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Der «besondere Schutz» der Ehe gem. Art. 6 Abs. 1 GG in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Entscheidungen zur Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe

von Leonie Viktoria Böcking (Autor:in)
©2017 Dissertation 294 Seiten

Zusammenfassung

Die Autorin untersucht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum «besonderen Schutz» der Ehe gem. Art. 6 Abs. 1 GG. In seiner Lebenspartnerschaftsentscheidung erklärte das Gericht die einfachgesetzliche Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft gerade deshalb für verfassungsgemäß, da sie als gleichgeschlechtliche Gemeinschaft im Vergleich zur Ehe ein «aliud» sei. In seiner jüngsten Judikatur beschäftigt sich das Gericht allerdings bereits damit, inwieweit Lebenspartnern ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit Ehegatten aus Art. 3 Abs. 1 GG zusteht. Der Fokus liegt also nicht mehr auf der Lebenspartnerschaft als «aliud» zur Ehe, sondern umgekehrt auf der Eigenschaft beider Lebensgemeinschaften als rechtsverbindliche Formen der Verantwortungsgemeinschaft. Diese Entwicklung wirft die Frage auf, inwieweit die Ehe noch unter dem durch Art. 6 Abs. 1 GG garantierten «besonderen Schutz» steht und gibt Anlass, den grundgesetzlichen Eheschutz in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu untersuchen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort
  • 1. Teil: Einleitung
  • A. Problemstellung und Erkenntnisinteresse
  • B. Gang der Untersuchung
  • 2. Teil: Der „besondere Schutz“ der Ehe gem. Art. 6 Abs. 1 GG in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
  • A. Die verfassungsgeschichtliche Entwicklung des „besonderen“ Eheschutzes
  • I. Der „besondere Schutz“ der Ehe in der Weimarer Reichsverfassung
  • 1. Die Entstehung des Art. 119 Abs. 1 S. 1 WRV im „Unterausschuß für die Grundrechte“
  • 2. Die Stellungnahmen der mit Art. 119 WRV befassten Abgeordneten
  • a. Anerkennung der Ehe als schützenswertes Gemeinschaftsgut
  • b. Zweifel bezüglich der rechtlichen Wirkung des Eheschutzartikels
  • c. Die hinter dem besonderen Eheschutz stehenden Motive
  • 3. Die Bedeutung des „besonderen“ Eheschutzes in der Wissenschaft
  • a. Die exponierte Stellung des Art. 119 WRV im Gefüge der Weimarer Reichsverfassung
  • b. Die zeitgenössische Auslegung des Art. 119 Abs. 1 S. 1 WRV als Institutsgarantie
  • c. Die Begründung des „besonderen Schutzes“ der Ehe
  • d. Art. 119 Abs. 1 S. 1 WRV als reines Gesetzgebungsprogramm
  • 4. Die Formulierung des „besonderen Schutzes“ in Art. 119 Abs. 1 S. 1 WRV
  • a. Interpretation des Art. 119 Abs. 1 S. 1 WRV als Institutsgarantie
  • b. Eigenständige Bedeutung des „besonderen Schutzes“?
  • 5. Die materielle Außerkraftsetzung des verfassungsrechtlichen Eheschutzes in der Zeit des Nationalsozialismus
  • II. Die Aufnahme des „besonderen Schutzes“ der Ehe in das Grundgesetz
  • 1. Die Entstehung des Art. 6 Abs. 1 GG in den Fachausschüssen des Parlamentarischen Rates
  • a. Die Einführung des verfassungsrechtlichen Eheschutzes im Ausschuss für Grundsatzfragen
  • aa) Die Begründung des Antrags
  • bb) Art. 119 Abs. 1 WRV als historische Vorlage
  • cc) Zweifel hinsichtlich der Rechtswirkungen eines verfassungsrechtlichen Eheschutzartikels
  • dd) Gleichrangiger Schutz kinderreicher und kinderloser Ehen
  • ee) Der Verzicht auf den „besonderen“ Schutz
  • b. Die erneute Umformulierung des Vorschlags im Allgemeinen Redaktionsausschuss
  • c. Die Annahme der gekürzten Endversion des Art. 6 Abs. 1 GG durch den Hauptausschuss
  • 2. Die Formulierung des „besonderen Schutzes“ in Art. 6 Abs. 1 GG
  • a. Die Interpretation des Art. 6 Abs. 1 GG als Institutsgarantie
  • b. Eigenständige Bedeutung des „besonderen Schutzes“?
  • III. Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Art. 119 Abs. 1 S. 1 WRV und Art. 6 Abs. 1 GG
  • 1. Konservativer Ursprung beider Normen
  • 2. Die Verbindung von Ehe und Familie
  • 3. Unterschiedliche Bindungswirkung beider Normen
  • 4. Keine entstehungsgeschichtlich belegte eigenständige Bedeutung des „besonderen Schutzes“
  • B. Das verfassungsgerichtliche Eheverständnis
  • I. Notwendigkeit einer verfassungsgerichtlichen Bestimmung des Ehebegriffes
  • II. Der Ehebegriff in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
  • 1. Die durch Art. 6 Abs. 1 GG gewährleisteten Strukturprinzipien der Ehe
  • a. Verbindung zwischen Mann und Frau
  • aa) Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehegatten
  • bb) Transsexualität: Durchbrechung der Verschiedengeschlechtlichkeit?
  • b. Auf Dauer angelegt
  • c. Einehe
  • d. Konsens
  • e. Staatliche Mitwirkung
  • f. Gleichberechtigungsgebot
  • g. Freie Entscheidung über das eheliche Zusammenleben
  • 2. Ausgestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers
  • 3. Keine abstrakte Gewährleistung der Ehe
  • III. Abgrenzung der Ehe zu anderen Formen der Lebensgemeinschaft
  • 1. Eingetragene Lebensgemeinschaft
  • 2. Nichteheliche, eheähnliche und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaft
  • 3. Familie
  • C. Die Bedeutung des „besonderen Schutzes“ in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung
  • I. Der „besondere Schutz“ im weiteren Sinne: drei Dimensionen des verfassungsrechtlichen Eheschutzes
  • 1. Grundrecht
  • a. Anwendungsbereich des Ehegrundrechts
  • b. Gewährleistungsumfang des Ehegrundrechts
  • aa) Eheschließungsfreiheit
  • bb) Ehegestaltungsfreiheit
  • cc) Eheauflösungs- und Wiederverheiratungsfreiheit
  • c. Schrankenloses Schutzgebot
  • d. Zeitliche Komponente des Eheschutzes
  • 2. Institutsgarantie
  • a. Inhalt der Institutsgarantie
  • aa) Gewährleistung des Instituts „Ehe“
  • bb) Gewährleistung wesentlicher Strukturprinzipien der Ehe
  • cc) Gewährleistung des Kerns der das Eherecht bildenden Vorschriften
  • b. Verletzung der Institutsgarantie
  • 3. Wertentscheidende Grundsatznorm
  • a. Anerkennung des besonderen Wertes des Instituts Ehe
  • b. Ableitung der Funktion als wertentscheidende Grundsatznorm aus der Formulierung des „besonderen Schutzes“
  • c. Die aus der wertentscheidenden Grundsatznorm erwachsenden Schutz- und Förderpflichten
  • II. Die verfassungsdogmatische Einordnung des „besonderen Schutzes“ im engeren Sinne
  • 1. Die Bedeutung des „besonderen Schutzes“ für die Einordnung des Art. 6 Abs. 1 GG als wertentscheidende Grundsatznorm
  • 2. Die Systematisierung der sich aus dem „besonderen Schutz“ ergebenden Schutzverpflichtung
  • a. Negative Schutzfunktion
  • aa) Schädigungs- und Beeinträchtigungsverbot
  • bb) Benachteiligungsverbot
  • cc) Rechtfertigung einer Belastung der Ehe
  • b. Positive Schutzfunktion
  • aa) Schutzgebot
  • (1) Schutz vor Eingriffen Dritter in die Ehe
  • (2) Schutz der Ehegatten voreinander
  • bb) Fördergebot
  • 3. Verpflichteter: die staatliche Gemeinschaft
  • 3. Teil: Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe
  • A. Das Lebenspartnerschaftsurteil vom 17. Juli 2002
  • I. Inhalt des Urteils und Kritik
  • 1. Vereinbarkeit des LPartDisBG mit Art. 6 Abs. 1 GG
  • a. Vereinbarkeit mit der Eheschließungsfreiheit
  • aa) Die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts
  • bb) Verletzung der Eheschließungsfreiheit
  • cc) Eigene Ansicht
  • b. Vereinbarkeit mit der Institutsgarantie
  • aa) Die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts
  • bb) Die in der Literatur vertretenen Ansichten
  • (1) Unterlaufen der Institutsgarantie
  • (2) Begrenzter Wirkungsbereich der Institutsgarantie
  • cc) Eigene Ansicht
  • c. Vereinbarkeit mit der wertentscheidenden Grundsatznorm
  • aa) Die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts
  • (1) Kein Verstoß gegen das Schädigungs-, Beeinträchtigungs- und Benachteiligungsverbot
  • (2) Kein Verstoß gegen das Fördergebot
  • (3) Begünstigungserlaubnis zugunsten der Ehe
  • (4) Kein Benachteiligungs- oder Abstandsgebot in Bezug auf gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften
  • (5) Keine über den Schutz- und Förderauftrag hinausgehende Bedeutung des „besonderen Schutzes“
  • bb) Die in der Literatur vertretenen Ansichten
  • (1) Verletzung eines sich aus Art. 6 Abs. 1 GG ergebenden „Abstandsgebotes“
  • (2) Keine Verletzung der in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltenen Wertentscheidung
  • cc) Eigene Ansicht
  • (1) Keine verfassungsgeschichtliche Herleitung eines Abstandsgebotes gegenüber der eingetragenen Lebenspartnerschaft
  • (2) Keine Herleitung eines Abstandsgebotes aus der früheren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
  • (3) Verwirklichung der Grundrechte gleichgeschlechtlicher Partner durch Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft
  • (4) Keine Gefährdung des „besonderen Schutzes“ der Ehe
  • (5) Pflicht zur Verhinderung eines Funktionsverlustes der Ehe durch Schutz vor Konkurrenzinstituten
  • 2. Vereinbarkeit des LPartDisBG mit Art. 3 GG
  • a. Vereinbarkeit des LPartDisBG mit Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG
  • aa) Die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts
  • bb) Gegenansicht: Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts
  • cc) Eigene Ansicht
  • b. Vereinbarkeit des LPartDisBG mit Art. 3 Abs. 1 GG
  • aa) Die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts
  • (1) Keine Ungleichbehandlung verschiedengeschlechtlicher, nichtehelicher Lebensgemeinschaften
  • (2) Keine Ungleichbehandlung verwandtschaftlicher Einstandsgemeinschaften
  • bb) Gegenansicht: Diskriminierung verwandtschaftlicher Einstandsgemeinschaften
  • cc) Eigene Ansicht
  • (1) Keine Diskriminierung verschiedengeschlechtlicher, nichtehelicher Lebensgemeinschaften
  • (2) Diskriminierung verwandtschaftlicher Einstandsgemeinschaften
  • II. Schlussfolgerungen in Bezug auf die geltende Auslegung des Art. 6 Abs. 1 GG
  • 1. Keine Verletzung des „besonderen Schutzes“ durch Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft
  • 2. Unterschiedliche Wirkung des Art. 6 Abs. 1 GG
  • a. Privilegierungsermächtigung des Gesetzgebers zugunsten der Ehe
  • b. Kein Abstandsgebot gegenüber der eingetragenen Lebenspartnerschaft
  • c. Benachteiligungsverbot der Ehe
  • d. Funktionsschutz und Konkurrenzschutz der Ehe gegenüber verschiedengeschlechtlichen Lebensformen
  • 3. Keine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Bereitstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft
  • B. Die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe
  • I. Kontext der ergangenen Entscheidungen
  • 1. Die Kammerrechtsprechung des Zweiten Senats zum Familienzuschlag der Stufe 1
  • a. Der zugrunde liegende Sachverhalt
  • b. Die Entscheidung der 1. Kammer des Zweiten Senats
  • aa) Prüfungsmaßstab Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG
  • bb) Mittelbare Ungleichbehandlung aufgrund der sexuellen Orientierung
  • cc) Rechtfertigung der Ungleichbehandlung durch Art. 6 Abs. 1 GG
  • 2. Die Mar uko-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
  • a. Der zugrunde liegende Sachverhalt
  • b. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
  • c. Die Auswirkungen der Maruko-Entscheidung auf die nationalen Gerichte
  • II. Die Entscheidungen im Einzelnen
  • 1. Die Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft im Bereich der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung
  • a. Der zugrunde liegende Sachverhalt
  • b. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
  • aa) Prüfungsmaßstab: Art. 3 Abs. 1 GG
  • (1) Vorliegen einer Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft
  • (2) Keine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung
  • (a) Anwendung eines strengen Gleichheitsmaßstabes: Die Ungleichbehandlung verschiedener Personengruppen aufgrund der sexuellen Orientierung
  • (b) Fehlen eines die Ungleichbehandlung rechtfertigenden sachlichen Differenzierungsgrundes
  • bb) Rechtsfolge: Gewährung von Hinterbliebenenrente gem. § 38 VBLS auch an eingetragene Lebenspartner
  • 2. Die Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz
  • a. Der zugrunde liegende Sachverhalt
  • b. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
  • aa) Prüfungsmaßstab: Art. 3 Abs. 1 GG
  • (1) Vorliegen einer Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft
  • (2) Anwendung eines strengen Gleichheitsmaßstabes: Die Ungleichbehandlung verschiedener Personengruppen aufgrund der sexuellen Orientierung im Steuerrecht
  • (3) Keine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung
  • bb) Rechtsfolge: Unanwendbarkeit der §§ 16 Abs. 1, 17 und 15 Abs. 1 i.V.m. § 19 ErbStG a.F.
  • 3. Der Familienzuschlag der Stufe 1 im Beamtenrecht auch für eingetragene Lebenspartner
  • a. Der zugrunde liegende Sachverhalt
  • b. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
  • aa) Prüfungsmaßstab: Art. 3 Abs. 1 GG
  • (1) Vorliegen einer Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft
  • (2) Anwendung eines strengen Gleichheitsmaßstabs: Die Ungleichbehandlung verschiedener Personengruppen aufgrund der sexuellen Orientierung
  • (3) Keine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung
  • bb) Rechtsfolge: Unvereinbarkeit des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG mit dem Grundgesetz
  • 4. Die Befreiung eingetragener Lebenspartner von der Grunderwerbsteuer
  • a. Der zugrunde liegende Sachverhalt
  • b. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
  • aa) Prüfungsmaßstab: Art. 3 Abs. 1 GG
  • (1) Vorliegen einer Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft
  • (2) Anwendung eines strengen Gleichheitsmaßstabes: Die Ungleichbehandlung verschiedener Personengruppen aufgrund der sexuellen Orientierung im Steuerrecht
  • (3) Keine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung
  • bb) Rechtsfolge: Unvereinbarkeit des § 3 Nr. 4 GrEStG a.F. mit Art. 3 Abs. 1 GG
  • 5. Die Zulassung der Sukzessivadoption durch eingetragene Lebenspartner
  • a. Der zugrunde liegende Sachverhalt
  • b. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
  • aa) Prüfungsmaßstab: Art. 3 Abs. 1 GG
  • (1) Vorliegen einer Ungleichbehandlung
  • (2) Anwendung eines strengen Gleichheitsmaßstabes: Die Ungleichbehandlung verschiedener Personengruppen aufgrund der sexuellen Orientierung
  • (3) Keine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung
  • bb) Rechtsfolge: Unvereinbarkeit des § 9 Abs. 7 LPartG a.F. mit Art. 3 Abs. 1 GG
  • 6. Die Verfassungswidrigkeit des Ausschlusses eingetragener Lebenspartner vom Ehegattensplitting
  • a. Der zugrunde liegende Sachverhalt
  • b. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
  • aa) Prüfungsmaßstab: Art. 3 Abs. 1 GG
  • (1) Anwendung eines strengen Gleichheitsmaßstabes: Die Ungleichbehandlung verschiedener Personengruppen aufgrund der sexuellen Orientierung im Steuerrecht
  • (2) Vorliegen einer Ungleichbehandlung
  • (3) Keine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung
  • bb) Rechtsfolge: Unvereinbarkeit der §§ 26, 26b und 32a Abs. 5 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG
  • III. Die rechtliche Würdigung der ergangenen Entscheidungen
  • 1. Die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG auf das Verhältnis zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft
  • a. Das Vorliegen einer Ungleichbehandlung
  • b. Die Geltung eines strengen Rechtfertigungsmaßstabs: Die Ungleichbehandlung von Personengruppen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung
  • aa) Die Ungleichbehandlung von Personengruppen
  • bb) Die Anknüpfung der Ungleichbehandlung an die sexuelle Orientierung
  • (1) Der Anknüpfungspunkt der sexuellen Orientierung
  • (2) Gesteigerter Rechtfertigungsbedarf durch die Anknüpfung an die sexuelle Orientierung
  • c. Die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung der Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe
  • aa) Die geltenden Rechtfertigungsanforderungen
  • bb) Erforderlichkeit eines über Art. 6 Abs. 1 GG hinausreichenden Rechtfertigungsgrundes
  • 2. Kritik und eigene Ansicht
  • a. Die sexuelle Orientierung als unzulässiger Anknüpfungspunkt
  • aa) Anknüpfung der Ungleichbehandlung an den Familienstand bzw. an das Geschlecht
  • bb) Missachtung des Verfassungsgeberwillens durch Anknüpfung an die sexuelle Orientierung
  • cc) Eigene Ansicht
  • (1) Die sexuelle Orientierung als Unterscheidungsmerkmal zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft
  • (2) Die Etablierung der sexuellen Orientierung als Quasi-Diskriminierungsverbot i.S.d. Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG
  • (3) Europarechtsfreundliche Verfassungsauslegung
  • (4) Der durch die Anknüpfung an die sexuelle Orientierung geltende strenge Rechtfertigungsmaßstab
  • (5) Keine Notwendigkeit der Erweiterung des Art. 3 Abs. 3 GG um das Merkmal der „sexuellen Identität“
  • b. Die Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft als Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG
  • aa) Die Nivellierung des besonderen Eheschutzes
  • bb) Die Funktionalisierung des verfassungsrechtlichen Eheschutzes
  • cc) Eigene Ansicht
  • (1) Bestätigung der Lebenspartnerschaftsentscheidung
  • (2) Die Umsetzung der in der Maruko-Entscheidung statuierten Vorgaben
  • (3) Die Rechtfertigung der verfassungsrechtlichen Privilegierung der Ehe
  • (4) Der Anspruch eingetragener Lebenspartner auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG
  • (a) Art. 3 Abs. 1 GG als korrekter Prüfungsmaßstab
  • (b) Vorliegen einer Ungleichbehandlung
  • (c) Art. 6 Abs. 1 GG als partielle Differenzierungsermächtigung im Verhältnis zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft
  • (d) Die Vergleichbarkeit von Ehe und Lebenspartnerschaft i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG
  • 3. Schlussfolgerungen in Bezug auf die geltende Auslegung des Art. 6 Abs. 1 GG
  • a. Keine Spezialität des Art. 6 Abs. 1 GG gegenüber Art. 3 Abs. 1 GG in Bezug auf die eingetragene Lebenspartnerschaft
  • b. Funktionswandel der Ehe und Entkoppelung von der Familie
  • C. Gesamtbetrachtung der Rechtsprechungsentwicklung
  • 4. Teil: Zusammenfassung, Fazit und Ausblick
  • A. Zusammenfassung
  • B. Fazit und Ausblick
  • Literaturverzeichnis

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Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2016/2017 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Justus-Liebig-Universität Gießen als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur wurden bis August 2016 berücksichtigt.

Mein herzlicher Dank gilt zuvörderst meinem verehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Martin Lipp, der mich während meines gesamten Promotionsprojektes fortwährend unterstützt und ermutigt hat. Seine stetige Gesprächsbereitschaft und sein in mich investiertes Vertrauen haben den Fortgang der Arbeit wesentlich beeinflusst. Herrn Professor Dr. Christoph Benicke danke ich für die überaus zügige Erstellung des Zweitgutachtens.

Frau Dr. Anja Schneider und Frau Julia-Anne Schick schulde ich Dank für die Mühen des Korrekturlesens.

Ein besonderer Dank gilt meinem Partner Herrn Dr. Daniel Schlitzer, der mein Vorhaben durch alle Höhen und Tiefen begleitet hat und mir stets mit Rat und Tat zur Seite stand. Gewidmet ist die Arbeit meinen Eltern Michaela Kunze-Böcking und Norbert Böcking, die mich während meiner gesamten Ausbildung materiell und immateriell in jeder erdenklichen Weise gefördert haben.

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1. Teil: Einleitung

A.   Problemstellung und Erkenntnisinteresse

Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland stehen Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 GG unter dem „besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“. Deutschland ist damit eines der wenigen Länder, welches Ehe und Familie einen verfassungsrechtlichen Schutz gewährt.1 Der Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 GG gilt seit Inkrafttreten des Grundgesetzes im Jahr 1949 unverändert fort. Allerdings hat sich die gesellschaftliche Realität seit dem Zeitpunkt der Verfassungsgebung geändert: Die Zahl der Eheschließungen geht kontinuierlich zurück und die Zahl der Ehescheidungen hat sich verdreifacht.2 Das traditionelle Ehe- und Familienmodell, in dem verschiedengeschlechtliche, verheiratete Eltern mit ihren Kindern zusammenleben, ist nur noch eine Möglichkeit von vielen. Neben zahlreichen kinderlosen Ehen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften ist auch die sog. eingetragene Lebenspartnerschaft zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren, im täglichen Sprachgebrauch salopp als „Homo-Ehe“3 bezeichnet, an der Tagesordnung.

Das familienrechtliche Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft wurde im Jahr 2001 durch das „Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften (LPartDisBG)“4 eingeführt. Die eingetragene Lebenspartnerschaft erlaubt es gleichgeschlechtlichen Paaren, ihrer Partnerschaft einen rechtsverbindlichen Rahmen zu geben. Ziel des LPartDisBG ist der Abbau von Diskriminierungen gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnerschaften.5 Das Gesetz regelt unter anderem die Begründung und Beendigung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft sowie die gegenseitigen Verpflichtungen der Lebenspartner. Dabei orientiert sich die einfachgesetzliche Ausgestaltung der eingetragenen Lebenspartnerschaft an den für Ehepartner geltenden Vorschriften, sodass Ehe und Lebenspartnerschaft auf einfachgesetzlicher Ebene weitgehend inhaltsgleich ausgestaltet sind. Gegen das LPartDisBG strengten die Sächsische Staatsregierung, die Landesregierung von Thüringen und die Bayerische ← 21 | 22 → Staatsregierung eine abstrakte Normenkontrolle vor dem Bundesverfassungsgericht an.6 Sie rügten insbesondere die materielle Unvereinbarkeit des Gesetzes mit Art. 6 Abs. 1 GG, denn diese Norm verbiete die Einführung eines nahezu ehegleich ausgestalteten Rechtsinstituts.7 Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft hingegen in seiner Lebenspartnerschaftsentscheidung für verfassungsgemäß und ermächtigte den Gesetzgeber, für die Ausgestaltung der eingetragenen Lebenspartnerschaft Regelungen zu erlassen, „die denen der Ehe gleich oder nahe kommen.“8 In den darauffolgenden Jahren erfolgten aufgrund dessen weitere einfachgesetzliche Angleichungen der eingetragenen Lebenspartnerschaft an die Ehe, hauptsächlich durch das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene „Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts“9, sodass sich die eingetragene Lebenspartnerschaft immer mehr von einem „eheähnlichen zu einem ehegleichen Rechtsinstitut“10 wandelte. Auch die jüngste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ab dem Jahr 2009 knüpft an diese Entwicklung an.11 Allerdings ist in den aktuellen Urteilen des Gerichts ein Perspektivwechsel zu erkennen: Ging es in der Lebenspartnerschaftsentscheidung noch um die Verfassungsmäßigkeit der eingetragenen Lebenspartnerschaft, beschäftigen sich die aktuellen Entscheidungen nun bereits damit, inwieweit eingetragenen Lebenspartnern ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit Ehegatten zusteht. Das Bundesverfassungsgericht stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen sei. Allerdings könne der in Art. 6 Abs. 1 GG statuierte „besondere Schutz“ der Ehe dann nicht als sachlicher Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung herangezogen werden, wenn die eingetragene Lebenspartnerschaft „nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zielen“ mit der Ehe vergleichbar sei, denn in dieser Konstellation rechtfertige der bloße Verweis auf das ← 22 | 23 → Schutzgebot der Ehe eine solche Differenzierung nicht.12 Die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft bedürfe in diesen Fällen vielmehr eines „hinreichend gewichtigen Sachgrundes, der gemessen am jeweiligen Regelungsgegenstand und -ziel die Benachteiligung“ rechtfertige.13

Diese Entwicklungen in der jüngsten Rechtsprechung des Gerichts werfen die Frage auf, inwieweit die Ehe als einzige verfassungsrechtlich geschützte Form der Paarbeziehung noch unter dem durch Art. 6 Abs. 1 GG garantierten „besonderen“ Schutz der staatlichen Ordnung steht. Kritiker werfen dem Bundesverfassungsgericht eine ungeschriebene Erweiterung des Art. 6 Abs. 1 GG um die eingetragene Lebenspartnerschaft und damit einen Verstoß gegen die in der Verfassung garantierte exklusive Stellung der Ehe und ein Obsoletwerden des „besonderen Schutzes“ als solchem vor.14 Dies gilt unter anderem auch vor dem Hintergrund, dass eine geplante Verfassungsänderung mit dem Ziel, auch andere auf Dauer angelegte Lebensformen unter den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG zu stellen, mehrfach gescheitert ist.15 Begrifflich fällt die eingetragene Lebenspartnerschaft zwar auch nach aktueller Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht unter den besonderen Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG, denn dieser schützt – und diesbezüglich besteht allgemein Einigkeit – ausschließlich die verschiedengeschlechtliche Paarbeziehung.16 Einfachrechtlich ist die eingetragene Lebenspartnerschaft allerdings mit nahezu ehegleichen Rechten ausgestattet. Und dort, wo der einfache Gesetzgeber auf eine allgemeine Gleichstellung verzichtet hat, verhilft das Bundesverfassungsgericht der eingetragenen Lebenspartnerschaft in jüngster Rechtsprechung über den Rückgriff auf Art. 3 Abs. 1 GG zur Gleichstellung. Und dies, obwohl die Verfassung ausschließlich die Ehe und nicht auch die eingetragene Lebenspartnerschaft unter ihren „besonderen Schutz“ stellt. Diese jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts geben Anlass, ← 23 | 24 → die Bedeutung des grundgesetzlichen Eheschutzes in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zu untersuchen. Hierbei geht es insbesondere um die Frage, ob die Ehe auch in der aktuellen Judikatur noch den ihr verfassungsrechtlich durch Art. 6 Abs. 1 GG zugesicherten „besonderen Schutz“ genießt oder ob dieser Schutz zunächst durch die Erklärung der Verfassungsmäßigkeit der eingetragenen Lebenspartnerschaft und sodann über die durch Art. 3 Abs. 1 GG erreichte Gleichbehandlung von eingetragener Lebenspartnerschaft und Ehe an Bedeutung verloren hat oder sogar überhaupt nicht mehr existiert. Zwar darf grundsätzlich niemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung zum gleichen Geschlecht benachteiligt werden. Deutschland unterscheidet sich aber von anderen Ländern, welche die gleichgeschlechtliche Ehe zulassen oder gleichgeschlechtlichen Partnern ein eheähnliches Institut zur Verfügung stellen, durch den im Grundgesetz explizit verankerten „besonderen Schutz“ der Ehe.17

B.   Gang der Untersuchung

Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Untersuchung des in Art. 6 Abs. 1 GG statuierten „besonderen“ Eheschutzes in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. In diesem Zusammenhang geht es insbesondere um die Frage, ob die Ehe auch in der aktuellen Rechtsprechung des Gerichts zur Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe noch unter dem durch Art. 6 Abs. 1 GG garantierten „besonderen Schutz“ der staatlichen Ordnung steht. Um diese Frage umfassend beantworten zu können, muss zunächst untersucht werden, was die in Art. 6 Abs. 1 GG verwendete Formulierung des „besonderen Schutzes“ überhaupt bedeutet, denn aufgrund des knappen Wortlauts der Norm ist ihre dogmatische Einordnung äußerst komplex. Im 2. Teil der Arbeit wird aufgrund dessen grundlegend das verfassungsgerichtliche Verständnis des besonderen Eheschutzes untersucht. Als Basis dieser Untersuchung dient eine Analyse der verfassungsgeschichtlichen Entwicklung und Bedeutung des „besonderen Schutzes“ der Ehe in der Weimarer Reichsverfassung und im Grundgesetz, denn im Rahmen seiner Auslegung des „besonderen Schutzes“ bezieht sich das Bundesverfassungsgericht unter anderem auf die historischen Wurzeln des Art. 6 Abs. 1 GG und des ebenfalls einen „besonderen Schutz“ gewährenden Art. 119 Abs. 1 S. 1 WRV. Im Anschluss hieran wird das verfassungsgerichtliche Eheverständnis ermittelt, denn die genaue Bestimmung des Schutzgutes ist wesentlich für die umfassende Untersuchung des „besonderen Schutzes“. Als Kernteil des ersten Abschnitts folgt schließlich die Untersuchung der Bedeutung des „besonderen Schutzes“ der Ehe in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. ← 24 | 25 →

Der 3. Teil der Arbeit befasst sich mit der Entwicklung des besonderen Eheschutzes in der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe. Diese Rechtsprechung wird zunächst dargestellt und sodann unter anderem mit Blick auf eine mögliche Verletzung des Art. 6 Abs. 1 GG einer kritischen Analyse unterzogen. Die Untersuchung beginnt mit dem Lebenspartnerschaftsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Juli 2002, in dem das Gericht die Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft durch das LPartDisBG für verfassungsgemäß erklärt. Sie beschäftigt sich sodann mit den jüngsten Urteilen des Gerichts ab dem Jahr 2009, welche sich mit dem Anspruch eingetragener Lebenspartner auf Gleichstellung mit Ehegatten aus Art. 3 Abs. 1 GG auseinandersetzen. Am Ende des jeweiligen Abschnitts werden Schlussfolgerungen in Bezug auf die geltende Auslegung des Art. 6 Abs. 1 GG gezogen. Der dritte Teil schließt mit einer Gesamtbetrachtung der Entwicklung des besonderen Eheschutzes in der untersuchten Rechtsprechung.

Im letzten Teil der Arbeit werden die wesentlichen Untersuchungsergebnisse zusammengefasst. Die Arbeit endet mit einem Fazit sowie einem Ausblick. ← 25 | 26 →


1 Eine Übersicht der EU-Mitgliedstaaten, die Ehe und Familie in ihre Verfassungen aufgenommen haben, findet sich bei Seiler, in: Kahl/Waldhoff/Walter, BK-GG, Bd. 2, Art. 6 Abs. 1 (Stand: Juli 2014) Rn. 27 ff.

2 Vgl. zur Statistik der Eheschließungen sowie zur Statistik der Ehescheidungen, Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 2015, S. 52, 55.

3 Vgl. etwa Trimbach/Webert, NJ 1998, 63 (63 ff.); Selder, DStR 2013, 1064 (1064 ff.).

4 Vgl. BGBl. 2001 I, S. 266 ff.

5 Vgl. den von den Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in den Bundestag eingebrachten „Entwurf eines Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften: Lebenspartnerschaften (Lebenspartnerschaftsgesetz-LPartG)“, auf dem das LPartDisBG beruht, BT-Drucks. 14/3751 v. 04.07.2000, S. 1.

6 Vgl. BVerfGE 105, 313 (318 ff.).

7 Vgl. BVerfGE 105, 313 (321 f.).

8 BVerfGE 105, 313, LS 3.

9 Vgl. BGBl. 2004 I, S. 3396 ff.

10 Kemper, FF 2005, 88 (88 ff.); ebenso Gade/Thiele, DÖV 2013, 142 (146 f.).

11 Vgl. die aktuellen Entscheidungen des Gerichts zur Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe im Bereich der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes (BVerfGE 124, 199 ff.), sowie zur Gleichstellung im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (BVerfGE 126, 400 ff.), zur Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 im Beamtenrecht auch für eingetragene Lebenspartner (BVerfGE 131, 239 ff.), zur Befreiung eingetragener Lebenspartner von der Grunderwerbsteuer (BVerfGE 132, 179 ff.), zur Zulassung der Sukzessivadoption durch eingetragene Lebenspartner (BVerfGE 133, 59 ff.) und zur Verfassungswidrigkeit des Ausschlusses eingetragener Lebenspartner vom Ehegattensplitting (BVerfGE 133, 377 ff.).

12 BVerfGE 124, 199 (226); 126, 400 (420); 131, 239 (260); 132, 179 (191 f.); 133, 59 (96); 133, 377 (411).

13 BVerfGE 124, 199 (226); 131, 239 (260); 133, 59 (96).

14 Vgl. insbesondere die krit. Beiträge von Uhle, in: Epping/Hillgruber, OK-GG, Art. 6 (Stand: 01.09.2015) Rn. 36 ff.; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Henneke, GG, Art. 6 Rn. 19 ff.; von Coelln, in: Sachs, GG, Art. 6 Rn. 48 ff.; Badura, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. II, Art. 6 (Stand: April 2012/Mai 2013) Rn. 32a, 58 ff.; Stern, Staatsrecht, Bd. IV/1, S. 489 f.; Seiler, in: Uhle, Zur Disposition gestellt?, S. 37 (55 ff.); Gärditz, in: Uhle, Zur Disposition gestellt?, S. 85 (98 ff.); Krings, in: Höfling, FS für Friauf, S. 269 (270 ff.); Hopfner, BetrAV 2009, 772 (772 f.); Hillgruber, JZ 2010, 41 (41 ff.); ders., JZ 2011, 861 (865 f.); Rieble, NJW 2011, 819 (821); Gärditz, JZ 2011, 930 (933 f.); Benedict, JZ 2013, 477 (484 ff.); Gade/Thiele, DÖV 2013, 142 (147 ff.).

15 Vgl. BT-Drucks. 12/6000 v. 05.11.1993, S. 55.

16 Vgl. BVerfGE 105, 313 (345 f.); ebenso Jarass, in: ders./Pieroth, GG, Art. 6 Rn. 4; Badura, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. II, Art. 6 (Stand: April 2012) Rn. 58; Leibholz/Rinck, GG, Bd. I, Art. 6 (Stand: Mai 2014) Rn. 46; Richter, in: Denninger u.a., AK-GG, Art. 6 (Stand: 2001) Rn. 15; Robbers, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 1, Art. 6 Rn. 45; Stern, Staatsrecht, Bd. IV/1, S. 373 f.; Steiner, in: Merten/Papier, HGR IV, § 108 Rn. 9; Ipsen, in: Isensee/P. Kirchhof, HStR VII, § 154 Rn. 9; Burgi, Der Staat 39 (2000), 487 (491).

17 Vgl. ebenso Gade/Thiele, DÖV 2013, 142 (151), die den besonderen Eheschutz als „nationale Besonderheit“ bezeichnen; Badura, in: Maunz/Dürig, GG, Bd. II, Art. 6 (Stand: April 2012) Rn. 58.

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2. Teil: Der „besondere Schutz“ der Ehe gem. Art. 6 Abs. 1 GG in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Art. 6 Abs. 1 GG stellt schlicht die „Ehe“ unter den „besonderen Schutz“ der „staatlichen Ordnung“. Aus dieser knappen Formulierung lässt sich die rechtliche Bedeutung dieser Norm aber nicht erkennen, denn sowohl der Begriff der „Ehe“, als auch die Formulierung des „besonderen Schutzes durch die staatliche Ordnung“ bleiben unbestimmt. Die dogmatische Einordnung des Art. 6 Abs. 1 GG ist aufgrund dessen äußerst komplex.

Als oberstes Verfassungsgericht Deutschlands ist in besonderem Maße das Bundesverfassungsgericht zur Auslegung und – innerhalb der Grenzen der richterlichen Entscheidungsfreiheit – auch zur Fortbildung der Verfassung berufen.18 Das Bundesverfassungsgericht interpretiert dabei die Verfassung gem. § 31 BVerfGG mit verbindlicher Wirkung sowohl für den Bürger als auch für sämtliche Staatsorgane.19 Trotz dessen steht das Bundesverfassungsgericht nicht über der Verfassung, aus der es seine Existenz ableitet, sondern unter ihr.20 Das heißt, das Gericht darf die Verfassung zwar auslegen, muss dabei aber im Wesentlichen deren Inhalt wiedergeben.21 Aufgabe der Verfassungsinterpretation ist es also, „das verfassungsmäßig „richtige“ Ergebnis in einem rationalen und kontrollierbaren Verfahren zu finden, dieses Ergebnis rational und kontrollierbar zu begründen und auf diese Weise Rechtsgewissheit und Voraussehbarkeit zu schaffen.“22 Das Bundesverfassungsgericht selbst geht insoweit davon aus, dass „für eine Interpretation des Gesetzes nur dann Raum [ist], wenn der Wortsinn zweifelhaft erscheint“.23 Bei der Auslegung der Verfassung ← 27 | 28 → greift das Gericht hauptsächlich24 auf die von Friedrich Carl von Savigny begründeten Auslegungsregeln zurück.25 Dem Auslegungsziel dienen dabei nach dem Bundesverfassungsgericht „die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatische Auslegung), aus ihrem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Zweck (teleologische Auslegung) und aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung)“.26 Hierbei stehen die verschiedenen Auslegungsmethoden „nebeneinander“ und „im Verhältnis gegenseitiger Ergänzung“.27

A.   Die verfassungsgeschichtliche Entwicklung des „besonderen“ Eheschutzes

Grundlage und Ausgangspunkt der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum verfassungsrechtlichen Eheschutz ist Art. 6 Abs. 1 GG. Diese Norm konkretisiert allerdings weder den verfassungsrechtlichen Ehebegriff oder die Formulierung des „besonderen Schutzes“ noch erfolgt eine Begründung, weswegen der Verfassungsgeber gerade die Institution der Ehe für so schutzbedürftig und -würdig hält, um sie unter den „besonderen Schutz“ der „staatlichen Ordnung“ zu stellen.

Das Bundesverfassungsgericht füllt diese Lücke neben einer grammatikalischen Auslegung unter anderem durch eine historische Auslegung des Art. 6 Abs. 1 GG. Hierzu greift das Gericht auf die Entstehungsgeschichte dieser Norm sowie auf Entstehungsgeschichte und Bedeutung der ebenfalls den „besonderen Schutz“ der Ehe statuierenden verfassungsgeschichtlichen Vorgängernorm dieses Artikels in der Weimarer Reichsverfassung zurück.28 Die Entstehungsgeschichte dient dem Gericht dabei als Bestätigung seiner bereits anhand des Wortlauts getroffenen Interpretation.29 Dabei stellt das Bundesverfassungsgericht darauf ab, dass der über die Institutsgarantie hinausreichende Sinngehalt des Art. 6 Abs. 1 GG durch die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt werde und „im wesentlichen den Inhalt der Absätze 1 und 2 des Art. 119 WRV“ übernehme.30 ← 28 | 29 →

Aufgrund dessen ist die Untersuchung der verfassungsgeschichtlichen Wurzeln des Art. 6 Abs. 1 GG auch für die vorliegende Arbeit unverzichtbar.

I.   Der „besondere Schutz“ der Ehe in der Weimarer Reichsverfassung

Der Schutz der Ehe hat in der deutschen Verfassungsgeschichte noch keine sehr lange Tradition.31 Erwähnt wurde die Ehe in der Paulskirchenverfassung32 von 1849 und der Preußischen Verfassung33 von 1850, jedoch nicht gesondert geschützt.34 Geregelt wurde lediglich die Einführung der obligatorischen Zivilehe.

Details

Seiten
294
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631728161
ISBN (ePUB)
9783631728178
ISBN (MOBI)
9783631728185
ISBN (Paperback)
9783631728192
DOI
10.3726/b11533
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (Juli)
Schlagworte
Eingetragene Lebenspartnerschaft Gleichgeschlechtliche Gemeinschaft Grundgesetzlicher Eheschutz Ehevorschriften
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 294 S.

Biographische Angaben

Leonie Viktoria Böcking (Autor:in)

Leonie Viktoria Böcking studierte Rechtswissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Ihr Referendariat absolviert sie am Landgericht Gießen.

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