Lade Inhalt...

Mediation als kindgerechtes Verfahren

von Holke-Leonie Doench (Autor:in)
©2015 Dissertation XII, 235 Seiten

Zusammenfassung

Nicht zuletzt durch das Inkrafttreten des Mediationsgesetzes hat das Mediationsverfahren in Deutschland an Bedeutung gewonnen und sich als Methode zur Vermittlung in familiären Konflikten etabliert. Weitestgehend ungeklärt ist jedoch die Rolle des Kindes in der Mediation. Sollte das Kind an der Mediation beteiligt werden? Führt diese zu einer Deeskalation des elterlichen Konfliktes und fördert sie die Wahrnehmung elterlicher Verantwortung? Wie steht es um den Schutz des Kindes in der Mediation? Die Arbeit nimmt sich diesen Fragestellungen an und untersucht das Mediationsverfahren aus dem Blickwinkel des Kindeswohls. Die zentrale Frage, ob das Verfahren kindgerecht ist, wird unter Rückgriff auf empirische Daten und Praxisberichte sowie anhand der Analyse rechtlicher Rahmenbedingungen beantwortet. In einem Leitfaden werden die wesentlichen Ergebnisse praxisgerecht zusammengefasst.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • § 1 Einleitung
  • A. Ausgangslage
  • B. Forschungsziele und Gegenstand der Untersuchung
  • C. Aufbau der Arbeit
  • § 2 Familienmediation
  • A. Mediationsformen und gesetzliche Verankerung
  • B. Wirkungsweise, Grundannahmen und Ziele der Mediation
  • C. Rollen der Beteiligten in der Mediation
  • I. Der Mediator
  • II. Die Medianten
  • III. Die Rechtsanwälte
  • IV. Sonstige Beteiligte
  • D. Ablauf der Familienmediation
  • E. Abgrenzung des Mediationsverfahrens zu anderen Verfahren bei familiären Konflikten
  • I. Gerichtliche Verfahren
  • II. Schieds- und Schlichtungsverfahren
  • III. Außergerichtliche Vergleichsverhandlungen
  • IV. Kooperative Praxis
  • V. Beratung
  • VI. Therapie
  • F. Zusammenfassung
  • § 3 Familien in Trennung und Scheidung
  • A. Familiäre Konflikte bei Trennung und Scheidung
  • I. Konfliktdynamik und hochstrittige Elterntrennungen
  • II. Phasen von Trennung und Scheidung
  • III. Situation der Eltern
  • IV. Situation der Kinder im Konflikt der Eltern
  • B. Zusammenfassung
  • § 4 Kindgerechte Verfahrensgestaltung
  • A. Problemaufriss und Begriffsbestimmungen
  • B. Kriterien für ein kindgerechtes Verfahren
  • I. Einvernehmen als Kriterium?
  • II. Deeskalation
  • 1. Kommunikation
  • 2. Verfahrensgerechtigkeit und Akzeptanz des Ergebnisses
  • III. Förderung von Elternverantwortung
  • IV. Schutz des Kindes
  • V. Kindesbeteiligung
  • C. Zusammenfassung
  • § 5 Das Mediationsverfahren als kindgerechtes Verfahren
  • A. Empirische Nachweise
  • B. Beurteilung des Mediationsverfahrens anhand der erarbeiteten Kriterien
  • I. Deeskalation
  • 1. Kommunikation
  • 2. Verfahrensgerechtigkeit und Akzeptanz des Ergebnisses
  • 3. Fazit zur Deeskalation
  • II. Förderung von Elternverantwortung
  • 1. Elternverantwortung und Autonomie in der Mediation
  • 2. Autonome Konfliktlösung – Bedenken und Kontraindikationen
  • 3. Fazit zur Förderung von Elternverantwortung
  • III. Schutz des Kindes in der Mediation
  • 1. Wächter des Kindeswohls in der Mediation
  • a) Die Eltern
  • b) Der Mediator
  • aa) Möglichkeiten des Mediators zum Schutz des Kindes
  • bb) Information staatlicher Stellen
  • cc) Beratungsmöglichkeiten
  • c) Externe Personen
  • aa) Der Verfahrensbeistand
  • (1) Mitwirken des Verfahrensbeistandes in der Mediation
  • (2) Aufgaben und Befugnisse des Verfahrensbeistandes in der Mediation
  • (3) Vor- und Nachteile des Mitwirkens des Verfahrensbeistandes
  • bb) Das Jugendamt/Die Kinder- und Jugendhilfe
  • cc) Der gerichtlich bestellte Sachverständige
  • dd) Der Ergänzungspfleger
  • ee) Experten
  • ff) Personen aus dem privaten Umfeld
  • gg) Beteiligung des Gerichts und der Rechtsanwälte
  • d) Rechtliche Aspekte bei der Einbeziehung Dritter
  • aa) Das Zustimmungserfordernis
  • (1) Die außergerichtliche Mediation
  • (2) Die gerichtsnahe Mediation
  • (a) Konsequenzen fehlender Zustimmung
  • (aa) Direkte Verweigerung der Zustimmung
  • (bb) Verweigerung der Zustimmung nach Beginn der Mediation
  • (b) Ergebnis
  • (3) Die Mediation im güterichterlichen Verfahren
  • bb) Vertraulichkeit bei der Einbeziehung Dritter
  • (1) Die außergerichtliche Mediation
  • (2) Die gerichtsnahe Mediation
  • (3) Die Mediation im güterichterlichen Verfahren
  • e) Bewertung und Überlegungen de lege ferenda
  • aa) Verpflichtende Einbeziehung eines Dritten
  • bb) Erleichterter Zugang zu externer Hilfe
  • 2. Kontrolle der Abschlussvereinbarung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Kindeswohl
  • a) Die Abschlussvereinbarung in der Familienmediation
  • b) Gerichtliche Kontrolle der Abschlussvereinbarung
  • c) Kontrolle durch die an der Mediation beteiligten Personen
  • aa) Kontrolle der Abschlussvereinbarung durch den Mediator
  • bb) Kontrollpflichten Dritter bezüglich der Abschlussvereinbarung
  • 3. Fazit zum Schutz des Kindes in der Mediation
  • IV. Kindesbeteiligung in der Mediation
  • 1. Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern in der Mediation
  • a) Die direkte Einbeziehung – Child-inclusive Mediation
  • aa) Anwesenheit des Kindes in den Mediationssitzungen
  • bb) Einzelgespräche mit dem Kind
  • (1) Gesprächsführung durch den Mediator
  • (a) Umgang mit dem Inhalt des Gesprächs
  • (b) Vereinbarkeit mit der Rolle des Mediators
  • (2) Gesprächsführung durch einen externen Dritten
  • cc) Zeitpunkt der direkten Einbeziehung des Kindes
  • dd) Beteiligungsfähigkeit des Kindes
  • b) Die indirekte Einbeziehung – Child-focused Mediation
  • 2. Child-inclusive vs. Child-focused Mediation – Erfahrungen und Meinungsbild
  • a) Vor- und Nachteile der direkten und indirekten Kindesbeteiligung
  • b) Erfahrungen und Ergebnisse aus der Praxis
  • c) Schlussfolgerungen
  • 3. Beteiligung trotz Einvernehmen?
  • 4. Anspruch des Kindes auf Beteiligung in der Mediation
  • a) Überlegungen de lege lata
  • b) Überlegungen de lege ferenda
  • 5. Rechtliche Fragestellungen bei der Einbeziehung des Kindes
  • a) Zustimmungserfordernis
  • aa) Bestehen eines Zustimmungserfordernisses
  • bb) Rechtliche Bewertung und Schlussfolgerungen
  • b) Verschwiegenheitspflicht des Kindes?
  • 6. Fazit zur Beteiligung des Kindes in der Mediation und Schlussfolgerungen
  • C. Zusammenfassung
  • § 6 Denkmodelle und Optimierungsmöglichkeiten
  • A. Ausgangslage
  • B. Pflichtmediation
  • I. Einleitung
  • II. Pflichtmediation auf dem Prüfstand
  • 1. Vereinbarkeit mit dem Freiwilligkeitsprinzip
  • 2. Überlegungen zur verfassungsrechtlichen Vereinbarkeit von Pflichtmediation
  • 3. Vor- und Nachteile von Pflichtmediation
  • III. Pflichtmediation in Deutschland ? – Status quo
  • IV. Denkbare Modelle verpflichtender Mediation – Überlegungen de lege ferenda
  • 1. Modelle verpflichtender Mediation
  • 2. Anwendungsbereich und Voraussetzungen einer Einführung eines verpflichtenden Mediationsversuchs
  • V. Fazit zur Pflichtmediation und Regelungsvorschläge
  • C. Rechtsanspruch auf Mediation
  • D. Überblick über weitere Optimierungsmöglichkeiten
  • I. Konfliktmanagement durch Zuweisungssysteme
  • II. Aufklärung, Information und Beratung
  • 1. Angebote für Eltern
  • 2. Angebote für Kinder
  • III. Qualifizierung der professionell Beteiligten
  • IV. Finanzielle Förderung
  • E. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
  • § 7 Regelungsempfehlungen
  • A. Änderungen des Mediationsgesetzes
  • B. Sonstige Gesetzesänderungen
  • C. Regelungsvorschläge für die Einführung eines verpflichtenden Mediationsversuchs
  • § 8 Schluss
  • Anhang – Praxisleitfaden Familienmediation mit Kindern
  • Literaturverzeichnis

§ 1 Einleitung

Seit Inkrafttreten des deutschen Mediationsgesetzes (MediationsG)1 am 26. Juli 2012 sind mittlerweile über zwei Jahre vergangen. Ob der angestrebte Bewusstseinswandel, die Förderung der außergerichtlichen Konfliktbeilegung in dem erwarteten Umfang eintreten wird, bleibt abzuwarten. Die Prognosen hierüber sind geteilt. Mit dem MediationsG wurden viele wesentliche Aspekte der Mediation auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Ein Aspekt, der jedoch keinen Niederschlag im MediationsG gefunden hat, ist die Rolle des Kindes2 in der Mediation. Obwohl die Verwirklichung des Kindeswohls oft als Hauptgrund für deren Inanspruchnahme genannt wird,3 finden sich im MediationsG keine und auch in der Literatur nur vergleichsweise wenige Ausführungen zu der Rolle und den Rechten des Kindes in der Mediation.4 Insbesondere die konkreten rechtlichen Fragestellungen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben, werden im Schrifttum kaum erörtert. Dabei haben sich nicht zuletzt durch das Inkrafttreten des MediationsG und den daraus resultierenden Neuregelungen Abgrenzungs- und Detailfragen von großer Relevanz ergeben. In vielen Studien und Ausführungen zur Mediation werden zudem die Auswirkungen, die sich durch das Verfahren auf die vom elterlichen Konflikt betroffenen Kinder ergeben, häufig nicht berücksichtigt oder nur pauschal erwähnt. ← 1 | 2 →

A. Ausgangslage

Setzt man sich mit der Lebensrealität von Kindern auseinander, die von der Trennung5 und/oder Scheidung ihrer Eltern betroffen sind, wird deutlich, dass sich hinter den Begriffen „Trennung“ und „Scheidung“ vor allem familiäre Ereignisse hoher Emotionalität verbergen, die das Leben und das Miteinander der Familienmitglieder grundlegend verändern. Gleichzeitig sind die Folgen von Trennung und Scheidung längst nicht mehr nur private Probleme Einzelner, sondern haben als „Massenphänomen“ erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung der Gesellschaft.

Für die verschiedenen Professionen resultiert daraus ein ständig wachsender Tätigkeitsbereich, der aufgrund seiner Komplexität und Dynamik viele Herausforderungen mit sich bringt und immer wieder Anlass für fächerübergreifende Diskussionen und Debatten ist. Beeinflusst durch die steigende Bekanntheit und Verbreitung alternativer Konfliktbeilegungsmethoden mehren sich Zweifel daran, ob das klassische gerichtliche Scheidungsverfahren angesichts der „psychosozialen Dimension von Partnerschaftskonflikten bei Trennung und Scheidung“6 immer noch die passende Verfahrensstruktur bietet, um diese vielschichtigen Konflikte nachhaltig zu lösen. Bei der Suche nach einer geeigneten Alternative stößt man schnell auf das Verfahren der Mediation. Dieses hat in Deutschland in den letzten Jahren nicht zuletzt durch die Einführung des MediationsG einen erheblichen Bedeutungszuwachs erfahren und wird vielerorts bereits erfolgreich zur Beilegung familiärer Konflikte eingesetzt.7 Ein breites Schrifttum beschäftigt sich mit dem Verfahren der Mediation sowie der Bedeutung und den Folgen einvernehmlicher Konfliktbeilegung.8 Weit weniger im Fokus steht der Themenkomplex Kinder und Mediation.

B. Forschungsziele und Gegenstand der Untersuchung

Hauptanliegen dieser Dissertation ist es, die Stellung des Kindes im Mediationsverfahren zu bestimmen und das Verfahren aus seinem Blickwinkel zu bewerten. ← 2 | 3 → Die Untersuchung konzentriert sich hierbei auf Kinder, die von der Trennung/Scheidung ihrer Eltern betroffen sind. Neben den tatsächlichen, empirisch nachgewiesenen Auswirkungen des Mediationsverfahrens auf die Familien gibt die Arbeit einen Überblick darüber, welche rechtlichen Probleme und Fragestellungen sich ergeben können, wenn ein Kind an dem Verfahren beteiligt wird oder wenn in der Mediation kindbezogene Regelungen erarbeitet werden. Hierbei werden die verschiedenen Mediationsformen sowie die Rollen der Beteiligten dargestellt. Die zentrale Frage, ob die Mediation ein kindgerechtes Verfahren ist, wird unter Zuhilfenahme verschiedener Parameter erörtert. Den vielfältigen Vorteilen werden strukturelle und rechtliche Schwierigkeiten gegenübergestellt, die sich unter dem Aspekt des Kindeswohls ergeben. In die Bewertung fließen empirische Daten sowie sozialwissenschaftliche Hintergründe über die Situation von sich in Trennung und Scheidung befindenden Familien ein. Die Arbeit stellt darüber hinaus verschiedene Möglichkeiten vor, wie die Mediation gefördert und Familien in der Phase von Trennung und Scheidung optimal unterstützt werden können.

C. Aufbau der Arbeit

Um eine Ausgangsbasis für die weitere Untersuchung zu bilden, wird am Anfang der Dissertation das Verfahren der Familienmediation vorgestellt, seine gesetzliche Verankerung beleuchtet und eine Abgrenzung zu anderen Verfahren vorgenommen. Es werden die Wirkungsweisen, Grundannahmen und Ziele sowie der Ablauf der Familienmediation skizziert und die Rolle der beteiligten Personen beschrieben (§ 2). Daran anschließend erfolgt ein Umriss der sozialwissenschaftlichen Hintergründe familiärer Trennung und Scheidung. Die Situation betroffener Familien und insbesondere die Auswirkungen des elterlichen Auseinandergehens auf die betroffenen Kinder wird dargestellt (§ 3). Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wird die Frage erörtert, welche Charakteristika ein Verfahren enthalten muss, um kindgerecht zu sein. Die Bedeutung der Sicherung des Kindeswohls durch die Verfahrensausgestaltung wird hervorgehoben und es werden die wesentlichen Parameter für ein kindgerechtes Verfahren bestimmt (§ 4). Im dann folgenden Abschnitt der Arbeit wird untersucht, ob die Mediation ein kindgerechtes Verfahren ist. Anhand der elternbezogenen Parameter Kommunikation und Deeskalation sowie der kindbezogenen Aspekte Schutz des Kindes und Kindesbeteiligung wird das Mediationsverfahren einer kritischen Analyse unterzogen. Die Grundstrukturen des Mediationsverfahrens und die Rollen der beteiligten Personen werden unter dem Aspekt des Kindswohls bewertet. Die Arbeit konzentriert sich hierbei sowohl auf die tatsächlichen Auswirkungen der ← 3 | 4 → Mediation auf betroffene Familien als auch auf die rechtlichen Fragestellungen dieses Themenbereiches. Die bestehenden Regelungen, insbesondere des MediationsG und des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) werden in Bezug zu den untersuchten Parametern gesetzt. Bestehender Regelungsbedarf wird aufgezeigt und es werden entsprechende Empfehlungen erarbeitet (§ 5). Schließlich nimmt sich die Arbeit der Frage an, wie das Verfahren der Mediation gefördert werden kann, welche Optimierungsmöglichkeiten bestehen und wie die von Trennung und Scheidung betroffenen Familien bestmöglich unterstützt werden können (§ 6). Die erarbeiteten Regelungsvorschläge werden am Ende der Arbeit zusammengefasst und praxisgerecht dargestellt (§ 7). Im Anhang der Arbeit werden die wesentlichen Ergebnisse und Schlussfolgerungen in Form eines Praxisleitfadens für Familienmediationen mit Kindern in ein handhabbares Format gebracht. ← 4 | 5 →

                                                   

    1   Art. 1 des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung BGBl. I S. 1577.

    2  Wird im Rahmen der Bearbeitung der Begriff „Kind“ oder „Kinder“ verwendet, sind darunter auch Jugendliche zu verstehen, sollte nicht eine ausdrücklich Differenzierung erfolgen. Um die Lesbarkeit zu vereinfachen wird an vielen Stellen lediglich der Begriff „Kind“ (Singular) verwendet, die Aussagen können aber in gleicher Weise auf Familien mit mehreren Kinder übertragen werden.

    3  Vgl. z.B. Bastine et al., Unterstützung von Familien in Scheidung S. 96. Die Autoren kommen in ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Kinder sogar der wichtigste Grund für die Inanspruchnahme von Mediation sind.

    4  Es gibt zwar zahlreiche Veröffentlichungen zur Familienmediation, diese konzentrieren sich jedoch überwiegend auf die Situation der Eltern. Eine Ausnahme bildet jedoch z.B. das Werk von Diez et al., Familien-Mediation und Kinder.

    5  Wird im Rahmen der Bearbeitung von „Trennung“ gesprochen, soll darunter sowohl die Trennung verheirateter Paare, als auch die Trennung nicht verheirateter Paare verstanden werden, sofern nicht eine ausdrückliche Unterscheidung erfolgt.

    6  Proksch in: Hahn/Lomberg et al., Scheidung und Kindeswohl S. 55.

    7  Vgl. bspw. die Studienergebnisse von Greger, Pilotstudie Mediation.

    8  Vgl. bspw. die aktuellen Veröffentlichungen von Horstmeier, Das neue Mediationsgesetz; Fischer/Unberath, Das neue Mediationsgesetz; Peschke, Familienmediation bei Trennung; Trenczek et al., Mediation und Konfliktmanagement sowie Weiler/Schlickum, Praxisbuch Mediation.

§ 2 Familienmediation

Der Bedeutungszuwachs der Mediation in Deutschland ist maßgeblich auf die Verbreitung9 und die Erfolge10 der Familienmediation zurückzuführen. Um dieses besondere Verfahren einordnen zu können und um die Ausgangsbasis für die weitere Untersuchung zu bereiten, sollen im Folgenden die Grundlagen des Verfahrens und die gesetzliche Verankerung der Mediation dargestellt werden. Daran anschließend sollen die für ein besseres Verständnis des Verfahrens essentiellen Wirkungsweisen, Grundannahmen und Ziele der Familienmediation dargelegt werden und die Rollen der an einer Mediation üblicherweise teilnehmenden Personen erläutert werden. Mit der Darstellung eines typischen Ablaufs einer Familienmediation sowie einer Abgrenzung zu anderen Verfahren zur Beilegung familiärer Konflikte soll die Betrachtung komplettiert werden.

A. Mediationsformen und gesetzliche Verankerung

In Anlehnung an § 3 der Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.05.2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen (EU-Mediationsrichtlinie)11 definiert § 1 Abs. 1 des am 26.07.2012 in Kraft getretenen deutschen Mediationsgesetzes Mediation als ← 5 | 6 →

„[…] ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem die Parteien12 mithilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung des Konfliktes anstreben“.

Als Familienmediation wird das Verfahren bezeichnet, wenn es zur Vermittlung bei familiären Konflikten eingesetzt wird. Dabei umfasst der Anwendungsbereich der Familienmediation Streitigkeiten des gesamten familiären Zusammenlebens – insbesondere im Zusammenhang mit Trennung und Scheidung. Typische Themen einer Trennungs- und Scheidungsmediation sind die Gestaltung des Umgangs- und Sorgerechts, die Vermögens- und Schuldenaufteilung, die Regelung des Kindes- und Ehegattenunterhalts sowie Fragen der Kindererziehung.13

Für die folgende Untersuchung soll der Fokus auf die Bereiche der Familienmediation gelegt werden, von denen ein Kind unmittelbar betroffen ist, insbesondere auf das Sorge- und Umgangsrecht.

Angeboten wird Familienmediation als außergerichtliche Mediation, als gerichtsnahe Mediation und als Mediation vor dem Güterichter.

Die außergerichtliche Mediation wird unabhängig von einem gerichtlichen Verfahren durch eine Institution oder einen freiberuflich tätigen Mediator14 durchgeführt. Ihre gesetzliche Grundlage findet sie nunmehr in den neun Paragraphen des Mediationsgesetztes. Bis zur Einführung des MediationsG gab es in Deutschland kein einheitliches, bundesweites Regelwerk. Erst mit dessen Inkrafttreten am 26.07.2012 wurde das Mediationsverfahren – zumindest was wesentliche Aspekte angeht – auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Spezielle Regelungen für den Bereich der Familienmediation enthält das MediationsG nicht. Inwiefern durch die noch zu erlassende Rechtsverordnung (§ 6 MediationsG) Ausbildungsinhalte auf die Familienmediation zugeschnitten werden, bleibt abzuwarten.15 In den unverbindlichen Empfehlungen des Rechtsausschusses findet ← 6 | 7 → sich lediglich der Hinweis, dass Ausbildungsinhalt auch „die Einbeziehung von Kindern“ sein soll.16

Details

Seiten
XII, 235
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653048889
ISBN (ePUB)
9783653980165
ISBN (MOBI)
9783653980158
ISBN (Hardcover)
9783631655078
DOI
10.3726/978-3-653-04888-9
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (November)
Schlagworte
Familienmediation Kindeswohl Scheidung Elternverantwortung
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. XII, 235 S.

Biographische Angaben

Holke-Leonie Doench (Autor:in)

Holke-Leonie Doench, promovierte Juristin, studierte Rechtswissenschaften an der Universität Freiburg im Breisgau und an der Universität Hamburg. Sie arbeitet als Syndikusanwältin und Mediatorin in Hamburg.

Zurück

Titel: Mediation als kindgerechtes Verfahren
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
250 Seiten