Lade Inhalt...

Literatur-Erlebnisse zwischen Mittelalter und Gegenwart

Aktuelle didaktische Konzepte und Reflexionen zur Vermittlung deutschsprachiger Texte

von Wernfried Hofmeister (Band-Herausgeber:in) Ylva Schwinghammer (Band-Herausgeber:in)
©2015 Konferenzband 374 Seiten

Zusammenfassung

Das Buch vereint 16 fachwissenschaftliche und fachdidaktische Beiträge, die rund um die Aktivitäten des Grazer Projektes Arbeitskoffer zu den Steirischen Literaturpfaden des Mittelalters entstanden sind. Führende Forscherinnen und Forscher äußern sich zur mittelalterlichen, aber auch zur modernen deutschsprachigen Literatur. Dabei ist ihr Blick auf einen möglichst erlebnishaften Zugang in der Praxis gerichtet, sei es in universitären, schulischen, musealen oder anderen Zusammenhängen öffentlicher Literaturvermittlung. Geboten werden vor diesem Hintergrund Best Practice-Beispiele sowie noch zu erprobende methodische Ansätze, die offen sind für experimentelle, sowohl den Vermittler/innen von Literatur als auch ihrem Publikum gleichsam unter die Haut gehende Text-Erfahrungen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Das Sparkling Science Projekt Arbeitskoffer zu den Steirischen Literaturpfaden des Mittelalters: Die Welt des Mittelalters als Ausgangspunkt für regionale und digitale Literaturerlebnisse: Ylva Schwinghammer
  • Vorbemerkungen
  • I Daten und Fakten zum Projekt Arbeitskoffer
  • II Textportal und Wiki
  • A Aufbau und Funktionen des Portals
  • B Empirische Grundlagen
  • C Das Wiki
  • Das Wiki als Schlüssel zum Mittelalter
  • Auswahl der Inhalte
  • Erstellung der Wiki-Beiträge
  • Resümee
  • D Technische Umsetzung
  • III Unterrichtsmaterialien
  • A Das Textportal als Ausgangspunkt für einen kompetenzorientierten Deutschunterricht
  • 1. Kompetenzbereich Zuhören und Sprechen
  • Lied 1 des Rudolf von Stadeck: Muss eine Frau nur schön sein?
  • Der Frauendienst des Ulrich von Liechtenstein: Wir tuon kund und lâzen wizzen
  • Die Katze des Herrand von Wildon: Ein Kater auf Reisen
  • 2. Kompetenzbereich Lesen
  • 3. Kompetenzbereich Schreiben
  • 4. Kompetenzbereich Sprachbewusstsein
  • 5. Resümee
  • B Komparative Literaturanalyse: Die ‚Vorauer Novelle‘ als steirische ‚Faust-Vorbotin‘
  • C Lesen als Inspiration: Kreatives Schreiben zu Paradieskonzeptionen
  • Zu den Rahmenbedingen
  • Vorüberlegungen
  • Zur Umsetzung
  • D Wir sprechen ‚Mittelalterlich‘ – Sprachwandel und Sprachgeschichte im Unterricht anhand des ‚Soliloquiums Marie cum Jhesu‘
  • E Rudolf von Stadeck zwischen Minnelust und Liebesfrust.
  • Der Basistext – kurz und knackig
  • Exemplarität und Relevanz des Themas
  • Konzeption der Unterrichtseinheit
  • Verankerung im Lehrplan
  • Implementierte Kompetenzbereiche und Lernziele
  • F Auf den Spuren der ‚Textsorte‘ Monatsregeln
  • Beschreibung des Basistextes
  • Zur Relevanz des Themas
  • Verankerung der Unterrichtseinheit im Lehrplan
  • Lernziele und implementierte Kompetenzbereiche
  • Zur Verlaufsplanung
  • IV Kreative Literatur-Erlebnisse
  • A „Ghettogrethe – You Only Live Once. Frei nach der Seckauer Margarethenlegende“: Eine alte Legende in modernem Gewand
  • Der Ausgangstext: Die Seckauer Margarethenlegende
  • Von der Idee zum Konzept
  • Resümee und Ausblick
  • B „Ist neu immer besser? Der Ärztekampf“ - Von der mittelalterlichen Heilkunde zur eigenen TV-Gameshow
  • Die Ausgangstexte: Seckauer Monatsregeln und Admonter Bartholomäus
  • Von der Idee zum Projekt: Konzeption und Umsetzung
  • Resümee und Ausblick
  • C „Frouwen Fröide. DAS mittelalterliche Lifestylemagazin“
  • Ausgangspunkt: Das Frauenbuch von Ulrich von Liechtenstein
  • Von der Idee zum Produkt
  • Resümee und Ausblick
  • V Die Steirischen Literaturpfade des Mittelalters als außerschulischer Lernort
  • A Vom Suchen und Finden Ulrichs von Liechtenstein: Erlebnisführung und Geocaching in Unzmarkt
  • 1. Phase: Eintauchen in die Welt Ulrichs
  • Orientierungsstation
  • Station I: Ein Minneheld erzählt
  • Station II: Liebe und Schönheit
  • Station III: Ulrich auf Venusfahrt
  • Station IV: Unbelohnte Liebe
  • Station V: Ulrich auf Artusfahrt
  • Station VI: Liebe will gelernt sein
  • 2. Phase: Erarbeitungsphase der Quizfragen
  • 3. Phase: Auf der Jagd nach dem Wissensschatz
  • Fazit
  • VI Ausblick
  • Alte Texte auf neuen Wegen: Gedanken zur literarhistorischen Nachhaltigkeit am Beispiel des regionalen Netzwerkprojekts „Steirische Literaturpfade des Mittelalters“: Wernfried Hofmeister, Andrea Hofmeister-Winter
  • Vorspann
  • Projektskizze
  • Projektnachhaltigkeit: Voraussetzungen und Aspekte am Beispiel des Frauendienst-Pfades in Unzmarkt-Frauenburg
  • Projektdauer: Prinzip der longue durée (5–10 Jahre)
  • Identifizierung vor Ort (Bevölkerung, Patenschaften)
  • Materialwahl
  • Öffentliche (und möglichst barrierefreie) Zugänglichkeit
  • Attraktive und zeitgemäße Themen
  • Plurimediale Präsentation: Wort, Bild und Ton (Einladung zur Interaktion)
  • Umfassende Dokumentation: Webseite, Broschüre, Videos …
  • Veranstaltungskonzepte
  • Zielpublikum Jugend/Schulen: Das Arbeitskoffer-Projekt
  • Indikatoren des Projekterfolgs und selbstkritischer Ausblick
  • Rückblende zum Vorspann
  • Abbildungen
  • Literatur als Netzwerk im Raum : Konzept einer Museums-Ausstellung zur mittelalterlichen Literatur aus Vorarlberg: Klaus Amann
  • Mediävistik und Literaturdidaktik: Eine Topografie praxisbezogener Forschungsfelder: Anette Sosna
  • I. Mittelalterliche Texte im kompetenzorientierten Deutschunterricht
  • II. Empirische Befunde als diskursive Argumentationsgrundlage
  • III. Mögliche Domänen mediävistischer Literaturdidaktik
  • Textverstehen und Interpretieren
  • Synchrone und diachrone Zusammenhänge zwischen Texten ermitteln (Intertextualität und Rezeption)
  • Fremdheitserfahrungen kritisch in Bezug zu eigenen Wertvorstellungen, Welt- und Selbstkonzepten in Beziehung setzen (Alterität)
  • Literatur
  • „Alte Sprache – schwere Sprache?“: Empirische Erhebungen und praktische Erfahrungen zum Einsatz mittel- und frühneuhochdeutscher Texte im Unterricht: Ylva Schwinghammer
  • 1. Mittel- und Frühneuhochdeutsch als fremde Sprache?
  • 2. Untersuchungen zum Textverstehen in Zusammenhang mit mittel- und frühneuhochdeutschen Texten
  • 3. Argumente für und wider eine Behandlung mittel- und frühneuhochdeutscher Texte im Unterricht
  • I
  • II
  • III
  • IV
  • V
  • 4. Perspektiven und Forderungen
  • Literatur
  • Mittelalter macht Schule: Das Bamberger Projekt MimaSch: Detlef Goller
  • 1. Projektbeschreibung
  • 2. Projektbeispiele
  • 2.1 Primarstufe
  • 2.2 Sekundarstufe I
  • 2.3 Sekundarstufe II
  • 3. Fazit
  • Parzival reloaded: Der rezeptionsästhetische Modellversuch ALIENA („Alte Literatur im Erlebnisraum neu ästhetisiert“): Manuel Schwembacher
  • 1. ALIENA – Ein rezeptionsästhetischer Modellversuch
  • 2. Parzival – work in progress
  • 3. mittendurch – Wolframs Parzival in Szenen
  • 4. Mittelalterliche Texte im Unterricht
  • Abbildungen
  • Magische Momente im Schulunterricht: Die Textgattung Zauberspruch als Paradigma für eine praxisnahe Lehramtsausbildung an der Schnittstelle zwischen Fachwissenschaft und Fachdidaktik: Wernfried Hofmeister, Silvia Madl
  • Zur Geschichte der sog. Lehramtsmodule an der Grazer Germanistik
  • Das Zaubersprüche-Modul 2013 aus Studierendensicht
  • Die magische Diplomarbeit
  • Prospektives Schlusswort
  • Verwendete Literatur
  • Internet-Quellen (Stand: 27.11.2014)
  • Abbildungsverzeichnis
  • Parzival, Gawan und Feirefiz: Unterhaltung und Entlastung im Lese- und Literaturunterricht: Günther Bärnthaler
  • I
  • II
  • III
  • IV
  • Literatur
  • Quellen
  • Forschungsliteratur
  • An den Schnittstellen des Nibelungen-Mythos: Überlegungen zur medienintegrativen Literaturdidaktik: Andrea Sieber
  • 1 Dimensionen eines medienintegrativen Literaturunterrichtes
  • 2 Der Nibelungen-Mythos als medienintegrative Schnittstelle
  • 3 Exemplarische Medienkonstellationen
  • 3.1 Symmedialität: Codex, Schrift und Bild
  • 3.2 Intermedialität: Text-Film-Vergleich
  • Sterben lernen zwischen Mittelalter und Gegenwart: Andreas Kurzmanns Gedicht ‚De quodam moriente‘ als Impulsgeber für einen themenorientierten Literaturunterricht: Andrea Hofmeister-Winter
  • Abbildungsteil
  • Anhang
  • Andreas Kurzmann
  • De quodam moriente – Von ainem mann der do sterben woldt
  • [Über einen Sterbenden] Über einen sterbenden Menschen
  • Hartmann und Wernher ‚reloaded‘: Wie man von der Literatur des Mittelalters Brücken zur Gegenwart(sliteratur) schlagen könnte: Johann Stangel
  • Texte, Ziele, Wege, Adressaten
  • Hartmann von Aue und ›Der arme Heinrich‹
  • Weshalb Hartmann, weshalb gerade ›Der arme Heinrich‹?
  • Auf der Suche nach Hartmann: Wer ist Hartmann von Aue?
  • Auf der Suche nach Hartmann: Woher stammt Hartmann?
  • Auf der Suche nach Hartmann: Was weiß man über Hartmanns Lebensdaten?
  • Von der literarischen Bildung zur schriftlichen und mündlichen Kompetenz
  • ›Der arme Heinrich‹ – ein Vorschlag zur ‚Ganzlektüre’
  • ›Der arme Heinrich‹ I: Der herre Heinrich, das mittelalterliche Tugendsystem und ‚Tugendsysteme’ heute
  • ›Der arme Heinrich‹ II: Heinrichs Sturz ins Unglück und die Grundstruktur der höfischen Epik
  • ›Der arme Heinrich‹ III: Versuche, das ‚richtige’ Wort zu finden, und das Problem der Textüberlieferung
  • ›Der arme Heinrich‹ IV: Die Rettung, die Bibel und die griechische Mythologie
  • Der arme Heinrich ungeschminkt
  • Tankred Dorst: ›Die Legende vom Armen Heinrich‹
  • Was Schülerinnen und Schüler analysieren könnten
  • Form, Gattung, Sprache
  • Die Personen
  • Die Charakteristik des Ritters Heinrich
  • Die Frage der ‚Schuld’ Heinrichs
  • Die Motivation des Mädchens, sich zu opfern
  • Der Verzicht Heinrichs auf das Opfer des Mädchens
  • ›Der Arme Heinrich‹ verändert ein Leben
  • Markus Werner: ›Bis bald‹ (1992)
  • Was Schülerinnen und Schüler erarbeiten können
  • Wernher der Gartenære: ›Helmbrecht‹
  • Das Selbstbewusstsein des alten Helmbrecht
  • Der junge Bauer will Ritter werden: der Reiz der feinen Kleidung und des feinen Essens
  • Die Welt der Ritter
  • Die Rache der Bauern
  • Früher lockten die Ritter, jetzt lockt die Stadt –
  • Franz Xaver Kroetz: ›Bauern sterben‹ (1985)
  • Was Schülerinnen und Schüler in Textvergleichen erarbeiten können
  • Resümee
  • Literaturverzeichnis
  • Internet-Links
  • Swem nie von liebe leit geschach, dem geschach ouch liep von liebe nie: Der mittelalterliche Tristanstoff und seine Bearbeitungen bis ins 21. Jahrhundert als Medium der Selbsterfahrung für Jugendliche: Brigitte Spreitzer
  • Ästhetische Erfahrung als Selbstbildung: Ein Plädoyer für die ästhetische Erziehung des lernenden Menschen: Bettina Rabelhofer
  • I. Textintimität versus Affektdistanz
  • II. Textverkostungen und frühe Beziehungserfahrungen
  • III. Sprach- und Erlebnisbrüche
  • IV. Adoleszente Möglichkeitsräume und tastende Selbstvergewisserungen
  • V. Ästhetische Schönheit als ‚Beziehungsglück‘
  • „Na hearns, Sie san ma oba ka Hüf!“: Über die Schulung des poetischen Sinns: Robert Vellusig
  • Ausdrucksverhalten
  • Interaktionsrituale
  • Bildungsgesprächsspiele
  • Geschichten
  • „Na hearns, Sie san ma oba ka Hüf!“
  • Texte zum Sprechen bringen
  • Welche Literaturwissenschaft braucht die Schule?: Bettina Rabelhofer
  • Was wünsche ich mir als Literaturwissenschafterin also?
  • Prekäre Ausgangslagen
  • Theorienleidenschaft
  • Neugierde
  • Sprachleidenschaft und Aisthesis
  • Adoleszente Imaginationsräume
  • Ästhetische Kompetenz und Zeit
  • Literarisches Wissen als Wissen hoher Intensität

Das Sparkling Science Projekt Arbeitskoffer zu den Steirischen Literaturpfaden des Mittelalters

Die Welt des Mittelalters als Ausgangspunkt für regionale und digitale Literaturerlebnisse

Ylva Schwinghammer

Mit Gastbeiträgen von Jürgen Ehrenmüller, Gerlinde Schneider, Jutta Eisl, Matthias Schwendtner, Florian Zeilinger, Lisa Glänzer, Wolfgang Holanik, Kathrin Liess und Anna Kollingbaum

Vorbemerkungen1

Das Sparkling Science Projekt Arbeitskoffer zu den Steirischen Literaturpfaden des Mittelalters lehnt sich nicht nur im Titel eng an sein ‚Mutterprojekt‘, die Steirischen Literaturpfade des Mittelalters,2 an, dessen bildungstouristisches Angebot rund um die regionale ältere deutsche Literatur als Ausgangspunkt für ein innovatives didaktisches Vermittlungskonzept dient, das die vielfältige wie reizvolle (literarische) Welt des steirischen Mittelalters für Lehrer/innen, Schüler/innen und Studierende als (außer-) schulischen und digitalen Lernort erschließen soll. Ausgehend von 12 Basistexten3 aus dem Umfeld der acht Steirischen Literaturpfade waren ← 9 | 10 → im Rahmen des Arbeitskoffer-Projekts zunächst die Voraussetzungen zu klären, die für eine auf die Bedürfnisse von Lehrenden und Lernenden ausgerichtete Erschließung dieser Textzeugnisse im und für den Unterricht nötig sind. Die anschließende bedarfsgerechte Aufbereitung der mittel- und frühneuhochdeutschen Literatur schloss auch die Entwicklung von qualitativ hochwertigen und niederschwellig zugänglichen Unterrichtsmaterialien mit ein, die den Anforderungen des gegenwärtigen Bildungssystems Rechnung tragen und den aktuellen fachdidaktischen Forschungsstand berücksichtigen. Als Sparkling Science Schulforschungsinitiative der Kategorie ‚Lehr- und Lernforschung‘ geschah dies stets in Rückkopplung an die schulische Praxis und in enger Zusammenarbeit mit Schüler/innen und Lehrer/innen der Partnerschulen, unter Einbindung von Lehramtsstudierenden der Karl-Franzens-Universität Graz sowie in Kooperation mit den beteiligten Projektpartnern, etwa der Grazer KinderUni4 und des Fachdidaktischen Zentrums der Geisteswissenschaftlichen Fakultät.5

Mehr und mehr wurde die mittelalterliche Literatur dabei für die beteiligten Kinder und Jugendlichen (aber auch für Lehrer/innen und Studierende) zum Erzählanlass und Ausgangspunkt für kreative Entdeckungsreisen an der Schnittstelle zwischen Mittelalter und Gegenwart – es entstanden vielschichtige Literatur-Erlebnisse, die wiederum auf die fachwissenschaftliche und fachdidaktische Auseinandersetzung rückwirkten und sie maßgeblich beeinflussten, zuletzt bei der Beantragung eines – mittlerweile bewilligten – Folgeprojektes, des Arbeitskoffers 2.0, der sich in den kommenden Jahren der Vermittlung mittelalterlicher Texte im medialen Spannungsfeld von Wort, Schrift und Gedächtnis widmen wird.6

Um die zahlreichen Facetten des Arbeitskoffers in ihrer Vielfalt darzustellen, wurde ein besonderes Format für diesen Artikel gewählt: In Form von Gastbeiträgen kommen neben Jürgen Ehrenmüller, wissenschaftlichem Mitarbeiter des Projektes, und Gerlinde Schneider, die für die technische Umsetzung des Textportals – gewissermaßen das ‚virtuelle Antlitz‘ der Initiative – verantwortlich zeichnet, auch sieben jener Stu ← 10 | 11 → dierenden zu Wort, die dieses Projekt durch ihre Mitwirkung in der Schulzusammenarbeit, im Rahmen der empirischen Erhebungen sowie in der didaktischen Konzeption von Unterrichtsmaterialien und Kreativ-Schwerpunkten in den letzten beiden Jahren maßgeblich mitgetragen haben.

Inhaltsübersicht

IDaten und Fakten zum Projekt Arbeitskoffer
IITextportal und Wiki
AAufbau und Funktionen des Portals
BEmpirische Grundlagen
CDas Wiki (Jürgen Ehrenmüller)
DTechnische Umsetzung (Gerlinde Schneider)
IIIUnterrichtsmaterialien
ADas Textportal als Ausgangspunkt für einen kompetenzorientierten Deutschunterricht (Jürgen Ehrenmüller)
BKomparative Literaturanalyse: Die Vorauer Novelle als steirische ‚Faust-Vorbotin‘ (Jutta Eisl)
CLesen als Inspiration: Kreatives Schreiben zu Paradieskonzeptionen (Matthias Schwendtner)
DWir sprechen ‚Mittelalterlich‘ – Sprachwandel und Sprachgeschichte im Unterricht anhand des Soliloquiums Marie cum Jhesu (Florian Zeilinger)
ERudolf von Stadeck zwischen Minnelust und Liebesfrust (Lisa Glänzer)
FAuf den Spuren der ‚Textsorte‘ Monatsregeln (Wolfgang Holanik)
IVKreative Literatur-Erlebnisse
A„Ghettogrethe – You Only Live Once. Frei nach der Seckauer Margarethenlegende“ (Jürgen Ehrenmüller)
B„Ist neu immer besser? Der Ärztekampf“ – Von der mittelalterlichen Heilkunde zur eigenen TV-Gameshow (Wolfgang Holanik)
C„Frouwen Fröide. DAS mittelalterliche Lifestylemagazin“ (Kathrin Liess)
VDie Steirischen Literaturpfade als außerschulischer Lernort
AVom Suchen und Finden Ulrichs von Liechtenstein: Geocaching in Unzmarkt (Lisa Glänzer, Anna Kollingbaum, Kathrin Liess)
VIAusblick ← 11 | 12 →

 

IDaten und Fakten zum Projekt Arbeitskoffer

Der Arbeitskoffer zu den Steirischen Literaturpfaden des Mittelalters. Neue Konzepte und Materialien zur Vermittlung älterer deutscher Texte wurde im Sommer 2012 vom Österreichischen Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung7 als Sparkling Science Forschungsprojekt der 4. Ausschreibung in der Kategorie ‚Lehr- und Lernforschung‘ bewilligt.8 Für die Projektdauer (01.10.2012 bis 28.02.2015) konnten am Institut für Germanistik sowie an der KinderUni Graz drei Teilzeitstellen, zwei wissenschaftliche und eine administrative, geschaffen werden. Als Kooperationspartner fungierten neben dem Bundesgymnasium Rein bei Graz und weiteren Partnerschulen aus der Steiermark das Fachdidaktikzentrum der Geisteswissenschaftlichen Fakultät Graz, der Universitätsverein Steirische Literaturpfade des Mittelalters, die Grazer KinderUni sowie das Zentrum für Informationsmodellierung in den Geisteswissenschaften der Universität Graz.9

Im Februar 2013 startete nach intensiver Vorbereitungsphase die Schulzusammenarbeit mit 3 Klassen des Bundesgymnasiums Rein. In insgesamt 5 über das Semester verteilten Workshops bzw. Workshopreihen (Kennenlernen und Grundlagen, Texterschließung, (vor-)wissenschaftliches Arbeiten, Unterrichtspraxis und Kreativ-Projekte) befassten sich 12 Kleingruppen intensiv mit je einem mittelalterlichen Text, Textausschnitt oder im Falle Rudolfs von Stadeck mit 3 Minneliedern.10 In dieser Phase konnte es 10 Lehramtsstudierenden der Universität Graz ermöglicht werden, an der Partnerschule eine Praxis zu absolvieren, die ihnen in Form von ECTS angerechnet wurde: Sie fungierten als sogenannte ‚Textcoaches‘ und begleiteten je eine Gruppe von Schüler/innen über die gesamte Projektdauer. Fast alle diese Studierenden blieben, sofern sie ihr Studium nicht mittlerweile abgeschlossen hatten, dem Projekt auch nach dem Sommersemester 2013 verbunden und wirken teilweise bis heute im Rahmen von Werkverträgen an einzelnen Schwerpunkten mit, verfassen ihre Diplomarbeit in einem projektnahen Bereich oder fungieren als (studentische) Projektmitarbeiter/innen der 2. Laufzeit.11 ← 12 | 13 →

Aufgrund des regen Interesses an einem didaktischen Angebot zu den jeweiligen Literaturpfaden vor Ort wurde im Sommer 2013 das PartnerschulenNETZWERK des Arbeitskoffers zu den Steirischen Literaturpfaden des Mittelalters ins Leben gerufen, an dem sich aktuell 8 Schulen unterschiedlicher Typen (Volksschule, Neue Mittelschule, Gymnasium, Berufsbildende höhere Schule) aktiv beteiligen.12 So gab es im Schuljahr 2013/14 neben Projekten und Unterrichtschwerpunkten direkt an den Partnerschulen zahlreiche Kinder- und Jugendführungen auf den Literaturpfaden und Beteiligungen an mehreren Veranstaltungen einzelner Gemeinden. Einen Überblick über die vielfältigen Kooperationen, die aus dieser Initiative bisher hervorgingen, liefert der Projekt-Blog auf der Website des Arbeitskoffers.13

Eine erweiterte Zielgruppe abseits der unmittelbaren Umgebung der einzelnen Partnerschulen und Literaturpfad-Standorte konnte über die Zusammenarbeit mit der Grazer KinderUni erreicht werden: So beteiligte sich der Arbeitskoffer 2013 und 2014 mit eigenen Programmschwerpunkten an den Sommer- und WinterSemesterWochen sowie an den Ferienprogrammen, veranstaltete gemeinsam mit der KinderUni Führungen auf den Literaturpfaden und besuchte einzelne Schulen im Großraum Graz. Auf diese Weise konnten mehrere hundert Kinder und Jugendliche im Alter von 7 bis 15 Jahren Ausflüge in die Welt der mittelalterlichen Literatur machen. An die ganze Familie richteten sich die Kooperationen im Zuge der Grazer Stadtfeste in den Jahren 2013 und 2014, bei denen an zentralen Punkten in der Innenstadt jeweils ein eigener Stand zu Themen rund um die steirische Literatur des Mittelalters betrieben wurde.

Im Wintersemester 2013/14 widmete sich eine gemeinsam mit dem Fachdidaktikzentrum der Geisteswissenschaftlichen Fakultät Graz organisierte Veranstaltungsreihe dem Erlebnis (mittelalterlicher) Literatur in der Schule.14 An den von insgesamt 19 Referent/innen abgehaltenen Workshops und Vorträgen nahmen rund 150 Studierende, Lehrer/innen und Wissenschaftler/innen teil, einige Beiträge aus dieser Reihe finden sich in diesem Sammelband abgedruckt. ← 13 | 14 →

Das Gesamtprojekt Arbeitskoffer sowie einzelne seiner Schwerpunkte konnten von Mitgliedern des Projektteams in Form von Vorträgen und Posterpräsentationen auf 10 Tagungen in Österreich, Deutschland und in der Schweiz vorgestellt werden. Im Mai 2014 fand schließlich die Abschlusstagung der ersten Laufzeit unter dem Titel Literatur-Erlebnisse. Perspektiven, Programme und Praxisberichte zur Vermittlung deutschsprachiger Texte zwischen Mittelalter und Gegenwart15 statt, deren Beiträge den Hauptteil dieses Sammelbandes bilden und ihm den Übertitel gegeben haben.

IITextportal und Wiki

AAufbau und Funktionen des Portals

Das ‚Herzstück‘ der Projektaktivitäten des Arbeitskoffers bildet das sogenannte Textportal,16 das nicht nur als Webportal gemäß der Definition aus dem Bereich der Informatik,17 sondern auch im ursprünglichen Wortsinn als ‚Eintrittspforte‘ in die Welt der mittelalterlichen Texte verstanden werden möchte. Auf Basis von fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Erkenntnissen aus der praktisch-empirischen Zusammenarbeit mit Lehrer/innen, Schüler/innen und Studierenden eröffnet es Lehrenden und Lernenden einen besonderen Zugang zu den mittelalterlichen Texten. Dies geschieht über eine spezielle ‚Textoberfläche‘, die u.a. Hilfestellungen zur sprachlichen Decodierung, literarisches Gattungswissen, Hinweise zur Kontextualisierung und kulturelles, realhistorisches Wissen miteinander verwebt.18

Jeder Basistext (siehe Anm. 2) verfügt über einen eigenen Bereich, in dem jeweils eine mittel- oder frühneuhochdeutsche Lesefassung im Zentrum steht; auf Wunsch können in zusätzlichen Teilfenstern die neu ← 14 | 15 → hochdeutsche Übersetzung, in einigen Fällen zusätzlich Faksimiles der handschriftlichen Überlieferung, Hörproben sowie ein Materialbereich mit Unterrichtseinheiten und weiteren Medienangeboten aktiviert werden. Eine ‚Timeline‘ im unteren Seitenbereich zeigt neben Daten zu Entstehung und Überlieferung der Texte wichtige (literar-)historische Ereignisse und ermöglicht so eine chronologische ‚Verortung‘ der Textzeugnisse.19

Der originalsprachliche Text ist mit Kommentierungen versehen, die zunächst an der Textoberfläche als farbig markierte Wörter und Phrasen erscheinen. Klickt man auf eine solcherart hervorgehobene Textstelle, öffnet sich ein Fenster: Auf lexikalischer Ebene werden dort unbekannte, unverständliche Wörter erklärt, zusätzliche Informationen zum Textgegenstand gegeben, aber auch solche Begriffe näher betrachtet, die nur vermeintlich vertraut erscheinen, weil sie einen Bedeutungswandel zum Neuhochdeutschen hin durchlaufen haben, wie etwa Ina Karg exemplarisch für die beiden Wörter êre und triuwe darlegt:

Die Vokabeln gehören zu einem mittelhochdeutschen Sprachinventar, das bei der Übertragung in das heutige Deutsch stets besondere Aufmerksamkeit erfordert und das sich einer präzise-knappen Verbaldefinition entzieht, obwohl oder gerade weil es für das jeweils in den Texten erzählte oder verhandelte Geschehen zentral ist. Zudem handelt es sich um ‚falsche Freunde‘, die zwar mit ein wenig Kenntnis lautlicher Veränderungen gegenüber der früheren Sprachstufe verständlich erscheinen, es aber nicht sind.20

Als Ersatz oder Ergänzung zu den bei Bedarf zuschaltbaren neuhochdeutschen Übersetzungen, bei denen auch der Wohlklang und Lesefluss eine Rolle spielen, versuchen die Kommentierungen möglichst nahe am Sprachinventar des Ausgangstextes zu bleiben, um Schüler/innen und Lehrer/innen auch für eine sprachhistorische Betrachtung nachvollziehbar zu sein und zum eigenständigen Erschließen und Übersetzen anzuregen. Wo eine kurze Erklärung nicht ausreicht oder sich interessante ← 15 | 16 → bzw. dem Textverständnis nützliche Zusatzinformationen anbieten, verweisen die Kommentarfenster die Nutzer/innen auf Artikel im Projekt-Wiki: Um etwa den in vielen mittelalterlichen Texten zentralen dienst-Gedanken nachvollziehen zu können, benötigt man einen Einblick in Ständeordnung und Lehenswesen, medizinische Texte verlangen Kenntnisse von Humoralpathologie und Diätetik, und die Lieder Rudolfs von Stadeck oder die Erzählungen Herrands von Wildon gewinnen erst im Kontext der politischen Situation ihrer Entstehungszeit wirklich Tiefe. Oft sind es aber auch einfach direkt oder indirekt erwähnte Eigennamen, Gegenstände, einzelne Begriffe oder Ereignisse, die Erläuterungen notwendig machen oder die Neugierde wecken, mehr über die Welt des Mittelalters zu erfahren.

Die Nutzer/innen können auf diese Weise in einen diskursiven Dialog mit dem Text treten, dessen Intensität sie selbst bestimmen. Die Ausverhandlung von Bedeutungen und Verständnisebenen wird dabei durch die digitale Textoberfläche unterstützt. In dieser Funktion kann das Portal auch für Germanistikstudierende besonders am Beginn ihres Studiums ein nützliches Werkzeug zum Einstieg in die mediävistische Textarbeit sein.

Auf Wunsch bietet das Portal die mittelalterlichen Texte auch als Kopiervorlagen an, um sie ergänzend oder alternativ im Unterricht auch ohne Computer einzusetzen. Die Kommentierungen erscheinen dann als Fußnoten, auf die Wiki-Artikel muss in dieser Form verzichtet werden. Die digitale Textoberfläche inklusive des Wikis kann allerdings in diesen Fällen von der Lehrperson zur Unterrichtsvorbereitung genutzt werden: Sie kann sich dort zunächst selbst einen Überblick verschaffen und erhält bei Bedarf jene zusätzlichen Informationen, die es ermöglichen, mit den Schüler/innen gattungsspezifische, realhistorische und sprachliche Wissensbereiche in Bezug auf den Text und die thematische Ausrichtung der Unterrichtseinheit zu erarbeiten.

Im jeweiligen dem Text angeschlossenen Materialbereich finden sich ausgewählte, praxiserprobte Unterrichtseinheiten, die 1:1 in der Schule einsetzbar sind, aber selbstverständlich auch als Inspiration für die Konzeption eigener Unterrichtssequenzen dienen können. Die Entscheidung, solche fertigen Stundenbausätze anzubieten sowie eine formale Dreiteilung der Unterrichtseinheiten in Beschreibung, Ablaufplan und Arbeitsmaterialien als Kopiervorlagen vorzunehmen, wurde aufgrund von Gesprächen und Evaluierungen mit Deutschlehrer/innen unterschiedlicher Schulen und Schultypen getroffen: Hier dominierte eindeutig der Wunsch nach ‚Einsatzpaketen‘, die möglichst ohne größere Vorberei ← 16 | 17 → tungsleistungen und zeitintensive Modifizierungen seitens der Lehrperson unmittelbar im Unterricht umgesetzt werden können. Das Bausteinsystem gewährt aber auch hier Flexibilität: Teile der Unterrichtskonzepte können entweder einzeln durchgeführt oder miteinander zu kleineren und größeren Schwerpunkten kombiniert werden, oft enthalten sie zusätzlich Anknüpfungspunkte für fächerverbindende Aktivitäten.

In der aktuellen Veröffentlichungsphase stehen für fünf Textbereiche 3 bis 5 solcher Unterrichtseinheiten mit unterschiedlicher Bausteinanzahl zur Verfügung. Sie richten sich an verschiedene Schulstufen, behandeln unterschiedliche Themen sowie Kompetenzbereiche und eröffnen so vielfältige Möglichkeiten, den jeweiligen mittelalterlichen Text im Unterricht zum Gegenstand zu machen.

Ergänzt werden diese Materialbereiche durch zusätzliche, textbezogen Medienangebote: von Schüler/innen und Studierenden gedrehte Videos über den projekteigenen YouTube-Kanal, im Rahmen von Schulschwerpunkten erstellte E-Books zum Download, Informationen zum jeweiligen Steirischen Literaturpfad des Mittelalters als Exkursionsziel und ausgewählte Schüler/innen-Arbeiten aus den handlungs- und produktionsorientierten Bausteinen der einzelnen Einheiten.

In den kommenden Jahren sollen diese textbezogenen Materialbereiche weiter ausgebaut und schließlich in eine Datenbank mit Unterrichtsmaterialien integriert werden, die es u.a. möglich macht, gezielt nach Unterrichtseinheiten zu einzelnen Schulstufen, Texten, Themen und Kompetenzbereichen zu suchen.

BEmpirische Grundlagen

Wenngleich erfahrene Lehrende im schulischen und universitären Bereich in der Regel über die Kompetenz verfügen, für ihre Lernenden kritische Stellen eines Textes zu identifizieren und bei Bedarf zu entschärfen, erschien es in Zusammenhang mit dem heterogenen Basiskorpus des Arbeitskoffers – bestehend aus mittel- und frühneuhochdeutschen Texten, die zuvor nicht oder nur schwer für den Schulgebrauch und den akademischen Unterricht zugänglich waren und demnach auch Lehrenden in der Regel nicht vertraut sind – sinnvoll, den Bedarf zur Entwicklung eines virtuellen Textzugangs, der das diskursive Ausverhandeln von Bedeutungsebenen ermöglicht, gemeinsam mit der Zielgruppe der Schüler/innen und (zukünftigen) Lehrer/innen zu klären. ← 17 | 18 →

In einer ersten Phase wurden die 12 ausgewählten Texte bzw. Textausschnitte von jeweils einer Schüler/innengruppe gemeinsam mit einem Betreuer/einer Betreuerin aus dem Projektteam übersetzt, um jene Wörter, Phrasen und Inhalte zu erkennen, die Verständnisbarrieren markieren (könnten). Diese problematischen Textstellen und ‚kontextuellen Lücken‘ im intra-, aber vor allem im extratextuellen Bereich‘21 wurden entweder direkt von den Schüler/innen selbst identifiziert und in eigens dafür vorgesehene Textblätter eingetragen oder über das Instrument der teilnehmenden Beobachtung sowie Befragungen durch die studentischen Textcoaches und wissenschaftlichen Mitarbeiter/innen erhoben, die jeweils eine Gruppe von 4–8 Schüler/innen in dieser Arbeitsphase begleiteten. Es wurde unter anderem protokolliert, wann das Wörterbuch (erfolgreich) eingesetzt wurde, in welchen Fällen das Nachschlagen und Klären des lexikalischen Bestandes an seine Grenzen stieß und zusätzliche Erläuterungen notwendig erschienen, wo Kohärenz erst durch weiterführende Informationen hergestellt werden konnte oder Sachverhalte schlicht das Interesse der Schüler/innen weckten und als Diskussionsanlass dienten.

Parallel dazu wurde an mehreren weiteren Schulen und im Umfeld von germanistischen Lehrveranstaltungen eine mehrphasige Textverstehenserhebung durchgeführt,22 die grundsätzliche Erkenntnisse zu einer schülergerechten bzw. lernenden-orientierten Textgestalt älterer deutscher Literatur liefern sollte und anhand von ausgewählten Texten bzw. Textausschnitten die Arbeitsergebnisse der Reiner Schüler/innen verifizieren konnte.

Anhand dieser Ergebnisse wurden die Kommentierungen für das Portal und eine Liste von obligatorischen und fakultativen Wiki-Beiträgen23 erstellt. Die einzelnen Wiki-Beiträge wurden in der Folge im ← 18 | 19 → Rahmen von Schwerpunkten zum vorwissenschaftlichen Arbeiten im Zuge der neuen Reifeprüfung von den Schüler/innen der Partnerschulen oder in thematisch passenden Lehrveranstaltungen der Universität Graz von Studierenden verfasst.

Basierend auf den Erfahrungen der Schulzusammenarbeit und den ersten Ergebnissen der Textverstehenserhebung24 wurden zu einigen Texten im Rahmen des Projektes eigene normalisierte Lesefassungen erstellt und als Grundstock für das Portal verwendet.25

Auch die Gestaltung des Materialangebotes erfolgte unter Einbeziehung der späteren Zielgruppe: Neben vielen persönlichen Gesprächen mit Lehrer/innen wurden der Aufbau der einzelnen Materialbereiche und Arbeitsvorlagen mittels Fragebögen im Rahmen von Lehrerfortbildungen erhoben und während der Umsetzung mehrfach evaluiert, um das Angebot möglichst nahe an den Bedürfnissen der Praxis zu orientieren.

CDas Wiki

Jürgen Ehrenmüller

Von den Textzeugnissen des Mittelalters trennen uns viele Jahrhunderte, eine Zeit, in der sich die Welt stark veränderte: Mag uns einiges zwar vertraut erscheinen, so ist uns doch auch manches fremd, und ab und an benötigen wir ganz einfach zusätzliche Informationen: Glaubte man im Mittelalter an ein Paradies auf Erden? Was versteht man unter dem Begriff ‚Minne‘? Wer oder was ist ein Karfunkel? Und wer war noch schnell einmal Papst Gregor der Große?

Das Wiki als Schlüssel zum Mittelalter

Für die Erläuterung von komplexen Themen, für die ein Kommentarfenster an einer speziellen Textstelle zu wenig Raum bieten würde, und für vertiefende Informationen ist dem Textportal des Arbeitskoffers zu den ← 19 | 20 → Steirischen Literaturpfaden ein Wiki angeschlossen. In diesem kann einerseits nach Belieben geschmökert werden, es dient andererseits aber auch als ‚Schlüssel‘ zur Welt des Mittelalters, die uns in den Texten entgegentritt. Bestimmte Begriffe, die sich auf Aspekte der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung, Politik oder Realienkunde etc. beziehen, sowie Personen- oder ‚exotische‘ Ortsnamen sind mit einem Wiki-Link unterlegt: Benutzer/innen können so – direkt ausgehend von der Arbeit mit dem Text – auf die entsprechenden Artikel zugreifen, Unklarheiten auflösen und weiterführende Informationen zu bestimmten Themen nachschlagen, ohne zusätzliche Quellen hinzuziehen zu müssen.

Auswahl der Inhalte

Eine große Herausforderung bei der Erstellung des Wikis, das mit Erläuterungen und zusätzlichen Informationen die Texterschließung unterstützen soll, war die Auswahl der Inhalte. Damit diese auch wirklich den Bedürfnissen der Zielgruppe entsprechen und nicht an diesen vorbeigehen, wurden sie gemeinsam mit den Schüler/innen festgelegt: Sie erstellten ausgehend von den mittelalterlichen Texten eine Liste mit jenen Themen, die für eine sinnvolle Texterschließung unbedingt erläutert werden müssen oder bei denen es ganz einfach interessant wäre, mehr über sie zu erfahren.

Erstellung der Wiki-Beiträge

Das Arbeitskoffer-Wiki liegt auf dem Server der Karl-Franzens-Universität Graz und ist über das Textportal oder unter dem Direktlink http://litera turpfade-arbeitskoffer.uni-graz.at/wiki/ erreichbar. Am Ende der ersten Laufzeit des Arbeitskoffers (Stand 30.09.2014) enthielt es 213 Artikel, die von Schüler/innen des BG Rein und der HAKIP Bruck an der Mur sowie von Studierenden aus Lehrveranstaltungen von Andrea Hofmeister-Winter und Ylva Schwinghammer erstellt wurden.

Mit der neuen Reifeprüfung26 sind Schüler/innen vor eine neue Herausforderung gestellt: Sie müssen nun eine vorwissenschaftliche Arbeit verfassen. Im Unterricht erlernen sie das entsprechende Handwerkszeug, das sie dafür benötigen. Der Arbeitskoffer kann mit seinem Wiki eine sinnvolle Ergänzung der Vorbereitung auf die vorwissenschaftliche Ar ← 20 | 21 → beit bieten. Das Verfassen von Artikeln bietet die Möglichkeit, das wissenschaftliche Schreiben zu üben, und zwar unter besonders motivierenden Bedingungen: Schüler/innen schreiben nicht bloß zur Übung und ‚für die Schreibtischlade‘, sondern schaffen bleibende Bausteine für das Wiki und Hilfsmittel für die Texterschließung.

Für die Recherche von nötigen Informationen wurde den Schüler/innen vom Arbeitskoffer-Team eine eigene Recherchedatenbank zur Verfügung gestellt. Sie enthält Fachartikel und Aufsätze zu jenen Themen, die im Zuge der Textarbeit von den Schüler/innen gesammelt worden waren. Die Schulen erhielten die Datenbank auf einer DVD bzw. einem externen Datenträger und kopierten sie anschließend in einen Ordner innerhalb des jeweiligen Schulnetzwerks. So hatten alle Schüler/innen jederzeit Zugriff auf die Informationen, die sie für das Verfassen ihrer Artikel benötigten.

Details

Seiten
374
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653049299
ISBN (ePUB)
9783653974027
ISBN (MOBI)
9783653974010
ISBN (Hardcover)
9783631656501
DOI
10.3726/978-3-653-04929-9
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (März)
Schlagworte
Deutsche Philologie Literaturrezeption Schulpädagogik Literaturdidaktik
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 374 S., 3 farb. Abb., 37 s/w Abb., 4 Tab., 9 Graf.

Biographische Angaben

Wernfried Hofmeister (Band-Herausgeber:in) Ylva Schwinghammer (Band-Herausgeber:in)

Wernfried Hofmeister ist im Bereich der Mediävistik am Institut für Germanistik der Karl-Franzens-Universität Graz als Professor tätig und leitet diverse Literatur- und Sprachprojekte. Ylva Schwinghammer gehört dem Lehrkörper des Grazer Germanistischen Instituts an und wirkt dort in mehreren Projekten tragend mit.

Zurück

Titel: Literatur-Erlebnisse zwischen Mittelalter und Gegenwart
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
377 Seiten