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Goethes Wanderjahre in Lateinamerika und der Südsee

von Dieter Strauss (Autor:in)
©2014 Monographie 118 Seiten

Zusammenfassung

«Wie gern möchte ich nur einmal Humboldten erzählen hören», so ein Seufzer Ottilies in Goethes Wahlverwandtschaften. Aber auch die anderen großen Lateinamerika-Reisenden und Weltumsegler seiner Zeit waren Goethe bekannt. So zum Beispiel Georg Forster, der die zweite Weltumsegelung Kapitän Cooks mitgemacht hatte, oder auch der Vater des brasilianischen Bergbaus Wilhelm von Eschwege und berühmte Brasilienforscher wie Prinz Wied zu Neuwied oder die Bayern Spix und Martius. Diese Entdecker verführten ihn fast zu einer Auswanderung, es blieb jedoch bei Gedankenreisen nach Lateinamerika und in die Südsee – Träume, die sich auch in seinem Werk widerspiegeln. Mehr noch: Der Reisende und Wanderer Goethe ist mit seiner Begeisterung für die Neue Welt in Werken späterer Schriftstellerkollegen selbst zur literarischen Figur geworden.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • „Kennst Du das Land wo die Zitronen blühn?“
  • Einführung
  • „Immer sich kreuzende Fremde deuten nach allen Weltgegenden hin und erwecken Reiselust“
  • Goethes Interesse an fremden Ländern und seine Prädisposition für Reisen
  • „Für Naturen wie die meine … ist eine Reise unschätzbar, sie belebt, berichtigt, belehrt und bildet“
  • Goethes eigene Reisen
  • „Alle Reisebeschreibungen sind mir, als wenn ich in meine flache Hand sähe“
  • Goethes Gedankenreisen
  • „In ferne Regionen versetzen uns die Zeichnungen zu des Prinzen von Neuwied Durchlaucht brasilianischer Reise“
  • Goethes Kontakte zu den Reiseforschern Lateinamerikas und der Südsee
  • Georg Forster
  • Alexander von Humboldt
  • John Mawe
  • Wilhelm von Eschwege
  • Prinz Maximilian Wied zu Neuwied
  • Die Brasilienexpedition Sachsen-Weimars
  • Karl Friedrich Philipp von Martius und Johann Baptist von Spix
  • Die österreichische Expedition
  • Goethe und Georg Heinrich von Langsdorff
  • „Ein grandioses, freies, weites Land“
  • Goethes Lateinamerika- und Südseebild
  • „Er brauchte diesen schönen Bissen bei mir als Lockspeise“
  • Bilder zu Lateinamerika
  • „Sie werden gewiss freundlich aufnehmen, dass Ihr Name von schönen Lippen ausgesprochen wird“
  • Der Einfluss Lateinamerikas und der Südsee auf Goethes literarisches Werk
  • Die Wahlverwandtschaften
  • Herrmann und Dorothea
  • Reise der Söhne Megaprazons
  • Wilhelm Meister
  • Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten
  • Faust
  • Marienbader Elegie
  • „Ich vermute, Sie zu schnell zu einer Expedition in das ferne und geheimnisvolle Japan verführt zu haben“
  • Der „Reisende“ Goethe wird zur literarischen Figur
  • Adolf Muschg, Löwenstern
  • Thomas Mann, Lotte in Weimar
  • Hector Chevigny, Lost Empire. The Life and Adventures of Nikolai Rezanov
  • „Da kommen sie und fragen, welche Idee ich in meinem ‚Faust‘ zu verkörpern gesucht. Als ob ich das selber wüsste und aussprechen könnte“
  • Zusammenfassung
  • Abkürzungen und Literaturangaben
  • Abkürzungen
  • Literaturangaben

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„Kennst Du das Land, wo die Zitronen blühn?“

Einführung

Kennst Du das Land, wo die Zitronen blühn,
Im grünen Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte stille und froh der Lorbeer steht,
Kennst Du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht‘ ich mit Dir, o mein Geliebter, ziehn!
(1)

Ein Loblied auf den Süden, das die geheimnisvolle Mignon in Goethes „Theatralischer Sendung“ so hinreißend vortrug, dass Wilhelm Meister ganz gebannt war. Ob er es kenne, wollte sie wissen. Und der dachte natürlich spontan an Italien. Dass auch südlichere Länder gemeint sein könnten, zeigt Alexander von Humboldts Bemerkung an Goethe: … und am rauen Winterabend wandelt man ja wohl gerne einmal in einem schön belaubten Tropenwald umher. (2) Und das gilt natürlich ganz besonders für Goethe, den man ja während seiner Straßburger Zeit den Wanderer (3) nannte und den Ernst Feder bei den Feierlichkeiten zu Goethes 200. Geburtstag in Rio de Janeiro im August 1949 sogar zum Brasilianer machte. (4) Der Journalist des „Berliner Tageblatts“ Feder musste vor den Nazis nach Brasilien fliehen und lernte schnell so gut portugiesisch, dass er für brasilianische Zeitungen schreiben konnte. Er war Schachpartner des berühmteren Emigranten Stefan Zweig in Petropolis bei Rio de Janeiro und der Letzte, der Zweig vor dessen Selbstmord im Februar 1942 gesehen hatte. Eine Brasilienbe-geisterung, die sogar der „Nordländer“ Thomas Mann aus seinem amerikanischen Exil Goethe 1949 bescheinigte. Und schließlich wollte ja auch Goethes Frankfurter Verlobte Lili Schönemann mit ihm nach Amerika auswandern.

Dass aber bei Goethe Zweifel an der südlichen Ferne blieben, bestätigt Ottilies Stoßseufzer in den „Wahlverwandtschaften“: Es wandelt niemand ungestraft unter Palmen, und die Gesinnungen wandeln sich gewiss in einem Lande, wo Elefanten und Tiger zu Hause sind … Wie gerne möchte ich nur einmal Humboldten erzählen hören. (5) Gleichzeitig angezogen und abgestoßen, das wird Ottilie. Der Grund ist eindeutig: Man meinte damals, dass der Aufenthalt in der südlichen Fremde die moralischen Begriffe auslösche. (6)

Doch der Reiz an fernen Traumorten war stärker. Selbst der Astronom Franz Paul von Gruithuisen, der deutliche Spuren der Mondbewohner, ja sogar ganze Städte auf dem Mond entdeckt haben wollte, beeindruckte Goethe: Er traf sich mit ihm zwischen 1825 und 1831 mehrfach, hielt ihn für vorzüglich und ← 7 | 8 → grundgut und seine Arbeiten für wertvoll. Aber obwohl er nicht völlig überzeugt war, schickte er die Mondphantasien doch an seinen Herzog Karl August. (7)

Kurz, der Wunsch, jenseits der eigenen Welt noch Traumorte besonders in Lateinamerika und der Südsee zu finden, der war stark in Goethe. Bleibt zu fragen, welche Vorstellungen er sich von dieser Welt machte, ob diese Räume nur Illusion waren, die Verheißung einer Phantasiewelt. Gezeigt werden soll auch, in wieweit Goethe für Traumreisen prädestiniert war, welche Reisen er tatsächlich unternommen hat, welche Reiseforscher wie Alexander von Humboldt er gekannt und getroffen hat und ob er diese Eindrücke in seiner Literatur verarbeitet hat. Reizvoll sicher auch die Frage, in wieweit er mit seiner Affinität für ferne Welten zur literarischen Figur in Werken anderer Schriftsteller geworden ist.

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„Immer sich kreuzende Fremde deuten nach allen Weltgegenden hin und erwecken Reiselust“ (1)

Details

Seiten
118
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783653049916
ISBN (ePUB)
9783653979541
ISBN (MOBI)
9783653979534
ISBN (Hardcover)
9783631655382
DOI
10.3726/978-3-653-04991-6
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2014 (Oktober)
Schlagworte
Entdeckungsreisen Goethes Werk Weltumsegler Reisende Neue Welt
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 118 S., 10 s/w Abb.

Biographische Angaben

Dieter Strauss (Autor:in)

Dieter Strauss ist promovierter Germanist und Historiker. Er unterrichtete an den Universitäten Bonn und Nimwegen, bevor er zum Goethe-Institut wechselte: Er war Leiter der Institute in Santiago de Chile, São Paulo, Paris und Rabat/Casablanca sowie stellvertretender Generalsekretär. Heute arbeitet er als freier Referent und Sachbuchautor.

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Titel: Goethes Wanderjahre in Lateinamerika und der Südsee
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