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Zur Struktur der Vorgesellschaften

Eine funktionsbezogene Untersuchung der Ersteintragung der Kapitalgesellschaft in das Handelsregister

von Martin Born (Autor:in)
©2016 Dissertation 245 Seiten

Zusammenfassung

Der Autor arbeitet die dogmatischen Grundlagen der Vorgesellschaft und der herrschenden Sonderrechtstheorie auf. Seit Jahrzehnten ist Konsens, dass auf die Vorgesellschaften das Recht der eingetragenen Kapitalgesellschaft anzuwenden ist – mit Ausnahme der Vorschriften, die die Eintragung im Handelsregister bedingen. Ob Letzteres der Fall ist, hängt von den Funktionen ab, die das Gesetz mit der Eintragung verbindet. Der Autor ermittelt zwölf Funktionen der Ersteintragung der Kapitalgesellschaft und untersucht, inwieweit sie die Nichtanwendung des Aktien- und GmbH-Rechts auf das Stadium der Vorgesellschaft zu rechtfertigen vermögen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • A. Einführung
  • I. Untersuchungsgegenstand
  • II. Gang der Darstellung
  • III. Terminologie
  • B. Die Existenz der Vorgesellschaft als Vorstufe zur eingetragenen Kapitalgesellschaft
  • I. Anfängliche Leugnung und frühe Anerkennung der Vorgesellschaft durch den Gesetzgeber
  • II. Die Zulassung insbesondere von Sacheinlagen als Indiz für eine Rechtssubjektivität des Gründerverbandes
  • III. Die Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft als Argument für die Rechtsfähigkeit der Vorgesellschaft
  • 1. Traditionelle Lehre
  • 2. Gruppentheorie
  • 3. Stellungnahme und Fazit
  • IV. Zusammenfassende Bewertung
  • C. Die Rechtsnatur der Vorgesellschaft
  • I. Rechtssubjektwechsel mit Eintragung oder Identität der Vorgesellschaft mit der eingetragenen Kapitalgesellschaft
  • II. Die Rechtsform der Vorgesellschaft
  • 1. Die Rechtsform der Vorgesellschaft teilt die Rechtsform der eingetragenen Kapitalgesellschaft
  • 2. Vorgesellschaft und eingetragene Kapitalgesellschaft sind rechtsformverschieden
  • a) Die Vorgesellschaft als BGB-Gesellschaft
  • b) Die Vorgesellschaft als oHG
  • c) Die Vorgesellschaft als nichtrechtsfähiger Verein
  • d) Die Vorgesellschaft als Rechtsform sui generis
  • 3. Stellungnahme
  • III. Die Vorgesellschaft als Durchgangsstadium auf dem Weg zur eingetragenen Kapitalgesellschaft
  • IV. Die Einheitlichkeit des Gründungsvorgangs
  • V. Zusammenfassendes Ergebnis
  • D. Funktionen der Eintragung
  • I. Konstitutivfunktion: Die Eintragung als schöpferischer Akt
  • II. Entstehung der Mitgliedschaft
  • III. Beschränkung der Mitgliederhaftung auf die Einlagen
  • 1. Handelndenhaftung als Ersatz für eine Mitgliederhaftung
  • 2. Die eingeschränkte Handlungsfähigkeit als Ersatz für eine unbeschränkte Mitgliederhaftung
  • 3. Unbeschränkte akzessorische Außenhaftung
  • 4. Unbeschränkte Innenhaftung
  • 5. Stellungnahme
  • IV. Änderung der Verbandsstruktur von der Gesamthand zur juristischen Person
  • 1. Gesellschaftsrechtliche Rechte und Pflichten der Gründer untereinander
  • 2. Zuordnung des Verbandsvermögens
  • 3. Das Vertragsprinzip der Gesamthand
  • a) Mehrzahl von Gründern
  • b) Ungeteilte Mitgliedschaft
  • 4. Die unbeschränkte Haftung der Mitglieder
  • 5. Das Prinzip der Selbstorganschaft
  • a) Gewähr einer guten Unternehmensführung durch die unbeschränkte Haftung der Mitglieder
  • b) Zusammenhang von Herrschaft und Haftung
  • c) Unmöglicher Verzicht auf die Privatautonomie und Ablehnung der freien Körperschaftsbildung
  • 6. Fazit
  • V. Die Fiktion der Handelsgesellschaft
  • VI. Publizitätsfunktion
  • 1. Formelle Publizität
  • a) Eintragungsgegenstände der Kapitalgesellschaft mit einem spiegelbildlichen Pendant bei den Personenhandelsgesellschaften
  • b) Eintragungsgegenstände ohne Pendant bei den Personenhandelsgesellschaften
  • c) Zwischenergebnis
  • 2. Materielle Publizität
  • a) § 15 Abs. 1 HGB
  • b) § 15 Abs. 2 und Abs. 3 HGB
  • c) Zwischenergebnis
  • 3. Ergebnis
  • VII. Änderung des Verbandszwecks und Erweiterung der Organvertretungsmacht
  • VIII. Bestandsschutzfunktion durch den Schutz des Verbandsvermögens
  • IX. Bestandsschutzfunktion durch die Einschränkung des mitgliedschaftlichen Individualrechts zur Kündigung
  • 1. Austritt aus der eingetragenen Kapitalgesellschaft
  • 2. Austritt aus der Vorgesellschaft
  • 3. Zusammenfassende Bewertung der Unterschiede
  • X. Bestandsschutzfunktion durch die eingeschränkte Möglichkeit der Geltendmachung von Gründungsmängeln
  • 1. Anwendbarkeit der §§ 275 ff. AktG, 75 ff. GmbHG auf die Vorgesellschaft
  • 2. Behandlung von Gründungsmängeln nach allgemeinen Grundsätzen
  • a) Vorgesellschaft auf nichtiger rechtsgeschäftlicher Grundlage
  • (1) Mindestanforderungen an das Entstehen einer Vorgesellschaft
  • (a) Notarielle Form des Errichtungsgeschäfts
  • (b) Zurechenbare Beteiligungserklärung
  • (c) Inhalt der Beteiligungserklärung
  • (d) Erfordernis der Übernahme sämtlicher Kapitalanteile
  • (e) Fazit
  • (2) Feststellung der Gesamtnichtigkeit der Satzung
  • (a) Maßstab für die Auslegung der Satzung
  • (b) Mehrpersonen-Vorgesellschaft
  • (i) Gesamtnichtigkeit der Satzung infolge fehlender Einigung über die essentialia negotii
  • (ii) Gesamtnichtigkeit der Satzung infolge fehlender Einigung über die accidentalia negotii
  • (α) Objektive Teilnichtigkeit
  • (β) Subjektive Teilnichtigkeit
  • (γ) Dissens i.S.d. §§ 154 f. BGB
  • (δ) Zwischenergebnis
  • (iii) Ergebnis
  • (c) Einmann-Vorgesellschaft
  • (d) Ergebnis
  • b) Auswirkungen der Gesamtnichtigkeit der Satzung auf den Bestand der Vorgesellschaft
  • c) Auswirkungen der nicht zur Gesamtnichtigkeit führenden Gründungsmängel auf den Bestand der Vorgesellschaft
  • (1) Mängel des Mindestsatzungsinhalts
  • (2) Nichtige fakultative Satzungsbestimmungen
  • (3) Fazit
  • d) Geltendmachung zivilrechtlicher Anfechtungstatbestände
  • (1) Eingetragene Kapitalgesellschaft
  • (2) Vorgesellschaft
  • (3) Fazit
  • 3. Zusammenfassung und Bewertung
  • XI. Heilungsfunktion
  • XII. Beglaubigungsfunktion
  • XIII. Kontrollfunktion
  • 1. Prüfung der Ordnungsgemäßheit der Anmeldung
  • 2. Prüfung der Ordnungsgemäßheit der Errichtung im weiteren Sinne
  • a) Prüfung der Satzung auf Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit
  • (1) Grammatikalische Auslegung
  • (2) Subjektiv-teleologische Auslegung
  • (3) Systematische Auslegung
  • (4) Objektiv-teleologische Auslegung
  • (5) Fazit
  • b) Prüfung der Bestellung des Geschäftsleitungsorgans und des Aufsichtsrats
  • c) Erfüllung der Einlageleistungen
  • d) Prüfung des Gründungsberichts und der Prüfungsberichte der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie der Gründerprüfer (§ 38 Abs. 2 S. 1 AktG)
  • 3. Zusammenfassendes Ergebnis
  • XIV. Ergebnisübersicht
  • E. Schlussbetrachtung
  • Abkürzungen
  • Literaturverzeichnis

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A. Einführung

Der Gesetzgeber hat für die Kapitalgesellschaften das Registrierungsverfahren vorgesehen1. Die Kapitalgesellschaft ist nicht bereits dann vollendet, wenn der als Kapitalgesellschaft gegründete Verband die an ihn gerichteten materiellen Normativbestimmungen erfüllt, sondern erst, wenn die Erfüllung der Normativbestimmungen in einem registergerichtlichen Verfahren durch die Eintragung im Handelsregister bestätigt wird2. Im Gesetz ist daher die sukzessive Entstehung der Kapitalgesellschaft angelegt3. Das mit dem Begriff der Vorgesellschaft gekennzeichnete Stadium beginnt mit der Errichtung der Kapitalgesellschaft. Bei der GmbH ist dies der formwirksame Abschluss des Gesellschaftsvertrages (§ 2 Abs. 1 GmbHG). Bei der Aktiengesellschaft fällt die Errichtung mit der Feststellung der Satzung (§§ 29, 23 Abs. 1 AktG) zusammen, da gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AktG die von den einzelnen Gesellschaftern übernommenen Aktien in der notariellen Urkunde über die Satzungsfeststellung anzugeben sind und damit eine Aktienübernahme nach der Beurkundung der Satzung (sog. Stufengründung) nicht mehr in Betracht kommt4.

Die Vorgesellschaft endet entweder mit ihrer Eintragung als Kapitalgesellschaft oder mit Eintritt eines Auflösungsgrundes5. Der für das Verständnis von der Struktur der Vorgesellschaft bedeutendste Auflösungsgrund ist der mit Vernachlässigung der Eintragung bzw. „Aufgabe der Eintragungsabsicht“ durch die Gründer umschriebene Tatbestand6. Tritt ein Auflösungsgrund ein, ← 15 | 16 → ist die Vorgesellschaft unverzüglich zu liquidieren. Wird die aufgelöste Vorgesellschaft werbend fortgeführt, gelten die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätze, wonach sich der Verband aufgrund des Rechtsformzwanges in den Verbandstyp umwandelt, dessen Normativbestimmungen der Verband vorrangig erfüllt. Dies sind i.d.R. die BGB-Gesellschaft oder die oHG7. Erfolgte die Gründung der Kapitalgesellschaft ausnahmsweise nicht zur Gewinnerzielung, sondern zur Verfolgung eines ideellen Zwecks, kommt auch die Umwandlung in einen nichtrechtsfähigen Idealverein in Frage8.

I. Untersuchungsgegenstand

„Nach der Rechtsprechung des Senats ist die - einer Kapitalgesellschaft vorgelagerte - Vor-Gesellschaft eine Organisationsform eigener Art, welche den im Gesetz oder im Gesellschaftsvertrag statuierten Gründungsvorschriften sowie dem Recht der angestrebten Gesellschaftsform unterliegt, soweit es mit ihrem besonderen Zweck vereinbar ist und nicht die Eintragung im Handelsregister voraussetzt“9

Seit weit mehr als einem halben Jahrhundert wird diese aus den Vorarbeiten von Otto Schreiber10 und Hans Erich Feine11 hervorgegangene sog. Sonderrechtsformel12 von Rechtsprechung und Lehre zur Ermittlung des auf die Gründerorganisationen der Kapitalgesellschaften (vorstehend am Beispiel der GmbH) und der eingetragenen Genossenschaft verwendet, obwohl in diesem Zeitraum einige bedeutsame Gesetzesänderungen und fundamentale höchstrichterliche Entscheidungen zum Verständnis der Vorgesellschaft ergangen sind. Exemplarisch für erstere seien genannt die Einführung der Differenzhaftung für überbewertete Sacheinlagen in § 9 GmbHG mit der GmbH-Novelle 1980 und der Regelung der verdeckten Sacheinlage in § 27 Abs. 3 AktG13, die ← 16 | 17 → Zulassung der Einmann-Gründung14 und die Einschränkung der Gründungsprüfung15. Beispielhaft für letztere sind die zunehmende Anerkennung der Rechtsfähigkeit, die Aufgabe des Vorbelastungsverbots, die Einführung der Unterbilanz- und später der Verlustdeckungshaftung sowie die der Verlustdeckungshaftung nachgebildete Haftung bei wirtschaftlicher Neugründung16. Die Entwicklung auf anderen Gebieten des Gesellschaftsrechts, wie z.B. im Recht der BGB-Gesellschaft, ist dabei ebenfalls nicht ohne Einfluss auf die Dogmatik der Gründerverbände geblieben.

Die vorliegende Arbeit will einen Beitrag dazu leisten, die eingangs zitierte Formel auf Basis der geschilderten Rechtsentwicklung zu konkretisieren und damit für die Rechtsanwendung handhabbarer zu machen.

Die Untersuchung beschränkt sich auf die Vorgesellschaften der Aktiengesellschaft und der GmbH. Auch wenn das „Phänomen“ der Vorgesellschaft bei allen juristischen Personen des Privatrechts mit Ausnahme der Stiftung17 vorkommt, ist damit nicht gesagt, dass es überall gleich ausgeprägt und damit auch gleich zu behandeln ist18. ← 17 | 18 →

Das zeigt einmal der Vergleich des eingetragenen Vereins mit dem nichtrechtsfähigen Idealverein. Der Unterschied zwischen eingetragenem Verein und nichtrechtsfähigem Idealverein beschränkt sich im Wesentlichen darauf, dass die Eintragung in das Vereinsregister die unwiderlegliche Vermutung für das Vorliegen eines Vereins begründet, während bei fehlender Eintragung mit Rücksicht auf die Unmöglichkeit einer trennscharfen Abgrenzung von Verein und Personengesellschaft die in den einzelnen vereinsrechtlichen Normen vorausgesetzten Merkmale konkret festgestellt werden müssen19. Die Mitglieder eines nichtrechtsfähigen (Ideal-)Vereins haften insbesondere nicht gemäß §§ 54 S. 2, 705 ff. BGB für dessen Schulden20. Die Rechtsfigur des Vor-Vereins, wie sie von der Rechtsprechung geprägt worden ist, entspricht aber der Struktur des nichtrechtsfähigen Idealvereins21. Die Haftung der Gründer ist – wie zu zeigen sein wird – ein wesentliches Merkmal der Aktiengesellschaft und GmbH im Gründungsstadium. Der Idealverein soll daher nicht im Vordergrund der Betrachtung stehen.

Die eingetragene Genossenschaft als ein vom Gesetz zugelassener wirtschaftlicher Verein22 hat zahlreiche Merkmale mit dem Idealverein gemeinsam. Sie hat etwa hinsichtlich der Zahl der Gründer und der schriftlichen Satzung ähnliche Gründungsvoraussetzungen, nimmt jedoch in einigen Beziehungen eine Sonderstellung ein. So ist die Mitgliedschaft zwar vererblich (§ 77 GenG), aber nicht übertragbar; lediglich das Geschäftsguthaben kann übertragen werden (§ 76 GenG). Anders als die Rechtsform der GmbH23 und der AG24 kann die Rechtsform der Genossenschaft nicht für jeden beliebigen Zweck gewählt werden25. ← 18 | 19 → Auch wenn die Vor-Genossenschaft von der nichtrechtsfähigen Dauergenossenschaft zu unterscheiden ist (anders also als Vor-Verein und nichtrechtsfähiger Verein) und auch für sie das Prinzip der unbeschränkten Innenhaftung gelten soll26, rückt sie so in die Nähe der Vor-Kapitalgesellschaften.

Verein und Genossenschaft unterscheiden sich auch in einem weiteren wesentlichen Punkt von den Kapitalgesellschaften. Die dauerhafte Existenz der Kapitalgesellschaften setzt die Registerpublizität voraus. Verein und Genossenschaft können dagegen auch auf Dauer als nichteingetragene Verbände existieren27.

Demgegenüber weisen Aktiengesellschaft und GmbH eine hohe Strukturähnlichkeit auf. Verbindendes Moment sind die Vorschriften zur Kapitalaufbringung und -erhaltung. Im Unterschied zur eingetragenen Genossenschaft und zum eingetragenen Verein sehen sowohl die Aktiengesellschaft als auch die GmbH die notarielle Form für den Gründungsakt vor. Nicht zuletzt beruhen diese Ähnlichkeiten auf dem Bestreben des GmbH-Gesetzgebers, mit der GmbH eine „kleine AG“ zu schaffen. Trotz der Unterschiede zwischen Aktiengesellschaft und GmbH im Detail ist es daher sinnvoll, die Gründungsverhältnisse von Aktiengesellschaft und GmbH gemeinsam zu untersuchen.

II. Gang der Darstellung

Den Ausgang nimmt die vorliegende Darstellung bei dem Nachweis der Rechtssubjektivität der Vorgesellschaft und deren Ursprüngen im ADHGB [B], an die sich die Klärung der Frage nach der Rechtsnatur der Vorgesellschaft anschließt [C]. Es wird hier u.a. zu zeigen sein, dass die der Sonderrechtsformel zugrunde liegende Formel von Schreiber und Feine – nachfolgend „Formel Schreiber/Feine← 19 | 20 → genannt nicht nur den Weg zur Ermittlung des auf die Vorgesellschaft anwendbaren Rechts weist, sondern darüber hinaus bestimmend für die Rechtsform der Vorgesellschaft ist. Neben der bereits nahezu einhellig anerkannten Rechtssubjektidentität wird es darum gehen, den Nachweis der Rechtsformidentität zu erbringen.

Der durch die Formel Schreiber/Feine aufgeworfenen Frage, welche Normen des Kapitalgesellschaftsrechts die Eintragung voraussetzen, wendet sich der dann nachfolgende Hauptabschnitt [D] der Arbeit zu. Es soll untersucht werden, welche Funktionen die Ersteintragung der Kapitalgesellschaft in das Handelsregister erfüllt und ob diese Funktionen eine unterschiedliche Behandlung von eingetragener Kapitalgesellschaft und Vorgesellschaft rechtfertigen. Die so ermittelten zulässigen Differenzierungskriterien werden dann in der wertenden Schlussbetrachtung [E] mit der Formel Schreiber/Feine zusammengeführt.

III. Terminologie

Aufgrund des eingeschränkten Untersuchungsgegenstandes soll der Begriff der „Kapitalgesellschaft“ im Folgenden nur für die Grundtypen derselben gebraucht werden, also für die GmbH und für die AG, ohne die KGaA und die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt). Ferner soll der Ausdruck „Vorgesellschaft“ nur die errichtete, aber noch nicht eingetragene Aktiengesellschaft und GmbH bezeichnen. Dabei ist der Begriff der Vorgesellschaft für die folgenden Ausführungen eigentlich nicht glücklich gewählt. In dem Begriffspaar Vorgesellschaft/fertige Gesellschaft schwingt ein Gegensatz mit, dass es sich bei der Vorgesellschaft um ein aliud handeln müsse28. Gleiches gilt, wenn auch nicht in dem Maße, für den synonym verwendeten Begriff der „werdenden juristischen Person“29. Statt des Ausdrucks „Vorgesellschaft“ sollte daher besser von der nichteingetragenen Aktiengesellschaft bzw. der nichteingetragenen GmbH oder, ebenfalls wenig lesefreundlich, von der sich im Werden befindlichen juristischen Person (des Handelsrechts) gesprochen werden. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird hier jedoch an dem überkommenen Begriff „Vorgesellschaft“ festgehalten.

Mit dem Begriff des Verbandes sind rechtsformübergreifend durch Mitgliedschaft geprägte Personenvereinigungen gemeint, die über eine gegenüber den ← 20 | 21 → Mitgliedern verselbständigte, einem Verbandszweck dienende Organisation verfügen30. Dementsprechend werden Aktionäre und GmbH-Gesellschafter auch als „Mitglieder“ bezeichnet. Nur wenn Aktiengesellschaft und GmbH als Rechtsform jeweils einzeln angesprochen sind, werden der gesetzlichen Terminologie folgend Aktiengesellschaft und GmbH als „Gesellschaft“ und Aktionäre und GmbH-Gesellschafter als solche bzw. als „Gesellschafter“ bezeichnet.

Das Statut der GmbH wird abweichend von der Terminologie des GmbH-Gesetzes ebenso wie das Statut der Aktiengesellschaft als „Satzung“ bezeichnet, ausgenommen der Fälle, in denen auf den Wortlaut des GmbH-Gesetzes Bezug genommen wird31.

Zum Zwecke der besseren Lesbarkeit werden einige rechtsformspezifische Begriffe des Aktien- und GmbH-Rechts in Fällen, in denen eine Differenzierung nicht geboten ist, zu Oberbegriffen zusammengefasst. Die durch Aktien bzw. Geschäftsanteile vermittelte kapitalmäßige Beteiligung wird rechtsformübergreifend als „Kapitalanteil“ bezeichnet; Vorstand und Geschäftsführer werden auch als „Leitungsorgan“ bezeichnet.


1 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 II 5 c aa, S. 194.

2 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 II 5 c aa, S. 194; Feine, GmbH, S. 155.

3 Rittner, Die werdende juristische Person, S. 52 ff.; Schreiber, KGaA, S. 40 ff.; Feine, GmbH, S. 157 ff.

4 Der dogmatische Unterschied rührt noch aus der Zeit vor dem AktG 1965 her, das seitdem die Einheitsgründung vorschreibt. Zu dem dogmatischen Unterschied zwischen Feststellung des Inhalts des Gesellschaftsvertrages und Errichtung der Satzung siehe Allgemeine Begründung zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die KG und die KGaA und die AG, Verhandlungen des Reichstages, V. Legislaturperiode, IV. Session 1890/92, Aktenstück Nr. 21 vom 7. März 1884, S. 262.

5 Heidinger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 11, Rdnr. 39 ff.; Ulmer/Ulmer/Habersack, GmbHG, § 11, Rdnr. 51 ff.

Details

Seiten
245
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653054019
ISBN (ePUB)
9783653971163
ISBN (MOBI)
9783653971156
ISBN (Paperback)
9783631660607
DOI
10.3726/978-3-653-05401-9
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Oktober)
Schlagworte
Vor-GmbH Vor-AG juristische Person Gesamthandsgesellschaft
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 245 S.

Biographische Angaben

Martin Born (Autor:in)

Martin Born studierte an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld und war Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität zu Göttingen. Er ist als Rechtsanwalt tätig.

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Titel: Zur Struktur der Vorgesellschaften
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