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Interne Evaluation zwischen bildungspolitischen Vorgaben und individueller Entwicklung der Einzelschule

Eine empirische Studie an beruflichen Schulen

von Jana Rückmann (Autor:in)
©2016 Dissertation 398 Seiten

Zusammenfassung

Im Rahmen einer empirischen Studie an Berliner beruflichen Schulen untersucht die Autorin Evaluations- und Entwicklungsprozesse und dabei insbesondere die subjektive Perspektive der pädagogischen Akteure. Die Studie umfasst Dokumentenanalysen, Gruppeninterviews sowie eine Lehrkräftebefragung. Die Befunde verweisen unter anderem auf eine abnehmende Distanz gegenüber internen Evaluationsmaßnahmen sowie auf einen Anstieg an Evaluationsaktivitäten. Direkte Wirksamkeiten für den Prozess der Evaluation selbst sowie Kontinuität und Nachhaltigkeit der Evaluationsaktivitäten lassen sich hingegen kaum beobachten. Die Analyse der Ergebnisse zeigt, dass die pädagogischen Akteure die bildungspolitischen Vorgaben überwiegend als extern induziert, als wenig kompatibel mit den einzelschulischen Bedürfnissen sowie als zusätzliche Belastung wahrnehmen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abbildungsverzeichnis
  • Tabellenverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • 1 Einführung zur Platzierung des Themas und Forschungsvorhaben
  • 1.1 Thematische Einordnung der für die Arbeit relevanten Fragestellungen
  • 1.2 Stand der Forschung
  • 1.3 Forschungsfragen
  • 1.4 Aufbau der Arbeit
  • 2 Evaluation im Schulwesen
  • 2.1 Theoretische Vorüberlegungen zum Evaluationsbegriff
  • 2.1.1 Begriffsklärung und Definitionen
  • 2.1.2 Historische Entwicklung – ein kurzer Überblick
  • 2.1.3 Evaluationsformen
  • 2.1.3.1 Interne vs. externe Evaluationen, Selbst- und Fremdevaluation
  • 2.1.3.2 Summative vs. formative Evaluation
  • 2.1.4 Funktionen und Anforderungen an Evaluationen
  • 2.1.5 Evaluationsstandards
  • 2.1.6 Gestaltung von Evaluationen
  • 2.2 Evaluation im Schulwesen – Formen, Verfahren, Instrumente
  • 2.2.1 Externe Evaluationsformen im deutschen Schulwesen
  • 2.2.2 Interne Evaluation in Einzelschulen
  • 2.2.2.1 Formen schulinterner Evaluation
  • 2.2.2.2 Funktionen schulinterner Evaluation
  • 2.2.2.3 Schulinterne Evaluation – organisationstheoretische Perspektiven
  • 2.2.3 Schulprogramm und interne Evaluation
  • 2.2.4 Berichtlegung interner Evaluation
  • 2.2.4.1 Interner Evaluationsbericht – Inhalte und Funktionen
  • 2.2.4.2 Aufbau eines Evaluationsberichts
  • 2.3 Befunde zu schulinterner Evaluation
  • 2.3.1 Befunde zur Durchführung schulinterner Evaluationsaktivitäten
  • 2.3.2 Effekte, Problembereiche und Gelingensbedingungen schulinterner Evaluation
  • 2.3.2.1 Problembereiche schulinterner Evaluation
  • 2.3.2.2 Gelingensbedingungen schulinterner Evaluation
  • 2.4 Zwischenfazit: Evaluation und Schulentwicklung
  • 3 Qualität von Schule und Schulentwicklung
  • 3.1 Qualitätsbegriff im Bildungswesen
  • 3.1.1 Annäherung an den Begriff der Schulqualität
  • 3.1.2 Ansätze und Modelle zu Schulqualität
  • 3.1.2.1 Modell auf Bildungssystemebene
  • 3.1.2.2 Modelle auf Einzelschulebene
  • 3.1.2.3 Modelle auf Unterrichtsebene
  • 3.2 Schulentwicklung auf der Ebene von einzelschulischer Qualitätsentwicklung und -sicherung
  • 3.2.1 Grundlegende Klärungen zur Schulentwicklung
  • 3.2.2 Theoretische Ansätze für Schulentwicklung
  • 3.2.2.1 Ansätze der Schulentwicklung aus der Perspektive der Organisationsentwicklung
  • 3.2.2.2 Schulentwicklung im Systemzusammenhang – zwei Entwürfe zu einer komplexen Schulentwicklungstheorie
  • 3.3 Zwischenfazit
  • 4 Schulrechtliche Qualitätsforderungen und schulinterne sowie schulexterne Voraussetzungen
  • 4.1 Ausgewählte schulrechtliche Qualitätsforderungen in Deutschland
  • 4.2 Schulrechtliche Vorgaben für Berlin
  • 4.2.1 Interne Evaluation als schulrechtliche Vorgabe für Berliner Schulen
  • 4.2.1.1 Vorgaben zur Umsetzung der internen Evaluation
  • 4.2.1.2 Vorgaben für die Berichtlegung interner Evaluation
  • 4.2.2 Schulrechtliche Vorgaben in einem Modell zur Steuerung von Qualitätsentwicklung
  • 4.3 Schulinterne und schulexterne Voraussetzungen für die Erfüllung der schulrechtlichen Vorgaben zur Evaluation
  • 4.3.1 Schulinterne Voraussetzungen
  • 4.3.2 Schulexterne Voraussetzungen
  • 4.4 Zur Professionalisierung der einzelschulischen Akteure: Qualifizierung Berliner Lehrkräfte zu Evaluationsberater/innen
  • 5 Studie I: Dokumentenanalysen schulinterner Evaluationsberichte
  • 5.1 Beschreibung der teilnehmenden Schulen
  • 5.2 Methodisches Vorgehen
  • 5.2.1 Festlegung des Untersuchungsmaterials und Richtung der Analyse
  • 5.2.2 Entwicklung des Kategoriensystems, Definition von Kategorien und Bestimmung von Analyseeinheiten
  • 5.2.2.1 Gesetzliche und administrative Vorgaben zum schulinternen Evaluationsbericht
  • 5.2.2.2 Merkmale zu Transparenz, Akzeptanz und Weiterentwicklung
  • 5.2.3 Kodierung
  • 5.3 Befunde der Dokumentenanalyse
  • 5.3.1 Befunde zu Merkmalen der Transparenz und Nachvollziehbarkeit
  • 5.3.2 Befunde zu Merkmalen der Akzeptanz
  • 5.3.3 Befunde zu Merkmalen der Veranlassung von Weiterentwicklung
  • 5.3.4 Befunde zu den gesetzlich-administrativen Vorgaben
  • 5.4 Zusammenfassung der Ergebnisse und Interpretation
  • 6 Studie II: Gruppeninterviews zum internen Evaluationsprozess
  • 6.1 Methodisches Vorgehen und Auswertung
  • 6.1.1 Erhebung der Daten – leitfadengestütztes Gruppeninterview als Erhebungsmethode
  • 6.1.2 Auswertung des Datenmaterials
  • 6.2 Stichprobe und Durchführung
  • 6.2.1 Beschreibung der Untersuchungsstichprobe
  • 6.2.2 Beschreibung der Durchführung
  • 6.3 Befunde zu den Gruppeninterviews
  • 6.3.1 Erste Auswertungsphase – Ergebnisse zu den Einzelschulen
  • 6.3.1.1 Themen der Schule 2 – Motto „Wir strotzen vor Energie“
  • 6.3.1.2 Themen der Schule 3 – Motto „Die hochmotivierte Schulentwicklungsgruppe“
  • 6.3.1.3 Themen der Schule 4 – Motto „Unser Kerngeschäft ist hier im Unterricht zu sein“
  • 6.3.1.4 Themen der Schule 5 – Motto „Das Funktionieren, das Umsetzen, die Prozesse am Laufen halten, das ist das Wichtigste“
  • 6.3.1.5 Themen der Schule 6 – Motto „Von der Fassadenevaluation zur internen Evaluation“
  • 6.3.1.6 Themen der Schule 7 – Motto „Die Kollegen sind froh, dass es andere machen“
  • 6.3.1.7 Themen der Schule 8 – Motto „Das Wort Evaluation sollte man tunlichst vermeiden“
  • 6.3.1.8 Themen der Schule 9 – Motto „Wichtig ist der Prozess der Evaluation“
  • 6.3.2 Zweite Auswertungsphase – systematischer Vergleich der Gruppeninterviews
  • 6.3.3 Darstellung und Beschreibung der Konstrukte
  • 6.3.3.1 Konstrukt 1: Prozess der Evaluationsberichterstellung
  • 6.3.3.2 Konstrukt 2: Einstellungen zur internen Evaluation und zum internen Evaluationsbericht
  • 6.3.3.3 Konstrukt 3: Wahrgenommene Veränderungen in der Schule
  • 6.4 Zusammenfassung und Zwischenfazit
  • 7 Studie III: Lehrkräftebefragung zu Schulentwicklung und interner Evaluation
  • 7.1 Konzeption der Befragung
  • 7.1.1 Konstruktion und inhaltlicher Aufbau des Fragebogens
  • 7.1.2 Beschreibung der Stichprobe
  • 7.1.2.1 Geschlechter- und Altersverteilung, Dienstzeit und Beschäftigungsumfang der Befragten
  • 7.1.2.2 Verteilung von Funktionsstellen und Mitgliedschaft in Steuer- oder Schulentwicklungsgruppen
  • 7.1.2.3 Kenntnisstand zu Schulprogramm und internem Evaluationsbericht
  • 7.1.3 Itemselektion und Skalenkonstruktion
  • 7.2 Befunde der Lehrkräftebefragung
  • 7.2.1 Deskriptive Befunde zu den Skalen
  • 7.2.1.1 Befunde zum Bereich Schulentwicklung und interne Evaluation
  • 7.2.1.2 Befunde zum Bereich Arbeitsleben
  • 7.2.1.3 Befunde zum Bereich Schulleben
  • 7.2.1.4 Befunde zum Bereich Kommunikation und Informationen
  • 7.2.2 Befunde zu Regressionsanalysen
  • 7.2.2.1 Regressionsanalytische Befunde zur Einstellung zur Schulentwicklung
  • 7.2.2.2 Regressionsanalytische Befunde zur Nutzenzuschreibung von Schulentwicklung durch die Lehrkräfte
  • 7.2.2.3 Regressionsanalytische Befunde zur Nutzenzuschreibung von interner Evaluation durch die Lehrkräfte
  • 7.2.3 Befunde zu Clusteranalysen
  • 7.2.3.1 Schulübergreifende Clusterverteilung
  • 7.2.3.2 Verteilung der Cluster auf die Einzelschulen
  • 7.3 Zusammenfassung der Befunde
  • 8 Fazit und Ausblick
  • 8.1 Verdichtung der empirischen Befunde
  • 8.2 Ausblick
  • Zusammenfassung
  • Abstract
  • Danksagung
  • Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 3.1 Basic systems model on the functioning of education (Scheerens et al. 2008, 28)

Abbildung 3.2 TIMSS Conceptual Framework: The Educational Experience Opportunity (Schmidt, Cogan 1996, 5)

Abbildung 3.3 Integrated model of school effectiveness (Scheerens 1990, 73; deutsche Übersetzung zit. nach Dedering 2012, 11)

Abbildung 3.4 Modell zu Qualität und Qualitätsentwicklung im Bildungsbereich (Ditton 2007, 84)

Abbildung 3.5 Rahmenmodell für Schulqualität (Holtappels 2005)

Abbildung 3.6 QAIT-Modell (Slavin 1995, 10)

Abbildung 3.7 Angebots-Nutzungs-Modell der Wirkungsweise des Unterrichts (Helmke 2009, 2014)

Abbildung 3.8 Der Institutionelle Schulentwicklungsprozess (ISP) nach Dalin, Rolff und Buchen (1995) (Abbildung in Dedering 2012, 21)

Abbildung 3.9 Drei-Wege-Modell der Schulentwicklung (Rolff 2010, 34)

Abbildung 3.10 Architektur der lernenden Organisation (Rolff 1998)

Abbildung 4.1 Schalenmodell zur Steuerung von Schulentwicklung in Berlin (leicht modifiziert, nach van Buer, Wagner, Rückmann und Köller 2009, 177 f.)

Abbildung 5.1 Inhaltliche Gliederung eines schulinternen Evaluationsberichts

Abbildung 5.2 Darstellung wesentlicher Informationen zu den N = 74 Einzelprojekten (Nennung der Anzahl der Schulen)

Abbildung 5.3 Befunde zum Einbezug von Personengruppen in die Evaluationsmaßnahme

Abbildung 7.1 Altersverteilung der befragten Lehrkräfte

Abbildung 7.2 Kenntnisstand zu Schulprogramm und internem Evaluationsbericht ← 11 | 12 →

Abbildung 7.3 Boxplots der Zwei-Cluster-Lösung der Two-Step-Clusteranalyse

Abbildung 7.4 Clusterverteilung der Einzelschulen

Abbildung 7.5 Personenbezogene Merkmale der Cluster

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 2.1 Evaluationsformen und -verfahren im Schulwesen (Thillmann 2012, 43)

Tabelle 2.2 Aufbau eines Evaluationsberichts

Tabelle 3.1 Bedeutsame Faktoren des Unterrichts (nach Slavin 1995, 6)

Tabelle 3.2 Übersicht über Ansätze der Theoriebildung der Schulentwicklung (in Anlehnung an Seel und Hanke 2015)

Tabelle 5.1 Anzahl der Schüler/innen sowie Lehrkräfte der teilnehmenden Schulen

Tabelle 5.2 Bildungsgänge in den teilnehmenden Schulen

Tabelle 5.3 Kategoriensystem zur inhaltsanalytischen Auswertung der internen Evaluationsberichte

Tabelle 5.4 Beispiel für frequenzanalytische Vorgehensweise (Ausschnitt aus dem Kategoriensystem)

Tabelle 5.5 Beispiel 1 für valenzanalytische Vorgehensweise (Ausschnitt aus dem Kategoriensystem)

Tabelle 5.6 Beispiel 2 für valenzanalytische Vorgehensweise (Ausschnitt aus dem Kategoriensystem)

Tabelle 5.7 Befunde zu formalen Merkmalen der internen Evaluationsberichte (N = 11)

Tabelle 5.8 Befunde zu formalen Merkmalen der Übersichtlichkeit der internen Evaluationsberichte (N = 11)

Tabelle 5.9 Übereinstimmung von Projekten im Schulprogramm und Projekten im Evaluationsbericht (N = 11)

Tabelle 5.10 Befunde zur Mitarbeit an der Berichterstellung

Tabelle 5.11 Befunde zum dokumentierten Nutzen der internen Evaluation

Tabelle 5.12 Aussagen zur Weiterentwicklung der Evaluationsprojekte (N = 74 Einzelprojekte)

Tabelle 5.13 Aussagen zu Problemen/Schwierigkeiten (N = 11 Schulen)

Tabelle 6.1 Arbeitsschritte der Zirkulären Dekonstruktion (vgl. Jaeggi, Faas und Mruck 1998)

Tabelle 6.2 Zusammensetzung der acht Interviewgruppen ← 13 | 14 →

Tabelle 6.3 Synopsis der zentralen Kategorien

Tabelle 6.4 Verdichtung der zentralen Kategorien zu Konstrukten

Tabelle 7.1 Allgemeine Merkmale der Befragten

Tabelle 7.2 Tabelle zur Beschäftigungsdauer im Schuldienst und zur Beschäftigungsdauer an der aktuellen Schule

Tabelle 7.3 Skalenübersicht mit Reliabilität (α) und Trennschärfe der Items (rit)

Tabelle 7.4 Mittelwerte (M) und Standardabweichungen (SD) der Skalen

Tabelle 7.5 Relative Häufigkeiten ausgewählter Einzelitems zum Bereich Schulentwicklung und interne Evaluation

Tabelle 7.6 Relative Häufigkeiten ausgewählter Einzelitems zum Bereich Arbeitsleben

Tabelle 7.7 Relative Häufigkeiten ausgewählter Einzelitems zum Bereich Schulleben

Tabelle 7.8 Relative Häufigkeiten ausgewählter Einzelitems zum Bereich Kommunikation und Information

Tabelle 7.9 Prädiktoren zur Vorhersage von Einstellung zur Schulentwicklung (N = 460)

Tabelle 7.10 Prädiktoren zur Vorhersage von Nutzenzuschreibung von Schulentwicklung (N = 446)

Tabelle 7.11 Prädiktoren zur Vorhersage von Nutzenzuschreibung von interner Evaluation (N = 446)

Tabelle 7.12 Kreuztabelle zum Vergleich der Lösungen der hierarchisch-agglomerativen Clusteranalyse (Ward-Verfahren) und der Clusterzentrenanalyse (K-Means-verfahren)

Tabelle 7.13 Clusterzuordnung des Two-Step-Clusters mit Ward-Methode

Tabelle 7.14 Clusterzuordnung des Two-Step-Clusters mit Clusterzentrenanalyse (K-Means-Verfahren)

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Abkürzungsverzeichnis

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1 Einführung zur Platzierung des Themas und Forschungsvorhaben

Schulen in der Bundesrepublik Deutschland sind in den vergangenen Jahren stärker denn je in das Blickfeld der öffentlichen, bildungspolitischen, administrativen und wissenschaftlichen Aufmerksamkeit, Kritik und Diskussion gerückt. Ausgelöst wurde diese Entwicklung vor allem mit der im Nachgang der international vergleichenden Schulqualitäts- und Innovationsforschung und der Schulleistungsstudien wie TIMSS, PISA und IGLU ausgelösten Krise traditioneller Steuerungssysteme (vgl. z. B. Baumert et al. 2001, Deutsches PISA Konsortium 2003, 2007, Klieme et al. 2010). Da deutsche Schüler/innen nur mäßige Ergebnisse in den Untersuchungen erzielten und damit nur im internationalen Durchschnitt lagen, werden die Leistung und damit auch die Qualität des gesamten Bildungssystems angezweifelt. Diese outputorientierte Bewertung des Bildungssystems bedeutet gleichzeitig bildungspolitisch eine Fokusverschiebung vom Input zum Output als Ergebnis schulischen Lernens. Aus diesen Ergebnissen und Entwicklungen resultieren bildungspolitische Reformbemühungen, deren Ziel es ist, die Qualität des gesamten deutschen Bildungssystems, seiner Einzelschulen und insbesondere der dort stattfindenden Lehr-Lern-Situationen kontinuierlich zu verbessern.

Mit der Herausbildung dieses Ziels vollzog sich in einem ersten Schritt auch ein makropolitischer Wandel im deutschen Bildungswesen: Die bis in die 1980er Jahre vorherrschende Strategie der zentralen Steuerung von Qualitätsentwicklung im Schulwesen wurde zugunsten der Vorstellungen zur erweiterten einzelschulischen Verantwortung verändert. Diese Erweiterung einzelschulischer Verantwortung ist gekoppelt an die Verpflichtung zu erweiterter Rechenschaftslegung (in Form interner und externer Evaluationen), was einen verstärkten Blick auf das Thema einzelschulischer Qualität zur Folge hat. Im Zuge dieser Veränderung wurden in der gesamten Bundesrepublik bildungspolitische Reforminstrumente verabschiedet, in deren Rahmen Evaluationen eine wichtige Funktion einnehmen. Aufgrund der föderalen Struktur Deutschlands entwickelten sich in der Umsetzung der Reforminstrumente je eigene bundeslandspezifische Lösungen. Im Ergebnis der Entwicklungen ist festzuhalten, dass den Einzelschulen eine zentrale, aktive Rolle zugesprochen wurde, denn diese wurden im Zuge erhöhter Gestaltungsautonomie zum zentralen Akteur der Veränderungsarbeit.

Die hier vorliegende Arbeit richtet den Blick auf Berliner berufliche Schulen. Das Bundesland Berlin novellierte sein Schulgesetz im Jahr 2004 mit dem Ziel einer ← 17 | 18 → umfassenden Modernisierung, die die innerschulische Qualität, besonders die des Unterrichts, fokussiert. Für die Berliner Schulen bedeuten diese Entwicklungen auf der einen Seite von der Schulverwaltung zugesprochene erweiterte Selbstverantwortung für die Einzelschulen, auf der anderen Seite aber auch eine Reihe an Vorgaben zur Umsetzung weitreichender Qualitätsentwicklungsinstrumente. Dazu zählen u. a. die Erstellung und Implementierung von Schulprogrammen, die Durchführung interner Evaluation respektive interner Evaluationsberichterstellung sowie die Teilnahme an externer Evaluation (Schulinspektion). Mit der Vorgabe dieser Instrumente sichert sich die Schulaufsicht unübersehbare Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten. Die schulgesetzlichen Veränderungen zielen von bildungspolitischer und schulverwaltender Seite auf eine systematische mittel- und langfristige Verbesserung der Qualität der Lehr-Lern- und Entwicklungsangebote in allen Schulen und damit auf Leistungsverbesserungen der Schüler/innen (festgestellt über Testinstrumente, die sich auf die vereinbarten Bildungsstandards beziehen, sowie das Abschneiden in den internationalen Leistungsstudien). Für die einzelnen Schulen bedeuten Umsetzung der Instrumente und Erstellung der Dokumente des Schulprogramms und des internen Evaluationsberichts zumindest einen deutlichen Mehraufwand.

Im Rahmen der hier vorgelegten Arbeit wurde vor dem Hintergrund des berlinspezifischen Rahmens eine empirische Studie durchgeführt, die die einzelschulischen Akteure (Lehrkräfte, Leitungspersonal) in den Mittelpunkt stellt. Es werden Ergebnisse und Erkenntnisse darüber vorgestellt, wie diese Akteure mit den schulrechtlichen Vorgaben zur evaluationsbasierten Schulentwicklung umgehen und welche Einstellung sie diesen gegenüber haben. Besondere Beachtung finden hierbei das Instrument der internen Evaluation sowie das Dokument des internen Evaluationsberichts. Es wird zudem geprüft, inwiefern die Schulen die Vorgaben zur Erstellung des internen Evaluationsberichts erfüllt haben. Dafür werden die Evaluationsberichte der an der Studie teilnehmenden Schulen einer inhaltsanalytischen Untersuchung unterzogen. Darüber hinaus ist der Blick auf die Einstellung der schulischen Akteure gegenüber Schulentwicklungsaktivitäten gerichtet. Es ist nicht Anspruch dieser Arbeit, Gelingens- und Misslingensbedingungen in der Umsetzung der vielfältigen Aufgaben im Rahmen von Qualitätsarbeit an Schulen aufzuzeigen. Die Motivation dieser Arbeit liegt vielmehr darin, zu untersuchen, ob die vorgegebenen Instrumente von den einzelschulischen Akteuren für einzelschulische Qualitätsentwicklung und -sicherung als wirksame und zielführende Instrumente verstanden und eingesetzt sowie damit letztendlich als nützlich eingeschätzt werden. ← 18 | 19 →

1.1 Thematische Einordnung der für die Arbeit relevanten Fragestellungen

Einordnung in bildungspolitische Entwicklungen Deutschlands

Die folgenden Ausführungen zu bildungspolitischen Entwicklungen in Deutschland erfolgen skizzenartig; sie dienen als Rahmen für die thematische Einordnung der Arbeit. Zunächst erfolgt ein kurzer Überblick zu Strukturmerkmalen und Steuerungsmodalitäten im deutschen Bildungssystem.

Das deutsche Bildungssystem unterliegt einer föderalistischen Struktur. Die einzelnen Bundesländer besitzen Kulturhoheit und damit umfangreiche Zuständigkeit in der Bildungspolitik. Lediglich die Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) gelten als bildungspolitische Empfehlungen an die Bundesländer und werden dort von den jeweils zuständigen Ministerien bundeslandspezifisch in entsprechende bildungs- und schulpolitische Maßnahmen1 formuliert und zur Umsetzung gebracht. Im Rahmen der Umsetzung der Maßnahmen kommt der Schulaufsicht der einzelnen Bundesländer eine wichtige Begleit-, Unterstützungs- und Überwachungsfunktion zu. Die Schulaufsicht ist jeweils Teil der landeseigenen Kultusadministration und umfasst Fachaufsicht, Rechtsaufsicht und Dienstaufsicht (vgl. Baum 2014, 15 ff.).

Details

Seiten
398
Jahr
2016
ISBN (ePUB)
9783631699379
ISBN (PDF)
9783653069877
ISBN (MOBI)
9783631699386
ISBN (Hardcover)
9783631676226
DOI
10.3726/978-3-653-06987-7
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (September)
Schlagworte
Bildungsforschung Bildungspolitik Schulentwicklung Schulqualität Schulprogramm Evaluationsbericht
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2016. 398 S., 19 s/w Graf., 35 s/w Tab.

Biographische Angaben

Jana Rückmann (Autor:in)

Jana Rückmann ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Wirtschaftspädagogik an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte umfassen Interne Evaluation und Qualitätsentwicklung in Bildungseinrichtungen, Professionalisierung sowie Organisationsentwicklung.

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