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Ost und West in Buch und Bibliothek

Festschrift für Horst Röhling

von Gottfried Kratz (Band-Herausgeber:in)
©2015 Andere 230 Seiten

Zusammenfassung

Dieser Band der «Arbeiten und Bibliographien zum Buch- und Bibliothekswesen» ist dem Gründer und langjährigen Herausgeber der Reihe, Horst Röhling, aus Anlass dessen 85. Geburtstags gewidmet. Er vereint Beiträge zu den Gebieten «Bibliotheca-Slavica-Ecclesia orientalis», auf denen der Gefeierte in vielen Jahren veröffentlichte. Neben Beiträgen, die Horst Röhling selbst gewidmet sind, erscheinen hier vor allem Texte zu den deutsch-russischen Beziehungen in «Druck und Verlag», «Buch und Bibliothek», «Wort und Bild» in Ost und West. Verfasst wurden diese von Kollegen und Weggefährten unterschiedlicher institutioneller Bindung an Bibliothek, Archiv und Universität aus Deutschland und Russland.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort
  • Einleitung des Herausgebers
  • Horst Röhling zwischen Ost und West
  • Verstehen wollen durch Geschichte(n)
  • Horst Röhling als Südslavist
  • Meine Begegnungen in Wort und Schrift mit Dr. Horst Röhling
  • Druck und Verlag in Ost und West
  • Russlands erste private Druckerei - Die Druckerei für Fremdsprachen des Johann Michael Hartung
  • Der Berliner russische Verlag „Neva“ und seine „deutsche Abteilung“ (1921-1928)
  • Buch und Bibliothek in Ost und West
  • Nichtrussischsprachige Periodika über Russland (periodische Russika) der Zwischenkriegszeit: Materialien zu einem bibliographischen Verzeichnis
  • „Deutsche Sujets“ in der Sammlung Chmyrov ˗ einer kaum bekannten Quelle zu den russisch-deutschen Kontakten im 19. Jahrhundert
  • Wort und Bild in Ost und West
  • Karl Philipp Moritz und der geheimnisvolle „Prediger an den Ufern der Wolga“: „Eigne Begebenheiten“ des Predigers Friedrich Konrad Strenge in Russland
  • Erzpriester Dimitrij Konstantinov - ein russischer Priester in Deutschland und Amerika
  • „Slavonisch-Russisches Heiligthum mitten in Teutschland“ ˗ zum Beginn russischer Ikonenforschung
  • Verzeichnis der Abbildungen
  • Die Autoren
  • Reihenübersicht

Vorwort

Der vorliegende sechzehnte Band dieser „Arbeiten und Bibliographien zum Buch und Bibliothekswesen“ (ABBB) ist dem Gründer und langjährigen Herausgeber der Reihe, dem Buch- und Bibliothekswissenschaftler, Slavisten und Ostkirchenhistoriker Dr. Horst Röhling, aus Anlass seines 85. Geburtstags gewidmet.

Buch- und Bibliothekswissenschaft, Slavistik und Ostkirchenkunde – in ihrer Verbindung untereinander wie auch im ost-westlichen Beziehungsgeflecht – sind die Gebiete, denen sich der Gefeierte unter den lateinisch verbindenden Begriffen „Bibliotheca – Slavica – Ecclesia orientalis“ in Forschung, Lehre und Beruf beispielhaft gewidmet hat.

Kollegen und Weggefährten aus Russland und Deutschland zeigen dies bei unterschiedlicher institutioneller Bindung an Bibliothek, Archiv und Universität in Beiträgen, die dem Gefeierten selbst (in einer vorangestellten Abteilung) wie auch den von ihm bearbeiteten Gebieten (in den folgenden drei Abteilungen) gewidmet sind.

Dabei überwiegen Beiträge, die den deutsch-russischen Beziehungen in „Druck und Verlag“, „Buch und Bibliothek“ sowie „Wort und Bild“ gelten.

Sämtliche Beiträge erscheinen erstmalig bzw. erstmalig in deutscher Übersetzung.

Dank gebührt allen Autoren für die Mitarbeit an dieser Festschrift.

Besonderer Dank dem Mitherausgeber der Reihe Dr. Hans-Jakob Tebarth für Hilfe bei der Vorbereitung des Bandes.

Gottfried Kratz

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Einleitung des Herausgebers

Abstract: Introduction to East and West in Books and Libraries: A festschrift for Horst Roehling.

Der vorliegende sechzehnte Band dieser „Arbeiten und Bibliographien zum Buch und Bibliothekswesen“ (ABBB) ist dem Gründer und langjährigen Herausgeber der Reihe, dem Buch- und Bibliothekswissenschaftler, Slavisten und Ostkirchenhistoriker Dr. Horst Röhling, aus Anlass seines 85. Geburtstags gewidmet.

Horst Röhling, folgt man der „Vita“ im Anhang seiner Dissertation, ist am 28. Oktober 1929 in Sachsen geboren, als Sohn des Rudolf Röhling und dessen Ehefrau Elisabeth Röhling, geb. Süß. Nach Abschluss der Städtischen Oberschule für Jungen in seiner Geburtsstadt Zwickau nahm er 1949 in Leipzig das Studium der Fächer Russisch, Deutsch und Englisch auf, das er im Jahre 1953 mit einer Staatsexamensarbeit zur „Entwicklung des „Bogomilentums“ abschloss. Anschließend (1954–1958) arbeitete er als Assistent an dem von Konrad Onasch geleiteten Institut für Konfessionskunde der Orthodoxie in Halle. Nachdem er 1956 an der Universität Leipzig mit einer Dissertation zu „Ludwig Heinrich Jakob und Russland“ als „Beitrag zur Geschichte deutsch-russischer Beziehungen“ promoviert wurde, verließ er 1958 die DDR. Folgt man dem biographischen Abriss, wie er in dem Einleitungsartikel der ihm zum 80. Geburtstag gewidmeten Vortragsreihe gegeben ist,1 so erhielt er im weiteren, nach verschiedenen Zwischenstationen, eine wissenschaftliche Hilfskraftstelle am Slavischen Seminar der Universität zu Köln bei dem ihm aus Leipziger Studienjahren bekannten Reinhold Olesch (1958–1960).2 Anschließend trat er eine zweijährige Ausbildung für den Höheren Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken an, die er mit einer 1963 eingereichten Arbeit zu den „Bibliothekarischen Fachzeitschriften in slavischen Sprachen“ im Jahre 1964 abschloss. Das theoretische Jahr dieser Ausbildung durchlief er am ← 11 | 12 → Bibliothekar-Lehrinstitut des Landes Nordrhein-Westfalen (BLI) in Köln, das praktische an der UB Münster. Das dortige Fachreferat Slavistik wurde damals von Dr. Robert Reichelt geleitet, bekannt als Übersetzer der klassischen Geschichte der Moskauer Leninbibliothek, und in den Jahren zuvor (1953–1958) als Betreuer das Sondersammelgebiets Slavistik der DDR an der UB Leipzig.3 Nach Abschluss seiner Ausbildung arbeitete Horst Röhling an der neugegründeten UB Bochum als Fachreferent für Slavistik bis zu seiner Pensionierung (mit dem Amtstitel eines Oberbibliotheksrats) im Jahre 1994. Parallel dazu nahm er ab 1979 einen Lehrauftrag für Osteuropäische Kirchengeschichte an der Evangelisch-theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum (RUB) wahr.

Die Themen der verschiedenen Abschlussarbeiten von Horst Röhling deuten zeitlich und thematisch die Gebiete an, auf denen er in all den Jahren seit 1954 geforscht und veröffentlicht hat: „Biblioteca – Slavica – Ecclesia orientalis“, wie er sie selbst in lateinischer Sprache gebunden zusammenfasst. Die Prüfungsarbeit am BLI („Bibliothekarischen Fachzeitschriften in slavischen Sprachen“) weist auf die Vielzahl von Arbeiten, die dem buch- und bibliothekswissenschaftlichen Bereich gewidmet sind: angefangen von Fragen der „praktischen Ausbildung“ (als zeitweiliger Ausbildungsleiter an der UB Bochum) oder Jahresberichten zum auswärtigen Leihverkehr in NRW (als jahrelanger Geschäftsführer des Verbandes der Bibliotheken des Landes NRW) bis hin zu Untersuchungen, die auf konkreten Bibliotheksbestand oder Schriftenklassen („Publikationsformen“) bezogen sind. Auf die Erforschung der Slavica, und hier konkret der „Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen“, weist, auch wenn ihr aus heutiger Sicht eine gewisse Zeitlosigkeit anhaften mag, die Dissertation,4 die er auf Anregung des Autors der bekannten Arbeit über „Schillers Widerhall in der russischen Literatur“ (Rudolf Fischer) schrieb.5 Gestützt auf reiches Archivmaterial vor allem aus der Handschriftenabteilung der UB Halle war diese Arbeit „Ludwig Heinrich Jakob und Russland“ gewidmet, dem Hallenser Philosophen, Juristen und Nationalökonomen, der Anfang des 19. Jahrhunderts an der neugegründeten Universität Charkow wirkte. Jakob wirkte hier neben einer ganzen Reihe weiterer Professoren aus ← 12 | 13 → Deutschland, wie der Hamburger Statistiker Götz Uebe im Einzelnen, vor allem im Blick auf Jakobs Nachfolger auf dem Lehrstuhl Joseph Lang aufgezeigt hat.6 Zu bedauernswert, dass gerade der von Götz Uebe – unabhängig von der Dissertation Röhlings und doch ganz in deren Sinne – vor Jahren geäußerte großzügige Vorschlag, den handschriftlich als Bandkatalog erhaltenen Bibliothekskatalog der Universität Charkow (1824) im Druck herauszugeben, nicht realisiert werden konnte. Und schließlich zeigt die noch auf Anregung des damals in Leipzig wirkenden Reinhold Olesch entstandene und der „Entwicklung des „Bogomilentums“ gewidmete Staatsexamensarbeit, einer im Mittelalter sich von Bulgarien bis Russland ausbreitenden und in Opposition zur herkömmlichen weltlichen und geistlichen Macht stehenden häretischen Bewegung, auf die Fülle der späteren Arbeiten Horst Röhlings zu ostkirchenkundlichen Themen.

All diesen Themen hat er auch über die Jahre seiner aktiven Tätigkeit als Wissenschaftlicher Bibliothekar an der UB Bochum hinaus Publikationen in einer Vielzahl von Sprachen und Vorträge auf Kongressen in Deutschland und im Ausland gewidmet: Monographien (die leicht über den Namen des Jubilars auch im Netz abrufbar sind), Aufsätze, Rezensionen, Lexikabeiträge.

Monographien wie die Studien zur Geschichte der balkanslavischen Volkspoesie in deutschen Übersetzungen (1975), in denen vor allem auf die Rolle der Zeitschriften in der Vermittlung südslavischer Volkspoesie verwiesen wird, wozu sich Beispiele auch außerhalb der von Horst Röhling genannten und bibliographisch nachweisbaren finden lassen. So etwa die in Zeitschriften und monographischen Darstellungen versteckten Übersetzungen aus der südslavischen Volkspoesie des polyglotten „Spezialisten“ der Münchner Königlichen Bibliothek Heinrich Noe.7 ← 13 | 14 →

Rezensionen, die, wie gelegentliche Stichproben des Verfassers dieser Einleitung über die Jahre hinweg zeigten, weithin in Bibliotheken als Entscheidungshilfe beim Kauf dienten.

Oder Lexikabeiträge: immer wieder lesenswert. Vor allem für Mitarbeiter von Bibliotheken, die slavische Sammlungen vertreten, ohne selbst eine slavistische Ausbildung erhalten zu haben. So etwa die Einträge von Horst Röhling im „Lexikon des gesamten Buchwesens“ (LGB2) zu Glagolica und Kyrillica, wo allein schon die den Artikeln beigegebenen Schrifttafeln als anschauliche Unterscheidungshilfe zur Trennung der jeweiligen Texte dienen könnten.

Ein besonderes Forum waren Horst Röhling die Kongresse der „Arbeitsgemeinschaft der Bibliotheken und Dokumentationsstellen der Ost-, Ostmittel- und Südosteuropaforschung“ (ABDOS) (s. Beitrag Sokov), die seinerzeit von dem Leiter der Osteuropaabteilung der damaligen Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin (West) (SBPK) Dr. Franz Görner ins Leben gerufen und mit tatkräftiger Unterstützung seines Stellvertreters Dr. Walter Andreesen durchgeführt wurden. Daneben die von der ABDOS herausgegebenen „Mitteilungen“, wo er in allen Bereichen veröffentlichte. Im Einzelnen sind diese Publikationen und Vorträge (soweit publiziert) im „Schriftenverzeichnis“ aufgeführt, das die Jahre 1954–2011 umfasst und sich in dem 2012 erschienenen Sammelband befindet, in dem die aus Anlass seines 80. Geburtstags gehaltenen Vorträge veröffentlicht sind. Dieser von Helmut W. Schaller und Rumjana Zlatanova herausgegebene und Horst Röhling gewidmete Band (Silvae bulgaricae), ist auf dem Gebiete vor allem der Bulgaristik Anerkennung seiner Verdienste, ebenso wie die Verleihung der Ehrenmitgliedschaften der ABDOS und der „Deutsch-Bulgarischen Gesellschaft“ (DBG) sowie die Verleihung der Martin-Drinov-Medaille der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften und die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes öffentliche Anerkennung seiner „Verdienste um den Austausch zwischen West und Ost“ (ABDOS)8 bezeugen.

In all diesen Veröffentlichungen bemüht sich Horst Röhling, bei aller äußeren Bestimmung seines Lebenswegs, seiner inneren Berufung zu folgen, wozu er durch Studium und Ausbildung berechtigt. Die hier nun aus Anlass seines 85. Geburtstages zusammengestellte Festschrift gibt Zeugnis davon in Beiträgen, die hauptsächlich den deutsch-russischen Beziehungen gewidmet sind. Die Verfasser sind Kollegen und Weggefährten unterschiedlichster institutioneller Bindung an ← 14 | 15 → Bibliothek, Archiv und Universität. Aufgeteilt sind die Beiträge in drei Gruppen, entsprechend der durch Horst Röhlings Schaffen vorgegebenen Dreiteilung („Bi­bliotheca – Slavica – Ecclesia orientalis“), hier jedoch in den Gruppen „Druck und Verlag“, „Buch und Bibliothek“, „Wort und Bild“ in Ost und West.

Dem Bereich der Slavica können die Arbeiten der ersten Gruppe zu „Druck und Verlag in Ost und West“ zugerechnet werden. Konkret zu Johann Michael Hartung (Samarin), dem aus Mainz kommenden ersten „Frey-Buchdrucker“, wie er sich selbst in der Sankt Petersburgischen Zeitung (Nr. 73, 12. September 1774), dem deutschen Pendant der im Text zitierten Sankt Peterburgskie Vedomosti, vorstellt, und der somit im Russland des ausgehenden 18. Jahrhunderts an der Spitze der ihm folgenden großen Zahl privater Drucker steht.9 Und dann der Beitrag zu dem Berliner russischen Verlag „Neva“ der 1920er Jahre (Kratz). Beides Themen, denen auch Horst Röhling Aufmerksamkeit entgegengebracht hatte: Schon sehr früh untersuchte er den russischen und serbischen Buchdruck des 18. Jahrhunderts (Hinweis darauf im Beitrag Kessler und bei Horst Röhling selbst)10 und stellte „Arbeiten zum 18. Jahrhundert in Ost- und Südost-Europa aus dem deutschen Sprachbereich“ in bibliographischen Übersichten in den Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für die Erforschung des 18. Jahrhunderts vor.11 Dem Thema des Russischen Berlin widmete er seine Aufmerksamkeit in Rezensionen, die auch der Arbeit des Verfassers dieser Zeilen gelten, und konkret einem Teilnachdruck des hier besprochenen Verlags „Neva“.12

Im Bereich „Bibliotheca“ sind dies die in der Gruppe „Buch und Bibliothek in Ost und West“ zusammengefassten Arbeiten. Die bibliographisch ausgerichtete Arbeit des derzeit am Slavischen Institut/Lotman Institut der RUB lehrenden PD Manfred Schruba, der Horst Röhling noch als Student gehört hatte. Eine Bibliographie, in der in den Jahren 1920–1940 erschienene fremdsprachige periodische Russica erstmalig in diesem Umfang zusammengestellt werden, gegründet, in den de-visu beschriebenen Titeln, vor allem auf den Bestand der ehemaligen Bibliothek des Instituts zur Erforschung der europäischen Arbeiterbewegung (heute Bibliothek des Ruhrgebiets bei der Ruhr-Universität Bochum). Ein bis ← 15 | 16 → her in der Forschung noch weitgehend unerschlossenes Gebiet eröffnend, wie etwa das Fehlen der Verzeichnung gerade hier (konkret in der Wochenschrift The New Russia) enthaltener Titel in der unlängst erschienenen Personalbibliographie zu dem Politiker Vladimir D. Nabokov, dem Vater des Dichters, zeigt.13 Ihr gegenüber steht die Arbeit des Leiters der Historischen Bibliothek Moskau M.D. Afanas’ev zu den Germanica, wie man zusammenfassend die bei Afanas’ev vorgestellten „Deutschen Sujets“ in der Sammlung Chmyrov bezeichnen könnte. Eine in der Wissenschaft bisher kaum bekannte Sammlung, auf die Afanas’ev als Ganzes bereits mehrfach hingewiesen hat (im Fabian-Handbuch und in einem Beitrag zu dem oben erwähnten Sammelband der „Deutschsprachigen Drucke in der Moskauer Historischen Bibliothek“), auf die er aber hier erstmalig ausführlich als „bemerkenswerte Quelle an Informationen, […] zu den russisch-deutschen Beziehungen“ eingeht.

In der letzten Gruppe zu „Ecclesia orientalis“ sind drei Beiträge versammelt, die sich im weitesten Sinne auf „Wort und Bild in Ost und West“ beziehen, auf die Memoiren zweier Prediger, die ihren Herrn im Leben im Wort bezeugen und auf das Bild eines als Heiligen verehrten Kriegers, der ihn durch seinen hier überlieferten Märtyrertod bezeugt. Das ist einmal der Beitrag zu Konrad Strenge (Mühl). Strenge wirkte nicht nur als „Prediger an der Wolga“, wie er von Karl Philipp Moritz im Jahre 1792 (also nach der Begegnung mit Karamzin) in der Einleitung der in der Forschung bisher unberücksichtigten Memoiren vorgestellt wird, sondern auch vorübergehend als Feldprediger für in russischen Diensten stehende deutsche Offiziere, die mit einigen Regimentern an den „Gränzen der unabhängigen Tartarey“ einen „Kordon gezogen“ hatten, und verließ Russland anschließend über „Neurussland“ und dann Riga, wo erneut deutsche Offiziere mit ihren Soldaten „längs der Düna“ einen „Kordon gezogen“ hatten.

Strenge gegenüber steht der biographische Abriss über das Leben des ehemaligen Feldpredigers der sogenannten Wlassow-Armee in Deutschland Dimitrij Konstantinov, dessen Memoiren vom Verfasser des Aufsatzes, Andrej Popov, nach ← 16 | 17 → Russland rückgeführt und dort von ihm auch ediert wurden. All dies, um dem Editor dieser Memoiren im weiteren als Ausgangspunkt für seine große quellenkundliche Geschichte der russischen Orthodoxie im Ausland mit einer anhängenden systematischen Bibliographie zu dienen,14 deren Bedeutung für Horst Röhling als seinerzeitigen Rezensenten des Bandes „kaum zu überschätzen“ ist.15

Und schließlich die Arbeit zur Abhandlung von Johann Alexander Döderlein aus 1724 über ein „Slavonisch-Russisches Heiligthum mitten in Teutschland“,16 vorgestellt von der Verfasserin (Gudrun Wirtz) als die „früheste wissenschaftliche Abhandlung der russischen Ikonenforschung und mit dem enthaltenen Kupferstich vermutlich die erste gedruckte bildliche Darstellung einer Ikone“ überhaupt. Eine Arbeit über die Ikone des Strategen Theodor, eines sogenannten Kriegerheiligen, die um das Ende des Dreißigjährigen Krieges ins fränkische Kalbensteinberg gelangte, dort in der ehemals katholischen, später lutherischen Kirche ihren Platz fand, wo sie bis heute hängt und von orthodoxen Christen, wann immer sie ihrer ansichtig werden, als heilig verehrt wird, gleichsam den Einigungsgedanken Horst Röhlings symbolisierend.

All dem vorangestellt sind drei Arbeiten, die dem Jubilar selbst gewidmet sind und in denen Leben und Arbeiten des hier Geehrten zwischen West und Ost besprochen (Deniza Popova), beschrieben (Kessler) und begrüßt werden (Sokov).

Besprochen im Dialog mit der Bulgaristin Deniza Popova. Einem Dialog, der einsetzt mit einer Reminiszenz an R.M. Rilke, den Horst Röhling schon sehr früh (1963) in seinem Verhältnis zu dem zwei Jahre zuvor gestorbenen Boris Pasternak besprochen hatte, als dessen „Vermächtnis“ er es wertete, „Rilke in Russland bekannt zu machen“, wie er einen weiteren Aufsatz über „B.L. Pasternak und die russische Rilke-Rezeption“ im Jahre 1972 schließt.17 An gleichem Ort, wenn auch in einem nachträglich angefügten Zusatz, schon auf einen „kürzlich“ in Moskau erschienenen Rilke-Band verweisend und damit – ungenannt – auch schon auf K.M. Azadovskij als einen der Autoren dieses Bandes von 1971, der dieses Erbe antrat und konsequent und weithin sichtbar bis in unsere Tage fortführt. Jahre ← 17 | 18 → später kommt Horst Röhling erneut auf Rilke zurück,18 dem er als „Element der Einheit der russischen Literatur“ im Lande selbst und außerhalb seiner Grenzen eine wichtige „Funktion im Prozess des Zusammenwachsens der beiden russischen Literaturen“ zuweist und den er darüber hinausgehend von Übersetzungen des „Stundenbuchs“ bis hin ins Amerikanische, etwa durch den seinerzeitigen Leiter des Slavonic Division der NYPL Avram Yarmolinsky und dessen Ehefrau, die Dichterin und Übersetzerin Babette Deutsch, als „sehr speziellen und mittelbaren Zeugen“ für die Verbindung zwischen russischer und Weltkultur zeigt. Was Wunder, wenn der Hinweis auf Rilkes „Stundenbuch“ gar schon 1927 Eingang gefunden hatte in eine in der Moskauer lutherischen Peter-und-Pauls-Kirche zum 350-jährigen Jubiläum der Evangelisch-lutherischen Kirche in Russland gehaltene „Festpredigt“.19

Beschrieben wird der Weg Horst Röhlings als Wissenschaftler in dem materialreichen Beitrag von Wolfgang Kessler am Beispiel der Südslavistik, ausgehend von den als „grundlegend“ verstandenen Studien zur Geschichte der balkanslavischen Volkspoesie in deutschen Übersetzungen (1975).

Details

Seiten
230
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653060287
ISBN (ePUB)
9783653949537
ISBN (MOBI)
9783653949520
ISBN (Paperback)
9783631665824
DOI
10.3726/978-3-653-06028-7
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (August)
Schlagworte
Druckgeschichte Orthodoxie Protestantismus Verlagsgeschichte Bibliotheksbestandsgeschichte
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 230 S., 1 farb. Abb., 9 s/w Abb.

Biographische Angaben

Gottfried Kratz (Band-Herausgeber:in)

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Titel: Ost und West in Buch und Bibliothek
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