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Nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit geschäftsführenden Organmitgliedern und Gesellschaftern

von Martin David Gerigk (Autor:in)
©2014 Dissertation XXVI, 320 Seiten

Zusammenfassung

Welche Anforderungen sind von Rechts wegen an nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit geschäftsführenden Organmitgliedern und Gesellschaftern zu stellen? Ausgehend vom Telos plädiert der Autor für eine Teilanalogie zu unternehmensschützenden und unterlegenheitsschutzneutralen Regelungsinhalten der §§ 74 ff. HGB unabhängig von der beteiligten Personengruppe. Für rein arbeitnehmerschützende Regelungsinhalte werden Kriterien zur Bestimmung einer vergleichbaren Interessenlage aufgestellt und eine Analogie für bestimmte Organmitglieder bejaht. Schließlich befürwortet der Autor die Möglichkeit der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nachvertraglicher Wettbewerbsverbote und eine Kontrollkonkurrenz zwischen § 307 Abs. 1 BGB, § 74a Abs. 1 HGB und § 138 BGB.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsübersicht
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung
  • A. Untersuchungsgegenstand und Praxisrelevanz
  • B. Terminologie
  • I. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
  • II. Beteiligte Rechtssubjekte
  • C. Gang der Untersuchung
  • Erster Teil – Grundlagen nachvertraglicher Wettbewerbsverbote
  • A. Widerstreitende Interessen und Schutzgegenstand
  • I. Interessen des Ausgeschiedenen
  • II. Interessen der Alt-Gesellschaft
  • III. Interessen im Umfeld der unmittelbar Beteiligten
  • 1. Verbleibende Mitarbeiter
  • 2. Vertragspartner des Ausgeschiedenen
  • IV. Öffentliche Interessen
  • B. Begründung
  • I. Entstehung durch Vereinbarung
  • II. Regelung im Anstellungs- oder Gesellschaftsvertrag
  • C. Gesetzliche Vorgaben für die Vereinbarung
  • I. Verfassungsrecht: Schutz des Ausgeschiedenen (Art. 12 GG)
  • 1. Keine generelle Verfassungswidrigkeit
  • 2. Bedeutung des Art. 12 GG für Wettbewerbsvereinbarungen
  • II. Verfassungsrecht: Schutz der Alt-Gesellschaft (Art. 14 GG)
  • III. EU-Recht
  • IV. Das Regelungsmodell der 74 ff. HGB
  • 1. Besondere Bedeutung für den Interessenausgleich
  • 2. Gesetzgebung
  • 3. Inhaltliche Grenzen des § 74a HGB
  • a) Prüfungsmaßstab, § 74a Abs. 1 HGB
  • aa) Inhaltliche Anforderungen, § 74a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 HGB
  • bb) Zeitliche Höchstgrenze, § 74a Abs. 1 Satz 3 HGB
  • cc) Prüfungssystematik und Verhältnis der Wirksamkeitsan-forderungen
  • dd) Zeitpunkt der Beurteilung
  • b) Nichtigkeitsgründe, § 74a Abs. 2 HGB
  • c) § 74a Abs. 3 HGB: Verbleibende Anwendbarkeit des § 138 BGB
  • 4. Der Grundsatz der bezahlten Karenz, § 74 Abs. 2 HGB
  • 5. Anrechnung anderweitigen Erwerbs, § 74c HGB
  • 6. Vertragsstrafe, § 75c HGB
  • 7. Verzicht auf das Wettbewerbsverbot, § 75a HGB
  • 8. Kündigung des Arbeitsverhältnisses, § 75 HGB
  • 9. Schriftformgebot und Pflicht zur Aushändigung, § 74 Abs. 1 HGB
  • 10. Unabdingbarkeit, § 75d HGB
  • 11. Sperrabrede, § 75f HGB
  • 12. Rechtsfolgen, §§ 74a HGB, 74 Abs. 2 HGB
  • a) (Partielle) Unverbindlichkeit gem. § 74a Abs. 1 HGB
  • b) Unverbindlichkeit gem. § 74 Abs. 2 HGB
  • aa) Völliges Fehlen einer Karenzentschädigungszusage – Nichtigkeit
  • bb) Unzureichende Karenzentschädigungszusage – Unver-bindlichkeit
  • cc) Kein Anspruch auf die gesetzlich vorgesehene Entschädigung
  • V. Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter, § 90a HGB
  • VI. AGB-Kontrolle
  • VII. Sittenwidrigkeitskontrolle, § 138 BGB
  • VIII. Kartellverbot, § 1 GWB
  • IX. Standesrecht der freien Berufe
  • D. Typische Inhalte
  • I. Tätigkeits- und unternehmensbezogene Wettbewerbsverbote
  • 1. Tätigkeitsbezogene Verbote
  • 2. Unternehmensbezogene Verbote
  • II. Selbständige und unselbständige Tätigkeit
  • III. Kapitalmäßige Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen
  • IV. Konzerndimensionaler Wettbewerbsschutz
  • V. Mandantenschutz und Kundenschutz
  • 1. Mandanten- und Kundenschutzklauseln
  • 2. Mandantenübernahmeklauseln und Niederlassungsklauseln
  • E. Auslegung, überraschende Klauseln, Transparenzgebot
  • Zweiter Teil – Abgrenzungen
  • A. Nachvertragliche Treuepflicht
  • B. Nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht
  • I. Schnittmengen mit nachvertraglichem Wettbewerbsschutz
  • II. Reichweite der nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht
  • C. Strafbewehrte Schweigepflichten: §§ 404 AktG, 85 GmbHG, 17, 18 UWG
  • I. Schutz in der Aktiengesellschaft, §§ 404 Abs. 1, 93 AktG
  • II. Schutz in der GmbH, §§ 85, 43 GmbHG
  • III. Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, § 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG
  • IV. Verwertung von Vorlagen, § 18 UWG
  • D. Zivil- und wettbewerbsrechtlicher Schutz: §§ 3 UWG, 826 BGB
  • E. Abstimmung mit gewerblichen Sonderschutzrechten
  • F. Geheimhaltungsklauseln
  • I. Schnittmengen mit nachvertraglichem Wettbewerbsschutz und gehobene Bedeutung der Abgrenzung
  • II. Abgrenzung zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten
  • 1. Rechtsprechung
  • a) „Thrombose-Fall”
  • b) „Kundenschutz-Fall”
  • c) „Titandioxid-Fall”
  • d) „Kantenbänder-Fall”
  • e) Die „Spritzgießwerkzeug”-Entscheidung
  • f) Zusammenfassung und Auswertung der Rechtsprechung
  • 2. Literatur
  • a) Hervorgehobenes Geheimhaltungsinteresse als Ausgangspunkt
  • b) Differenzierung zwischen Geheimnis und Erfahrungswissen
  • c) Hervorgehobenes Fortkommensinteresse als Ausgangspunkt
  • d) Abwägung im Einzelfall
  • 3. Eigene Bewertung
  • a) Materiellrechtlicher Gehalt der Klausel als Ausgangspunkt
  • b) Abgrenzungskriterium
  • c) Intensität der Beeinträchtigung
  • aa) Außerberufliche Veräußerung oder Kundgabe
  • bb) Unmöglichkeit der Fortführung der weiteren Berufstätigkeit
  • cc) Grenzfälle
  • (1) Art des Geheimnisses und Konkretisierung
  • (2) Sonstige gegenstandsbezogene Abgrenzungskriterien
  • (3) Personenbezogene Abgrenzungskriterien
  • (4) Art und Weise der Geheimnisverwertung
  • G. Fazit zu den Schnittmengen nachvertraglichen Wettbewerbsschutzes
  • Dritter Teil – Wirksamkeitsanforderungen nach Rechtsprechung und Literatur
  • A. Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB – Grundsätzlicher Prüfungsmaßstab des Bundesgerichtshofs und die Bedeutung der §§ 74 ff. HGB für dessen Konkretisierung
  • I. Inhaltliche Grenzen
  • 1. Allgemeiner Prüfungsmaßstab
  • 2. Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung
  • II. Karenzentschädigungszusage und Sittenwidrigkeitsprüfung
  • III. Anrechnung anderweitigen Erwerbs
  • IV. Verzicht auf das Wettbewerbsverbot
  • V. Lösung vom Wettbewerbsverbot
  • VI. Vertragsstrafe
  • VII. Rechtsfolgen und geltungserhaltende Reduktion
  • 1. Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots
  • 2. Ausnahmsweise Teilaufrechterhaltung gem. § 139 BGB und geltungserhaltende Reduktion in zeitlichem Umfang
  • 3. Keine geltungserhaltende Reduktion bei fehlender oder zu niedriger Karenzentschädigungszusage
  • B. Bewertungen der obergerichtlichen- und Instanz- Rechtsprechung
  • C. Bewertungen im Schrifttum
  • I. GmbH-Geschäftsführer
  • 1. Überwiegende Ablehnung der analogen Anwendbarkeit
  • 2. Unterscheidung zwischen verschiedenen Geschäftsführertypen
  • 3. Generelle Anwendbarkeit
  • 4. Konkretisierung der Sittenwidrigkeitsprüfung oder Teilanalogie
  • II. Vorstandsmitglieder
  • III. Geschäftsführende Gesellschafter von Personengesellschaften
  • Vierter Teil – Eigene Bewertung der Wirksamkeitsanforderungen
  • A. Regelungsgehalt der §§ 74 ff. HGB als Grundlage des Interessenaus-gleichs und Möglichkeit einer analogen Anwendung
  • I. Keine direkte Anwendung der §§ 74 ff. HGB
  • 1. Bundesgerichtshof: Kein Arbeitnehmerstatus
  • 2. Bundesarbeitsgericht: Arbeitnehmerstatus nur in Ausnahmekonstellationen
  • 3. Literatur: Überwiegende Ablehnung des Arbeitnehmerstatus
  • 4. Ausgangspunkt für weitere Untersuchung: Kein Arbeitnehmerstatus
  • II. Analoge Anwendung: Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke
  • 1. Keine speziellen Regelungen vorhanden
  • 2. Planwidrige Regelungslücke trotz der Generalklausel des § 138 Abs. 1 BGB
  • 3. Planwidrigkeit trotz § 83 HGB
  • 4. Planwidrigkeit im Hinblick auf § 75 Abs. 1 und 3 HGB trotz § 314 BGB
  • 5. Ergebnis
  • B. Plädoyer für eine Teilanalogie zu den §§ 74 ff. HGB hinsichtlich unternehmensschützender und dem neutralen Interessenausgleich dienender Regelungsinhalte
  • I. Kriterien für eine vergleichbare Interessenlage
  • 1. Unternehmensschützende Regelungsinhalte
  • 2. Dem neutralen Interessenausgleich dienende Regelungsinhalte
  • II. Telos der §§ 74 ff. HGB und Rückschlüsse für die Interessenlage
  • 1. Inhaltliche Grenzen und Rechtsfolgen des § 74a Abs. 1 HGB
  • a) Inhaltliche Grenzen, § 74a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 HGB
  • b) § 74a Abs. 1 Satz 3 HGB: Zwei-Jahres-Grenze
  • c) Geltungserhaltende Reduktion
  • d) Rechtsfolge der Unverbindlichkeit, § 74a Abs. 1 HGB
  • e) Maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung
  • 2. Der Grundsatz der bezahlten Karenz gem. § 74 Abs. 2 HGB
  • a) Historische Entwicklung und Gesetzesmaterialien
  • b) Verfassungsrechtliche Bezüge
  • aa) Karenzentschädigung als erforderliche und geeignete Kompensation
  • bb) Verfassungswidrigkeit der Ausnahme für „Hochbesoldete“, § 75b Satz 2 HGB a.F.
  • cc) Verfassungswidrigkeit der Ausnahme für „Überseegehilfen“, § 75b Satz 1 HGB a.F.
  • dd) Verfassungswidrigkeit der Ausnahme bei außerordentlichen Arbeitgeberkündigungen, § 75 Abs. 3 HGB
  • c) Folgerungen: Keine unbedingte Notwendigkeit einer Karenz-entschädigungszusage i.S.d. § 74 Abs. 2 HGB
  • d) Erforderliche Höhe einer dennoch zugesagten Karenzent-schädigung
  • 3. Rechtsfolgen bei fehlender oder unzureichender Karenzentschädigungszusage
  • 4. Anrechnung anderweitigen Erwerbs, § 74c HGB
  • 5. Verzicht auf das Wettbewerbsverbot, § 75a HGB
  • 6. Kündigung des Arbeitsverhältnisses, § 75 HGB
  • 7. Vertragsstrafe, § 75c HGB
  • 8. Schriftform- und Aushändigungserfordernis
  • 9. Unabdingbarkeit/Sperrabreden
  • 10. Zusammenfassung teilanalog anwendbarer Vorschriften
  • C. Analogie zu Vorschriften mit arbeitnehmerschützenden Regelungs-inhalten
  • I. Arbeitnehmerschützende Regelungsinhalte
  • II. Entkräftung genereller Einwände
  • 1. Vorrang der Vertragsfreiheit im Gesellschaftsrecht – Grundrechtsrelevanz
  • 2. Erhöhtes Gefährdungspotential
  • 3. Veränderung der gesellschaftsrechtlichen Kompetenzstruktur
  • III. Kriterienzusammenstellung für eine vergleichbare Interessenlage hinsichtlich der arbeitnehmerschützenden Regelungen
  • 1. Ubiquitäre Kriterien: Zeitpunkt des Abschlusses und fehlende Karenzentschädigungszusage
  • 2. Maßgebliche Kriterien für eine Einzelfallbetrachtung
  • a) „Klassische Kriterien“: Persönliche Abhängigkeit, Weisungs-gebundenheit, organisatorische Eingliederung – hier verstanden als eigenverantwortliche Leitungsmacht
  • b) Unternehmerrisiko
  • c) Wirtschaftliche Abhängigkeit
  • d) Unternehmensstrukturen – Einfluss anderer Gesellschaftsorgane
  • e) Rechtliche und tatsächlich zu vermutende Kompetenzverteilung
  • IV. Vergleichbare Interessenlage bei GmbH-Geschäftsführern
  • 1. Fremd-Geschäftsführer
  • a) Weisungsgebundenheit
  • aa) Fachliche Weisungsgebundenheit
  • (1) Gesetzliches Normalstatut
  • (2) Abweichende Bestimmungen
  • bb) Persönliche Weisungsgebundenheit
  • cc) Ergebnis zur Weisungsgebundenheit
  • b) Fehlendes Unternehmerrisiko
  • c) Wirtschaftliche Abhängigkeit
  • d) Unternehmensstrukturen und Anhaltspunkte für tatsächlich zu vermutende Kompetenzstrukturen
  • aa) Fremdorganschaft in personalistisch strukturierten GmbHs
  • bb) Fremdorganschaft in Konzern-GmbHs
  • e) Ergebnis
  • 2. Gesellschafter-Geschäftsführer
  • a) Alleingesellschafter-Geschäftsführer
  • b) Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer
  • aa) Weisungsgebundenheit
  • (1) Gesetzliches Normalstatut
  • (2) Abweichende Satzungsbestimmungen
  • (3) Indirekte Beteiligung in personalistischen Familien-GmbHs
  • (4) Indirekte konzernmäßige Beteiligung
  • (5) Paritätische Beteiligungen
  • bb) Ergebnis zur Weisungsgebundenheit
  • c) Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer
  • aa) Weisungsgebundenheit
  • (1) Gesetzliches Normalstatut
  • (2) Abweichende Satzungsbestimmungen
  • bb) Ergebnis zur Weisungsgebundenheit
  • d) Unternehmerrisiko
  • e) Verhältnis von Weisungsgebundenheit und Unternehmerrisiko
  • aa) Unabhängige Gesellschafter-Geschäftsführer
  • bb) Abhängige Gesellschafter-Geschäftsführer
  • f) Wirtschaftliche Abhängigkeit
  • g) Ergebnis
  • 3. Keine Abweichungen hinsichtlich der Höhe der Karenzentschä-digung, § 74 Abs. 2 HGB analog
  • V. Vergleichbare Interessenlage bei Vorstandsmitgliedern
  • 1. Gesetzliche Konzeption der Weisungsfreiheit
  • a) Die Stellung des Vorstands in der Organisationsverfassung
  • b) Eigenverantwortliche Leitung, § 76 Abs. 1 AktG
  • aa) Leitung der Gesellschaft
  • bb) Leitung unter eigener Verantwortung – Eigenverantwort-lichkeit
  • cc) Fortbestehende Leitung trotz Fremdeinfluss durch Delegation
  • 2. Tatsächlich zu vermutende Leitungsmacht des Vorstands in be-stimmten Erscheinungsformen der Aktiengesellschaft
  • a) Leitung in der Publikums-Gesellschaft
  • b) Leitung in der Einpersonen-Aktiengesellschaft
  • c) Leitung in der Kleinunternehmer-Aktiengesellschaft
  • d) Leitung in der Familien-Aktiengesellschaft
  • e) Leitung in Konzernsachverhalten
  • f) Leitung bei Beherrschung durch Großaktionäre
  • g) Einflüsse des Aufsichtsrats
  • aa) Personalkompetenz, § 84 AktG
  • bb) Zustimmungsvorbehalte bzw. Vetorechte, § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG
  • cc) Intensivierte Überwachungsaufgabe hin zur Leitungsfunktion?
  • dd) Einflussnahme in Publikums-Aktiengesellschaften
  • ee) Einflussnahme in Familien-Aktiengesellschaften
  • ff) Einflussnahme in Kleinunternehmer-Aktiengesellschaften
  • gg) Einflussnahme in Konzerngesellschaften
  • hh) Einflussnahme bei Beteiligung von Großaktionären
  • h) Einflüsse der Hauptversammlung
  • 3. Kompetenzverteilung zwischen mehreren Vorstandsmitgliedern
  • a) Erforderliche Zahl der Vorstandsmitglieder
  • b) Gesamtgeschäftsführung mit Einstimmigkeitserfordernis
  • c) Abweichende Regelung durch Satzung oder Geschäftsordnung
  • 4. Tatsächlich zu vermutende Leitungsmacht einzelner Vorstandsmitglieder
  • a) Vorstandsvorsitzender
  • b) Vorstandssprecher
  • c) Arbeitsdirektor
  • d) Vorstandsmitglieder in Vorstandsausschüssen
  • e) Stellvertretende Vorstandsmitglieder
  • f) Fremdvorstände in Familienunternehmen oder Unternehmen mit beherrschendem Großaktionär
  • g) Formale Vorstandsmitgliedschaft
  • 5. Unternehmerrisiko
  • 6. Wirtschaftliche Abhängigkeit
  • 7. Ergebnis
  • VI. Gesellschafter von Personengesellschaften
  • 1. OHG-Gesellschafter
  • a) Gesetzliche Konzeption der Kompetenzverteilung
  • aa) Grundsatz der Kompetenzverteilung
  • bb) Abweichende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag
  • b) Tatsächlich zu vermutende Kompetenzverteilung
  • c) Unternehmerrisiko und wirtschaftliche Abhängigkeit
  • 2. KG-Gesellschafter
  • a) Gesetzliche Konzeption der Kompetenzverteilung
  • aa) Grundsatz der Kompetenzverteilung
  • bb) Abweichende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag
  • b) Tatsächlich zu vermutende Kompetenzverteilung
  • aa) Einfache Familien-KGs und Kleinunternehmer-KGs
  • bb) Die GmbH & Co. KG als exemplarische Erscheinungsform der Kapitalgesellschaften & Co.
  • (1) Personalistisch strukturierte GmbH & Co. KG
  • (2) Publikumspersonengesellschaften, insbesondere die Publikums- GmbH & Co. KG
  • 3. GbR-Gesellschafter
  • a) Gesetzliche Konzeption der Kompetenzverteilung
  • b) Tatsächlich zu vermutende Kompetenzverteilung
  • c) Konzernsachverhalte bei Personengesellschaften
  • 4. Ergebnis
  • D. AGB-rechtliche Inhaltskontrolle
  • I. Eröffnung der AGB-rechtlichen Kontrolle
  • 1. AGB-Qualität
  • 2. Erweiterter Anwendungsbereich: Verbraucherverträge, § 310 Abs. 3 BGB
  • 3. Bereichsausnahme Gesellschaftsrecht, § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB
  • a) Wettbewerbsklauseln in Anstellungsverträgen
  • b) Wettbewerbsklauseln im Gesellschaftsvertrag
  • II. Verneinung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle durch Recht-sprechung und Literatur
  • 1. Rechtsprechung: Kontrollfreiheit gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB
  • 2. Bewertungen im Schrifttum
  • a) § 74a HGB als lex specialis
  • b) Dillers Position
  • c) Ergänzung des § 307 BGB durch § 74a HGB
  • III. Eigene Bewertung
  • 1. Grenze der Inhaltskontrolle, § 307 Abs. 3 Satz1 BGB
  • a) Rechtsdeklaratorische Klauseln
  • b) Bestimmung der Hauptleistungspflichten
  • aa) Normzweck des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB
  • bb) Separates nachvertragliches Wettbewerbsverbot
  • cc) Nachvertragliches Wettbewerbsverbot als Teil des Anstellungsvertrages
  • dd) Umgehungsgefahr
  • ee) Zwischenergebnis
  • 2. Ablehnung der lex specialis These
  • a) Begründung der lex specialis These im Schrifttum
  • b) Widerlegung der These
  • aa) AGB-rechtliche Inhaltskontrolle als vorrangige „lexposterior“-Regelung
  • bb) Nicht kongruente Schutzzwecke der Kontrollmechanismen
  • cc) Unterschiedliche Rechtsfolgen und unterschiedlicher Prüfungsmaßstab
  • 3. Keine „Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts“
  • E. Konsequenzen einer „Kontrollkonkurrenz“ nach § 307 BGB, § 74a Abs. 1 HGB und § 138 BGB
  • I. AGB-rechtliche Inhaltskontrolle und § 74a Abs. 1 HGB
  • 1. Angemessenheitskontrolle
  • 2. Rechtsfolgen einer unangemessenen Wettbewerbsklausel
  • 3. Prüfung nicht von vornherein unangemessener Klauseln anhand von § 74a Abs. 1 HGB
  • II. AGB-rechtliche Inhaltskontrolle und § 138 BGB
  • III. Ergebnis: Zusammenspiel der Kontrollmechanismen
  • Fazit
  • A. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
  • B. Ausblick und Anregungen für gesetzliche Umsetzungen
  • Literaturverzeichnis

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Einleitung

A. Untersuchungsgegenstand und Praxisrelevanz

Wesentliche Grundlage der Wettbewerbsfähigkeit – und damit auch der Überlebensfähigkeit – eines Unternehmens ist die Geheimhaltung und Wahrung kaufmännischen und technischen Know-hows.1 In der heutigen Wirtschaftswelt ist individuelles und kollektives Wissen wesentliche Grundlage des sozialen und ökonomischen Zusammenlebens, während die Bedeutung materieller Produktionsbedingungen stärker in den Hintergrund tritt.2 Wissensvorsprung bedeutet Wettbewerbsvorsprung. In Unternehmen kostspielig angesammeltes, wettbewerbsrelevantes Wissen mag dem Unternehmen als Rechtsträger zugeordnet sein. Es befindet es sich aber substantiell in den Köpfen der Mitarbeiter. Unternehmerisches Know-how ist also in weitem Maße personenbezogen. Insbesondere Mitarbeiter in Führungspositionen haben aufgrund ihrer in der Unternehmenshierarchie gehobenen Position und ihrer koordinierenden Tätigkeit weitreichende Einblicke in die Unternehmensinterna. Hinzu tritt, dass der Erfolg eines Unternehmens stark von der Qualifikation und der Motivation der Mitarbeiter abhängt. Die Steigerung dieser Faktoren liegt im ureigenen Interesse eines jeden Unternehmens. Durch kostenintensive Investitionen – wie z.B. Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen und monetäre Anreize – steigen die Qualifikation und die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter. Das Know-how des Unternehmens erhöht sich dementsprechend. Wettbewerbsvorteile können begründet und ausgebaut werden.

Es ist jedoch auch die soeben genannte Bündelung an im Unternehmen gewonnenen Kenntnissen und Fähigkeiten, welche den Mitarbeiter zugleich interessant für die Konkurrenz erscheinen lässt oder dem Mitarbeiter die realistische Möglichkeit eröffnet, sich erfolgreich selbständig unternehmerisch zu betätigen.3 ← 1 | 2 → Für das Unternehmen kann die Abwanderung von hochqualifizierten Mitarbeitern zur Konkurrenz oder der Weg in die konkurrierende Selbständigkeit den unwiederbringlichen Verlust elementarer – selbst aufgebauter – Wettbewerbsvorteile darstellen. Die getätigten Investitionen amortisieren sich nicht, es kommt sogar zu erheblichen Nachteilen. Der selbstfinanzierte Wettbewerbsvorteil tritt nämlich ohne weiteres bei der Konkurrenz ein. Das Ziel verkehrt sich ins Gegenteil.

Zum Schutz wettbewerbsrelevanter Unternehmensinterna stellt das deutsche Recht unterschiedliche Schutzmechanismen – welche durch eine Verknüpfung von straf-, wettbewerbs-, patent-, arbeits- und allgemein zivilrechtlichen Regelungen gekennzeichnet sind – zur Verfügung. Auch können sog. Geheimhaltungsklauseln vereinbart werden.4 Entscheidendes und für Unternehmen oft einzig probates Mittel, um die Abwanderung qualifizierter Mitarbeiter zu verhindern und gleichzeitig das in ihrer Person redlich angesammelte Wissen an sich zu binden, ist aber die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots. Durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann dem Verpflichteten untersagt werden, innerhalb eines bestimmten Zeitraums und innerhalb eines räumlich begrenzten Gebiets nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen konkurrierend tätig zu werden.5 Derartige Verbote vermögen es, die freie Arbeitsplatzwahl des Verpflichteten gewichtig zu behindern und tief in die berufliche Entwicklung des Betroffenen einzugreifen. Die Interessen des durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot Verpflichteten sind exakt gegenläufig zu denjenigen des Unternehmens: Er möchte seine verfassungsmäßig garantierte Berufsfreiheit ausüben und es besteht das Streben nach möglichst ungehinderter Verwertung der in dem Unternehmen gesammelten Fähigkeiten und Kenntnisse.

Für Arbeitnehmer6 hält der Regelungskomplex der §§ 74 ff. HGB grundlegende und sehr detaillierte gesetzliche Vorgaben für die Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote bereit. Für nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Organmitgliedern und Gesellschaftern fehlen ausdrückliche gesetzliche Vorgaben. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zieht – mit vereinzelt gebliebenen Ausnahmen und Schwankungen in der Begründung – seit jeher § 138 BGB als Wirksamkeitsgrenze heran, wobei in weitem Umfang auf Wertungen ← 2 | 3 → der §§ 74 ff. HGB zurückgegriffen wird. Im arbeits- und gesellschaftsrechtlichen Schrifttum besteht seit langer Zeit Uneinigkeit darüber, welche gesetzlichen Anforderungen als Maßstab dienen können. Vielfach ranken sich die Überlegungen um die Frage, ob eine vergleichbare Schutzbedürftigkeit wie bei Arbeitnehmer angenommen werden kann.

Die Unsicherheiten führen zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Insbesondere die als uneinheitlich empfundene Rechtsprechung7 stellt die Vertragsparteien und die Kautelarpraxis vor erhebliche Probleme. Dies ist besonders problematisch, weil die praktische Bedeutung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote gerade mit geschäftsführenden Organmitgliedern und Gesellschaftern erheblich ist, was, betrachtet man die enormen Risiken einer Abwanderung qualifizierter Mitarbeiter zur Konkurrenz, nicht verwundert. Finden sich nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern recht häufig, vor allem bei Vertriebsmitarbeitern sowie Führungskräften,8 sind sie bei geschäftsführenden Organmitgliedern und Gesellschaftern noch stärker verbreitet.9 Insbesondere mit geschäftsführenden Organmitgliedern und in erster Linie mit GmbH-Geschäftsführern werden sehr häufig nachvertragliche Wettbewerbsverbote vereinbart. Bei Bauer/Diller wird eine Studie der Kienbaum-Vergütungsberatung aus dem Jahr 1995 zitiert, nach der bei 35 Prozent der Geschäftsführer kleinerer GmbHs ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ermittelt wurde.10 Ein Indiz für das häufige Vorkommen nachvertraglicher Wettbewerbsverbote kann auch die Tatsache sein, dass sich die Rechtsprechung in vergleichsweise vielen Fällen mit der Thematik zu beschäftigen hatte und hat,11 obwohl dies wohl auch mit der beruflich existenziellen Bedeutung eines Verbots für den Betroffenen in Zusammenhang stehen mag. Insbesondere bei evidenten Verstößen gegen gesetzliche Vorgaben und bei stark übermäßig empfundenen Bindungen drängt sich der Weg zu den Gerichten nämlich nahezu auf.12 Es verwundert deshalb auch nicht, dass das ← 3 | 4 → nachvertragliche Wettbewerbsverbot in der arbeitsrechtlichen Literatur mitunter als „Dauerbrenner der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung“13 bezeichnet wird. Die (Neu-)Regelung gesetzlicher Vorgaben für nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern ist durchgehend Thema und Diskussionsgegenstand innerhalb der Bestrebungen zur Schaffung eines Arbeitsvertragsgesetzes.14

Stellen sich bereits bei Arbeitnehmern vielfältige Rechtsprobleme bei der Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote, ist dies bei Verboten mit geschäftsführenden Organmitgliedern und Gesellschaftern nicht minder, sondern aufgrund fehlender ausdrücklicher Regelungen in weitaus größerem Umfang der Fall. Die Problematik kann und wird in der Praxis dadurch entschärft werden, dass die Geltung der §§ 74 ff. HGB – bzw. einzelne Regelungen davon – vereinbart wird.15 Sehr häufig ist etwa die Zusage einer Karenzentschädigung. Auch kann durch salvatorische Klauseln versucht werden, eine geltungserhaltende Reduktion zu vereinbaren. Bereits die hinreichend konkrete Bezugnahme auf die §§ 74 ff. HGB und die Formulierung salvatorischer Klauseln bereitet jedoch erhebliche Probleme.16 Die praktische Ausgestaltung von Anstellungsverträgen lässt zudem vermuten, dass nachteilige Änderungen keine Seltenheit sind: Oft müssen sich Organmitglieder etwa anderweitigen Verdienst über die 110-Prozent Grenze des § 74c HGB anrechnen lassen und es ergeben sich Nachteile bei einem Lösungsrecht des Unternehmens vom Wettbewerbsverbot. Verbreitet fehlt die Notwendigkeit einer Ankündigungsfrist und eine eventuell zugesagte Karenzentschädigung entfällt bei vertraglicher Vereinbarung nicht selten mit Ausübung des Lösungsrechts abweichend von § 75a HGB sofort.17

Gerade aufgrund des Fehlens spezieller Regelungen für den praktisch sehr relevanten Bereich nachvertraglicher Wettbewerbsverbote mit geschäftsführenden Organmitgliedern und Gesellschaftern erscheint es daher unumgänglich, vorhandene Schutzmechanismen zu betrachten, voneinander abzugrenzen und verbindliche Vorgaben festzulegen. Sind die auf den ersten Blick als „reine“ Arbeitnehmerschutzvorschriften ausgestalteten, eine hohe Regelungsdichte aufweisenden §§ 74 ff. HGB auf diese Personengruppen anwendbar? Können dem Regelungskomplex ← 4 | 5 → nicht etwa allgemeingültige Kriterien entnommen werden, welche es vermögen, bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten unabhängig von den beteiligten Personengruppen die widerstreitenden Interessenpole angemessen aufzulösen? Sollte dies der Fall sein, bedürfte es in weiten Teilen überhaupt nicht der Beantwortung der Frage, ob bestimmte geschäftsführende Organmitglieder oder Gesellschafter eine vergleichbare Schutzbedürftigkeit wie Arbeitnehmer aufweisen. Ansonsten ist auf eine speziell am Schutzzweck der §§ 74 ff. HGB zu ermittelnde Schutzbedürftigkeit der Personengruppen einzugehen.

Entscheidende Bedeutung kommt auch der Einordnung des Verhältnisses eventuell nebeneinander anwendbarer gesetzlicher Vorgaben zu. Welche Rolle kann – v.a. im Hinblick auf den Kontrollmaßstab und die Rechtsfolgen – die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle neben der eventuell anwendbaren Vorschrift des § 74a HGB spielen? Nach bisherigem Verständnis fristet die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle neben § 74a Abs. 1 HGB ein Schattendasein.18 Gefundene Ergebnisse könnten in diesem Bereich auch bei Wettbewerbsverboten mit Arbeitnehmern fruchtbar gemacht werden. Welche Bedeutung kommt dann noch § 138 BGB zu?

Damit ist insgesamt der Kern der vorliegenden Arbeit umrissen. Es handelt sich um das in vielen Nuancen aufzulösende Spannungsverhältnis von effektivem Konkurrenzschutz einerseits und ungehinderter beruflicher Fortentwicklung verpflichteter geschäftsführender Organmitglieder und Gesellschafter andererseits. Es soll versucht werden, dieses Spannungsverhältnis interessengerecht aufzulösen, indem maßgebliche gesetzliche Vorgaben gefunden werden und deren Konkurrenzverhältnis geklärt wird.

B. Terminologie

I. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote werden nur in wenigen gesetzlichen Regelungen angesprochen. Für nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit Organmitgliedern und Gesellschaftern fehlt sogar jegliche gesetzliche Regelung. Selbst die wenigen Vorschriften, die sich mit nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ← 5 | 6 → befassen, enthalten keine einheitliche Begriffsbestimmung. Auch in Rechtsprechung und Literatur herrscht keine einheitliche Terminologie. So werden neben oder statt des Begriffs des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots etwa die Termini nachvertragliche „Wettbewerbsabreden“, „Wettbewerbsklauseln“, „Konkurrenzklauseln“ oder „Konkurrenzverbote“ verwendet. Ein allzu unbekümmerter Umgang mit derartigen Umschreibungen kann bestenfalls zu Missverständnissen führen. Um dies zu verhindern, bedürfen die – auch in dieser Arbeit verwendeten – Begrifflichkeiten einer Präzisierung.

Es bietet sich aufgrund der inhaltlichen Nähe an, von den für andere Personengruppen vorhandenen gesetzlichen Regelungen auszugehen. Hinsichtlich des neutralen Begriffs des „nachvertraglichen Wettbewerbsverbots“ können keine Unterschiede bestehen. § 74 Abs. 1 HGB definiert eine Vereinbarung, die den Handlungsgehilfen in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt, als Wettbewerbsverbot. § 90 a Abs. 1 Satz 1 HGB bezeichnet hingegen eine entsprechende Beschränkung für Handelsvertreter als Wettbewerbsabrede. Die Vorschrift des § 110 GewO wiederum, welche den Anwendungsbereich der §§ 74 ff. HGB auf alle Arbeitnehmer erstreckt, spricht vom Wettbewerbsverbot als Beschränkung der beruflichen Tätigkeit. An den Begriffsbestimmungen ist auffällig, dass diese, weil lediglich von Beschränkungen der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit die Rede ist, keinen direkten Bezug zu den Begriffen „Wettbewerb“ oder „Konkurrenz“ aufweisen. Zum anderen stehen sich die Begriffe der „gewerblichen“ sowie der „beruflichen“ Tätigkeit gegenüber. Schließlich zeigen sich Unterschiede bei der Beschreibung als „Verbot“ oder „Abrede“.

Dass in den genannten Legaldefinitionen keine direkter Bezug zu den Begriffen „Wettbewerb“ oder „Konkurrenz“ besteht, wird häufig nicht als zwingender Grund dafür gesehen, von den gesetzlichen Begriffsbestimmungen abzuweichen.19 Da die entsprechenden Vorschriften noch weitere Anforderungen an die Wettbewerbsverbote stellen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der jeweiligen Legaldefinition zu sehen seien und die den notwendigen Konkurrenzbezug herstellten, könnten auf diese Weise Fälle mit evident fehlendem Wettbewerbsbezug ausgeschieden werden.20 Ferner sei ein Festhalten an den gesetzlichen Formulierungen besser als der Versuch einer näheren Umschreibung der Pflichten.21

Ein zwingender Grund für eine abweichende Begriffsbestimmung besteht nach dem Gesagten tatsächlich nicht. Vor allem im Bereich der ohnehin gesetzlich nicht geregelten nachvertraglichen Wettbewerbsverbote mit Organmitgliedern ← 6 | 7 → und Gesellschaftern bietet sich aber eine Aufnahme eines Konkurrenz- bzw. Wettbewerbsbezugs in die Definition jedenfalls an. Zudem soll eine Begriffsbestimmung Voraussetzungen determinieren und nicht umgekehrt aus aufzustellenden Voraussetzungen bestimmt werden. Es ist schließlich problemlos möglich, einen allgemeinen Konkurrenzbezug in die Begriffsbestimmung aufzunehmen, ohne dabei im Einzelnen bereits auf einen Pflichtenkanon des Ausgeschiedenen eingehen zu müssen. Die Aufnahme eines Konkurrenzbezuges in die Begriffsbestimmung dürfte zudem dem natürlichen Wortverständnis eher gerecht werden. Denkbar ist etwa ein Zusatz in dem Sinne, dass es sich um eine Beschränkung der beruflichen Tätigkeit handelt, und der Ausgeschiedene „dadurch generell oder in einem begrenzten Waren- oder Leistungsbereich gegenüber dem Verpflichtenden keinen Wettbewerb betreiben darf“.22 Im Ergebnis können damit bereits per definitionem Fälle ausgesondert werden, in denen evident kein Konkurrenzbezug besteht.

Von den gesetzlich genannten Beschränkungen der „gewerblichen“ oder der „beruflichen“ Tätigkeit ist das Definitionselement der „beruflichen“ Beschränkung vorzuziehen. Zum einen ist die Beschreibung als Beschränkung der „gewerblichen“ Tätigkeit irreführend, weil mit dem Betrieb eines Gewerbes regelmäßig eine selbständige Tätigkeit assoziiert wird. Zweifelsfrei sollen aber auch, sogar hauptsächlich, nicht selbständige Tätigkeiten umfasst werden. Hinzu kommt, dass vor allem auch die freien Berufe – bei welchen unter den weiteren Voraussetzungen stets die §§ 74 ff. HGB Anwendung gefunden haben –23 nicht ausgeschlossen werden sollen, obwohl diese kein Gewerbe darstellen. Dementsprechend stellt auch § 110 GewO, welcher allein auf die Beschränkung der beruflichen Tätigkeit abstellt und auf §§ 74 ff. HGB verweist, endgültig klar, dass die §§ 74 ff. HGB jede Vereinbarung erfassen, die geeignet ist, den Arbeitnehmer in seiner beruflichen Betätigung und in seinem Fortkommen zu behindern. Dieses Definitionselement sollte für eine allgemeine Begriffsbestimmung übernommen werden.24

Keine Einordnungsprobleme zeigen sich schließlich im Rahmen der Verwendung der Begriffe „Verbot“ oder „Klausel“ bzw. „Abrede“. Während mit der Umschreibung als Klausel oder Abrede ersichtlich nur eine Vereinbarung gemeint sein kann, stellt die Beschreibung als Verbot den allgemeineren Terminus ← 7 | 8 → dar, umfasst also auch eventuell aus anderen Gründen entstandene Wettbewerbsverbote.

Weil Wettbewerbsverbote auch während eines Vertragsverhältnisses bestehen können,25 ist im Folgenden – der allgemein verwendeten Begrifflichkeit folgend – von „nachvertraglichen“ Wettbewerbsverboten die Rede. Die zeitliche Einordnung des Wettbewerbsverbots nach Vertragsende soll dabei nicht zu der Annahme verleiten, das Wettbewerbsverbot falle in einen vertragsfreien Raum.26 In der Regel stellt das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nämlich selbst einen gegenseitigen Vertrag dar27 und ist demensprechend nach der bereits festgelegten Terminologie meist als Wettbewerbsabrede – oder Wettbewerbsklausel einzuordnen. Regelmäßig sind also auch – und in erster Linie – nachvertragliche Wettbewerbsverbote vertragliche Wettbewerbsverbote. Entscheidend soll bei der Verwendung des Begriffs „nachvertragliches“ Wettbewerbsverbot allein sein, dass die zu behandelnden Wettbewerbsverbote erst für einen bestimmten Zeitraum ab Beendigung des sie notwendig machenden Vertrags- oder Organverhältnisses Geltung beanspruchen.

Im Hinblick auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit geschäftsführenden Organmitgliedern und Gesellschaftern ist in diesem Sinne jede Form der Beendigung des Vertrags- und Organverhältnisses28 mit der Gesellschaft gemeint. Erfasst wird etwa der Ablauf oder die Kündigung des schuldrechtlichen Anstellungsverhältnisses des AG-Vorstandsmitglieds oder des GmbH-Geschäftsführers und die entsprechende Amtsniederlegung oder die Beendigung der GmbH-Mitgliedschaft durch Veräußerung des Geschäftsanteils.29 Zu denken ist ferner an den Austritt bzw. die Kündigung eines OHG- oder GbR-Gesellschafters.

II. Beteiligte Rechtssubjekte

Bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten stehen sich entsprechend der Einordnung als gegenseiter Vertrag aus dem Verbot berechtigte und verpflichtete Rechtssubjekte gegenüber. Die im Folgenden gewählten Bezeichnungen des Rechtssubjekts, zu dessen Gunsten das Verbot gilt bzw. auf dessen Initiative es ← 8 | 9 → installiert wird, etwa als „Unternehmen“ „Gesellschaft“ oder „Alt-Gesellschaft“, sollen – unabhängig von ihrer spezifischen rechtlichen Bedeutung – in der Sache lediglich das durch das Verbot begünstigte Rechtssubjekt umschreiben.

Die in dieser Arbeit zu untersuchenden Personen auf Verpflichtetenseite sind geschäftsführende Organmitglieder. Dies sind die Mitglieder der Vertretungsorgane von Handelsgesellschaften, insbesondere GmbH-Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften. Die aufzustellenden Regeln können auch auf Geschäftsleiter der Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA), des Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG) sowie der eingetragenen Genossenschaft (eG) übertragen werden. Zu denken wäre auch an Geschäftsleiter von Anstalten des öffentlichen Rechts, vor allem Sparkassenvorstände, wenn sie aufgrund eines zivilrechtlichen Arbeitsvertrages tätig werden.30 Zu den Personengruppen der zu betrachtenden Gesellschafter zählen geschäftsführende Gesellschafter von offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften oder Gesellschaften Bürgerlichen Rechts. Die Arbeit beschränkt sich auf geschäftsführende Organmitglieder und Gesellschafter, weil diesen im Regelfall weitgehende Einblicke in Unternehmensinterna offenstehen und sie daher relevante Adressaten nachvertraglicher Wettbewerbsabreden sind.31

C. Gang der Untersuchung

Der erste Teil der Arbeit befasst sich mit den Grundlagen nachvertraglicher Wettbewerbsverbote. Durch eine Präzisierung des Interessenspektrums wird zunächst der Rahmen abgesteckt, innerhalb dessen sich jegliche Rechtsanwendung bei der Beurteilung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote einpendeln muss. Nachdem auf die Begründung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote durch Vereinbarung eingegangen wird, folgen Erörterungen zu möglicherweise anwendbaren gesetzlichen Vorgaben. Im Mittelpunkt der Darstellung stehen die Erörterung des Regelungsmodells der §§ 74 ff. HGB und Grundsätzliches zu einer möglichen AGB-Kontrolle. Erörtert werden aber auch periphere gesetzliche Vorgaben, um deren Bedeutung klarzustellen und einzuordnen. Schließlich werden typische Inhalte nachvertraglicher Wettbewerbsverbote und Grundsätze der Auslegung erläutert.

Der zweite Teil widmet sich Abgrenzungen des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots zu verwandten Schutzmechanismen. Neben nachvertraglichen ← 9 | 10 → bzw. nachorganschaftlichen Treue- und Verschwiegenheitspflichten wird die Reichweite gesetzlicher Geheimnisschutzvorschriften und gewerblicher Schutzrechte näher beleuchtet. Gerade weil für Organmitglieder und Gesellschafter ausdrückliche gesetzliche Vorgaben fehlen, erscheint es von gehobener Bedeutung, den Blick dafür zu schärfen, dass im Grundsatz entschädigungslos und auch zeitlich unbegrenzt zulässige Geheimhaltungsklauseln von die Berufsfreiheit stark belastenden Wettbewerbsverboten exakt abzugrenzen sind. Dieser Abgrenzung wird daher besondere Beachtung beigemessen.

Der dritte Teil stellt eine Bestandsaufnahme der Rechtsprechung und des Schrifttums zur Beurteilung der Wirksamkeitsanforderungen an nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit geschäftsführenden Organmitgliedern und Gesellschaftern dar. Im Vordergrund steht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wirksamkeitsgrenze des § 138 BGB und die Bedeutung, welche den §§ 74 ff. HGB in diesem Rahmen beigemessen wird. Die vorhandenen Ansichten im Schrifttum sind vielfältig und reichen von der Ablehnung einer entsprechenden Anwendbarkeit der §§ 74 ff. HGB bis zu der Annahme einer Gesamtanalogie.

Im vierten Teil der Arbeit findet sich eine eigene Bewertung des für nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit geschäftsführenden Organmitgliedern und Gesellschaftern anzusetzenden Prüfungsmaßstabs. Ausgehend vom Telos der Vorschriften der §§ 74 ff. HGB wird versucht, für nachvertragliche Wettbewerbsabreden ubiquitär geltende – also unabhängig von einer vergleichbaren Schutzbedürftigkeit mit Arbeitnehmern – entsprechend anwendbare Regelungsinhalte zu extrahieren. Die generelle Möglichkeit einer Teilanalogie soll begründet werden. Eine Untersuchung der vergleichbaren Interessenlage auch der – im Regelungskomplex der §§ 74 ff. HGB zweifelsohne vorhandenen – rein arbeitnehmerschützenden Vorschriften ist sodann unumgänglich. Erforderlich ist ein am konkreten Schutzzweck der einzelnen Vorschriften ansetzender Vergleich, wobei die gesetzliche und tatsächlich zu vermutende Vergleichbarkeit der einzelnen Personengruppen erforderlich ist. In einem weiteren Schritt wird das Verhältnis einer Kontrolle nach § 74a Abs. 1 HGB zur AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle geklärt.

Abgeschlossen wird die Arbeit mit einer thesenartigen Zusammenfassung der gefundenen Ergebnisse und einem kurzen Ausblick, in welchem de lege ferenda wünschenswerte gesetzliche Regelugen dargestellt werden.

1 Vgl. den lesenswerten Artikel ,,Geheimnisse sind schützenswert“, Ann/Kalbfus, FAZ v. 15.6.2009, S. 12; Bornkamm/Köhler in: Köhler/Bornkamm, Vor § 17 UWG, Rn. 1. Der Terminus des Know-hows stellt keinen Rechtsbegriff dar. Dennoch werden die Begriffe Know-how und vor allem der des Betriebsgeheimnisses vielfach synonym verwendet, vgl. zur genauen Begriffsbestimmung des Know-hows Köhler in: Köhler/Bornkamm, § 17 UWG, Rn. 4b.

2 Mitunter wird eine derartige Gesellschaftsformation auch als ,,Wissensgesellschaft“ bezeichnet.

3 Zu der grundsätzlichen Entscheidung, die eigene Arbeitskraft zur Eigen- oder Fremdverwertung einzusetzen siehe Watrin in: Wandel der Arbeitswelt, S. 27.

4 Zur Abgrenzung siehe 2. Teil F.

5 Zur Definition im Einzelnen siehe 1. Teil B. I.

Details

Seiten
XXVI, 320
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653036862
ISBN (ePUB)
9783653991512
ISBN (MOBI)
9783653991505
ISBN (Paperback)
9783631645420
DOI
10.3726/978-3-653-03686-2
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (März)
Schlagworte
GmbH-Geschäftsführer AGB-Kontrolle nachvertragliche Wettbewerbsverbote
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. XXVI, 320 S.

Biographische Angaben

Martin David Gerigk (Autor:in)

Martin David Gerigk studierte Rechtswissenschaften an der Universität Osnabrück. Er promovierte im Bereich Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht sowie Handels- und Gesellschaftsrecht.

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Titel: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote mit geschäftsführenden Organmitgliedern und Gesellschaftern
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