HeldenGeschlechtNarrationen
Gender, Intersektionalität und Transformation im Nibelungenlied und in Nibelungen-Adaptionen
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Susanne Schul
1. Einleitung: HeldenGeschlechtNarrationen
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← 8 | 9 → 1 Einleitung: HeldenGeschlechtNarrationen
Für wunder sol manz immer sagendaz sô vil helede wart erslagenvon eines wîbes zorne.1
In der vorliegenden Untersuchung werden kulturhistorisch differente Bearbeitungen des Nibelungen-Stoffs vom Mittelalter bis zur Gegenwart einander vergleichend gegenübergestellt, um eine Verhältnisbestimmung von gender und Narration zu präzisieren.2 Hierbei stehen die Fragen im Zentrum, wie sich erstens gender- und medienspezifische Herstellungsund Darstellungsprozesse gegenseitig beeinflussen, welche Bedeutungen dabei zweitens intersektionale Differenzmarkierungen erhalten und welche Transformationen sich drittens im diachronen Vergleich der Bearbeitungen abzeichnen. Die Konstruktion der Geschlechterentwürfe wird im Folgenden in einem Interdependenzverhältnis zu ihrer jeweiligen medialen Darstellungsform betrachtet, da diese nicht nur gesellschaftliche Vorstellungen davon repräsentiert und reflektiert, was unter Weiblichkeit und Männlichkeit in einem bestimmten kulturhistorischen Kontext verstanden wurde, sondern diese stattdessen in einem fiktionalen Möglichkeitsraum auch selbst produziert. Da sich hierbei die Gestaltungs- und Herstellungsformen von ‚Geschlecht‘ und Narration überlagern, bietet eine Verbindung beider Ansätze eine produktive Perspektive, um die Nibelungenlied-Bearbeitungen vergleichend zu betrachten.3
Der Titel HeldenGeschlechtNarrationen ist dabei mehrdeutig angelegt, denn er eröffnet unterschiedliche Lesarten. Diese verweisen zum einen auf die Vielfältigkeit des Untersuchungsgegenstands und beziehen zum anderen die Überkreuzung der Analyseebenen ein.4 Bezug nehmend auf die bekannte Prologstrophe des Nibelungenliedes5 und auf das vorangestellte Zitat aus der Klage sollen einführend einige dieser Deutungsebenen aufgerufen ← 9 | 10 → werden. Die erste Lesart bezieht sich auf das Heldengeschlecht,6 das in der Prologstrophe der Nibelungenlied-Handschriften A und C als gattungsdeterminierende Bezugsgruppe...
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