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Kirchlicher Wiederaufbau in Österreich

von Hans Paarhammer (Band-Herausgeber:in) Alfred Rinnerthaler (Band-Herausgeber:in)
©2016 Sammelband 881 Seiten
Reihe: Wissenschaft und Religion, Band 26

Zusammenfassung

Der Wiederaufbau von in der NS-Zeit zerschlagenen Strukturen innerhalb der katholischen Kirche steht im Zentrum dieses Buches. Die Darstellung erfolgt sowohl auf gesamtösterreichischer Ebene als auch auf der Ebene einzelner Diözesen. Die Autoren berücksichtigen ebenso die Reorganisation des kirchlichen Lebens in anderen christlichen Kirchen und decken zeitlich die ersten Nachkriegsjahrzehnte in Österreich, also die Gründungsphase der Zweiten Republik, ab. Zahlreiche prominente Theologen, Juristen und Historiker haben an diesem Sammelband mitgewirkt und schildern ihre Sicht der Dinge, die den weiteren Weg der Kirchen in der österreichischen Gesellschaft geprägt haben.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Geleitwort
  • I. Der Wiederaufbau in einzelnen Diözesen im Überblick
  • Kirchlicher Wiederaufbau im Bistum Linz
  • Kirchlicher Wiederaufbau in der Diözese St. Pölten (1945–1968)
  • Kirchlicher Wiederaufbau in der Erzdiözese Salzburg 1945–1968
  • Wiederaufbau und Veränderungen in der steirischen Kirche 1945–1969
  • Kirchlicher Wiederaufbau im Gebiet der heutigen Diözese Innsbruck. Wiederaufbau: pastoral – sozial-materiell – administrativ
  • Kirchlicher Wiederaufbau im Vorarlberger Anteil der Apostolischen Administratur Innsbruck-Feldkirch
  • Der Aufbau der Militärseelsorge in der Zweiten Republik
  • II. Einzelne Aspekte des kirchlichen Wiederaufbaus
  • „Wiederaufbau“ auf rechtlicher Ebene: Die Behandlung der Frage der Weitergeltung des Konkordats seit dem Jahr 1945 unter besonderer Berücksichtigung des Vermögensvertrages von 1960
  • Der Schulvertrag 1962 und die Diözesanerrichtungsverträge
  • Die Wiedererrichtung des katholischen Privatschulwesens nach 1945 und seine Verankerung durch die Schulgesetzgebung 1962
  • Wiederaufbau des katholischen Religionsunterrichts in den Jahren 1945 bis 1968 im Spannungsfeld von kirchlicher und staatlicher Rechtsordnung unter besonderer Berücksichtigung der Situation in der Erzdiözese Salzburg
  • Ethikunterricht
  • 1945/1955 – Kriegsende – Freiheit – Geschenk und Auftrag – der Beitrag der Kirchen zur Zweiten Republik
  • Neues Verhältnis von Parteien und Kirche nach 1945
  • Interregnum und Zäsur
  • Versuche, das Kirchenbeitragsgesetz aus der NS-Zeit zu ändern Alternative neue Modelle Religionsgemeinschaften zu finanzieren
  • Die Hospitalorden und ihr Beitrag zum kirchlichen Wiederaufbau am Beispiel der Barmherzigen Brüder
  • „Kirche in der Freiheit“: Die Aufbaujahre 1945–1948 in Salzburg
  • Eine neue Art Diözesansynode? Die Vorbereitungsphase der Diözesansynode 1968 in Salzburg – (kirchen-)geschichtliche Anmerkungen
  • Die Renaissance der Idee einer katholischen Universität in Salzburg als „Waffenschmiede im Kampf gegen die Mächte der Finsternis“
  • Die Benediktiner und der Aufbau der Ostkirchenforschung in Salzburg
  • Aufbruch durch die Diözesansynode 1971/72 in der neu errichteten Diözese Innsbruck
  • III. Der Wiederaufbau in anderen christlichen Kirchen
  • Vom „Gottesgericht“ zur „Austrifizierung“: Die Evangelische Kirche A. u. H.B. in Österreich, ihr Selbstverständnis und ihr religionsrechtlicher Status nach 1945
  • „Es gilt, ein Neues zu pflügen“ – vom evangelischen Leben im Südburgenland in den letzten Kriegsjahren und in der unmittelbaren Nachkriegszeit
  • Zur religionsrechtlichen „Problemgeschichte“ Österreichs mit den Freikirchen
  • Wiederaufbau der Evangelisch-methodistischen Kirche in Österreich zwischen den Jahren 1945 und 1968
  • Die orthodoxe Kirche in der Zweiten Republik
  • Verzeichnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

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Geleitwort

Dankbare Erinnerung und hoffnungsvoller Ausblick

Jede Phase der Geschichte hat ihre Faszination. Dies gilt ganz besonders für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Denn die vergangenen Jahrzehnte, deren Zeitzeugen wir zum Teil sein dürfen, machen uns bewusst, dass es immer wieder neben den Zeitumständen vor allem Persönlichkeiten des politischen und kirchlichen Lebens gewesen sind, die den Verlauf unseres Daseins wesentlich mitgeprägt und nachhaltig mitgeschrieben haben. In dem schönen Buch von Hans Widrich „Hirten im Wiederaufbau“ wird deutlich, dass Menschen mit ihrer Lebensauffassung und damit vor allem mit ihrem Glaubenszeugnis die geschichtlichen Zeitläufte geprägt haben.

Was in den vergangenen Jahrzehnten geschehen ist, hat nicht nur unsere Heimat Österreich sehr stark geprägt, sondern auch unser menschliches Wir-Gefühl bis heute beeinflusst.

In den Jahren des Wiederaufbaues der Zweiten Republik hat das Verhältnis von Kirche und Staat markante Phasen und denkwürdige Ereignisse erfahren. So waren es die Ereignisse um den Staatsvertrag 1955 und die Diskussionen um die Anerkennung des Konkordates zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich, als auch die unauslöschlich prägenden Einflüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965), die unser menschliches Dasein in Kirche und Staat stark verändert und beeinflusst haben.

Es ist schön, als Zeitzeuge dieser vergangenen Ereignisse von Kindesbeinen an bis heute, einen Rückblick wagen zu dürfen. Zweifelsohne bildet die Zeit der 60er und 70er Jahre eine bis heute bedeutende Phase der Kirchengeschichte. Dabei spielte das geordnete Verhältnis von Kirche und Staat eine entscheidende Rolle. Es waren nicht nur Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur, wie z. B. Leopold Figl, Julius Raab und Heinrich Drimmel, sondern auch kirchliche Autoritäten wie Franz Kardinal König, Andreas Rohracher, Eduard Macheiner, die als Teilnehmer des Zweiten Vatikanischen Konzils, ihre Handschrift hinterlassen haben. Mit ihrem pastoralen Wirken, aber auch mit ihrer Offenheit für theologische Wissenschaft und Forschung haben sie Geschichte geschrieben. Mit großer Dankbarkeit dürfen wir uns bleibend an diese geistlichen Persönlichkeiten erinnern und ihrer in Ehrfurcht gedenken.

Es ist ein kostbares Erbe, das uns die Geschichte der Alma Mater Paridiana von den alten Barockzeiten bis heute hinterlassen hat. Das Fach Kirchenrecht hat dabei eine nicht unmaßgebliche Rolle spielen dürfen. Unser Blick in die Zukunft ← 9 | 10 → darf uns hoffnungsfroh stimmen, dass auch künftig Früchte gedeihen und reifen, die die Salzburger Kirchen- und Rechtsgeschichte erfolgreich prägen werden.

Mit großer Dankbarkeit bleibt festzuhalten, dass es die Begabungen und die Aufgeschlossenheit der Studierenden waren und sind, die für eine gedeihliche Weiterentwicklung der Universität und ihrer Einrichtungen sorgen werden.

Möge dabei der Segen Gottes alles Unterfangen begleiten. Gottes Segen für die Zukunft!

Em. O. Univ.-Prof. Dr. Hans Paarhammer

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I.  Der Wiederaufbau in einzelnen Diözesen im Überblick

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Monika Würthinger

Kirchlicher Wiederaufbau im Bistum Linz1

Abstract

Ecclesiastical rehabilitation and development in the Linz diocese
The paper offers a detailed overview of the post-war situation in Upper Austria and the bishopric’s substantive and organisational measures focussing on charitably work (Caritas Institute), internal and administrative reorientation on the field of pastoral care, religious education and liturgical renewal both on the parish and the diocesan level.

I. Die Diözesanleitung

Der schwerkranke Diözesanbischof Johannes Maria Gföllner2 erhielt 1941 mit Joseph Cal. Fließer3 den lang ersehnten Weihbischof (päpstliche Ernennung am 19. März 1941),4 den er am 11. Mai 1941 mit letzten Kräften noch weihen konnte. Kurz vor seinem Tod am 3. Juni hatte Diözesanbischof Gföllner Joseph Fließer noch zum Generalvikar ernannt (1. Juni 1941).

Das Kathedralkapitel wählte Fließer am 5. Juni als Kapitelvikar, der damit in der wohl schwierigsten Zeit in der Geschichte der Linzer Diözese die Verantwortung ← 13 | 14 → für die Leitung des Bistums bis zu dessen Neubesetzung übernehmen musste. Aufgrund der politischen Verhältnisse konnte er zunächst nicht Diözesanbischof werden, da die NS-Behörden nicht bereit gewesen wären, ihn anzuerkennen.5 Aus diesem Grund verlieh Papst Pius XII. dem Weihbischof und Kapitelvikar mit 11. Februar 1942 die Rechte eines regierenden Diözesanbischofs (Residentialbischofs).

In Folge der kirchenpolitischen Situation Österreichs während des NS-Regimes, durch ungewöhnliche Kommunikationsschwierigkeiten bei Kriegsende sowie aufgrund von internen Spannungen und vereinzelten Querschüssen aus der Diözese,6 wurde Fließer erst ein Jahr nach Kriegsende, am 11. Mai 1946, dem 5. Jahrestag seiner Bischofsweihe, zum 10. Diözesanbischof von Linz ernannt. Die kanonische Besitzergreifung seines Bistums nahm er am 22. August in der Krypta des Mariendomes vor, die (feierliche) Inthronisation verband Fließer mit der Wiedereröffnung der 1945 schwer beschädigten Kathedrale am 6. Oktober 1946.

Große Unterstützung hatte Kapitelvikar Fließer u.a. durch den Ordinariatskanzler Josef Lugstein erfahren, den er daher anlässlich seiner Amtsübernahme als Bischof am 22. August 1946 offiziell zum Generalvikar bestellte.7

Bereits am 21. April 1948 erlitt Diözesanbischof Fließer einen Schlaganfall, von dem er sich nie ganz erholte. Papst Pius XII. gab ihm daher in der Person des Seminarregens und Theologieprofessors DDr. Franz S. Zauner8 einen Koadjutor ← 14 | 15 → mit dem Recht der Nachfolge zur Seite. Die Ernennung Zauners erfolgte am 22. Juni 1949, die Bischofsweihe am 15. August d. J.; am 11. Oktober 1951 wurden ihm alle „Fakultäten eines Residentialbischofs“ verliehen.

Nach dem zweiten Schlaganfall Fließers am 3. Dezember 1953 und dem Tod des Generalvikars Lugstein im August 1953 lag die Leitung der Diözese nun in den Händen des Koadjutors Zauner und des neuen Generalvikars Ferdinand Weinberger9, der mit 1. September 1953 bestellt worden war.

Bischof Fließer litt schwer unter Behinderungen des Sprechvermögens und anderen Folgen seiner Erkrankung, sodass er am 6. Oktober 1955 seinen Rücktritt einreichte. Am 1. Jänner 1956 (Inthronisation am 8. Jänner) trat Koadjutor Franz Salesius Zauner die Nachfolge als 11. Diözesanbischof an. Fließer starb am 12. Juni 1960.

II. Die Ausgangslage bei Kriegsende 1945

Das heutige Bistum Linz deckt sich flächenmäßig ziemlich genau mit dem Bundesland Oberösterreich. Kleine Abweichungen (insgesamt ca. 69 km²) bestehen zu den Nachbarbundesländern aus verwaltungstechnischen Gründen.

Nach der Okkupation der sudetendeutschen Gebiete durch Hitler waren am 20. November 1938 die Kreise Kaplitz und Krummau der zivilen Verwaltung des Gaues „Oberdonau“, unterstellt worden, hinsichtlich der kirchlichen Verwaltung wurden mit 1. Jänner 1940 aus der Diözese Budweis die Dekanate Hohenfurth, Oberplan, Kaplitz und Krummau mit zusammen 45 Pfarreien und 87.568 Katholiken von der Diözese Linz administriert; mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1942 wurden noch zusätzlich fünf Pfarren des Dekanates Gratzen (zusammen 14.281 Katholiken), die in „Oberdonau“ lagen, aber bis dahin von St. Pölten aus verwaltet wurden, der Diözese Linz unterstellt. Damit war die Diözese Linz zur zweitgrößten der „Ostmark“ geworden und zählte 943.666 Katholiken. Dem Gebiet, das unter dem Namen „Generalvikariat Hohenfurth” zusammengefasst war, stand ← 15 | 16 → P. Dr. Dominik Kaindl, Abtkoadjutor im Stift Hohenfurth, vor. Da die Pfarren kirchenrechtlich nicht aus der Diözese Budweis ausgegliedert wurden, durften die dort tätigen Priester nur innerhalb des Administraturbereiches verwendet, nicht aber auf Posten in der Diözese Linz versetzt werden. Die Rückstellung der sudetendeutschen Gebiete unter die Jurisdiktion des Bischofs von Budweis erfolgte mit 31. Jänner 1946.

Bei Kriegsende verfasste Bischof Fließer für seine Bittgesuche einen Lagebericht, der die schwierige Nachkriegszeit im Bistum Linz treffend beschreibt, wobei er in hohem Maße auch auf die materielle Not der Bevölkerung einging und folgende ‚Statistik der Diözese Linz und des Landes OÖ.‘ erstellen ließ:10

Ausdehnung: Die Diözese Linz deckt sich territorial mit dem Lande Oberösterreich und umfaßt einen Flächenraum von rund 12.000 km2. Seit 1940 muß der Ordinarius von Linz auch noch den deutschen Anteil der in Südböhmen angrenzenden Diözese Budweis administrieren, ein Gebiet von 1700 km² (Generalvikariat Hohenfurth).

Einwohner und kirchliche Einteilung: Die Diözese Linz erfaßt in 422 Pfarreien und 27 Exposituren rund 950.000 Einwohner, von denen 50.000 Andersgläubige sind. Dazu kommt das Generalvikariat Hohenfurt mit 49 Pfarreien und 3 Exposituren und 103.000 Einwohnern, von denen 3.000 Andersgläubige sind. […]

Klerus: In der Diözese Linz wirken rund 500 Weltpriester und von den 500 Regularpriestern 150 in der aktiven Pfarrseelsorge. Im Generalvikariat Hohenfurth sind 26 Weltpriester und von den 100 Regularpriestern 55 in der Seelsorge tätig.

Von den Nationalsozialisten wurden in den Jahren 1938–1945 fast 300 Priester aus dem Gebiete der Diözese Linz und des Generalvikariates gemaßgeregelt und abgestraft. Durch das Konzentrationslager Dachau und Mauthausen gingen 33 Priester, von denen 8 im Konzentrationslager elend sterben mußten. 48 Priester erduldeten längere Gefängnisstrafen, 61 kürzeren oder längeren Polizeiarrest; neun Priester wurden des Landes verwiesen; 146 Priester wurden mit Predigt- oder Jugend- oder Schulverbot belegt, so daß sie nur beschränkt in der Seelsorge verwendbar waren.

Zum Sanitätsdienst der Wehrmacht wurden 168 Priester (90 Weltpriester und 78 Ordenspriester) einberufen; davon sind 7 Weltpriester und 4 Ordenspriester gefallen, 13 Weltpriester sind vermißt (Stalingrad) oder gefangen. Bis jetzt sind erst 25 unserer Priestersoldaten in der Diözese eingetroffen. ← 16 | 17 →

Von den 146 Theologen unseres Priesterseminars wurden 136 zum Dienst mit der Waffe eingezogen; 3 gelten als gefangen, 5 als vermißt, 8 sind kriegsversehrt und 30 sind gefallen. Dermalen beherbergt das Seminar 30 eigene Theologen und 20 auswärtige Theologen, die auf die Rückkehr in ihre Heimat warten – eine gewaltige Belastung des Hauses!

Von 150 Priestern, die dermalen in unserer Diözese weilen und auf Heimkehr warten, sind 33 Ukrainer (griech.-kath.), 40 aus Ungarn, Rumänien und Jugoslavien, 16 aus der Slowakei, 13 aus Polen, 6 aus Litauen, 8 aus Wien, 5 aus Graz, 2 aus Sankt Pölten, 26 aus reichsdeutschen Diözesen. Nur wenige von den 150 gemeldeten Priestern beherrschen die deutsche Sprache so, daß sie in der Seelsorge Verwendung finden können.

Bombenschäden in Linz: Das statistische Amt der Stadtgemeinde Linz gibt an, daß von den im Konskriptionsverzeichnis der Stadt aufgezählten fixen Gebäuden infolge Bombenabwurf 7.124 beschädigt, davon 690 total zerstört worden sind, Wohnbaracken, Hütten, Großindustrie und Reichsbahnanlagen nicht gerechnet. 5500 Wohnparteien meldeten beim Wohnungsamt schwere Wohnschäden bzw. den Verlust der Wohnung an!

Der Einmarsch der Amerikaner erfolgte um den 1. Mai 1945, und innerhalb einer Woche war im wesentlichen das ganze Land besetzt. Mit 1. Juli 1945 wurde das gesamte Mühlviertel der russischen Besatzungszone zugeschlagen; auch südlich der Donau gingen die Sowjets nicht völlig von der Ennsgrenze an die niederösterreichische Landesgrenze zurück. Abgesehen von der Mehrfach-Teilung von Wien war Oberösterreich jenes Bundesland, das in der zehnjährigen Besatzungszeit die größten Probleme hatte, denn die Donau als Besatzungsgrenze war nur unter Schwierigkeiten zu überschreiten; das gleiche galt für die Enns, vor allem für die wichtige Bahn- und Straßenverbindung über Enns nach Wien. Vor allem in der sowjetischen Besatzungszone gab es anfänglich eine Fülle von Übergriffen und Gewalttaten;11 seelsorgliche Belange und Aktionen der Caritas wurden allerdings von keiner der beiden Besatzungsmächte behindert; auch bei den ursprünglich ungewöhnlich misstrauischen Amerikanern – etwa bei der Betreuung der Kriegsgefangenen in den Lagern – schalteten sich bald Militärkapläne und die amerikanische Caritas (NCWC = National Catholic Welfare Conference) ein, was die Lage besserte. ← 17 | 18 →

Bei Kriegsende befanden sich 800.000 – 900.000 landfremde Personen in Oberösterreich. Neben den Militärs (zu denen auch ungarische und andere Einheiten zählten) gab es in Oberösterreich 180.000 „fremdländische" Arbeitskräfte aus fast allen europäischen Nationen, rund 25.000 „alliierte" Kriegsgefangene und natürlich die Insassen der Konzentrationslager. Bekanntlich unterstanden dem KZ Mauthausen etwas mehr als 100 kleinere Konzentrationslager, von denen die schlimmsten und größten, nämlich Mauthausen selbst, Gusen und Ebensee, in Oberösterreich lagen. Es gab zahlreiche deutschsprachige Flüchtlinge aus Russland, Siebenbürgen, Schlesien, die schon während des Krieges hier einquartiert worden waren, im Land, zu denen ab Mai 1945 noch diejenigen aus Jugoslawien und aus dem Sudetenland kamen. So hatte man in Oberösterreich bei Kriegsende rund doppelt so viele Menschen zu ernähren, als das Land Bewohner hatte, d.h. rund zwei Millionen anstelle der einen Million Oberösterreicher.12

III. Rückzug aus der Parteipolitik

Die Kirche verfolgte nach Kriegsende den klaren Weg des Nichteinmischens in die Parteipolitik. In diesem Sinne erklärte Kapitelvikar Josephus Cal. Fließer am 5. Mai 1945 einer Delegation von Sozialdemokraten im Zuge einer Unterredung über die neue Landesregierung, er werde als Bischof keinen aktiven Anteil an der Regierungsbildung nehmen, und er stellte auch eindeutig fest, dass er seinen Klerikern keine Erlaubnis gebe, sich an der Politik zu beteiligen.13

Bischof Fließer nutzte die erste Gelegenheit für diesbezügliche Weisungen an die Priester der Diözese Linz (10. Mai 1945):14 „1. Kirche und Politik: Ich weiß mich mit den übrigen Bischöfen der Ostmark eins in der Auffassung, daß sich die Kirche einer aktiven Teilnahme am politischen Leben enthalten wird.[…] Voraussichtlich wird kein Priester ein politisches Mandat übernehmen oder für eine rein politische Aufgabe zur Verfügung gestellt werden. […] Die Kirche wird keine Partei gründen und keine Partei als ihre Vertreterin autorisieren. Das heißt aber nicht, daß die Kirche in Zukunft am öffentlichen Leben desinteressiert ist. Es ist und bleibt ihre Aufgabe, das christliche Gesellschaftsideal zu verkünden und sie erwartet und begrüßt es, daß katholische Laien […] am öffentlichen Leben mitgestaltend teilnehmen. […] Selbstverständlich müssen wir jetzt für den Anfang ← 18 | 19 → einer katholischen Laienbewegung und [Laien]Vertretung auf die Füße helfen. Doch soll dies nicht durch aktive Teilnahme geschehen, sondern hauptsächlich beratend und geistig schulend.“

Im ‚Hirtenwort zum Aufbau in Kirche und Staat‘ vom 11. Mai 1945 verwies Fließer u.a. darauf, Politik und Wirtschaft seien Sache des Staates, nicht der Kirche.15

Ergänzend wies er am 10. August 1945 den Klerus darauf hin, dass sich der Bischof nicht in Dinge einmische, die zur Kirche keine Beziehung und lediglich politischen, wirtschaftlichen oder rein persönlichen Charakter hätten. Mit der ‚Nichteinmischung in die Politik‘ sollte eine gewisse ‚Protektionswirtschaft‘ vermieden werden. Damit widersprach der Bischof ‚der Mär, dass er bei den Amerikanern alles erreichen könne.“16 Fließer bezog sich dabei auf die vielen Interventionsgesuche von Einzelpersonen um Empfehlungen bei einheimischen und amerikanischen Behörden, die der Priester ‚im Vorfeld‘ abwehren solle.

Die Bischöfe bekräftigten im allgemeinen den Beschluss vom November 1933 auf Untersagung politischer Betätigung der Priester. Ein striktes Verbot der Mitgliedschaft bei der Partei wurde nicht ausgesprochen: „Gegen das beantragte Verbot, demgemäß allen Geistlichen auch die einfache Mitgliedschaft bei der österreichischen Volkspartei untersagt wäre, sprechen sich Salzburg und Linz aus“.17

Bei der Konferenz im November 1945 hielten die Bischöfe an der Abkehr vom parteipolitischen Engagement der Kirche fest, wohl aber wird die Bildung eines kirchenpolitischen Ausschusses dringend empfohlen, „welcher die Gewissen der Politiker formieren soll“18. „Betreffs Stellung der Kirche zur Politik stand der Papst [Pius XII] auf dem Standpunkte: Keine Parteipolitik, wenn aber die Politik an den Altar rühre, müsse die Kirche Politik betreiben.“19

Schriftleiter Franz Vieböck wies in der ersten Ausgabe des Linzer Kirchenblatts darauf hin, dass dieses nicht als eine Art „Parteiblatt" fungieren werde: „Um jede, auch nur die leiseste Befürchtung gleich im vornhinein zu zerstreuen, sei nachdrücklich erklärt, daß sich das ‚Linzer Kirchenblatt’ niemals mit [partei]politischen Dingen beschäftigen wird; es dient keiner politischen Partei.”20 Auch Kapitelvikar Fließer unterstrich dies in derselben Ausgabe, betonte aber, dass ← 19 | 20 → eine Abkehr von parteipolitischem Engagement nicht vom Interesse an Politik entpflichte.

In der Kirchenzeitung vom 25. November 1945 rief Bischof Fließer die Katholiken auf, zur Wahl zu gehen, ohne Empfehlung für eine Partei abzugeben. Die Kirche habe sich von der Poltik in Staat, Land und Gemeinde zurückgezogen. Die Bischofskonferenz habe den Geistlichen jede politische Betätigung untersagt. Die Kirche verzichte auf politische Presse, und die politischen Parteien hätten zugesagt, die Religion unangetastet zu lassen und der Kirche die zur Ausübung der Seelsorge nötige Freiheit gewähren zu wollen.21

„Es war auch eine kluge Entscheidung des Bischofs, die Kirche aus der Parteipolitik herauszuhalten. Von hier führt ein gerader Weg zum ‚Mariazeller Manifest‘ von 1952, das die ‚freie Kirche im freien Staat‘ zur Richtlinie erklärte.“22

Mit dem Österreichischen Katholikentag 1952 in Wien (Motto „Freiheit und Würde des Menschen") und der vorausgegangenen Studientagung in Mariazell wurde die Richtung der Kirche eindeutig festgelegt und in der Forderung „Eine freie Kirche in einer freien Gesellschaft (und einem freien Staat)“ zusammengefasst.23 Dennoch sah man sich damit keineswegs von politischen Aufgaben entpflichtet, sondern formulierte gleichfalls beim Katholikentag eine Reihe anstehender, der Klärung bedürftiger religions-, staats- und sozialpolitischer Forderungen.

Das „Mariazeller Manifest” brachte eine Absage an die Staatskirche des Josephinismus, eine Absage an das Bündnis von Thron und Altar, eine Absage an die Parteikirche der Zwischenkriegszeit und schließlich, zum erstenmal, auch eine Absage an die Idee des christlichen Ständestaates.

1955 beschloss auch die Katholische Aktion, dass aktive Politiker keine Führungsposition bei einer KA-Teilorganisation innehaben dürfen, bzw. führende KA-Funktionäre kein politisches Mandat übernehmen dürfen.

IV. Erste Maßnahmen zur Behebung der Nachkriegsnot

Kapitelvikar Fließer richtete am 11. Mai 1945 einen Hirtenbrief an seine Diözesanen, um erste Aufgaben abzustecken. Nun ging es darum, Wege zur Neuorientierung in der Seelsorge zu finden und zu beschreiten.: „Wie viel ist in der religiösen Erziehung der Kinder nachzuholen […]. Höchst notwendig ist wieder ein richtig aufgebauter Religionsunterricht[…] ergänzt durch die unentbehrlich gewordenen ← 20 | 21 → Kinderandachten und Glaubensstunden und kirchlichen Jugendfeiern […]. Wir Seelsorger sind überzeugt, daß wir mit Gottes Hilfe bald die traurigen Rückstände aufholen werden, wenn die katholischen Eltern die Bemühungen der Kirche unterstützen und wenn der Staat die notwendige Freiheit gibt […]. Weitab von aller Politik soll wieder frei und offen das Wort Gottes gepredigt werden. Es tut (dies) not […], nachdem nun jahrelang die wichtigsten religiös-sittlichen Werte und Begriffe von einer raffinierten Propaganda ausgehöhlt, umgedeutet und ins Gegenteil verkehrt worden sind.“

Das sozialistische Tagblatt vom 22. November 1945 hob auf der ersten Seite anerkennend hervor, dass der Bischof „durch hinreißende Hirtenbriefe“ versuche, die Menschen zur Mithilfe zu bewegen, um vor allem die Not der Stadtbevölkerung zu lindern, was auch bereits Wirkungen zeige. Und am 3. Jänner 1946 bestätigte ihm dieselbe Zeitung, dass er sich als sehr entgegenkommend erwiesen und „sich als wahrer Landeshirte gezeigt“ habe.

Die große Notlage in der Diözese Linz unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs veranlasste Bischof Fließer, sich an die Bischöfe der deutschsprachigen Schweiz um Hilfe zu wenden:24

[…] „In Oberösterreich ging der Krieg mit seinem letzten Schrecken zu Ende und hat durch den sinnlosen Widerstand der SS-Truppen noch viel Unheil über uns gebracht. Durch den Osten der Diözese Linz geht in Süd-Nordrichtung die Grenze zwischen den amerikanischen und russischen Besetzungsgebieten, so daß 50 Pfarreien der Diözese Linz unter russischer Herrschaft liegen und leiden müssen.

Schon während des Krieges war Oberösterreich in besonderem Ausmaß Aufnahmeland der Flüchtlinge und Evakuierten aus dem deutschen Westen und Norden, aus Polen und Schlesien, aus der Ukraine und Bukowina, aus Ungarn und Jugoslavien.

In der letzten Phase des Krieges wurden aus den Nachbarländern viele neue heimatlose Menschen durch die heranrückenden Fronten in unser Oberösterreich hereingedrängt. Dazu kommen Tausende von entlassenen Soldaten, heimkehrenden Gefangenen und befreiten Häftlingen aus den Konzentrationslagern und ← 21 | 22 → Gefängnissen, die alle hier auf die Öffnung der Grenzen nach dem Osten und auf den Abzug der Russen warten. So kommt zur großen Not an Wohnungen und Lebensmitteln, an der die durch schwere Bombenschäden (23 Angriffe auf Linz) und Plünderungen heimgesuchte bodenständige Bevölkerung schon genug zu tragen hat, auch noch die Not der rund 350.000 Fremden, die unserem kleinen Heimatland zur Last fallen.

Ich habe bereits Mitte Juni durch den österreichischen Delegierten des Schweizer-Roten-Kreuzes, Herrn Dr. von Schwarzenberg, an den Direktor des katholischen Karitasverbandes der Schweiz die Einladung ergehen lassen, vielleicht einen Vertreter nach Linz zu senden, um unsere Lage zu studieren und mit uns den Aufbau unseres Karitasverbandes zu beraten. Ich […] begrüße daher das Eintreffen und den Besuch des hochw. Herrn Prälaten Albert Oesch von St. Gallen, der mir vom Karitasverband Nachricht brachte und mir außerdem den wertvollen Rat gab, mich auch noch direkt an die hochwürdigsten Exzellenzen der deutschsprechenden Schweiz mit der Bitte um Hilfe zu wenden.

Ich richte darum [ …] meinen Hilferuf an die hochwürdigsten Exzellenzen von St. Gallen, Chur und Basel-Lugano [….]. Die Art und Weise, wie die Hilfsaktion etwa in Form einer Patenschaft für die ganze Diözese Linz oder für die Stadt Linz usw. organisiert werden soll, möchte ich völlig dem Entschluß der einzelnen Exzellenzen oder ihrem gemeinsamen Vorgehen überlassen. Unsererseits können wir zur Durchführung bei uns selbst unseren Karitasverband zur Verfügung stellen. In festem Vertrauen auf die bekannte Hilfsbereitschaft der katholischen Schweizer und auf den Einfluß der hochwürdigsten Herren Bischöfe wiederhole ich meine dringende Bitte um Hilfe für die einheimischen und fremden Notleidenden unserer Diözese und versichere Exzellenz des dankbaren Gebetes meiner Heimat.

In Hochachtung und Verehrung bin ich Euer Exzellenz ergebenster Confrater + Josephus Calas. Fließer mp.

Weihbischof und Kapitelvikar von Linz.“

Die Aufgaben von Bischof Fließer bei Kriegsende waren gewaltig: die Rückstellung der von den Nationalsozialisten beschlagnahmten kirchlichen Gebäude, die Rückführung gauverwiesener Priester, die Sammlung kriegsgefangener Theologiestudenten, die Instandsetzung bombenbeschädigter Häuser, vor allem der Bischofskirche.

Ebenso gewaltig waren die materiellen Verluste im übrigen Oberösterreich. Insgesamt wurden 10.152 Wohnungen völlig zerstört, 5.820 stark und 10.400 teilweise beschädigt. Die am meisten betroffenen Orte waren Linz, Attnang-Puchheim, Steyr und Wels. In der Schlussphase des Krieges hatte man vor allem Züge, ← 22 | 23 → Bahnhöfe und Bahngleise sehr wirksam angegriffen und damit den Nahverkehr (Lebensmittel, Kohle, Holz) völlig zum Erliegen gebracht.

Vor allem aber drängten die Probleme der Caritas. Und während Bischof Fließer in den übrigen anstehenden Fragen eher bedächtig vorging, zögerte er bei der Caritas keine Minute.

V. Die Caritas25

All diese Not des Jahres 1945 zwang die Caritas zum Handeln. Jeder systematische Aufbau war aber vorerst unmöglich, die Not diktierte Arbeitsgebiete, Umfang und Intensität der Caritas-Arbeit. Erst ab etwa 1949 konnte mit einem systematischen Aufbau des Caritaswesens begonnen werden.

V.1 Organisation und Personalia

Der geschäftsführende Caritas-Sekretär Dr. Müller wollte die Caritas so wieder aufbauen, wie sie bis 1938 bestanden hatte. Er legte dem Bischof am 5. August 1945 neue Statuten des „Karitasverbandes für Oberösterreich“ und wenig später schon des „Karitasverbandes für die Diözese Linz“ vor. Die kurzen, nur 11 Paragraphen umfassenden Statuten sahen in § 5 als Mitglieder „physische und juristische Personen“ vor. Im Begleitschreiben an den Bischof hieß es u.a.: „Die Vereinsleitung ist so konstruiert, dass das Präsidium praktisch unabhängig arbeiten kann, sodass weder der Vorstand noch die Generalversammlung die Möglichkeit hat, irgendwelchen Einfluß auszuüben.“ Im Linzer Diözesanblatt vom 1. Juli 1945, Beilage Nr. 10, wurde der Wiederaufbau der Caritas der Diözese Linz bekanntgegeben: „Der schnelle und planvolle Wiederaufbau der kirchlichen Karitas gehört angsichts des ungeheuerlichen Elends, in das unsere Heimat durch den verlorenen Krieg gestürzt wurde, zu den vordringlichsten Aufgaben auf kirchlichem Gebiet". Zum Caritas-Sekretär wurde mit 1. Juli 1945 Michael Mayr26, Pfarrer in Schardenberg, ← 23 | 24 → ernannt. Schon vorher hatte der Bischof Ordinariatsrat Hermann Pfeiffer27 beauftragt, mit den Amerikanern wegen Freigabe28 des seinerzeitigen Waisenhauses in der Seilerstätte zu verhandeln; nach positiven Gesprächen wurde Pfeiffer am 8. Mai 1945 Verwalter dieses Caritas-Hauses, in das mit 1. Mai 1946 auch das Bischöfliche Seelsorgeamt einzog.

Die Doppelgleisigkeit zwischen altem „Karitasverband“ und nunmehriger „Caritas der Diözese Linz“ gab es noch bis 27. Dezember 1945, als der Karitasverband einen Rechenschaftsbericht für die Zeit von 1938 bis 1945 herausgab und anschließend seine Auflösung mitteilte mit der Begründung, die Caritas-Arbeit werde künftig nicht mehr vereinsmäßig durchgeführt. „Die Christen sollten in Zukunft nicht in Mitglieder und Nicht-Mitglieder gespalten sein; es sollten vielmehr alle eins sein im Willen, das Gebot der Nächstenliebe praktisch zu erfüllen". Pfarrer Mayr erklärte auch noch, […] dass man anstelle von „Karitas“ künftig die Schreibung „Caritas“ gebrauchen werde. Gleichzeitig wurden „Grundsätze und Geschäftsordnung der Caritas der Diözese Linz“ (Provisorisches Statut) veröffentlicht: „Die Caritas der Diözese Linz ist die vom Bischof ermächtigte und ihm allein verantwortliche Stelle für die Weckung, Förderung, Vertiefung und einheitliche Leitung des ganzen caritativen Lebens und Schaffens in der Diözese. Sie arbeitet im ständigen Einvernehmen mit dem bischöflichen Seelsorgeamt".

Michael Mayr baute die Caritas Linz modern und zukunftsweisend auf, verband in idealer Weise Seelsorge und Caritas-Arbeit, er schulte die immer zahlreicher werdenden Mitarbeiter persönlich und durch Rundschreiben. Mayr verließ allerdings 1946 die Caritas und ging als Pfarrer zurück nach Schardenberg, wo er die Fatima-Wallfahrtskirche im Fronwald erbaute.

Der organisatorische Aufbau der Caritas Linz, der sich auch von dem der meisten anderen Diözesen unterschied, war nicht sehr glücklich. Der ‚Kopf der Caritas‘, der Mann, der die Hauptarbeit leistete und die Hauptverantwortung trug, führte den Titel eines „Caritas-Sekretärs", während der „Caritas-Direktor” seine Aufgabe nebenberuflich erfüllte. ← 24 | 25 →

Pfarrer Mayrs Nachfolger, der Kooperator von Windischgarsten Ernst Rafferzeder29, führte Mayrs Werk kontinuierlich fort, von den Improvisationen der ersten Jahre zur planvollen Caritas-Arbeit und entwickelte Schwerpunkte seines Wirkens, etwa im Bereich der Kinder-, Jugend- und Familienfürsorge. Gemeinsam mit sehr guten Mitarbeitern gelang es ihm, das Caritas-Haus in Linz zu einem Inbegriff für Rat- und Hilfesuchende zu machen.

„Caritas-Direktor” war ab 1. Jänner 1946 der Direktor der Bischöflichen Taubstummenanstalt, Msgr. Johann Schließleder (1893–1982); nach seinem Ausscheiden am 15. September 1949 wurde Ordinariatsrat Hermann Pfeiffer, Leiter der Kirchenbeitragsstelle der Bischöflichen Finanzkammer und Verwalter des Caritashauses, sein Nachfolger.

Die Ernennung Pfeiffers zum Caritas-Direktor hatte Bischof Fließer vermutlich unter dem Einfluss seines Koadjutors Zauner unterzeichnet, der bis 1942 Pfeiffers Vorgänger im Kirchenbeitragsreferat gewesen war. Schrittweise verlegte Pfeiffer seinen Schwerpunkt zur Caritas, verblieb jedoch bis 1970 auch Leiter der Kirchenbeitragsstelle der Finanzkammer der Diözese Linz.

Das Nebeneinander zwischen dem bisher leitenden Caritas-Sekretär Rafferzeder und Caritas-Direktor Pfeiffer bewährte sich nicht. Rafferzeder ging 1959 wieder in die Seelsorge und wurde Pfarrer von Ebensee. War Ernst Rafferzeder vor allem in der Zeit der großen, kaum überschaubaren Not der Caritas vorgestanden, so normalisierten sich knapp vor und vor allem nach dem Abschluss des Österreichischen Staatsvertrages die Verhältnisse zusehends.

In den jährlich zweimal stattfindenden Konferenzen der österreichischen Caritasdirektoren hatte die Caritas Linz infolge ihrer Leistungen und Initiativen einen guten Namen; gleichzeitig führte eine Verstimmung der Diözesen gegenüber Wien dazu, dass 1952 der oberösterreichische Caritas-Direktor Hermann Pfeiffer zum Präsidenten der Österreichischen Caritas gewählt wurde. Mit dem 1958/59 in Wien errichteten „Generalsekretariat“, das Bernhard Tonko OSA leitete, war auch eine Verlagerung der Entscheidungskompetenzen verbunden, die man in Linz nicht goutierte. Ab 1964 übernahm wieder Wien (Prälat Leopold Ungar) die Präsidentschaft der österreichischen Caritas.

Innerhalb der Caritas Linz war nach dem Abgang von Ernst Rafferzeder ein organisatorischer Wandel vor sich gegangen. 1959 wurde Prof. Josef Haltmayer30, ← 25 | 26 → ein Donauschwabe, Stellvertretender Caritasdirektor und übernahm das Caritas-Sekretariat.

Caritas-Direktor Hermann Pfeiffer war ein ungewöhnlich guter Prediger, der nun seine Predigten fast ganz in den Dienst der Caritas stellte, überdies nützte der Linzer Hofrats-Sohn seine weitgestreuten persönlichen Beziehungen (auch zu Presse und Rundfunk) in diesem Sinne. Die Caritas, bisher „Almosenempfänger“ zahlreicher Länder, wurde bald bei Katastrophenfällen (Erdbeben, Überschwemmungen, Kriege) großzügiger und ideenreicher „Almosengeber".

V.2 Aufgaben und Schwerpunkte

Die Caritasarbeit begann Anfang Juni 1945 mit der Betreuung der Kriegsgefangenenlager ehemals deutscher Soldaten in Wegscheid, Stadl-Paura, Gmunden, im Lazarett-Lager Haid und im SS-Lager Ebensee. Andere bedürftige Gruppen, etwa die inzwischen befreiten Insassen der Konzentrationslager, „Fremdarbeiter", alliierte Kriegsgefangene, wurden von den Amerikanern und von US-Hilfsorganisationen betreut; die meisten von ihnen hatten nur das eine Interesse, sobald als möglich in ihre Heimat zu kommen, was natürlich Oberösterreich entlastete.

Als vorübergehende Großaufgabe ist der „Zentrale Suchdienst der Caritas“ zu erwähnen, den Linz für alle Diözesen durchführte, eine Aktion zur Zusammenführung von Österreichern, Heimatvertriebenen und Flüchtlingen, die 1948 vom Innenministerium übernommen wurde.

Es ging aber auch bald schon um Rückführungstransporte schwerkranker Deutscher oder schwerverletzter Soldaten, die man in die bisherige „Ostmark“ verlegt hatte, um Kinder- und Jugendheime, die aus den noch stärker als Oberösterreich bombengefährdeten deutschen Gebieten hierher verlegt worden waren, und die nun, angesichts der Flucht vieler Betreuungspersonen, oft völlig auf sich gestellt waren. In den ersten Monaten nach Kriegsende passierten täglich zwei Repatriierungs- oder Flüchtlingszüge Linz, die Transporte konnten von der Caritas (und vom Roten Kreuz) nur unter Aufbietung aller Kräfte bewältigt werden, noch bevor die Landesregierung ihre „Heimkehrerleitstelle“ und das „Amt für Umsiedlung“ eingerichtet hatte.

Schon bald nach Kriegsende konnten Frauen und Kinder in der Herberge des Caritashauses untergebracht werden. Für Männer wurde eine Herberge in der Anastasius-Grün-Straße errichtet. ← 26 | 27 →

Die Not der unmittelbaren Nachkriegszeit war vor allem an der Unterernährung und der Gesundheitsgefährdung der Kinder erkennbar. So verhalf die Caritas Linz vorerst hungernden Wiener Kindern zu Pflegeplätzen bei oberösterreichischen Bauern. Diese ersten improvisierten Kindertransporte wurden ab 1948 in gut organisierte Erholungs- und Ferienaktionen – nun auch für Stadtkinder aus Oberösterreich – übergeführt. 1953 kam der erste Transport von Berliner Kindern über die Caritas zur Erholung nach Oberösterreich. Diese Aktionen wurden im wesentlichen 1978 abgeschlossen.

Über Vermittlung der Caritas konnten oberösterreichische Kinder oft für mehrere Wochen und Monate auch im Ausland Erholung finden.31 Bereits im Herbst 1945 wurden ‚Kinderlandverschickungen‘ in die Schweiz organisiert, Kindertransporte in die Länder Belgien, Portugal, aber auch die Niederlande, Luxemburg, Spanien32 und Italien folgten. Nicht selten wurden aus den Erholungswochen Dauerpflegeplätze oder auch Adoptionen im Ausland (vor allem in Belgien).33

Eine zentrale Aufgabe oblag der „Fürsorgeabteilung“. Von den rund 11.500 Menschen, die jährlich in dieser Fürsorgeabteilung vorsprachen, wurden später gewisse Gruppen, wie „Trinker“ oder „Nicht-Seßhafte", extra betreut. Die in Wien gegründete „SOS-Gemeinschaft“ wurde im Bereich der Diözese Linz in die Caritas-Arbeit integriert und bewährte sich vor allem in besonders schwierigen Einzelfällen.

Als ein Schritt ins Neuland erwies sich die „Familienhilfe", die nach einem ausführlichen Holland-Aufenthalt von Ernst Rafferzeder aufgebaut wurde. Nachdem die ersten Familienhelferinnen in den Niederlanden ausgebildet worden waren, errichtete die Caritas 1950 den ersten Ausbildungslehrgang, 1951 kamen die ersten Familienhelferinnen zum Einsatz.

Ein weiterer sichtbarer Schwerpunkt der Caritas neben der Kinder-, Jugend- und Familienbetreuung vor und nach 1945 war die Betreuung körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher. So wurde aus der seinerzeitigen Landwirtschaft des Waisenhauses 1947 das Caritas-Kinderdorf St. Isidor (Übernahme des Kinderheimes Hart durch die Caritas am 1. Jänner 1946).34 Für geistig und körperlich Schwerbehinderte entstand das Pius-Heim in Steegen-Peuerbach; für milieugeschädigte und schwererziehbare Knaben wurde der einstige bischöfliche Sommersitz in Gleink umgestaltet. Neben einem Schülerheim in ← 27 | 28 → Windischgarsten wurde die ehemalige Erziehungsanstalt „Zum Guten Hirten“ in der Baumbachstraße in Linz (nach der Freigabe durch das Oberlandesgericht) zu einem Heim für Schüler und Studenten. Das besonders günstig gelegene Caritas-Kurhospiz in Bad Hall diente Minderbemittelten als Kur- und Erholungsheim.

Zu den zentralen Agenden kam eine Aufgabe der ‚Pfarrcaritas‘ dazu: die Kindergärten. Die ursprünglich überwiegenden Ordens-Kindergärten und die Caritas-Kindergärten wurden unter der Sammel-Bezeichnung „Caritas-Kindergarten“ zusammengefasst; im August 1945 konnten bereits 30 und im Oktober 1945 weitere 56 Caritas-Kindergärten eröffnet werden. Zur Weiterbildung der Kindergärtnerinnen wurden bereits Ende 1945 fünf mehrtägige Fortbildungskurse durchgeführt. Monatliche Arbeitsbriefe und die in Linz redigierte Kindergartenzeitschrift „Unsere Kinder”35, später auch ein logopädisch-phonetischer Dienst, um sprachgeschädigte Kinder zu fördern, zeigten die vielfältigen Initiativen dieses Referats.

Als 1952 anlässlich der Überschwemmungen in Italien und 1953 in Holland die Caritas Österreichs erstmals im Ausland half, war dies der Beginn eines neuen wichtigen Aufgabengebietes der Caritas, der Auslandshilfe.

Mit der großen Hochwasserkatastrophe in Oberösterreich setzte 1954 die „Caritas-Katastrophenhilfe“ ein.

Das alles bewältigte die Caritas mit einer sparsamen Verwaltung. Vor allem bemühte sich die Caritas auch immer, die gewaltigen caritativen Leistungen der katholischen Orden herauszustellen; so ist etwa Oberösterreich das Bundesland mit den meisten katholischen Krankenhäusern. Intensive Zusammenarbeit bestand (besteht) auch mit Wohltätigkeitseinrichtungen von Bund, Land, Gemeinden und sonstigen sozialen Vereinigungen.

V.3 Einnahmequellen

Die Not der Zeit zwang dazu, neben der Elisabeth-Sammlung und der Caritas-Haussammlung im Land noch eine eigene Lebensmittelsammlung durchzuführen, die allerdings erst möglich wurde, als die Caritas einen Lastkraftwagen und das entsprechende Benzin erhielt. Durch zwanzig Jahre bewährte sich diese „Natural-Sammlung", bei der Getreide, Kartoffeln und Gemüse, aber auch Fleisch, Speck, Eier und Holz gesammelt wurden.

Seit Beginn der Caritas-Haussammlungen (1949) informierte die Caritas gründlich und systematisch über Spenden, Aufgaben und Leistungen nach dem Motto: „Tut Gutes – und sprecht darüber!“ ← 28 | 29 →

In der ehemaligen Kapelle des Caritashauses war das zentrale Lebensmittellager der Caritas eingerichtet worden; die ersten Spenden aus dem Ausland kamen noch im Juli 1945 von der Schweizer Caritas, später bewährte sich die Schweizer Caritas auch insofern, als bei ihr manche im damaligen Österreich noch nicht erhältliche Medikamente angefordert werden konnten.

Wesentliche Spenden kamen von der amerikanischen NCWC (National Catholic Welfare Conference) und dem angeschlossenen Kriegshilfsdienst WRS (War Relief Services), der in Linz durch Father Flynn und Msgr. Harnett vertreten wurde. Hilfen gewährten ferner das päpstliche Hilfswerk („Pontificia commissione di Assistenza"), später auch die Ostpriesterhilfe und der Bauorden. Auch nichtkirchliche Organisationen vertrauten auf die Caritas und wickelten manche ihrer Hilfsaktionen über sie ab, wie etwa die Schweizer Europahilfe, die Ford-Stiftung und auch die Weltkinderorganisation der Vereinten Nationen, die UNICEF. Statistiken der Jahre 1948 bis 1954 ergeben für die Schweizer Caritas und das päpstliche Hilfswerk Bekleidungs- und Lebensmittelspenden im Gesamtwert von (damaligen) 1,5 Millionen, für die UNICEF solche im Wert von 2,1 Millionen und die Lieferungen der amerikanischen NCWC solche von 14,5 Millionen Schilling, die nach Oberösterreich gingen.

Ein erstes Aufatmen der Caritas spürte man sieben Jahre nach Kriegsende, als die Caritas erstmals nicht mehr nur Spendenempfänger war, sondern selbst mithelfen konnte, fremde Not zu lindern.

V.4 Flüchtlings- und Aufbauhilfe

Ein weiterer Schwerpunkt wurde die Hilfe für die Evakuierten der letzten Kriegsjahre und der Heimatvertriebenen der Jahre 1945 und 1946. In Oberösterreich verblieben die meisten der 1939 in Österreich eingetroffenen 57.000 Südtiroler und rund 280.000 heimatvertriebene „Altösterreicher", von denen das Gros in 51 Flüchtlingslagern wohnte, wo man auch Seelsorgezentren, Kindergärten etc. errichtet hatte. Ein 1949 errichtetes Flüchtlingsreferat (Leitung Josef Haltmayer) hat wesentlich zu einer organischen Verwurzelung der Heimatvertriebenen beigetragen. Caritas-Siedlungen mit Einfamilienhäusern in Linz-St. Martin (1950/1951), in Hörsching (Kirchenfeld-Siedlung 1952) und in Doppl-Pasching (Rudigier-Siedlung 1953/54), schließlich die Werenfried-Siedlung in Linz-Neue Heimat (1955/1956) dokumentieren vor allem die Hilfe zur Selbsthilfe durch (zinsenlose) Kleinkredite unter kluger Verwendung ausländischer Spenden.

Nach Auflösung der von den Vereinten Nationen zur Betreuung der Flüchtlinge nach dem 2. Weltkrieg betrauten Organisationen hatte 1948 UNHCR (UN ← 29 | 30 → Hochkommissariat für Flüchtlinge) den Rechtsschutz für Flüchtlinge übernommen. Mit dem UN Flüchtlingsprogramm UNREF sollten 1954 die letzten in Lager untergebrachten Flüchtlinge Wohnungen bekommen. Man glaubte nun, die Einrichtungen der UN für Flüchtlingshilfe reduzieren zu können, da das Flüchtlingsproblem „zu Ende gehe“ und seit 1948 die Flüchtlingszahl laufend abgenommen hatte. Allerdings wurden nun diese Lager mit Ungarnflüchtlingen aufgefüllt.

Infolge des sogenannten „Ungarischen Volksaufstandes 1956“ war Österreich neuerlich Ziel einer großen Flüchtlingswelle. Da damals der Linzer Caritasdirektor Hermann Pfeiffer auch die Funktion des Präsidenten der Österreichischen Caritas (1952–1964) innehatte, wurden viele Hilfsmaßnahmen und organisatorische Angelegenheiten via Caritasstelle Linz koordiniert.36

Die Aufgabe der Caritas bestand darin zu helfen, wo staatliche Maßnahmen (noch) nicht griffen. Nach Vereinbarung wurde die erste Hilfe bei der Ankunft, die Flüchtlinge mit den notwendigsten täglichen Gebrauchsartikel zu versorgen, vom Roten Kreuz geleistet. Die Caritas übernahm dann die Betreuung in Form von Sachspenden (Bekleidung, Schuhe, Lebensmittel), Geldspenden für Überbrückungshilfen, Kur- und Krankenhauskosten, Prothesen, Medikamente, Rechtsberatung, Arbeitsvermittlung, Dolmetsch-Dienste.

Bischof Joseph Cal. Fließer und Bischofkoadjutor Franz Sal. Zauner bemühten sich von Anfang an auch um die seelsorgliche Betreuung der Flüchtlinge. Zauner war von 1952 bis 1954 bereits als Referent für Flüchtlinge in der Österreichischen Bischofskonferenz tätig und hatte einen sehr guten Kontakt zu den Flüchtlingspriestern. Hauptaufgabe der Diözese war die Koordinierung der Seelsorge.

Für den ersten Flüchtlingsstrom aus Ungarn war in den in Neukirchen bei Lambach und Gallneukirchen aufgebauten Lagern ein „Kapellenwagen als fahrende Kirche“, den Caritasdirektor Pfeiffer von P. Werenfried van Straaten, dem Leiter der Ostpriesterhilfe, erbeten hatte, bei der religiösen Betreuung im Einsatz.

Alle Nationen der fremdsprachigen Flüchtlinge bekamen einen eigenen Seelsorger, angestellt von der Diözese. In den größten Lagern wurden eigene Lagerseelsorgestellen mit den kirchenrechtlichen Vollmachten einer Pfarre errichtet (z.B. Wels-St.Stephan). Aus dem Flüchtlingslager am VOEST-Werksgelände ← 30 | 31 → entwuchs das Betriebsseelsorgezentrum ‚Treffpunkt mensch & arbeit – Standort voestalpine‘.37

In der Diözese Linz gab es – wie in den Diözesen Wien und Graz – eigene bischöfliche Flüchtlings-Referenten; die neu angekommenen Flüchtlinge aus Ungarn hatten zusätzlich mit Bischof Stephan Laszlo einen eigenen apostolischen Visitator. Diesem wurden am 10. April 1957 bei der Bischofskonferenz in Wien auch die Agenden für die Caritasflüchtlinge und Ungarnhilfe übertragen.

Für die Jugend wurde ein ungarisches Lehrlingsheim errichtet, das sowohl als Jugendheim für Fremdsprachige als auch als religiöses Kulturzentrum der in Oberösterreich gebliebenen ungarischen Neuflüchtlinge diente; für die Studenten wurde 1957/1958 in Kammer am Attersee eine Ungarische Mittelschule mit Geldern des UNO Hochkommissariats, des Innenministeriums und verschiedener Organisationen geführt. Ca. 350 Schüler wurden in den 1 ½ Jahren des Bestehens unterrichtet; 140 Studenten legten die Matura ab.

Die Caritas Linz übernahm auch die Organisation des „Volksschulprojektes“ für die ungarischen Kinder in den Flüchtlingslagern, deren Familien auszuwandern beabsichtigten. Da diese Kinder vom Schulbesuch in den öffentlichen Schulen ausgeschlossen waren, ermöglichte die Caritas mit finanzieller Unterstützung des UNO Hochkommissariats Privatschulen für insgesamt 446 Schüler in den Lagern Haid, Steyr, Wels, Ried i.I., Wegscheid und Stadl Paura.

Für die Sesshaftmachung der Ungarnflüchtlinge war Ende 1958 österreichweit ein Programm von rd. 1.000 Wohnungen vorgesehen. Die Baugründe wurden von Bund und Gemeinden zur Verfügung gestellt. Die Flüchtlings-Aufbauhilfe der Caritas Linz konnte aus verschiedenen in Treuhand verwalteten Fonds wie SAH (Schweizer Auslandshilfe), Fordstiftung, Ostpriesterhilfe, Rotterdam Scheme, Fonds Internationale Aufbauhilfe, „Englandhilfe“ (der National School Union) namhafte finanzielle Hilfe leisten.

Die Auswandererberatung wurde in der Diözese Linz in Zusammenarbeit zwischen der NCWC (National Catholic Welfare Conference, = amerikanische Caritas) und der Caritas Österreich ab 1954 verstärkt betrieben und eine eigene Beratungsstelle eingerichtet.

Die Hilfe für die ungarischen Neuflüchtlinge wäre ohne Hilfe der Internationalen Caritas bzw. ausländischen Caritasorganisationen nicht möglich gewesen. Caritaspräsident Hermann Pfeiffer wandte sich sehr früh an die ← 31 | 32 → Deutsche Caritas-Zentrale und an die Amerikanische Caritas (NCWC) um Hilfe. Besonders enge Zusammenarbeit bestand naturgemäß zwischen der Caritas Österreichs und dem Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR).

Statistik38: Mit Stand 30. November 1956 waren in Oberösterreich in 13 Lagern 7.015 Flüchtlinge untergebracht, davon 2.023 in Ried i.I.

Mit 1. November 1958 befanden sich in Österreich rund 15.000 ungarische Flüchtlinge, unter den insgesamt (inkl. Volksdeutsche etc.) 30.000 Lagerinsassen in Österreich lebten allein 12.500 in oberösterreichischen Lagern.

VI. Vermögensrückstellungen39

Vordringliche Aufgabe der Nachkriegszeit war die Rückführung der von den Nationalsozialisten beschlagnahmten Gebäude, Grundstücke, Einrichtungen und Barvermögen.

Zur Geltendmachung der durch das „Nichtigkeitsgesetz“ vom 15. Mai 1946 sowie durch die „Rückstellungsgesetze“ begründeten Rechtsansprüche auf Rückstellung der nach dem 13. März 1938 entzogenen kirchlichen Vermögen und Rechte wurde – auf die Dauer des Bedarfes – beim Bischöflichen Ordinariat eine eigene „Abteilung für Vermögensrückstellung“ (VR) errichtet. Die VR hatte den ← 32 | 33 → Umfang der Rückstellungsansprüche kirchlicher Rechtsträger (Bistum, Domkapitel, Diözesanhilfsfonds, kirchliche Vermögensverwaltungen, Pfarrarmeninstitute, Caritas, Pfründenverwaltungen und kirchliche Anstalten) zu erheben und diese zu vertreten. Die Abteilung unterstand einem Komitee, das die Beschlüsse, die notwendigen Maßnahmen und die Geschäftsordnung festsetzte.40 Dem Komitee gehörten an: als Vertreter des Bischöflichen Ordinariates Generalvikar Josef Lugstein, des Seelsorgeamtes Franz Vieböck, der Finanzkammer Direktor Wilhelm Binder und der Caritas Dir. Johann Schließleder.

Die vermögensrechtlichen Fragen konnten nur allmählich mit viel bürokratischen Aufwand gelöst werden. In manchen Fällen kam es auch zu ‚Einigungen auf dem Kulanzweg‘. Eine besondere Herausforderung stellten die Religionsfondsgüter dar, ‚die dem Konkordat gemäß als in staatlicher Verwaltung stehende Güter der Kirche anzusehen seien; außerdem müsse in Rom um Erlaubnis einer Reform der Religionsfondsangelegenheiten durch die Bischöfe angesucht werden‘.41 Die große Bandbreite der Enteignungs- und Rückführungsproblematik kann hier nur beispielhaft angedeutet werden.

Das Priesterseminar, das nach dem „Anschluß“ beschlagnahmt, 1939 in das Stift Wilhering und 1944 in das Kloster der Oblatinnen in Urfahr verlegt worden war, konnte am 7. Juni 1945 in die Harrachstraße nach Linz zurückkehren. Eine drohende Beanspruchung durch das „Accomodation-Service“ der amerikanischen Besatzungsmacht konnte durch den energischen Protest des Bischofs verhindert werden. Im April 1947 urgierte Bischof Fließer bei Landeshauptmann Dr. Heinrich Gleißner (nach vorausgehender Intervention beim Linzer Bürgermeister Ernst Koref, der in puncto Raumfrage von der Landesregierung abhängig wäre) um Freimachung der kirchlichen Gebäude, die noch von Ämtern besetzt waren,42 damit das Schuljahr 1947/48 normal einsetzen könne. Hauptanliegen war aber, dass das Invalidenamt endlich aus dem Priesterseminar ausziehe, damit nach neun Jahren das Priesterseminar und die philosophisch theologische Lehranstalt die notwendigen Räume erhalte. So fehlte noch immer der Speisesaal für 120 Alumnen und die Wohnungsverhältnisse für die Theologen (durchwegs Heimkehrer) waren untragbar; Fließer erwartete, dass das Invalidenamt bis Sommer 1947 den 1. Stock des Priesterseminars freimache.43 Die letzten entzogenen Bücher aus der ‚Alumnats-Bibliothek’ des Priesterseminars wurden schließlich erst 2013 ← 33 | 34 → restituiert.44 Die 25.000 Bände umfassende Bibliothek des Priesterseminars einschließlich der Zimelien waren 1939 aus den beschlagnahmten Räumlichkeiten des Priesterseminars in der Harrachstraße in das Gebäude der Studienbibliothek am Schillerplatz (heute Landesbibliothek) abtransportiert und 1949/1950 nicht lückenlos retourniert worden. 2013 erregte die Restitution von 153 ausgeforschten Priesterseminarbänden großes mediales Aufsehen vor allem wegen einer kostbaren Pergamenthandschrift aus dem 15. Jh.45

Die Auflösung aller katholischen Schulen durch die NS-Behörden stellte die Diözese und die Orden nach dem Krieg vor riesige Aufgaben. Schwierige rechtliche Fragen waren zu klären und ein großer Einsatz zu leisten, bis die Rückgabe der Anstalten und deren Instandsetzung gelang. Als ein Beispiel für viele sei das Bischöfliche Knabenseminar Kollegium Petrinum erwähnt, das im Herbst 1945 den Schulbetrieb für die 1. und 2. Klasse im Stift Lambach und für die 3. Klasse im Stift Wilhering beginnen musste. Erst als am 29. Juni 1946 das angestammte Gebäude in Urfahr, Petrinumstraße 12, von den dort einquartierten russischen Besatzungstruppen geräumt worden war, konnte nach Durchführung der notwendigsten Aufräumungsarbeiten das Schuljahr 1946/47 wieder im Petrinum eröffnet werden. Die offizielle Rückstellung des Gebäudes an den Diözesan-Hilfsfonds erfolgte aber erst mit „Erkenntnis“ vom 14. Februar 1951, wodurch das „Enteignungserkenntnis“ vom 29. Februar 1940 aufgehoben wurde. Ganz frei war das Petrinum für die Zwecke der Diözese erst wieder ab 1960, nach dem Ausstieg der verschiedenen dort untergebrachten Verwaltungsstellen.

In einem feierlichen Festakt im Stift St. Florian erfolgte am 27. September 1946 die symbolische ‚Rückgabe der Stifte OÖs. aus der Verwaltung der Militärregierung (der Zone der Vereinigten Staaten) und der Landesregierung an die Kirche‘. Bischof Fließer wies in seiner Ansprache darauf hin, dass damit die konkrete Übergabe der Kirchengüter eingeleitet werde, die Anerkennung der kirchlichen Eigentümer sei Voraussetzung für die weitere Entwicklung […]. Zur angekündigten Sozialisierung wolle auch die Kirche ihren Beitrag leisten, doch dürfe man nicht die Preisgabe der kirchlichen Existenz verlangen […]. Die Sozialisierung könne nicht darin bestehen, dass man die kirchlichen Erträgnisse dem Staat oder dem Lande zuteile, und die Lasten für Gebäude und Personal der Kirche zumute. [… ] „Wir brauchen keine reiche Kirche, aber eine Kirche, die leben kann und dem Staat nicht zur Last fällt. Die Kirche ist festen Willens, mit ihrem Kirchenvermögen ← 34 | 35 → die damit verbundenen kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Pflichten zu erfüllen und den Nöten der Zeit weitgehend Rechnung zu tragen.“46

Mit der Anerkennung der kirchlichen Eigentumsrechte sei die erste wichtige Voraussetzung für eine Entwicklung geschaffen, für eine Neuordnung […] in der auch für die materiellen Belange weder für die Kirche noch für den Staat der Kirchenstaat oder das Staatskirchentum wünschenswert sei, ‚vielmehr sei die freie Kirche im freien Staat unter gegenseitigen gesetzlichen Garantien gerade in einer Demokratie das Erstrebenswerte‘.47

Für die Institutionen des 1903 gegründeten Vereines ‘Seraphisches Liebeswerk für Österreich‘ übernahm die Caritas die Rückstellungsverhandlungen; die Institute gingen sukzessive an die Caritas.48

Die diözesane Erziehungsanstalt ‚Zum Guten Hirten’ besaß in Alkoven einen Bauernhof; der in der NS-Zeit – weil zu der r. k. Kirche gehörig – entzogen worden war und wiederum an Enteignete der Göringwerke als Entschädigung weitergegeben wurde. Nach dem Krieg verzichtete die Diözese gegen eine Ausgleichszahlung auf diese Rückstellung.49

Die Entschädigungsforderung für insgesamt 643.641,10 kg abgelieferte Glocken (Kilopreis 5.80 Schilling) betrug 3,218.205 Schilling.50 Im Oktober 1944 lagen u.a. 143 Glocken aus OÖ. im Glockenlager Ilsenburg bei Hamburg, die nicht mehr eingeschmolzen wurden. Ein Teil der Glocken konnte ab 1946 noch aufgrund der Ablieferungsscheine, die das Ordinariat von den Pfarren eingefordert hatte,51 mühsam ausgeforscht und an die rechtmäßigen Ablieferer zurück gegeben ← 35 | 36 → werden.52

Eine Ausnahme bei der Restitution bildete das Katholische Vereinswesen. Bei der Auflösung dieser Vereine – meist Ortsgruppen, die der katholischen Aktion angehörten (Jugendvereine, KFO, einschließlich Pfadfinder, Reichsbund etc.), insgesamt waren 659 Vereine bis November 1939 in der Diözese Linz betroffen53 – ging es vor allem um das finanzielle Vermögen (Spareinlagen etc.). In der Diözese Linz hatten sich lokale Nationalsozialisten bereits in den ersten Märztagen 1938 Barvermögen und Sparbücher angeeignet und ihren eigenen Organisationen zugewiesen. Noch im April 1938 kam es aber zu einer Vereinbarung zwischen der katholischen Kirche (Bischof Gföllner) und der Gestapo, die auf NS-Seite in der Übernahme der Agenden durch den Stillhaltekommissar und auf katholischer Seite in einer eigenen Liquidationsstelle mündete. Für die Arbeit der Liquidation wurde Franz Vieböck54, Sekretär des Volksvereines und vertrauter Mitarbeiter des Bischofs, berufen, der außerdem gleichzeitg zum Generalsekretär der Katholischen Aktion ernannt wurde. Seine Aufgabe war es, das alte Vereinswesen zu zerschlagen und das neue Seelsorgekonzept aufzubauen. Die katholische Kirche in OÖ. liquidierte selbst die von den NS zur Auflösung bestimmten Vereine, und es gelang Vieböck in einigen Fällen, schon beschlagnahmte Gelder für die katholische Kirche zurückzuerhalten. Die Auflösung der Organisationen war im November 1938 abgeschlossen, und da sie auch von der katholischen Kirche als Selbstauflösung aufgefasst wurde, bildeten sie nach dem Ende des NS-Regimes keinen Gegenstand rekonstruktiver Überlegungen mehr.55

Auf Beschluss der Bischofskonferenz vom 20.–22. September 1945 sollten die Vereine und früheren Jugendorganisationen nicht wieder erstehen, sondern deren Vereinsgüter für die Kirche gesichert werden. Dagegen sei die ständisch gegliederte Katholische Aktion weiter auszubauen.56 Wenn im Einzelfall eine Wiedererrichtung eines Vereines notwendig wäre zur Wiedergewinnung des Vermögens, dürfe ← 36 | 37 → dies nur formell geschehen, die Auflösung des Vereines sei hernach unverzüglich einzuleiten.57

Das katholische Vereinswesen der Ersten Republik war wie ein Wildwuchs angesehen worden (selbst kleine Pfarren hatten 15 bis 20 katholische Vereine); in diesem Sinne sah die Kirche die Aufhebung der Vereine auch als ‚Bereinigung‘. Hand in Hand mit der Aufhebung wurde am Aufbau eines neuen Seelsorgeprogramms gearbeitet, die Energien und materiellen Ressourcen wurden in die neue Intensivform der Standesseelsorge umgelenkt. Dieses Konzept richtete sich ab den 20er Jahren und erst recht nach der „Liquidierung 1938/1939“ klar in Richtung Pfarre und ihrer Gliederung nach ‚Naturständen‘ – katholische Männerschaft, katholische Frauenschaft, Katholische Mädchenschaft, Katholische Burschenschaft. Innerkirchlich wurde die Katholische Aktion mit dem Aufbau dieser Standesseelsorge betraut.

VII. Aufbau des Seelsorgeamtes und der Katholischen Aktion

VII.1 Seelsorgeamt58

Die Errichtung des Seelsorgereferates (1938) bzw. des Seelsorgeamtes (1939) in der Diözese Linz war eine Maßnahme, um zumindest die notwendigsten Funktionen der Kirche sicherzustellen und bot ein solides Fundament für den Neuaufbau der Kirche nach dem „Zusammenbruch".

Franz Vieböck als Leiter des Seelsorgeamtes versuchte in einem am 10. Juli 1945 erstellten Grundsatzkonzept die künftigen Aufgaben- bzw. Arbeitsgebiete des Seelsorgeamtes zu umreißen. An vorderster Stelle von insgesamt 14 angeführten Bereichen (Referaten) stand die „Sorge um die Priester", zum Teil mit den bereits bekannten Methoden der persönlichen Betreuung, Priesterexerzitien, Einkehrtagen und Seelsorgerarbeitskreisen, zum Teil aber auch mit neuen Aufgaben, wie der Sorge um den Priesternachwuchs, der ja aufgrund der kriegsbedingten Schließung des Priesterseminars und dem Kriegs- und KZ-Tod vieler Priester bzw. Priesterstudenten sehr gefährdet erschien, sowie in der „Sorge um gefährdete und verirrte Priester“ und in der Betreuung von Priestergrabstätten.

Den zweiten Bereich bildete die Seelsorge im Allgemeinen. Vordringliches Interesse kam hier zunächst der aktuellen Lage der Seelsorge zu, die es durch Visitationsberichte und durch die Erstellung einer Diözesanstatistik zu erfassen galt, um ← 37 | 38 → nach erfolgter Analyse der aktuellen Seelsorgsprobleme Strategien der Planung und Lenkung für die seelsorglichen Bedürfnisse der Diözese in die Wege zu leiten.

Der Bereich der Standesseelsorge sah eine fünffache Gliederung in Kinder-, Jugend-, Frauen-, Männer- und Familienseelsorge vor. Die Umsetzung dieser kategoriellen Seelsorge sowie der Bereich der Sonderbetreuung bestimmter Berufsgruppen (Bauern, Akademiker, Lehrer, Krankenpflegerinnen) oblag der Katholischen Bewegung (Actio Catholica), der Katholischen Aktion.

Vieböck sah im selben Grundsatzkonzept die Unterbringung des Seelsorgeamtes im sogenannten Caritas-Haus, Seilerstätte 14, in Linz vor. Mit der Übersiedlung des Seelsorgeamtes sowie der Schriftleitung und Verwaltung des „Linzer Kirchenblattes“ in dieses Haus am 1. Mai 1946 wurde ein wichtiger Grundstein für die weitere Entwicklung des Seelsorgeamtes gelegt.

Die neue Zeit stellte hohe Anforderungen an das Seelsorgeamt und seine Mitarbeiter, ging es doch darum, Impulsstelle für eine zukünftige Seelsorgsarbeit zu sein; eine Aufgabe, deren Entwicklung in den ersten Nachkriegsjahren nur äußerst schwer abschätzbar war.

Details

Seiten
881
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653057973
ISBN (ePUB)
9783653963625
ISBN (MOBI)
9783653963618
ISBN (Hardcover)
9783631665206
DOI
10.3726/978-3-653-05797-3
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (April)
Schlagworte
NS-Zeit Zweite Republik Konkordate Religions- und Ethikunterricht
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016. 881 S., 19 s/w Abb.

Biographische Angaben

Hans Paarhammer (Band-Herausgeber:in) Alfred Rinnerthaler (Band-Herausgeber:in)

Hans Paarhammer ist emeritierter Professor für Kirchenrecht am Fachbereich Praktische Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Salzburg. Alfred Rinnerthaler ist außerordentlicher Professor am Fachbereich Sozial- und Wirtschaftswissenschaften (Bereich Rechtsgeschichte und Religionsrecht) an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg.

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Titel: Kirchlicher Wiederaufbau in Österreich
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