Lade Inhalt...

Aspekte der philologischen Forschung von Jacob Grimm und der Märchenübersetzung ins Polnische

von Hanna Biadun-Grabarek (Band-Herausgeber:in) Sylwia Firyn (Band-Herausgeber:in)
©2014 Sammelband 176 Seiten

Zusammenfassung

Dieser Band enthält neu bearbeitete Versionen der Referate der Tagung Jacob Grimm – Begründer der Germanistik, die anlässlich des 150. Todestages von Jacob Grimm veranstaltet wurde. Neben der Präsentation der wichtigen Ereignisse aus dem Leben von Jacob Grimm und einiger Aspekte des Zusammenwirkens der beiden Brüder behandeln die einzelnen Beiträge eine Reihe von verschiedenen Aspekten. Dazu gehören etwa bestimmte sprachtheoretische Auffassungen Jacob Grimms, beispielsweise Sprachauffassungen, Adressatenhonorifikation als Ausdruck des Pedantischen in der deutschen Sprache, Gebrauch des Generischen Maskulinum, altdeutsche Rechtsterminologie in seinen Werken, Grimms Stellungnahmen zu bestimmten Problemen der Sprachgeschichte wie etwa der Geschichte der Goten oder Monatsnamen, die Übersetzung von Märchentiteln ins Polnische, insbesondere der Anthroponyme, sowie die Rezeption der Märchen im slawischen Sprachraum. In allen Bereichen werden neue, bisher nicht erforschte Probleme aufgegriffen und kritisch behandelt, wobei z.B. auf die Lücken in der Grimmschen Forschung eingegangen wird.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort
  • Zum Lebenslauf
  • Das Leben und das Werk von Jacob Grimm bis 1830 – vom Jurastudenten bis zum Märchensammler und Philologen
  • Das Leben und Werk von Jacob Grimm nach 1830: Deutsche Mythologie, Weisthümer, Geschichte der deutschen Sprache und Deutsches Wörterbuch
  • Zur Zusammenarbeit von Jacob und Wilhelm Grimm
  • Zu theoretischen Problemen der Sprachwissenschaft
  • Józef Wiktorowicz (Universität Wazszawa)
  • Idealistisch-nationale Corporaformung. Anmerkungen zu Jacob Grimms Wiener Zirkularbrief (1815)
  • Adressatenhonorifikation als Ausdruck des Pedantischen in der deutschen Sprache nach Jacob Grimm
  • Das Generische Maskulinum bei Jacob Grimm
  • Zur Deutung der altdeutschen Rechtsterminologie im Nachlass von Jacob Grimm
  • Zur Sprachgeschichte
  • Die Goten und ihre Sprache in der „Geschichte der deutschen Sprache“
  • Zur Behandlung der germanischen Monatsnamen in der „Geschichte der deutschen Sprache“
  • Zur Übersetzung der Namen von Märchengestalten ins Polnische
  • Zur Übersetzung der deutschen Anthroponyme in den Titeln der „Kinder- und Hausmärchen“ ins Polnische
  • Das Märchen „Rumpelstilzchen” (KHM 55) in polnischen Übersetzungen. Eine Fallstudie zur Rezeption der „Kinder- und Hausmärchen“ in Polen
  • Zu Fragen der Kultur und Rezeption
  • Zur Grimm–Rezeption
  • Zum Einfluss der Brüder Grimm und ihrer Märchenveröffentlichung 1812 auf slawische Kultur des 19. Jh.
  • Brot und Wein. Einige Anmerkungen zu Realien in den Märchen der Brüder Grimm am Beispiel von Ernährung und Tischsitten

Vorwort

Am 20. September 1863 starb Jacob Ludwig Carl Grimm, der bekannteste deutsche Sprachforscher des 19. Jh. im Alter von 78 Jahren in seinem Haus in Berlin an den Folgen eines Schlaganfalls. Der 150. Todestag von Jacob Grimm bietet eine gute Gelegenheit, die Ergebnisse seiner Forschung neu zu bewerten. Seine wissenschaftliche Leistung, die eigentlich alle Gebiete der germanistischen Forschung erfasst, ist kaum zu überschätzen.

Insgesamt haben 15 Kollegen ihre Beiträge vorbereitet und zum Druck vorgelegt. Der Band enthält Beiträge von zwei Studentinnen der Angewandten Linguistik, einer aus Österreich stammenden Professorin und fast aller polnischen Germanisten, die sich mit der Geschichte der deutschen Sprache befassen.

Mit dem Band soll die Tätigkeit des Begründers der deutschen Philologie und Altertumswissenschaft sowie weltbekannten Märchensammlers geehrt werden. ← 7 | 8 →

 

← 8 | 9 →

Zum Lebenslauf
← 9 | 10 →

 

← 10 | 11 →

Das Leben und das Werk von Jacob Grimm bis 1830 – vom Jurastudenten bis zum Märchensammler und Philologen

Paulina Górska (Universität Gdańsk)

Die Brüder Grimm sind wohl die bekanntesten Brüder in Deutschland. Aufgrund ihrer Forschungen gehören sie zu den Vätern der deutschen Philologie, und im Zuge ihrer Märchensammlung erwarben sie den Titel „Märchenbrüder“.

Jacob Grimm ist am 4. Januar 1785 in Hanau (südöstliches Hessen) geboren. Dort in der Langen Gasse gab es das hellrote Mietshaus, wo er zusammen mit seinen Eltern und Geschwistern lebte. Seine Familie war im Juristen- und Theologenkreis aufgrund ihrer Vorfahren sehr angesehen. In Hanau wohnte er mit seiner Familie nur 5 Jahre, weil sein Vater, Philipp Wilhelm Grimm, eine Stelle als Gerichtsamtmann in Steinau bekam. Danach hatte die Familie Grimm ab dem 13. Januar 1791 dort ihren neuen Wohnsitz. Philipp wollte das gesellschaftliche Niveau, das die Familie dank der Eltern genoss, erhalten. Für den Vater war es gleichzeitig eine Rückkehr in die Heimat, denn er wurde dort am 19. September 1751 geboren. Nur ein paar Jahre nach dem Umzug nach Steinau ist der Vater im Alter von 44 Jahren gestorben. Im Winter 1795 erkrankte Philipp an einer Lungenentzündung. Von dieser Krankheit genas er nicht wieder und starb daran am 10. Januar 1796. Zu diesem Zeitpunkt war der älteste Sohn Jacob erst 11 Jahre alt. Philipp Wilhelm Grimm bildete das Oberhaupt der Familie und stellte für die Kinder ein Vorbild dar; für sie war er „ein höchst arbeitsamer, ordentlicher, liebevoller Mann“. Sein Tod war ein schwerer Schlag für die kinderreiche Familie. Die Mutter der Brüder, Dorothea Zimmer, wurde am 20. November 1755 geboren und starb am 27. Mai 1808; sie schenkte 9 Kindern das Leben. Drei von ihnen sind sehr früh gestorben. Die Kindersterblichkeit war damals sehr hoch. Obwohl der Vater eine Orientierungsfigur für die Brüder Grimm war, stand dem Prinzip des damals modernen Familienmodells nach die Liebe der Mutter an erster Stelle. Die Mutter machte sich große Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder, insbesondere um die Ausbildung der Söhne.

Nach seinem Tod musste Jacob viele Pflichten des Vaters übernehmen, was eine ernste Herausforderung für den kleinen Jungen war. Dadurch lernte Jacob in jungem Alter den Wert der Familie und Pflichtbewusstsein kennen.

Der jüngere Bruder von Jacob, Wilhelm ist 1786 geboren. Dann bekamen sie noch drei jüngere Brüder – Karl Friedrich, Ferdinand Philipp und Ludwig Emil, ← 11 | 12 → der Louis genannt wurde. Ludwig Emil wurde auch als Malerbruder bekannt. 1793 ist noch die Schwester Lotte geboren, die der Augenstern des Vaters und der Brüder war. Nach dem Tod der Mutter begann Lotte im Alter von 15 Jahren den Haushalt zu führen.

Einer der schwersten Momente im Leben der Familie Grimm war sicher der Tod des Vaters, weil er für den Unterhalt der Familie sorgte, was bei einer siebenköpfigen Familie nicht einfach war.

Der Vater träumte davon, dass die beiden ältesten Söhne Juristen werden. Glücklicherweise gab es in der Familie Personen, die viel halfen. Es waren „Tante Schlemmer“ und „Tante Zimmer“. Tante Schlemmer hieß mit vollem Namen Juliane Charlotte Friederike Schlemmer und war die Schwester von Philipp Grimm. Ihr Mann starb im Geburtsjahr von Jacob Grimm. Sie spielte eine große Rolle bei der Erziehung von Wilhelm und Jacob. Die Tante war auch die erste Lehrerin für die Brüder. Sie lehrte sie lesen und Religion. Da sie keine Kinder hatte, konnte sie nach dem Tod ihres Bruders der Witwe und ihren Kindern helfen. Die zweite Tante hieß Henriette Philippine Zimmer und war die Schwester der Mutter. Die kinderlose Tante ermöglichte den Brüdern den Besuch des Lyzeums in Kassel. Nur dank dieser Tante konnten der dreizehnjährige Jacob und der zwölfjährige Wilhelm eine Ausbildung erlangen. 1798 verließen Jacob und Wilhelm Steinau und entschieden sich, nach Kassel zu ziehen. Gerade in Kassel begannen die Brüder sich für die Bräuche, Märchen, Sagen und auch für die deutsche Sprache zu interessieren. Der ältere Bruder kritisierte später die Weise des Unterrichts im Lyzeum, weil es großen Wert auf die exakten Wissenschaften legte, anstatt sich auf die Fächer zu konzentrieren, die die Seele entwickeln. Zur gleichen Zeit entdeckte Jacob sein Interesse für Naturwissenschaften. Er plante sogar, den Beruf des Botanikers zu ergreifen. Er beendete das Lyzeum Fridericianum 1802 mit dem Abschluss der Unterprima, während sein jüngerer Bruder, der kränkelnd war, ein Jahr später den Abschluss der Untersekunda schaffte. Weiterhin spielte Tante Zimmer eine bedeutende Rolle im Leben der Brüder, indem sie nicht nur der Familie nach dem Tod des Vaters bei der Versorgung half, sondern auch für den zusätzlichen Unterricht bezahlte und den Brüdern das Studium an der Universität Marburg ermöglichte.

Die Zeit in Marburg war die Gelegenheit, neue Bekanntschaften zu schließen, woran den Brüdern viel lag, weil sie während der Zeit im Lyzeum nicht genug Zeit für gesellige Treffen hatten. Beide Brüder studierten Rechtswissenschaften. Ihre Karriere war ihnen eigentlich vorbestimmt, weil sie ihren Vater als Vorbild sahen. Wie Philipp Grimm, der ihnen von Kindheit an juristische Kenntnisse beibrachte, sollten sie sich um ihre Familie kümmern und für den Lebensunterhalt sorgen. Jacob und Wilhelm waren mit diesem Plan einverstanden, obwohl sie das eher aus Folgsamkeit als aus Vorliebe machten. 1802 fing Jacob das juristische Studium in ← 12 | 13 → Marburg an. Er sehnte sich nach Wilhelm und fühlte sich einsam, deshalb flüchtete er in Romane und Gegenwartsliteratur. Ein Jahr später stieß Wilhelm zu seinem Bruder dazu und studierte mit ihm in Marburg. Die Brüder waren sehr fleißige Studenten, die an allen möglichen Vorlesungen und Übungen teilnahmen. An der Universität kam Jacob in Kontakt mit einer prägenden Person, Professor Friedrich Carl von Savigny. Jacob war von seinem Lehrstil besonders fasziniert. Savigny war jedoch für sie nicht nur ein Vorbild in der juristischen, sondern auch in der poetischen Literatur. Er übte einen großen Einfluss auf das Leben der Brüder aus und erweckte ihr Interesse an der Romantik. Es war nicht nur die Dichtung, für die ihr Interesse wuchs, sondern auch die Sprache, in der sie geschrieben war. Außerdem machte Friedrich Carl von Savino die Brüder mit den Werken von Goethe und Schiller bekannt. Jacob und Wilhelm beschränkten sich nicht nur auf die deutschsprachige Literatur, sie widmeten auch englischen, schottischen, irischen, skandinavischen, finnischen, niederländischen, spanischen und serbischen Quellen viel Zeit.

Die zweite Person, die die Brüder in gewisser Hinsicht prägte, war Clemens Brentano. Savigny und er waren zwei extrem unterschiedliche Persönlichkeiten. Anregend für die beiden Brüder waren die Diskussionen Savignys und Brentanos, die meist in Streit mündeten. Der Dritte, der einen großen Einfluss auf das Leben der Brüder hatte, war Achim von Arnim. Später entstand zwischen ihnen eine gute Freundschaft.

1804 zog Savigny mit seiner Frau nach Paris um die Forschungsarbeiten über das römische Recht im Mittelalter durchzuführen. Die lange Bekanntschaft mit Savigny veranlasste Jacob Grimm 1805 zur Reise nach Paris, deren Ziel die Fortsetzung seiner Forschungen war. Das war eine schwere Entscheidung, weil er seinen Bruder sowie Mutter und Tante verlassen musste. Er bat seine Tante um ihre Einwilligung. Schließlich fasste er den Entschluss, nach Paris zu fahren und sein Studium zu unterbrechen. Der Briefwechsel zwischen den Brüdern während Jacobs Aufenthalt in Paris zeugt von dem starken Band zwischen ihnen.

1805 zog die Familie nach Kassel um, wo sie im zweiten Stock des Hauses in der Johannisstraße 78/79 wohnte. Dieses Haus wird als „Märchenhaus“ bezeichnet. Die Brüder suchten nach Arbeit, was wegen der sich nähernden französischen Truppen leider nicht so einfach war. Wilhelm fand keine Arbeit, 1806 gelang es jedoch Jacob, eine Stelle im Kriegskollegium des Kurfürstentums Hessen-Kassel zu bekommen. Diese Arbeit erlaubte ihm, seine Familie zu unterhalten. Daneben arbeitete er in der Bibliothek. Nachdem Brentano und Achim von Arnim die Sammlung von Volksliedern Des Knaben Wunderhorn veröffentlichten, halfen ihnen Jacob und Wilhelm und fügten zu den zwei anderen Teilen der Sammlung achtundzwanzig Lieder bei. Dadurch waren die Brüder die zwei wichtigsten Beiträger. ← 13 | 14 → Diese Periode war auch die Zeit der ersten Aufsätze Jacobs, der „Nachrichten von altdeutschen Gedichten“ veröffentlichte. 5 Jahre später erschien sein erstes Buch: „Über den altdeutschen Meistergesang“. Die Arbeit Jacobs im Kriegskollegium war trotz seiner guten Kenntnisse des Französischen sehr anstrengend und er entschloss sich zu kündigen. Er kümmerte sich ständig um seine Mutter. Bedauerlicherweise starb die Mutter im Jahr 1808. Dann musste Jacob Grimm die Familie ernähren. Er begann die Arbeit als Bibliothekar und als Auditeur in der Privatbibliothek von Jérôme Bonaparte, dem König von Westphalen. Seine Pflichten beanspruchten nicht so viel Zeit und er konnte sich seinen Forschungen widmen und mit Wilhelm die Arbeit an der Märchensammlung fortsetzen. Daneben beschäftigten sich die Brüder auch mit wissenschaftlichen Rezensionen.

Die Idee, Sagen, Lieder und Märchen zu sammeln, stammte von Achim von Arnim, der die Brüder schon 1802 darauf aufmerksam machte. Er versprach Hilfe bei der Veröffentlichung der Märchen und Sagen. Die Märchen waren keine Gebilde ihrer Fantasie, sondern es waren mündlich überlieferte Geschichten, die von den Brüdern nur ein bisschen überarbeitet wurden. Die bekannteste und wichtigste Quelle der Märchen war eine junge Frau, Dorothea Viehmann, die aus einer hugenottischen Familie stammte. Es gab aber auch andere Personen, wie Werner von Haxthausen, August von Haxthausen, Annette von Droste-Hülshoff und Jenny von Laßberg, die den Brüdern bei der Sammlung der Märchen halfen. Ungefähr ein Fünftel der Märchen verdankten sie der Familie Haxthausen aus Bökendorf.

Details

Seiten
176
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653040470
ISBN (ePUB)
9783653993653
ISBN (MOBI)
9783653993646
ISBN (Hardcover)
9783631646380
DOI
10.3726/978-3-653-04047-0
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Schlagworte
Sprachgeschichte Monatsnamen Rezeption der Märchen Slawischer Raum Geschichte der Goten
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 176 S., 12 Tab.

Biographische Angaben

Hanna Biadun-Grabarek (Band-Herausgeber:in) Sylwia Firyn (Band-Herausgeber:in)

Hanna Biaduń-Grabarek und Sylwia Firyn arbeiten am Institut für Skandinavistik und Angewandte Linguistik an der Universität Gdańsk. Ihre Haupttätigkeitsgebiete sind Sprachgeschichte, Syntax, Lexikologie des Deutschen und Glottodidaktik.

Zurück

Titel: Aspekte der philologischen Forschung von Jacob Grimm und der Märchenübersetzung ins Polnische
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
176 Seiten