel – das Kindeswohlprinzip
  • c) Neuformulierung der §§ 1626 Abs. 1 S. 1, 1631 Abs. 1 BGB
  • d) Eingriffe in die elterliche Sorge – §§ 1666, 1667 BGB
  • e) Konkretisierung des Gewaltverbots in der Erziehung
  • f) Erweiterte Zuständigkeit des Familiengerichts
  • 2. Der Sorgerechtserwerb allgemein
  • 3. Sorgerechtserwerb bei nicht verheirateten Eltern, §§ 1626 a – e, 1672 BGB
  • a) Sorgerechtserwerb durch Sorgeerklärung, §§ 1626 a – e BGB
  • aa) Gesetzesmotive
  • bb) Voraussetzungen der Sorgeerklärungen
  • aaa) Formelle Voraussetzungen
  • bbb) Materielle Voraussetzungen
  • b) Sorgerechtserwerb kraft Gesetzes – durch spätere Heirat
  • c) Alleinsorge der Mutter im Übrigen – § 1626 a Abs. 2 BGB
  • d) § 1672 BGB: Elterliche Sorge bei Trennung und alleinigem Sorgerecht der Mutter
  • aa) Zustimmung der Mutter
  • bb) Dauerndes Getrenntleben
  • cc) Positive Kindeswohlprüfung
  • 4. Elterliche Sorge nach Trennung und Scheidung bei gemeinsamem Sorgerecht – § 1671 BGB
  • a) Gesetzesmotive
  • b) Revolutionärer Ansatz: grundsätzlich Fortbestand der gemeinsamen Sorge
  • c) Korrespondierend hiermit: Aufhebung des Zwangsverbundes
  • d) Auch bei gemeinsamer Sorge – Aufspaltung nach Trennung, § 1687 BGB
  • aa) Angelegenheiten von besonderer Bedeutung
  • bb) Angelegenheiten des täglichen Lebens
  • cc) Voraussetzungen für die alleinige Entscheidungskompetenz
  • e) Tatbestandsvoraussetzungen des § 1671 BGB
  • aa) Gemeinschaftliche Kinder, gemeinsames Sorgerecht, dauerndes Getrenntleben, Antrag
  • bb) Zustimmung des anderen Elternteils und des Kindes – § 1671 Abs. 2 Nr. 1 BGB
  • cc) Doppelte Kindeswohlprüfung – § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB
  • aaa) 1. Stufe: Aufhebung der gemeinsamen Sorge
  • (1) Mangelnde Kooperationsfähigkeit
  • (2) Gleichgültigkeit
  • (3) Objektive Erschwernisse
  • (4) Erziehungsversagen
  • (5) Häusliche Gewalt
  • (6) Kindeswille
  • bbb) 2. Stufe: Übertragung auf den Antragsteller
  • (1) Förderungsprinzip
  • (2) Bindungen des Kindes
  • (3) Kontinuitätsprinzip
  • (4) Kindeswille
  • dd) Gemeinsame Sorge nach Trennung und Scheidung als normativer Regelfall?
  • ee) § 1671 Abs. 3 BGB – keine antragsgemäße Entscheidung bei Kindeswohlgefährdung
  • 5. Verbessertes subsidiäres Sorgerecht des nichtehelichen Elternteils
  • a) § 1678 BGB – Tatsächliche Verhinderung oder Ruhen der Sorge
  • b) § 1680 BGB – Tod eines Elternteils oder Entziehung des Sorgerechts
  • c) § 1681 BGB – Todeserklärung eines Elternteils
  • B. Ursachen für den aktuellen Reformbedarf
  • I. Zunächst noch: Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit durch das BVerfG
  • 1. Urteil des BVerfG vom 29.1.2003
  • a) § 1626 a Abs. 2 BGB grundsätzlich verfassungsmäßig
  • aa) Originäre Zuordnung zur Mutter verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
  • bb) Anspruch des Kindes auf klare rechtliche Zuordnung ab dem Zeitpunkt der Geburt
  • cc) Möglichkeit des gemeinsamen Sorgerechts durch Abgabe der Sorgeerklärungen
  • b) § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB grundsätzlich verfassungsmäßig
  • aa) Elterlicher Konsens als Voraussetzung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
  • bb) Annahme des Gesetzgebers nicht zu beanstanden
  • cc) Allerdings: Pflicht des Gesetzgebers zur Beobachtung und Prüfung
  • c) § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB verfassungswidrig in Fällen der Trennung vor dem 1.7.1998
  • d) Pflicht des Gesetzgebers zur Schaffung einer Übergangsregelung
  • 2. Beschluss des BVerfG vom 23.4.2003
  • II. Begleitforschung
  • III. Parlamentarische Aktivitäten: Anfragen und Gesetzesinitiativen
  • 1. Kleine Anfrage vom 27.6.2007
  • 2. Antrag „Sorgerechtsregelung für Nichtverheiratete zu reformieren“ vom 28.5.2008
  • 3. Schriftliche Frage des Abgeordneten Ekin Deligöz und die Antwort der Bundesregierung vom 18.7.2008
  • IV. Die Trendwende: Urteil des EGMR vom 3.12.2009
  • 1. Begriff und Bedeutung der EMRK
  • a) Geschichte und Funktion
  • b) Im Familienrecht relevante Normen: Art. 8 und 14 EMRK
  • c) Verhältnis zur Rechtsprechung des BVerfG
  • 2. Entscheidung des EGMR vom 3.12.2009
  • a) Sachverhalt
  • b) Entscheidungsgründe
  • aa) Anwendungsbereich des Art. 14 EMRK eröffnet
  • bb) Ungleichbehandlung im Vergleich zur Mutter und zu verheirateten Vätern
  • cc) Keine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung
  • V. Änderung der Rechtsprechung des BVerfG: Urteil vom 21.7.2010
  • 1. Sachverhalt
  • 2. Stellungnahme der Bundesregierung und des DFGT
  • 3. Entscheidungsgründe
  • a) Originäre elterliche Sorge der Mutter nach wie vor nicht zu beanstanden
  • b) Automatisches Sorgerecht der Väter kraft Anerkennung der Vaterschaft verfassungsrechtlich nicht geboten
  • c) Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 GG durch fehlende Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung
  • aa) Verfassungswidrigkeit des § 1626 a BGB
  • bb) Verfassungswidrigkeit des § 1672 BGB
  • 4. Übergangslösung des BVerfG
  • a) Übergangslösung für § 1626 a BGB
  • b) Übergangslösung für § 1672 BGB
  • 5. Vergleich mit der Entscheidung des EGMR vom 3.12.2009 und Konsequenzen für den Gesetzgeber
  • C. Aktuelles Gesetzgebungsverfahren und diskutierte Reformmodelle
  • I. Antrag einiger Bundestagsabgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 6.10.2011
  • II. Diskutierte Modelle
  • 1. Antragsmodell
  • 2. Widerspruchsmodell
  • 3. Kompromissvorschlag des BJM
  • 4. Kritik in der Literatur
  • III. Bundestagsdebatte vom 28.1.2011
  • IV. Stellungnahme des VAMV e.V. vom 9.9.2010 und Formulierungsvorschlag für eine gesetzlichen Neuregelung vom 4.11.2010
  • V. Stellungnahme der Kinderrechtskommission des DFGT vom 22.2.2011
  • Zweiter Teil: Sorgerecht in Polen aus rechtsvergleichender Sicht
  • 1. Abschnitt: Historische Entwicklung des Sorgerechts in Polen
  • A. Spezifische Situation aufgrund der Teilungen des Landes
  • B. Zivilgesetzbuch des Königreichs Polen von 1825
  • I. Rechtliche Lage der „natürlichen“ Kinder
  • 1. Anerkenntnis – Art. 298 ff KCKP 1825
  • 2. Legitimation – Art. 291 ff. KCKP 1825
  • II. Regelung der elterlichen Gewalt bei ehelichen Kindern
  • 1. Elterliche Gewalt während der Ehe
  • 2. Elterliche Gewalt nach Auflösung der Ehe
  • a) Spezifische Situation durch kanonische Ehe
  • b) Regelung für den Fall der Auflösung der Ehe
  • C. Erste Reformetappe 1945–1946
  • I. Eherecht: reine Zivilehe
  • II. Gleichstellung aller Kinder
  • III. Regelung der elterlichen Gewalt
  • 1. Inhalt der elterlichen Gewalt
  • a) Einführung des Kindeswohlprinzips
  • b) Eingriffe in die elterliche Gewalt
  • 2. Regelung der elterlichen Gewalt bei nichtehelichen Kindern
  • 3. Regelung der elterlichen Gewalt bei ehelichen Kindern
  • a) Während der Ehe
  • b) Nach Auflösung der Ehe
  • D. Familiengesetzbuch von 1950
  • I. Eherecht: erstmals einvernehmliche Scheidung möglich
  • II. Regelung der elterlichen Gewalt
  • 1. Allgemein
  • 2. Außereheliche Kinder: gemeinsame elterliche Gewalt beider Eltern
  • 3. Regelung der elterlichen Gewalt für den Fall der Scheidung
  • 2. Abschnitt: Gegenwärtige Rechtslage in Polen: rechtsvergleichende Darstellung und Wertung
  • A. Familien- und Vormundschaftsgesetzbuch von 1964 – Begründung der heutigen Rechtslage
  • I. Reformbedarf und -ziele
  • II. Reformen des KRO seit 1964 bis heute
  • III. Verfassungsrechtlicher Schutz der Familie
  • B. Begriff der elterlichen Gewalt im KRO
  • I. Wertschätzungs- und Beistandspflicht – Art. 87 KRO
  • 1. Tatbestand
  • 2. Vergleich mit dem BGB
  • 3. Wertung
  • II. Der Begriff: „elterliche Gewalt“
  • 1. Übersetzung des Rechtsbegriffs „władza rodzicielska“ in die deutsche Sprache
  • 2. Debatte in Polen über die Änderung des Begriffes in „elterliche Sorge“ oder „elterliche Verantwortung“
  • a) Argumente des polnischen Gesetzgebers
  • b) Vergleich mit der Deutschland
  • c) Wertung
  • C. Inhalte der elterlichen Gewalt im KRO
  • I. Personen- und Vermögenssorge, Erziehungsrecht, Kindeswohlprinzip – Art. 95 KRO
  • 1. Tatbestand
  • a) Art. 95 § 1 KRO
  • b) Art. 95 § 2 KRO
  • c) Art. 95 § 3 KRO
  • aa) Kindeswohl
  • bb) Interesse der Gesellschaft
  • d) Art. 95 § 4 KRO
  • 2. Vergleich mit dem BGB
  • a) Art. 95 § 1 KRO – § 1626 Abs. 1 S. 2 BGB
  • b) Art. 95 § 2 KRO – keine Entsprechung im BGB
  • c) Art. 95 § 3 KRO – § 1697 a BGB
  • d) Art. 95 § 4 KRO – § 1626 Abs. 2 S. 2 BGB
  • 3. Wertung
  • II. Persönliche Ausübung der elterlichen Gewalt durch die Eltern, gesellschaftliches Interesse – Art. 96 § 1 KRO
  • 1. Tatbestand
  • 2. Vergleich mit dem BGB – § 1631 Abs. 1 BGB
  • 3. Wertung
  • III. Gewaltverbot in der Erziehung – Art. 961 KRO
  • 1. Tatbestand
  • 2. Vergleich mit dem BGB
  • 3. Wertung
  • IV. Eltern als gesetzliche Vertreter – Art. 98 KRO
  • 1. Tatbestand
  • 2. Vergleich mit dem BGB
  • 3. Wertung
  • V. Staatliche Hilfe und Herausgaberecht der Eltern – Art. 100 KRO
  • 1. Tatbestand
  • a) Herausgabeanpruch der Eltern
  • b) Ersatzobhut für das Kind
  • c) Sonstige Hilfeleistung
  • d) Mitteilungspflichten
  • 2. Vergleich mit dem BGB
  • a) § 1631 Abs. 3 BGB
  • b) § 1632 Abs. 1, 3–4 BGB
  • 3. Zusammenfassung und Wertung
  • D. Eingriffe in die elterliche Gewalt
  • I. Tatbestände
  • 1. Beschränkung der elterlichen Gewalt – Art. 109 KRO
  • 2. Ruhen der elterlichen Gewalt – Art. 110 KRO
  • 3. Entzug der elterlichen Gewalt – Art. 111 KRO
  • II. Vergleich mit dem BGB
  • 1. Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls
  • a) § 1666 BGB
  • b) § 1666 a BGB
  • c) § 1667 BGB
  • 2. Ruhen der elterlichen Sorge
  • a) § 1674 BGB
  • b) § 1673 BGB
  • III. Wertung
  • E. Der Erwerb der elterlichen Gewalt
  • I. Grundsatz: gemeinsame elterliche Gewalt – Art. 93 § 1 KRO
  • 1. Rechtliche Mutterschaft als Voraussetzung der elterlichen Gewalt – Art. 619 KRO
  • a) Tatbestand
  • b) Vergleich mit dem BGB – § 1591 BGB
  • 2. Rechtliche Vaterschaft als Voraussetzung der elterlichen Gewalt
  • a) Elterliche Gewalt kraft Vaterschaftsvermutung bei bestehender Ehe – Art. 62 KRO
  • aa) Tatbestand
  • bb) Vergleich mit dem BGB
  • b) Elterliche Gewalt kraft Vaterschaftsanerkennung – Art. 72 ff. KRO
  • aa) Tatbestand
  • bb) Vergleich mit dem BGB und Wertung – § 1592 Nr. 2 BGB
  • c) Elterliche Gewalt kraft gerichtlicher Vaterschaftsfeststellung, Art. 84 KRO
  • aa) Tatbestand
  • bb) Vergleich mit dem BGB und Wertung – §§ 1592 Nr. 3, 1600 d BGB
  • II. Ausnahme: Tod oder fehlende Geschäftsfähigkeit eines Elternteils – Art. 94 KRO
  • 1. Tatbestand
  • 2. Vergleich mit dem BGB und Wertung
  • F. Elterliche Gewalt nach Trennung und Scheidung
  • I. Elterliche Gewalt nach der Trennung der Eltern – Art. 107 KRO
  • 1. Veränderungen durch das Änderungsgesetz vom 06.11.2008
  • 2. Tatbestand
  • a) Verteilung der Ausübungskompetenzen – Art. 107 § 2 S. 1 KRO
  • aa) Tatbestand
  • bb) Rechtsnatur
  • cc) Kriterien für die Auswahl eines Elternteils
  • b) Gemeinsame elterliche Gewalt – Art. 107 § 2 S. 2 KRO
  • aa) Intention des Gesetzgebers
  • bb) Voraussetzungen
  • aaa) Erziehungsplan
  • bbb) Positive Kooperationsprognose
  • cc) Kritik in der Literatur
  • c) Modifizierungen gem. Art. 109–111 KRO
  • II. Elterliche Gewalt nach Scheidung der Eltern – Art. 58 KRO
  • 1. Neubestimmung durch das Änderungsgesetz vom 06.11.2008
  • 2. Entscheidungsmöglichkeiten des Gerichts
  • a) Art. 58 § 1 S. 2 KRO
  • b) Art. 58 § 1 a S. 1 KRO
  • c) Art. 58 § 1 a S. 2 KRO
  • d) Art. 109–111 KRO; keine „Wechselgewalt“
  • e) Abänderungsmöglichkeit – Art. 106 KRO
  • III. Vergleich der Art. 107 und 58 KRO mit § 1671 BGB und Wertung
  • 1. Anwendungsbereiche
  • 2. Gesetzgeberische Konzepte
  • a) Zwangsverbund von Ehesache und Sorgerecht
  • b) Verhältnis zu gemeinsamer Sorge nach Trennung und Scheidung
  • 3. Regelungsmöglichkeiten
  • 4. Rechtsfolgen
  • 5. Voraussetzungen für die Beibehaltung der gemeinsamen Sorge
  • IV. Abschließende Wertung
  • Dritter Teil: Zusammenfassung, Rechtslage in Polen und die aktuell diskutierten Modelle, eigene Lösungsansätze und Ausblick
  • 1. Abschnitt: Zusammenfassende vergleichende Würdigung
  • A. Rechtsgeschichte Entwicklung der elterlichen Sorge
  • B. Inhalte der elterlichen Sorge
  • C. Erwerb der elterlichen Sorge
  • D. Modifizierungen der elterlichen Sorge nach Scheidung und Trennung
  • 2. Abschnitt: Vergleich der Rechtslage in Polen mit den in Deutschland aktuell diskutierten Reformmodellen und den Ergebnissen der Studie
  • A. Diskutierte Reformmodelle und die Rechtslage in Polen
  • I. Antragsmodell
  • II. Widerspruchsmodell
  • III. Kompromissvorschlag des BMJ
  • IV. Lösungsvorschlag des DFGT
  • B. Diskutierte Reformmodelle und die Rechtslage in Polen im Lichte der Ergebnisse des Projekts „Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“
  • I. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie
  • II. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie und die Rechtslage in Polen
  • III. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie und die diskutierten Reformmodelle
  • 3. Abschnitt: Abschließende Würdigung und eigene Lösungsansätze: Die polnische Lösung – Modellcharakter auch für Deutschland?
  • 4. Abschnitt: Stand des Gesetzgebungsverfahrens zum Zeitpunkt des Abschlusses der Arbeit, Ausblick
  • Vierter Teil: Annex: Entwicklung seit Januar 2012
  • 1. Abschnitt: Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge der nicht miteinander verheirateten Eltern vom 16.4.2013
  • A. Gesetzgebungsverfahren
  • I. Weitere Anträge
  • 1. SPD
  • 2. Die Linke
  • II. Gang des Gesetzgebungsverfahrens
  • B. Inhalte des Gesetzes
  • I. § 1626 a BGB
  • 1. Materielles Recht
  • 2. Verfahrensrecht
  • II. § 1671 BGB
  • 2. Abschnitt: Kritik, abschließende Würdigung im Kontext der polnischen Rechtslage und Ausblick
  • A. Kritik
  • I. Kritik der verfahrensrechtlichen Umsetzung
  • II. Kritik am Modell selbst
  • B. Das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 16.4.2013 und die Rechtslage in Polen
  • C. Schlussfazit und Ausblick
  • Fünfter Teil: Anhang I: Relevante Normen des KRO in deutscher Übersetzung
  • Sechster Teil: Anhang II: Fragebogen zur Erstellung eines Erziehungsplans
  • Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A.  Englische Abkürzungen

CRCConvention on the Rights of the Child

B.  Polnische Abkürzungen

Dz. U. Dziennik Ustaw (Gesetzblatt)
KC Kodeks Cywilny (Zivilkodex)
KCKP Kodeks Cywilny Królestwa Polskiego (Zivilkodex des Königreichs Polen)
KPC Kodeks postepowania cywilnego (Zivilverfahrenskodex)
KR Kodeks rodzinny (Familienkodex)
KRO Kodeks Rodzinny i Opiekuńczy (Familien- und Vormundschaftskodex)
KRP Konstytucja Rzeczpospolitej Polskiej (Verfassung der Republik Polen)
MoP Monitor Prawniczy (Rechtsmonitor)
OSN Orzecznictwo Sądu Najwyższego (Rechtsprechung des Höchsten Gerichts)
OSNC Orzecznictwo Sądu Najwyższego Izba Cywilna (Rechtsprechung der Zivilkammer des Höchsten Gerichts)
PM Prawo małżeńskie (Eherecht)
pod red. pod redakcją (unter der Redaktion)
poz. Pozycja (Position)
PR Prawo rodzinne (Familienrecht)
r. rok (Jahr)
SN Sąd Najwyższy (Höchstes Gericht)
TK Trybunał Konstytucyjny (Verfassungsgerichtshof)
Ust. Ustawa (Gesetz)

C.  Deutsche Abkürzungen

Einleitung

Das Familienrecht war seit dem Inkrafttreten des BGB am 1.1.1900 wiederholt Gegenstand gesetzgeberischer Reformaktivitäten. Die jeweiligen Anpassungen setzten jedoch nur langsam die gesellschaftlichen Veränderungen und verfassungsrechtliche Vorgaben um.1 Besonders betroffen von einer auffällig verzögerten gesetzgeberischen Initiative ist die rechtliche Entwicklung im Bereich der nichtehelichen Kinder,2 die zugleich plakativ den gesellschaftlichen Wandel im Umgang mit einem Tabubruch illustriert.3

Als ein wichtiger Teil dieser Problematik war das Sorgerecht von nicht miteinander verheirateten Eltern besonders häufig Gegenstand der Kontrolle auf verfassungsrechtlicher Ebene4 und es wurde mehrfach reformiert.5 Bedingt durch den nicht konsequent genug verwirklichten Gleichberechtigungsgedanken und unmittelbar veranlasst durch höchstrichterliche Rechtsprechung steht dieser Bereich ganz aktuell erneut im Fokus der gesetzgeberischen Reformbestrebungen:

Der EMGR entschied am 3.12.2009,6 dass die deutsche Regelung, wonach die Teilhabe des nichtehelichen Vaters an der elterlichen Sorge nur mit Zustimmung ← 1 | 2 → der Mutter möglich ist, den nichtehelichen Vater diskriminiert und deswegen gegen die Europäische Konvention für Menschenrechte7 verstößt.

Hiervon unabhängig,8 jedoch zumindest in einem engen zeitlichen Zusammenhang änderte auch das BVerfG seine bisherige Rechtsprechung und urteilte am 21.7.20109 im Sinne der Verfassungswidrigkeit der §§ 1626 a, 1672 BGB.

Im Zuge der auf diese Weise erzwungenen Aktivität des Gesetzgebers werden zurzeit unterschiedliche Modelle diskutiert,10 die die Umsetzung des Grundsatzes der Gleichberechtigung beider Elternteile und des Kindeswohls bestmöglich gewährleisten sollen; ein politischer Konsens konnte bis zum Abschluss der vorliegenden Arbeit noch nicht gefunden werden.

Ausgehend von dem aktuellen Reformbedarf konzentriert sich die nachfolgende Untersuchung auf die elterliche Sorge von nicht miteinander verheirateten Eltern und deren mögliche Neuregelung.

In den Rechtsordnungen innerhalb der EU wird die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Vater das Sorgerecht für sein nichteheliches Kind erlangen kann, unterschiedlich beantwortet. Mehrheitlich wird allerdings von einer ex lege Beteiligung des Kindesvaters am Sorgerecht ausgegangen, wobei die Ausgestaltung des Sorgerechtserwerbs im Einzelnen variiert.11

Das in Deutschland geltende gesetzgeberische Konzept, wonach der Erwerb der elterlichen Sorge für ein nichteheliches Kind an die Zustimmung der Mutter gekoppelt ist und an ihrem Veto scheitern kann, findet sich ansonsten nur noch in Norwegen, Österreich und in der Schweiz.12

Die Menschenrechtskonvention und die Rechtsprechung des EGMR hierzu, aber auch die von allen Mitgliedern des Europarates ratifizierte Kinderrechtskonvention13 schaffen Richtlinien für die gesetzliche Regelung des Sorgerechts ← 2 | 3 → für nichteheliche Kinder durch die nationalen Gesetzgeber in der EU. Bei aller gesetzgeberischen Freiheit gilt es hier, klare Vorgaben zu erfüllen. Es liegt deshalb nahe, bei der Umsetzung dieser Aufgabe einen rechtsvergleichenden Blick auf die Lösungen anderer Länder zu werfen.

Ein bedeutender Wert der Rechtsvergleichung liegt in der Verbesserung des nationalen Rechts durch eine Orientierung an fremden Regelungsmodellen.14 Es ist anzunehmen, dass die Entwicklung des nationalen Rechts durch die Rechtsvergleichung beschleunigt wird, weil diese die Zirkulation der Modelle begünstigt.15

Als relativ aktuelle Beispiele für die selektive Aufnahme ausländischer Lösungen im Bereich des Familienrechts können die Eingliederung des deutschen Umgangsrechtsmodells sowie des elterlichen Erziehungsplans nach dem Vorbild der USA in das polnische Familien- und Vormundschaftsgesetz im Jahr 2008 genannt werden.16

Der hier gewählte rechtsvergleichende Blick nach Polen eignet sich in dem untersuchten Kontext besonders gut, weil dort – bei vergleichbarer Gesellschaftsordnung – im Bereich der elterlichen Sorge für nichteheliche Kinder seit geraumer Zeit eine andersartige normative Lösung existiert, die den Vorgaben des EGMR vollständig entspricht.

Die polnische Rechtslage und deren vergleichende Wertung sind auch deshalb interessant, weil die dort vorgesehene ex lege Beteiligung des nichtehelichen Vaters am Sorgerecht auch hierzulande als eines der möglichen Reformmodelle diskutiert wird.17

Das Sorgerecht der nicht miteinander verheirateten Eltern lässt sich jedoch kaum aus dem Gesamtkontext „elterliche Sorge“ im Sinne einer isolierten Betrachtung herauslösen. Die rechtsgeschichtliche Entwicklung in diesem Bereich orientierte sich stets an dem „Normalfall“ der verheirateten Eltern18 und auch heute können die noch vorhandenen Besonderheiten und Unterschiede nur in ← 3 | 4 → Beziehung zu der diesbezüglichen Rechtslage in einer Ehe verständlich nachvollzogen werden. Die nachfolgende Arbeit behält deshalb zwar stets die elterliche Sorge der nicht miteinander verheirateten Eltern als Schwerpunkt im Fokus, liefert zugleich jedoch notwendigerweise eine Skizze des gesamten Rechtsgebiets. Es werden folglich neben der Entstehung der elterlichen Sorge bei verheirateten und nichtverheirateten Eltern auch deren Inhalte beleuchtet und verglichen. Unter dem Blickwinkel der Praktikabilität erscheint des Weiteren nicht minder wichtig die Frage, welche Lösungen für den Fall der Trennung der gemeinsam sorgeberechtigten Eltern in den beiden Rechtsordnungen gefunden wurden.

Die Darstellung der jeweiligen Regelung in ihrer Gesamtheit ist für die Rechtsvergleichung von zentraler Bedeutung, da diese der Kenntnis der Modelle folgt.19 Die Rechtsvergleichung, also – nach der von der Verfasserin gewählten Methode – die Suche nach dem funktionalen Gegenpart in der jeweils anderen Rechtsordnung20 ist bei nur partieller Beleuchtung nicht mit der erforderlichen Zuverlässigkeit möglich.

Die hieraus resultierende Uferlosigkeit der Materie erfordert jedoch wiederum die Setzung von klaren Schwerpunkten, weshalb ein Anspruch auf Vollständigkeit realistischerweise nicht erhoben werden kann.

Mit Blick auf die geringe Praxisrelevanz der Vermögenssorge als Bestandteil des Sorgerechts wird deshalb auf eine diesbezügliche Darstellung verzichtet; das Gleiche gilt für den Sorgerechtserwerb durch Adoption sowie beispielsweise die Einzelheiten der Verfahren zur Statusklärung.

Für die Arbeit wurde ein viergliedriger Aufbau gewählt: Im ersten Teil findet sich der deutsche Länderbericht, der die Darstellung der rechtsgeschichtlichen Entwicklung bis hin zu der (noch) aktuellen Rechtslage und dem derzeitigen Reformbedarf beinhaltet. Die Einbeziehung des geschichtlichen Entwicklungsprozesses ist dabei sowohl für ein umfassendes Verständnis der aktuellen Problematik als auch im Kontext der Rechtsvergleichung wichtig.

Im zweiten Teil erfolgt eine analoge Untersuchung des polnischen Rechts. Dem Eindruck einer lediglich parallelen Darstellung soll jedoch von vornherein entgegengewirkt werden: Die betreffenden Rechtsnormen des aktuellen polnischen Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches21 werden unmittelbar nach ihrer jeweiligen Erörterung in Beziehung zu ihrem funktionalen Gegenpart im BGB gesetzt, verglichen und bewertet. ← 4 | 5 →

Im dritten Teil der Untersuchung werden die Ergebnisse der Rechtsvergleichung im Kontext der aktuellen Diskussion in Deutschland beleuchtet und ausgewertet. Das Ziel der Arbeit liegt – im Sinne der Ziele der Rechtsvergleichung – hauptsächlich darin, herauszufinden, inwieweit die beiden Rechtsmodelle identisch und inwieweit sie verschieden sind. Darüber hinaus soll mit Blick auf die aktuellen Reformbestrebungen untersucht werden, ob das polnische Modell auch hierzulande eine vorzugswürdige Lösung sein könnte.

Der vierte Teil wurde nachträglich ergänzt, um dem Aktualitätsanspruch der Arbeit Rechnung zu tragen: Da das im Rahmen dieser Arbeit mit Spannung verfolgte Reformvorhaben zwischen der Abgabe des Manuskripts und der Veröffentlichung der Dissertation beendet wurde, konnte nicht nur das Gesetzgebungsverfahren abschließend skizziert sondern auch die Inhalte des Gesetzes zur Reform der elterlichen Sorge der nicht miteinander verheirateten Eltern vom 16.4.2013 dargestellt und im Lichte der zuvor gewonnenen Erkenntnisse kritisch gewürdigt werden. ← 5 | 6 →

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1    Vgl. hierzu z. B. Schwab, FamRZ 1995, 513, 514.

2    Der im Zuge des KindRG von 1998 forcierte Begriff „Kinder, deren Eltern nicht miteinander verheiratet sind“ wird von der Verfasserin als sprachliches Ungetüm abgelehnt und in dieser Arbeit nicht verwendet. Stattdessen wird in Übereinstimmung mit dem sprachlichen Gebrauch in der aktuellen Rechtsprechung des BVerfG (vgl. zuletzt Urteil vom 21.07.2010, 1 BvR 420/09, www.bverfg.de/entscheidungen/rs20100721_1bvr042009.html = FamRZ 2010, 1403) auf den bisherigen – nach Auffassung der Autorin keineswegs diskriminierenden – Ausdruck „nichteheliche Kinder“ zurückgegriffen. Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass in Art. 6 Abs. 5 GG sogar nach wie vor von „unehelichen“ Kindern die Rede ist; ebenfalls ablehnend: Schumann, FamRZ 2000, 389; FF 2010, 222.

3    Buske, S. 48, dort Fn. 3.

4    Vgl. z.B. BVerfG, FamRZ 1981, 429 ff.; 1991, 913 ff.; FamRZ 2003, 285 ff.; FamRZ 2003, 1147 ff.; FamRZ 2010, 1403 ff.

5    Z.B. durch das NEhelG vom 19.8.1969, SorgeRG vom 18.7.1979, KindRG vom 16.12.1997; vgl. hierzu weiter unten.

6    EGMR Urteil v. 3.12.2009, Zaunegger ./. Bundesrepublik Deutschland, Nr. 22028/04, in Originalsprache (englisch) veröffentlicht auf www.echr.coe.int = Auszüge auf Deutsch in FamRZ 2010, 103 ff.

7    Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4.11.1950.

8    Hohmann-Dennhardt, FF 2011, 181, 187.

9    BVerfG, FamRZ 2010, 1147 ff.

10  Auch wenn die Diskussionen und das öffentliche Interesse wegen der eher geringen Unterschiede zwischen den Modellen zum Zeitpunkt des Abschlusses der Arbeit deutlich abgenommen haben dürften, vgl. auch Finger, FuR 2011, S. 649, 650.

11  Vgl. Übersicht bei Jurczyk/Walper, Vorgezogener Endbericht für das Projekt „Gemeinsames Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern“ vom 30.11.2010, S. 68 ff., im Internet abrufbar unter http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Endbericht_Sorgerecht_final.pdf?__blob=publicationFile.

12  Jurczyk/Walper, S. 69.

13  Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes, kurz UN-Kinderrechtskonvention, (englisch Convention on the Rights of the Child, CRC) wurde am 20. November 1989 von der UN-Generalversammlung angenommen und trat am 2. September 1990 in Kraft.

14  So auch Sacco S. 25, Rn. 21.

15  Sacco, S. 25, Rn. 21.

16  Vgl. hierzu weiter unten, S. 219 f., 299 ff.

17  Sog. Widerspruchs- oder automatisches Modell, vgl. Fragen-Antworten-Katalog des BMJ v. 13.1.2011, abrufbar unter www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/Fragen_und_Antworten_zum_Sorgerecht_nicht_miteinander_verheirateter_Eltern.pdf?_blob=publicationFile; Peschel-Gutzeit, FF 2011, 105, 108 f.

18  Vgl. z.B. BVerfG, FamRZ 1991, 913, 917.

19  Sacco, S. 21, Rn. 15.

20  Zweigert/Kötz, S. 33.

21  Kodeks rodzinny i opiekuńczy vom 25.6.1964, Dz. U. Nr. 45, poz. 234, in Kraft getreten am 1.1.1965, im Folgenden: KRO.

Erster Teil:  Sorgerecht in Deutschland

1.  Abschnitt: Historische Entwicklung des Sorgerechts in Deutschland

Bedingt durch die steten Veränderungen in der Gesellschaft unterliegt der Familienbegriff einem fortlaufenden Wandel.22 Diese Wandlungsprozesse spiegeln sich auch in der Entwicklung des Sorgerechts wider, dessen gesetzliche Regelung im Wandel der Zeit und in Abhängigkeit von dem Verständnis der Ehe, der Eltern-Kind-Beziehung sowie der Stellung des jeweiligen Geschlechts in der Gesellschaft bedeutende Veränderungen erfuhr.23 Wichtigstes Ansinnen bei den jeweiligen Reformen war die Herstellung der Gleichberechtigung der Geschlechter sowie die Stärkung der Rechte und Interessen der Kinder.24 Eine zentrale Rolle spielte dabei das Bundesverfassungsgericht, das in seinen Entscheidungen immer wieder auf die fehlerhafte oder unvollständige Umsetzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben hinwies und den Gesetzgeber zu weiteren Aktivitäten zwang.25 Ein tiefgreifendes Verständnis der heutigen Rechtslage im Bereich der elterlichen Sorge von nicht miteinander verheirateten Eltern ist isoliert von der rechtsgeschichtlichen Entwicklung kaum möglich, weshalb nachfolgend deren wichtigsten Eckpunkte dargestellt werden.26 Eine vollständige Abkoppelung des Sorgerechts von der traditionell ehelichen Familie ist jedoch ebenfalls nicht denkbar, weil sich die Entwicklung der Rechtsstellung der nichtehelichen Kinder und deren Eltern stets an dem „Normalfall“ der Ehe orientierte und Verbesserungen durch immer weiter gehende Angleichung an die Rechtspositionen der verheirateten Eltern und ihrer Kinder erreicht wurden. Aus diesem Grund wird nachfolgend in gebotener Kürze auch die Entwicklung des Sorgerechts in der Ehe zu beleuchten sein.

Beginnend mit der Rechtslage zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des BGB am 1.1.1900 werden deshalb alle das Sorgerecht berührenden Familienrechtsreformen ← 7 | 8 → und bedeutende Entscheidungen des BVerfG bis hin zum aktuellen Reformbedarf dargestellt.

A.  Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des BGB am 1.1.1900

Als Ausgangspunkt der Darstellung eignet sich der Zeitpunkt des Inkrafttretens des BGB27, als eine Zeit, die mit einer dynamischen Modernisierung aller Lebensbereiche einher ging, besonders gut.28

Die ursprüngliche Version des BGB verstand sich als Ausfluss bürgerlicher Familiensicht.29 Mit dem Ehemann als Oberhaupt der Familie, der ihr seinen Namen gab,30 alle wichtigen Entscheidungen traf31 sowie das Vermögen der Ehefrau verwaltete und nutzte32 war die auf Lebenszeit geschlossene33 Ehe von institutionellen und deutlich patriarchalischen Zügen geprägt.34

Der Inhalt der elterlichen Gewalt in dieser und der nachfolgenden Zeit war – was nicht zuletzt auch in dem Begriff selbst zum Ausdruck kommt – von einer Dominanz des Elternrechtes gekennzeichnet, hinter dem subjektive Rechte des Kindes nahezu vollständig zurücktraten. Erst mit der Neuregelung des Sorgerechts im Jahr 1980 sollte die Betrachtung des Kindes als Objekt subjektiver Rechte seiner Eltern aufgegeben werden.35 ← 8 | 9 →

I.   Begriff des Sorgerechts im BGB 1896

Gem. § 1626 BGB 1896 standen minderjährige Kinder unter elterlicher Gewalt.36 Sie umfasste das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Kindes zu sorgen, § 1627 BGB 1896.37 Die Personen- und Vermögenssorge beinhaltete wiederum auch die Vertretung des Kindes, § 1630 BGB 1896.38 Die Personensorge umfasste das Recht und die Pflicht, das Kind zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen, § 1631 BGB 1896.39 Bis auf die noch nicht erwähnte Pflege des Kindes war der Wortlaut der Norm identisch mit der heutigen Fassung des § 1631 Abs. 1 BGB. Allerdings umfasste das Erziehungsrecht ausdrücklich auch die Anwendung körperlicher Züchtigung – auf Antrag sogar mit Hilfe des Vormundschaftsgerichts, das den erziehungsberechtigten Vater „durch Anwendung geeigneter Zuchtmittel zu unterstützen“ hatte, § 1631 S. 3 BGB 1896.

Schließlich enthielt die Personensorge auch ein Herausgaberecht, § 1632 BGB 1896, dessen Wortlaut mit der heutigen Fassung des § 1632 Abs. 1 BGB identisch war.

II.  Regelung bei verheirateten Eltern

1.  Elterliche Gewalt bei bestehender Ehe

Die elterliche Gewalt war als eine originär väterliche ausgestaltet, § 1627 BGB 1896.40 In einer bestehenden Ehe hatte nur der Vater außer der Personensorge auch die Vermögenssorge und das Vertretungsrecht inne. ← 9 | 10 →

Für die Dauer der Ehe stand der Mutter neben dem Vater lediglich die Personensorge für das gemeinsame Kind zu, § 1634 BGB 1896.41 Zur Vertretung des Kindes war sie ausdrücklich nicht berechtigt. Bei Meinungsverschiedenheiten ging die Auffassung des Vaters vor.42 Im Rahmen der Erziehung des Kindes blieb auch das Recht zur Anwendung angemessener Zuchtmittel dem Vater vorbehalten, § 1631 S. 2 BGB 1896.

Details

Seiten
XX, 414
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653040784
ISBN (ePUB)
9783653993530
ISBN (MOBI)
9783653993523
ISBN (Hardcover)
9783631646489
DOI
10.3726/978-3-653-04078-4
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Schlagworte
Rechtsvergleichung Familienrecht Sorgerecht Vaterschaftsanerkennung
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. XX, 414 S.

Biographische Angaben

Magdalena Dittmann (Autor:in)

Magdalena Dittmann studierte Rechtswissenschaften in Kiel und arbeitet als Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht in Hamburg.

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Titel: Elterliche Sorge im deutschen und im polnischen Recht mit dem Schwerpunkt der Rechtslage bei nicht miteinander verheirateten Eltern
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