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Der Schutz von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern gegen Diskriminierungen

Ein Beitrag zur Rechtsstellung von Organmitgliedern nach der «Danosa»-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs

von Tobias Siefer (Autor:in)
©2016 Dissertation XIV, 348 Seiten

Zusammenfassung

Das Buch befasst sich mit dem Arbeitnehmerstatus und der Reichweite des Diskriminierungsschutzes der Leitungsorgane von Kapital- und Personenhandelsgesellschaften. Die deutsche Rechtsprechung sah den Geschäftsleiter bislang allenfalls in seltenen Fällen als Arbeitnehmer an. Diese Linie wird sich nach der EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Danosa in Fragen der Gleichbehandlung nicht mehr halten lassen. Der Autor analysiert die Danosa-Entscheidung eingehend und kritisch. Er überträgt die Entscheidung umfassend auf das deutsche Recht, indem er aufzeigt, wann Geschäftsleiter dem Arbeitnehmerbegriff des EuGH unterfallen. Einen weiteren Schwerpunkt bildet der Schutz, der – auch infolge eines Urteils des BGH aus dem Jahr 2012 – durch das MuSchG und das AGG zu gewähren ist.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung
  • A. Problemaufriss
  • B. Zielsetzung
  • C. Gang der Untersuchung
  • Kapitel 1. Der Arbeitnehmerstatus des Geschäftsleiters
  • A. Rechtsprechung vor der Danosa-Entscheidung
  • I. Deutsche Rechtsprechung bis 2010
  • 1. Rechtsprechung des BGH
  • 2. Rechtsprechung des BAG
  • a. Selbstanstellung
  • aa. GmbH
  • bb. AG
  • cc. Personenhandelsgesellschaft
  • b. Fremdanstellung
  • c. Insbesondere: „Beförderung“ zum Geschäftsleiter
  • II. Rechtsprechung des EuGH bis 2010
  • 1. Primärrechtlicher Arbeitnehmerbegriff
  • 2. Sekundärrechtlicher Arbeitnehmerbegriff
  • 3. Zusammenfassung
  • III. Schlussfolgerungen
  • B. Die Danosa-Entscheidung des EuGH
  • I. Sachverhalt und Hintergrund der Vorlage
  • II. Analyse der Entscheidung
  • 1. Grundsätze zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft
  • 2. Kriterien zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft
  • a. Vorbemerkung: Relevanz der Schlussanträge des Generalanwalts
  • b. Eingliederung in die Gesellschaft
  • c. Entgeltliche Leistungserbringung
  • d. Bestehen eines Unterordnungsverhältnisses
  • aa. Inhalt: Weisungsunterworfenheit und Aufsicht
  • bb. Bestand: Bestellung und Abberufung
  • e. Mindestbedingungen für die Arbeitnehmereigenschaft?
  • 3. Kritik an der Entscheidung
  • a. Meinungen in der Literatur
  • b. Eigene Kritik am Ansatz des EuGH
  • c. Notwendige Ergänzung des Kriterienkatalogs
  • d. Abschließ;ende Bewertung und Ausblick
  • C. Übertragung der Danosa-Entscheidung auf das deutsche Recht
  • I. Bedürfnis für eine Anpassung des deutschen Rechts
  • II. Anpassung des deutschen Arbeitnehmerbegriffs
  • 1. Erfordernis einer grundlegenden Revision
  • a. In der Literatur vertretene Auffassungen
  • b. Bisherige Rechtsprechung
  • c. Stellungnahme
  • 2. Partielle Neujustierung
  • a. Keine unmittelbare Richtlinienanwendung
  • b. Richtlinienkonforme Auslegung
  • aa. Europarechtliche Vorgaben
  • bb. Auslegungsoffenheit des Arbeitnehmerbegriffs
  • 3. Ergebnis
  • III. Arbeitnehmereigenschaft des deutschen Geschäftsleiters
  • 1. Rechtsformübergreifende Kriterien
  • a. Eingliederung in die Gesellschaft
  • b. Entgeltliche Leistungserbringung
  • c. Relevanz des Organinnenverhältnisses
  • 2. Gesellschaftsformspezifische Kriterien
  • a. GmbH
  • aa. Weisungen und Aufsicht
  • bb. Bestellung und Abberufung
  • cc. Zwischenbewertung
  • dd. Statutarische Gestaltungsmöglichkeiten
  • ee. Mitbestimmte GmbH
  • ff. Gesellschafterstellung als Negativkriterium?
  • gg. Zusammenfassung
  • b. AG
  • aa. Weisungen und Aufsicht
  • bb. Bestellung und Abberufung
  • cc. Aktionärsstellung als Negativkriterium?
  • dd. Schlussbewertung
  • c. Personenhandelsgesellschaften
  • aa. Strukturunterschiede als Negativmerkmale?
  • bb. Weisungen und Aufsicht
  • cc. Bestellung und Abberufung
  • dd. Bewertung
  • ee. Statutarische Gestaltungsmöglichkeiten
  • d. Deutsche SE
  • aa. Dualistische Organisationsverfassung
  • bb. Monistische Organisationsverfassung
  • 3. Zusammenfassung
  • Kapitel 2. Mutterschutz
  • A. Einführung
  • I. Mutterschutz als Diskriminierungsschutz
  • II. Relevanz der MuSchRL für den Mutterschutz
  • B. Persönlicher Anwendungsbereich des MuSchG
  • I. Europarechtlicher Hintergrund
  • II. Anwendbarkeit auf Geschäftsleiterinnen
  • 1. Früheres Meinungsbild
  • 2. Heutiges Meinungsbild
  • 3. Stellungnahme
  • a. Möglichkeit 1: Mutterschutz durch KSchG und AGG
  • b. Möglichkeit 2: Mutterschutz durch MuSchG
  • c. Ergebnis
  • C. Rechtsfolgen des Mutterschutzrechts
  • I. Kündigungsverbot
  • 1. Schutzforderung der MuSchRL
  • 2. Reduktion des MuSchG
  • 3. Ergebnis
  • II. Abberufungsverbot
  • 1. Literaturauffassungen
  • 2. Stellungnahme
  • a. Notwendigkeit einer Einschränkung der Abberufungsfreiheit
  • b. Kein uneingeschränktes Abberufungsverbot
  • c. Kein Abberufungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt
  • aa. Keine systematisch überzeugende Begründung
  • bb. Verlust effektiver Abberufungsmöglichkeit
  • cc. Ergebnis
  • d. Lösung: Relatives Abberufungsverbot
  • e. Insbesondere: Problem der Koppelungsklauseln
  • f. Ergebnis
  • III. Beschäftigungsverbote
  • 1. Schutzforderung der MuSchRL
  • 2. Reduktion des MuSchG
  • 3. Sachgerechter Mutterschutz neben MuSchG
  • 4. Ergebnis
  • IV. Entgeltschutz
  • V. Fragerecht im Bewerbungsverfahren
  • VI. Ergebnis
  • Kapitel 3. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
  • A. Einführung
  • I. Richtlinienvorgaben
  • II. BGH vom 23. April 2012
  • 1. Sachverhalt
  • 2. Verfahrensgang
  • B. Anwendungsbereich
  • I. Persönlicher Anwendungsbereich
  • 1. Abhängiger Geschäftsleiter
  • a. Meinungsbild
  • b. Stellungnahme
  • c. Ergebnis
  • 2. Selbständiger Geschäftsleiter
  • a. Meinungsbild
  • b. Stellungnahme
  • c. Ergebnis
  • 3. Gesellschafter-Geschäftsführer
  • 4. Einschränkung wegen Vertrauensstellung
  • 5. Ergebnis
  • II. Sachlicher Anwendungsbereich
  • 1. Anstellungs- und Bestellungsverhältnis
  • 2. Erst- und Wiederbesetzung des Geschäftsleiteramtes
  • 3. Kündigung und Abberufung
  • a. Kündigung und Abberufung von § 6 Abs. 3 AGG erfasst
  • b. Beschränkter Anwendungsbereich nach § 2 Abs. 4 AGG
  • aa. Meinungsbild
  • bb. Stellungnahme
  • c. Ergebnis
  • 4. Automatische Beendigung
  • 5. Andere Vereinbarungen
  • C. Benachteiligungen und deren Rechtfertigung
  • I. Allgemeines
  • 1. Benachteiligungsverbot
  • a. Adressaten
  • b. Benachteiligung und Begünstigung
  • 2. Kausalität
  • a. Motivbündel
  • b. Gremienentscheidung
  • aa. Meinungsbild
  • bb. Stellungnahme
  • c. Ergebnis
  • 3. Vermutung aus § 22 AGG
  • a. Anwendbarkeit
  • b. Problemfälle
  • aa. Öffentliche Äuß;erungen
  • bb. Äuß;erungen in der Gremiensitzung
  • cc. Nichtgewährung von Informationen
  • 4. Maß;stab der Rechtfertigung
  • a. Meinungsbild
  • b. Stellungnahme
  • c. Ergebnis
  • II. Behindertendiskriminierung
  • 1. Krankheit als Behinderung
  • 2. Rechtfertigung
  • III. Altersdiskriminierung
  • 1. Benachteiligung
  • 2. Allgemeines zur Rechtfertigung nach § 10 AGG
  • a. Regelungstechnik
  • b. Rechtmäß;ige Ziele von Ungleichbehandlungen
  • aa. Rechtsprechung des EuGH
  • bb. Rezeption der EuGH-Rechtsprechung in Deutschland
  • cc. Stellungnahme
  • 3. Mindestalter
  • a. Altersgrenzen
  • b. Berufserfahrung
  • 4. Höchstaltersgrenzen
  • a. Benachteiligung
  • b. Exkurs: Anwendbarkeit des TzBfG
  • c. Rechtfertigung
  • aa. Höchstaltersgrenzen beim Eintritt
  • bb. Höchstaltersgrenzen bei der Wiederbestellung
  • cc. Höchstaltersgrenzen hinsichtlich Beendigung
  • dd. Ergebnis
  • IV. Geschlechterdiskriminierung
  • D. Rechtsfolgen eines Verstoß;es
  • I. Anspruch auf erstmalige Begründung
  • II. Befristung
  • 1. Anstellungsvertrag
  • 2. Organverhältnis
  • III. Anspruch auf Verlängerung
  • 1. Anstellungsvertrag
  • 2. Organverhältnis
  • IV. Beendigung
  • 1. Anstellungsvertrag
  • 2. Organverhältnis
  • a. Meinungsbild
  • b. Stellungnahme
  • 3. § 15 Abs. 6 AGG
  • V. Berufung eines anderen Bewerbers
  • VI. Ergebnis
  • Kapitel 4. Schlussbetrachtung
  • A. Die Rechtstellung des Geschäftsleiters
  • B. Ausblick: Die Notwendigkeit gesetzgeberischen Handelns
  • Ergebnisse
  • A. Zum Arbeitnehmerstatus des Geschäftsleiters
  • B. Zum Mutterschutz der Geschäftsleiterin
  • C. Zur Anwendung des AGG auf den Geschäftsleiter
  • D. Zusammenfassend zur Rechtsstellung des Geschäftsleiters und Ausblick
  • Literaturverzeichnis

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Einleitung

A.  Problemaufriss

§ 14 Abs. 1 KSchG nimmt den Geschäftsleiter einer Gesellschaft als Organmitglied vom allgemeinen Kündigungsschutz aus. Dies hat für ihn eine kündigungsrechtlich schwache Position zur Folge, unabhängig davon, ob er im Einzelfall als Arbeitnehmer anzusehen ist oder nicht. Einer Abberufung und Kündigung seines Anstellungsvertrages ist er, wurde vertraglich keine Vorsorge getroffen, weitgehend schutzlos ausgeliefert. Dies brachte dem GmbH-Geschäftsführer schon die Bezeichnung „kündigungsrechtliches Freiwild“1 ein.

Rechtssetzungsakte auf europäischer und deutscher Ebene und damit korrespondierende Entscheidungen des EuGH auf der einen, die Rechtsprechung des BGH auf der anderen Seite lassen jedoch den Schluss zu, dass sich das Schutzniveau zugunsten des Geschäftsleiters unabhängig von der fehlenden Anwendbarkeit des KSchG geändert hat. Von besonderer Bedeutung ist dabei der Diskriminierungsschutz. Noch lange nach Einführung des AGG im Jahre 2006 wurde dem Diskriminierungsschutz im Hinblick auf Gesellschaftsorgane wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Spätestens durch zwei Gerichtsentscheidungen jüngeren Datums hat sich dies geändert.

Dies ist zum einen die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Danosa auf dem Gebiet des Mutterschutzrechts.2 Einer schwangeren Geschäftsführerin sprach der EuGH den Schutz durch die MuSchRL zu. Dies dürfte nicht nur das lettische Instanz- und Berufungsgericht überrascht haben, die Frau Danosa noch den Mutterschutz versagten. Vielmehr wird auch in Deutschland Mutterschutz nur Arbeitnehmerinnen gewährt, worunter Leitungsorganwalter grundsätzlich nicht gezählt werden. Die Entscheidung des EuGH hat vor dem Hintergrund des Befundes, dass der Anteil von Frauen in den Leitungsorganen wächst,3 ← 1 | 2 → schon allein im Hinblick auf das Mutterschutzrecht große Bedeutung. Aber viel weitergehend wurde die Danosa-Entscheidung in Deutschland bereits als ein möglicher „Paradigmenwechsel hinsichtlich der Arbeitnehmereigenschaft von GmbH-Geschäftsführern“ bezeichnet,4 ein „Abschied von der arbeitsrechtlichen Sonderstellung“ des GmbH-Geschäftsführers sei eingeläutet.5 Die Danosa-Entscheidung könnte der Anlass sein, den Arbeitnehmerbegriff neu zu bestimmen und auch Leitungsorganwalter unter gewissen Umständen einzubeziehen. Eine Entscheidung des EuGH könnte sich einmal mehr als Initialzünder erweisen, hergebrachte nationalrechtliche Grundsätze zu überdenken.

Die andere diskriminierungsrechtliche Entscheidung von Tragweite stellt das Urteil des BGH vom 23. April 20126 dar, das einen GmbH-Geschäftsführer erstmals umfassend dem Schutz des AGG unterstellte. Konkret wurde dessen altersbedingte Abberufung für unwirksam gehalten, was mit Blick auf die in § 6 Abs. 3 AGG enthaltene Beschränkung für Überraschung sorgte. Hält man mit dem BGH auch die Abberufung von Geschäftsführern vom AGG umfasst, stellt sich die Frage, wann Höchstaltersgrenzen diskriminierungsrechtlich noch zulässig sein können. Solche Altersgrenzen hat die weit überwiegende Zahl börsennotierter Gesellschaften kodexkonform in ihren Satzungen vorgesehen,7 was den Befund bestätigt, dass der BGH eine Entscheidung getroffen hat, deren „praktisch[e] Folgen … kaum überschätzt werden“8 können. Aber auch unabhängig von Altersgrenzen wirft die Entscheidung eine Reihe von Problemen auf, etwa welche Bedeutung einer verbotenen Benachteiligung für die Wirksamkeit des gesellschaftsrechtlichen Abberufungsakts zukommt.

B.  Zielsetzung

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob dem Geschäftsleiter zukünftig ein umfassender diskriminierungsrechtlicher Schutz zukommt und seine Position damit stärker geworden ist. Gegenstand der Untersuchung sind der ← 2 | 3 → GmbH-Geschäftsführer, die geschäftsführenden Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften, Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften sowie Direktoren Europäischer Aktiengesellschaften. Sie alle werden in der vorliegenden Untersuchung unter dem Begriff des Geschäftsleiters zusammengefasst.

Mit dieser Arbeit soll die Rechtsstellung der Mitglieder eines gesellschaftlichen Leitungsorgans hinsichtlich der Reichweite des ihnen zukommenden Diskriminierungsschutzes analysiert werden, wobei der Schwerpunkt auf der Begründung und Beendigung ihrer Stellung liegen soll. Die Arbeit soll damit einen Beitrag zu der Frage leisten, welche Stellung der Geschäftsleiter im Spannungsverhältnis zwischen Arbeits- und Gesellschaftsrecht hat. Dabei werden vor allem auch all jene Fragen eine Rolle spielen, die EuGH und BGH bislang nicht beantwortet haben oder die ihre Entscheidungen neu aufgeworfen haben. Namentlich wird es etwa darum gehen, ob der Arbeitnehmerbegriff neu zu fassen ist, unter welchen Umständen ein Geschäftsleiter in den Genuss des Arbeitnehmerschutzrechts kommen kann, welche Bedeutung verbotene Benachteiligungen für den Bestand des Organverhältnisses haben und welche Höchstaltersgrenzen noch diskriminierungsrechtlich zulässig sein können.

C.  Gang der Untersuchung

Zunächst wird nach Art eines allgemeinen Teils die Rechtsstellung des Geschäftsleiters untersucht. Dafür wird in der gebotenen Kürze die frühere deutsche Rechtsprechung dargestellt, ehe ausführlich die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Danosa analysiert wird. Zentral wird die Frage sein, wie diese Entscheidung in das deutsche Recht einzufügen ist. Dazu wird untersucht, ob und inwieweit sie eine Neubestimmung des deutschen Arbeitnehmerbegriffs erforderlich macht und wann deutsche Geschäftsleiter den Kriterien entsprechen, die der EuGH in der Danosa-Entscheidung herangezogen hat. Auf diese Weise soll die Frage beantwortet werden, wie sich die Rechtsstellung des Geschäftsleiters durch die Danosa-Entscheidung verändert hat.

Sonach werden die spezifisch diskriminierungsrechtlichen Folgen der Danosa-Entscheidung und weiterer Entscheidungen dargestellt. Da Gegenstand der Danosa-Entscheidung die Kündigung einer Schwangeren war und der EuGH in weiten Teilen auf die Mutterschutz-Richtlinie abstellt, wird mit dem Mutterschutzrecht begonnen. Nachdem der persönliche Anwendungsbereich des MuSchG bestimmt ist, wird der Frage nachgegangen, ob als Folge der Danosa-Entscheidung insbesondere auch ein Verbot von diskriminierenden Abberufungen anzunehmen ist. Damit wird beantwortet, ob der Schutz des Geschäftsleiters sich sowohl auf das vertragliche Anstellungsverhältnis als auch auf ← 3 | 4 → das korporationsrechtliche Bestellungsverhältnis erstreckt. Im Anschluss wird im Zusammenhang mit den mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverboten untersucht, wie weit der Schutz des Geschäftsleiters angesichts seiner korporationsrechtlichen Stellung gehen kann. Im sich daran anschließenden Kapitel wird geprüft, wie das AGG im Lichte der Danosa-Entscheidung und einer Entscheidung des BGH anzuwenden ist. Nachdem der persönliche und sachliche Anwendungsbereich mit Blick auf den Geschäftsleiter untersucht wurde, werden die besonderen Fragen beantwortet, die sich im Zusammenhang mit der Benachteiligung und deren Rechtfertigung stellen. Anschließend widmet sich die Arbeit der Frage, welche Rechtsfolgen aus einer Diskriminierung folgen, sowohl für das Anstellungs- als auch das Bestellungsverhältnis.

In einer Schlussbetrachtung wird die Frage zusammenfassend beantwortet, welche Rechtsstellung der Geschäftsleiter im Lichte der Rechtsprechungsentwicklung innehat und welche Schlussfolgerungen aus der vorliegenden Untersuchung für die Europarechtskonformität des deutschen Rechts zu ziehen sind.


1 Bauer/Diller GmbHR 1998, 609.

2 EuGH 11.11.2010 – Rs. C-232/09 (Danosa), NJW 2011, 2343.

3 So die Ergebnisse einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), s. Holst/Schimeta DIW Wochenbericht 3/2013, S. 3 ff. Es wurden u.a. Angaben über die Zusammensetzung der Geschäftsleitungsorgane der, nach Umsatz, 200 größten Unternehmen (ohne Finanzsektor) ausgewertet. Demnach ist seit 2006 die Zahl der Gesellschaften mit Frauen im Geschäftsleitungsorgan von 4,6% auf 16,5% angestiegen, auch wenn die Gesamtzahl der weiblichen Mitglieder im selben Zeitraum nur geringfügig von 1,2% auf 4% anstieg. Besonders auffällig ist die Entwicklung in den – besonders im Licht der Öffentlichkeit stehenden – Unternehmen des DAX 30: Von Ende 2011 bis Ende 2012 ist die Zahl der weiblichen Vorstandsmitglieder von 7 auf 15 gestiegen.

4 Junker NZA 2011, 950 (958).

5 Lunk/Rodenbusch GmbHR 2012, 188 (188, 195).

6 BGH 23.4.2012 – II ZR 163/10, NJW 2012, 2346.

7 Von Werder/Bartz DB 2013, 885 (889): Umsetzung der entsprechenden Kodexempfehlung erfolgte 2013 von 88,9% der im DAX notierten Gesellschaften und insgesamt von 73,9% der an der Frankfurter Wertpapierbörse notierten Gesellschaften.

8 Maschmann LMK 2012, 337958.

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Kapitel 1.  Der Arbeitnehmerstatus des Geschäftsleiters

Der Anwendungsbereich zahlreicher Gesetze knüpft an die Arbeitnehmereigenschaft an. Für Gesetze mit diskriminierungsrechtlicher Schutzrichtung seien hier vor allem § 1 Nr. 1 MuSchG, § 6 Abs. 1 Nr. 1 AGG und § 85 SGB IX genannt. Die Frage, ob und inwieweit der Geschäftsleiter gegen Diskriminierungen geschützt ist, hängt somit zunächst davon ab, wie sein Anstellungsverhältnis im Einzelfall rechtlich zu qualifizieren ist.

Das Arbeitsverhältnis wird von der ständigen Rechtsprechung des BAG – im Anschluss an die Begriffsbildung von Alfred Hueck9 – als privatrechtlicher Vertrag verstanden, durch den sich jemand „im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet“.10 Diese Definition wird im Ausgangspunkt auch von der herrschenden Meinung in der Literatur geteilt,11 ist in seinen Einzelheiten aber umstritten12. Ausgehend von dieser Definition und anhand einer Vielzahl von Kriterien13 beantwortet die herrschende Meinung die Frage nach der Arbeitnehmereigenschaft.

Für die Zwecke dieser Untersuchung ist es ausreichend, die Einordnung der Geschäftsleiter als freie Dienstnehmer oder Arbeitnehmer in der gebotenen Kürze anhand der Rechtsprechung darzustellen. Denn die Fragen zum Diskriminierungsschutz des Geschäftsleiters sind gerade Konsequenz aus der Einordnung, so wie sie die Praxis vornimmt. An Stellen, an denen die neuere Rechtsprechung bislang keine Einordnung getroffen hat oder sich über die Rechtsprechung hinausgehende Begründungsansätze für die eine oder andere Einordnung finden, werden auch Literaturstimmen angeführt. ← 5 | 6 →

A.  Rechtsprechung vor der Danosa-Entscheidung

I.  Deutsche Rechtsprechung bis 2010

Wendet man sich der Arbeitnehmereigenschaft von Geschäftsleitern in einem diskriminierungsrechtlichen Kontext zu, kommt zunächst in Betracht, nur die Rechtsprechung des BGH in den Blick zu nehmen. Denn § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG bestimmt, dass Organmitglieder für die Frage der Rechtswegzuständigkeit nicht als Arbeitnehmer anzusehen ist. Organmitglieder unterfallen damit nicht der Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen, selbst wenn sie im Einzelfall materiell-rechtlich als Arbeitnehmer anzusehen sein sollten.14 Geht man danach, erscheint für die vorliegende Untersuchung allein die Rechtsprechung des BGH relevant. Jedoch können im Einzelfall auch die Arbeitsgerichte zuständig sein.15 Das gilt nach § 2 Abs. 4 ArbGG etwa dann, wenn die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen im Anstellungs-, Gesellschaftsvertrag oder der Satzung bestimmt wurde.16 Ferner ist entscheidend, dass § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG nur so lange gilt, wie der Geschäftsleiter seine organschaftliche Stellung inne hat. Sobald er abberufen und von seinen organschaftlichen Aufgaben entbunden wurde,17 können demnach die Gerichte für Arbeitssachen zuständig sein. Aus diesem Grund ist es angezeigt, die Rechtsprechung beider Gerichtszweige für die Bestimmung des nationalen Arbeitnehmerbegriffes heranzuziehen.

1.  Rechtsprechung des BGH

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind weder der GmbH-Geschäftsführer18 noch das Vorstandsmitglied einer AG19 Arbeitnehmer. Auch in der ← 6 | 7 → Literatur wird diese Auffassung überwiegend vertreten.20 Der Geschäftsleiter selbst sei es, der in der Gesellschaft als Prinzipal die Arbeitgeberfunktion erfülle.21 Der BGH hält es mit dieser – aus der Organschaft des Geschäftsleiters folgenden – Rolle für unverträglich, den Geschäftsleiter selbst im Verhältnis zur Gesellschaft als Arbeitnehmer anzusehen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des BGH auch für Fälle, in denen der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH von der GmbH & Co. KG angestellt ist.22 In diesem Falle überlagere die Eigenschaft der GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin die Rechtsbeziehung des Geschäftsführers zur KG, da die GmbH im Wesentlichen die Geschäfte der Kommanditgesellschaft zu führen habe. Seine Rechtsprechung zur Einordnung des Geschäftsleiters als freien Dienstnehmer hat der BGH zuletzt in einer Entscheidung vom 10. Mai 201023 bestätigt. Für eine mögliche Arbeitnehmerstellung des Geschäftsleiters spreche auch nicht dessen im Einzelfall gegebene soziale Schutzbedürftigkeit. Diese rechtfertige es methodisch nicht, ihm die Arbeitnehmereigenschaft zuzubilligen, sondern allenfalls, Arbeitnehmerschutzvorschriften analog anzuwenden.24

2.  Rechtsprechung des BAG

Während nach der Rechtsprechung des BGH die Einordnung des Geschäftsleiters als Arbeitnehmer ausnahmslos nicht möglich ist, differenziert das BAG. Für die Abgrenzung zwischen einem selbständigen Dienstnehmer und einem unselbständigen Arbeitnehmer sei der Grad an Weisungsabhängigkeit entscheidend. Auch ein Organmitglied könne einer Abhängigkeit unterliegen, die ihn als Arbeitnehmer erscheinen lasse.25 Das BAG legt keine eigenständigen Abgrenzungskriterien an, sondern wendet die von ihm gebildeten ← 7 | 8 → allgemeinen Kriterien zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft auf den Geschäftsleiter an.26

a.  Selbstanstellung

Zunächst kommt eine persönliche Abhängigkeit nach der Rechtsprechung des BAG dann in Betracht, wenn das Anstellungsverhältnis des Geschäftsleiters unmittelbar zwischen ihm und der geleiteten Gesellschaft besteht (sog. Selbstanstellung).

aa.  GmbH

Für die Einordnung des GmbH-Geschäftsführers ist nach dem BAG zunächst entscheidend, ob er als Gesellschafter an der geleiteten Gesellschaft beteiligt ist. Habe er durch seine Kapitalbeteiligung einen bestimmenden Einfluss, der es ihm erlaube, jede missliebige Entscheidung zu verhindern, könne eine persönliche Abhängigkeit bereits deshalb nicht vorliegen.27 Hintergrund ist, dass die Gesellschafter aufgrund ihres Weisungsrechts (§ 37 Abs. 1 GmbHG) in die Leitung der Gesellschaft eingreifen können. In den meisten Fällen wird wegen der Erfordernisse aus § 47 Abs. 1 GmbHG ein Geschäftsführer mit einer Mehrheitsbeteiligung Weisungen an ihn verhindern können. Die Satzung kann jedoch auch so gestaltet werden, dass hierfür bereits eine Minderheitsbeteiligung ausreicht.28 Das Mehrheitserfordernis aus § 47 Abs. 1 GmbHG ist nämlich abdingbar und kann nach einhelliger Auffassung auch bis zu dem Erfordernis einer Einstimmigkeit verschärft werden.29 Auf diese Weise kann die Möglichkeit der Weisungserteilung faktisch ausgeschlossen werden. Dies macht den Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Leitung der Gesellschaft unabhängig und schließt damit die Arbeitnehmereigenschaft bereits im Ansatz aus.

Verfügt der GmbH-Geschäftsführer nicht über eine derartige gesellschaftsrechtlich vermittelte Unabhängigkeit, etwa weil er Fremd-Geschäftsführer ist, kommt eine persönliche Abhängigkeit nach der Rechtsprechung des BAG ← 8 | 9 → grundsätzlich in Betracht. Teile der Literatur stimmen diesem Ansatz zu.30 Die Position des Geschäftsführers unterscheide sich inhaltlich nicht so stark von der eines leitenden Angestellten oder Prokuristen, dass es gerechtfertigt wäre, ihm die Vorteile der Arbeitnehmereigenschaft zu verwehren.31 Läge die Entscheidungskompetenz gesellschaftsintern oder konzernrechtlich nicht beim Geschäftsleiter, bestehe seine Leistung „allenfalls in dem sorgfältigen Gehorsam“.32

Allerdings legt das BAG strenge Maßstäbe an, wenn es die für die Annahme der Arbeitnehmereigenschaft entscheidende Weisungsgebundenheit bestimmt. Es lässt insbesondere das gesellschaftsrechtliche Weisungsrecht nach § 37 Abs. 1 GmbHG allein nicht genügen. Nach einer Entscheidung vom 26. Mai 199933 reicht eine Berichtspflicht einer stellvertretenden GmbH-Geschäftsführerin an den Geschäftsführer nicht aus, wenn sie hinsichtlich des von ihr geleiteten Bereichs selbständig und eigenverantwortlich handelt. Eine Arbeitnehmereigenschaft sei nur dann anzunehmen, wenn dem Geschäftsleiter auch Weisungen dahingehend erteilt werden können, wie er die Leistung zu erbringen hat. Nur wenn er bei der Leistungserbringung arbeitsbegleitenden und verfahrensorientierten Weisungen unterworfen sei, könne dies eine Abhängigkeit begründen. Damit bedarf es über ein etwaiges gesellschaftsrechtliches Weisungsrecht hinaus eines umfassenden und die persönliche Abhängigkeit kennzeichnenden Weisungsrechts.34 Solche arbeitsbegleitenden und verfahrensorientierten, eben für ein Arbeitsverhältnis typischen, Weisungen könnten zum Beispiel Vorschriften hinsichtlich Ort und Zeit der Leistungserbringung sein, die Lage des Erholungsurlaubs betreffen oder Zustimmungsvorbehalte Vorgesetzter statuieren.35

Das BAG geht damit davon aus, dass materiell-rechtlich in der Regel ein freies Dienstverhältnis vorliegt und es sich lediglich aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls um ein Arbeitsverhältnis handeln kann. Im Falle der GmbH könne aufgrund des ohnehin bestehenden Weisungsrechts nach § 37 Abs. 1 GmbHG ← 9 | 10 → eine Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers, die diesen zum abhängig beschäftigten Arbeitnehmer mache, „allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht kommen“.36 Dass dies praktisch selten ist, folgt auch daraus, dass in den meisten Fällen gar kein Bedürfnis besteht, den Geschäftsführer derart engmaschigen Weisungen zu unterwerfen. So wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass der Geschäftsführer im Normalfall eingestellt werde, „um weitestgehend selbstständig die Geschäfte zu führen, wozu eine gewisse Unabhängigkeit gehört, die sich mit einer arbeitnehmerähnlichen ‚Beschneidung‘ nicht verträgt“.37 Praktisch kommt eine persönliche Abhängigkeit am ehesten in einer Gesellschaft in Betracht, in der die Geschäftsführung aus mehreren Personen besteht.38 Dann bleibt, auch wenn man einzelne Geschäftsführer als Arbeitnehmer ansieht, die Ausübung der Arbeitgeberfunktion bei den übrigen Geschäftsführern.

Zum Teil bezieht die obergerichtliche Rechtsprechung bei der Anwendung der eben skizzierten höchstrichterlichen Grundsätze neben arbeitsvertraglichen Weisungen auch Sachzwänge ein, aufgrund derer der Geschäftsführer wie ein Arbeitnehmer in der „freien Gestaltung von Zeit, Dauer, Ort, Art und Inhalt der Tätigkeit erheblich eingeschränkt“ ist.39 Diese Auffassung fügt sich bei Lichte betrachtet nicht widerspruchsfrei in die Rechtsprechung des BAG ein. Dieses betont in seinen Entscheidungen gerade die de iure bestehende Weisungsabhängigkeit als das bestimmende Merkmal. De facto bestehende Sachzwänge, denen ein Geschäftsführer ohnehin stets unterliegen dürfte, sind bisher nicht einbezogen worden. Sie dürften schon aufgrund ihrer mangelnden rechtlichen Verbindlichkeit nicht diejenige Intensität erreicht, um die Annahme einer persönlichen Abhängigkeit zu tragen.

bb.  AG

Das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft ist nach der Rechtsprechung des BAG kein Arbeitnehmer.40 Zur Begründung wird in der Literatur die dem ← 10 | 11 → Vorstand nach § 76 Abs. 1 AktG zukommende Leitungsmacht herangezogen.41 Nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist der Vorstand weder an Weisungen anderer Organe gebunden, etwa des Aufsichtsrats,42 noch kann ein Großaktionär einen derartigen Einfluss ausüben.43 Eine Sonderstellung nimmt der Vorstand einer beherrschten oder eingegliederten Gesellschaft ein. Hier besteht ein konzernrechtliches Weisungsrecht aus §§ 308 Abs. 1, 323 AktG. Rechtsprechung zur Arbeitnehmereigenschaft eines Vorstands, der einem derartigen Weisungsrecht unterworfen ist, existiert nicht. Zwar sind arbeitsbegleitende und verfahrensorientierte Weisungen an den Vorstand der beherrschten Gesellschaft nicht ausgeschlossen,44 dürften aber auf seltene Fälle beschränkt bleiben. Wenn derartige Weisungen erteilt werden, ist die Annahme einer Arbeitnehmerstellung nach den vom BAG aufgestellten Grundsätzen denkbar.45 § 76 Abs. 1 AktG könne seine die Unabhängigkeit des Vorstands sichernde Wirkung in diesem Fall gerade nicht entfalten.46 Nach anderer Auffassung soll das konzernrechtliche Weisungsrecht generell nicht ausreichen, um die Arbeitnehmerstellung zu begründen.47

cc.  Personenhandelsgesellschaft

Im Gegensatz zum Kapitalgesellschaftsrecht gilt bei Personengesellschaften der Grundsatz der Selbstorganschaft, d.h. der organschaftliche Geschäftsführer muss notwendigerweise dem Kreis der Gesellschafter angehören (§§ 114 f. HGB). Die Arbeitnehmerstellung solcher Gesellschafter-Geschäftsführer von Personenhandelsgesellschaften war bislang nicht Gegenstand der Rechtsprechung.

Ausgehend von der Rechtsprechung des BAG zum GmbH-Geschäftsführer ist die Gesellschafterstellung für die Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft ← 11 | 12 → nicht entscheidend. Schließlich muss der Geschäftsführer nicht zwingend einen bestimmenden Einfluss aufgrund seiner Beteiligung haben, was eine Arbeitnehmereigenschaft ausschließen würde. Vielmehr wird es auch hier, ähnlich wie bei der GmbH, darauf ankommen, wie stark der geschäftsführende Gesellschafter nach der konkreten Ausgestaltung des Innenverhältnisses den Weisungen seiner Mitgesellschafter unterworfen ist. Zwar unterliegt der einzelgeschäftsführungsbefugte Geschäftsführer einer Personenhandelsgesellschaft keinem Weisungsrecht oder Zustimmungsvorbehalt (jedenfalls solange kein außergewöhnliches Geschäft vorliegt, § 116 Abs. 2 HGB).48 Jedoch erlaubt § 115 HGB als dispositive Norm49 ein umfassendes Weisungsrecht der Mitgesellschafter. Deswegen lässt sich im Hinblick auf den Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer nicht ausschließen, dass mittels arbeitsbegleitender und verfahrensorientierter Weisungen auf das Wie seiner Geschäftsführung in einer Weise eingewirkt werden kann, die seine persönliche Abhängigkeit begründet.

In der Literatur wird angenommen, dass eine Arbeitnehmer-Eigenschaft jedenfalls dann bestehe, wenn entweder die gesellschaftsrechtliche Gestaltung darauf zielt, Arbeitsrecht zu umgehen, oder wenn zulässigerweise50 ein Arbeitsvertrag ausdrücklich abgeschlossen worden sei.51 Allerdings wird anerkannt, dass auch in anderen Fällen eine Gesamtschau aller Umstände zu der Annahme persönlicher Abhängigkeit führen könne.52

Details

Seiten
XIV, 348
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653058284
ISBN (ePUB)
9783653962000
ISBN (MOBI)
9783653961997
ISBN (Hardcover)
9783631663721
DOI
10.3726/978-3-653-05828-4
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (Januar)
Schlagworte
Diskriminierungsschutz Leitungsorgane Arbeitnehmerstatus
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016. XIV, 348 S.

Biographische Angaben

Tobias Siefer (Autor:in)

Tobias Siefer studierte Rechtswissenschaft in Mainz und Wirtschaftsrecht in Leicester, England. Seine praktische Ausbildung absolvierte er u.a. in Frankfurt am Main, London und New York. Er war zunächst als Rechtsanwalt für eine internationale Anwaltssozietät tätig, ehe er in den höheren Justizdienst des Landes Hessen eintrat.

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Titel: Der Schutz von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern gegen Diskriminierungen
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