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Die Bedeutung von Umweltbelangen im Planungsrecht am Beispiel der Immissionsgrenzwerte nach der 22. BImSchV

von Sebastian Schneider (Autor:in)
©2014 Dissertation 456 Seiten

Zusammenfassung

Im Frühjahr 2005 machten zu hohe Feinstaubbelastungen der Luft in zahlreichen deutschen Großstädten in der Presse Schlagzeilen. Messungen hatten ergeben, dass die zulässigen Grenzwertüberschreitungen für Feinstaub pro Jahr bereits erreicht waren. Diese einzuhaltenden Grenzwerte für Feinstaub in der Luft waren am 01.01.2005 in Kraft getreten und gingen auf Vorgaben der EU zurück. Gegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit ist die Darstellung und Bewertung der Einflussnahme von Umweltbelangen im Planungsrecht im Allgemeinen und die Bedeutung der Immissionsgrenzwerte nach der 22. BImSchV im Speziellen. Müssen die Immissionsgrenzwerte als Umweltbelange berücksichtigt oder sogar beachtet werden? Und kommt ihnen gegenüber anderen Umweltbelangen ein besonderer Stellenwert zu? Das BImSchG, die 22. BImSchV sowie die unterschiedlichen Bereiche des Planungs-, Verwaltungsverfahrens- und des Prozessrechts werden dahingehend untersucht, ob die bestehenden Vorschriften ausreichend sind, um das Ziel der EU zur Verbesserung der Luftqualität und damit des Gesundheitsschutzes zu erreichen. Die Entwicklungschancen im europäischen und deutschen Umwelt- und Planungsrecht werden aufgezeigt und ein eigener Lösungsansatz für die Erhöhung des Einflusses von Umweltbelangen vorgestellt.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsübersicht
  • Vorwort
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • Erster Teil: Grundlagen
  • 1. Kapitel: Entwicklung des Rechts der Luftreinhaltung
  • I. Vorbemerkung
  • II. Entwicklung des Umweltrechts insbesondere im Bereich der Luftreinhaltung in Europa
  • 1. Kompetenz der EU zur Umweltgesetzgebung
  • 1.1 Geschichtliche Entwicklung
  • 1.2 Rechtsgrundlagen gemeinschaftlicher Umweltpolitik
  • 1.2.1 Primärrecht
  • 1.2.2 Sekundärrecht
  • 1.2.3 Umweltpolitische Aktionsprogramme
  • 1.2.4 Systematisierung umweltpolitischer Maßnahmen
  • a) Produktbezogene Maßnahmen
  • b) Produktionsbezogene Maßnahmen
  • c) Genuin umweltschützende Vorschriften und Maßnahmen zu Umweltstandards
  • d) Bereichsübergreifende allgemeine Maßnahmen
  • 2. Die europäische Richtlinie gemäß Art. 249 EGV
  • 2.1 Rechtsnatur
  • 2.2 Umsetzungspflicht der Mitgliedstaaten
  • 2.3 Unmittelbare Wirkung von Richtlinien
  • 2.4 Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung
  • 2.5 Vorwirkung von Richtlinien und Haftung der Mitgliedstaaten bei Nichtumsetzung gegenüber dem Bürger
  • 2.6 Vor- und Nachteile einer Richtlinie
  • 3. Entwicklung der Luftreinhaltung
  • 3.1 Aktionsprogramme der EG zum Umweltschutz
  • 3.2 Rechtsakte der EG bzw. der EU
  • 3.2.1 Immissionsnormen
  • 3.2.2 Emissionsnormen
  • a) Produktbezogene Emissionsregelungen
  • b) Produktionsbezogene Emissionsregelungen
  • 3.2.3 Qualitätsanforderungen an Produkte
  • 4. Die Luftqualitätsrichtlinien
  • 4.1 Entwicklung
  • 4.2 Rahmenrichtlinie 96/62/EG
  • 4.2.1 Ziele
  • 4.2.2 Begriffsbestimmungen
  • 4.2.3 Sonstige Regelungen
  • 4.3 Tochterrichtlinien
  • 4.3.1 Richtlinie 1999/30/EG
  • a) Ziele
  • b) sonstige Regelungen
  • 4.3.2 Richtlinie 2000/69/EG
  • 4.3.3 Richtlinie 2002/3/EG
  • 4.3.4 Richtlinie 2004/107/EG
  • 4.3.5 Richtlinie 2008/50/EG
  • a) Allgemeines
  • b) Änderungen
  • III. Entwicklung des Luftqualitätsrechts in Deutschland
  • 1. Entstehung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG)
  • 2. Inhalt des BImSchG
  • 3. Gebietsbezogener Immissionsschutz und Luftreinhaltung vor der Novellierung
  • 4. 22. und 23. Durchführungsverordnung zum BIm-SchG vor der Novellierung des BImSchG
  • 5. Siebtes Gesetz zur Änderung des BImSchG und Novellierung der 22. BImSchV
  • 5.1 Novellierung der 22. BImSchV
  • 5.2 Verhältnis der 22. BImSchV zur TA-Luft
  • 5.3 Änderung des Fünften Teils des BImSchG
  • 5.4 Instrumente zur Einhaltung der Immissionswerte
  • 5.4.1 Bedeutung von § 47 BImSchG
  • 5.4.2 Planarten
  • a) Luftreinhaltepläne nach Abs
  • aa) Voraussetzungen
  • bb) Inhalt
  • cc) Plangebiet
  • dd) Zuständigkeit und Verfahren
  • b) Aktionsplan nach § 47 Abs. 2 BImSchG
  • aa) Voraussetzungen
  • bb) Inhalt
  • cc) Plangebiet, Zuständigkeit und Verfahren
  • c) Luftreinhalteplan nach § 47 Abs. 3 BImSchG
  • aa) Voraussetzungen
  • bb) Inhalt
  • 5.4.3 Planunabhängige Maßnahmen
  • 5.4.4 Rechtsverordnung nach § 47 Abs. 7 BImSchG
  • 5.4.5 Zulässigkeit von Saldierungs- bzw. Kompensationsmöglichkeiten
  • IV. Umweltziel- und Umweltqualitätsplanung
  • V. Ergebnis
  • 2. Kapitel: Umweltschutz und Raumplanung
  • I. Vorbemerkung
  • II. Raumplanung
  • 1. Definition der Planung
  • 2. Raumplanung
  • 3. räumliche Gesamtplanung
  • 3.1 Raumordnung und Landesplanung
  • 3.1.1 Aufgabe der Raumordnung
  • 3.1.2 Erfordernisse der Raumordnung
  • a) Ziele der Raumordnung
  • b) Grundsätze der Raumordnung
  • c) Sonstige Erfordernisse der Raumordnung
  • 3.1.3 Raumordnung im Bund
  • 3.1.4 Raumordnungsplanung auf Landesebene (Landesplanung)
  • a) Aufgabe der Landesplanung
  • b) Der Landesplan
  • c) Planungsverfahren
  • 3.1.5 Raumordnungsplanung auf regionaler Ebene
  • 3.1.6 Raumordnungsverfahren
  • 3.2 Bauleitplanung
  • 3.2.1 Aufgabe der Bauleitplanung
  • 3.2.2 Planungspflicht
  • 3.2.3 Flächennutzungsplanung
  • a) Aufgabe und Inhalt
  • b) Rechtsnatur
  • 3.2.4 Bebauungsplanung
  • a) Aufgabe und Inhalt
  • b) Rechtsnatur
  • 3.2.5 Verfahren der Bauleitplanung
  • a) Planaufstellung
  • b) Beteiligungsverfahren
  • c) Beschlussverfahren
  • 4. Fachplanung
  • 4.1 Allgemeines
  • 4.2 Fachplanung ohne umweltspezifische Zielsetzung
  • 4.2.1 Definition der Planfeststellung
  • 4.2.2 Planfeststellungsverfahren gemäß Verwaltungsverfahrens gesetz
  • 4.2.3 Besondere Planfeststellungsverfahren
  • a) Planfeststellung nach dem Bundesfernstraßengesetz und den Straßengesetzen der Länder
  • b) Planfeststellung nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz
  • c) Planfeststellung nach dem Bundeswasserstraßengesetz
  • d) Flughafenplanung und Planfeststellung nach dem Luftverkehrsgesetz1
  • e) weitere Planfeststellungsverfahren
  • 4.2.4 Ablauf
  • a) Planaufstellung
  • b) Anhörungsverfahren
  • c) Planprüfung und Planfeststellungsbeschluss
  • d) Plangenehmigung
  • 4.2.5 Rechtsnatur und Rechtswirkungen der Planfeststellung
  • 4.2.6 Planfeststellung zwischen Kontrollerlaubnis und Planung
  • 4.3 Umweltplanung und umweltspezifische Fachplanung
  • 4.3.1 Landschaftsplanung
  • 4.3.2 Forstliche Planung
  • 4.3.3 Luftreinhalte- und Lärmminderungsplanung
  • 4.3.4 Gewässerschutzplanung
  • 4.3.5 Abfallwirtschaftsplanung
  • 4.3.6 Bodenschutzplanung
  • 5. Verbindlichkeit der Umweltplanungen und Beziehungen der Umweltpläne zu anderen Planungen
  • 6. Materielle und formelle Koordination bei Planungen
  • 6.1 Verhältnis der Raumordnung zur kommunalen Planung und Fachplanung
  • 6.2 Planung und Planungsdirektiven
  • 6.2.1 Das Abwägungsgebot
  • 6.2.2 Planungsziele
  • 6.2.3 Planungsleitlinien
  • 6.2.4 Planungsgrundsätze
  • a) Vorrang- bzw. Gewichtungsregelungen
  • b) Grundsatz der Konfliktbewältigung
  • c) Grundsatz der Rücksichtsnahme auf schutzwürdige Individualinteressen
  • III. Bedeutung von Umweltbelangen im Planungsrecht
  • 1. Umweltschutz als Staatsziel (Art. 20a GG)
  • 1.1 Inhalt von Art. 20a GG
  • 1.2 Begriff der Staatszielbestimmung
  • 1.3 Auswirkungen der Staatszielbestimmung
  • 2. Umweltspezifischer Grundrechtschutz
  • 3. Umweltplanungsrecht
  • 3.1 Begriff der Umweltplanung
  • 3.1.1 Eigenständige Umweltplanung
  • 3.1.2 Integrierte Umweltplanung
  • 3.1.3 Ausgestaltung im deutschen Recht
  • 3.2 Versuch eines Umweltgesetzbuches
  • 3.2.1 Ziel und Entwicklung
  • a) Professorenentwurf
  • b) Kommissionsentwurf
  • c) Realisierung eines UGB - ein langer und steiniger Weg
  • 3.2.2 Inhalt
  • a) Umweltleitplanung
  • b) Umweltgrundlagenplanung
  • 4. Ansätze einer integrierten Umweltplanung
  • 4.1 UVP-Richtlinie
  • 4.2 SUP-Richtlinie
  • 4.3 IVU-Richtlinie
  • 4.4 FFH- und Vogelschutzrichtlinie
  • 4.5 Umweltinformations- und Öffentlichkeitsbeteiligungs-richtlinie
  • 4.6 Europäisches Umweltplanungsrecht
  • 5. Umweltschutz in der Raumplanung
  • 5.1 Vorbemerkung
  • 5.2 Umweltbelange in der Gesamtplanung
  • 5.2.1 Umweltbelange im Raumordnungsgesetz
  • a) ökologische Leitvorstellungen
  • b) ökologische Grundsätze
  • c) Umweltbelange in der Bundesplanung
  • d) Umweltbelange in der Landes- und Regionalplanung
  • e) Wirkung der Erfordernisse der Raumplanung
  • aa) Ziele der Raumplanung
  • bb) Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumplanung
  • f) Raumordnungsverfahren
  • g) Ergebnis
  • 5.2.2 Umweltbelange in der Bauleitplanung
  • a) Umweltschutz durch Planungsziele
  • b) Umweltschutz in der Abwägung
  • c) § 1a BauGB
  • d) §§ 2 Abs. 4, 2 a BauGB
  • e) umweltschutzbezogene Festsetzungen im Bauleitplan
  • aa) Festsetzungen im Flächennutzungsplan
  • bb) Festsetzungen im Bebauungsplan
  • f) Planerische Umsetzung des Umweltschutzes
  • g) Ergebnis
  • 5.3 Umweltbelange in der Verkehrswegeplanung
  • 5.3.1 Umweltschutz als Planungsziel?
  • 5.3.2 Konkrete Bedeutung in der Abwägung
  • a) Ermittlung des Abwägungsmaterials
  • b) Gewichtung und Abwägung
  • 5.3.3 Schutzvorkehrungen
  • 5.3.4 Ergebnis
  • 5.4 Verhältnis von Umweltbelangen zu sonstigen Fachplanungen
  • 5.4.1 Umweltbelange und das Luftverkehrsgesetz
  • 5.4.2 Umweltbelange und Landschaftsplanung
  • 5.4.3 Umweltbelange in der Abfallwirtschaftsplanung
  • IV. Ergebnis
  • Ergebnis zum Ersten Teil
  • Zweiter Teil: Analyse – Bedeutung der Immissionsgrenzwerte im Planungsrecht und effektiver Rechtschutz
  • 3. Kapitel: Die Immissionsgrenzwerte der 22. BImSchV
  • I. Vorbemerkung
  • II. Festlegung der Immissionsgrenzwerte
  • 1. Werte auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse
  • 2. Vorsorge oder Gefahrenabwehr?
  • III. Rechtscharakter der Immissionsgrenzwerte
  • IV. Ort der Einhaltung der Grenzwerte
  • V. Wirkung der Grenzwerte
  • 1. Isolierte Wirkung der Grenzwerte
  • 2. Gibt es eine Vorwirkung der Grenzwerte?
  • VI. Ergebnis
  • 4. Kapitel: Die Bedeutung der Immissionsgrenzwerte im Rahmen der Luftreinhalteplanung
  • I. Vorbemerkung
  • II. Der Luftreinhalteplan als zentrales Institut der Luftreinhaltung
  • 1. Bedeutung des Luftreinhalteplans
  • 2. Umsetzung des Luftreinhalteplans (§ 47 Abs. 6 BImSchG)
  • 2.1 Durchsetzung konkreter Maßnahmen nach § 47 Abs. 6 S.1 BImSchG
  • 2.2 Planerische Festlegungen gemäß § 47 Abs. 6 S.2 BImSchG
  • 3. Rechtsnatur des Luftreinhalteplans
  • III. Einbeziehung in die räumliche Gesamt- und Fachplanung
  • 1. Verhältnis zur Raumordnung und zum Landesplanungsrecht
  • 1.1 Bedeutung des Luftreinhalteplans bei der Aufstellung von Raumordnungsplänen
  • 1.1.1 Planaufstellungspflicht
  • 1.1.2 § 2 Abs. 2 Nr. 6 S. 6 ROG
  • 1.1.3 Zielaufstellung nach § 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 ROG
  • 1.1.4 § 8 Abs. 6 ROG
  • 1.1.5 Verhältnis zur Umweltprüfung ( § 9 ROG)
  • 1.2 Verhältnis des Luftreinhalteplans zum Landes entwicklungsplan
  • 1.3 Verhältnis des Luftreinhalteplans zum Regionalplan
  • 1.4 Luftreinhalteplan und Raumordnungsverfahren
  • 1.5 Ergebnis
  • 2. Verhältnis zur Bauleitplanung
  • 2.1 Immissionsschutz in der Bauleitplanung
  • 2.2 Luftreinhalteplanung und städtebauliche Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB)
  • 2.3 Luftreinhaltepläne in der Abwägung (§ 1 Abs. 6 und 7 BauGB)
  • 2.3.1 Konkretisierungsfunktion
  • 2.3.2 Gewichtungshilfe
  • 2.4 Luftreinhaltepläne und die Umweltprüfung nach §§ 2 Abs. 4, 2a S. 2 Nr. 2 BauGB
  • 2.5 Festsetzungen im Flächennutzungsplan
  • 2.5.1 § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauGB
  • 2.5.2 § 5 Abs. 4 BauGB
  • 2.6 Festsetzungen im Bebauungsplan
  • 2.6.1 § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB
  • a) Praxisrelevanz
  • b) rechtliche Zulässigkeit
  • 2.6.2 § 9 Abs. 1 Nr. 23 a) BauGB
  • 2.6.3 § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB
  • 2.6.4 § 9 Abs. 6 BauGB
  • 2.7 Luftreinhaltepläne und die kommunale Planungshoheit nach Art. 28 Abs. 2 GG
  • 2.8 Ergebnis
  • 3. Verhältnis zur Fachplanung
  • 3.1 Luftreinhaltepläne und Verkehrswegeplanung am Beispiel der Straßenplanung
  • 3.1.1 Immissionsgrenzwerte und Luftreinhaltepläne als zwingender Planungsrechtsatz
  • 3.1.2 Gewichtung der Luftreinhalt epläne in der Abwägung
  • 3.1.3 Rechtsfolgen
  • a) Zulassungsbereich
  • b) Sanierungsbereich
  • 3.1.4 Rechtsprechung zur Bedeutung der Immissionsgrenzwerte bei der Straßenplanung
  • 3.1.5 Stellungnahme zur Rechtsprechung
  • 3.1.6 Verhältnis zur Rechtsprechung des EuGH
  • 3.2 Luftreinhaltepläne und Luftverkehrsrecht
  • 3.2.1 Anwendung der Luftreinhalteplanung beim Flugverkehr
  • 3.2.2 Bedeutung des Luftreinhalteplans bei der Flughafenplanung
  • 3.3 Luftreinhaltepläne und Landschaftsplanung
  • 3.4 Luftreinhaltepläne und die Abfallwirtschaftsplanung
  • 3.4.1 Bedeutung bei geplanten Anlagen
  • 3.4.2 Bedeutung bei bestehenden Anlagen
  • 3.4.3 Ergebnis
  • IV. Endergebnis
  • 5. Kapitel: Rechtschutz
  • I. Vorbemerkung
  • II. Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Luftreinhalteplans
  • 1. Überprüfung durch den Bürger
  • 2. Überprüfung durch Behörden anderer Rechtsträger
  • 3. Überprüfung durch Umweltverbände?
  • III. Rechtschutz gegen behördliche Anordnungen
  • IV. Anspruch auf behördliches Einschreiten
  • 1. Klagebefugnis
  • 1.1 Immissionsgrenzwerte als drittschützende Norm
  • 1.2 Geschützter Personenkreis
  • 1.3 Europarechtliche Erweiterung der Klagebefugnis und Kritik an der Schutznormtheorie
  • 1.3.1 Entstehungsvoraussetzungen subjektiver Rechte Im Gemeinschaftsrecht
  • 1.3.2 Änderungen durch die Aarhus-Konvention?
  • 1.3.3 Rezeptionsanforderungen an das nationale Recht
  • a) Ermittlung der Klagebefugnis
  • b) Kritik und Rezeptionstauglichkeit der Schutznormtheorie
  • c) Ausdrückliche Regelung in den umgesetzten nationalen Normen
  • 2. Anspruch auf Aufstellung bzw. Ergänzung eines Luftreinhalteplans
  • 2.1 Gibt es einen Planaufstellungsanspruch?
  • 2.2 Stellungnahme zur Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum Planaufstellungsanspruch
  • 2.3 Anspruch auf Planergänzung
  • 3. Anspruch auf Planerfüllung
  • 3.1 Erlass von Maßnahmen
  • 3.2 Ansprüche bei planerischen Festsetzungen
  • 4. Anspruch auf planunabhängige Maßnahmen
  • 5. Geringere Kontrolldichte bei erweitertem Rechtschutz?
  • V. Planerhaltungs- und Unbeachtlichkeitsregelungen als Ausdruck eines lückenhaften Rechtschutzes?
  • 1. Rechtslage nach deutschem Recht
  • 1.1 Gesetzliche Vorgaben
  • 1.2 Rechtsprechung des BVerwG unter besonderer Betrachtung der Verfahrensvorschriften zur UVP
  • 1.3 Bedeutung des Verfahrensrechts
  • 2. Internationaler und europäischer Einfluss auf das Verfahrensrecht
  • 2.1 Internationale und europäische Vorgaben
  • 2.2 Auswirkungen für das deutsche Verwaltungsrecht
  • 3. Änderungen durch das Umweltrechtsbehelfsgesetz (URG)
  • 4. Schlussfolgerungen für die Luftreinhalteplanung
  • VI. Staatshaftung, insbesondere Amtshaftungsansprüche als Sanktionsmittel zur Durchsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben
  • 1. Anspruchsvoraussetzungen
  • 2. Amtshaftungsanspruch und Gemeinschaftsrecht
  • 2.1 Erfüllung der Mindestanforderungen im Rahmen der Amtshaftung
  • 2.2 Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen
  • 3. Ergebnis
  • Ergebnis zum Zweiten Teil
  • Dritter Teil: Auswertung
  • 6. Kapitel: Europarechtliche Vorgaben
  • I. Vorbemerkung
  • II. Luftqualitätsrichtlinien und Umweltqualitätszielplanung
  • 1. Umweltqualitätsziel
  • 2. Bestimmte Luftqualität als Richtlinienvorgabe
  • 2.1 Verbindlichkeit des Ziels
  • 2.2 Freie Wahl des Mittels
  • III. Ergebnis
  • 7. Kapitel: Umweltqualitätszielerreichung
  • I. Vorbemerkung
  • II. Umsetzung der Vorgaben der EU
  • 1. Verbindlichkeit der Grenzwerte
  • 2. Grundstücksbezogene Betrachtung
  • 3. Verbindlichkeit von Maßnahmen zur Grenzwerteinhaltung
  • 4. Verhältnismäßigkeit gemäß § 47 Abs. 4 BImSchG
  • 5. Konfliktbewältigung bei Neu- und Änderungsplanungen
  • 6. Kompensationsmöglichkeiten bei Grenzwertunter-schreitung?
  • 7. Ausreichender Rechtschutz zur Durchsetzung der Grenzwerte?
  • 8. Zwischenergebnis
  • III. Nachbesserung durch den deutschen Gesetzgeber
  • 1. Bedeutung der Luftreinhalteplanung im Planungsrecht
  • 1.1 Gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung von § 47 Abs. 6 S. 2 BImSchG
  • 1.2 Andere Fassung von § 47 Abs. 6 BImschG
  • 1.3 Analoge Anwendung von § 41 BImSchG bzw. Neufassung von § 41 BImSchG
  • 1.4 Interner Planungsrechtssatz in der Fachplanung
  • 1.5 Verbindlichkeitserklärung des Luftreinhalteplans
  • 1.6 Regelung zur Luftreinhaltung auf der Ebene der Raumordnung
  • 1.7 Luftreinhalteplan als fachlicher und räumlicher Teilplan zur Übernahme in die Landesplanung?
  • 1.8 Einführung einer regionalen Planungsebene
  • 1.9 Regelung der Bedeutung des Umweltschutzes auf der Ebene des Raumordnungsrechts
  • 1.10 Einführung eines Umweltplans
  • 1.11 Ergebnis
  • 2. Gesetzesänderung von § 42 Abs. 2 VwGO
  • 2.1 Verbandsklagemöglichkeit
  • 2.2 Individualklagemöglichkeit
  • 2.3 Verfahrensvorschriften
  • 2.4 Normkontrollverfahren
  • 3. Einbindung der Verbesserungsvorschläge in einem UGB
  • 4. Die europäische Rechtschutzrichtlinie
  • 5. Zusammenfassung und Ergebnis
  • IV. Umdenken in der Rechtsprechung
  • 1. Einbeziehung der Grenzwerte bei anderen Planungen
  • 2. Erweiterung der Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO
  • 3. Möglichkeit des Vorabentscheidungsverfahrens
  • 4. Ergebnis
  • 8. Kapitel: Neuere Entwicklung und Ausblick
  • I. Vorbemerkung
  • II. Weiterentwicklung des Umweltplanungsrechts - globalsteuernde, isolierte oder integrierte Umweltschutzplanung?
  • 1. Planungsmodelle für den Umweltschutz
  • 1.1 Modelle der globalsteuernden Umweltschutzplanung
  • 1.2 Modelle der isolierten, eigenständigen Umweltschutzplanung
  • 1.3 Modelle einer in andere Planungen integrierten Umweltschutzplanung
  • 1.3.1 Umweltplan als Teilplan der Raumordnung
  • 1.3.2 Gesamtplanungsmodell (Gesamtumweltplan)
  • 1.3.3 Vernetzung bestehender Umweltplanungen
  • 2. Vorschläge zur Umweltschutzplanung im Rahmen der Schaffung eines UGB
  • 2.1 Umweltleitplanung
  • 2.1.1 Allgemeines
  • 2.1.2 Planungsstufen
  • 2.1.3 Planinhalte und Beteiligungsvorschriften
  • 2.1.4 Abwägung und Integration
  • 2.1.5 Verbindlichkeit und Gewichtungsregelungen
  • 2.1.6 Regelungen zu Umweltfachplanungen
  • 2.1.7 Zusammenfassung
  • 2.2 Umweltgrundlagenplanung
  • 2.2.1 Allgemeines
  • 2.2.2 Planinhalte, Planungsstufen und Verfahren
  • 2.2.3 Abwägung, Gewichtungsregelungen und Verbindlichkeit
  • 2.2.4 Regelungen zu Umweltfachplanungen
  • 2.2.5 Zusammenfassung
  • 3. Weitere Entwicklungsvorschläge
  • 3.1 Sternförmiges Modell
  • 3.2 Mehrstufiger Aufbau bei allen Umweltplanungen
  • 3.3 Verbindlichkeit der Umweltplanungen
  • 3.4 Rahmenvorgaben und Freiwillige Vereinbarungen
  • 3.5 Weiterentwicklung der Landschaftsplanung
  • 3.6 Eigenständige, flächendeckende und nur teilweise zusammenfassende Umweltfachplanungen
  • 4. Stellungnahme zu den vorgestellten Ansätzen
  • 5. Eigener Vorschlag zur rahmensetzenden Umweltplanung
  • 6. Konformität mit Gemeinschaftsrecht
  • 7. Ergebnis
  • III. Zukunft eines Umweltgesetzbuches
  • 1. Ein Umweltgesetzbuch in Deutschland
  • 2. Ein Europäisches Umweltgesetz
  • IV. Weitere Entwicklungstendenzen
  • 1. Umweltrecht zwischen Freiwilligkeit und Zwang
  • 1.1 ökonomische Instrumente
  • 1.1.1 Umwelthaftung
  • 1.1.2 Abgaben
  • 1.1.3 Zertifikatlösungen
  • 1.1.4 Subventionen
  • 1.2 Selbstverpflichtungen und freiwillige Vereinbarungen
  • 1.2.1 Entlastung des Staates und Abbau von Vollzugsdefiziten
  • 1.2.2 Umweltaudit
  • 1.2.3 Zusammenfassung
  • 1.3 Sonstiges
  • 1.4 Erforderlichkeit von Ordnungs- und Planungsrecht
  • 1.4.1 Zukunft des Ordnungsrechts und Deregulierungsbestrebungen
  • 1.4.2 Gefahr der Überplanung?
  • 1.4.3 Effektivität durch abgestimmten Instrumenteneinsatz
  • 2. Einführung eines Umweltgrundrechtes
  • 3. Umweltstaatsprinzip
  • 4. Eigener Kompetenztitel „Umweltrecht“
  • 5. Stärkung der Bedeutung des Artenschutzes im Planungsrecht
  • 6. Luftreinhaltung
  • 6.1 Strategie “Clean Air for Europe“ (CAFE)
  • 6.2 Reform der Luftqualitätsrichtlinien
  • 6.3 Weitere Anstrengungen zur Luftreinhaltung
  • 7. Zusammenfassung
  • Ergebnis zum Dritten Teil
  • 9. Kapitel: Schlussgedanken mit Thesen
  • I. Schlussgedanken
  • II. Thesen
  • Literaturverzeichnis

← 24 | 25 → Abkürzungsverzeichnis

← 28 | 29 → Einleitung

Im Frühjahr 2005 machten zu hohe Feinstaubbelastungen der Luft in zahl-reichen deutschen Großstädten in der Presse Schlagzeilen. Messungen hatten ergeben, dass die zulässigen Grenzwertüberschreitungen für Feinstaub pro Jahr bereits erreicht waren.

Diese einzuhaltenden Grenzwerte für Feinstaub in der Luft waren am 01.01.2005 in Kraft getreten und gehen zurück auf Vorgaben der EU. Alsbald mussten sich auch die Verwaltungsgerichte mit Klagen von Bürgern gegen ihre Gemeinden auf Einschreiten gegen die Feinstaubbelastung auseinander setzen. Viele Gemeinden reagierten und erstellten die ersten Luftreinhalte- und Aktionspläne als Grundlage für weitere Maß-nahmen.

Feinstaubpartikel in der Luft sind die Folge von Abgasen aus Industrieanlagen, Heizungen und dem Verkehrsbereich. Diese unsichtbaren, in der Luft schwebenden Partikel werden über die Atemwege in den Körper aufgenommen und können zu erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen führen. Nach Angaben der WHO sterben jährlich mehrere tausend Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung. Auch wird die Lebenserwartung von Menschen durch die Einwirkung von Feinstaub verkürzt. Jedoch stellt Feinstaub nur einen von mehreren gesundheitsgefährdenden Stoffen in der Luft dar. Neben Feinstaub kommen insbesondere Schwefeldioxid und Blei in Betracht.

Vor diesem Hintergrund erließ die EU zum Schutz der Gesundheit die Luftqualitätsrahmenrichtlinie (96/62/EG) mit ihren Tochterrichtlinien (99/30/EG, 2000/69/EG, 2002/3/EG, 2004/107/EG), die strenge Grenzwerte für verschiedene Stoffe in der Luft vorsehen.

Diese EU-Richtlinien wurden durch eine Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) und der 22. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (22. BImSchV) umge-setzt. Die neuen Grenzwerte für Feinstaub (PM 10) sind seit dem 01.01.2005 verbindlich einzuhalten (§ 4 II und IV der 22. BImSchV). Grenzwerte für andere Schadstoffe treten teilweise erst im Jahr 2010 in Kraft.

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz sieht als Instrumente für die Einhaltung der Grenzwerte unter anderem den Luftreinhalte- sowie den Aktionsplan vor, § 47 I, II BImSchG. Diese Pläne bilden sodann die Grundlage für konkrete Maßnahmen zur Luftreinhaltung. Hierzu gehören insbesondere verkehrsbeschränkende Maßnahmen.

Gegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit ist die Darstellung und Bewertung der Einflussnahme von Umweltbelangen im Planungsrecht im Allgemeinen und die Bedeutung der Immissionsgrenzwerte nach der ← 29 | 30 → 22. BImSchV im Speziellen. Es soll u.a. untersucht werden, welche Wirkung den Immissionsgrenzwerten bei anderen Planungsverfahren zukommt. Dabei geht es um Fragen der Verzahnung des Umweltrechts mit dem Planungsrecht. Geklärt werden muss, ob die Immissionsgrenzwerte als Umweltbelange berücksichtigt oder sogar beachtet werden müssen. Hierbei gilt es auch herauszuarbeiten, ob den Immissionsgrenzwerten gegenüber anderen Umweltbelangen ein besonderer Stellenwert zukommt.

Ziel dieser wissenschaftlichen Untersuchung ist schließlich die Beantwortung der Frage, ob der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben der EU im vollen Umfang umgesetzt hat oder gegebenenfalls gesetzgeberische Nachbesserungen erforderlich sind.

Dagegen ist die Frage, ob das Ziel der EU zur Verbesserung der Luftqualität durch Festsetzung von Immissionsgrenzwerten tatsächlich realisiert werden kann, nicht Bestandteil dieser Abhandlung. Nachfolgend soll es nur um eine rechtliche Auseinandersetzung mit dem Institut des Immissionsgrenzwertes gehen.

Diese Arbeit gliedert sich in drei größere Abschnitte (Teile). Ausgangspunkt ist ein Grundlagenteil (Kapitel 1 bis 2). Hier werden die Entwicklung des Luftreinhalterechts in Europa und Deutschland dargestellt, die Luftqualitätsrichtlinien vorgestellt und der Begriff des Immissionsgrenzwertes näher erläutert. Der Grundlagenteil wird vervollständigt mit einem Überblick zum Planungsrecht in Deutschland und einer Darstellung des Verhältnisses von Umweltrecht zum Planungsrecht.

In dem sich anschließenden Analyseteil (Kapitel 3 bis 5) werden das novellierte BImSchG und die 22. BImSchV sowie die unterschiedlichen Bereiche des Planungs-, Verwaltungsverfahrens- und des Prozessrechts dahingehend untersucht, ob die bestehenden Vorschriften ausreichend sind, um das Ziel der EU zur Verbesserung der Luftqualität und damit des Gesundheitsschutzes zu erreichen.

Der dann folgende und abschließende Auswertungsteil (Kapitel 6 bis 9) faßt die bis dahin gefundenen Ergebnisse zusammen. Darauf aufbauend sollen Schlussfolgerungen zur Effektivität des deutschen Immissionsschutzrechts, Umwelt- und Planungsrechts sowie Verfahrens- und Prozessrechts gezogen werden. Es werden Entwicklungschancen und Entwicklungstendenzen im europäischen und deutschen Umwelt- und Planungsrecht aufgezeigt und ein eigener Lösungsansatz für die Erhöhung des Einflusses des Umweltrechts vorgestellt.

Den Schluss dieser wissenschaftlichen Untersuchung bilden selbst formulierte Thesen, die in Wissenschaft und Praxis zum Nachdenken und zur Auseinandersetzung anregen sollen.

← 30 | 31 → Erster Teil: Grundlagen

1. Kapitel: Entwicklung des Rechts der Luftreinhaltung

I. Vorbemerkung

Einleitend erfolgt eine kurze Darstellung der Entwicklung des Rechts der Luftreinhaltung auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene. Dabei kommt es darauf an, aufzuzeigen, dass zu Beginn die Impulse für Maßnahmen jeweils wechselseitig durch den nationalen und europäischen Gesetzgeber erfolgten, bis schließlich nach und nach die Europäische Gemeinschaft durch den Weg der Rechtsangleichung der Motor im Bereich des Umwelt- und Gesundheitsschutzes wurde und letztlich durch immer detailliertere Vorgaben in Form von zahlreichen Richtlinien nur noch wenig Raum für eine eigene deutsche Rechtsentwicklung gelassen hat. Die unterschiedlichen Regelungen im Luftreinhalterecht verfolgten bzw. verfolgen verschiedene Ansätze. Der Schwerpunkt wird hierbei auf die Herausbildung des Luftqualitätsrechts gelegt.

Um die Entwicklung des Luftreinhalterechts in Europa nachvollziehen zu können, ist es wiederum bedeutsam, auch auf die Entwicklung der Gesetzgebungskompetenz der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umwelt- und Gesundheitsschutzes und die Bedeutung des Rechtsaktes der Richtlinie näher einzugehen.

II.Entwicklung des Umweltrechts insbesondere im Bereich der Luftreinhaltung in Europa

1.Kompetenz der EU zur Umweltgesetzgebung

1.1Geschichtliche Entwicklung

Der EWG-Vertrag von 1957 sah zunächst keine ausdrückliche Zuständigkeit der Gemeinschaft für eine Umweltpolitik vor. Der EWG-Vertrag war, wie auch die Verträge zu Euratom und EGKS, ein Vertrag zwischen den Mitgliedstaaten auf dem wirtschaftlichen Sektor. Somit kam für Maßnahmen auf dem Gebiet der Umweltpolitik keine eigene Zuständigkeit in Betracht, sondern nur in Verbindung mit wirtschaftlichen Aspekten. Diese fehlende Zuständigkeit konnte auch nicht durch gesetzgeberische Eigeninitiative der Gemeinschaft behoben werden, da für den EWG-Vertrag das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung galt und auch der EUV/EGV dieses Prinzip weiterführte. Daher kam ein Tätigwerden der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltschutzes zunächst nur auf punktueller Ebene in Frage. Dies geschah dadurch, dass ← 31 | 32 → aus Bestimmungen zu Einzelpolitiken recht begrenzte Einzelumweltkompetenzen abgeleitet wurden1. Dieses Vorgehen konnte auch auf die Präambel des EWG-Vertrages gestützt werden, wonach die stetige Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zu einem wesentlichen Ziel erklärt wurde. Folglich konnten im Rahmen der bestehenden Kompetenzen umweltpolitische Belange berücksichtigt werden.

Als weitere Möglichkeit zum Tätigwerden im Bereich des Umweltschutzes wurde eine extensiv interpretierte Annexkompetenz zum gemeinsamen Markt (Artt. 100, 235 EWGV) angewendet2.

Nach Art. 100 EWGV (Harmonisierungsklausel) konnten Richtlinien für die Angleichung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten erlassen werden, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirkten. Mit diesem Instrument der Rechtsangleichung konnte die Gemeinschaft in eigenstaatliche Zuständigkeitsbereiche und damit auch in diejenigen des nationalstaatlichen Umweltschutzes vordringen. Über Art. 100 EWGV kam somit eine Harmonisierung auf allen Rechtsgebieten in Betracht, soweit sich diese unmittelbar auf das Errichten oder Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirkte. Nach Art. 100 EWGV war aber nicht wirtschaftsbezogenes Recht von der Angleichung ausgeschlossen3.

Neben Art. 100 EWGV kam für ein Tätigwerden der Gemeinschaft auch noch Art. 235 EWGV (Ergänzungsklausel) zur Anwendung. Art. 235 EWGV regelte ein Tätigwerden der Gemeinschaft zur Verwirklichung des Gemeinsamen Marktes für den Fall, dass der Vertrag keine erforderlichen Befugnisse vorsieht und stellte somit eine Auffangnorm dar. Hiernach wurde der Gemeinschaft das Recht eingeräumt, sich eine fehlende Befugnis durch Rechtserzeugungsakt zu schaffen, jedoch nur, um eines der Ziele im Rahmen des Gemeinsames Marktes zu verwirklichen. Der Umweltschutz gehörte lange Zeit nicht zu den ausdrücklich erklärten Zielen des gemeinsamen Marktes und damit nicht zu einer eigenständigen Politik der Gemeinschaft4. Somit konnten ökologische Zielsetzungen nur durch Auslegung von Art. 235 EWGV einbezogen werden, was jedoch mit dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung kaum vereinbar war5.

Als Rechtsgrundlage für die ersten Richtlinien auf dem Gebiet des Luftreinhalterechts wurde schließlich entweder Art. 100 oder Art. 235 EWGV sowie auch eine Doppelkompetenz aus beiden Artikeln herangezogen.

← 32 | 33 → Der Beginn für eine eigenständige und umfassende Umweltpolitik wurde mit der Schlusserklärung der Pariser Gipfelkonferenz vom 20. Oktober 1972 eingeleitet6. Die Gemeinschaft erhielt den Auftrag, ein Aktionsprogramm für den Umweltschutz zu entwickeln. So wurde dann auch am 22. November 1973 das erste Aktionsprogramm von bis heute sechs Aktionsprogrammen verabschiedet. Auf der Grundlage dieser Programme erließ die Gemeinschaft zahlreiche umweltschützende Rechtsakte. Auch der Europäische Gerichtshof erkannte den Umweltschutz im weiteren Verlauf als wichtiges Ziel der Gemeinschaft an7.

Mit dem Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) am 01.07.1987, die eine umfassende Änderung der Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften darstellte, änderte sich auch die Rechtslage für den Bereich des Umweltschutzes grundlegend. Es wurde zwar nicht die Umweltpolitik in den Artt. 2 und 3 EWGV als Zielbestimmung aufgenommen und auch nicht als Politik der Gemeinschaft aufgelistet. Jedoch wurde die Umweltpolitik dem dritten Teil des Vertrages („Die Politik der Gemeinschaft“) als weiterer und damit eigenständiger Titel hinzugefügt und damit die Verantwortung für den Umweltschutz explizit bekräftigt. Der Titel „Umwelt“ bestand aus drei Artikeln (Artt. 130r, 130s, 130t EWGV; heutige Artt. 174-176 EGV). Die neuen Artikel wiesen der Gemeinschaft den Umweltschutz als Aufgabe zu und verankerten eine Kompetenz zum Erlass umweltschützender Regelungen sowie das hierfür anzuwendende Rechtsetzungsverfahren. Die Artt. 130r ff. EWGV waren im Zusammenhang mit den durch die EEA neu geschaffenen Art. 100a EWGV zu sehen, der die Erleichterung der Rechtsangleichung zur Verwirklichung des Binnenmarktes bezweckte und wonach die Problematik des Umweltschutzes nun alle wesentlichen Tätigkeitsfelder der EWG, insbesondere die Verwirklichung des Binnenmarktes, durchdrungen hatte (vgl. Art. 100a Abs. 3 EWGV). Die zentrale Norm war Art. 130s EWGV. Diese Vorschrift regelte die Verbands- und Organkompetenz der Gemeinschaft innerhalb des Umwelttitels, wobei der Anwendungsbereich von der Zielbestimmung des Art. 130r EWGV abgesteckt war. Nach Art. 130r Abs. 4 EWGV konnte die Gemeinschaft umweltrechtliche Regelungen nur dann erlassen, wenn die Ziele der gemeinschaftlichen Umweltpolitik besser auf Gemeinschaftsebene erreicht würden als auf der Ebene der Mitgliedstaaten (Subsidiaritätsklausel). Art. 130r Abs. 2 S. 2 EWGV enthielt schließlich die Querschnittsklausel, wonach die Erfordernisse des Umweltschutzes Bestandteil der anderen Politiken waren. Rechtsfolge dieser Klausel war, dass die Aufgabenumschreibungen und Prinzipien des Art. 130r EWGV Bestandteil aller ← 33 | 34 → Handlungsermächtigungen des EWGV wurden und somit umweltschützende Maßnahmen auch auf Kompetenztitel anderer Politikbereiche gestützt werden konnten8. Art. 100a EWGV war lex specialis gegenüber Art. 130s EWGV, soweit Regelungsgegenstand produktbezogene Normen oder sonstige den Wettbewerb im Binnenmarkt beeinflussende Normen waren9.

Durch den Maastrichter Vertrag von 199210 wurde der EWGV in EGV umbenannt. Schließlich wurde auch der Titel Umwelt neu gefasst11. Die Kompetenzen wurden teilweise erweitert, aber auch teilweise durch Klarstellung begrenzt12. Die Querschnittsklausel erhielt sowohl eine neue Position im Vertrag (Art. 130r Abs. 2 S. 3 EGV) als auch eine neue inhaltliche Ausgestaltung, wonach nunmehr die Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes als Bestandteil der anderen Gemeinschaftspolitiken nicht nur verlangt werden kann, sondern diese sogar zwingend einzubeziehen sind. Nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt sind danach bei Maßnahmen der Gemeinschaft in anderen Politikbereichen verboten13. Die Umweltpolitik wurde nun auch ausdrücklich in den Tätigkeitskatalog des Art. 3 EGV aufgenommen (Buchstabe k) und als Folge der Einführung einer allgemeinen Subsidiaritätsklausel nach Art. 3b Abs. 2 EGV konnte die spezielle Regelung des Art. 130r Abs. 4 EWGV gestrichen werden.

Durch den Amsterdamer Vertrag vom 02.10.1997 und der Gründung der EU wurde der EG-Vertrag neu nummeriert, so dass fortan die Artt. 174-176 EGV den „Titel XIX. Umwelt“ bilden.

Ziel des am 26.02.2001 unterzeichneten und am 01.02.2003 in Kraft getretenen Vertrages von Nizza war es, die EU für die Aufnahme weiterer Mitgliedstaaten handlungsfähig zu machen. Änderungen der Umweltvorschriften erfolgten nicht.

Der am 29.10.2004 in Nizza unterzeichnete „Vertrag über eine Verfassung für Europa“ (EVV)14 sollte die bisherigen Verträge EUV und EGV ersetzen und deren Inhalte zusammenfassen. Er enthielt in seinem Teil I institutionelle Vorschriften. Hier waren insbesondere die Unionskompetenzen niedergeschrieben, und es wurde versucht, diese zu systematisieren. Hinsichtlich der Umweltpolitik sah der EVV keine wesentlichen ← 34 | 35 → Änderungen vor. Art. III-65 Verfassungsentwurf (VE) übernahm den Inhalt des Art. 95 EGV, und Art. III-130 VE sollte Art. 175 EGV ersetzen. Bei beiden Vorschriften sind nur Formulierungsänderungen vorgesehen. Der EVV ist jedoch wegen fehlender Zustimmung der irischen und französischen Bevölkerung gescheitert.

Der am 13.12.2007 von 27 Mitgliedstaaten unterzeichnete Vertrag von Lissabon15 gibt das Ziel der Abschaffung der bestehenden Verträge und deren Zusammenfassung in eine Verfassung auf. Umweltpolitisch sieht er keine wesentlichen Änderungen vor. Der Abschnitt „Umwelt“ findet sich im umbenannten „Vertrag über die Arbeitsweise der EU“ (AEUV), Dritter Teil, Titel XX, Artt. 191-19316. Artt. 191-193 AEUV übernehmen den Inhalt der Artt. 174-176 EGV.

Der Vertrag von Lissabon trat am 01.12.2009 in Kraft, nachdem auch Irland seine Zustimmung erteilte.

1.2Rechtsgrundlagen gemeinschaftlicher Umweltpolitik

1.2.1Primärrecht

Gemäß Art. 11 AEUV (Querschnittsklausel) sind die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der Unionspolitiken und Maßnahmen (Artt. 3-6 AEUV) insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einzubeziehen.

Titel XX AEUV enthält den Abschnitt „Umwelt“ (Artt. 191-193). Art. 191 beschreibt die Ziele und Handlungsgrundsätze der gemeinschaftlichen Umweltpolitik sowie die anzuwendenden Prinzipien wie Vorsorge-, Ursprungs- und Verursacherprinzip.

Art. 192 ist Rechtsgrundlage für gemeinschaftliche Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele in Art. 191. Art. 192 Abs. 3 regelt die Kompetenz und das Verfahren zur Verabschiedung gemeinschaftlicher Aktionsprogramme auf dem Gebiet des Umweltschutzes. Art. 192 Abs. 5 legt Voraussetzungen für Ausnahmeregelungen für einzelne Mitgliedstaaten zur Unterschreitung des gemeinschaftlichen Standards fest. Art. 193 räumt den Mitgliedstaaten schließlich die Befugnis ein, bei einem Rechtsakt auf der Grundlage von Art. 192 strengere Schutzmaßnahmen zu treffen.

Jedoch können umweltschützende Rechtsakte nicht nur auf der Grundlage der zentralen Umweltvorschriften bzw. zur Angleichung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen werden (Artt. 114, 115 AEUV), sondern es ergeben sich auch Befugnisse aus anderen ← 35 | 36 → Politik-bereichen. So können umweltschützende Vorschriften auch auf der Grundlage gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften im Bereich der Landwirtschaft oder auch des Verkehrs erfolgen. Weiterhin spielen Umweltaspekte auch im Bereich der Wettbewerbspolitik, Steuern, Arbeitsumwelt sowie Forschung und Entwicklung eine Rolle17. Ferner ist der Umweltschutz als anerkanntes Ziel der Union ein zwingendes Erfordernis i.S Art. 34 AEUV (sogenannte Cassis-Formel).

1.2.2Sekundärrecht

Auf der Grundlage dieser primärrechtlichen Bestimmungen kann die Gemeinschaft Rechtsakte erlassen, die von den Mitgliedstaaten und/oder Privaten zu befolgen sind und die im Primärrecht formulierten Ziele und Grundsätze konkretisieren. Für die gemeinschaftlichen Rechtsakte stehen die Formen des Art. 288 AEUV zur Verfügung. Im Bereich des Umweltrechts haben insbesondere Verordnungen und Richtlinien eine große Bedeutung erlangt.

Während Art. 192 sowie Art. 114 AEUV den Gesetzgeber nicht auf einen bestimmten Rechtsakt festlegt, sieht Art. 115 AEUV zwingend die Richtlinie vor.

1.2.3Umweltpolitische Aktionsprogramme

Im Gegensatz zu den primär- und sekundärrechtlichen Bestimmungen entfalten die umweltpolitischen Aktionsprogramme keine rechtsverbindlichen Wirkungen. Ihnen kommt die Aufgabe zu, neue Ziele und Prioritäten der gemeinschaftlichen Umweltpolitik festzulegen und damit neue Entwicklungen einzuleiten. Bisher wurden sechs Aktionsprogramme verabschiedet.

Details

Seiten
456
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653040036
ISBN (ePUB)
9783653997965
ISBN (MOBI)
9783653997958
ISBN (Paperback)
9783631624975
DOI
10.3726/978-3-653-04003-6
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (Januar)
Schlagworte
Gesundheitsschutz Umweltgrundrecht Umweltstaat Raumplanung Umweltqualitätsziel Recht der Luftreinhaltung
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 455 S.

Biographische Angaben

Sebastian Schneider (Autor:in)

Sebastian Schneider studierte Jura an der Juristenfakultät Leipzig. Im Rahmen des Studiums absolvierte er ein Auslandsstudium an der Universität Stockholm. Das Referendariat erfolgte am Landgericht Leipzig. Seit 2007 ist er als Rechtsanwalt in der Bauhausstadt Dessau tätig. Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist das Öffentliche Recht.

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Titel: Die Bedeutung von Umweltbelangen im Planungsrecht am Beispiel der Immissionsgrenzwerte nach der 22. BImSchV
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