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Nachschlagewerk des Reichsgerichts – Gesetzgebung des Deutschen Reichs

Zivilprozessordnung §§ 271-544

von Werner Schubert (Band-Herausgeber:in) Hans Peter Glöckner (Band-Herausgeber:in)
©2015 Andere VIII, 802 Seiten

Zusammenfassung

Die Edition Nachschlagewerk des Reichsgerichts bringt in Band 9 die Rechtsprechungsnachweise des Reichsgerichts zu den grundlegenden zivilprozessualen Institutionen in den §§ 271–544 ZPO von 1898 einschließlich der Änderungen bis 1943. Es wird insbesondere die höchstrichterliche Judikatur zum erstinstanzlichen landgerichtlichen Verfahren, zu den Urteilsarten, zur Rechtskraft der Urteile, zur Beweisaufnahme, zum Parteieid und zur Berufung erschlossen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung
  • 2. Buch. Verfahren in erster Instanz
  • 1. Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten
  • 1. Titel. Verfahren bis zum Urteil (Fortsetzung §§ 271-299)
  • 2. Titel. Urteil (§§ 300-329)
  • 3. Titel. Versäumnisurteil (§§ 330-347)
  • 4. Titel. Vorbereitendes Verfahren in Rechtssachen, Auseinandersetzungen und ähnlichen Prozessen (§§ 348-354)
  • (ab der Novelle v. 13.2.1924: Verfahren vor dem Einzelrichter – §§ 348-350)
  • 5. Titel. Allgemeine Bestimmungen über die Beweisaufnahme (§§ 355-370)
  • 6. Titel Beweis durch Augenschein (§§ 371-372)
  • 7. Titel. Zeugenbeweis (§§ 373-401)
  • 8. Titel. Beweis durch Sachverständige (§§ 402-414)
  • 9. Titel. Beweis durch Urkunden (§§ 415-444)
  • 10. Titel. Beweis durch Eid (§§ 445-477)
  • (ab dem Gesetz v. 27.10.1933: Beweis durch Parteivernehmung – §§ 445-455)
  • 11. Titel. Verfahren bei der Abnahme von Eiden (§§ 478-484)
  • 12. Titel. Sicherung des Beweises (§§ 485-494)
  • 2. Abschnitt. Verfahren vor den Amtsgerichten (§§ 495-510 c)
  • 3. Buch. Rechtsmittel
  • 1. Abschnitt. Berufung (§§ 511-544)
  • Reihenübersicht

Einleitung

Der vorliegende zweite Band des reichsgerichtlichen Nachschlagewerks zur ZPO erschließt die Judikatur des RG zu den §§ 271–544 ZPO (Bde. 37 und 38 sowie Teile des Bds. 39 des Originalwerks). Hingewiesen sei auf die umfangreichen Entscheidungsnachweise zu § 286 (freie Beweiswürdigung), § 287 (Schadensermittlung), zu den §§ 300 ff. (Urteil) und zu den §§ 511 ff. (Berufung), u.a. zu § 511 (Zulässigkeit der Berufung), § 519 n.F. (Berufungsbegründung), § 527 (Klageänderung, bis 1933), § 529 a.F und n.F., § 537 (Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung) und zu § 538 (Zurückverweisung).

Zu den §§ 271–544 ZPO ergingen zwischen 1924 und 1943 mehrere Gesetzesnovellen:

Die Emminger-VO vom 13.2.1924 (RBGl. I, 135) hatte die Konzentration des Verfahrens (vgl. §§ 272 a, 272 b, 279, 289 a) und die Möglichkeit der Verhandlung vor dem Einzelrichter (§§ 348 ff.) zum Ziel. Für die Berufung wurde eine Begründung verlangt (§ 519) und neues Vorbringen beschränkt (§ 529).

Die ZPO-Novelle vom 27.10.1933 (RGBl. I 780) übernahm einige Regelungen des Entwurfs einer Zivilprozessordnung von 1931 aus dem Reichsjustizministerium: Maßnahmen zur strafferen Zusammenfassung des Streitstoffes (§ 279), Erweiterung der Pflicht zur Berufungsbegründung (§ 519 Abs. 3), weitere Beschränkungen des Vorbringens neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel (§ 529), Stärkung der Unmittelbarkeit der Aufnahme des Zeugenbeweises (§ 375), Ersetzung des Parteieides durch die Parteivernehmung (§§ 445-455 n.F.), und Einfügung der Berufungssumme von 100 RM unmittelbar in die ZPO (§ 511 a). Zur Abschaffung des Parteieides heißt es in der Begründung zum ZPO-Entwurf von 1931: „Den gestabten Eid mit seiner formalen Beweiskraft durch eine eidliche Parteivernehmung zu ersetzen, wird seit langem angestrebt. Auch bei den Beratungen des Reichstags über das neue Strafgesetzbuch ist die Ersetzung des Parteieides durch eine Parteivernehmung verlangt worden. Die Hauptnachteile des geltenden Systems liegen darin, dass ein Beweisverfahren, bei dem die eidespflichtige Partei nur eine kurze Formel zu beschwören hat und die freie Beweiswürdigung ausgeschaltet ist, kein geeignetes Mittel der Wahrheitserforschung darstellt. Es kann leicht der Fall eintreten, dass die Fassung der Eidesformel der eidespflichtigen Partei die Möglichkeit gibt, den Schwur zu leisten und damit den Prozess zu gewinnen, während das Ergebnis ein anderes gewesen wäre, wenn sie sich über den ganzen Sachverhalt eingehend wie ein Zeuge hätte aussprechen müssen. Diese Gefahr ist umso größer, als es erfahrungsgemäß praktisch oft recht schwierig ist, die Eidesformel derart zu fassen, dass sie nur tatsächliche Angaben, nicht Rechtsbehauptungen enthält.“ (S. 336 f.)

Die Maßnahmenverordnung vom 1.9.1939 (RGBl. I 1659) erhöhte die Wertgrenze für die Zulässigkeit der Berufung auf 500 RM.

Die 3. VereinfachungsVO vom 16.5.1942 (RGBl. I 333) verschärfte das Verbot neuen Vorbringens in der Berufungsinstanz und ließ die Verwerfung offensichtlich unbegründeter Berufungen und Revisionen durch Beschluss zu. ← VII | VIII →

Die 4. VereinfachungsVO vom 12.1.1943 (RGBl. I 7) vereinfachte die Klagezurücknahme und straffte das Berufungsverfahren (vgl. u.a. §§ 515, 518, 519, 532, 538, 539 ZPO).

Weitere Eintragungen zu den Verordnungen von 1939, 1942 und 1943 finden sich in Bd. 4 der vorliegenden Reihe, NS-Zeit, 2006, S. 419 ff.

Der vorliegende Band enthält die Leitsätze des Nachschlagewerks mit den hinzugefügten jeweiligen Gesetzestexten. Sofern ein Leitsatz mehrmals auftaucht, wird dieser nur einmal wiedergegeben und im Übrigen auf die Ersteintragung verwiesen. Die Rückverweisungen beziehen sich nur auf die Leitsätze zur ZPO, nicht auch zum BGB und anderen Teilen des Nachschlagewerks, so dass die Bände zur ZPO aus sich heraus verständlich sind.

Es sei wiederum darauf hingewiesen, dass sämtliche Urteile und ein Großteil der Beschlüsse in der nach Jahrgängen und Senaten geordneten Sammlung sämtlicher Erkenntnisse des Reichsgerichts in Zivilsachen (Bibliothek des Bundesgerichtshofs) und in der rein chronologisch angelegten Urteilssammlung (ab 1903, unvollständig) im Bundesarchiv Berlin greifbar sind. Teilweise sind im Bundesarchiv auch die Revisionsakten überliefert (Nachweis in den jeweiligen Prozesslisten der einzelnen Senate und für die Zeit von 1906-1914 in der „Sammlung sämtlicher Erkenntnisse des RG in Zivilsachen“, bearb. von W. Schubert, Goldbach 1996 ff.).

Kiel/Schwerin, Hans Peter Glöckner
im Juni 2015 Werner Schubert

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Zweites Buch.

Erster Abschnitt. Erster Titel (§§ 253-299)

(Fortsetzung ab § 271)

§ 271

Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginne der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Zustellung eines Schriftsatzes. Abschrift desselben ist sofort nach erfolgter Zustellung auf der Gerichtsschreiberei [ab 1927: Geschäftsstelle] niederzulegen.

Die Zurücknahme der Klage hat zur Folge, dass der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen ist; sie verpflichtet den Kläger, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, sofern nicht über dieselben bereits rechtskräftig erkannt ist. Auf Antrag des Beklagten ist diese Verpflichtung durch Urteil auszusprechen.

Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kostenerstattung erfolgt ist.

§ 271 Abs. 2 und 3 erhielten folgende Fassung (VO v. 12.1.1943):

Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Erklärungen können vor dem beauftragten oder ersuchten Richter oder vor der Geschäftsstelle zu Protokoll sowie durch Einreichung eines Schriftsatzes bei Gericht abgegeben werden.

Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist. Auf Antrag des Beklagten ist diese Verpflichtung durch Beschluss auszusprechen. Der Beschluss bedarf keiner mündlichen Verhandlung und ist unanfechtbar.

1.ZPO § 271.

Hat bei einem Rechtsstreite wegen Herausgabe von Papieren nach Hinterlegung der streitigen Papiere Kläger bei der mündlichen Verhandlung einen Antrag zur Hauptsache nicht mehr gestellt, sondern nur den Antrag auf Verurteilung des Beklagten zu den Kosten, so kann hierin die Erklärung, dass die Klage zurückgenommen werde, nicht gefunden werden.

U. v. 18.4.1902; II B. 61/02. Naumburg.

2.ZPO § 271 (auch § 523).

Eine Klage oder eine Widerklage kann auch in der Berufungsinstanz zurückgenommen werden. [Vgl. E. 15, 426; U. v. 8.3.1894; IV 256/93.]

U. v. 18.6.1903; IV 64/03. Kammergericht. – Desgleichen in der Revisionsinstanz: U. v. 11.1.1912; IV 234/11. Hamburg. ← 1 | 2 →

3.ZPO § 271.

Hat der Kläger und Widerbeklagte durch seinen Antrag auf Zurückweisung der vom Beklagten und Widerkläger eingelegten Berufung zum Ausdrucke gebracht, dass er auch über die Widerklage eine sachliche Entscheidung wünsche, so darf das Berufungsgericht nicht auf die einseitige Erklärung des Widerklägers, dass er die Widerklage zurücknehme, diese für erledigt erklären, auch wenn der Kläger der Zurücknahme nicht widersprochen hat.

U. v. 18.6.1903; IV 64/03. Kammergericht.

4.ZPO § 271 (auch § 463).

Die in § 463 Abs. 2 aufgestellte Beweisregel wirkt nur für den Prozess, in dem die Eidesleistung erfolgte. Eine Wiederherstellung der durch die Klagerücknahme ein für allemal beseitigten Anhängigkeit des Rechtsstreits ist der ZPO unbekannt.

Der Beklagte hatte in einem Vorprozesse wider besseres Wissen seine Unterschrift unter dem Zeichnungsscheine zu einem Garantiefonds eidlich abgeleugnet und den Kläger dadurch vorsätzlich zum Verzicht auf den auf diesen Schein gestützten Anspruch und zur Klagerücknahme bestimmt. In einem neuen Prozess auf Zahlung der im Zeichnungsschein übernommenen Summe und Erstattung der Kosten des Vorprozesses trat der Kläger, obwohl die Voraussetzungen einer Restitutionsklage im Sinne der §§ 580 Nr. 1 und 581 nicht vorlagen, den Beweis an, dass der vom Beklagten geleistete Eid ein wissentlicher Meineid sei. Dieser Beweis wurde aus obigen Erwägungen zugelassen und, da er für erbracht erachtet wurde, der Beklagte antragsgemäß verurteilt.

U. v. 17.9.1903; IV 104/03. Kammergericht.

5.ZPO § 271.

Die Zurücknahme der Klage bewirkt nach § 271 Abs. 3 u.a. auch, dass die durch ihre Erhebung bewirkte Unterbrechung der Verjährung wieder beseitigt wird.

Dabei kommt es auf das Motiv der Zurücknahme nicht an; jene Wirkung tritt z.B. auch dann ein, wenn die Parteien vereinbart haben, der Streit solle alsbald nach Zurücknahme der Klage vor Schiedsrichtern fortgesetzt und von diesen entschieden werden.

U. v. 30.5.1904; VI 441/03. Hamm.

6.= ZPO § 101 Nr. 6.

B. v. 2.7.1904; V B. 221/04. Kammergericht.

7.ZPO § 271 (auch BGB § 578).

In der Klagezurücknahme an sich ist auch eine Zurücknahme der in der Klagerhebung liegenden Mängelanzeige (§ 478 BGB) zu finden.

U. v. 9.11.1904; V 183/04. E. 59, 150. Königsberg.

8.ZPO § 271.

Wenn der Kläger in der Berufungsinstanz keinen Antrag in der Hauptsache stellt, nimmt er insoweit die Klage zurück [E. 15, 426]. Dazu ist er nach § 271 Abs. 1 nicht befugt. Der Beklagte kann also die Abweisung der Klage verlangen. Das Gericht darf, wenn dies geschieht, nicht den Rechtsstreit für erledigt erklären.

U. v. 22.12.1906; V 168/06. E. 65, 35. Marienwerder. – Ebenso: U. v. 17.6.1911; 7/11. Posen. ← 2 | 3 →

9.= ZPO § 263 Nr. 17.

U. v. 2.1.1907; I 161/06. Karlsruhe.

10.ZPO § 271.

Abgesehen von dem in § 271 vorgesehenen Falle der Zurücknahme der Klage durch Zustellung eines Schriftsatzes ist zwar auch ein Verzicht auf die weitere Verfolgung des Klaganspruchs denkbar, aber nicht durch eine an sich unverbindliche einseitige Erklärung des klägerischen Anwalts, sondern nur durch eine Annahme derselben seitens des gegenteiligen Anwalts, also durch eine vertragliche Bindung.

U. v. 12.2.1907; III 318/06. Köln.

11.ZPO § 271 (auch § 366; BGB I. 3,2; § 211).

Die Zurücknahme einer Klage ist ebenso wie der Verzicht auf den eingeklagten Anspruch eine Willenserklärung. Dieser Verzicht enthält eine Abgabe des Rechts selbst, jene Zurücknahme einen Verzicht auf die Entscheidung über den Anspruch in dem gegenwärtigen Rechtsstreit, ohne damit der späteren Geltendmachung des Klagebegehrens zu entsagen, eine Aufgabe also der Rechtsverfolgung durch den gegenwärtigen Prozess. Beiderlei Willenserklärungen können ausdrücklich oder durch schlüssige Handlungen erfolgen, und die Einschränkung eines bisher gestellten Klagantrags kann daher, wenn ein dahin gerichteter Wille des Klägers festzustellen ist, einen teilweisen Verzicht auf den Anspruch, sie kann auch eine teilweise Zurücknahme der Klage bedeuten, sie muss aber keines von beiden bedeuten. [Vgl. BGB § 211 Nr. 2.]

U. v. 8.4.1907; VI 331/06. E. 66, 12. Hamm. – Ebenso: U. v. 17.6.1911; V 7/11. Posen. – Vgl. zu S. 3: U. v. 13.11.1920; V 189/20. – Vgl. U. v. 3.3.1921; VI 517/20.

12.ZPO § 271 (auch § 485).

Eine stillschweigende Zurücknahme des Antrags auf Beweissicherung gibt es sowenig wie eine stillschweigende Zurücknahme der Klage. Da § 271 Abs. 2 entsprechend auf die Zurücknahme eines Antrags jener Art anzuwenden ist, so muss, wenn nicht eine mündliche Verhandlung über das Gesetz angeordnet ist und der Antragsteller bei dieser die Zurücknahme erklärt, dem Gericht entweder zu Protokoll des Gerichtsschreibers oder in einem eingereichten Schriftsatze die Zurücknahme erklärt werden. Die Zustellung eines Schriftsatzes an den Gegner passt hier nicht als Form, da das Gesuch wegen Sicherung des Beweises auch nicht, wie die Klage, durch eine solche Zustellung, sondern nach § 485 Abs. 1 entweder durch Erklärung zu Protokoll des Gerichtsschreibers, oder durch Einreichung eines Schriftsatzes angebracht wird.

U. v. 10.10.1907; VI 16/07. E. 66, 365. Hamm.

13.ZPO § 271 (auch §§ 515, 566).

Hat der Kläger die Klage zurückgenommen, nachdem der Beklagte Revision eingelegt hatte, und hat hierauf der Beklagte die Rücknahme der Revision rechtswirksam erklärt, so kann der Beklagte nicht mehr eine Entscheidung über den Kostenpunkt verlangen. Denn wenn auch die Zurücknahme der Klage zur Folge hatte, dass der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen ist, und wenn damit die Rechtshängigkeit zur Hauptsache beseitigt ist, so hätte doch noch für die Entscheidung im Kostenpunkte ← 3 | 4 → gemäß § 271 Abs. 3 ein Verfahren anhängig sein können. Auf eine solche Entscheidung jedoch hat der Beklagte durch die Zurücknahme der Revision dem Gegner wie dem Gerichte gegenüber Verzicht geleistet.

U. v. 24.10.1907; VI 111/07. Kammergericht.

14.ZPO § 271.

Wenn die Klage nicht bei der mündlichen Verhandlung des Prozessgerichts zurückgenommen wird, ist die Zustellung eines Schriftsatzes erforderlich.

U. v. 25.11.1909; IV 319/09. Colmar.

15.ZPO § 271 (auch BGB §§ 211, 212).

Die nach Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache erklärte Klagrücknahme wird nur gültig durch die Einwilligungserklärung des Beklagten, die auch durch schlüssige Handlungen, nicht aber durch bloß untätiges Verhalten erfolgen kann. Bis zur Einwilligungserklärung wird der Prozess weiter geführt, als wenn die Klagrücknahme nicht erfolgt wäre. Der Kläger kann den fallen gelassenen Antrag wieder aufnehmen. Das Nichtverlesen der Anträge, die ohne Einwilligung des Beklagten zurückgenommen worden sind, hat mithin nur dieselbe Wirkung, wie das Liegenlassen und Nichtverfolgen von Anträgen; der Rechtsstreit bleibt anhängig, und für die Verjährung treten die Folgen des § 211 ein. Alles dies gilt für die Zurücknahme der Klage im Ganzen, wie für eine Teilrücknahme.

U. v. 9./13.2.1911; VI 680/09. E. 75, 286. Colmar.

16.ZPO § 271.

In der Erklärung des Klägers, er lasse die Klage in der Hauptsache fallen, wolle aber damit weder die Klage zurücknehmen, noch auf den Anspruch verzichten, ist eine Klagerücknahme nicht zu erblicken. [Vgl. E. 57, 385.]

U. v. 20.4.1911; IV 496/10. Kammergericht.

17.ZPO § 271 (auch PatG § 31).

In Patentsachen ist § 271 Abs. 3 ZPO analog anzuwenden. Es entspricht durchaus der Billigkeit, dass der Nichtigkeits- oder Zurücknahmekläger, der den Antrag vor ergangener Entscheidung zurücknimmt, regelmäßig die bis dahin entstandenen Kosten trägt. Die Befugnis des Patentamts, in diesem Sinne zu entscheiden, ist dem § 31 PatG zu entnehmen, mag hierbei auch in erster Linie an die Fälle gedacht sein, in denen sachlich über einen Patentstreit entschieden wird. Ausnahmsweise mag nach dieser Gesetzesbestimmung die analoge Anwendung des § 281 Abs. 3 ZPO zu unterlassen sein, wenn besondere Billigkeitsgründe eine andere Entscheidung rechtfertigen, z.B. wenn die Zurücknahmeklage zurückgenommen wird, weil der Gegner inzwischen das Patent hat verfallen lassen.

U. v. 17.12.1910; I 59/10. Patentamt.

18.ZPO § 271 (auch BGB § 1573).

Haben sich die Parteien gelegentlich eines Gerichtstermins verglichen und ausgesöhnt und hat sich auch der Kläger zur Rücknahme der Scheidungsklage verpflichtet, setzt ← 4 | 5 → aber trotzdem die Beklagte ihre ehebrecherischen und anstößigen Beziehungen zu einem Dritten fort, so ist der Kläger trotz des Vergleichs zur Aufrechterhaltung des Scheidungsverlangens berechtigt. Damit ist auch die im Vergleich übernommene prozessrechtliche Verpflichtung zur Klagrücknahme erledigt.

U. v. 11.4.1912; IV 418/11. Köln.

19.= ZPO § 81 Nr. 17.

U. v. 7.1.1913; VII 317/12. E. 81, 177. Kammergericht.

20.ZPO § 271.

Beantragt der Kläger, den Klageanspruch wegen veränderter Umstände für erledigt zu erklären, und gibt er gleichzeitig zu erkennen, dass er unter dem Gesichtspunkt, der Klageanspruch sei bis zur Erledigung begründet gewesen, hinsichtlich der Kostenfrage weiterverhandeln wolle, so findet § 271 keine Anwendung; es ist vielmehr dem Antrage zu entsprechen und über die Kostenfrage nach § 91 zu entscheiden.

U. v. 4.2.1914; I 197/13. Kammergericht.

21.ZPO § 271.

In Ehescheidungssachen ist die Zurücknahme der Klage hinsichtlich der Erfordernisse der Wirksamkeit zu unterscheiden von dem Verzicht auf den Scheidungsanspruch. Nur jene bedarf zur Wirksamkeit der Einwilligung des Beklagten. (Vgl. U. v. 26.11.1914; IV 559/14.)

U. v. 30.11.1916; VI 310/16. Dresden.

22.ZPO § 271 (auch § 306).

Hat der Kläger seinen Anspruch ermäßigt, ohne auf den Mehranspruch zu verzichten, und hat der Beklagte, der zur Hauptsache verhandelt hatte, erklärt, dass er in eine Klagezurücknahme nicht willige, so ermangelt die als Klagezurücknahme zu erachtende Ermäßigungserklärung nach § 271 Abs. 1 der Wirksamkeit und ist daher der Prozess so weiterzuführen, als ob der Kläger den Anspruch nicht ermäßigt hätte. (Vgl. E. 15, 424; 75, 290; ferner U. IV 51/99.)

U. v. 3.10.1917; V 140/17. Breslau.

23.= ZPO § 268 Nr. 107.

U. v. 24.1.1919; II 235/18. Dresden.

24.ZPO § 271.

Die nach § 271 Abs. 1 erforderliche Einwilligung in die Klagezurücknahme kann (anders, als die Zurücknahme selbst, vgl. oben Nr. 12) stillschweigend, d.h. durch schlüssige Handlungen (z.B. Annahme der Kosten und mehrjähriges Schweigen) erklärt werden.

U. v. 8.7.1919; III 42/19. Kammergericht. ← 5 | 6 →

25.ZPO § 271 (auch § 767).

Für ein Kostenurteil nach § 271 Abs. 3 S. 2 ist kein Raum, wenn der die Klage Zurücknehmende sich in einem ohne weiteres vollstreckbaren gerichtlichen Vergleich (§ 794) in der gleichen Weise zur Kostentragung verpflichtet hat, wie nach § 271 Abs. 3 S. 2 durch Urteil festzustellen beantragt wird. Streiten die Parteien darüber, dass der Vergleich trotz seiner klaren Fassung in Hinblick auf Besprechungen vor Abschluss desselben die Kostenpflicht anders regeln sollte, und ist der Vergleich vor einem anderen Prozessgericht abgeschlossen, so ist dieser Streit gemäß § 767 ZPO vor dem darnach zuständigen Gericht auszutragen.

U. v. 9.7.1919; I 25/19. E. 96, 203. Patentamt.

26.ZPO § 271 (auch § 306).

In dem Antrag des befriedigten Klägers, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, braucht weder ein Verzicht auf den Anspruch nach § 306, noch eine Zurücknahme der Klage nach § 271 zu liegen, zumal wenn der Kläger beantragt, dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen. Beharrt der Beklagte bei dem Antrage auf Klageabweisung, so erhält der Antrag des Klägers die Bedeutung eines Antrages zur Hauptsache. Er soll klarstellen, dass die Klage ursprünglich zulässig und auch begründet gewesen und nur durch ein späteres Ereignis gegenstandslos geworden sei.

U. v. 19.12.1919; VII 170/19.

27.= ZPO § 99 Nr. 54.

U. v. 14.10.1920; VI 315/20. E. 100, 123.

28.ZPO § 271 (auch BGB §§ 211, 212).

Die Einschränkung eines vorher gestellten Klagantrages auf ein weniger kann eine Klagezurücknahme oder einen materiellen Forderungsverzicht für das fallen gelassene mehr bedeuten; liegen aber für einen Zurücknahme- oder Verzichtswillen tatsächliche Umstände nicht vor, so bedeutet sie nur einen Stillstand der Anspruchsverfolgung (vgl. E. 66, 12; 75, 286). Im ersteren Falle kommt für die Verjährung § 212 BGB, im letzteren § 211 BGB zur Anwendung.

U. v. 3.3.1921; VI 517/20.

29.ZPO § 271.

Haben die Prozessparteien eine – als materiellrechtlicher Vertrag aufzufassende – Vereinbarung dahin getroffen, dass der Kläger die Klage zurücknehmen solle, so kann der Beklagte nach dem auch das Prozessgericht beherrschenden Grundsatze von Treu und Glauben gegen die trotzdem erfolgende Fortsetzung des Prozesses die (materielle) Einrede der Arglist erheben, die zur Abweisung der Klage führt. Diese Abweisung ist eine Abweisung angebrachtermaßen wie bei mangelhaft erhobener Klage (E. 13, 334; 45, 396). Sie hindert nicht die Geltendmachung des Anspruchs in einem neuen Prozesse, sofern nicht der Vereinbarung der Parteien über die Klagezurücknahme eine weitergehende Bedeutung – Stundung oder Verzicht auf den Klageanspruch – beizumessen war.

U. v. 1.6.1921; V 82/21. E. 102, 217. ← 6 | 7 →

30.ZPO § 271 (auch PatG § 31).

Die entsprechende Anwendung des § 271 Abs. 3 ZPO in Patentstreitsachen ist keine ausnahmslose, vielmehr können nach § 31 PatG auch bei Zurücknahme der Nichtigkeitsklage die Kosten der beklagten Partei auferlegt werden, wenn besondere Billigkeitsgründe dies rechtfertigen.

U. v. 25.3.1922; I 5/22. E. 104, 217.

31.ZPO § 271.

In der Klagerücknahme des auf Wandlung Klagenden kann eine Zurücknahme des Wandlungsverlangens zu finden sein. Ob dies der Fall ist, muss aus den Gründen der Zurücknahme im Wege der Auslegung ermittelt werden (vgl. E. 59, 154).

U. v. 4.7.1922; VII 547/21.

32.ZPO § 271.

Hat der Kläger nach vorangegangener streitiger Verhandlung die Klage zurückgenommen, der Beklagte aber seine Einwilligung hierzu verweigert, so ist der Kläger nicht mehr an die Zurücknahme gebunden, sondern kann im späteren Termin die Klage wieder aufnehmen. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte seine Verweigerung in nicht prozessrechtsförmlicher Weise, sondern nur mit einfacher Zuschrift erklärt hatte. Denn da die Einwilligung zur Klagzurücknahme formlos erklärt werden kann, muss das nämliche auch von der Verweigerung gelten.

U. v. 25.3.1923; III 349/23. E. 108, 136.

33.ZPO § 271.

Ist die Klage in Gestalt eines Antrags, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären, vor Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen, sodann ein Widerklageantrag verlesen (§ 281) und hat sich der Kläger hierauf sachlich eingelassen, so geht der Rechtsstreit unter Beschränkung auf die Widerklage weiter (ZPO § 295; E. 22, 421; vgl. auch JW 1906, 561 Nr. 31; Warn. 1908 Nr. 662; 1911 Nr. 99 u. Gruch. 49, 386).

U. v. 21.5.1924; V 922/22.

34.ZPO §§ 271, 521, 614.

Hat gegen ein die Ehe der Parteien auf die Klage des Mannes und die Widerklage der Frau scheidendes Urteil nur die Frau mit einem sich auf die Entscheidung über die Klage beziehenden Antrage Berufung eingelegt und hat der Mann darauf die Klage mit Einwilligung der Frau zurückgenommen, so bleibt die Berufung doch noch anhängig. Der Mann kann sich ihr demgemäß noch mit dem Antrag anschließen, die Widerklage abzuweisen, hilfsweise, die Frau für mitschuldig zu erklären.

U. v. 5.7.1924; IV 100/24. Kassel. ← 7 | 8 →

35.ZPO § 271.

§ 271 ist von Amts wegen zu berücksichtigen, daher ist es unerheblich, ob nach den zwischen den Streitteilen obwaltenden Verhältnissen eine Partei befugt ist, sich ihr gegenüber auf diese Gesetzesstelle zu berufen.

U. v. 17.11.1925; III 29/25. Kammergericht.

36.= ZPO § 91 Nr. 61.

U. v. 6.1.1927; VII 7/26. E. 115, 374. Kassel.

37.ZPO §§ 271, 306, 617.

1. Erklärt in Ehesachen der Beklagte und Widerkläger im 2. Rechtszuge, dass er nur noch beantrage, die Klägerin für mitschuldig an der Scheidung zu erklären, so muss der Vorderrichter prüfen, ob der Widerkläger seine Widerklage zurücknehmen (§ 271 ZPO) oder auf seinen Widerklageanspruch verzichten woll. (§ 306 das.) Ein Verzicht auf den Scheidungsanspruch ist auch beim Widerspruch des Gegners zulässig, nicht aber eine Klagezurücknahme.

2. War das Verlangen des Widerklägers als Verzicht aufzufassen, so ist in Ehesachen auch die Eideszuschiebung als Beweismittel zulässig, wenn sie sich auf Tatsachen bezieht, die nur die Schuldfrage betreffen (§ 617 Abs. 2 ZPO, RG Gruchot 47, S. 966).

U. v. 6.1.1927; VII 32/27. E. 115, 376. Kammergericht.

38.ZPO § 271.

Mit Einwilligung des Gegners kann eine Klage oder eine Widerklage noch in der Zeit zwischen der Zustellung eines Endurteils des BG und der innerhalb der Revisionsfrist erfolgenden Einlegung der Revision durch Zustellung eines Schriftsatzes vom Berufungsanwalt der einen an den Berufungsanwalt der anderen Partei zurückgenommen werden. Als der Zustellung eines Schriftsatzes von Anwalt zu Anwalt gleichwertig ist es anzusehen, wenn der Gegenanwalt gleich auf dem Rücknahme-Schriftsatz selbst die Zustimmung zur Zurücknahme erklärt (E. 56, 29). In Ehesachen kann, wenn sich der Rechtsstreit in diesem Verfahrensabschnitt durch Zurücknahme von Klage und Widerklage erledigt, Revision eingelegt werden, um ein die Scheidungsurteile der Vorinstanzen förmlich aufhebendes Urteil zu erwirken (Warn. 30 Nr. 80).

U. v. 6.7.1931; IV 145/31. Köln.

39.ZPO §§ 271; 606-639.

Der Grundsatz des § 271 Abs. 1 gilt auch für Ehesachen.

U. v. 24.6.1932; VII 16/32. Naumburg.

40.= ZPO § 156 Nr. 320.

U. v. 25.3.1936; I 280/35.

41.ZPO §§ 271, 306, 515, 519 n.F.

In der Erklärung des Berufungsklägers, einen der mehreren in der Berufungsbegründung angeführten Anträge „fallen zu lassen“, kann ein teilweiser Verzicht i.S. des § 306, eine teilweise Zurücknahme der Berufung, aber auch eine teilweise Zurücknah ← 8 | 9 → me der Klage oder auch nur die Erklärung liegen, den Rechtsstreit in dem angegebenen Umfang einstweilen nicht betreiben zu wollen. Durch die bloße Erklärung, dass der durch das Armenrecht nicht gedeckte Teil der Berufung einstweilen fallengelassen werde oder dass er vorläufig ruhen solle, kann der Berufungskläger seine Gebührenpflicht für diesen Teil des Rechtsmittels nicht beseitigen.

U. v. 20.7.1936; VI 4/36. E. 152, 37.

42.ZPO § 271.

Wird nach Erlass eines auf Scheidung lautenden Urteils des Landgerichts die Klage infolge Aussöhnung der Parteien zurückgenommen, so können die Parteien zur Beseitigung jedes möglichen Zweifels an dem Fortbestande der Ehe die förmliche Aufhebung des landgerichtlichen Scheidungsurteils verlangen und zu diesem Zwecke Berufung einlegen.

B. v. 10.3.1938; IV B. 6/38. E. 157, 141.

43.ZPO § 271.

Hat während eines Rechtsstreits der Beklagte dem Kläger gegenüber sich vertraglich verpflichtet, die Klage zurückzunehmen, so steht dem Beklagten der Einwand der Arglist zu, wenn der Kläger der Vereinbarung zuwider den Rechtsstreit fortsetzt. Dieser Einwand führt zur Abweisung der Klage durch Prozessurteil.

U. v. 6.2.1939;IV 220/38. E. 159, 186.

44.ZPO § 271; BGB §§ 211, 212.

Ist neben einer auf Leistung gerichteten Schadensersatzklage eine allgemeine Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht erhoben, und wird demnächst bei Erhöhung des Leistungsantrags der Feststellungsantrag nicht wiederholt, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass die Feststellungsklage zurückgenommen, sondern nur, dass sie nicht weiter betrieben worden sei.

U. v. 18.11.1941; VI 30/41. E. 168, 56.

45.ZPO §§ 271, 519 b; VO des RJM v. 30.9.1936 (RGBl. II S. 316) § 1.

Die Berufung ist unzulässig, wenn die Berufungsschrift außer der Erklärung der Einlegung der Berufung nur die Erklärung enthält, dass die Berufungsgebühr eingezahlt sei und zur Einreichung der Berufungsbegründung eine Frist erbeten werde. Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn aus dem Inhalt der Berufungsschrift in Verbindung mit anderen Umständen zweifelsfrei hervorgeht, was der Berufungskläger erstrebt.

Die Verwerfung der Berufung als unzulässig stellt nur klar, dass durch das Rechtsmittel eine Hemmung der Rechtskraft nicht eingetreten ist, so dass für den Eintritt der Rechtskraft allein der Ablauf der Rechtsmittelfrist und nicht der Zeitpunkt der Verwerfung der Berufung als unzulässig maßgebend ist. Eine erst nach Ablauf der Berufungsfrist erklärte Klagerücknahme ist daher, wenn die Beratung unzulässig ist, ohne Wirkung.

B. v. 5.2.1943; I 78/42. ← 9 | 10 →

46.ZPO § 271; VO des RJM v. 30.9.1936.

Die Zurücknahme der Klage im Patentnichtigkeitsverfahren ist in jeder Lage des Verfahrens ohne Zustimmung des Beklagten zulässig.

B. v. 15.1.1943; I 7/42.

§ 272

Jede Partei hat dem Gegner solche tatsächliche Behauptungen, Beweismittel und Anträge, auf welche derselbe voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, vor der mündlichen Verhandlung mittels vorbereitenden Schriftsatzes so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

Tritt eine Vertagung der mündlichen Verhandlung ein, so kann das Gericht die Fristen bestimmen, binnen welcher die noch erforderlichen vorbereitenden Schriftsätze mitzuteilen sind.

[Wegfall des Abs. 2 durch VO v. 13.2.1924]

1.= ZPO § 228 Nr. 2.

U. v. 13.2.1913; VI 351/12. E. 81, 321. Kammergericht.

2.ZPO § 272.

Eine Vorschrift, wonach von einer Partei gestellte Zeugen besonders in aller Form geladen werden müssten oder wonach zwischen dem Beweisbeschluss und der Vernehmung eine geraume Zwischenzeit verstrichen sein müsste, besteht nicht und ist aus § 272 nicht zu entnehmen.

U. v. 1.7.1914; IV 33/15. Marienwerder.

§ 272 a (VO v. 13.2.1924)

Kann eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf eine Behauptung des Gegners eine Erklärung nicht abgeben, weil ihr die Behauptung nicht rechtzeitig vor dem Termine mitgeteilt ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, innerhalb deren sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann, und gleichzeitig einen Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumen, der auch über eine Woche hinaus angesetzt werden kann. Wird bis zu dem Termine die Zustellung des Schriftsatzes an den Gegner nachgewiesen und eine Abschrift von ihm dem Gericht eingereicht, so ist sein Inhalt bei der Entscheidung zu berücksichtigen; wird der Schriftsatz bis zu dem Termine nicht eingereicht, so gilt die Behauptung des Gegners als nicht bestritten.

1.ZPO § 272 a.

Bringt der Beklagte in der ihm nachgelassenen Gegenerklärung neues erhebliches Tatsachenmaterial, so ist der Richter zwar befugt, aber nicht verpflichtet, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Erachtet er nach seinem pflichtgemäßen Ermessen die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht für sachgemäß, so ist dies in der Revisionsinstanz nicht zu beanstanden.

U. v. 15.2.1929; III 395/28. Dresden.

2.ZPO § 272 a.

§ 272 a ist zwingender Natur. Das Gericht hat nur die Wahl, entweder zu vertagen oder nach § 272 a zu verfahren. Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschrift ist aber, ← 10 | 11 → dass die Gegenpartei nicht in der Lage ist, sich auf das neue Vorbringen zu erklären. Ob das der Fall ist, unterliegt dem freien Ermessen des Gerichts.

U. v. 25.4.1934; I 267/33. Kammergericht.

§ 272 b (VO v. 13.2.1924)

Der Vorsitzende oder ein von ihm zu bestimmendes Mitglied des Prozessgerichts hat schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu treffen, die angebracht erscheinen, damit der Rechtsstreit tunlichst in einer mündlichen Verhandlung erledigt wird.

Zu diesem Zwecke kann er insbesondere

1. den Parteien die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze sowie die Vorlegung von Urkunden, Stammbäumen, Plänen, Rissen und Zeichnungen aufgeben;

Details

Seiten
VIII, 802
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653031713
ISBN (ePUB)
9783653995022
ISBN (MOBI)
9783653995015
ISBN (Hardcover)
9783631641446
DOI
10.3726/978-3-653-03171-3
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Juli)
Schlagworte
Zivilprozessverfahren Urteilslehre Beweisaufnahme Freie Beweiswürdigung Berufung
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. VIII, 802 S.

Biographische Angaben

Werner Schubert (Band-Herausgeber:in) Hans Peter Glöckner (Band-Herausgeber:in)

Werner Schubert war Professor für Römisches Recht, Bürgerliches Recht und Rechtsgeschichte der Neuzeit an der Universität zu Kiel. Hans Peter Glöckner ist Professor für Römisches Recht, Deutsche und Europäische Privat- und Strafrechtsgeschichte und Bürgerliches Recht an der Universität Rostock und Partner einer überörtlichen Sozietät mit Niederlassungen in Schwerin, Rostock und Bochum.

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