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Der Kapitalisierungsanspruch des Verletzten gemäß § 843 Abs. 3 BGB

Eine rechtsdogmatische Untersuchung- zur materiellen und prozessualen Durchsetzung des Kapitalisierungsanspruches

von Jan Mittelstädt (Autor:in)
©2014 Dissertation XXVIII, 505 Seiten

Zusammenfassung

Im Vergleich zu anderen Normen ist der § 843 III BGB vom Wortlaut eher kurz gehalten, einfach formuliert und überschaubar strukturiert, sodass auf den ersten Blick die Annahme gerechtfertigt sein könnte, dass diese Vorschrift innerhalb der Rechtswissenschaft und Rechtspraxis keine Probleme bereitet. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch vielmehr, dass in der Praxis der Schadensregulierung eine Rechtsunsicherheit herrscht, welche im Ergebnis wirtschaftlich unzureichende, ungerechte und teilweise sogar rechtswidrige Regulierungsergebnisse auf Kapitalisierungsbasis nach sich zieht. Das vorrangige Ziel dieser Arbeit ist es, die Diskrepanz zwischen dem Anspruch an den § 843 III BGB (Rechtsicherheit und angemessene Schadensregulierung) und der Rechtswirklichkeit (Rechtsunsicherheit und unangemessene Schadensregulierung) aufzulösen – und zwar durch eine rechtlich-dogmatische Analyse des § 843 III BGB. Die Arbeit gelangt zu dem Ergebnis, dass die bisherige (restriktive) Auslegung und Anwendung unzutreffend bzw. rechtwidrig ist und es zur Umsetzung des an sich intendierten Gesetzeszweckes (Schutz des «schwächeren» Geschädigten) einer extensiven Auslegung und Anwendung des § 843 III BGB bedarf.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Vorwort
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsübersicht
  • Gliederungsverzeichnist
  • § 1 Problemstellung und Methodenwahl
  • A. Problemstellung – Bestandsaufnahme und Erkenntnisse
  • B. Methodenwahl – Der konzeptionelle Ansatz/der Gang der Untersuchung
  • § 2 Rechtstatsachen
  • A. Die allgemeine Problemstellung: Der Personenschaden in der Unfallschadensregulierung
  • I. Grundsätzliches
  • 1. Was ist unter einem Personenschaden zu verstehen? Wie wird dieser erfasst?
  • 2. Die Kategorisierung von Personenschäden – Ansätze und Methoden
  • a.) Ökonomische Betrachtungsweise
  • b.) Zeitliche Betrachtungsweise
  • c.) Medizinische Betrachtungsweise
  • d.) Objektive Instrumente und Systeme für die Kategorisierung von Schwerstverletzungen
  • e.) Zwischenergebnis
  • II. Statistisches
  • 1. Allgemein – Die Häufigkeit von Straßenverkehrsunfällen (2005)
  • 2. Getötete bei Straßenverkehrsunfällen
  • a.) Monatsüberblick (März-Februar) für die Jahre 2010, 2011 und 01/2012, 02/2012
  • b.) Monatsüberblick für die Monate 02/11 bis 02/12
  • c.) Anzahl der Verkehrstoten in Deutschland von 1991 bis 2011
  • 3. Verletze bei Straßenverkehrsunfällen
  • a.) Anzahl der Straßenverkehrsunfälle mit Personenschaden von 2002 bis 2010
  • b.) Anzahl der durch Straßenverkehrsunfälle verletzten Personen von 2000 bis 2010
  • c.) Differenzierung der erfassten Straßenverkehrsunfälle nach Sach- und Personenschaden sowie Schwere der Verletzung (Leicht- und Schwerverletze)
  • d.) Auswertung und Zwischenfazit
  • 4. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bei der Regulierung von Personenschäden
  • a.) Volkswirtschaftliche Kosten infolge von Personen- und Sachschäden in Deutschland für den Zeitraum 2005 bis 2008 (in Milliarden Euro)
  • b.) Volkswirtschaftlichen Kosten durch Straßenverkehrsunfälle im Jahr 2008 (in Milliarden Euro)
  • c.) Kostensätze für Personenschäden (je verunglückte Person und je Unfall) im Jahr 2009
  • d.) Beiträge und Leistungen in der Schaden- und Unfallversicherung in Deutschland für den Zeitraum 1991 bis 2010 (in Milliarden Euro)
  • e.) Beiträge und Leistungen in der Kfz-Haftpflichtversicherung in Deutschland von 2002 bis 2010 (in Millionen Euro)
  • f.) Beitragseinnahmen der 20 größten Versicherungsunternehmen in Deutschland im Jahr 2010 (in Millionen Euro)
  • g.) Die Entwicklung der Versicherungsleistungen von 2007 bis 2011 (hier: ERGO)
  • h.) Die Renditen von ausgewählten Versicherungsunternehmen bei zwölfjähriger Anlage, bezogen auf die Beträge ihrer Kunden
  • i.) Zwischenfazit und abschließende Anmerkungen
  • III. Die Situation der Schwerstverletzten – Die schweren Körperverletzungen und deren Folgen
  • B. Die besondere Problemstellung bei der Entscheidung des Verletzten für eine Kapitalisierung nach § 843 Abs. 3 BGB
  • I. Die tatsächliche Ausgangssituation
  • II. Die normative Ausgangssituation bei der Geltendmachung des Kapitalisierungsanspruches nach § 843 Abs. 3 BGB
  • § 3 Der Anspruch des Geschädigten auf Kapitalisierung gemäß § 843 Abs. 3 BGB
  • A. Die normative Ausgangssituation
  • I. Der konzeptionelle Unterbau des Kapitalisierungsanspruches nach § 843 Abs. 3 BGB – Grundsätzliches
  • II. Die Anwendungsvoraussetzungen des § 843 Abs. 1 BGB
  • 1. Verletzung des Körpers und der Gesundheit
  • 2. Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit
  • 3. Vermehrte Bedürfnisse
  • III. Die Anwendungsvoraussetzungen des § 843 Abs. 3 BGB
  • B. Der Anspruch auf Kapitalisierung gemäß § 843 Abs. 3 BGB – Grundsätzliches
  • I. Das Recht des Verletzten auf Kapitalisierung – Wahlrecht
  • II. Der Regelungsinhalt des Kapitalisierungsanspruches
  • III. Die Kapitalisierung in der Systematik des BGB sowie des Zivilrechts und Öffentlichen Rechts im Allgemeinen
  • IV. Die (rechnerischen) Grundzüge der Kapitalisierung – Kapitalisierungsformel
  • V. Die Vor- und Nachteile sowie Risiken der Kapitalisierung
  • C. Das Verhältnis der beiden Ansprüche zueinander – Auslegung und Interpretation des Anspruches auf Kapitalisierung gemäß § 843 Abs. 3 BGB
  • I. Die grundsätzliche Einordnung des § 843 Abs. 3 BGB im Hinblick auf Historie und Systematik
  • II. Der gesetzgeberische „Ist-Zustand“ – Die Sichtweise und Positionierung des Gesetzgebers
  • III. Der Status quo der Kapitalisierung in der Rechtspraxis – die „gelebte“ Kapitalisierung
  • 1. Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
  • a.) Entscheidung des Bundesgerichthof vom 08.01.1981 – VI ZR 128/79
  • b.) Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 19.05.1981 – VI ZR 108/79
  • c.) Die Erkenntnisse aus den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes vom 08.01.1981 und 19.05.1981
  • 2. Sonstige Rechtsprechung
  • a.) Reichsgericht, Urteil vom 23.05.1910 – (Rep.) VI. 452/09
  • b.) Reichsgericht, Urteil vom 26.01.1933 – VI 352/32
  • c.) Court of Appeals, Nürnberg, Urteil vom 21.03.1950 – Nr. 279
  • d.) Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 30.01.1997 – 14 U 45/95
  • e.) Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 07.07.1997 – 12 U 276/96
  • f.) Landgericht Stuttgart, Urteil vom 26.01.2005 – 14 O 542/01
  • g.) Landgericht Coburg, Endurteil vom 19.01.2011 – 12 O 541/08
  • h.) Landgericht Bonn, Urteil vom 10.03.2011 – 9 O 342/09
  • i.) Oberlandesgericht Köln, Hinweisbeschluss vom 11.08.2011 – 5 U 74/11
  • j.) Landgericht Hamburg, Urteil vom 26.07.2011 – 302 O 192/08
  • k.) Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 10.02.2012 – 15 U 9/12
  • l.) Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 30.11.2011 – 14 U 182/10
  • 3. Die Sichtweise und die Positionierung innerhalb der Literatur
  • 4. Die Sichtweise und Positionierung der Versicherer
  • 5. Die Sichtweise und Positionierung der Interessenvertreter der Geschädigten
  • 6. Die Sichtweise und Positionierung der Opfer- und Geschädigtenverbände
  • 7. Grundlegende Stellungnahme zum Status quo der Kapitalisierung – Zwischenfazit
  • IV. Die Auslegung und Bestimmung des Tatbestandsmerkmales des „wichtigen Grundes“ im Sinne des § 843 Abs. 3 BGB
  • 1. Die rechtsdogmatische Struktur des § 843 Abs. 3 BGB – Die verfassungsrechtliche „Einbettung“ des unbestimmten Rechtsbegriffes
  • 2. Die Auslegung und Bestimmung des „wichtigen Grundes“ durch die Rechtsprechung und Literatur
  • a.) Sphäre des Ersatzpflichtigen
  • b.) Sphäre des Geschädigten
  • c.) Zwischenergebnis und Stellungnahme
  • 3. Die Auslegung des § 843 Abs. 3 BGB anhand der juristischen Methodenlehre
  • a.) Das Auslegungsziel
  • b.) Die grundsätzliche Vorabentscheidung für ein Auslegungsziel – Die methodischen Vorgaben der Wertungsjurisprudenz
  • aa.) „Subjektive Theorie“
  • bb.) „Objektive Theorie“
  • cc.) Stellungnahme und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Auslegung des § 843 Abs. 3 BGB
  • 4. Die dogmatisch-systematische Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes des „wichtigen Grundes“ des § 843 Abs. 3 BGB nach den anerkannten Auslegungskriterien der juristischen Methodenlehre sowie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung und Literatur
  • a.) Grundsätzliche Vorüberlegungen und Anmerkungen zu der juristischen Methodenlehre
  • b.) Die Auslegungskriterien
  • aa.) Der Wortlaut der Norm – die grammatische Interpretation
  • aaa.) Juristisch-fachsprachliche Bedeutung
  • bbb.) Grammatische-umgangssprachliche Bedeutung
  • ccc.) Zwischenergebnis
  • bb.) Die Entstehungsgeschichte der Norm – die historische Interpretation
  • aaa.) Vorgeschichte – Entstehungsgeschichte der Norm
  • bbb.) Die weitere historische Entwicklung der Norm: Vom In-Kraft-Treten am 01.01.1900 bis heute
  • ccc.) Die historische und rechtsdogmatische Entwicklung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung und Literatur – Entwicklungsprozesse
  • ddd.) Zwischenergebnis zur historischen Auslegung
  • cc.) Der Zusammenhang, in dem die Norm steht − systematische Interpretation
  • aaa.) Grundsätzliches
  • bbb.) Innere und äußere Systematik
  • ccc.) Zwischenergebnis
  • dd.) Der Sinn und Zweck der Norm − teleologische Interpretation
  • aaa.) Grundsätzliches zur teleologischen Auslegung
  • bbb.) Die Ermittlung des Gesetzeszweckes des § 843 Abs. 3 BGB
  • (1) Grundsätzliche systematische Erwägungen zum Gesetzeszweck
  • (2) Die Ermittlung des Gesetzeszwecks unter Berücksichtigung der Historie der Norm sowie der Rechtsprechung und Literatur
  • (3) Zwischenergebnis zum Gesetzeszweck des § 843 Abs. 3 BGB
  • ccc.) Die Konsequenzen aus dieser rechtlichen Bewertung und Schlussfolgerung für die Auslegung des § 843 Abs. 3 BGB
  • c.) Zwischenergebnis zur Auslegung und Bestimmung des „wichtigen Grundes“ im Sinne des § 843 Abs. 3 BGB
  • 5. Die „Günstigerformel“ als „Instrument“ und „Werkzeug“ für die Bestimmung des „wichtigen Grundes“ im Sinne des § 843 Abs. 3 BGB in der Rechtspraxis
  • a.) Konzeptionelle Grundannahmen − Positionierung
  • aa.) „Objektive Säule“ 147
  • bb.) „Subjektive Säule“ 147
  • cc.) Das verbindende Element der „objektiven“ und „subjektiven“ Säule: Die „Günstigerformel“
  • b.) Die bisherige Resonanz auf die „Günstigerformel“
  • c.) Stellungnahme zu der bisherigen Kritik
  • aa.) Zu Argument 1: „Ausnahmecharakter“
  • bb.) Zu Argument 2: „Verbot der Überkompensation“
  • cc.) Zu Argument 3: „Versubjektivierung des wichtigen Grundes“
  • dd.) Zwischenfazit
  • d.) Anwendung der „Günstigerformel“ in der Rechtspraxis
  • 6. Schlussfolgerungen und Ergebnis zur Auslegung des „wichtigen Grundes“
  • 7. Ein Definitionsvorschlag für den „wichtigen Grund“ im Sinne des § 843 Abs. 3 BGB
  • 8. Die aus der weiten Auslegung des „wichtigen Grundes“ resultierenden Konsequenzen für die Anwendung des § 843 Abs. 3 BGB und dessen Handhabung durch die Rechtspraxis
  • 9. Mögliche Fallkonstellationen zur Begründung und Ausfüllung des Tatbestandsmerkmales des „wichtigen Grundes“
  • a.) Sphäre des Schädigers
  • b.) Sphäre des Geschädigten
  • § 4 Der Rechtsvergleich – Die Ausgestaltung des Kapitalisierungsanspruches in anderen europäischen Rechtsordnungen
  • A. Einleitung – Die Problemstellung
  • B. Die Kapitalisierung in einzelnen, ausgewählten Ländern
  • I. In der Schweiz
  • II. In Österreich
  • III. In Italien
  • IV. In Spanien
  • V. In England
  • C. Zwischenfazit und Stellungnahme
  • § 5 Die Vorschrift des § 843 Abs. 3 BGB im europarechtlichen Kontext – Europarechtskonformität des § 843 Abs. 3 BGB
  • A. Vereinbarkeit der Regelung des § 843 Abs. 3 BGB sowie deren derzeitige Auslegung und Anwendung mit dem europäischen Sekundärrecht – hier: die europarechtlichen Richtlinien der 1. bis 5. KH-Richtlinie
  • I. Grundsätzliches – „Die Ausstrahlungswirkung auf das Private“
  • II. Betroffenheit des Anwendungsbereiches der 1. bis 5. KH Richtlinie durch die Regelung des § 843 Abs. 3 BGB – möglicher Verstoß
  • III. Zwischenergebnis
  • B. Vereinbarkeit der Vorschrift des § 843 Abs. 3 BGB mit dem Primären Unionsrecht – hier: Art. 1 EUV, Art. 18 AEUV, Art. 9 EUV, Art. 6 EUV, Art. 14 EMRK
  • I. Ausgangssituation und Fragestellung
  • II. Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 9 EUV sowie das Diskriminierungsverbot nach Art. 18 AEUV, Art. 21 Abs. 2 GR-Charta und Art. 14 EMRK
  • 1. Grundsätzliches zum Regelungsgehalt
  • 2. Geltungsvorrang des Primären Gemeinschaftsrechts – Bewertungsmaßstab
  • 3. Anwendbarkeit des allgemeinen Diskriminierungsverbots und des Gleichbehandlungsgrundsatzes des europäischen Primärrechts im Hinblick auf § 843 Abs. 3 BGB
  • 4. Zwischenergebnis und Stellungnahme
  • III. § 843 Abs. 3 BGB im europarechtlichen Kontext – Stellungnahme und Ausblick
  • 1. Status quo – „de lege lata“ 203
  • 2. Bedürfnis zum Einschreiten des nationalen Gesetzgebers? – „de lege ferenda“ 206
  • 3. Gestaltungs- und Anwendungsvorschlag: Umkehrung des in Art. 40 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB normierten „lex americana“-Gedankens hin zu einer „Meistbegünstigung“
  • § 6 Die ökonomische Analyse des § 843 Abs. 3 BGB
  • A. Die Ausgangssituation und Problemstellung
  • B. Die institutionen-ökonomische Analyse des § 843 Abs. 3 BGB
  • I. Grundannahmen, konzeptionelle Grundlagen der Analysemethode
  • II. Historische Entwicklung und die grundlegenden Strömungen
  • 1. Die Ursprünge der ökonomischen Analyse des Rechts
  • 2. Die US-amerikanische Rechtsprechung zum Schadensersatzrecht – „Learned Hand“ 218
  • 3. Ronald H. Coase/das sog. „Coase-Theorem“ 219
  • 4. Posner, Pareto, Kaldor und Hicks 220
  • 5. Rechtsgebietsbezogene Anwendung der Ökonomischen Analyse des Rechts
  • 6. Die Ökonomische Analyse des Rechts in Deutschland – die neue Institutionenökonomik
  • III. Die rechtssystematische Positionierung und der rechtspolitische Stellenwert der Ökonomischen Analyse des Rechts – Reichweite und Adressat
  • IV. Kritik an der Ökonomischen Analyse des Rechts – Grenzen des Effizienzdenkens
  • V. Stellungnahme und Zwischenergebnis
  • VI. Auslegung und Anwendung des § 843 Abs. 3 BGB im Sinne der Ökonomischen Analyse des Rechts
  • 1. Ökonomische Fehlsteuerung durch zu niedrige Kapitalausstattung aufgrund unterdimensionierter Schadensersatzzahlungen auf Kapitalisierungsbasis
  • 2. Ursachen für unterdimensionierte Kapitalzahlungen – asymmetrischer Kenntnisstand
  • 3. Auswirkungen und Folgen der asymmetrischen Information – Bestandsaufnahme und Folgenbewertung für die Auslegung und Anwendung des § 843 Abs. 3 BGB
  • 4. Zwischenergebnis und weitergehende Überlegungen im Hinblick auf eine „zutreffende“/ökonomisch effiziente Auslegung und Anwendung des § 843 Abs. 3 BGB
  • VII. Gesamtergebnis zur ökonomischen Analyse des § 843 Abs. 3 BGB
  • § 7 Das Gesamtergebnis der juristisch-ökonomischen Analyse des § 843 Abs. 3 BGB und deren Konsequenzen für die Rechtspraxis
  • A. Das Gesamtergebnis der juristisch-ökonomischen Analyse
  • B. Die Konsequenzen der juristisch-ökonomischen Analyse im Hinblick auf die konkrete Anwendung des § 843 Abs. 3 BGB
  • § 8 Rechtsfolgen
  • A. Einheitliche oder Teilkapitalisierung?
  • I. Die Problemstellung
  • II. Darstellung der Sichtweisen − Meinungsstand
  • 1. Rechtsprechung
  • 2. Literatur
  • 3. Teile der Versicherungswirtschaft
  • III. Die Analyse der Problematik
  • 1. Zweifel und Kritik an der von Teilen der Versicherungswirtschaft vertretenen „Teilkapitalisierung“
  • 2. Die dogmatische und schadenssystematische Einordnung des Kapitalisierungsanspruches nach § 843 Abs. 3 BGB
  • 3. Zwischenfazit
  • 4. Teleologische Reduktion des § 843 Abs. 3 BGB: Der Anspruch des Geschädigten auf eine „Teilkapitalisierung“
  • IV. Zwischenergebnis – Die Konsequenzen für die Rechtspraxis
  • 1. Thesenartige Zusammenfassung
  • 2. Die Konsequenzen für die Rechtspraxis – Ein Ausblick
  • B. Die Berechnung und Höhe des Kapitalisierungsanspruches
  • I. Allgemeines – Problemstellungen
  • II. Die Zusammensetzung − Die einzelnen Berechnungsparameter
  • 1. Was wird kapitalisiert? Die zu berücksichtigenden Parameter bei der Berechnung des Kapitalisierungsanspruches
  • a.) Die Zusammensetzung der Kapitalabfindung
  • aa.) Ansprüche für die Vergangenheit
  • bb.) Ansprüche für die Zukunft
  • cc.) Addition dieser Ansprüche = Kapitalbetrag
  • b.) Die einzelnen Schadenspositionen einer Kapitalisierung – dem Grunde nach
  • aa.) Erwerbsschaden
  • bb.) Vermehrte Bedürfnisse
  • cc.) Haushaltsführungsschaden
  • 2. Wie wird kapitalisiert? Die zu berücksichtigenden Parameter bei der Berechnung des Kapitalisierungsanspruches
  • a.) Der Stichtag der Barwertberechnung (Kapitalisierungszeitpunkt)
  • b.) Die Anwendung von Kapitalisierungstabellen − Das Alter des Anspruchs- bzw. Rentenberechtigten
  • aa.) Kapitalisierungstabellen
  • bb.) Das Alter des Anspruchs- bzw. Rentenberechtigten
  • c.) Die Zahlungsweise
  • d.) Die Laufzeit der Schadensersatzrente
  • aa.) Lebenslängliche Leibrente
  • bb.) Temporäre Leibrente
  • cc.) Weitere Rentenarten
  • e.) Die Rentenhöhe und deren jeweilige Bemessung
  • aa.) Vermehrte Bedürfnisse
  • bb.) Erwerbsschaden und Haushaltsführungsschaden
  • aaa.) Erwerbsschaden
  • bbb.) Haushaltsführungsschaden
  • f.) Der Kapitalisierungszinsfuß
  • aa.) Grundsätzliches zur Diskontierung − Vorbemerkungen zu der Problematik
  • bb.) Die besondere Problemstellung: Die Bestimmung und Festlegung des Kapitalisierungszinsfußes
  • aaa.) Der „Status quo“ und Meinungsstand in der Rechtsprechung, Literatur und Rechtspraxis
  • (1) Rechtsprechung
  • (a) Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.01.1981
  • (b) Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.01.1986
  • (c) Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.05.2007
  • (d) Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 30.01.1997
  • (e) Oberlandesgericht Zweibrücken, Urteil vom 22.04.2008
  • (f) Landgericht Stuttgart, Urteil vom 26.01.2005
  • (g) Landgericht Köln, Urteil vom 09.02.2005
  • (h) Landgericht Köln, Urteil vom 07.10.2009
  • (i) Kammergericht, Urteil vom 16.02.2012
  • (2) Literatur
  • (a) „Interessenvertreter bzw. das Lager der Versicherer“
  • (b) „Interessenvertreter bzw. das Lager der Geschädigten“
  • (3) Rechtspraxis
  • (4) Zwischenfazit und Stellungnahme
  • bbb.) Mögliche Bemessungsfaktoren für die Festlegung des Zinsfußes
  • (1) Die Vermögensverwaltung der Assekuranzen
  • (a) Die Schadensreservierungen und -rückstellungen der Versicherer
  • (b) Der Garantiezins der Lebens- und Rentenversicherer
  • (c) Die von Versicherern tatsächlich erzielten Renditen anhand ausgewählter Beispiele bzw. Statistiken
  • (aa) Renditen von Versicherungsunternehmen bei zwölfjähriger Anlage, bezogen auf die Beträge ihrer Kunden
  • (bb) Renditen von Versicherungsunternehmen bei fünfjähriger Anlage, bezogen auf die Beiträge der Kunden
  • (cc) Nettoverzinsung und Beitragsrendite von Versicherungspolicen in den Jahren 1999 bis 2010 (in Prozent)
  • (dd) Entwicklung der laufenden Verzinsung von Rentenversicherungen ausgewählter Versicherer in den Jahren 2009 bis 2011 (in Prozent)
  • (ee) Zinsertrag von Kapitalanlagen unterschiedlicher Lebensversicherer nach realistischen Annahmen (Stand: November 2010)
  • (ff) Laufende Verzinsung der Lebensversicherer in Deutschland in den Jahren 2001 bis 2012
  • (gg) Die Beitragsrenditen der zehn besten Lebensversicherer in Deutschland im Jahr 2011
  • (aaa) Vertragslaufzeit: 30 Jahre
  • (bbb) Vertragslaufzeit: 20 Jahre
  • (ccc) Vertragslaufzeit: 12 Jahre
  • (2) Verteilungsverfahren gemäß § 109 VVG
  • (3) Ein Rechtsvergleich – Der Kapitalisierungszinsfuß in der Schweiz
  • (4) Weitere mögliche Anknüpfungspunkte für die Bemessung des Rechnungszinses
  • (a) Steuerrecht: Bewertung lebenslänglicher Nutzungen oder Leistungen, gemäß § 14 BewG
  • (b) Steuerrechtliche Bewertung von Wirtschaftsgütern gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG
  • (c) Bewertung der beamtenrechtlichen Versorgung gemäß §§ 55 BeamtVG, 14 BewG343
  • (d) Wiederkehrende Leistungen (dingliche Rechte) aus einem Grundstück, gemäß § 18 Abs. 4 VermG
  • (e) Barwertberechnung im Rahmen von „squeeze-out“-Verfahren, gemäß §§ 304, 305 AktG
  • (f) Zugangs- und Folgenbewertung, der Abzinsungsgrundsatz gemäß § 253 Abs. 2 HGB
  • (5) Tatsächlich erzielte/erzielbare Erträge auf dem Kapitalmarkt – aktuelle Kapitalmarktzahlen346
  • (a) Geldanlagen mit der höchsten Rendite für das Jahr 2010 und 2011 (Anlagevolumen: 10.000 € zu Jahresbeginn)
  • (b) Renditeentwicklung von offenen Immobilienfonds in den Jahren 2003 bis 2010347
  • (d) Durchschnittliche monatliche Renditen festverzinslicher Wertpapiere in Deutschland im Jahr 2010
  • (e) Entwicklung des durchschnittlichen Zinssatzes für Tagesgeld in Deutschlandin den Jahren 1997 bis 2010
  • (f) Die Entwicklung des durchschnittlichen Zinssatzes für Termingeld in Deutschland in den Jahren 1975 bis 2010
  • (g) Entwicklung des durchschnittlichen Zinssatzes für Spareinlagen in Deutschland in den Jahren 1975 bis 2010350
  • (h) Entwicklung des Zinssatzes der Europäischen Zentralbank für die Einlagefazilität in den Jahren 1999 bis 2011
  • (i) Entwicklung des Kapitalmarktzinssatzes in Deutschland in den Jahren 1975 bis 2010352
  • (j) Prognosen für die Zinsentwicklung am Kapitalmarkt
  • (aa) Prognose von JP Morgan zur Zinsentwicklung im Jahr 2012
  • (bb) Prognose der Commerzbank zur Zinsentwicklung im Jahr 2012
  • (cc) Prognose ausgewählter Banken zur Rendite zehnjähriger Bundesanleihen am Ende des Jahres 2012
  • (k) Sonstige Veröffentlichungen und Statistiken zu den tatsächlichen Renditemöglichkeiten
  • cc.) Fazit und Stellungnahme zur Festlegung und Bestimmung des Kapitalisierungszinsfußes
  • aaa.) Die anzusetzenden Berechnungsparameter
  • bbb.) Der Weg hin zu einem „richtigen“ Kapitalisierungszinsfuß: Der Realzins
  • ccc.) Flexibler oder festgeschriebener Zinsfuß
  • ddd.) Eine einschränkende Betrachtung: Die Berücksichtigung des durchschnittlichen Realzinses
  • eee.) Zwischenfazit zum „richtigen“ Zinsfuß
  • dd.) Eigener Lösungsansatz für die Rechtspraxis – Vorschlag für den Zinsfuß
  • aaa.) Eigener Lösungsansatz für die Bemessung des Kapitalisierungszinsfußes
  • (1) Realzins
  • (2) Die Vorgabe in sachlicher Hinsicht: eine sichere Anlageform
  • (3) Die Vorgabe in zeitlicher Hinsicht: Der Ansatz eines wertenden Realzinses (= „korrelater Spiegelzins“)
  • (4) Den Kapitalisierungszinsfuß senkende Faktoren
  • (5) Den Kapitalisierungszinsfuß erhöhende Faktoren
  • bbb.) Berechnung eines Fallbeispiels – Vorschlag für Zinsfuß
  • § 9 Die Geltendmachung und Durchsetzung des Kapitalisierungsanspruches
  • A. Anspruchsverfolgung durch außergerichtliche Geltendmachung
  • I. Schadensanzeige/Kontaktaufnahme mit dem Versicherer
  • II. Schlüssige Darlegung des Streitgegenstandes/des zum Schaden führenden Ereignisses
  • III. Klärung des Anspruchsgrundes
  • IV. Ermittlung der in Betracht kommenden Ansprüche dem Grunde nach
  • V. Ermittlung der in Betracht kommenden Ansprüche der Höhe nach/Ermittlung der Schadenshöhe
  • VI. Schlüssige und substantiierte Darlegung des Schadensersatzanspruches der Höhe nach/Die Bezifferung des Schadens
  • VII. Aufnahme von Verhandlungen
  • VIII. Die Beiziehung Dritter im Rahmen der außergerichtlichen Anspruchsverfolgung
  • 1. Streitschlichtung/-beilegung durch Versicherungsombudsmann
  • 2. Außergerichtliches Mediationsverfahren
  • B. Anspruchsverfolgung durch gerichtliche Geltendmachung – prozessrechtliche Problemstellungen
  • I. Allgemeine prozessuale Voraussetzungen und Fragestellungen
  • 1. Aktivlegitimation – Kläger/Passivlegitimation – Beklagte
  • 2. Prozessführungsbefugnis
  • 3. Prozessfähigkeit, gesetzliche Vertretung Prozessunfähiger (Vertretungsmacht)
  • 4. Der Inhalt des Anspruches/der Anspruchsgrund
  • 5. Der Gerichtsstand
  • a.) Örtliche Zuständigkeit
  • b.) Sachliche Zuständigkeit
  • II. Klageverfahren – prozessuale Gestaltungsmöglichkeiten
  • 1. Leistungsklage
  • a.) Allgemeines
  • b.) Bestimmtheit gemäß § 253 ZPO – Bezifferung des Klageantrages
  • c.) Auslegung von Klageanträgen
  • d.) Bindungswirkung von Klageanträgen
  • e.) Die Möglichkeit eines unbezifferten Klageantrages
  • f.) Hilfsantrag
  • g.) Die Möglichkeit von Teilklagen
  • 2. Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO
  • a.) Allgemeines – Normzweck
  • b.) Voraussetzungen für eine Feststellungsklage
  • aa.) Die allgemeinen Sachentscheidungsvoraussetzungen
  • bb.) Die besonderen Sachentscheidungsvoraussetzungen
  • aaa.) Rechtsverhältnis
  • bbb.) Feststellungsinteresse
  • c.) Voraussetzungen für eine Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO)
  • III. Sonstige prozessuale Gestaltungsmöglichkeiten bei der gerichtlichen Anspruchsverfolgung
  • 1. Zwischenurteil über den Grund gemäß § 304 ZPO
  • a.) Rechtsnatur/Normzweck
  • b.) Voraussetzungen
  • c.) Entscheidung durch Grundurteil
  • d.) Bindungswirkung
  • e.) Betragsverfahren
  • f.) Zulässigkeit und Anwendbarkeit des Grundurteils im Hinblick auf den Kapitalisierungsanspruch nach § 843 Abs. 3 BGB – Anmerkungen
  • g.) Kostenentscheidung/Vollstreckung/Gebühren
  • h.) Formulierungsbeispiel für Urteilstenor und Klageantrag
  • aa.) Urteilstenor
  • bb.) Klageantrag
  • 2. Selbständiges Beweisverfahren gemäß § 485 ff. ZPO
  • a.) Rechtsnatur und Normzweck
  • b.) Anwendbarkeit im Hinblick auf Personenschäden
  • c.) Zulässigkeit eines Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO
  • d.) Anwendbarkeit des § 485 ZPO bezogen auf den Kapitalisierungsanspruch nach § 843 Abs. 3 BGB
  • e.) Zwischenfazit und kritische Anmerkungen
  • 3. Einstweilige Leistungsverfügung gemäß § 940 ZPO
  • a.) Regelungsgehalt und Normzweck
  • b.) Voraussetzungen
  • c.) Anwendbarkeit der Leistungsverfügung bezogen auf die Geltendmachung des Kapitalisierungsanspruches nach § 843 Abs. 3 BGB
  • d.) Zwischenergebnis
  • e.) Formulierungsbeispiel zum Tenor
  • 4. Prozesskostenhilfeverfahren gemäß §§ 114 ff. ZPO
  • a.) Grundsätzliche Anwendbarkeit – Normzweck
  • b.) Voraussetzungen und Anforderungen
  • c.) Konkrete Anwendbarkeit im Hinblick auf den Kapitalisierungsanspruch nach § 843 Abs. 3 BGB
  • d.) Zwischenfazit und Anmerkungen
  • IV. Sonstige rechtliche Problemfelder bei der Geltendmachung und Durchsetzung des Kapitalisierungsanspruches gemäß § 843 Abs. 3 BGB
  • 1. Abtretung und Pfändung
  • 2. Verjährung
  • a.) Grundsätzliches
  • b.) Spezielle verjährungsrechtliche Problematiken im Hinblick auf § 843 Abs. 3 BGB
  • 3. Abfindungsvergleich
  • a.) Rechtliche Einordnung – Grundlagen und Zweck
  • b.) Außergerichtlich und gerichtlich
  • c.) Form
  • d.) Vertretung Geschäftsunfähiger
  • e.) Inhalt sowie die Möglichkeit von Teilregulierungen
  • f.) Regelungsgrenzen
  • g.) Unwirksamkeit – Abänderbarkeit und Anpassung von Vergleichen
  • aa.) Unwirksamkeit gemäß § 779 Abs. 1, 2. Halbsatz BGB
  • bb.) Unwirksamkeit wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB
  • cc.) Erhebliche Äquivalenzstörung – insbesondere unvorhergesehene Spätschäden
  • dd.) Zwischenergebnis
  • h.) Vor- und Nachteile eines Abfindungsvergleiches
  • 4. Streitwert und Kosten
  • a.) Streitwert
  • aa.) Grundsätzliches
  • bb.) Zuständigkeitsstreitwert
  • cc.) Rechtsmittelstreitwert
  • dd.) Gebührenstreitwert
  • aaa.) Grundkonzeption bei der Bemessung
  • bbb.) Bemessung des Gebührenstreitwertes bei dem Kapitalisierungsanspruch nach § 843 Abs. 3 BGB
  • (1) Die Höhe des tatsächlich geltend gemachten Betrages
  • (2) Deckelung des Gebührenstreitwertes auf den fünffachen Jahresbetrag gemäß § 42 Abs. 1 GKG (analog)
  • (3) Stellungnahme
  • (4) Zwischenfazit
  • b.) Kosten
  • 5. Vollstreckung
  • 6. Rechtsmittel
  • a.) Berichtigung des Urteils gemäß § 319 ZPO/Berichtigung des Tatbestandes gemäß § 320 ZPO/Ergänzung des Urteils gemäß § 321 ZPO
  • b.) Berufung gemäß § 511 ZPO
  • c.) Revision gemäß § 542 ZPO – Sprungrevision gemäß § 566 ZPO
  • § 10 Die Untersuchungsergebnisse – Anmerkungen und Ausblick
  • A. Die Ergebnisse der Untersuchung
  • I. Die grundsätzliche Positionierung zum Kapitalisierungsanspruch nach § 843 Abs. 3 BGB
  • II. Die spezielle Positionierung zum Kapitalisierungsanspruch nach § 843 Abs. 3 BGB – Thesenartige Zusammenfassung
  • B. Anmerkungen und Ausblick
  • Literaturverzeichnis

← XXVIII | 1 → § 1 Problemstellung und Methodenwahl

Im Jahre 1900 – vor über 112 Jahren – hat der Gesetzgeber das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geschaffen. Mit dieser zentralen Kodifikation des deutschen allgemeinen Privatrechts hat auch die Vorschrift des § 843 Abs. 3 BGB Eingang in das Gesetz gefunden, die Gegenstand dieser Untersuchung ist.

A. Problemstellung – Bestandsaufnahme und Erkenntnisse

Die Regelung des § 843 Abs. 3 BGB –

„Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt“ –

ist im Vergleich zu sonstigen Vorschriften vom Wortlaut eher kurz gehalten, einfach formuliert sowie überschaubar strukturiert, so dass auf den ersten Blick sicherlich die Annahme gerechtfertigt sein könnte, dass diese Vorschrift in ihrer Auslegung und Anwendung innerhalb der Rechtswissenschaft und Praxis weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht Probleme bereitet. Dieser Eindruck scheint durch eine erste Sichtung der zu dem Kapitalisierungsanspruch nach § 843 Abs. 3 BGB eher spärlich ergangenen Rechtsprechung, der mehr oder weniger überschaubaren Literatur und der kurzen Kommentierungen zu § 843 BGB in den einschlägigen Werken noch zusätzlich Bestätigung zu finden. Auch die Anzahl der Suchergebnisse zu dem Schlagwort „Kapitalisierung gemäß § 843 Abs. 3 BGB“ hält sich nach einer ersten Recherche in Grenzen. All dies mag den Rechtsanwender zu der Schlussfolgerung verleiten, dass die Vorschrift und Anwendung des § 843 Abs. 3 BGB als rechtlich unproblematisch zu bewerten ist.

Dieser erste Eindruck täuscht jedoch und beruht auf einer voreilig gebildeten Rechtsmeinung. Beschäftigt man sich eingehender mit der Kapitalisierung nach § 843 Abs. 3 BGB, so sind eine Vielzahl von Veröffentlichungen und divergierenden Rechtsansichten auszumachen, die sich ausgesprochen kontrovers und kritisch mit der Thematik der Kapitalisierung befassen. Auch der Blick in die praktizierte Schadensregulierung zeigt, dass über die Fragen des „Ob“ und „Wie“ ← 1 | 2 → einer Kapitalisierung keineswegs Einigkeit besteht, sondern sogar vehement gestritten wird. Es existiert eine Vielzahl von Problem- und Streitpunkten, die von den an der Schadensregulierung beteiligten Personen sehr unterschiedlich gesehen und bewertet werden.

Bei näherer Betrachtung sowie eingehender rechtlicher Prüfung und Bewertung schaffen weder der „einfache“ Wortlaut des § 843 Abs. 3 BGB noch die vermeintlich „überschaubare“ Anzahl von Rechtsprechung und Literatur eine hinreichende Klarheit sowie Rechtssicherheit bei der Kapitalisierung. Die Entscheidungen der Judikative sowie die Kommentierungen und Aufsätze haben zwar eine Vielzahl von Fallkonstellationen zum Gegenstand und sehen Handlungsanweisungen für die Kapitalisierungspraxis vor; eine rechtlich fundierte und systematische Auseinandersetzung mit den jeweiligen Frage- und Problemstellungen der Kapitalisierung findet jedoch so gut wie nicht statt. Der Rechtsprechung und Literatur zu der Kapitalisierung nach § 843 Abs. 3 BGB mangelt es weitgehend an einem rechtlich-dogmatischen Unterbau. Es gibt nur wenige Ausführungen, die sich mit dem Personengroßschaden und den daraus resultierenden Schadensersatzansprüchen, insbesondere dem Kapitalisierungsanspruch nach § 843 Abs. 3 BGB, in der gebotenen Tiefe und Sorgfalt auseinandersetzen.

Betrachtet man die Praxis der Regulierung von Personenschäden – sei es auf Basis einer Rente nach § 843 Abs. 1 oder einer Kapitalabfindung nach § 843 Abs. 3 –, so ist eine erhebliche Rechtsunsicherheit festzustellen. Die Voraussetzungen für das „Ob“ und „Wie“ der Kapitalisierung sind nicht hinreichend deutlich vorgegeben.

Der Kapitalisierungsanspruch gemäß § 843 Abs. 3 BGB räumt dem Geschädigten die Möglichkeit ein, seinen erlittenen Schaden durch eine einmalige Zahlung ein für alle Mal ausgeglichen bzw. kompensiert zu bekommen. Die Dimensionen eines solchen Schadensersatzanspruches auf Kapitalisierungsbasis können erheblich sein. Es ist durchaus möglich, dass im Falle eines noch jungen Opfers der zu gewährende Schadensersatz einen Betrag im sechs- bzw. siebenstelligen Bereich erreicht. Allein dieser Umstand dürfte jedoch eine Erklärung dafür liefern, aus welchen Gründen bei der Kapitalisierung so vehement und kontrovers zwischen den Parteien und deren Vertretern gestritten wird. Allein die betragsmäßige Größenordnung der Kapitalabfindung nach § 843 Abs. 3 BGB sollte es gebieten, dem Geschädigten sowie den sonstigen an der Schadensregulierung beteiligten Personen eine größtmögliche Rechtssicherheit und Gerechtigkeit bei der Kapitalisierung zur Verfügung zu stellen.

Die derzeitige Auslegung und Anwendung des § 843 Abs. 3 BGB führt zu Ergebnissen in der Schadensregulierung, die als unzutreffend, unterdimensioniert und unausgewogen zu bezeichnen sind. In einer Vielzahl von Fällen beruhen die ← 2 | 3 → Regulierungsergebnisse auf einer mangelnden und unzureichenden Aufklärung des Geschädigten. Das Opfer ist sich der Tragweite und Bedeutung sowie der Vor- und Nachteile seiner Entscheidung – den Schadensersatzanspruch in Form einer einmaligen Kapitalabfindung zu beanspruchen – in den allermeisten Fällen leider nicht bewusst. Auf Seiten der Geschädigten und deren Interessenvertretern sind hinsichtlich der spezifischen Probleme der Kapitalisierung erhebliche Erkenntnisdefizite auszumachen, was zur Folge hat, dass das „Feld der Kapitalisierung“ vornehmlich den Versicherern überlassen ist1.

Des Weiteren ist die Feststellung gerechtfertigt, dass die Kapitalisierung für viele Beteiligten und Rechtsanwender „ein Buch mit sieben Siegeln darstellt“. Weder die Rechtsprechung noch die Literatur sowie die praktizierte Schadensregulierung haben bislang dazu beigetragen, dass dieses „Siegel“ in angemessener Weise „geöffnet“ wird. Darüber hinaus sind die auf Kapitalisierungsbasis zuerkannten Schadenersatzansprüche einer gerichtlichen Überprüfung und Kontrolle weitgehend entzogen. Entweder, weil die Relevanz der Vorschrift des § 843 Abs. 3 BGB nicht erkannt oder weil sie von den jeweiligen Rechtsanwendern nicht zutreffend ausgelegt und angewandt wird. Der von Juristen gerne bemühte Rat an den Laien, einen schlichten „Blick ins Gesetz“ zu werfen, um der Wahrheit näher zu kommen, hilft an der Stelle ebenfalls nicht weiter. Das Gesetz liefert keine hinreichenden Erkenntnisse darüber, ob und in welcher Weise zu kapitalisieren ist.

Die Kommentierung und Literatur zu § 843 Abs. 3 BGB tragen letztlich ebenfalls nicht dazu bei, dem Rechtssuchenden eine hinreichende Klarheit und verbindliche Handlungsanweisungen für die praktische Rechtsanwendung an die Hand zu geben. Dieser Mangel an Erkenntnissen steht in einem krassen Missverhältnis zu dem konkreten Bedürfnis der beteiligten Personen, den zugrundeliegenden Personenschaden einer gleichermaßen zutreffenden wie angemessenen Schadensregulierung zuzuführen. Um dieser Rechtsunsicherheit entgegenzuwirken, sind rechtliche Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.

B. Methodenwahl – Der konzeptionelle Ansatz/der Gang der Untersuchung

Die Diskrepanz zwischen dem gestellten Anspruch an die Vorschrift des § 843 Abs. 3 BGB (= Rechtssicherheit und angemessene Schadensregulierung) und der Rechtswirklichkeit (= Rechtsunsicherheit und unangemessene Schadensregulierung) gilt ← 3 | 4 → es aufzulösen – und zwar im Wege einer rechtlich-dogmatischen Analyse des § 843 Abs. 3 BGB.

Hierbei handelt es sich um das primäre Anliegen der Arbeit.

Das vorstehend beschriebene Missverhältnis zwischen Anspruch und Rechtswirklichkeit dürfte zum einen dem Anspruchsgegenstand geschuldet sein: dem Kapitalisierungsanspruch nach § 843 Abs. 3 BGB sind tatsächliche wie rechtliche Schwierigkeiten immanent. Zum anderen ist die Rechtsunsicherheit sicherlich auch das Ergebnis einer „zögerlichen“ richterlichen Rechtsfortbildung und einer unter Umständen nicht konsequent genug agierenden Rechtsprechung und Literatur.

Bei der rechtlich-dogmatischen Analyse des Kapitalisierungsanspruches nach § 843 Abs. 3 BGB steht die These im Vordergrund, dass die derzeit praktizierte Anwendung und Auslegung des § 843 Abs. 3 BGB,

welche das Tatbestandsmerkmal des „wichtigen Grundes“ im Sinne des § 843 Abs. 3 BGB restriktiv auslegt und

innerhalb der Vorschrift des § 843 BGB ein Regel-Ausnahme-Verhältnis erkennt, unzutreffend ist.

Die Arbeit geht der Frage nach, ob dem Anliegen des Gesetzes sowie den Interessen der Rechtsanwender durch eine anderweitige Auslegung und Anwendung des § 843 Abs. 3 BGB mehr gedient wäre und ob eine Änderung der Auslegungs- und Anwendungspraxis des § 843 Abs. 3 BGB aus rechtlichen Gründen sogar geboten sein kann. Dies gilt es nachfolgend zu untersuchen und gegebenenfalls in Bezug auf § 843 Abs. 3 BGB neu zu justieren, um insoweit eine rechtsdogmatische Grundlage für eine abgeänderte Auslegungs- und Anwendungspraxis zu schaffen.

Die Untersuchung setzt sich mit den Frage- und Problemstellungen der Kapitalisierung anhand einer ausführlichen rechtlich-dogmatischen Analyse der Vorschrift des § 843 Abs. 3 BGB unter sorgsamer Auswertung der Rechtsprechung sowie der Literatur auseinander.

Der Gang der Untersuchung wird letztlich durch die benannten Schwächen des aktuellen Rechtszustandes vorgegeben. Sie fühlt sich dem Ziel verpflichtet, die Wertungsgrundlagen des Kapitalisierungsanspruches möglichst präzise offenzulegen.

Folgende Frage- und Problemstellungen bilden den zentralen Gegenstand der Untersuchung:

Was versteht man unter einer Kapitalisierung?

Wie gestaltet sich die Rechtswirklichkeit im Hinblick auf § 843 Abs. 3 BGB (Status quo in der Rechtspraxis)?

← 4 | 5 → Unter welchen Voraussetzungen steht dem Geschädigten ein Anspruch auf Kapitalisierung gemäß § 843 Abs. 3 BGB zur Seite?

Steht die Norm des § 843 Abs. 3 BGB in einem europarechtlichen Kontext?

Welche Rechtsfolgen werden bei einer Kapitalisierung nach § 843 Abs. 3 BGB ausgelöst?

In welcher Form kann der Kapitalisierungsanspruch geltend gemacht und durchgesetzt werden?

Besteht ein Bedürfnis für eine gesetzgeberische Intervention?

Die vorstehend genannten Problemstellungen bilden den Ausgangspunkt für den Gang der Untersuchung und die methodische Herangehensweise.

Die Untersuchung gliedert sich in folgende Teile:

In § 2 dieser Ausarbeitung werden die Rechtstatsachen dargestellt, die der Kapitalisierung im Allgemeinen sowie im Besonderen zugrunde liegen. Das Kapitel widmet sich zum einen der tatsächlichen Ausgangssituation bei der Kapitalisierung nach § 843 Abs. 3 BGB und beschreibt sowie bewertet die vorzufindenden Fakten und Gegebenheiten im Rahmen dieser Form der Regulierung des Personenschadens. Zum anderen werden die normative Ausgangssituation betrachtet und die daraus resultierenden Folgen und Erkenntnisse vorgestellt.

Im Rahmen des § 3 wird der Anspruch des Geschädigten aus § 843 Abs. 3 BGB einer eingehenden rechtlichen Überprüfung unterzogen. Neben einer rechtlich-dogmatischen Auslegung der Vorschrift des § 843 Abs. 3 BGB anhand der juristischen Methodenlehre wird die zu § 843 Abs. 3 BGB ergangene Rechtsprechung und Literatur ausgewertet. Diese Teile bilden das Kernstück der Arbeit und sollen aufzeigen, in welches System das Rechtsinstitut der Kapitalisierung eingebettet ist und welche rechtlichen Bewertungen, Intentionen sowie Ziele mit der Vorschrift des § 843 Abs. 3 BGB verbunden sind.

Das sich daran anschließende Kapitel § 4 wirft einen rechtsvergleichenden Blick in andere Rechtsordnungen, um Aussagen darüber treffen zu können, wie in benachbarten europäischen Ländern der Kapitalisierungsanspruch ausgestaltet ist. Die grundsätzlichen Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede werden dargestellt und abschließend bewertet.

Im nachfolgenden Kapitel § 5 widmet sich die Untersuchung dem Einfluss des europäischen Rechts auf die Auslegung und Anwendung des § 843 Abs. 3 BGB – im Zentrum dieses Kapitels steht die Frage, ob die Regelung des § 843 Abs. 3 BGB unter Umständen europarechtswidrig sein könnte.

Die juristisch-methodischen Überlegungen in „§ 3“ werden im Rahmen des § 6 um eine weitere Erkenntnismethode ergänzt: eine „institutionen-ökonomische Analyse“ des § 843 Abs. 3 BGB. Ausgangspunkt für dieses Kapitel ist die Überlegung, dass die Probleme unserer Zeit in hohem Maße durch ökonomische Fragestellungen motiviert sind. Vor diesem Hintergrund wird untersucht, inwiefern es gerechtfertigt und unter Umständen sogar geboten sein könnte, ökonomische Aspekte bei der Auslegung und Anwendung des Rechts heranzuziehen.

Im Rahmen dieses Kapitels werden zum einen die wesentlichen Grundzüge der „ökonomische Analyse des Rechts“ sowie deren rechtssystematischer und rechtspolitischer Stellenwert innerhalb des deutschen Rechtssystems dargestellt und zum anderen werden die konkreten Konsequenzen der „ökonomischen Analyse des Rechts“ im Hinblick auf die Vorschrift des § 843 Abs. 3 BGB untersucht. Die Untersuchung bezieht dazu Stellung, ob die tradierte juristische Methodenlehre um ein weiteres Auslegungskriterium – das der „ökonomischen Effizienz“ – zu erweitern ist und unter welchen Voraussetzungen die Vorschrift des § 843 Abs. 3 BGB effizient ausgestaltet wäre.

Das Kapitel § 7 widmet sich den Untersuchungsergebnissen im Hinblick auf die rechtlich-dogmatische Auslegung und ökonomische ← 5 | 6 → Analyse des § 843 Abs. 3 BGB. Es werden die Konsequenzen der juristisch-ökonomischen Analyse und das Gesamtergebnis im Hinblick auf die Auslegung und Anwendung des § 843 Abs. 3 BGB dargestellt.

Der § 8 beinhaltet eine Auseinandersetzung mit den Rechtsfolgen des § 843 Abs. 3 BGB. Im Rahmen dieses Kapitels wird der Frage nachgegangen, „wie“ der Kapitalisierungsanspruch geltend zu machen ist. Im Fokus der Betrachtung steht insbesondere die Rechtsfrage, ob der § 843 Abs. 3 BGB eine einheitliche Geltendmachung des Kapitalisierungsanspruchs vorschreibt bzw. dem Geschädigten mit Blick auf den intendierten Gesetzeszweck einen Anspruch auf eine Teilkapitalisierung einräumt. Im Weiteren beschäftigt sich das Kapitel damit, wie der Kapitalisierungsanspruch zu berechnen ist, welche Berechnungsparameter anzusetzen sind und wie diese grundsätzlich ausgestaltet sein müssen. Aus Sach- bzw. Raumgründen beschränkt sich dieser Teil der Ausarbeitung jedoch im Wesentlichen auf die Darstellung der Problematik, welcher Kapitalisierungszinsfuß im Rahmen der Berechnung des Kapitalbetrages anzusetzen ist.

Im Rahmen des § 9 werden die rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Geltendmachung und Durchsetzung des Kapitalisierungsanspruches dargestellt. Das Kapitel stellt dar, welche prozessualen Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf § 843 Abs. 3 BGB bestehen und welche sonstigen prozessualen Vorgaben einzuhalten und zu beachten sind. Innerhalb dieses Kapitels ist der Fokus auf spezielle Frage- und Problemstellungen gerichtet, die bei der Geltendmachung und Durchsetzung des Kapitalisierungsanspruches eine zentrale ← 6 | 7 → Bedeutung einnehmen. Des Weiteren widmet sich dieses Kapitel der Frage, inwieweit die ratio der materiellen Norm auf verfahrens- und prozessrechtliche Vorgaben „durchschlägt“ und somit die konkrete Geltendmachung und Durchsetzung des Kapitalisierungsanspruches beeinflusst.

In § 10 werden abschließend die gewonnenen Untersuchungsergebnisse zusammenfassend und anhand von Kernthesen dargestellt und ein Ausblick über die mögliche Gestaltung und Handhabung des Kapitalisierungsanspruches gemäß § 843 Abs. 3 BGB in der Rechtspraxis vorgestellt. Insbesondere wird dazu Stellung bezogen, ob es einer Intervention des Gesetzgebers im Hinblick auf die Vorschrift des § 843 Abs. 3 BGB bedarf und welchen Wortlaut eine solche Regelung – „de lege ferenda“ – haben könnte. ← 7 | 8 →

___________

1 Schah Sedi/Schah Sedi, § 6 Rn. 2.

← 8 | 9 → § 2 Rechtstatsachen

Das nachfolgende Kapitel stellt die tatsächlichen Grundlagen und Gegebenheiten der Vorschrift des § 843 Abs. 3 BGB dar und zeigt dabei auf, in welchen Spannungs- und Problemfeldern die Regelung verortet ist.

A. Die allgemeine Problemstellung: Der Personenschaden in der Unfallschadensregulierung

I.Grundsätzliches

1. Was ist unter einem Personenschaden zu verstehen? Wie wird dieser erfasst?

Die Bezifferung von Ansprüchen, die aus einem Personenschaden resultieren, insbesondere deren Kapitalisierung, gehört zu einem der kompliziertesten und in weiten Teilen nicht abschließend definierten Themenkomplexen im Bereich des Personenschadensrechts. Die hierbei auftretenden Probleme und die dazu vertretenen Rechtspositionen sowie Lösungsmöglichkeiten sind mannigfaltiger Natur und zum Teil von erheblichen Meinungsunterschieden geprägt.

Im Rahmen der Bezifferung und Geltendmachung des Kapitalisierungsanspruches werden nicht nur rechtliche, sondern auch eine Vielzahl von tatsächlichen Fragestellungen aufgeworfen und Problemlösungen gefordert, die ein erhebliches Konfliktpotential beinhalten.

Die auftretenden Probleme betreffen grundsätzlich alle an einem Schadensfall beteiligten Parteien; sowohl den Schädiger und den zumeist dahinterstehenden Versicherer als auch die infolge des Unfalles geschädigte Person. Sämtliche vorgenannten Beteiligten stehen in gleichem Maße vor der Schwierigkeit, die Schwere von Verletzungen und deren Folgen in tatsächlicher Hinsicht zutreffend zu erfassen, einzuschätzen und diese Gegebenheiten im Rahmen einer rechtlichen Bewertung sodann der Sach- und Rechtslage entsprechend angemessen zu bewerten.

← 9 | 10 → Angesichts der Vielzahl an denkbaren Konstellationen von Unfällen und Ereignissen, die zu einem Unfall mit Personenschaden führen können, wird im Rahmen dieser Ausarbeitung eine gewisse Begrenzung vorgenommen. Im Blickfeld der zugrundeliegenden Ausarbeitung steht vornehmlich die Regulierung von Personenschäden auf Kapitalisierungsbasis in Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall.

Der Rahmen, in welchem die tatsächlichen sowie rechtlichen Fakten geklärt und einer umfassenden Lösung zugeführt werden, kann als Unfallschadenregulierung bezeichnet werden. Unter der Unfallschadenregulierung wird gemeinhin die Geltendmachung von Ansprüchen für Geschädigte verstanden, die bei einem Straßenverkehrsunfall einen Schaden erlitten haben2.

Der zur Regulierung stehende Schaden setzt sich zusammen aus den Ansprüchen, die aus der Beschädigung des Fahrzeuges – dem Sachschaden – herrühren und den Ansprüchen, die aus der Verletzung der Person und deren Folgen resultieren – dem sogenannten Personenschaden.

Die Problematik der Kapitalisierung stellt sich vornehmlich bei solchen Verletzungen, die zu schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit bleibenden Verletzungsfolgen geführt haben, z. B. bei Schädel-Hirn-Traumata oder bei Plegien.

Bei Unfällen mit solch schweren Verletzungen und dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen hat sich in der Praxis sowie der einschlägigen Literatur der Begriff des „Personengroßschadens“ etabliert. Als Definition könnte aus meiner Sicht die Formulierung gewählt werden, dass der Personenschaden die Durchsetzung und Abgeltung der Ansprüche umfasst, die auf die unfallbedingt erlittenen Körperverletzungen zurückzuführen sind und zu nachhaltigen sowie dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen geführt haben.

Den tatsächlichen Ausgangspunkt für die Regulierung des Personenschadens bildet somit der Verkehrsunfall, der auf einer verletzenden Handlung beruht und einen Schaden verursacht hat. Bei dieser grundsätzlichen, tatsächlichen Betrachtung des Unfallgeschehens ist es zunächst irrelevant, ob die verletzende Handlung in rechtlicher Hinsicht später der deliktischen Haftung oder der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung zuzuordnen ist.

Die Dimensionen eines Unfalles mit Personenschaden und der daraus erwachsenen Folgen werden in dem veröffentlichten Meinungsspektrum sehr verkürzt und undifferenziert dargestellt. Die in den allgemeinen Medien zu einem Unfallereignis erscheinenden Nachrichten tendieren zum Beispiel dazu, die aus einem Unfallereignis resultierenden Konsequenzen, insbesondere die tatsächlichen ← 10 | 11 → sowie wirtschaftlichen Belastungen für die geschädigte Person, die Unfall- und Sozialversicherungsträger und die Allgemeinheit, zu bagatellisieren. In den Nachrichtenmeldungen wird das Unfallereignis zumeist auf die lapidare Formulierung beschränkt, dass „sich ein schwerer Unfall ereignet“ habe und „der Sachschaden sich auf eine Summe in einem höheren fünfstelligen Bereich“ beliefe. Auch die Polizei stellt den Sachschaden im Rahmen ihrer Unfallaufnahme in den Fokus der polizeilichen Tätigkeit und erwähnt den mit dem Unfallereignis verbundenen Personenschaden eher beiläufig, so dass daraus der Schluss gezogen werden könnte, dass diesem Schaden nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Der in tatsächlicher, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht für alle Beteiligten sowie die Allgemeinheit weitaus bedeutsamere und problembehaftete Personenschaden wird entweder gar nicht oder nur in verkürzter Form und ausgesprochen undifferenziert dargestellt.

Vielfach beschränkt sich die allgemeine mediale Wahrnehmung darauf, „voyeuristisch“ über die Tragik des Unfalles in emotionaler Hinsicht und im Wege einer Momentaufnahme zu informieren. Eine ganzheitliche und dezidierte Berichterstattung über das Unfallereignis und die daraus erwachsenen Folgen findet so gut wie nicht statt. Dies hat zur Folge, dass die tatsächliche, wirtschaftliche und rechtliche Tragweite sowie die damit einhergehenden Konsequenzen keiner adäquaten Betrachtung und Auswertung zugeführt werden. Die aus einem Unfallereignis resultierenden Folgen für den Betroffenen und die Allgemeinheit bleiben der breiten Öffentlichkeit somit weitgehend unbekannt.

Eine vergleichbare Beobachtung ist im Hinblick auf fachspezifische Publikationen zu machen. Auch in der Fachliteratur ist ein gewisser Mangel an fundierten Auswertungen, Statistiken und Stellungnahmen zu der Regulierung von Personenschäden festzustellen. Ausarbeitungen, die den Personenschaden in all seinen Facetten ganzheitlich betrachten, empirischen auswerten und bewerten, sind nur spärlich vorhanden und bilden die Ausnahme.

Des Weiteren ist bei diesen Ausarbeitungen stets zu hinterfragen, auf welcher Grundlage respektive welcher empirischen Basis die Daten erfasst und welche Parameter der jeweiligen Studie letztlich zugrunde gelegt wurden. Einheitliche, verbindliche Standards und Vorgaben für die Erhebung und Auswertung von Daten sind nicht vorhanden. Darüber hinaus ist bei den einzelnen Auswertungen die Herkunft sowie berufliche Tätigkeit des Autors zu berücksichtigen, um den Aussagegehalt der Studie im Hinblick auf Objektivität und Neutralität zutreffend zu hinterfragen und verifizieren zu können.

Bei den vorhandenen empirischen Studien und Erhebungen zum Personenschaden handelt es sich weitgehend um kaum nachprüfbare Datenerhebungen, die an ← 11 | 12 → sich nicht geeignet sind, um daraus verbindliche Aussagen über die Regulierung von Personenschäden ableiten zu können. Letztlich handelt es sich nur um Annäherungslösungen. Diese Erkenntnis ist an sich sehr verwunderlich, da die tatsächlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen eines Personenschadens für den Geschädigten, den eintrittspflichtigen Schädiger bzw. den dahinterstehenden Versicherer sowie die gesamtwirtschaftlichen Belastungen ein erhebliches und immenses Ausmaß aufweisen.

Nicht nur für die schwerstverletzte Person, die in ihrer gesundheitlichen wie persönlichen und beruflichen Situation vehement beeinträchtigt ist, stellt das Unfallereignis ein einschneidendes Ereignis dar, sondern auch die Allgemeinheit sowie die Unfall- und sonstigen Sozialträger werden mit erheblichen wirtschaftlichen Kosten belastet. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die schwerstgeschädigte Person als Bestandteil einer Wertschöpfungskette „ausfällt“ und sich dieser „Ausfall“ somit zugleich als eine volkswirtschaftliche Belastung und als ein gesamtwirtschaftlicher Wertverlust auswirken.

Die Träger der Unfallkosten sind neben dem unmittelbaren Schädiger, die öffentlichen und privaten Versicherer, die gesetzlichen sowie privaten Unfallversicherer, Kranken- und Pflegeversicherer. Darüber hinaus sind die Haftpflichtversicherer sowie die gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand zu den Unfallkostenträgern zu zählen.

Im Hinblick auf die in wirtschaftlicher Hinsicht erwachsenen Folgen sind verschiedene Komponenten bei der Kostenrechnung eines Unfalles zu berücksichtigen:

Hierzu gehören zum einen die Kosten, die im Rahmen der medizinischen Betreuung der Unfallopfer durch die ambulante und stationäre Behandlung entstehen. Diese umfassen nicht nur die ambulanten und stationären Leistungen, die in Krankenhäusern anfallen, sondern vielmehr auch die Ressourcenausfallkosten, welche dadurch entstehen, dass das Unfallopfer während der Zeit der Behandlung arbeitsunfähig ist.

Darüber hinaus sind bei der Bewertung von Unfallkosten die nachstehenden, exemplarisch aufgelisteten Kostenparameter3 einzubeziehen:

Krankentransportkosten, also die Kosten, die beim Transport des Unfallopfers sowie des behandelnden medizinischen Personals entstehen, z. B.: die Kosten für den Rettungshubschrauber, den Rettungswagen sowie die Notarzteinsatzfahrzeuge;

← 12 | 13 → Kosten der Heil- und Nachbehandlung: Hierzu gehören alle Kosten für Maßnahmen, die den medizinischen Behandlungsprozess des Unfallopfers unterstützend begleiten;

Hilfsmittel: Als Hilfsmittel werden Sachleistungen bezeichnet, die erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen;

Förderungsmaßnahmen: Hierunter fallen alle Maßnahmen, die dazu dienen, ein Unfallopfer wieder in das berufliche Leben zu integrieren. Förderungsmaßnahmen können sowohl der Reintegration in das bisherige berufliche Tätigkeitsfeld des Verunglückten als auch dem beruflichen Neubeginn des Unfallopfers dienen, damit das Unfallopfer in einem Beruf arbeiten kann, der behindertengerecht ausgestaltet und angepasst ist;

Rehabilitation: Unter Rehabilitationskosten werden alle Maßnahmen der medizinischen Folgebehandlung in Rehabilitationszentren nach einem stationären Aufenthalt verstanden;

Pflege und Betreuung: Als pflegebedürftig gilt derjenige, der bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens dauerhaft, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße auf Hilfe angewiesen ist. Die Kosten der Pflegebedürftigkeit richten sich hierbei nach dem Zeitaufwand, der wöchentlich im Tagesdurchschnitt für die Grundpflege (Körperpflege, Ernährung und Mobilität), die Betreuung sowie die hauswirtschaftliche Versorgung durch eine pflegende Person notwendig ist;

Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE, Verdienstausfall, entgangener Gewinn): Nicht-Zur-Verfügung-Stellung der Arbeitskraft, Ausfall als Mitglied der Wertschöpfungskette;

Kosten für ärztliche Gutachten;

Kosten der Polizei: Verkehrsunfälle verursachen einen erheblichen Arbeitsaufwand für die Polizei, neben dem unfallbedingten Personaleinsatz und dessen Kosten sind auch die Kosten der einzusetzenden Sachmittel zu berücksichtigen;

Kosten der Rechtsprechung: Insbesondere Straßenverkehrsunfälle verursachen bei den Gerichten einen erheblichen Arbeitsaufwand und Kosten für Sachmittel;

Verwaltungskosten der Versicherer: Neben den eigentlichen Versicherungsleistungen entstehen bei den Versicherern erhebliche Betriebs- und Verwaltungskosten aufgrund der Bearbeitung von Verkehrsunfälle;

Neubesetzungskosten: In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass Geschädigte an ihrem bisherigen Arbeitsplatz ausfallen. Hierdurch entstehen ← 13 | 14 → Kosten der Neubesetzung. Diese ergeben sich vor allem aus der Anwerbung, Ausbildung und Einarbeitung der neuen Arbeitskräfte;

Details

Seiten
XXVIII, 505
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653025231
ISBN (ePUB)
9783653998788
ISBN (MOBI)
9783653998771
ISBN (Hardcover)
9783631627051
DOI
10.3726/978-3-653-02523-1
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (Juni)
Schlagworte
Gebührenstreitwert wichtiger Grund Abfindung Kapitalisierung
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. XXVIII, 505 S., 3 Tab., 34 Graf.

Biographische Angaben

Jan Mittelstädt (Autor:in)

Jan Mittelstädt studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Göttingen, Potsdam und Berlin. Er promovierte an der Humboldt-Universität zu Berlin und ist als Rechtsanwalt in Hamburg tätig.

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