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Melanom-Aufklärung und Melanom-Früherkennung

Historische Entwicklung und die Anfänge in Deutschland

von Eberhard Paul (Autor:in) Christoph Bäuml (Autor:in)
©2014 Monographie 143 Seiten

Zusammenfassung

Hautkrebsvorsorge und -früherkennung sind eine Erfolgsgeschichte der Medizin der letzten Jahrzehnte. Der hippokratische Ratschlag Nur nicht daran rühren ist Geschichte! Da Melanome sehr langsam wachsen und das diagnostische Fenster jahrelang offensteht, propagiert man heute eine primäre Prävention (Meiden von Sonnenlicht) und einen regelmäßigen Melanom-Check bei Risikopersonen. Dies war nicht immer so. Zunächst war der Weg der Hautkrebsvorsorge und -früherkennung steinig und die ersten Schritte aus heutiger Sicht mühsam und bescheiden. Das Buch fasst die Anfänge der Melanom-Prävention in Australien, den USA und Deutschland zusammen. Als Zeitzeugen der Anfänge dieser Geschichte schaffen es die Autoren, die Erinnerung an die wichtigsten Epochen der Melanom-Prävention wachzuhalten.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Historischer Rückblick
  • Das Melanom – Der ideale Vorsorgetumor
  • Geschichte der Melanomprävention
  • Anfänge in Australien
  • Gründe
  • 1963-1979
  • 1980-1987
  • 1988-2009
  • Zweite Welle in den USA
  • Gründe
  • 1977: „The New Mexico Melanoma Project”
  • 1979-2009
  • World Health Organization
  • Anfänge der Melanomprävention in Deutschland - Initiatoren und ihre Aktionen
  • Anfänge in Gießen
  • 1980: Startschuss zur öffentlichen Aufklärung
  • Erfolge der ersten Melanomaufklärung
  • Weitere Pionierarbeit in der Melanomaufklärung
  • 1985-1988: Aufklärungskampagnen der Gießener Dermatologen
  • Melanomprävention – wie die Sonne ein Dauerbrenner
  • Prävention in Nürnberg
  • Weitere Prävention im fränkischen Raum
  • Kommission zur Früherkennung und Prävention von Hautkrebs
  • Erfolge der Prävention
  • Gesetzesänderungen und -neueinführungen
  • Aktuelle Daten zum Melanom in Deutschland,
  • Literaturverzeichnis
  • Anhang

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Historischer Rückblick

Das Melanom: der „bösartigste Tumor der Menschen“

Melanome gibt es seitdem es Menschen gibt. Schon in präkolumbianischen und ägyptischen Mumien fand man Ansammlungen von Pigment, was Melanom-Metastasen entsprechen könnte.

Lange hat die Lehre von Hippokrates das medizinische Handeln geprägt. So auch mit dem Spruch „Alle, die an verborgenen Krebsschäden leiden, lässt man am besten unbehandelt; denn behandelt gehen sie rasch zu Grunde; unbehandelt hingegen bleiben sie noch lange Zeit am Leben“.

Bekräftigt wurde diese Meinung auch im Mittelalter z. B. durch Gabriele Fallopia (1523-1552): „So lange der Krebs ruht, soll auch der Arzt ruhen“ (Zitat aus Petra Schramm: Krebs)

Im Grunde genommen schwingt diese Angst auch heute noch bei vielen Patienten mit, wenn sie immer noch glauben, dass „durch daran rühren, der Krebs erst richtig „wild“ würde“, was erst mit Einführung der Früherkennung eindeutig widerlegt werden konnte.

Deshalb musste auch mit der Früherkennung und Frühbehandlung erst diese Urangst von Betroffenen und Ärzten überwunden werden.

Retrospektiv kann man diese Interpretation der Ereignisse bei einem Tumor wie z. B. dem Melanom sogar nachvollziehen, wenn auch zahlreiche Fehlinterpretationen der Ereignisse zu einem solchen Schluss führen.

Der Patient sah zunächst über Jahre ein auffallendes Mal, das aus der Masse der übrigen Muttermale herausragte. Geprägt von der Vorstellung: „Nur nicht daran rühren“ (Noli me tangere) ließ man die günstige Zeit der Früherkennung verstreichen, bis das „Mal“ exophytisch wurde, blutete oder gar ulcerierte.

Erst dann entschlossen sich die Ärzte zum Handeln; zu einem Zeitpunkt, zu dem der Pigmenttumor längst metastasiert hatte und die Metastasen – zunächst klinisch noch nicht erkennbar – in den Organen heranwuchsen. Als die alarmierenden Symptome: Juckreiz, Blutung und Ulceration zunahmen und man den Tumor schließlich mit einem „Sicherheitsabstand“ von 5 cm allseits um den Tumorrand exzidierte, war diese heroische Maßnahme längst wirkungslos und das Schicksal des Patienten war durch die zuvor eingetretene Fernmetastasierung bereits besiegelt.

Auch das Einfrieren des Tumors mitsamt der umgebenden Haut oder gar eine präoperative „Letalbestrahlung“ mit Röntgenstrahlen war geboren ← 7 | 8 → aus der Angst, dass durch „daran rühren“ die Zellen erst ausgeschwemmt würden. Dass diese zusätzlichen Maßnahmen gegenüber der reinen Exzision keine Verbesserung der Prognose brachten, hätte einem zu denken geben sollen.

In vieler Hinsicht wurden die einzelnen Stadien eines „natürlichen“ Verlaufs der Melanome falsch interpretiert. Man konnte sich z. B. nicht vorstellen, dass bereits ein kleiner, jedoch durch Färbung und Begrenzung auffälliger Fleck ein Melanom im Frühstadium sein könnte. Erst photokatamnestische Untersuchungen deckten auf, dass diese initialen Melanome sich doch veränderten, wenn auch sehr langsam, unter Umständen über Jahre, sodass die Veränderungen in Färbung und Gestalt dem Patienten nicht auffallen konnten.

Erst nach Jahren – als die Zeit einer Früherkennung oft schon längst verstrichen war – und die Tumoren juckten oder bluteten, entschloss man sich zur Exzision. Oft kam es dann innerhalb von zwei Jahren postoperativ zum Auftreten der Metastasen, was die Operationsskeptiker in ihrer Haltung geradezu bestärkte, weil scheinbar durch „daran rühren“ der Tumor sich ausgebreitet hatte und das Schicksal des Betroffenen nun besiegelt war.

Als negatives Beispiel wurden diese Verläufe immer wieder herangezogen, wenn wieder einmal die Entscheidung für einen operativen Eingriff gefällt werden musste. So hat man aus Furcht, man könne eine Streuung des Melanoms herbeiführen, gewartet, bis „untrügliche“ Malignitätszeichen auftraten und war jedes Mal erstaunt, dass ein so kleiner, oft nur Kirschkern großer Primärtumor zu einer generalisierten Metastasierung führen konnte. Sehr schnell bekam das Melanom den Anspruch, der „bösartigste“ aller Tumore des Menschen zu sein

Die Früherkennung hat nun alles verändert.

Man weiß, dass auch kleinflächige Melanome, die keinerlei Symptome hervorrufen und nur aufgrund des klinischen (bes. des auflichtmikroskopischen) Befundes identifiziert werden können auch histologisch bereits alle Charakteristika eines Melanoms aufweisen.

Werden solche Tumore rechtzeitig vor Eintritt der Metastasierung entfernt, reißt die pathogenetische Kettenreaktion ab, die man früher durch Zaudern provoziert hat.

Mit einem kleinen Schnitt kann der Betroffene geheilt sein. Durch „daran rühren“ in einem frühen Zeitpunkt erzielt man eine hundertprozentige Heilung, durch Abwarten in einer entscheidenden Entwicklungsphase des Tumors überlässt man den Betroffenen seinem Schicksal! ← 8 | 9 →

Nun wäre die Früherkennung und Vorsorge der Melanome sicher nicht so erfolgreich, wenn es sich beim Melanom nicht um den idealen Vorsorge-Tumor handeln würde.

Details

Seiten
143
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653047349
ISBN (ePUB)
9783653994377
ISBN (MOBI)
9783653994360
ISBN (Hardcover)
9783631645956
DOI
10.3726/978-3-653-04734-9
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (Juli)
Schlagworte
Risikopersonen Hautkrebsforschung Hautkrebs Hautkrebsvorsorge
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 143 S., 44 farb. Abb.

Biographische Angaben

Eberhard Paul (Autor:in) Christoph Bäuml (Autor:in)

Eberhard Paul ist Professor für Dermatologie und Venerologie und war leitender Arzt der Hautklinik am Klinikum Nürnberg. Heute führt er eine dermatologische Privatpraxis in Nürnberg. Für seine Verdienste um die Melanom-Früherkennung und -Aufklärung erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande. Christoph Bäuml, promovierter Zahnmediziner, studierte an der Universität Erlangen-Nürnberg und war Mitglied im dortigen Leonardo-Kolleg. Er ist in einer Praxis für Zahnmedizin tätig.

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Titel: Melanom-Aufklärung und Melanom-Früherkennung
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