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Die Umsetzung aufsichtsrechtlicher Anforderungen an Vergütungssysteme in Instituten und Versicherungsunternehmen aus Sicht des Arbeits- und Dienstvertragsrechts

von Christina Gerdes-Renken (Autor:in)
©2014 Dissertation XVI, 269 Seiten

Zusammenfassung

Im Juli 2010 ist in das Kreditwesengesetz (KWG) und das Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) jeweils die Regelung aufgenommen worden, dass die Vergütungssysteme für Geschäftsleiter und Mitarbeiter angemessen, transparent und auf eine nachhaltige Entwicklung des Instituts beziehungsweise des Unternehmens ausgerichtet sein müssen. Im Oktober 2010 folgten zwei konkretisierende Verordnungen: die InstitutsVergV und die VersVergV. In dieser Arbeit werden die aufsichtsrechtlichen Vergütungsvorgaben erläutert und die Möglichkeiten ihrer Umsetzung in den die Arbeits- und Dienstverhältnisse gestaltenden Verträgen und Vereinbarungen erörtert. Ziel der Arbeit ist es, die Vorgaben für die Praxis zu bewerten und die bei ihrer Umsetzung dienstvertragsrechtlichen sowie vor allem individual- und kollektivarbeitsrechtlichen Fragestellungen zu beantworten.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung
  • A. Die weltweite Krise an den Finanzmärkten
  • B. Regulierungsansätze auf internationaler und nationaler Ebene
  • I. Internationale Vergütungsanforderungen
  • II. Anforderungen an die Vergütung in Deutschland
  • 1. Gesetze und Verordnungen zur Finanzmarktstabilisierung
  • 2. Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung
  • 3. Gesetz über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen
  • 4. Instituts-Vergütungsverordnung und Versicherungs- Vergütungsverordnung
  • 5. Restrukturierungsgesetz
  • 6. CRD IV – Umsetzungsgesetz
  • C. Ziel und Gang der nachfolgenden Untersuchung
  • 1. Teil Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme
  • A. Anwendungsbereich der Vorschriften und Begriffsbestimmungen
  • I. Institutioneller Anwendungsbereich
  • 1. Institute
  • 2. Unternehmen
  • II. Personeller Anwendungsbereich
  • 1. Geschäftsleiter
  • 2. Mitarbeiter
  • a) Mitarbeiter im Sinne der InstitutsVergV
  • b) Mitarbeiter im Sinne der VersVergV
  • 3. Mitarbeiter mit wesentlichem Einfluss auf das Gesamtrisikoprofil
  • III. Sachlicher Anwendungsbereich
  • 1. Der Begriff des Vergütungssystems
  • 2. Die Vergütung
  • 3. Aus dem Anwendungsbereich ausgenommene Vergütungen
  • a) Vergütungsregelungen in Tarifverträgen
  • b) Vergütungsregelungen in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen
  • 4. Bestandteile der Vergütungssysteme
  • a) Bestandteile des Vergütungssystems eines Geschäftsleiters
  • b) Bestandteile des Vergütungssystems eines Mitarbeiters
  • B. Überblick zum Inhalt der Vorschriften
  • I. Die Ausgangsregelungen im KWG und VAG
  • II. Allgemeine Anforderungen an Vergütungssysteme
  • III. Besondere Anforderungen an Vergütungssysteme
  • C. Untersagungs- und Beschränkungsbefugnis der Aufsichtsbehörde
  • 2. Teil Künftige Gestaltung von Vergütungsvereinbarungen
  • A. Rahmenbedingungen für die Gestaltung der Verträge und Vereinbarungen
  • I. Die verfassungsrechtlich gewährleistete Vertragsfreiheit
  • II. Vertragskontrolle
  • 1. Wirksamkeitskontrolle
  • a) Allgemeine Rechtskontrolle
  • b) Sittenwidrigkeitskontrolle
  • c) Inhaltskontrolle im engeren Sinne
  • aa) Anwendungsbereich
  • (1) Allgemeine Geschäftsbedingungen
  • (2) Individuell ausgehandelte Bestimmungen in den Arbeitsverträgen
  • (3) Individuell ausgehandelte Bestimmungen in den Anstellungsverträgen der Geschäftsleiter
  • (4) Betriebs-, Dienst- und Sprecherausschussvereinbarungen
  • bb) Maßstab der Kontrolle
  • cc) Rechtsfolgen
  • 2. Ausübungskontrolle
  • a) Billigkeitskontrolle
  • b) Allgemeine Ausübungskontrolle
  • III. Relevanz der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme im System der Vertragskontrolle
  • 1. Relevanz im Rahmen der allgemeinen Rechtskontrolle von Verträgen
  • 2. Relevanz im Rahmen der Inhaltskontrolle nach den§§ 307 ff. BGB
  • a) Überprüfbarkeit von Vergütungsbestimmungen nach den §§ 307 ff. BGB
  • b) Maßstäbe für die inhaltliche Überprüfung
  • 3. Ergebnis
  • B. Mitbestimmungsrechte eines Betriebs- beziehungsweise Personalrates, Mitwirkungsrechte eines Sprecherausschusses
  • I. Mitbestimmungsrechte eines Betriebsrates
  • II. Mitwirkungsrechte eines Sprecherausschusses
  • III. Mitbestimmungsrechte eines Personalrates
  • C. Vertragliche Umsetzung der einzelnen aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme
  • I. Allgemeine Anforderungen an Vergütungssysteme
  • 1. Anforderungen an die Vergütungssysteme im Allgemeinen
  • a) Ausrichtung an den Strategien und Zielen des Instituts/Unternehmens
  • aa) Vergütungssysteme als Instrument zur Unternehmenssteuerung
  • bb) Variable Vergütungsformen, Ausgestaltungsmöglichkeiten und Anreizwirkungen
  • (1) Provision
  • (2) Zielvergütung
  • (a) Zielvergütung bei den Mitarbeitern
  • (b) Zielvergütung bei den Geschäftsleitern
  • (3) Umsatzbeteiligung
  • (4) Gewinnbeteiligung
  • (5) Aktienoptionen
  • b) Anpassung bei Strategieänderungen
  • c) Angemessene Ausgestaltung
  • aa) Vermeidung von Anreizen zur Eingehung unverhältnismäßig hoher Risiken
  • (1) Anreize durch die variable Vergütung
  • (a) Keine signifikante Abhängigkeit von variabler Vergütung
  • (aa) Möglichkeit des vollständigen Abschmelzens
  • (bb) Variabilisierung der Vergütung bei Arbeitnehmern
  • (b) Angemessenes Verhältnis zwischen der fixen und der variablen Vergütung
  • (c) Berücksichtigung der Risiken bei der variablen Vergütung
  • (2) Anreize durch bestimmte, einzelvertraglich begründete Ansprüche auf Leistungen für den Fall der Beendigungder Tätigkeit
  • (a) Leistungen für den Fall der Beendigung der Tätigkeit
  • (b) Ziel und Reichweite der Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 InstitutsVergV
  • (c) Referentenentwurf zur Neufassung der InstitutsVergV
  • bb) Vermeidung sonstiger, negativer Anreize
  • cc) Nicht der Überwachungsfunktion der Kontrolleinheiten zuwiderlaufend
  • d) Anpassung bei Feststellung der Unangemessenheit
  • e) Unzulässigkeit garantierter variabler Vergütungen
  • 2. Anforderungen an die Vergütungssysteme der Mitarbeiter in den Kontrolleinheiten
  • 3. Anforderungen an die Vergütungssysteme der Geschäftsleiter
  • a) Abschließende Festlegung der Vergütung im Anstellungsvertrag
  • b) Anforderungen an die Vergütung als solche
  • aa) Angemessenheit der Vergütung der Geschäftsleiter
  • bb) Mehrjährige Bemessungsgrundlage für die variable Vergütung
  • (1) Performance- Betrachtung über einen Mehrjahreszeitraum
  • (2) Bonus-Malus-Systeme
  • (3) Auszahlungshürden und Rückzahlungsverpflichtungen
  • (4) Aktienkursorientierte variable Vergütungen
  • (5) Zulässigkeit variabler Vergütungen ohne mehrjährige Bemessungsgrundlage
  • cc) Begrenzungsmöglichkeit für außerordentliche Entwicklungen
  • c) Zusätzliche Anforderungen in der VersVergV
  • II. Besondere Anforderungen an Vergütungssysteme
  • 1. Anforderungen an die variable Vergütung
  • a) Berechnung der variablen Vergütung
  • aa) Berechnungsgrundlage
  • (1) Bottom-Up-Ansatz
  • (2) Top-Down-Ansatz
  • bb) Ermittlung der Erfolge und Erfolgsbeiträge
  • cc) Bestimmung des individuellen Erfolgsbeitrags
  • b) Zurückbehaltung der variablen Vergütung
  • aa) Anforderung in der InstitutsVergV
  • (1) Zurückbehaltung gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 4 InstitutsVergV
  • (2) Ausscheiden des Geschäftsleiters/ Risk Takers im Zurückbehaltungszeitraum
  • bb) Anforderung in der VersVergV
  • (1) Zurückbehaltung gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 VersVergV
  • (2) Ausscheiden des Geschäftsleiters/ Risk Takers im Zurückbehaltungszeitraum
  • c) Abhängigkeit der variablen Vergütung von einer nachhaltigen Wertentwicklung des Instituts/ Unternehmens
  • aa) § 5 Abs. 2 Nr. 5 a) und b) InstitutsVergV
  • (1) Abhängigkeit von einer nachhaltigen Wertentwicklung
  • (2) Sperrfrist
  • (3) Umfang
  • bb) § 4 Abs. 3 Nr. 3 Satz 3 VersVergV
  • d) Verringerung der variablen Vergütung bei negativen Erfolgsbeiträgen
  • aa) Erste Ermittlung der variablen Vergütung
  • bb) Verringerung der zurückbehaltenen variablen Vergütung
  • (1) Umsetzung der Anforderung im Geltungsbereich der InstitutsVergV
  • (2) Umsetzung der Anforderung im Geltungsbereich der VersVergV
  • cc) Verringerung der direkt ausgezahlten variablen Vergütung
  • dd) Nachträgliche Erhöhung der zurückbehaltenen variablen Vergütung
  • e) Referentenentwurf zur Neufassung der InstitutsVergV
  • 2. Anforderungen an die ermessensabhängigen Leistungen zur Altersversorgung
  • a) Ruhestandsbedingte Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses
  • b) Nicht ruhestandsbedingte Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses
  • III. Zulässigkeit reiner Fixvergütungen
  • IV. Folgen der Nichtbeachtung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme
  • 1. Aufsichtsrechtliche Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörde
  • 2. Gesellschaftsrechtliche Sanktionsmöglichkeiten
  • D. Untersagungs- und Beschränkungsbefugnis der Aufsichtsbehörde
  • I. Hintergrund der Regelung
  • II. § 4 InstitutsVergV: Sicherung einer angemessenen Eigenmittelausstattung
  • III. Reichweite der Befugnis der Aufsichtsbehörde
  • IV. Wirkung einer Untersagungs- beziehungsweise Beschränkungsanordnung
  • 1. Wirkung gegenüber dem betroffenen Institut/ Unternehmen
  • 2. Wirkung gegenüber den Geschäftsleitern und Mitarbeitern
  • V. Umsetzung in den Verträgen und Vereinbarungen
  • 1. Umsetzung in den Arbeitsverträgen
  • a) Freiwilligkeitsvorbehalt
  • aa) Arbeitsentgelt im engeren und im weiteren Sinne
  • bb) Laufendes Arbeitsentgelt und Sonderzahlungen
  • cc) Einhaltung des Transparenzgebots
  • b) Widerrufsvorbehalt
  • aa) Inhaltskontrolle
  • bb) Anforderungen in formeller Hinsicht
  • c) Keine Anordnung als Anspruchsvoraussetzung
  • 2. Umsetzung in den Anstellungsverträgen der Geschäftsleiter
  • 3. Umsetzung in den Betriebs-, Dienst- und Sprecherausschussvereinbarungen
  • VI. Folgen der Nichtberücksichtigung der Anordnungsbefugnisse der Aufsichtsbehörde
  • 3. Teil Umgang mit bestehenden Vergütungsvereinbarungen
  • A. Aufsichtsrechtliche Anforderungen an Vergütungssysteme
  • I. Den neuen Vorgaben nicht widersprechende Vergütungsvereinbarungen
  • II. Mit den neuen Vorgaben nicht im Einklang stehende Vergütungsvereinbarungen
  • 1. Adressat der Pflicht auf eine Anpassung hinzuwirken
  • 2. Umfang der Pflicht auf eine Anpassung hinzuwirken
  • 3. Möglichkeiten zur Erfüllung der Pflicht auf eine Anpassung hinzuwirken
  • a) Anpassung der einzelvertraglichen Vereinbarungen
  • aa) Anpassung der Arbeitsverträge
  • (1) Mitbestimmungsrechte eines Betriebs- beziehungsweise Personalrates, Mitwirkungsrechte eines Sprecherausschusses
  • (a) Mitbestimmungsrechte eines Betriebsrates
  • (b) Mitwirkungsrechte eines Sprecherausschusses
  • (c) Mitbestimmungsrechte eines Personalrates
  • (2) Berufung auf das Rechtsinstitut der Störung der Geschäftsgrundlage
  • (3) Änderungskündigung
  • (4) Nutzung vertraglich vereinbarter Vorbehalte
  • (a) Widerrufsvorbehalt
  • (b) Teilkündigungsvorbehalt
  • (5) Einvernehmliche Änderung
  • bb) Anpassung der Anstellungsverträge der Geschäftsleiter
  • b) Anpassung der betrieblichen Übungen
  • aa) Beseitigung der Bindungswirkung bei Zugrundelegung der Vertragstheorie
  • (1) Einvernehmliche Änderung oder Änderungskündigung
  • (2) Ablösung durch eine Betriebsvereinbarung
  • bb) Beseitigung der Bindungswirkung bei Zugrundelegung der Vertrauenshaftungstheorie
  • cc) Stellungnahme
  • c) Anpassung der Kollektivvereinbarungen
  • aa) Anpassung der Betriebsvereinbarungen
  • (1) Einvernehmliche Änderung
  • (2) Beendigungskündigung
  • (a) Ordentliche Beendigungskündigung
  • (b) Außerordentliche Beendigungskündigung
  • (3) Änderungskündigung
  • (4) Teilkündigung
  • bb) Anpassung der Dienstvereinbarungen
  • cc) Anpassung der Sprecherausschussvereinbarungen
  • 4. Folgen einer unterbliebenen Anpassung bestehender Verträge und Vereinbarungen
  • B. Untersagungs- und Beschränkungsbefugnis der Aufsichtsbehörde
  • 4. Teil Zusammenfassung und Ausblick
  • Literaturverzeichnis

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Einleitung

A. Die weltweite Krise an den Finanzmärkten

Das Weltfinanzsystem ist in den Jahren 2007, 2008 und 2009 in eine tiefe Krise geraten.1 Begonnen hatte alles mit einer Immobilien- und Hypothekenkredit-Krise in den USA.2 Diese belastete zunächst die US- amerikanische Finanzbranche schwer. Aufgrund der starken internationalen Verflechtungen der Finanzmärkte zeigten sich jedoch schnell Auswirkungen in der gesamten Welt. Viele Banken hatten sich am US- Hypothekenmarkt verspekuliert, darunter auch zahlreiche deutsche Banken, wie die IKB Deutsche Industriebank AG und die Landesbanken, SachsenLB, WestLB AG und BayernLB.3 In den USA und in Europa vermeldete ein Finanzunternehmen nach dem anderen hohe Verluste. Als besonders einschneidendes Ereignis geht die Insolvenzanmeldung der viertgrößten US- amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008 in die Geschichte ein. Sie versetzte die Finanzmärkte in Panik. Das Vertrauen der Banken untereinander nahm stark ab. Sie liehen einander kaum noch Geld und gerieten dadurch in immer stärkere Liquiditätsschwierigkeiten.4 Anfang Oktober 2008 beschloss die amerikanische Regierung ein Rettungspaket für die angeschlagene Finanzbranche in Höhe von 700 Milliarden US- Dollar.5 Viele Länder in Europa mussten die inländische Finanzbranche ebenfalls durch Garantien und Zahlungen stützen.6 Die Bundesregierung bewahrte mit einem milliardenschweren Rettungspaket zunächst den Münchener Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate vor der Insolvenz und beschloss dann am 13. Oktober 2008 ein Rettungspaket zur Rettung und Stabilisierung der gesamten inländischen Finanzbranche, das 480 Milliarden Euro umfasste.7 ← 1 | 2 →

Zur Entstehung der weltweiten Finanzmarktkrise haben sicherlich viele Faktoren beigetragen. Als eine der zentralen Ursachen wird jedoch eine überzogene Risikoneigung der Akteure an den Finanzmärkten angesehen.8 Dem Streben der Unternehmen im Finanzsektor nach immer höheren Gewinnen durch risikoreiches Agieren wurde nicht durch staatliche Regulierung und Aufsicht Einhalt geboten. Innerhalb der Unternehmen wird die Vergütungspolitik als Ursache für die ausgeprägte Risikofreudigkeit der Führungsebene und der einzelnen Mitarbeiter ausgemacht.9 Weit verbreitet war die Gewährung an der Leistung beziehungsweise dem Erfolg orientierter, variabler Vergütungen. Die variable Vergütung stellte für viele der Geschäftsleiter und Mitarbeiter im Finanzsektor einen beträchtlichen Teil ihrer Gesamtvergütung dar. Belohnt wurden mit der variablen Vergütung vor allem kurzfristige Erfolge, Misserfolge hatten nur selten Konsequenzen.10 Auch die eingegangenen Risiken und deren Laufzeiten blieben häufig unberücksichtigt. Das führte zu Fehlanreizen. Die Betroffenen wurden dazu verleitet die Risiken der Geschäfte und damit letztlich auch den langfristigen und nachhaltigen Unternehmenserfolg aus dem Blick zu verlieren.11

In der Politik, in der Öffentlichkeit und schließlich auch in der Finanzindustrie selbst ist man heute der Auffassung, dass die Vergütungspolitik der vergangenen Jahre entscheidend zur Finanzmarktkrise beigetragen habe.12 Die Vergangenheit habe gezeigt, dass Fehlanreize, die durch eine verfehlte Vergütungspolitik ← 2 | 3 → gesetzt werden, Risiken nicht nur für die Stabilität einzelner Unternehmen, sondern für die Stabilität des gesamten Finanzmarktes begründen können.13

B. Regulierungsansätze auf internationaler und nationaler Ebene

Um den in der Vergangenheit durch die Vergütungspolitik gesetzten Fehlanreizen entgegen zu wirken, wurden auf internationaler wie nationaler Ebene eine Reihe von Maßnahmen ergriffen.

I. Internationale Vergütungsanforderungen

Anfang 2009 beauftragte die Gruppe der zwanzig bedeutendsten Industrie- und Schwellenländer (G20) ein heute als Rat für Finanzstabilität (Financial Stability Board [FSB]) bezeichnetes internationales Gremium mit der Erarbeitung konkreter Standards für die Vergütung in Finanzinstituten. Das Gremium setzt sich zusammen aus Zentralbanken, Finanzministerien und Aufsichtsbehörden aus den G20- Ländern sowie Hongkong, den Niederlanden, Spanien, Singapur und der Schweiz, der Europäischen Zentralbank, der Europäischen Kommission und einigen weiteren internationalen Organisationen, standardsetzenden Gremien und Gruppierungen.14 Es veröffentlichte am 2. April 2009 noch unter der Bezeichnung Financial Stability Forum (FSF) neun Prinzipien für solide Vergü-tungspraktiken („Principles for Sound Compensation Practices“).15 Am 25. September 2009 folgten 19 konkrete Standards für die Implementierung der Prinzipien für solide Vergütungspraktiken („Principles for Sound Compensation Practices ← 3 | 4 → – Implementation Standards“).16 Die in den Prinzipien und Standards aufgestellten Vergütungsanforderungen bezwecken insbesondere eine stärkere Ausrichtung der Vergütungsstrukturen auf den längerfristigen Erfolg des Unternehmens und eine angemessene Berücksichtigung der eingegangenen Risiken.17 Beim Gipfel in Pittsburgh Ende September 2009 billigten die G20- Länder die Prinzipien und Standards des Rates für Finanzstabilität und verpflichteten sich zu ihrer Umsetzung.

Auch auf europäischer Ebene widmete man sich den Vergütungssystemen in den Unternehmen der Finanzwirtschaft. Im Frühjahr 2009 wurden von der Europäischen Kommission Empfehlungen zur Vergütungspolitik im Finanzdienstleistungssektor verabschiedet.18 Zeitgleich wurde der Ausschuss der Europäischen Bankaufsichtsbehörden (Committee of European Banking Supervisors [CEBS]) tätig und stellte erste Grundsätze für eine solide Vergütungspolitik auf („High-level principles for Remuneration Policies“).19 Am 15. Dezember 2010 trat schließlich die Richtlinie 2010/76/EU20 zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Wiederverbriefungen und im Hinblick auf die aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik, die sogenannten Capital Requirements Directive III (CRD III) in Kraft. Mit dieser Richtlinie sollten die Banken zu einer strengeren Bewertung ihrer Handelsbuchrisiken verpflichtet werden, die Eigenkapitalanforderungen für Weiterverbriefungen sollten erhöht und striktere Pflichten zur Offenlegung von Verbriefungsrisiken eingeführt werden.21 Darüber hinaus sollten die Banken zu soliden Vergütungspraktiken verpflichtet werden, die keinen Anreiz zu einer übermäßigen und unvorsichtigen Übernahme ← 4 | 5 → von Risiken bieten.22 Zu diesem Zweck wurden mit der CRD III für den Bankenbereich die vom Rat für Finanzstabilität entwickelten Prinzipien für solide Vergütungspraktiken und die darauf aufbauenden konkreten Standards für die Implementierung der Prinzipien für solide Vergütungspraktiken weitgehend deckungsgleich in die Richtlinie 2006/48/EG über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute übernommen. Der CEBS wurde auf der Grundlage des ebenfalls in die Richtlinie 2006/48/EG neu eingefügten Art. 22 Abs. 4 mit der Erarbeitung von Leitlinien zu den Vergütungsanforderungen beauftragt. Sie sollen dazu beitragen, dass diese in den nationalen Rechtsordnungen und damit im gesamten europäischen Bankensektor möglichst einheitlich umgesetzt werden.23 Am 10. Dezember 2010 veröffentlichte der CEBS die Leitlinien zur Vergütungspolitik („Guidelines on Remuneration Policies and Practices“).24 Die European Banking Authority (EBA) überwacht und überprüft als Nachfolgeorganisation des CEBS die Umsetzung der Leitlinien in der EU.25

Gut 2 ½ Jahre nach dem Inkrafttreten der CRD III (Richtlinie 2010/76/EU) folgte zum 17. Juli 2013 die CRD IV. Hierbei handelt es sich um die Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG. Die in der Richtlinie 2006/48/EG über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute enthaltenen, mit der CRD III eingeführten Vergütungsvorgaben wurden in die Richtlinie 2013/36/EU weitgehend wort-und inhaltsgleich übernommen. In Teilbereichen wurden jedoch insbesondere die Vorgaben in Bezug auf variable Vergütungsbestandteile ausgeweitet beziehungsweise konkretisiert. ← 5 | 6 →

II. Anforderungen an die Vergütung in Deutschland

Anlässlich der Finanzmarktkrise hat auch der deutsche Gesetzgeber eine Vielzahl neuer Regelungen betreffend die Vergütung in den Unternehmen des Finanzsektors erlassen. Diese haben einen unterschiedlichen Anwendungsbereich und sind in verschiedenen Gesetzen enthalten. Inhaltlich wurden die Vergütungsregelungen stark beeinflusst durch die auf internationaler und europäischer Ebene geschaffenen neuen Vorgaben für die Vergütungspolitik in den Unternehmen des Finanzsektors.

1. Gesetze und Verordnungen zur Finanzmarktstabilisierung

Die erste Reaktion des deutschen Gesetzgebers auf die weltweite Finanzmarktkrise war der Erlass des Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz [FMStG])26 im Oktober 2008, nur wenige Wochen nach der Pleite der US- amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers. Ziel des FMStG war es, die aktuelle Krise zu bewältigen. Es sollte ein tragfähiges Instrumentarium zur zeitnahen Überwindung der bestehenden Liquiditätsengpässe und zur Stärkung der Stabilität des deutschen Finanzmarktes geschaffen werden.27 In seinem Art. 1 enthält das FMStG das Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds (Fi-nanzmarkstabilisierungsfondsgesetz [FMStFG]). Neben der Errichtung des Fi-nanzmarktstabilisierungsfonds, der von der, mit Erlass des Gesetzes neu gegründeten Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) verwaltet wird, sieht das FMStFG ein Paket von Stabilisierungsmaßnahmen vor, die inländischen Unternehmen des Finanzsektors gewährt werden können. Die Gewährung der Stabilisierungsmaßnahmen ist jedoch an Bedingungen geknüpft. Diese sind in § 10 FMStFG und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnung zur Durchführung des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes (Finanzmarktstabilisierungsfonds-Verordnung [FMStFV])28 normiert. In Bezug auf die Vergütung soll den unterstützten Unternehmen gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 FMStFV aufgegeben werden, die Vergütungssysteme auf ihre Anreizwirkung und Angemessenheit zu überprüfen und darauf hinzuwirken, dass diese nicht zur Eingehung unangemessener Risiken verleiten sowie an langfristigen und nachhaltigen Zielen ← 6 | 7 → ausgerichtet und transparent sind. Darüber hinaus soll nach § 5 Abs. 2 Nr. 4 FMStFV von den Unternehmen verlangt werden, die Vergütung ihrer Organmitglieder und Geschäftsleiter auf ein angemessenes Maß zu begrenzen. Der Fonds soll insbesondere darauf hinwirken, dass die Geschäftsleiter und Organmitglieder in den unterstützten Unternehmen keine unangemessene Gesamtvergütung erhalten, dass keine rechtlich nicht gebotenen Abfindungen und keine Bonifikationen oder andere in das freie Ermessen des Unternehmens gestellte Vergütungsbestandteile gezahlt werden. Als grundsätzlich unangemessen soll dabei eine Gesamtvergütung der Organmitglieder und Geschäftsleiter gelten, die 500.000 Euro pro Jahr übersteigt.

2. Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung

Im August 2009 trat das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG)29 in Kraft. Mit dem VorstAG wurden neue Regelungen im Hinblick auf die Vergütung von Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften eingeführt. Diese gelten nicht nur für Unternehmen im Finanzsektor, sondern branchenunabhängig für sämtliche Aktiengesellschaften. Kern ist die Neufassung von § 87 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AktG.

Nach § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG müssen nunmehr die Gesamtbezüge der einzelnen Vorstandsmitglieder in einem angemessenen Verhältnis zu ihren Aufgaben und Leistungen sowie zur Lage der Gesellschaft stehen und dürfen die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen. Bei börsennotierten Gesellschaften muss die Vergütungsstruktur gemäß § 87 Abs. 1 Satz 2 AktG zudem auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung ausgerichtet sein. Variable Vergütungen sollen daher nach dem neuen § 87 Abs. 1 Satz 3 AktG eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben und für außerordentliche Entwicklungen soll eine Begrenzungsmöglichkeit vereinbart werden. Verschlechtert sich die Lage der Gesellschaft, so dass die Weitergewährung der Vergütung unbillig für die Gesellschaft wäre, soll sie nach § 87 Abs. 2 Satz 1 AktG auf eine angemessene Höhe herabgesetzt werden.

In der Gesetzesbegründung heißt es, dass Ziel des Gesetzes sei, anlässlich der aus der Finanzmarktkrise gezogenen Lehren, die Anreize in der Vergütungsstruktur für Vorstandsmitglieder in Richtung einer nachhaltigen und auf Langfristigkeit ← 7 | 8 → ausgerichteten Unternehmensführung zu stärken.30 Zudem solle die Verantwortlichkeit des Aufsichtsrats für die Ausgestaltung der Vorstandsvergütung gestärkt und konkretisiert sowie die Transparenz der Vorstandsvergütung gegenüber den Aktionären und der Öffentlichkeit verbessert werden.31

3. Gesetz über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen

Im Juli 2010, knapp ein Jahr nach Inkrafttreten des VorstAG, wurde ein weiteres Gesetz mit Vergütungsregelungen erlassen. Dieses Gesetz betrifft die Vergütung nicht nur der Geschäftsleiterebene, sondern auch sämtlicher Mitarbeiter von Instituten und Versicherungsunternehmen, unabhängig von deren Rechtsform. Mit dem Gesetz über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen (Vergütungs-SystG)32 unternahm die Bundesregierung den ersten Schritt zur gesetzlichen Umsetzung der vom Rat für Finanzstabilität im Jahre 2009 entwickelten Prinzipien für solide Vergütungspraktiken und der darauf aufbauenden konkreten Standards für die Implementierung der Prinzipien für solide Vergütungspraktiken in der Finanz-branche.33 Durch das Vergütungs-SystG erfolgte eine Änderung des KWG und des VAG. Kern war die Aufnahme einer Regelung in § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KWG34 und § 64b Abs. 1 VAG, wonach die Vergütungssysteme für Geschäftsleiter, Mitarbeiter und, nach der in § 64b Abs. 1 VAG eingefügten Regelung, auch für Aufsichtsratsmitglieder angemessen, transparent und auf eine nachhaltige Entwicklung des Instituts/ Unternehmens ausgerichtet sein müssen. Das Bundesministerium der Finanzen wurde ermächtigt durch Rechtsverordnung nähere Einzelheiten festzulegen, vor allem zur konkreten Ausgestaltung der Vergütungssysteme, aber auch zur Überwachung der Angemessenheit und Transparenz der Vergütungssysteme und zur Offenlegung der Ausgestaltung der Vergütungssysteme. ← 8 | 9 →

4. Instituts-Vergütungsverordnung und Versicherungs-Vergütungsverordnung

Von der durch das Vergütungs-SystG in den § 25a Abs. 5 KWG35 und den § 64b Abs. 5 VAG jeweils eingefügten Verordnungsermächtigung hat das Bundesministerium der Finanzen sogleich im Oktober 2010 Gebrauch gemacht und zwei Verordnungen, die Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten (Instituts-Vergütungsverordnung [Instituts-VergV])36 und die Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme im Versicherungsbereich (Versicherungs-Vergütungs-verordnung [VersVergV])37 erlassen. Mit ihnen wurde das dreistufige Maßnahmenpaket der Bundesregierung zur möglichst zeitnahen Umsetzung der Prinzipien und Standards des Rates für Finanzstabilität und damit zur Regulierung der Vergütungssysteme im Finanzsektor vor dem Hintergrund der weltweiten Finanzmarktkrise abgeschlossen.

Die erste Stufe dieses Maßnahmenpakets stellte die Selbstverpflichtung von acht großen deutschen Kreditinstituten38 und den drei größten deutschen Versicherungsunternehmen39 im Dezember 2009 dar, die internationalen Vorgaben zu beachten. Auf der zweiten Stufe folgte, ebenfalls noch im Dezember 2009, die Veröffentlichung von zwei Rundschreiben durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), in denen die Prinzipien und Standards des Rates für Finanzstabilität zusammengefasst waren. Das Rundschreiben 22/2009 (BA) „Aufsichtsrechtliche Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten“ vom 21. Dezember 2009 ersetzte die vergütungsrelevanten Regelungen in dem Rundschreiben 15/2009 (BA) „Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk)“ vom 14. August 2009. Mit dem Rundschreiben 23/2009 (VA) „An-forderungen an Vergütungssysteme im Versicherungsbereich“ vom 21. Dezember 2009 entfielen das Rundschreiben 1/78 sowie die vergütungsrelevanten Regelungen in dem Rundschreiben 3/2009 (VA) „Aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen ← 9 | 10 → an das Risikomanagement (MaRisk VA)“ vom 22. Januar 2009. Die dritte und letzte Stufe des Maßnahmenpakets der Bundesregierung bildet die gesetzliche Umsetzung der Prinzipien für solide Vergütungspraktiken und der darauf aufbauenden konkreten Standards für die Implementierung der Prinzipien für solide Vergütungspraktiken des Rates für Finanzstabilität. Mit den die Vergütungsanforderungen aus dem Vergütungs-SystG konkretisierenden Verordnungen, InstitutsVergV und VersVergV, sind nunmehr die Einzelheiten zu den Anforderungen an die Vergütungssysteme von Instituten und Versicherungsunternehmen rechtlich verbindlich festgelegt.40 Die Rundschreiben der BaFin wurden mit dem Inkrafttreten der Verordnungen aufgehoben.

Mit den Änderungen des KWG durch das Vergütungs-SystG und der konkretisierenden InstitutsVergV sind nicht nur die Prinzipien und Standards des Rates für Finanzstabilität in nationales Recht umgesetzt worden, sondern zugleich und noch vor ihrem Inkrafttreten auch die diesen weitestgehend entsprechenden Vergütungsanforderungen aus der CRD III (Richtlinie 2010/76/EU). Berücksichtigt wurden bei der InstitutsVergV auch die Entwurfsfassungen der Leitlinien des CEBS zu den Vergütungsanforderungen aus der CRD III.41 In die Vergütungsanforderungen des VAG und der konkretisierenden VersVergV sind zudem Vorschläge des Ausschusses der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (Committee of European Insurance and Occupational Pension Supervisors [CEIOPS]) eingeflossen.42 ← 10 | 11 →

5. Restrukturierungsgesetz

Die vorerst letzten Vergütungsregelungen anlässlich der Finanzmarktkrise sind im Dezember 2010 mit dem Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung, dem sogenannten Restrukturierungsgesetz43 eingeführt worden. Durch das Restrukturierungsgesetz sollte ein Instrumentarium zur Vermeidung und Bewältigung künftiger Krisen im Finanzsektor geschaffen werden.44 Das Gesetz regelt unter anderem das Verfahren zur Sanierung und Reorganisation von in Schieflage geratenen Kreditinstituten. In seinem Art. 3 enthält es das Gesetz zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute (Restruktu-rierungsfondsgesetz [RStruktFG]). Der nach diesem Gesetz als Sondervermögen des Bundes errichtete Restrukturierungsfonds wird über Beiträge sämtlicher Kreditinstitute finanziert und von der FMSA verwaltet. Die in ihm angesammelten Mittel sollen systemrelevanten Banken zur Finanzierung künftiger Restrukturierungs- und Abwicklungsmaßnahmen bereit stehen. Als Bedingung für die Gewährung bestimmter Maßnahmen des Restrukturierungsfonds wird dabei vorgeschrieben, dass die monetäre Vergütung der Organmitglieder und Angestellten in den betreffenden Unternehmen (grundsätzlich) jeweils 500.000 Euro pro Jahr nicht übersteigen darf und eine variable Vergütung (grundsätzlich) unzulässig ist.

6. CRD IV - Umsetzungsgesetz

Am 3. September 2013 wurde im Bundesgesetzblatt das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, kurz das CRD IV – Umsetzungsgesetz, veröffentlicht.45 Dieses Gesetz sieht unter anderem eine Änderung des § 25a KWG vor. Die Regelung aus § 25a Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KWG, wonach die Vergütungssysteme für Geschäftsleiter und Mitarbeiter angemessen, transparent und auf eine nachhaltige Entwicklung des Instituts ausgerichtet sein müssen, bleibt erhalten, wird jedoch in den Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 verschoben ← 11 | 12 → und ergänzt durch die Worte „nach Maßgabe von Absatz 5“. Während bislang ausschließlich in der InstitutsVergV die konkreten Anforderungen zu finden sind, welche die Vergütungssysteme der Geschäftsleiter und Mitarbeiter in den Instituten erfüllen müssen, damit sie angemessen, transparent und auf eine nachhaltige Entwicklung des Instituts ausgerichtet sind, wird künftig auch in dem Abs. 5 des § 25a KWG eine konkrete Anforderung enthalten sein. In § 25a Abs. 5 KWG wird künftig vorgeben, dass die variable Vergütung grundsätzlich 100 % der fixen Vergütung für jeden einzelnen Mitarbeiter oder Geschäftsleiter nicht überschreiten darf. Außerdem wird in den Abs. 6 des § 25a KWG eine neue Verordnungsermächtigung eingefügt. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt nähere Bestimmungen zu erlassen, insbesondere über die Ausgestaltung der Vergütungssysteme nach § 25a Abs. 5 KWG. Auf der Grundlage von § 25a Abs. 6 KWG soll die InstitutsVergV neu gefasst werden. Die Neufassung der InstitutsVergV liegt bereits im Entwurf vor.46 Das CRD IV -Umsetzungsgesetz und damit auch die in ihm enthaltenen Änderungen des KWG treten zum 1. Januar 2014 in Kraft.47

C. Ziel und Gang der nachfolgenden Untersuchung

Kernstück der anlässlich der Finanzmarktkrise in Deutschland erlassenen Vergütungsregelungen sind die durch das Vergütungs-SystG, die InstitutsVergV und die VersVergV geschaffenen aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme. Sie gelten für Institute und Versicherungsunternehmen unabhängig von deren Rechtsform und unabhängig von dem Erhalt etwaiger Unterstützungsleistungen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme in den Instituten und Versicherungsunternehmen aus Sicht des Arbeits- und Dienstvertragsrechts und gliedert sich in vier Teile. In dem auf die Einleitung folgenden ersten Teil wird der Anwendungsbereich der durch das Vergütungs-SystG in das KWG und das VAG eingefügten Regelungen, der InstitutsVergV und der VersVergV dargestellt, es werden Begrifflichkeiten geklärt und es wird ein kurzer Überblick über den Inhalt der aufsichtsrechtlichen Vergütungsregelungen gegeben. Im zweiten ← 12 | 13 → Teil werden die einzelnen Anforderungen an die Vergütungssysteme der Geschäftsleiter und Mitarbeiter näher beleuchtet und die Möglichkeiten der Umsetzung dieser Anforderungen in den, die Arbeits- und Dienstverhältnisse gestaltenden, Verträgen und Vereinbarungen erörtert. Im dritten Teil geht es um die Problematik des Umgangs mit Vergütungsvereinbarungen, die in den Instituten und Versicherungsunternehmen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Regelungen bereits bestanden und noch nicht ausgelaufen sind. Schließlich folgen im vierten und letzten Teil dieser Arbeit eine zusammenfassende Darstellung und ein Ausblick. Ziel der Arbeit ist es, die neuen Vorgaben für die Praxis zu bewerten und die bei ihrer Umsetzung dienstvertragsrechtlichen sowie vor allem individual- und kollektivarbeitsrechtlichen Fragestellungen zu beantworten. Dabei werden die sich durch die ausgesprochen großzügige Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe ergebenden Handlungsspielräume aufgezeigt und verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten erörtert.

1 Eine ausführliche Chronik der Finanzkrise enthält der Finanzstabilitätsbericht der Deutschen Bundesbank vom November 2009 auf den Seiten 107-111, abrufbar unter http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Finanzstabil itaetsberichte/2009_finanzstabilitaetsbericht.pdf (31.10.2013).

2 Vgl. Becker/Mock, FMStG, Einleitung Rn. 2. Zur Entstehung der Immobilienkrise und ihrer Ausweitung zu einer weltweiten Finanzmarktkrise siehe Fischer, Die Ursachen der Immobilienkrise, S. 5 ff., 16 ff.

Details

Seiten
XVI, 269
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653038460
ISBN (ePUB)
9783653994391
ISBN (MOBI)
9783653994384
ISBN (Paperback)
9783631645925
DOI
10.3726/978-3-653-03846-0
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (April)
Schlagworte
Kulturelle Einbettung KGW Versicherungsvergütungsverordnung VAG Dienstvertragsrecht Institutsvergütungsverordnung
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. XVI, 269 S.

Biographische Angaben

Christina Gerdes-Renken (Autor:in)

Christina Valeska Gerdes-Renken absolvierte nach einer Ausbildung zur Bankkauffrau ein berufsbegleitendes Studium zur Betriebswirtin. Anschließend nahm sie an der Universität zu Kiel ein Studium der Rechtswissenschaften auf. Nach dessen Abschluss war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht an der Universität zu Kiel tätig.

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