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Die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb

von Florian Göhner (Autor:in)
©2017 Dissertation 251 Seiten

Zusammenfassung

Arbeitnehmerüberlassung zeichnet sich dadurch aus, dass Leiharbeitnehmer zwar einen (Leih-)Arbeitsvertrag mit dem Verleiher unterhalten, ihre Arbeitsleistung allerdings im Betrieb des Entleihers unter dessen Direktionsrecht erbringen. Diese Aufspaltung der Arbeitgeberbefugnisse zwischen Verleiher und Entleiher wirkt sich auch auf betriebsverfassungsrechtlicher Ebene aus. Der Autor beleuchtet, inwieweit Leiharbeitnehmer auch im Entleiherbetrieb durch das BetrVG geschützt werden. Dabei untersucht er sowohl die generelle Anwendbarkeit des BetrVG auf Leiharbeitnehmer und deren Betriebszugehörigkeit im Entleiherbetrieb als auch die konkrete Reichweite der Zuständigkeit des Entleiherbetriebsrates für die Leiharbeitnehmer.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • A. Die Entwicklung der Leiharbeit im letzten Jahrzehnt
  • I. Die wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Bedeutung der Leiharbeit
  • II. Die Veränderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und die europarechtliche Entwicklung
  • 1. Die grundlegenden Änderungen des AÜG ab 1.1.2004
  • 2. Die EU-Leiharbeitsrichtlinie und das Gleichstellungsgebot
  • 3. Die gesetzliche Neuregelung 2017 mit Änderung des BetrVG
  • III. Tarifvertragliche Entwicklung zum „equal-pay“
  • IV. Zusammenfassung zu A.
  • B. Die Rechtsbeziehungen zwischen Leiharbeitnehmer, Verleiher und Entleiher
  • I. Rechtsbeziehung zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher
  • II. Rechtsbeziehung zwischen dem Verleiher und dem Entleiher
  • III. Rechtsbeziehung zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher
  • 1. Fehlendes Vertragsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer
  • 2. Forderungsrecht des Entleihers gegen Leiharbeitnehmer durch einen echten Vertrag zugunsten Dritter
  • C. Persönlicher Anwendungsbereich des BetrVG für den Leiharbeitnehmer im Einsatzbetrieb
  • I. Die generelle Bestimmung der persönlichen Anwendbarkeit des BetrVG gem. § 5 BetrVG
  • II. Anknüpfung an den allgemeinen Arbeitnehmerbegriff im Rahmen der Theorie vom betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff
  • III. Arbeitsverhältnisses zum Betriebsinhaber als Voraussetzung des allgemeinen Arbeitnehmerbegriffs
  • IV. Erforderlichkeit einer rechtlichen Verbindung zum Betriebsinhaber als zusätzliche Voraussetzung des § 5 BetrVG
  • 1. Wortlaut und Normzweck des § 5 I BetrVG
  • 2. Die Bedeutung des § 5 I 3 BetrVG für die Notwendigkeit einer vertraglichen Beziehung zum Betriebsinhaber
  • V. Die Betriebszugehörigkeit als integrale Voraussetzung des § 5 I BetrVG zur Bestimmung des persönlichen Anwendungsbereichs des BetrVG
  • 1. Wortlaut und Systematik des BetrVG
  • 2. Unerheblichkeit der Betriebszugehörigkeit für die Anwendbarkeit von Beteiligungsrechten
  • 3. Unerheblichkeit der Betriebszugehörigkeit für die Individualrechte der §§ 81–86 BetrVG
  • 4. Ergebnis
  • D. Die Betriebszugehörigkeit von Leiharbeitnehmern
  • I. Die generelle Bedeutung der Betriebszugehörigkeit
  • II. Die Theorien zur Bestimmung der Betriebszugehörigkeit im Überblick
  • III. Die Vertragstheorie
  • IV. Die Zwei-Komponenten-Lehre
  • 1. Die „strenge“ Zwei-Komponenten-Lehre – Arbeitsverhältnis als Komponente
  • a. Dogmatische Begründung für das Erfordernis eines Arbeitsvertrages aus § 14 I AÜG
  • b. Dogmatische Begründung der arbeitsvertraglichen Komponente anhand des § 5 BetrVG
  • c. Dogmatische Begründung der strengen Zwei-Komponenten-Lehre mit dem Betriebsbegriff
  • d. § 7 BetrVG und die Zwei-Komponenten-Lehre
  • e. Die Betriebszugehörigkeit mittelbar Beschäftigter als Argument gegen die Zwei-Komponenten-Lehre
  • f. Argument aus § 99 BetrVG gegen die Zwei-Komponenten-Lehre
  • g. Das Arbeitsverhältnis als gemeinsame Schnittstelle individueller Interessen
  • h. Zwischenergebnis
  • 2. Die modifizierte Zwei-Komponenten-Lehre
  • a. Modifikation der Zwei-Komponenten-Lehre nach Kreutz und Raab
  • b. Die modifizierte Zwei-Komponenten-Lehre mit dem Forderungs- und Weisungsrecht des Betriebsinhabers als rechtliche Komponente
  • aa. Möglichkeit einer doppelten Betriebszugehörigkeit im Verleiher- und Entleiherbetrieb
  • bb. Vereinbarkeit der modifizierten Zwei-Komponenten-Lehre mit dem BetrVG
  • (1) Ausschluss des passiven Wahlrechts
  • (2) Einschränkung des aktiven Wahlrechts nach § 7 S. 2 BetrVG
  • V. Die „Eingliederungstheorie“ – Bestimmung der Betriebszugehörigkeit anhand tatsächlicher Kriterien
  • VI. Die Entwicklung der Rechtsprechung des BAG und die normzweckgebundene Auslegung
  • 1. Zwei-Komponenten-Lehre für die „vollständige“ Betriebszugehörigkeit
  • 2. Betriebszugehörigkeit nach Normzweck
  • 3. Die beabsichtigte Stärkung der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung der Leiharbeitnehmer durch die neue Rechtsprechung des BAG
  • 4. Die Betriebszugehörigkeit als nicht teilbare Rechtsposition
  • VII. Die Betriebszugehörigkeit von Leiharbeitnehmern gem. § 7 S. 2 BetrVG
  • 1. Bedeutung der Einsatzdauer für die Stellung der Leiharbeitnehmer in der Betriebsverfassung
  • 2. Sinn und Zweck der Einsatzdauer von drei Monaten im § 7 S. 2 BetrVG
  • 3. Argumente aus der Systematik des BetrVG
  • 4. Argumente aus der Gesetzesbegründung zu § 7 S. 2 BetrVG
  • 5. Argumente aus dem Wortlaut des § 7 S. 2 BetrVG
  • 6. Die betriebsverfassungsrechtliche Gleichstellung der Leiharbeitnehmer nach § 7 S. 2 BetrVG
  • a. Keine Gleichstellung aller Leiharbeitnehmer unabhängig von der Einsatzdauer
  • b. Gleichstellung der Leiharbeitnehmer mit einer Einsatzdauer von mehr als drei Monaten und Betriebszugehörigkeit
  • E. Befugnis zur Normsetzung der Betriebsparteien im Entleiherbetrieb durch Betriebsvereinbarungen
  • I. Legitimation durch Wahlrecht
  • II. Legitimation durch Wahlrecht und Arbeitsvertrag
  • III. Legitimation durch das Weisungsrecht des Entleihers
  • IV. Legitimation durch Arbeitsvertragsakzessorietät
  • V. Legitimation durch gesetzliche Regelung
  • F. Zuständigkeiten des Entleiherbetriebsrates im Rahmen der Beteiligungsrechte
  • I. Allgemeine Kriterien
  • 1. Normzweck und Auswirkung auf den Leiharbeitnehmer
  • 2. Die Anwendbarkeit von Beteiligungsrechten und Betriebszugehörigkeit
  • a. Beteiligungsrechte für betriebszugehörige Arbeitnehmer nach Eingliederungstheorie, modifizierter Zwei-Komponenten-Lehre und § 7 S. 2 BetrVG
  • b. Beteiligungsrechte für nicht betriebszugehörige Leiharbeitnehmer nach der strengen Zwei-Komponenten-Lehre und nicht wahlberechtigte Leiharbeitnehmer
  • c. Beteiligungsrechte des Entleiherbetriebsrates nach der normzweckgebundenen Auslegung
  • d. Zwischenergebnis
  • 3. Zuständigkeitsaufteilung zwischen Entleiher- und Verleiherbetriebsrat
  • 4. Auswirkungen des Gleichstellungsgebotes auf die Zuständigkeit von Entleiher- und Verleiherbetriebsrat
  • II. Allgemeine Aufgaben des Entleiherbetriebsrates
  • 1. Anwendbarkeit der Grundsätze des § 75 BetrVG auf die Leiharbeitnehmer
  • 2. Allgemeine Aufgaben des Betriebsrates gem. § 80 BetrVG
  • a. Überwachungspflicht des Betriebsrates gem. § 80 I Nr. 1 BetrVG
  • b. Dem Betrieb und der Belegschaft dienliche Maßnahmen gem. § 80 I Nr. 2 BetrVG
  • c. Gleichstellung von Mann und Frau gem. § 80 I Nr. 2a BetrVG
  • d. Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie gem. § 80 I Nr. 2b BetrVG
  • e. Entgegennahme von Anregungen gem. § 80 I Nr. 3 BetrVG
  • f. Förderung der Eingliederung Behinderter und anderer besonders schutzbedürftiger Personen und der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer im Betrieb gem. § 80 I Nr. 4, 6 BetrVG
  • g. Förderung der Integration ausländischer Arbeitnehmer gem. § 80 I Nr. 7 BetrVG
  • h. Jugend- und Auszubildendenvertretung gem. § 80 I Nr. 5 BetrVG
  • i. Förderung und Sicherung der Beschäftigung im Betrieb gem. § 80 I Nr. 8 BetrVG
  • j. Förderung des Arbeitsschutzes gem. § 80 I Nr. 9 BetrVG und andere Beteiligungsrechte im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz
  • k. Betrieblicher Umweltschutz gem. § 80 I Nr. 9 BetrVG
  • l. Der Informationsanspruch des § 80 II BetrVG
  • III. Die Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrates in sozialen Angelegenheiten
  • 1. Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer gem. § 87 I Nr. 1 BetrVG
  • 2. Lage der Arbeitszeit gem. § 87 I Nr. 2 BetrVG
  • 3. Einführung von Kurz- oder Mehrarbeit gem. 87 I Nr. 3 BetrVG
  • 4. Mitbestimmungsrecht gem. § 87 I Nr. 4 BetrVG
  • 5. Planung und Verteilung des Urlaubs gem. § 87 I Nr. 5 BetrVG
  • 6. Technische Überwachungseinrichtungen gem. § 87 I Nr. 6 BetrVG
  • 7. Sozialeinrichtungen gem. § 87 I Nr. 8 BetrVG
  • 8. Werkmietwohnungen gem. § 87 I Nr. 9 BetrVG
  • 9. Mitbestimmung gem. § 87 I Nr. 10 und 11 BetrVG
  • 10. Betriebliches Vorschlagswesen gem. § 87 I Nr. 12 BetrVG
  • 11. Gruppenarbeit gem. § 87 I Nr. 13 BetrVG
  • IV. Die Mitbestimmung des Entleiherbetriebsrates in personellen Angelegenheiten
  • 1. Personalplanung gem. § 92 BetrVG
  • 2. Vorschlagsrecht zur Beschäftigungssicherung der Leiharbeitnehmer gem. § 92a BetrVG
  • 3. Ausschreibung von Arbeitsplätzen gem. § 93 BetrVG
  • 4. Personalfragebogen gem. § 94 BetrVG
  • 5. Auswahlrichtlinien gem. § 95 BetrVG
  • 6. Berufsbildung gem. §§ 96–98 BetrVG
  • 7. Beteiligung des Entleiherbetriebsrates im Rahmen des § 99 BetrVG
  • a. Mitbestimmung bei der Übernahme des Leiharbeitnehmers nach §§ 14 III 1 AÜG, 99 BetrVG
  • aa. Austausch der Leiharbeitnehmer im gleichen Entleiherbetrieb
  • bb. Zustimmungsverweigerungsrechte des Entleiherbetriebsrates gem. §§ 99 II Nr. 1–5 BetrVG
  • cc. Unterrichtungspflicht des Betriebsinhabers nach § 99 BetrVG
  • (1) Pflicht zur Mitteilung personenbezogener Daten zum Leiharbeitnehmer
  • (2) Pflicht zur Vorlage des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages
  • b. Beteiligung des Entleiherbetriebsrates während des Einsatzes
  • c. Mitbestimmung nach § 99 BetrVG bei der Einstellung eines Leiharbeitnehmers als Stammarbeitnehmer
  • 8. Beteiligung des Entleiherbetriebsrates nach § 102ff. BetrVG
  • 9. Entfernung betriebsstörender Arbeitnehmer gem. § 104 BetrVG
  • V. Die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Leiharbeitnehmer in wirtschaftlichen Angelegenheiten
  • 1. Die Tätigkeit des Wirtschaftsausschusses für Leiharbeitnehmer im Entleiherunternehmen
  • a. Wirtschaftliche Angelegenheiten i. S. d. § 106 III Nr. 1 – 4 und 6 BetrVG
  • b. Wirtschaftliche Angelegenheiten i. S. d. § 106 III Nr. 5 u. 7 – 9 BetrVG
  • c. Der geplante Einsatz von Leiharbeitnehmern als wirtschaftliche Angelegenheit gemäß § 106 III Nr. 10 BetrVG
  • 2. Die Beteiligung des Entleiherbetriebsrates bei Betriebsänderungen
  • a. Der Schutzzweck des § 111 BetrVG
  • b. Betriebsänderung durch den geplanten Einsatz von Leiharbeitnehmern
  • c. Interessenausgleich, Sozialplan und Nachteilsausgleich für Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb
  • G. Betriebsverfassungsrechtliche Individualrechte der Leiharbeitnehmer nach §§ 81–86a BetrVG
  • H. Aktives Wahlrecht jugendlicher Leiharbeitnehmer zur Jugend- und Auszubildendenvertretung im Entleiherbetrieb
  • I. Zusammenfassung
  • Literaturverzeichnis
  • Danksagung
  • Reihenübersicht

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A.  Die Entwicklung der Leiharbeit im letzten Jahrzehnt

Die Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland hat sich seit Anfang des letzten Jahrzehnts erheblich gewandelt. Zum einen sind weitreichende Veränderungen im Recht der Leiharbeit insbesondere durch Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erfolgt, zum anderen hat die Leiharbeit in erheblichem Maße an wirtschaftlicher und arbeitsmarktpolitischer Bedeutung zugewonnen. Beide Entwicklungen hängen eng miteinander zusammen und beeinflussen auch die Stellung der Leiharbeitnehmer in der Betriebsverfassung.

I.  Die wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Bedeutung der Leiharbeit

Die von der Bundesagentur für Arbeit ermittelten Zahlen der Leiharbeitnehmer bewegten sich in den Jahren 2000 bis 2003 zwischen rund 326.000 und 339.0001. Der Anteil der Leiharbeit an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung betrug in diesen Jahren konstant 1,2 %2. Die Arbeitnehmerüberlassung unterlag bis Ende 2003 einem restriktiven Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG), welches jedoch mit dem „Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ vom 23. Dezember 2002 mit Wirkung vom 01. Januar 2004 grundlegend geändert wurde. Die bis dahin bestehenden Befristungs-, Synchronisations- und Wiedereinstellungsverbote für Leiharbeitnehmer wurden aufgehoben und die Beschränkung der Überlassungsdauer der Leiharbeit gestrichen3. In Folge dieser Flexibilisierung der Arbeitnehmerüberlassung stieg die Zahl der Leiharbeitnehmer erheblich. Bereits im Jahre 2006 wurden rund 600.000 Leiharbeitnehmer registriert4. Der Anteil der Zeitarbeit an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung stieg innerhalb dieser drei Jahre nach Inkrafttreten des neuen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes von 1,2 auf 2,3 %5. ← 13 | 14 →

Auch in den nachfolgenden Jahren stieg die Zahl der Leiharbeitnehmer weiter: 2008 waren es bereits mehr als 794.000 Zeitarbeitnehmer. Konjunkturbedingt sank die Zahl der Leiharbeitnehmer im Jahre 2009, stieg dann aber in den nachfolgenden Jahren wieder an und bewegte sich 2010 – 2015 zwischen rund 806.000 und 960.000:

  Zahl der Leiharbeitnehmer (Stichtag 30. Juni)6Anteil Leiharbeitnehmer an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten7
2000339.0221,2 %
2001357.2641,3 %
2002326.2951,2 %
2003327.3311,2 %
2004399.7891,5 %
2005453.3891,7 %
2006598.2842,3 %
2007731.1522,7 %
2008794.3632,9 %
2009609.7202,2 %
2010806.1232,9 %
2011909.5453,2 %
2012908.1133,1 %
2013917.1612,9 %
2014928.5662,9 %
2015961.1623,0 %

Die Zahl der Leiharbeitnehmer hat sich von 2004 bis 2010 also mehr als verdoppelt und ist weiter gewachsen. Auch der Anteil der Leiharbeitnehmer an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung hat sich seitdem mehr als verdoppelt – von 1,2 % in 2003 auf 3,0 % in 2015. Die wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Bedeutung ist folglich in den letzten Jahren dynamisch gewachsen.

Für die Stellung der Leiharbeitnehmer in der Betriebsverfassung ist bei dieser Entwicklung besonders bedeutsam, dass auch die Beschäftigungsdauer der Leiharbeitnehmer zugenommen hat. So waren im Jahr 2000 nur 21,6 % der Leiharbeitnehmer mehr als 9 Monate lang beim Verleiher beschäftigt, im Jahre 2010 betrug dieser ← 14 | 15 → Anteil bereits fast 28 %8. Im Jahre 2000 betrug der Anteil der Leiharbeitnehmer mit einer Beschäftigungsdauer von mehr als 3 Monaten 47,8 %, im Jahre 2011 waren es 52,9 %9. Zwar gibt es keine belastbare Statistik über die Dauer der einzelnen Einsätze der Leiharbeitnehmer bei den Kundenunternehmen10, jedoch ist nach Wegfall des Synchronisationsverbotes anzunehmen, dass der Trend zu längeren Beschäftigungsdauern auch einen Trend zur längeren Einsatzdauer im gleichen Einsatzbetrieb widerspiegelt11. Der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister geht davon aus, dass mittlerweile sogar fast zwei Drittel der Leiharbeitnehmer länger als 3 Monate im gleichen Betrieb eingesetzt werden; jeder zehnte Arbeitnehmer sei länger als ein Jahr im selben Entleiherbetrieb eingesetzt12. Für die Rechtsstellung der Leiharbeitnehmer in der Betriebsverfassung kann die Dauer des Einsatzes beim Entleiher von grundsätzlicher Bedeutung sein. Sie wirkt sich auf das Wahlrecht des Leiharbeitnehmers im Einsatzbetrieb aus und ist für die Betriebszugehörigkeit des Leiharbeitnehmers zum Einsatzbetrieb von Bedeutung13.

II.  Die Veränderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und die europarechtliche Entwicklung

Zwischen den gesetzlichen Veränderungen des AÜG einerseits und der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung der Leiharbeit andererseits besteht ein enger Zusammenhang. Die beabsichtigte stärkere Anwendung der Leiharbeit durch Deregulierung des AÜG wurde gleichzeitig mit einem höheren Schutz der Leiharbeitnehmer verbunden14. In der Tendenz erfolgten die Liberalisierungsschritte im AÜG zugleich mit einer weitgehenden Gleichstellung oder zumindest Annäherung der Leiharbeitnehmer an die Stammarbeitnehmer im Einsatzbetrieb15. Bereits durch das Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz) vom 10. Dezember 2001 wurde die zuvor auf 12 Monate begrenzte Höchstdauer der Überlassung an denselben Entleiher auf 24 Monate erhöht. Gleichzeitig sah das AÜG nach dem Job-AQTIV-Gesetz vor, dass Leiharbeitnehmern ab dem 13. Monat ihrer Tätigkeit im selben Entleihunternehmen die in diesen Betrieben geltenden ← 15 | 16 → Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren waren16. Die Erhöhung der Höchstüberlassungsdauer wurde also bereits hier mit einer weitgehenden Gleichstellung von Leiharbeitnehmern und Stammarbeitnehmern im Einsatzbetrieb ab einer bestimmten Einsatzdauer verbunden.

Im gleichen Jahr gab es durch das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001 eine Neuregelung, die bis heute Bestand hat: Durch § 7 S. 2 BetrVG wurde das aktive Wahlrecht bei Betriebsratswahlen für Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers, die länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden, eingeführt und damit auch das aktive Wahlrecht für Leiharbeitnehmer im Entleiher- bzw. Einsatzbetrieb ermöglicht, sofern die Leiharbeitnehmer länger als drei Monate in diesem Betrieb eingesetzt werden. Außerdem wurde den Leiharbeitnehmern auch das aktive Wahlrecht bei der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat im Entleiherunternehmen unter den gleichen Voraussetzungen gewährt (§§ 10 II, 18 S. 2 MitbestimmungsG)17.

1.  Die grundlegenden Änderungen des AÜG ab 1.1.2004

Die Veränderungen des AÜG durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 haben ein neues Leitbild der Arbeitnehmerüberlassung geformt18. Die Arbeitnehmerüberlassung wurde in den 70er Jahren erlaubt, weil dies unter dem Blickwinkel wirtschaftlicher Betätigungsfreiheit des Verleihers durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes erzwungen wurde19. Das neue Leitbild der Arbeitnehmerüberlassung sieht die Zeitarbeit dagegen vorrangig als Instrument für mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt. Leiharbeit soll zur Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beitragen, weil ihnen ermöglicht wird, flexibel und schnell auf schwankende Auftragssituationen und einen steigenden Arbeitskräftebedarf reagieren zu können20. Zugleich soll im Rahmen sozial abgesicherter Beschäftigungsverhältnisse Arbeitslosen eine Chance zum Einstieg oder Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt eröffnet werden21. Gleichzeitig sollen die ← 16 | 17 → Leiharbeitnehmer mit den Stammarbeitnehmern des Einsatzbetriebes im Grundsatz gleichgestellt werden oder eine tarifvertragliche Absicherung der Leiharbeitnehmer erfolgen, um einen sozialen Schutz der Leiharbeitnehmer zu gewährleisten22. Entsprechend dieses neuen Leitbildes wurden mit Wirkung ab dem 01.01.2004 Verbote und Beschränkungen der Leiharbeit im AÜG aufgegeben und gleichzeitig das Gleichstellungsgebot verankert.

So wurde die Beschränkung der Überlassungsdauer auf damals 24 Monate gestrichen. Leiharbeitnehmer sollten demnach „ohne zeitliche Begrenzung an denselben Entleiher überlassen werden“23 können. Das besondere Befristungsverbot, wonach ein Leiharbeitsverhältnis nicht wiederholt befristet werden durfte, ohne dass ein sachlicher Grund in der Person des Leiharbeitnehmers vorlag, sowie das sogenannte Synchronisationsverbot der wiederholten Befristung des Leiharbeitsverhältnisses auf die Dauer der erstmaligen Überlassung an einen Entleiher wurden aufgehoben. Damit gelten für die Befristungen eines Leiharbeitsverhältnisses nunmehr die gleichen rechtlichen Bedingungen wie für alle anderen Arbeitsverhältnisse nach den Bestimmungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes24. Ferner wurde das sog. Wiedereinstellungsverbot der wiederholten Kündigung und Neueinstellung eines Leiharbeitnehmers vor Ablauf von drei Monaten aufgehoben, so dass eine auftragsabhängige Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers nach den allgemeinen Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes und des Teilzeit- und Befristungsgesetzes möglich ist25.

Diese Änderungen im AÜG durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, in Kraft getreten zum 01.01.2004, verfolgten also das Ziel der Deregulierung und gleichzeitigen Gleichstellung der Leiharbeitnehmer mit anderen Arbeitnehmern. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber im AÜG den Grundsatz festgeschrieben, dass Leiharbeitnehmer Anspruch auf die im Entleihbetrieb geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts haben (§§ 3 I Nr. 3 S. 1, 9 Nr. 2, 10 IV AÜG). Von diesem Gleichstellungsgebot kann nur durch Tarifvertrag abgewichen werden (§§ 3 I Nr. 3 S. 2, 9 Nr. 2, 10 IV AÜG). Zielsetzung dieser gesetzlichen Regelung war, dass die Arbeitsbedingungen ← 17 | 18 → der Leiharbeitnehmer tariflich geregelt werden sollten26. Anderenfalls erfolgt die Gleichstellung mit den Stammarbeitnehmern des Entleihbetriebes. In Folge dieser gesetzlichen Neuregelung wurden tatsächlich auch rasch Tarifverträge geschlossen, in denen die Entlohnung der Leiharbeitnehmer und sonstige Arbeitsbedingungen geregelt wurden27.

Auch die Einfügung des § 13b AÜG im Rahmen des Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes entspricht dem Ziel der Gleichstellung der Leiharbeitnehmer mit den Stammarbeitnehmern: Nach § 13b AÜG ist der Entleiher verpflichtet, den Leiharbeitnehmern Zugang zu den gemeinschaftlichen Einrichtungen oder Diensten im Unternehmen unter den gleichen Bedingungen wie vergleichbaren Arbeitnehmern des Entleihers zu gewähren. Das betrifft z.B. gem. § 13b S. 2 AÜG Kinderbetreuungseinrichtungen, Gemeinschaftsverpflegung und Beförderungsmittel.

Gegen das Gleichstellungsgebot der §§ 3 I Nr. 3 S. 2, 9 Nr. 2, 10 IV AÜG wurden Verfassungsbeschwerden erhoben, die das Bundesverfassungsgericht mangels Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung angenommen hat28. Das Bundesverfassungsgericht hat in den Beschlüssen offen gelassen, ob ein Eingriff in die Koalitionsfreiheit vorliege, weil ein solcher Eingriff jedenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt sei. Ausdrücklich hat das Bundesverfassungsgericht die Absicht des Gesetzgebers als gerechtfertigt angesehen, einerseits die Leiharbeit zu deregulieren und zur Bekämpfung von Massenarbeitslosigkeit auszuweiten und andererseits das mit einem besseren Schutz der Leiharbeitnehmer und einer Gleichstellung mit den Stammarbeitnehmern zu verbinden. Gerade wegen dieses Zusammenhanges sei die gesetzliche Regelung gerechtfertigt29.

2.  Die EU-Leiharbeitsrichtlinie und das Gleichstellungsgebot

Die europarechtliche Entwicklung war von einer langjährigen Diskussion geprägt, die im Jahre 2008 zur Leiharbeitsrichtlinie führte. Auch diese Leiharbeitsrichtlinie hat das Ziel, den Grundsatz der Gleichbehandlung von Leiharbeitnehmern mit der Stammbelegschaft zu gewährleisten30. Da dieser Grundsatz bereits seit 2004 im AÜG ← 18 | 19 → durch § 3 I Nr. 3 AÜG gewährleistet ist, war der Anpassungsbedarf des Gesetzgebers zur Umsetzung dieser Richtlinie gering. Das in Artikel 5 I der Richtlinie geregelte Gleichstellungsgebot war bereits umgesetzt31.

Der nationale Gesetzgeber hatte nach der Leiharbeitsrichtlinie lediglich die sich aus Artikel 1 I, Artikel 3 Ic ergebende Definition der Leiharbeit in nationales Recht zu übernehmen32. Nach diesen Bestimmungen der Leiharbeitsrichtlinie ist Leiharbeitnehmer, wer mit einem Verleiher einen Arbeitsvertrag geschlossen hat, um einem Entleiher überlassen zu werden und dort „vorübergehend“ unter dessen Aufsicht und Leitung zu arbeiten. Dementsprechend hat der nationale Gesetzgeber diese Terminologie in § 1 I 2 AÜG übernommen und bestimmt, dass die Überlassung von Leiharbeitnehmern an Entleiher vorübergehend erfolgt. Diese Regelung kann als eine neue Einschränkung der Zeitarbeit gewertet werden, wenngleich der Gesetzgeber auf bestimmte Höchstüberlassungsfristen zunächst verzichtet hatte33.

Die tendenzielle Gleichstellung der Leiharbeitnehmer mit den Stammarbeitnehmern im Einsatzbetrieb schlug sich bereits vorher in weiteren Rechtsänderungen nieder. So wurde entsprechend der EU-Leiharbeitsrichtlinie eine Informationspflicht des Entleihers im § 13a AÜG aufgenommen, wonach der Entleiher den Leiharbeitnehmer über Arbeitsplätze des Entleihers, die besetzt werden sollen, zu informieren. Leiharbeitnehmer, die beim Entleiher eingesetzt sind, sollen die gleichen Möglichkeiten auf ein Arbeitsverhältnis beim Entleiher haben wie die Stammarbeitnehmer des Entleihers34.

3.  Die gesetzliche Neuregelung 2017 mit Änderung des BetrVG

Mit dem am 1.4.2017 in Kraft tretenden35 „Gesetz zur Änderung des AÜG und anderer Gesetze“ soll die Funktion der Arbeitnehmerüberlassung als Instrument zur zeitlich begrenzten Deckung des Arbeitskräftebedarfs geschärft, die Stellung der Leiharbeitnehmer gestärkt und die Arbeit der Entleiherbetriebsräte erleichtert werden36. Im neuen § 8 IV AÜG wird der Grundsatz der Gleichstellung verstärkt, indem die tarifvertraglichen Möglichkeiten zur Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz nach neun Monaten Einsatzzeit beschränkt werden; längere Abweichungen sind ← 19 | 20 → künftig nur möglich, wenn durch Branchenzuschlagstarifverträge Leiharbeitnehmer stufenweise an ein Arbeitsentgelt herangeführt werden, das von den Tarifpartnern als gleichwertig mit dem tariflichen Arbeitsentgelt der Stammarbeitnehmer festgelegt ist37.

Ferner wird mit dem neuen Gesetz grundsätzlich wieder eine Höchstüberlassungsdauer eingeführt; nach § 1 Abs. 1b AÜG beträgt die Höchstüberlassungsdauer grundsätzlich zwar 18 Monate, kann aber durch oder aufgrund eines Tarifvertrages der Einsatzbranche verlängert werden38.

Für die Stellung der Leiharbeitnehmer in der Betriebsverfassung ist die gesetzliche Neuregelung zum 1.4.2017 durch Änderung des BetrVG und vor allem durch eine Ergänzung des § 14 II AÜG von Bedeutung. Die Änderungen im BetrVG sollen nur klarstellende Funktion haben und die bisherige Rechtsprechung nachvollziehen; so werden insbesondere in § 80 II und 92 I BetrVG die Unterrichtungsrechte des Entleiherbetriebsrates klargestellt39. Mit einer Ergänzung des § 14 II AÜG durch einen neuen S. 4 wird ein umfassender Streit in Rechtsprechung und Literatur40 geklärt, inwieweit Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb bei den Schwellenwerten des BetrVG mitzählen. Nach dem neuen § 14 II 4 AÜG ist gesetzlich geregelt, dass Leiharbeitnehmer – mit Ausnahme im § 112a BetrVG – bei allen sonstigen Schwellenwerten des BetrVG im Entleiherbetrieb mitzählen41, unabhängig von ihrer Einsatzdauer. Insofern erfolgt also auch eine betriebsverfassungsrechtliche Gleichstellung zwischen Leiharbeitnehmern und Stammarbeitnehmern im Entleiherbetrieb.

III.  Tarifvertragliche Entwicklung zum „equal-pay“

Bereits nach der Verabschiedung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt Ende 2002 mit den Anfang 2004 in Kraft getretenen Deregulierungen des AÜG haben die Tarifpartner der Leiharbeit bis Jahresende 2003 flächendeckend gültige Tarifverträge vereinbart, um für Leiharbeit Löhne und sonstige Arbeitsbedingungen festzusetzen42. Wie dargestellt, müssen Leiharbeitnehmern nach § 3 I Nr. 3 und § 9 Nr. 2 AÜG grundsätzlich für die Zeit der Überlassungen an ← 20 | 21 → einen Entleiher die im Betrieb des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts gewährt werden. Von diesem Gleichstellungsgebot kann nur bei Anwendung eines Tarifvertrages abgewichen werden. Mit dieser Tariföffnungsklausel hatte der Gesetzgeber zu Recht die Erwartung an die Tarifvertragsparteien verbunden, dass rasch entsprechende Tarifverträge vereinbart werden und entweder kraft unmittelbarer Tarifbindung oder durch arbeitsvertragliche Bezugnahme auf solche Tarifverträge zur Anwendung kommen43. Tatsächlich ist von der Tariföffnungsklausel und den neuen Tarifverträgen nahezu flächendeckend Gebrauch gemacht worden44.

Dass auch die Tarifpartner die Leiharbeitnehmer tendenziell den Stammarbeitnehmern gleichstellen wollen, spiegelt sich in besonderer Weise in so genannten Branchenzuschlagstarifverträgen wider. Seit Mai 2012 wurden nämlich in Ergänzung der allgemeinen Lohntarifverträge für die Leiharbeit besondere Entgeltzuschläge vereinbart, um eine Annäherung der Entlohnung an die Bezahlung der Stammarbeitnehmer (equal-pay) zu erreichen45. Die generellen Lohntarifverträge der Leiharbeit weisen gegenüber dem Lohnniveau in vielen Industrie-Branchen niedrigere Löhne aus. Die Tariflöhne für die Leiharbeitnehmer blieben so in Anwendung der tarifvertraglichen Abweichungsmöglichkeit vom Gleichstellungsgebot häufig unter den Löhnen der Stammarbeitnehmer. Seit Mai 2012 wurden aber für insgesamt 9 große Industrie-Branchen Branchenzuschlagstarifverträge vereinbart46. Danach erhalten die Leiharbeitnehmer einen prozentualen Zuschlag auf die Stundenlöhne des Lohntarifvertrages, der für die Leiharbeitnehmer generell gilt. Der Zuschlag ist an den ununterbrochenen Einsatz beim selben Einsatzbetrieb gebunden und beginnt nach vier bzw. sechs Wochen und steigt in mehreren Stufen bis auf maximal 50 % nach 9 Einsatzmonaten an47. Diese Branchenzuschläge sind so begrenzt, dass Leiharbeitnehmer gegenüber den vergleichbaren Stammarbeitnehmern tarifvertraglich nicht besser gestellt sind, das heißt kein höheres Arbeitsentgelt erhalten ← 21 | 22 → als die Stammarbeitnehmer48. Unterschiede zwischen den einzelnen Tarifverträgen49 bestehen in der Höhe der prozentualen Zuschläge. Erklärtes Ziel ist aber spätestens nach einem 9-monatigen Einsatz des Leiharbeitnehmers in dem gleichen Einsatzbetrieb eine Entlohnung zu gewähren, die der Entlohnung der Stammarbeitnehmer entsprechen soll50.

IV.  Zusammenfassung zu A.

Die Leiharbeit hat sich in den letzten Jahren wirtschaftlich, gesetzlich und tarifvertraglich erheblich gewandelt. Die wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Entwicklung ist rasant gewachsen und gleichzeitig ist eine gesetzliche und tarifvertragliche Annäherung bzw. zunehmende Gleichstellung zwischen Leiharbeitnehmern und Stammarbeitnehmern im Einsatzbetrieb erfolgt. Diese Entwicklung beeinflusst auch die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb.


1 Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeitnehmer und Verleiherbetriebe – Zeitreihe ab 1973, März 2015, S. 7f.

2 Eigenberechnung aufgrund der Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, Zeitreihe über sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, Dezember 2014.

3 Vgl. Zehnter Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, BT-Drucks. 15/6008, S. 8; Lehmer/Ziegler, IAB-Kurzbericht 13/2010, S. 1.

4 Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeitnehmer und Verleiherbetriebe – Zeitreihe ab 1973, März 2015, S. 8.

5 Eigenberechnung aufgrund der Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, Zeitreihe über sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, Dezember 2014.

6 Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Arbeitnehmerüberlassung, Leiharbeitnehmer und Verleiherbetriebe – Zeitreihe ab 1973, März 2015, S. 9; Zeitreihe ab 2013, Januar 2016, S. 3.

7 Eigenberechnung aufgrund der Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik, Zeitreihe über sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, Dezember 2014.

8 Haller/Jahn, IAB-Kurzbericht 13/2014, S. 1, S. 6.

9 Haller/Jahn, IAB-Kurzbericht 13/2014, S. 5.

Details

Seiten
251
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631733158
ISBN (ePUB)
9783631733165
ISBN (MOBI)
9783631733172
ISBN (Hardcover)
9783631733141
DOI
10.3726/b11706
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (Oktober)
Schlagworte
Anwendungsbereich BetrVG Betriebszugehörigkeit Normsetzungsbefugnis Betriebsvereinbarungen Mitbestimmungsrechte Wahlrecht Betriebsrat
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 251 S.

Biographische Angaben

Florian Göhner (Autor:in)

Florian Göhner studierte Rechtswissenschaften an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Er absolvierte den juristischen Vorbereitungsdienst in Schleswig-Holstein und ist als Rechtsanwalt tätig.

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Titel: Die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb
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