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Bildungsurlaub – Vom gesellschaftspolitischen Anliegen zum Instrument beruflicher Qualifizierung?

Eine Analyse der Bildungsurlaubsdiskurse in der Weiterbildung

von Claudia Pohlmann (Autor:in)
©2018 Dissertation 316 Seiten

Zusammenfassung

In einer diskursanalytisch angelegten Studie erforscht die Autorin Bildungsurlaubsdiskurse in der Weiterbildung. Mittels Interviews und Programmanalysen untersucht sie, inwieweit sich eine Akzentverschiebung vom gesellschaftspolitischen Anliegen zum Instrument beruflicher Qualifizierung im Bildungsurlaub vollzogen hat. Die Befunde zu den Bildungskonzeptionen, Planungsstrategien und Begründungslogiken zeigen, dass es nicht einen einheitlichen Bildungsurlaubsdiskurs gibt, sondern träger- und fachbereichsspezifische Spezialdiskurse. Die Autorin rekonstruiert diese im Spannungsfeld gesellschaftspolitischer Ansprüche, pädagogischer Prinzipien und ökonomischer Kriterien.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autoren-/Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Danksagung
  • Abstract
  • Abstract (English)
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Abbildungsverzeichnis
  • Tabellenverzeichnis
  • 1. Einleitung
  • 1.1 Problemhorizont
  • 1.2 Erwachsenenpädagogisches Erkenntnisinteresse
  • 1.3 Vorgehen und Aufbau der Arbeit
  • 1.4 Ziel und Beitrag der Arbeit
  • 2. Zeitgeschichtliche Einordnung des Bildungsurlaubs in Politik, Praxis und Forschung
  • 2.1 Konstitutionsphase (1960er und 1970er Jahre)
  • 2.1.1 Gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen: Phase der Bildungsreform
  • 2.1.2 Bildungsurlaub als gesellschaftspolitisches Instrument
  • 2.2 Transformationsphase (seit 1990er Jahre)
  • 2.2.1 Gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen: Neoliberale Modernisierung
  • 2.2.2 Bildungsfreistellung als Instrument beruflicher Qualifizierung
  • 2.3 Reaktivierungsphase (Gegenwart)
  • 2.3.1 Neue Bildungszeitgesetze
  • 2.3.2 Konzeptionelle Begründung: Bildungsurlaub als temporale Ressource (Schmidt-Lauff 2013)
  • 2.3.3 Empirische Studie zum Bremer Bildungsurlaub (Robak et al. 2015)
  • 2.4 Zwischenfazit: Vom Bildungsurlaub zur Bildungsfreistellung zur Bildungszeit
  • 3. Rechtliche Grundlagen: Landesgesetze zum Bildungsurlaub
  • 3.1 Anspruchsberechtigte
  • 3.2 Dauer der Bildungsfreistellung
  • 3.3 Übertragbarkeit
  • 3.4 Anerkennungsfähige Veranstaltungen
  • 3.5 Zwischenfazit: Bildungsurlaub jenseits von privaten und betrieblicher Interessen
  • 4. Forschungsstand zur Programmplanung
  • 4.1 1970er Jahre: Programmplanung als disponierende, organisierende Tätigkeit
  • 4.2 1980er Jahre: Programmplanung als kommunikatives Handeln
  • 4.3 1990er Jahre: Programmplanung als Teil von Bildungsmanagement
  • 4.4 Seit den 2000er Jahren: Programmplanung im Spannungsfeld pädagogischer und ökonomischer Anforderungen
  • 4.4.1 Programmplanungshandeln als Angleichungshandeln (Gieseke/Gorecki 2000)
  • 4.4.2 Weiterbildungsangebote als pädagogische Dienstleistungsbeziehungen (Schlutz 2006, Schäffter 2014)
  • 4.4.3 Organisationsspezifische Planungskulturen (Dollhausen 2008, Gerhard 2009)
  • 4.4.4 Gesellschaftliche Widerspruchskonstellationen und Antinomien (von Hippel 2011)
  • 4.5 Zwischenfazit: Programmplanung zwischen Organisation und Kommunikation sowie zwischen Pädagogik und Ökonomie
  • 5. Diskursanalytische Forschungsperspektive
  • 5.1 Diskursforschung
  • 5.2 Diskursbegriff
  • 5.3 Wissenssoziologische Diskursanalyse (WDA)
  • 5.4 Bildungsurlaub als Diskursfeld
  • 5.5 Programmplanung als diskursive pädagogische Praktik
  • 5.5.1 Diskursanalytische Deutung
  • 5.5.2 Pädagogische Deutung
  • 6. Forschungsdesign der empirischen Studie
  • 6.1 Erkenntnisinteresse und Ziel der empirischen Untersuchung
  • 6.2 Untersuchungsraum Bremen
  • 6.3 Operationalisierung des Forschungsgegenstandes und Untersuchungsfragen
  • 6.3.1 Planungsstrategien
  • 6.3.2 Komponenten der BU-Konzeptionen
  • 6.3.3 Begründungslogiken
  • 6.4 Verfahren der Datenerhebung und -auswertung
  • 6.4.1 Methodisches Vorgehen in Anlehnung an die WDA
  • 6.4.2 Experteninterviews
  • 6.4.3 Programmanalyse
  • 6.4.4 Interorganisationale und intersektorale Vergleiche
  • 6.5 Zusammenfassung
  • 7. Empirische Befunde zu den diskursiven Praktiken (Planungsstrategien)
  • 7.1 Allgemeine Planungsstrategien
  • 7.1.1 Kooperative Neuentwicklungen von Angeboten: Keine „Kopfgeburten“
  • 7.1.2 Nachfrageorientierte Fortschreibungen bzw. Modifikationen bestehender Angebote: „Flaggschiffe“
  • 7.1.3 Streichen von Angeboten
  • 7.2 Bildungsurlaubsspezifische Aspekte der Programmplanung
  • 7.2.1 Gesetzliche Vorgaben zum Theorie-Praxis-Verhältnis
  • 7.2.2 Einbettung des Bildungsurlaubs in das Gesamtprogramm zur Realisierung von Anschlusslernen (Modularisierungsstrategien)
  • 7.2.3 Berücksichtigung der Trägerinteressen
  • 7.2.4 Berücksichtigung der Unternehmensinteressen
  • 7.3 Vergleichende Analyse: Einrichtungs- und fachbereichsspezifische Planungsstrategien
  • 7.4 Zwischenfazit: Allgemeine und bildungsurlaubsspezifische Planungsstrategien
  • 8. Empirische Befunde zu den Diskurseffekten (Konzeptionen von Bildungsurlaub)
  • 8.1 Ziele
  • 8.1.1 Herstellung von Chancengleichheit und Ermöglichung von Bildungsteilhabe für alle Arbeitnehmenden
  • 8.1.2 Befähigung zur gesellschaftlichen Teilhabe, Mitbestimmung und Gestaltung in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen
  • 8.1.3 Ermöglichung von Regeneration und Entschleunigung
  • 8.1.4 Förderung der beruflichen Qualifizierung und Kompetenzentwicklung
  • 8.1.5 Vergleichende Analyse: Fachbereichs- und einrichtungsspezifische Ziele
  • 8.1.6 Zwischenfazit: Bildungsurlaub zwischen gesellschaftspolitischen und ökonomischen Zielen
  • 8.2 Adressat/inn/en
  • 8.2.1 Zielgruppen nach soziodemografischen Merkmalen
  • 8.2.2 Funktions-/ Statusgruppen
  • 8.2.3 Berufsgruppen
  • 8.2.4 Vergleichende Analyse: Einrichtungs- und fachbereichsspezifische Adressat/inn/engruppen
  • 8.2.5 Zwischenfazit: Schwindende Zielgruppenorientierung und veränderte Adressat/inn/enansprache
  • 8.3 Themen
  • 8.3.1 Politik
  • 8.3.2 Gesundheit
  • 8.3.3 Beruf
  • 8.3.4 Fremdsprachen
  • 8.3.5 Kultur
  • 8.3.6 Geschichte
  • 8.3.7 Umwelt
  • 8.3.8 Medien
  • 8.3.9 Religion
  • 8.3.10 Vergleichende Analyse: Einrichtungsspezifische Themenprofile
  • 8.3.11 Zwischenfazit: Arbeit und Zeit als zentrale thematische Referenzen
  • 8.4 Formate
  • 8.4.1 Fortschreibung der Kompaktwoche
  • 8.4.2 Öffnung regulärer Seminare
  • 8.4.3 Entwicklung neuer Formate
  • 8.4.4 Vergleichende Analyse: Einrichtungs- und fachbereichsspezifische Formatentscheidungen
  • 8.4.5 Zwischenfazit: Die Kompaktwoche als zentrales didaktisches Prinzip des Bildungsurlaubs in der politischen und allgemeinen Bildung
  • 9. Empirische Befunde zu den Begründungslogiken
  • 9.1 Erwachsenenpädagogischer Bezugshorizont
  • 9.2 Gesellschaftspolitischer Bezugshorizont
  • 9.3 Ökonomischer Bezugshorizont
  • 9.4 Vergleichende Analyse: Einrichtungs- und fachbereichsspezifische Begründungslogiken
  • 9.5 Zwischenfazit: Relative Autonomie in Abhängigkeit vom Träger
  • 10. Zusammenführung der empirischen Befunde aus diskursanalytischer Sicht
  • 11. Theoretische Erklärungsansätze zur Einrichtungs- und Fachbereichsspezifik
  • 11.1 Theoretische Erklärungsansätze zur Einrichtungs- bzw. Trägerspezifik
  • 11.1.1 Differenzlinie zwischen öffentlichen und gewerblichen Weiterbildungseinrichtungen: Modell der Reproduktionskontexte nach Schrader
  • 11.1.2 Differenzlinie zwischen gewerkschaftlichen und arbeitgebergetragenen Weiterbildungseinrichtungen: Konzept der Institutionalformen nach Schäffter
  • 11.2 Theoretische Erklärungsansätze zur Fach- bzw. Inhaltsbereichsspezifik
  • 12. Zusammenfassung und Ausblick
  • 12.1 Zusammenfassung
  • 12.2 Forschungsdesiderate
  • 12.3 Empfehlungen für die Weiterbildungspraxis und die Bildungspolitik
  • Literaturverzeichnis
  • Gesetze
  • Reihenübersicht

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Abkürzungsverzeichnis

AdH Akademie des Handwerks

AN Arbeitnehmende

AuL Arbeit und Leben

BB Berufliche Bildung

bfw Berufsfortbildungswerk des Deutschen Gewerkschaftsbundes

BHV Bremerhaven

BremBUG Bremisches Bildungsurlaubsgesetz

BremWBG Bremisches Weiterbildungsgesetz

BU Bildungsurlaub

BWU Bildungszentrum der Wirtschaft

DAA Deutsche Angestellten Akademie

EB/WB Erwachsenenbildung/Weiterbildung

Ev. BW Evangelisches Bildungswerk

Fortb. direkt Fortbildung direkt

GB Gesundheitsbildung

HPM Hauptamtliche/r Pädagogische/r Mitarbeiter/in

Ibs Institut für Berufs- und Sozialpädagogik

ILS Institut für Lernsysteme

KuBi Kulturelle Bildung

LLL Lebenslanges Lernen

LSB Bildungswerk des Landessportbundes

PB Politische Bildung

PBW Paritätisches Bildungswerk

UE Unterrichtseinheit

VHS Volkshochschule

WBE Weiterbildungseinrichtungen

WDA Wissenssoziologische Diskursanalyse

Wisoak Wirtschafts- und Sozialakademie der Arbeitnehmerkammer Bremen

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Theoretische Positionen zur Programmplanung im Spannungsfeld Pädagogik und Ökonomie

Abbildung 2: Diskursfeld Bildungsurlaub

Abbildung 3: Begründungslogiken für Bildungsurlaub

Abbildung 4: BU-Spezialdiskurse in der Weiterbildungspraxis

Abbildung 5: Trägerspezifische Differenzlinien

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Entwicklung der Bildungsbereiche im Zeitverlauf

Tabelle 2: Entwicklung der Fachbereiche im Zeitverlauf

Tabelle 3: Zeitgeschichtlicher Überblick: Bildungsurlaub in Politik, Praxis und Forschung

Tabelle 4: Vergleich der Landesgesetze zum Bildungsurlaub

Tabelle 5: Qualitatives Sample der Befragung

Tabelle 6: Kategorisierung der Planungsstrategien

Tabelle 7: Kategorisierung der BU-Ziele

Tabelle 8: Kategorisierung der Begründungslogiken nach Bezugshorizonten

Tabelle 9: Kategorisierung der Adressatengruppen

Tabelle 10: Kategorisierung der Themenfelder

Tabelle 11: Kategorisierung der Formate

Tabelle 12: Kreuztabelle: Einrichtungen und Fachbereiche

Tabelle 13: Ablaufschema zum Auswertungsverfahren

Tabelle 14: Interorganisationaler und intersektoraler Vergleich der Planungsstrategien

Tabelle 15: Exemplarische Interviewzitate zu trägerspezifischen Profilierungen

Tabelle 16: Interorganisationaler und intersektoraler Vergleich der BU-Ziele

Tabelle 17: Intersektoraler Vergleich der Adressat/inn/engruppen

Tabelle 18: Interorganisationaler Vergleich der Adressat/inn/engruppen

Tabelle 19: Interorganisationaler Vergleich der Themenfelder

Tabelle 20: Interorganisationaler und intersektoraler Vergleich der BU-Formate

Tabelle 21: Erwachsenenpädagogische Begründungslogiken

Tabelle 22: Gesellschaftspolitische Begründungslogiken

Tabelle 23: Ökonomische Begründungslogiken

Tabelle 24: BU-Spezialdiskurse der WB-Praxis

Tabelle 25: Inhaltsbereiche in Standardwerken der EB

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1. Einleitung

1.1 Problemhorizont

In den gegenwärtigen Diskursen der Erwachsenenbildungsforschung zählt der Bildungsurlaub1 nicht zu den vorrangigen Themen, obgleich er für die Entwicklung der Erwachsenenbildung/Weiterbildung eine historisch wichtige Rolle hatte: In den 1970er Jahren fungierte Bildungsurlaub als Experimentierfeld für didaktische Neuerungen, trieb die empirische Forschung und Theoriebildung in der Erwachsenenbildung voran und gab Impulse für den quartären Bildungssektor insgesamt (vgl. Brödel 2003: 423). Beispiele für den Erkenntnisfortschritt durch Bildungsurlaubsforschung sind die didaktischen Prinzipien der Zielgruppen- und Teilnehmerorientierung, Erfahrungs-, Lebenswelt- und Handlungsorientierung sowie der Integrations- und der Deutungsmusteransatz.

In dieser Arbeit, die aus einem Forschungsprojekt zum Bildungsurlaub in Bremen (vgl. Robak et al. 2015) hervorgeht, wird argumentiert, dass es sich lohnt, die Bildungsurlaubsforschung zu reaktivieren und den Bildungsurlaub vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Herausforderungen neu zu begründen. Denn die Bildungsurlaubsgesetze2 gehören zu den wenigen rechtlichen Regelungen in Deutschland, die einen individuellen Rechtsanspruch auf Lernzeit während der Arbeitszeit einräumen. Das Besondere am Bildungsurlaub ist, dass er allen Erwerbstätigen den Zugang zu Weiterbildung ermöglicht, insbesondere den bildungsbenachteiligten Zielgruppen, wie Schichtarbeitende, die sonst kaum an regulärer Weiterbildung teilnehmen können (vgl. Rippien 2015b; Heidemann 2015).

Insgesamt nehmen allerdings weniger als 5% aller Arbeitnehmenden in Deutschland ihr Bildungsurlaubsrecht in Anspruch (vgl. Bilger/Strauß 2015: 19). Eine Ursache für die geringe Teilnahmequote liegt vermutlich im mangelnden Bekanntheitsgrad, eine andere in den negativen Stereotypenzuschreibungen und dem schlechten Image des Bildungsurlaubs (vgl. Jansen/Länge 2000). Denn seit ← 23 | 24 → Erlass der ersten Bildungsurlaubsgesetze in den 1970er Jahren ist der Bildungsurlaub politisch heftig umstritten:

Auf der einen Seite argumentieren Arbeitnehmervertreter/Gewerkschaften für den Bildungsurlaub aufgrund seiner gesellschaftspolitischen Bedeutung für die Herstellung von Chancengleichheit und die Förderung gesellschaftlicher Teilhabe angesichts technologischer, ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Wandlungsprozesse (vgl. exemplarisch die Stellungnahme von I. Schierenbeck von der Arbeitnehmerkammer Bremen 2015: 396).

Auf der anderen Seite beklagen Arbeitgebervertreter/Unternehmensverbände die hohen Kosten, die durch die Freistellung der Arbeitnehmenden entstehen, sowie den fehlenden Nutzen und das fehlende Mitspracherecht der Unternehmen bei der Auswahl der Bildungsurlaubsseminare (vgl. exemplarisch die Stellungnahme von K. Heidemeyer von der Handelskammer Bremen 2015: 401ff.).

Die konträren Positionen zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite spiegeln sich auch auf der Ebene der Bildungspolitik wider: So wurden die Landesgesetze zum Bildungsurlaub zumeist dann erlassen, wenn die SPD oder Bündnis 90/Die Grünen regierten (vgl. Grotlüschen et al. 2011: 362). Die CDU und die FDP teilen eher die Position der Arbeitgeber und lehnen den Bildungsurlaub ab (vgl. Rudnik 1999).

Während die ursprüngliche, gewerkschaftlich getragene Bildungsurlaubsidee der 1960er/1970er Jahre mit demokratischen Zielen verbunden war, wird mit den Gesetzesnovellen seit den 1990er Jahren eine stärkere Orientierung an der Wirtschafts-, Berufs- und Arbeitswelt forciert (vgl. Schmidt-Lauff 2013), um die Akzeptanz für Bildungsurlaub und die Teilnahmequote zu erhöhen (vgl. exemplarisch die Stellungnahme der Senatorin für Bildung und Wissenschaft der Freien Hansestadt Bremen E. Quante-Brandt 2015: 391).

Im Bildungsurlaub treffen wie in keinem anderen Format der EB/WB vielfältige Begründungslinien und kontroverse Zielvorstellungen aufeinander, die keineswegs statisch sind, sondern sich aufgrund ihrer gesellschaftlichen Verwobenheit im Zeitverlauf verändern. Der Bildungsurlaub ist daher ein interessanter Forschungsgegenstand mit einem hohen exemplarischen Gehalt für die gesamte EB/WB.

An der Diskussion um den Bildungsurlaub zeigt sich, so lässt sich mit Schmidt-Lauff (2005) der übergeordnete gesellschaftspolitische Kontext dieser Arbeit fassen, wie lebensbegleitendes Lernen als gesellschaftlich zu realisierender Anspruch in Deutschland umgesetzt wird (vgl. ebd.: 221). In den Diskursen zum Bildungsurlaub spiegelt sich die Paradoxie zwischen dem Anspruch und der Wirklichkeit lebenslangen Lernens wider: Einerseits wird bildungspolitisch lebenslanges Lernen ← 24 | 25 → gefordert als Verpflichtung jedes Einzelnen Verantwortung für die Aneignung von Wissen, Kenntnissen und Kompetenzen zu übernehmen. Politik und Gesellschaft weisen der Weiterbildung eine zunehmende Bedeutung zu und fordern eine Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung insbesondere bildungsbenachteiligter Zielgruppen (vgl. von Hippel 2011). Andererseits gibt es in der allgemeinen und politischen Weiterbildung kaum individuelle Rechtsansprüche, die den Individuen Zeit, finanzielle Mittel oder entsprechende Angebote unterbreiten, um die Lernherausforderungen umsetzen zu können (vgl. Grotlüschen et al. 2011).

1.2 Erwachsenenpädagogisches Erkenntnisinteresse

Details

Seiten
316
Jahr
2018
ISBN (PDF)
9783631741474
ISBN (ePUB)
9783631741481
ISBN (MOBI)
9783631741498
ISBN (Hardcover)
9783631740279
DOI
10.3726/b13024
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2018 (Oktober)
Schlagworte
Bildungszeit Diskursanalyse Makrodidaktik Weiterbildungsträger Experteninterviews Bildungsrecht
Erschienen
Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2018. 315 S., 5 s/w Abb., 25 Tab.

Biographische Angaben

Claudia Pohlmann (Autor:in)

Claudia Pohlmann war Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Bildung im Erwachsenenalter an der Leibniz Universität Hannover. Sie arbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Berufspädagogik und Didaktik der Arbeitslehre, Justus-Liebig-Universität Gießen.

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