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Kinder können fliegen

Leben mit Kindern – Im Gespräch mit Janusz Korczak

von Gunda Schneider (Autor:in)
©2015 Monographie 95 Seiten

Zusammenfassung

Die Autorin befasst sich mit dem polnischen Arzt, Pädagogen und Kinderbuchautor Janusz Korczak. In seinen Schriften beschrieb er ein Lebensverständnis, das die Freude am Leben und besonders die Freude am Leben mit Kindern weckt und Eltern und Erzieher zur Achtung vor jedem Kind als Mensch inspiriert. Mit seiner Pädagogik der Achtung bietet er keine pädagogischen Rezepte und keine Lösung für Erziehungsprobleme. Erziehen heißt vielmehr: Leben mit Kindern. Gunda Schneider-Flume hat das tägliche Leben mit ihren drei Kindern im Gespräch mit Korczaks Gedanken reflektiert: Es geht dabei nicht um Ideale, die verwirklicht, oder Vorbilder, die erreicht werden müssen, sondern um die Person der Kinder, die so anerkannt werden, dass sie sich selbst entfalten, dass sie fliegen können.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhalt
  • Einführung
  • I. Mehr als Ich – ein Mensch
  • 1. Kinder sind Menschen
  • 2. Geschichten
  • 3. Das Leben – Geschenk?
  • 4. Eltern und Kinder
  • 5. „Ich weiß nicht.“
  • 6. Das Geheimnis Kind
  • II. Pädagogik der Achtung
  • 1. Notizen zu Korczaks Lebensweg
  • 2. Das Recht des Kindes auf den Tod
  • 3. Das Recht des Kindes auf den heutigen Tag
  • 4. Das Recht des Kindes, das zu sein, was es ist
  • 5. Pädagogik der Achtung
  • 6. Sami, der Seeelefant
  • 7. Achtung und Respekt
  • III. Kinder können fliegen
  • 1. Fliegen
  • 2. Das Werden des Ich
  • 3. Grenzen überspringen
  • 4. Lachen
  • IV. Zeit – Geschenktes Leben
  • 1. Der Vorrang des Heute
  • 2. Zeit für Kinder – Zeit der Kinder
  • 3. Zeitkonflikte
  • 4. Festzeiten
  • 5. Die Beständigkeit der Zeit
  • V. Vom Schimpfen und von der Verantwortung
  • 1. Ein kindlicher Gebetswunsch
  • 2. Schimpfen I: Der Ton macht die Musik
  • 3. Selber machen: Verantwortung
  • 4. Kinderklagen
  • 5. Schimpfen II: Mit einer Prise Humor
  • 6. Verzeihen
  • VI. Der Glaube an Gott und das Gebet
  • 1. Der betende Zweifler
  • 2. Der Stoßseufzer
  • 3. Gebet als Lebensraum
  • 4. Gott, der Himmel und das schwarze Loch
  • 5. Weißt du, wer dich straft?
  • 6. Gott gibt es nicht
  • 7. Dank aus erinnerter Freude
  • 8. Lebensperspektive in finsterer Zeit
  • 9. Beten, um standzuhalten
  • 10. Warum?
  • VII. Sterben – Tod – Endlichkeit
  • 1. Unfassbar
  • 2. Verlassenheit
  • 3. Höllen
  • 4. Was hilft gegen die Angst?
  • VIII. Noch einmal: Erziehen – mit Kindern leben
  • 1. Wozu?
  • 2. Der Vorrang der Gegenwart
  • 3. Religiöse Erziehung?

Einführung

Kurz vor der Geburt meines ersten Kindes las ich das mir empfohlene Buch „Wie man ein Kind lieben soll“ von dem polnischen Arzt und Pädagogen Janusz Korczak. Ich kam mit meiner Lektüre lediglich bis zu Korczaks Erklärung der Kinderrechte: „Ich fordere die Magna Charta Libertatis als ein Grundgesetz für das Kind. Vielleicht gibt es noch weitere, ich aber habe diese drei Grundrechte herausgefunden:

  1. Das Recht des Kindes auf den Tod.
  2. Das Recht des Kindes auf den heutigen Tag.
  3. Das Recht des Kindes, das zu sein, was es ist.“ (SW 4,45)

Erschrocken legte ich das Buch beiseite. „Das Recht des Kindes auf den Tod“, diesen Gedanken wollte ich nicht begreifen, auch konnte ich ihn nicht aushalten. Ich hatte so viele gute Vorstellungen und Pläne, Hoffnungen und Wünsche für das Leben meines Kindes. Der Gedanke an den Tod hatte darin keinen Platz. Das von Korczak formulierte Recht erschien mir als Forderung unerträglich. Es brauchte Jahre des Zusammenlebens mit meinen Kindern und eine intensive Beschäftigung mit den Gedanken von Korczaks Pädagogik, bevor ich die Magna Charta Libertatis als ein Grundgesetz für das Kind verstehen konnte.

Zunächst musste ich lernen, dass die Rede von „meinem Kind“ nur sehr begrenzt zutreffend und berechtigt ist. Gewiss wird eine Mutter gerade während der Schwangerschaft von „ihrem“ Kind reden, und zugleich muss sie schon da erkennen, dass dieses Kind niemals nur „ihr“ Kind ist, sondern dass es ein eigenes Leben ist, von vielen Ahnen und alten Geschichten aus vergangenen Zeiten und von vielen Menschen einst und heute bestimmt, ein Mensch mit eigenem Weg und mit einem sich bald selbstständig ausbildenden Willen.

Diese Einsicht ist der Beginn der Achtung vor deinem Kind, es ist der Beginn des Respekts vor einem Menschen. Diese Einsicht steht gegen den Wunsch nach einem „bequemen“ Kind (SW 4,19), oder, wie es heute heißt, nach einem „pflegeleichten“ Kind.

„Kinder wollen lachen, rennen, übermütig sein. Erzieher, wenn für dich das Leben ein Friedhof ist, so erlaube wenigstens ihnen (den Kindern, ← 11 | 12 → G. S.-F.), das Leben für eine Wiese zu halten.“ (SW 4,187) So ermahnt Janusz Korczak Erzieher, Menschen, die mit Kindern leben. Auch für Eltern gilt diese Aufforderung, denn das Verständnis des Lebens bestimmt das Zusammenleben mit Kindern. Korczaks Lebensverständnis ist seiner jüdischen Herkunft entsprechend von der jüdisch-biblischen Tradition geprägt. Auch ich bin in der Auslegung des christlichen Glaubens der biblischen Tradition verpflichtet. Deutlich ist aber, dass es bei Korczak nicht um jüdische Erziehung im Sinne der Einübung einer Religion geht, ebenso wie ich von mir nicht sagen kann, dass ich christliche Erziehung in dem Sinne der Einübung in eine Religion vertrete. Bestimmend für das Zusammenleben mit Kindern ist das Lebensverständnis, und dafür gibt es keine reichere Quelle als die biblische Tradition.

Die von Korczak immer wieder zitierte Wiese schenkt Duft und Farben, sie gibt Raum für Bewegung und Spiel, sie ermöglicht Freude und Genuss, sie provoziert Entdeckergeist und Unternehmungslust, kurz, eine Fülle von Möglichkeiten, Freiheit. Korczak konnte die Freude an der Natur, an Sonnenuntergängen, an Blumen, Grillen, Glühwürmchen, Schmetterlingen und Lerchen genießen, und er vermittelte den Kindern diese Freude, indem er zusammen mit ihnen Natur erlebte, einen Regenbogen beobachtete, nach den Sternen schaute.

Details

Seiten
95
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653058246
ISBN (ePUB)
9783653962147
ISBN (MOBI)
9783653962130
ISBN (Paperback)
9783631663646
DOI
10.3726/978-3-653-05824-6
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (April)
Schlagworte
Leben mit Kindern Pädagogik der Achtung Polen Reformpädagogik
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 95 S.

Biographische Angaben

Gunda Schneider (Autor:in)

Gunda Schneider-Flume, ordinierte Pfarrerin der Württembergischen Landeskirche, war Professorin für Dogmatik in Heidelberg und Jena. Bis zu ihrer Emeritierung hatte sie den Lehrstuhl für Systematische Theologie an der Universität Leipzig inne.

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Titel: Kinder können fliegen
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