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Krieg – eine unendliche Geschichte

von Dieter Geiß (Autor:in)
©2014 Monographie 154 Seiten

Zusammenfassung

Krieg ist eine der Universalien der Weltgeschichte. Das Buch skizziert allgemeine historische Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und verschiedene Arten von Kriegen sowie die Ambivalenz von Kriegen zwischen Zerstörung, Kriegsverbrechen und «Fortschritten» im Gefolge der Ereignisse. Anhand der Kriege im Verlaufe der europäischen Revolutionen des 17.–19. Jahrhunderts, des Ersten und Zweiten Weltkrieges sowie Kriegen mit religiösen Hintergründen gibt die Arbeit einen knappen Überblick über Kriege in der Weltgeschichte.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort
  • Editorische Vorbemerkung
  • Krieg – eine unendliche Geschichte
  • 1. Historische Voraussetzungen und Rahmenbedingungen
  • Macht und Staaten: Die Dialektik von Innen und Außen
  • Die drei großen Lebensstufen ("Regime" nach Fred Spier)
  • "Chaos" und Machtvakuen: Vorformen des Krieges vor der Zivilisation
  • Zivilisatorisch-imperiale Machtzentren und ihre Randkulturen
  • Kriterien der Macht: Quantität und Qualität
  • Macht-, Gesellschafts- und Prestigegefälle
  • Reziproke Quantitäten und Qualitäten über Kreuz – Russen und Deutsche
  • Vertikale und horizontale Dimensionen der Macht: Pyramide und konzentrische Kreise
  • Souveränität und Autonomie: Komplikationen direkter und indirekter Herrschaft
  • "Pax Imperialis": Die Dialektik von Krieg und Frieden erobernder Machtstaaten
  • Moderne Folgen des Aufstiegs von erkämpfter Autonomie zur Souveränität
  • 2. Spektralanalyse des Krieges
  • Alte und neue Unterscheidungsmerkmale
  • Grenzkriege – Grenzmarken und "wandernde frontiers"
  • Nomadenkriege
  • Reichsgründungs- und Reichszerfallkriege: Postimperiale Nachfolgekriege
  • Kriegsgründe: "Pleonexia" als "Wille zur Macht"
  • Aufstände
  • Bürgerkriege
  • 3. Moderne Revolutionen und ihre Kriege
  • "Abfall der Niederlande von Spanien" (Schiller), 1567–1648: Aufstand oder Revolution?
  • Die Englische Revolution 1640–60, 1688/89
  • Abfall der nordamerikanischen Kolonien: Amerikanische Revolution 1775-83
  • Französische Revolution und ihre Kriege 1792–1815
  • Zwei gescheiterte Kalküle: Metternich und Mazzini, 1815–1856
  • Russlands Kriege und Revolutionen, 1814/25–1914/17
  • 4. Ambivalenzen des Krieges – Methoden und Folgekosten.
  • "Fortschritte" durch Kriege
  • Dialektik von Kriegszielen und Kosten – finanziell-moralische Selbstzerstörung
  • Die doppelte Sieg-Niederlage-Dialektik: "Et semper respice finem!"
  • Krieg und Sklaverei
  • Kriegsverbrechen – ethnische Säuberungen, Massaker, Genozide
  • Bündnisse und Gegenbündnisse: Das Machiavell-Syndrom
  • 5. Eingehegter Krieg in Europa ca. 1700–1914 und sein Ende im totalen Krieg
  • Der Erste Weltkrieg als „falscher Krieg“
  • Reale Möglichkeiten des Großen Krieges vor 1914
  • Der deutsche Weg in den Weltkrieg: Vom deutschen Bund zur Weltpolitik, 1815–1914
  • Außenstehende jenseits der entscheidenden Großmächte zum Großen Krieg
  • Der Zweite Weltkrieg und Nachfolgekriege, 1945–2010
  • Die Neuen Kriege
  • 6. Heilige Kriege: Mythische Vergangenheit und apokalyptische Endzeit-Zukunft
  • Heilige Kriege der Vergangenheit
  • Kriege des Islam –"dharb" und "jihad" (Heiliger Krieg)
  • Historische Einordnung des "Jihad"
  • 7. Vom Heiligen zum Kosmischen Krieg: Der Nahostkonflikt als Armageddon
  • Der Nahostkonflikt seit 1919 – Israel als neo-imperialer Nationalstaat
  • Von Zion zu Armageddon
  • Rückblick und Ausblick
  • Anmerkungen
  • Reihenübersicht

Vorwort

Als Imanuel Geiss jenen Wiener Vortrag 2008 hielt, aus dem dieses Buch hervorging, lag unser beider gemeinsamer Münchner Studentensommer schon mehr als ein halbes Jahrhundert zurück. Geiss hatte in Bremen nur noch vier Jahre zu leben, ich war aus mehreren ostsibirischen Johann-Gottfried-Herder-Professuren nach Berlin zurückgekehrt. Mit dem fünf Jahre Älteren, 1955 schon untypisch provokant bei aller Gründlichkeit, hatte mich damals ein gemeinsames Studieninteresse in langen Gesprächen zusammengeführt. Globaler Spracherwerb, Kulturwissenschaften: sein Übersetzer- und Dolmetscherstudium am Auslandsinstitut der Universität Mainz in Germersheim war bereits beendet, als ich es dort (nach einem Sommersemester am Sprachen- und Dolmetscher-Institut Dr. Paul Schmidt in München) fortsetzte. Aber vor allem: wir belegten beide Kurse und Vorlesungen an der Münchner Hochschule für politische Wissenschaften e.V. Ungeachtet der späteren getrennten Wege und unserer beider mit oft abenteuerlichen Fallstricken und Kontroversen gespickten universitären Lebenswege verband uns ein lebenspraktisches und -theoretisches Engagement: die Vermittlung von „Aufklärung“ als politischer Bildung. Man stelle sich vor: In einem damals noch völlig restaurativ-apolitischen, historisch „braun“ konnotierten München, von dessen „republikanischer“ Vergangenheit nach dem Ersten Weltkrieg niemand mehr sprach, wo der Chefdolmetscher des „Dritten Reichs“ – Dr. Paul Schmidt – nach 1945 besagtes Institut gegründet hatte, hielt im großen, überfüllten Auditorium der Universität Romano Guardini seine Vorlesung „Die Lebensalter“, ohne bei „der Erfahrungskrise der Zwanzigjährigen“ einen gerade zehn Jahre zurückliegenden Vernichtungskrieg als solchen auch nur zu erwähnen. In den Biergärten war ein übles Gebräu nun zwar Geschichte und auch die in die Isar geflossene Asche längst vergangen, aber für uns Kriegskinder erwuchs daraus eine Verpflichtung – noch mehr oder weniger unbewusst in der Lebensneugier verborgen: Wir stellten uns eine ← 9 | 10 →streitbare Zukunft vor und besiegelten sie mit dem Eintritt in den damals schon sehr „hippen“ sozialistischen deutschen Studentenbund.

Dann verloren wir uns aus den Augen für immer, aber nicht aus dem Sinn. Meine Carl Einstein-Studien (1969ff.) waren das uns ab und zu verbindende Glied als politische, ästhetisch-theoretische „Spektralanalyse“, der Geiss u.a. mit einem Widmungsexemplar seines Aufsatzes in der Beilage von „Das Parlament“ zu den Riezler-Tagebüchern (1972) begegnete. Seine Verdienste um die Kriegsschuldthese seines Lehrers Fritz Fischer zehn Jahre zuvor waren damit untermauert und Allgemeingut der Forschung geworden. Alfred Heuss, Percy Ernst Schramm, Albrecht Schöne hatten indes mich geprägt, Franz Schnabel ihn, und Geiss´ Dictum im vorliegenden Buch kann ich nur beipflichten: „Erst im lebenslänglichen Studium der Geschichte gingen die Augen über, wie viel die Alten schon wußten.“ Geiss erweist sich seinerseits als – streitbarer – „Polyhistor“ neuester Schule im globalen Spektrum. Als Gründungssenatsmitglied der Reformuniversität Bremen, dessen Vorsitzender, der Göttinger Germanist Walter Killy, seinerzeit gerade das Handtuch geworfen hatte, fügt sich sein Engagement zu internationaler Kriegsgeschichte heute gut ein in aktuelle Großprojekte gemeinschaftlich arbeitender Kollegen, etwa in der Aufschlüsselung von exemplarischen Sektoren der Universalgeschichte (Akira Iriye/Jürgen Osterhammel, 2012). Diskursanalytisch wäre an Bernd Hüppaufs umfängliche und gründliche Kulturgeschichte des Krieges zu denken („Was ist Krieg?“ 2013) oder an das Sonderheft der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft „Sinnkriterien der Gewalt“ (Jahrgang 61, Heft 7/8, 2013). Den politisch-polemischen Geiss bekommt sofort ins Visier, wer auf 1968 mit Marshall McLuhan u.a. zurückblickt („Krieg und Frieden im globalen Dorf“, Hg. Karlheinz Barck/Martin Treml, 2011).

Im Zusammenhang mit dem „Jahrhundertereignis“ Erster Weltkrieg urteilt Volker Ullrich, einst enragierter Geiss-Widersacher im „Historikerstreit“, nun vergleichsweise ausgeglichener in der „ZEIT“ (Nr. 4, 2014) und benennt auch erstmals den verdienten und verdienstvollen ← 10 | 11 →Kontext mit 1968. Gegen Clarks „Schlafwandler“ positioniert sich, ebenfalls pro Geiss, an führender Stelle Jörn Leonhard mit „Die Büchse der Pandora“ (2014) und in einer wichtigen Rezension John Röhl (Universität Sussex) in der „ZEIT“ 22. Mai 2014. Hinzu kommt die voluminöse Quellenarbeit des ehemaligen Direktors am Heeresgeschichtlichen Museum in Wien, Manfried Rauchensteiner, „Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie“ (2013) – bisher viel zu wenig beachtet.

Was bleibt zu wünschen übrig?

Kultur und Krieg nach Sigmund Freuds Brief an Albert Einstein (1932) und John Keegan, „Die Kultur des Krieges“ (1995) sind immer noch so aktuell wie jemals: z.B. zum Ersten Weltkrieg Willy Momm (Hg.) zur Rolle der Intellektuellen (1996) oder Peter Walther (Hg.), „Endzeit Europa“ (2008).

„Den psychischen Einstellungen, die uns der Kulturprozeß aufnötigt, widerspricht nun der Krieg in der grellsten Weise, darum müssen wir uns gegen ihn empören, wir vertragen ihn einfach nicht mehr (…). Und zwar scheint es, dass die ästhetischen Erniedrigungen des Krieges nicht viel weniger Anteil an unserer Auflehnung haben als seine Grausamkeiten.“ (Sigmund Freud, „Warum Krieg?“ Wiesbaden 2010, S. 126) Seit Ernst Jüngers Tagebuch (1949) gibt es dazu – leider – auch die andere Seite der Medaille. Schnödes Geschäft – Bert Brecht hat es auf die Bühne gebracht: Es wäre Quellenarbeit für Jahrzehnte. (1933 wurde Otto Lehmann-Rußbüldt dafür umgehend ausgebürgert.) Krieg und Krankheit sind gleichfalls eine unendliche Geschichte seit Sigmund Freuds Analysen zu den „Zitterern“ (und Schlimmerem angesichts des legendären mittelalterlichen Burg Schnellert-Geisterzuges, immer zu Kriegsausbruch und bei Kriegsende in Süd-Hessen, quellenkundlich bezeugt bei den Brüdern Grimm (siehe auch Werner Bergengruen, „Burg Rodenstein“). ← 11 | 12 →

Traumatisierte Drohnen des 21. Jahrhunderts? Alles scheint möglich.

Sollte die Weltgeschichte des „klassischen“ Soldaten doch irgendwann an ihr Ende kommen (vgl. Wolf Schneider, 2014), dann wird man an den Beginn des Ersten Weltkriegs in Schlagworten denken: „Serbien muss sterbien“ und an eine Österreicherin:

Ingeborg Bachmanns „Alle Tage“, nach dem Zweiten Weltkrieg:
Der Krieg wird nicht mehr erklärt,
sondern fortgesetzt. Das Unerhörte
ist alltäglich geworden. Der Held
bleibt den Kämpfen fern. (…)

(Unser gemeinsamer Zeitgenosse, Peter Rühmkorf, in: „Die Jahre die Ihr kennt. Anfälle und Erinnerungen“. 1972, S. 101).

Berlin, Juli 2014

Details

Seiten
154
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653020250
ISBN (ePUB)
9783653999204
ISBN (MOBI)
9783653999198
ISBN (Paperback)
9783631626238
DOI
10.3726/978-3-653-02025-0
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (Oktober)
Schlagworte
Kriegsursachen Revolutionen Weltkriege Heilige Kriege
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 154 S.

Biographische Angaben

Dieter Geiß (Autor:in)

Imanuel Geiss (1931-2012) war von 1973-1996 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Bremen; Schwerpunkte seiner Arbeit waren die Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges, die Geschichte des Panafrikanismus und Überblickswerke zur Weltgeschichte («Geschichte griffbereit»).

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Titel: Krieg – eine unendliche Geschichte
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