Afrika: Radikal neu denken?

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Vorwort: Raum für unkonventionelle Ideen und Sichtweisen

Vor Beginn der Vortragsreihe, die dieser Publikation zugrunde liegt, stellten wir uns die Frage, ob das Nachdenken über Afrika inzwischen zu stark in Schablonen erfolgt und zu wenig Raum lässt für unkonventionelle Ideen und Sichtweisen. Ihnen aber wollten wir eine Bühne geben und zwar die akademische Bühne der Freien Universität Berlin.

In 16 Veranstaltungen im Wintersemester 2012/13 waren dann Stimmen vom und Ansichten über den afrikanischen Kontinent zu hören: Stimmen aus Politik und Wissenschaft, von Aktivist*innen und Vertreter*innen verschiedener NGOs, die „radikale Alternativen“ auf ihren jeweiligen Themenfeldern beleuchteten und nach den neuen Wegen fragten, die Afrikaner*innen heute gehen.

Obwohl seit der Ringvorlesung einige Zeit verstrichen ist, sind die Themen so aktuell wie nie. Damals diskutierten beispielsweise vier politische Akteur*innen die aktuelle EU-Flüchtlingspolitik und identifizierten Visionen und Potentiale für die Zukunft. Alle waren sich damals einig, dass Europa und Deutschland ohne eine sofortige Änderung in der Migrationspolitik vor bald riesigen Herausforderungen stehen würden. Heute stehen wir nicht mehr davor, sondern mitten drin – das Thema Flucht dominiert Medien und die politischen Debatten – und eine europäische Vision einer umfassenden Asyl-, Flüchtlings- und auch Migrationspolitik ist noch immer nicht in Sicht.

Aber nicht nur das Thema Migration, auch der politische Wandel ist auf dem Kontinent hoch präsent: Die Maghreb-Region sucht auch fünf Jahre nach der so genannten Arabellion noch nach Stabilität, während südlich der Sahara vielerorts die Stimmen von aktiven jungen Bürger*innen immer lauter werden, die nach Veränderung streben – aktive Bürger*innen, die die alten Systeme nicht mehr akzeptieren und sich zur Wehr setzen, beispielsweise gegen den Machtmissbrauch politischer Eliten durch verlängerte Amtszeiten und Korruption.

Müssen wir also Afrika „radikal neu denken?“ Oder muss sich Afrika radikal neu erfinden, während sich der europäische Blick auf Afrika radikal öffnen muss – weg von Stereotypen, hin zu einer hochdifferenzierten Sicht auf ← 11 | 12 → hochkomplexe kulturelle, soziale, politische, ökonomische und nicht zuletzt ökologische Prozesse? Die Frage ist schon fast die Antwort.

Wir sind sicher, dass die Texte Anlass geben zu Diskussionen. Wir wünschen, dass sie Einblicke in Debatten gewähren, wie sie hierzulande nicht alltäglich sind.