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Wirtschaftsmacht Afrika

Wachstumspole, Potenziale und Perspektiven

von Salua Nour (Band-Herausgeber:in) Ekkehard Münzing (Band-Herausgeber:in)
©2016 Sammelband 371 Seiten

Zusammenfassung

Mit diesem Sammelband wird ein Beitrag zur aktuell kontrovers geführten Debatte über die Potenziale und Perspektiven der wirtschaftlichen Entwicklung Subsahara-Afrikas geleistet. Anders als die vom pessimistischen Diskurs oder von Schönfärberei geprägten Untersuchungen der Probleme und Chancen dieser Region basieren die Analysen von 20 renommierten Afrika-Experten in diesem Sammelband auf der Absicht, die Ursachen für den chronischen Widerspruch zwischen dem Reichtum dieser Region an Produktionsfaktoren und der Perpetuierung ihrer Lage als Hauptkrisenregion im weltweiten Vergleich aufzudecken. Ausgehend von der Bestimmung ihrer Potenziale werden zwei Fragen erörtert: a) nach den vielfältigen Faktoren, die deren Nutzung behindern, und b) nach der Möglichkeit der Überwindung dieser Faktoren.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Vorwort der Herausgeber
  • Einführung
  • Subsahara-Afrika vom Krisen-Kontinent zur Wirtschaftsmacht? Ein Plädoyer für einen Paradigmenwechsel in der Afrika-Forschung
  • Rahmenbedingungen und Wachstumspotenziale in Subsahara-Afrika
  • Die Entwicklung der Demokratie in Subsahara-Afrika
  • Von der besseren Nutzung der Potenziale Afrikas: Hemmfaktoren und Handlungsoptionen
  • Landwirtschaft als Motor des Wachstums in Subsahara-Afrika
  • Der Bergbausektor als Motor des Wachstums in Afrika
  • Was ermöglicht und was behindert die Realisierung von Afrikas Wachstumspotenzialen?
  • Plateaus not Summits: Reforming Public Financial Management in Africa
  • Afrika kann sein Wachstum finanzieren: die Rolle der Steuerpolitik und der Entwicklungszusammenarbeit
  • Deutsche Interessen in Afrika und afrikanische Interessen an Deutschland
  • Wirtschaftspotenziale Subsahara-Afrikas: Fallbeispiele
  • Vom Rohstoffexport zur Industrialisierung: Erfolge und Herausforderungen in Südafrikas Politik und Wirtschaft
  • Wachstumspol trotz Rohstoffarmut: die regionale Wirtschaftsmacht Ruanda
  • Vom Rohstoffreichtum zur Industrialisierung des „Herzens der Finsternis“: Der Fall der Demokratischen Republik Kongo
  • Sudan: Eine potenzielle Wirtschaftsmacht jenseits von Religions- und Ressourcenkonflikten
  • Schlussfolgerungen
  • Podiumsdiskussion: Entwicklungsszenarien für Subsahara-Afrika: „Reformierte Entwicklungshilfe“ vs. Abkoppelung vom System der Entwicklungshilfe?
  • Autorenverzeichnis

Vorwort der Herausgeber

Dieser Sammelband ist auf Grundlage der öffentlichen Vorträge von 13 renommierten Afrika-Experten im Rahmen der Ringvorlesung: Afrika als Wirtschaftsmacht - Wachstumspole, Potenziale und Perspektiven entstanden. Der Sammelband erscheint erst heute, obwohl die vom OSI-Club organisierte Ringvorlesung im Winter-Semester 2009/10 am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin stattgefunden hat, weil die Verwandlung der nur auf Tonband registrierten und von Power Point-Präsentationen gestützten Vorträge in ein druckreifes Manuskript sich als eine zeitraubende Prozedur erwiesen hat. Sie verlief, vom Transkribieren der Tonbandaufnahmen über die Redaktion der Texte in Schriftsprache und deren Überarbeitung durch die dreizehn Verfasser bis hin zur Erstellung der vorliegenden Druckversion, innerhalb enger zeitlicher Handlungsspielräume aller daran Beteiligten. Trotz dieser zeitlichen Diskrepanz legt der OSI-Club mit diesem Sammelband einen für die laufende akademische wie auch außerakademische Debatte über Subsahara-Afrika höchst aktuellen Beitrag vor, durch den die Probleme und Zukunftsperspektiven dieser Region aus einem neuen Blickwinkel ausgeleuchtet werden und die darauf bezogene Erkenntnisbasis beträchtlich erweitert werden kann.

Einige Autoren hatten Bedenken bezüglich der Publikation ihrer Beiträge, nachdem mehrere Jahre verstrichen sind, seitdem sie sich im Rahmen der Ringvorlesung zu Subsahara-Afrika mit Bezug auf die Themenstellung geäußert haben. Wir konnten sie jedoch davon überzeugen, dass es sich bei diesen Beiträgen um Analysen handelt, mit denen nicht die sich wandelnde Aktualität geschildert wird, sondern Tendenzen in der Entwicklung politischer und wirtschaftlicher Systeme in Subsahara-Afrika aufgedeckt werden, die sich in längeren historischen Phasen in dieser Region auf struktureller Ebene langsam herausbilden. Diese Tendenzen entziehen sich gerade dem Blick jener Beobachter, die nur das rasch sich vollziehende Geschehen verfolgen. Die Erkenntnisse, die mit Hilfe dieser Analysen und der sich daran anschließenden Diskussionen erworben werden können, sind - wenn das einmal in Form einer Analogie ausgedrückt werden soll - eher mit Erkenntnissen über tektonische Erdbewegungen als mit Informationen über variierende Wetterverhältnisse zu vergleichen. Deshalb sind diese Erkenntnisse von bleibendem Wert: Sie gelten nicht dem Tagesgeschehen an sich, sondern dienen seiner Einordnung und Interpretation.

Die Ringvorlesung war das Produkt einer kritischen Reflexion über die AfrikaForschung und -Lehre an deutschen Universitäten, die durch die Frage nach deren Relevanz für die Erklärung der afrikanischen Wirklichkeit und die Lösung der Probleme Subsahara-Afrikas angestoßen wurde. Die Reflexion ging von der Beobachtung aus, dass Problemlösungskonzepte in dieser Region serienweise in den letzten Jahrzehnten gescheitert sind. Einhergehend damit erwiesen sich die Bilder, die Forschung und Medien sowohl aus der Mainstream-Perspektive als ← 7 | 8 → auch aus kritischen Blickwinkeln von dieser Region erzeugten, immer wieder als widersprüchlich oder einseitig, weil sie nur Teilaspekte der komplexen afrikanischen Wirklichkeit widerspiegelten. Dem vorherrschenden Bild von Subsahara-Afrika als Kontinent der Krisen und Katastrophen wird die Darstellung dieser Region als Wirtschaftsraum mit weltweit größtem Wachstumspotenzial aus der Perspektive internationaler Finanzinstitutionen und wirtschaftlicher Think Tanks entgegengestellt. Analysen von solchen Institutionen qualifizieren Wachstumspole in Subsahara-Afrika mit Lions on the Move1, die mit den asiatischen Tigerstaaten verglichen werden. Als Beleg für diese Einschätzung wird neben den hohen Wachstumsraten die Herausbildung einer afrikanischen Mittelschicht, die bereits 150 Millionen Menschen umfassen soll, herangezogen. Damit werden jedoch Erkenntnisse nicht entkräftet, die den Berichten über die zunehmende Zerrüttung wirtschaftlicher und politischer Verhältnisse in der Mehrheit afrikanischer Länder zu entnehmen sind. Genauso wenig werden dadurch die Ergebnisse jener Analysen widerlegt, die nachweisen, dass das Wachstum in Subsahara-Afrika vom Rohstoffsektor ausgeht, einer Minderheit an ökonomischen Akteuren zum Nutzen gereicht, jedoch keinen erkennbaren Effekt hinsichtlich der Lösung jener strukturellen Probleme von Arbeitslosigkeit und Armut hat, von denen die Bevölkerung der Mehrheit afrikanischer Länder betroffen ist.

Hier stellte sich die Frage nach einem ursächlichen Zusammenhang zwischen einer mangelhaften Wahrnehmung Subsahara-Afrikas und der Unwirksamkeit der für die Lösung der Probleme dieser Region konzipierten Strategien. Folgt man nämlich dem elementaren Prinzip, dass wirksame Problemlösungskonzepte allein auf der Grundlage einer möglichst realitätsnahen Erklärung jener Wirkungszusammenhänge erstellt werden können, die die Probleme verursachen und perpetuieren, dann muss in Anbetracht des Scheiterns so zahlreicher Problemlösungskonzepte mit Bezug auf Subsahara-Afrika die Zuverlässigkeit von bisherigen Erklärungen der afrikanischen Wirklichkeit und somit auch die Angemessenheit des bei der Suche nach diesen Erklärungen angewendeten methodischen Instrumentariums oder gar Paradigmas in Frage gestellt werden.

Der Beitrag zu diesem Sammelband mit dem Titel: Subsahara-Afrika vom Krisen-Kontinent zur Wirtschaftsmacht – ein Plädoyer für einen Paradigmenwechsel in der Afrika-Forschung, führt in diese Problematik ein und zeigt die Pfade an, die von einem revisionsbedürftigen Paradigma über defizitäre Erklärungen der afrikanischen Wirklichkeit zu den Problemlösungskonzepten hinführen, die sich in der Praxis wiederholt als unwirksam erwiesen haben. Im Plädoyer für einen Paradigmenwechsel in der Auseinandersetzung mit SubsaharaAfrika sind Korrekturen am analytischen Prozess vorgeschlagen, mit deren Hilfe die Erkenntnisbasis mit Bezug auf Subsahara-Afrika erweitert werden soll. Eine ← 8 | 9 → erweiterte Erkenntnisbasis ist zwar keine Garantie für die Verlässlichkeit der darauf basierenden Erklärungen der Wirklichkeit; sie erhöht jedoch die Chance, dass der analytische Prozess stimmigere Erklärungen der untersuchten Wirkungszusammenhänge zeitigt als es bisher möglich gewesen ist. Diese wäre die Hauptvoraussetzung für die Erhöhung der Wirksamkeit von Problemlösungskonzepten, die aufgrund dieser Erklärungen erstellt werden und nicht als Rezepte verordnet, sondern als wissenschaftlich validierte Wenn-Dann-Handlungsoptionen für Akteure mit divergierenden Interessen angeboten werden sollen. Damit könnte die Afrika-Forschung an Relevanz für die Praxis in dieser Region und mit Bezug darauf im beträchtlichen Maß gewinnen.

Die Überlegungen bezüglich der Operationalisierung der vorgeschlagenen Korrekturen führten zum Vorschlag der Schaffung eines neuen interdisziplinären Afrika-Schwerpunkts, wo die Mängel des kritisierten Paradigmas behoben werden sollen, indem für die Einhaltung folgender Prinzipien gesorgt wird: die systematische Verknüpfung von Forschung und Praxis, die Einbindung afrikanischer Akteure, ihrer Perspektiven und Standpunkte in den analytischen Prozess, die Berücksichtigung subjektiver und objektiver Determinanten des untersuchten Geschehens bei der Formulierung von Erkenntnisinteressen bzw. Forschungszielen sowie bei der Abwicklung analytischer Verfahren, die systematische Unterwerfung von Erklärungsansätzen und darauf basierenden Problemlösungskonzepten dem Realitätstest und schließlich die Auswertung von Erkenntnissen, die sowohl die herrschenden Narrative als auch die Gegen-Narrative liefern.

Die vom OSI-Club, als Standarten-Träger der Afrika-Lehre am Otto-Suhr-Institut, organisierte Ringvorlesung stellte den ersten Versuch dar, in die durch das neue Paradigma angezeigte Richtung vorzustoßen. Dabei sollte es nicht mehr um die Zeichnung positiver oder negativer Bilder von Subsahara-Afrika in einzelnen voneinander unabhängigen Vorträgen gehen. Der Fokus der Betrachtung, auf den sich alle Beiträge beziehen sollten, stellte die Frage nach den Potenzialen dieser Region dar und nach den subjektiven und objektiven Faktoren, die deren Nutzung faktisch behindern oder fördern würden. Das damit verbundene praktische Anliegen besteht in der Erschließung von Möglichkeiten nicht nur für eine umfangmäßig bessere Nutzung vorhandener Potenziale, sondern auch für die Diversifizierung der Nutznießer der Potenziale dieser Region mit Blick auf die Transformation des jetzt zu Ungunsten Subsahara-Afrikas laufenden Nullsummenspiels in ein Spiel mit mehr Gewinnen für mehr (vor allem afrikanische) Akteure.

Das Ziel der Betrachtung in dieser Etappe der Auseinandersetzung mit Subsahara-Afrika bestand also nicht in der Formulierung von Problemlösungskonzepten, sondern lediglich in der Gewinnung von Erkenntnissen über die bestehenden Wirkungszusammenhänge, in denen die Nutzung der Potenziale erfolgt, und über ihre Determiniertheit sowohl durch strukturelle als auch durch kontingente ← 9 | 10 → Bestimmungsfaktoren. Aufgrund dieser Erkenntnisse könnten die Handlungsspielräume von Akteuren bestimmt werden, die am Geschehen in SubsaharaAfrika beteiligt bzw. davon betroffen sind. Erst dann wäre es möglich, Handlungsoptionen für diese Akteure im Hinblick auf die Lösung ihrer Probleme mit der Nutzung vorhandener Ressourcen zu erstellen.

Die Ringvorlesung setzte sich aus 13 Vorträgen zusammen, denen ein einführender methodologischer Beitrag hinzugefügt wurde, um den vorliegenden Sammelband zusammenzustellen. Die aus den Vorträgen hervorgehenden 13 Beiträge sind in drei Kapiteln gruppiert: Im ersten Kapitel werden die Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Entwicklung und die Wachstumspotenziale in Subsahara-Afrika in acht Beiträgen untersucht. Mit dem Beitrag (Gero Erdmann, GIGA) zum Fortschritt und zu den Rückschlägen von Demokratisierungsprozessen in Subsahara-Afrika werden die Schwierigkeiten der Überwindung politischer Mechanismen beleuchtet, die bislang eine sinnvolle Nutzung verfügbarer Potenziale behindern. In zwei weiteren Beiträgen wird der Landwirtschaftssektor, in dem die größten Ressourcen-Potenziale für afrikanische Länder gegeben sind, einer kritischen Analyse aus entwicklungstheoretischer und Entwicklungspraxis bezogener Perspektive (Theo Rauch, Freie Universität) sowie aus der Perspektive deutscher Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit (Michael Brüntrup, DIE und Christoph Kessler, KfW) unterworfen. Darauf aufbauend werden jeweils im Licht praktischer Erfahrungen Empfehlungen für eine bessere Nutzung der Potenziale in diesem Sektor formuliert. Den Potenzialen im Bergbausektor und den Problemen ihrer Nutzung zur Förderung von Wachstumsprozessen in Subsahara-Afrika ist ein Beitrag gewidmet (Peter Buchholz, BGR), während in einem weiteren Beitrag (Burkhard Hinz, KfW) die Möglichkeit der Nutzung des Rohstoffreichtums für die Industrialisierung Afrikas ausgelotet wird.

Mit zwei Beiträgen über die Problematik der Finanzierung der wirtschaftlichen Entwicklung Subsahara-Afrikas, inklusive der Prozesse der Aktualisierung vorhandener physischer Potenziale, anhand eigener Ressourcen wird die These vertreten, dass die Reform von öffentlichem Finanzmanagement (Stephen Smith, Harvard University und IDS) sowie von Steuerverwaltungen in afrikanischen Ländern (Karl Wolfgang Menck, HWWI) zur Erzeugung von genug finanziellen Ressourcen führen würde, mit denen der Finanzierungsbedarf dieser Länder ohne Rückgriff auf die Entwicklungshilfe gedeckt werden könnte. Das Kapitel über die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung und die Wachstumspotenziale in Subsahara-Afrika wird mit einem Beitrag (Martin Kalhoefer, GTAI) über: Deutsche Interessen in Afrika und afrikanisches Interesse an Deutschland abgerundet, in dem die im Handelssektor gegebenen Gewinnmöglichkeiten und –potenziale für Subsahara-Afrika eruiert werden.

Im zweiten Kapitel des Sammelbands wird die Nutzung der wirtschaftlichen Potenziale Subsahara-Afrikas anhand von vier Fallbeispielen nachverfolgt: Südaf ← 10 | 11 → rika (Christian von Soest, GIGA) gilt als das Musterbeispiel für die Nutzung von Rohstoffreichtum im Hinblick auf die Realisierung einer erfolgreichen Industrialisierungspolitik. Zwar stößt Südafrika bei der Nutzung seiner Potenziale auf nicht übersehbare soziale und politische Herausforderungen auf interner Ebene und hinsichtlich seiner Position auf dem Weltmarkt; es behält dennoch, seinem Status als Sonderfall in Subsahara-Afrika zum Trotz, seinen Beispielcharakter gegenüber afrikanischen Ländern, was die erfolgreiche Nutzung seiner Potenziale angeht. Mit dem Fall Ruanda (Stephan Klingebiel, KfW) wird ein Beispiel für die erfolgreiche Nutzung nichtphysischer Innovationspotenziale in einem rohstoffarmen Land für den Aufbau einer Position als Wachstumspol und als regionale Wirtschaftsmacht vorgeführt. Diesen Beispielen für erfolgreiche Nutzung von Potenzialen werden zwei Beispiele entgegengestellt, die Demokratische Republik Kongo (Lena Guesnet, BICC, und Helmut Rudolf Schrader, Afrika Verein) und Sudan (Bernd Meissner, BHT, und Eberhard Klitzsch, TU Berlin), die insofern für die Verhältnisse in der Mehrheit afrikanischer Länder repräsentativ sind, als es dort nicht gelingt, die gegebene reichliche Rohstoffausstattung zu nutzen, um die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben.

Das dritte Kapitel des Sammelbands besteht aus einer Podiumsdiskussion über: Entwicklungsszenarios - „Reformierte Entwicklungshilfe“ vs. Abkoppelung Afrikas vom System der Entwicklungshilfe, die zwischen Volker Seitz (Botschafter a. D. und Autor von „Afrika wird armregiert“), Elmar Altvater (Prof. em., Freie Universität Berlin) und Rainer Tetzlaff (Prof. em., Universität Hamburg ) geführt und von Konrad Melchers (ehem. Chefredakteur der Zeitschrift „Entwicklungspolitik“, heute „Weltsichten“) moderiert wurde. Im Rahmen dieser Diskussion wurde die Rolle der Entwicklungshilfe hinsichtlich der Förderung oder Behinderung der Nutzung von afrikanischen Potenzialen sowohl aus der Perspektive der Reformer als auch die der radikalen Kritiker der Beziehungen SubsaharaAfrikas zu Deutschland geprüft und ihrer jetzigen Form als weitgehend hinderlich befunden.

Mit den Beiträgen zu diesem Sammelband konnten wohl Teilausschnitte der afrikanischen Realität ausgeleuchtet werden, selbst wenn damit die aus dem revidierten Paradigma abgeleitetem Ansprüche an Afrika-Studien (vor Allem die Berücksichtigung der Standpunkte und Interessen afrikanischer Akteure sowie die Bestimmung der Funktion des subjektiven Faktors als Antrieb oder Hindernis für eine sinnvolle Nutzung der Potenziale) noch nicht erfüllt worden sind. Der Verdienst dieser Beiträge liegt jedoch vor allem darin, in systematischer Weise über Rahmenbedingungen und Bestimmungsfaktoren zu informieren, die die Nutzung von Afrikas Potenzialen meistens behindern oder in Sonderfällen begünstigen. Damit werden die Grenzen der Handlungsspielräume von afrikanischen Akteuren erkennbar gemacht und entsteht eine Grundlage für die weitere Reflexion über wirksame Strategien zur Verbesserung der Nutzung von Afrikas Potenzialen. ← 11 | 12 →

Der Mehrwert dieser Beiträge gegenüber vielen Studien mit Bezug auf Subsahara-Afrika besteht außerdem darin, keine realitätsfernen, gleichzeitig präskriptiven und somit für die Praxis irrelevanten (Mode-)Konzepte für die Verbesserung der Nutzung von Afrikas Potenzialen bieten, sondern nur Hinweise auf die Zusammenhänge zu enthalten, auf die bei der Erstellung solcher Konzepte geachtet werden muss. Ferner wird mit dem Sammelband kein dogmatischer Ansatz mit Alleingeltungsanspruch und nicht die herrschende Narrative verteidigt. Es kommen hier gleichermaßen Apologeten und Kritiker der in Subsahara-Afrika bestehenden Verhältnisse sowie der darauf bezogenen Forschungsansätze zu Wort, und zwar dies nicht nur in den jeweiligen Beiträgen, sondern auch in den Diskussionen, die in der Ringvorlesung im Anschluss an jedem Vortrag stattgefunden haben und in diesen Sammelband als ergänzenden Bestandteil der Beiträge aufgenommen worden sind.

Die Herausgeber hoffen, mit diesem Sammelband einen aufschlussreichen Beitrag zur Debatte über die Perspektiven der Transformation Subsahara-Afrikas von einem Krisen-Kontinent zu einer ihre Potenziale nutzende Wirtschaftsmacht geleistet zu haben. Der Beitrag ist als Anstoß für weiterführende Diskussionen über dieses Thema zu verstehen, die nicht nur innerhalb des überlieferten wissenschaftlichen Rahmens, sondern auch außerhalb eingetretener wissenschaftlicher Pfade verlaufen können mit Blick auf die Erweiterung der Erkenntnisbasis für Akteure, die am Geschehen in Subsahara-Afrika beteiligt oder davon betroffen sind, aber ganz besonders für Akteure, die sich mit der Untersuchung dieses Geschehens beschäftigen und es direkt oder indirekt durch die Erstellung von darauf bezogenen Problemlösungskonzepten beeinflussen.

In einigen Beiträgen finden sich in kursiv gehaltene, einleitende bzw. abschließende Anmerkungen, die von Salua Nour verfasst wurden. Die Texte wurden in der vorliegenden Form incl. der Anmerkungen von den Autoren zum Druck freigegeben.

Last but not least: Die Herausgeber danken Eva Ellereit und Saskia Köbschall, die die mühsame Transkription der auf Tonband aufgezeichneten Vorträge vorgenommen haben. Ohne ihre Unterstützung wäre dieses Buch nicht erschienen.

Salua Nour                                         Ekkehard Münzing

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1       McKinsey Global Institute (2010): Lions on the Move – The Progress and Potenzial of African Economies.

Subsahara-Afrika vom Krisen-Kontinent zur Wirtschaftsmacht? Ein Plädoyer für einen Paradigmenwechsel in der Afrika-Forschung

Salua Nour

Zusammenfassung

Die Auseinandersetzung mit Subsahara-Afrika2 (SSA) in Medien und Forschung ist von einem negativen Afrika-Bild dominiert. Das Bild reflektiert nur Teilaspekte der afrikanischen Realität; es hat sich bislang jedoch gegenüber Bemühungen um seine Korrektur als gefeit erwiesen. Neuerdings wird in Studien und Berichten über die Wachstumsperspektiven Afrikas ein hoffnungsvolleres Bild von dieser Region gezeichnet. Obwohl damit positive Informationen über Afrikas Potenzial für die Überwindung seiner scheinbar chronischen Notlage verbreitet werden, wird damit kein erkennbarer Beitrag zur Lösung seiner vorrangigen Probleme geleistet.

Details

Seiten
371
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653062366
ISBN (ePUB)
9783653999723
ISBN (MOBI)
9783653999716
ISBN (Paperback)
9783631611777
DOI
10.3726/978-3-653-06236-6
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Dezember)
Schlagworte
Subsahara Wirtschaftspotenzial Afrika Afrika-Optimismus Afrika-Pessimismus
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 371 S., 21 farb. Abb., 16 s/w Abb., 2 Tab.

Biographische Angaben

Salua Nour (Band-Herausgeber:in) Ekkehard Münzing (Band-Herausgeber:in)

Salua Nour ist Politologin und Privatdozentin am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. Nach Einsätzen als Beraterin der Friedrich-Naumann-Stiftung in Benin und dem damaligen Zaire war sie als Projekt- und Büroleiterin der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in der Demokratischen Republik Kongo und Sierra Leone tätig. Ekkehard Münzing, Politologe und Volkswirt, ist selbstständiger Politikberater und Projektmanager. Er war Vorstandsmitglied des OSI-Club.

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