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Schutzlücken im System effektiven Rechtsschutzes bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen

von Claudia Fechner (Autor:in)
©2016 Dissertation 244 Seiten

Zusammenfassung

Die Verfasserin zeigt Lücken bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen im Individual- und Kollektivschadensbereich auf und analysiert diese anhand von verfassungs- und europarechtlichen Grundsätzen.
Im Individualschadensbereich führen Finanzierungsdefizite und mangelnde Finanzierungshilfen zu einer Rechtsschutzlücke. Die Autorin stellt die Durchsetzungsdefizite für Geschädigte, die nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, sowie für Verdiener der Mittelschicht dar.
Im Kollektivschadensbereich sind die derzeit existierenden Klagemöglichkeiten in ihrer Effektivität beschränkt, da die gesetzlichen Regelungen keinen ausreichenden Anreiz schaffen, um kollektive Prozesse anzustrengen. Dieses Buch markiert, dass insbesondere für Bagatellschäden eine effektive Rechtsdurchsetzung nur in wenigen Fällen möglich ist.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung
  • Gang der Untersuchung
  • Thesen
  • Kapitel 1: Tatsächliche und rechtliche Grundlagen
  • § 1 Rechtsschutz (Rechtlicher Rahmen)
  • § 2 Die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen
  • I. Funktion des Schadensersatzrechts
  • II. Praktische Rechtsdurchsetzung
  • 1. Verfahren bis 5.000,00 €
  • 2. Verfahren ab 5.000,00 €
  • 3. Verfahren vor den Landgerichten als Berufungsinstanz, OLG und BGH
  • III. Rechtsschutzstrategien zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen
  • § 3 Fazit
  • Kapitel 2: Finanzierungsdefizit im Haftungsrecht
  • § 1 Rechtsschutzstrategien im Haftungsrecht
  • 1. Massenschäden
  • a. Großschäden
  • aa. Großunfälle
  • bb. Massenschäden durch Hersteller- und Produktfehler
  • b. Bagatellschäden
  • c. Streuschäden
  • 2. Individualschaden
  • II. Schädiger bzw. klagebefugter Gegner und Geschädigte
  • III. Alternative Dispute Resolution
  • 1. Außergerichtliche Streitlösung in Deutschland
  • a. Schlichtung
  • aa. Gütestellen im Sinne von § 15 a Abs. 1 und 6 EGZPO
  • bb. Schlichtungsstellen im Sinne von § 15 a Abs. 3 EGZPO
  • (1) Tätigkeit des Ombudsmanns für Versicherungen
  • (2) Verfahren
  • b. Mediation
  • c. Schiedsgerichtsbarkeit
  • d. Fazit
  • 2. Maßnahmen auf EU-Ebene
  • a. ADR-Richtline und ODR-Verordnung
  • aa. Maßnahmenpaket 2011
  • bb. Umsetzung auf EU-Ebene 2013
  • cc. Geplante Umsetzung auf nationaler Ebene 2015
  • b. Fazit
  • § 2 Finanzierungsdefizit
  • I. Kostenrecht
  • 1. Erhebung von Gerichts- und Anwaltskosten
  • 2. Vorschusspflicht
  • 3. Loser-pays-Prinzip
  • 4. Kostenbeispielsrechnung
  • 5. Fazit
  • II. Finanzierungshilfen de lege lata
  • 1. Prozesskostenhilfe
  • a. Gerichtsverfahren
  • b. Alternative Verfahren
  • c. Analyse
  • 2. Rechtsschutzversicherung
  • a. Gerichtsverfahren
  • b. Alternative Verfahren
  • c. Analyse
  • 3. Prozesskostenfinanzierung
  • a. Darstellung
  • b. Analyse
  • 4. Darlehen
  • a. Darstellung
  • b. Analyse
  • 5. Ergebnis
  • § 3 Ergebnis
  • Kapitel 3: Rechtsschutzdefizit im Kollektivschadensrecht
  • § 1 Rechtstatsachen
  • I. Der Zivilprozess
  • II. Grundlagen des Kollektivverfahrens
  • § 2 Kollektive Rechtsschutzstrategien
  • I. Kollektive Rechtsschutzstrategien in Deutschland
  • 1. Verbandsklagen
  • a. Tatsächliche und rechtliche Grundlagen
  • aa. Hintergrund
  • (1) Finanzierung
  • (2) Praktische Relevanz
  • bb. Klagebefugte Einrichtungen
  • b. Anspruch auf Gewinnabschöpfung
  • aa. § 10 UWG
  • bb. § 34 a GWB
  • cc. Funktionsanalyse
  • (1) UWG
  • (2) GWB
  • c. Verbandsklage auf Unterlassung und Beseitigung
  • aa. Unterlassungsklagengesetz (UKlaG)
  • (1) Tatbestände
  • (a) § 1 UKlaG
  • (b) § 2 UKlaG
  • (2) Verfahren
  • (3) Rechtsfolge
  • bb. § 8 UWG
  • (1) Voraussetzungen
  • (2) Rechtsfolgen
  • cc. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
  • dd. Funktionsanalyse
  • d. § 8 RDG und § 79 Abs. 2 Nr. 3 ZPO
  • 2. Musterklage
  • a. KapMuG
  • aa. Darstellung
  • bb. Funktionsanalyse
  • b. Musterprozessabrede
  • aa. Darstellung
  • bb. Funktionsanalyse
  • 3. Sammelklage/ Gruppenklagen
  • a. Streitgenossenschaft
  • aa. Darstellung
  • bb. Funktionsanalyse
  • b. § 147 ZPO
  • aa. Rechtlicher Hintergrund
  • bb. Wirkung von § 147 ZPO
  • cc. Funktionsanalyse
  • c. Objektive Klagehäufung § 260 ZPO
  • aa. Inkassomodell
  • bb. Abtretungsmodell
  • (1) Darstellung des Abtretungsmodells
  • (2) Beispielhafte Umsetzung: Gesellschaftsmodell
  • cc. Prozesskostenfinanzierungsvertrag/ Stille Zession
  • dd. Finanzierungsvertrag mit offener Sicherungsabtretung
  • ee. Ermächtigungsmodell
  • ff. Fazit
  • 4. Alternative Abwicklungspraxis
  • a. Sozial- und Privatversicherungssystem
  • b. Stille Regulierungsabkommen
  • c. Entschädigungsfonds
  • d. Fazit
  • 5. Ergebnis
  • II. Kollektive Rechtsschutzstrategien in Europa
  • 1. Handlungsinitiativen auf dem Gebiet des Verbraucherrechts
  • 2. Handlungsinitiativen auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts
  • a. Grünbuch „Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts“
  • b. Weißbuch „Schadensersatz wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts“
  • 3. Konsultation zum Kollektiven Rechtsschutz
  • 4. Empfehlung vom 11.06.2013
  • 5. Fazit
  • III. Kollektiver Rechtsschutz in ausgewählten Ländern der EU und den USA
  • 1. Kollektiver Rechtsschutz in der EU
  • a. Niederlande
  • b. Skandinavien
  • c. Österreich
  • d. England
  • e. Frankreich
  • f. Fazit
  • 2. Class action in den USA
  • IV. Ergebnis
  • Kapitel 4: Verstoß des Finanzierungs- und Rechtsdurchsetzungsdefizits gegen deutsches Verfassungsrecht und europäisches Recht
  • § 1 Verfassungsrechtliche Analyse
  • I. Justizgewährleistungsanspruch
  • 1. Schutzumfang
  • 2. Verletzung des Justizgewährleistungsanspruchs
  • a. Feststellung der Verletzung des Justizgewährleistungsanspruchs
  • b. Abwägung
  • aa. Massenklagedefizit
  • (1) Praktisches Rechtsdurchsetzungsdefizit
  • (2) Zivilprozessuale Grundsätze
  • (a) Gruppenverfahren
  • (b) Verbandsklage
  • (aa) Dispositionsgrundsatz bei der Verbandsklage
  • (bb) Verhandlungsgrundsatz bei der Verbandsklage
  • (cc) Privatautonomie
  • (3) Kollektive Gerechtigkeit
  • (4) Erledigung des Rechtsstreits in angemessener Zeit
  • (5) Zwischenergebnis
  • bb. Finanzierungsdefizit
  • 3. Ergebnis
  • II. Anspruch auf rechtliches Gehör Art. 103 Abs. 1 GG
  • 1. Schutzumfang
  • 2. Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG
  • a. Feststellung der Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG
  • b. Abwägung
  • aa. Massenklagedefizit
  • (1) Repräsentanten im Gruppenverfahren
  • (2) Einschränkung des rechtlichen Gehörs bei der Verbandsklage
  • (3) Opt-out Modelle bei Bagatell- und Großschäden
  • (4) Effektives Verfahren
  • (5) Fazit
  • bb. Finanzierungsdefizit
  • 3. Ergebnis
  • III. Gebot der Waffengleichheit
  • 1. Schutzumfang
  • 2. Verletzung des Gebots der Waffengleichheit
  • a. Feststellung der Verletzung des Gebots der Waffengleichheit
  • b. Abwägung
  • aa. Finanzierungsdefizit
  • bb. Defizit bei der Durchsetzung von Massenansprüchen
  • 3. Ergebnis
  • IV. Recht auf ein rechtsstaatliches und faires Verfahren
  • 1. Schutzumfang
  • 2. Verletzung des Rechts auf ein rechtsstaatliches und faires Verfahren
  • 3. Ergebnis
  • V. Ergebnis
  • § 2 Europarechtliche Analyse
  • I. Art. 6 EMRK
  • 1. Schutzbereich
  • 2. Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK
  • 3. Ergebnis
  • II. Art. 47 Abs. 2 Grundrechte- Charta der EU
  • 1. Schutzbereich
  • 2. Verletzung von Art. 47 Abs. 2 GRCh
  • III. Ergebnis
  • § 3 Fazit
  • Kapitel 5: Handlungspflicht des Gesetzgebers
  • § 1 Legislative Handlungspflicht bei Rechtsschutzlücken
  • § 2 Rechtsbehelfe zur Anspruchsdurchsetzung
  • I. Haftung aus Art. 34 S. 1 GG i.V.m. § 839 Abs. 1 GG
  • II. Untätigkeitsklage
  • III. Frankovich-Dokrtin
  • IV. Organstreitverfahren Art. 93 I Nr. 1 GG iVm. § 13 Nr. 5 BVerfGG, §§ 63 ff. BVerfG
  • V. Petitionsrecht aus Art. 17 GG
  • VI. Verfassungsbeschwerde Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 ff BVerfGG
  • VII. Ergebnis
  • § 2 Überwindung des Rechtsschutzdefizits im Kollektivschadensrecht
  • I. Verfassungs- und zivilprozessuale Vorgaben
  • 1. Anspruch auf rechtliches Gehör
  • 2. Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG
  • 3. Vorrang des Individualrechtsschutzes
  • 4. Verfahrensgrundsätze
  • II. Vorschläge zur Überwindung des Rechtsdurchsetzungsdefizits bei Großschäden
  • 1. Gruppenklagevorschlag von Micklitz/Stadler
  • 2. Begrenztes Gruppenverfahren nach Lange
  • 3. Gruppenklagevorschlag von Bündnis 90/ Die Grünen
  • 4. Fazit
  • III. Vorschläge zur Überwindung des Rechtsdurchsetzungsdefizits bei Bagatellschäden
  • 1. Absenkung der Anforderungen bei der Gewinnabschöpfungsklage
  • 2. Opt-out Gruppenverfahren
  • 3. Fazit
  • § 3 Überwindung des Finanzierungsdefizits
  • I. Einführung von Erfolgshonorar
  • 1. Erfolgshonorar in Deutschland
  • 2. Erfolgshonorar in den USA
  • 3. Fazit
  • II. Prozesskostenfinanzierung
  • 1. Darstellung
  • 2. Beispiele
  • a. geblitzt.com
  • b. Projekt „Taggenaue Bemessung von Schmerzensgeld“
  • III. Anspruch auf angemessene Schadensregulierung
  • IV. Fazit
  • § 4 Ergebnis
  • I. Massenklagendefizit
  • II. Finanzierungsdefizit
  • Kapitel 6: Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
  • Literaturverzeichnis

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Einleitung

Ziel des Rechtsstaats ist es, einen Maßstab für menschliches Handeln1 und damit einen Minimalkonsens über ethische Werte zu schaffen2, welche dem menschlichen Zusammenleben eine Ordnung geben.3 Dessen Umsetzung bedarf der gesetzgeberischen Ausgestaltung. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei der effiziente und effektive Rechtsschutz für den Bürger.4

National gewährleistet die Verfassung durch Art. 19 Abs. 4 GG und den Justizgewährleistungsanspruch5 den Zugang zum Recht. Europarechtlich folgt dies aus Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Art. 47 Abs. 2 Grundrechte Charta der EU (GRCh).

Die vorliegende Arbeit untersucht die Schutzlücken bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen im Individual- und Kollektivprozess und verfolgt das Ziel, Defizite aufzudecken und gegebenenfalls eine verfassungs- und europarechtliche Handlungspflicht des Gesetzgebers zu schaffen.

Der klassische Zivilprozess ist auf den Individualprozess ausgelegt und damit auf eine Zwei-Parteien-Situation.6 Diese Vorstellung vom Zivilprozess ist seit dem Inkrafttreten der Zivilprozessordnung im Jahre 1879 – noch als Teil der Reichsjustizgesetze – nicht verändert worden. Die Zivilprozessordnung kennt zwar Instrumente der Anspruchskumulierung wie beispielsweise die Streitgenossenschaft,7 ein Gruppenverfahren ist jedoch nicht vorgesehen. Im Jahre 2005 hat der Gesetzgeber das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz geschaffen, welches erstmals ein privatrechtliches Klageverfahren zur gebündelten Feststellung von Tatsachen und Rechtsfragen von Schadensersatzansprüchen vorsieht. ← 17 | 18 → 8

Im Zuge der gesellschaftlichen Entwicklung hin zur modernen Konsumgesellschaft sind Massenschäden, die sich beispielsweise aus serienmäßigen Produktfehlern ergeben9, typisch. Daher ist die Frage nach der Implementierung und Verbesserung von bestehenden kollektiven Rechtsschutzinstrumenten unumgänglich.

Die Novellierung kollektiver Rechtsschutzinstrumente ist sowohl auf nationaler10 als auch auf europäischer Ebene einer ständigen rechtspolitischen Diskussion zugänglich.11 Neben dem Weißbuch „Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts“ (April 2008) und dem Grünbuch „Kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren für Verbraucher“ (November 2008) hat die Europäische Kommission am 11.06.2013 eine Empfehlung zu „Gemeinsamen Grundsätzen für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten“12 veröffentlicht.

Im Fokus der Empfehlung steht der seit langem erklärte Wille der Kommission, den Zugang zur Justiz insbesondere in den Bereichen „Verbraucherschutz, Wettbewerb, Umweltschutz, Schutz personenbezogener Daten, Finanzdienstleistungen und Anlegerschutz“13 durch den kollektiven Rechtsschutz zu erleichtern, um damit Privatpersonen und Organisationen zu ermöglichen, bei der Schädigung einer Vielzahl von Personen durch dieselbe rechtswidrige Verhaltensweise eine Unterlassungsklage und gegebenenfalls eine Schadensersatzklage anzustrengen.

Ausdrücklich abgelehnt wird sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene die class action aus den USA.14

In Deutschland verhindert in vielen Fällen die Frage nach der Finanzierung des Gerichtsverfahrens15 eine effektive Rechtsdurchsetzung. Die Erhebung der Klage ist mit einer Reihe von Kosten verbunden, welche selbst bei hohen ← 18 | 19 → Erfolgsaussichten Betroffene von einer Klage absehen lassen.16 Der Kläger hat Vorschusspflichten, die ihn zwingen, einen Großteil der Kosten vor dem Abschluss des Verfahrens zu erbringen. Ferner gilt das loser-pays-Prinzip gemäß § 91 Abs. 1 ZPO, so dass der Kläger im Zweifel alle Kosten zu tragen hat. Bei Klagen mit hohem Streitwert können die Kosten unter Umständen mehr als 50 % ausmachen.17

Es existierend daher gesetzliche18 und private19 Finanzierungshilfen, welche die Aufgabe haben, die dadurch entstehenden Zugangshindernisse zu überwinden.

Der Fokus der Arbeit liegt auf der Analyse der Kollektivverfahren im Hinblick auf die Gewährleistung des Zugangs zum Recht und der eng damit verbundenen Frage nach der Finanzierung von Individual- und Massenverfahren. ← 19 | 20 →


1 Zuck, NJW 1999, S. 1517 (1517).

2 Pawlowski, Einführung in die juristische Methodenlehre, S. 16.

3 Zippelius, Rechtsphilosophie, S. 3.

4 Dies folgt aus Art. 19 Abs. 4 GG und dem Justizgewährleistungsanspruch.

5 Der allgemeine Justizgewährleistungsanspruch ist Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips in Verbindung mit den Grundrechten, insbesondere Art. 2 Abs. 1 GG (BVerfGE 93, 99 (107)).

6 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 40, Rn. 26; Blomeyer, Zivilprozeßrecht, § 6 II, S. 65.

7 §§ 59 ff. ZPO.

8 Vgl. § 2 Abs. 1 KapMuG.

9 Koch, JZ 1998, 801 (802).

10 Vgl. die Gruppenklagevorschläge von Micklitz/Stadler, Das Verbandsklagerecht in der Informations- und Dienstleistungsgesellschaft, S. 1417 ff.; Lange, Das begrenzte Gruppenverfahren, S. 272 ff.; Bündnis 90/Die Grünen, BT Drs. 18/1464.

11 Lange, Das begrenzte Gruppenverfahren, S. 1.

12 Kommission, Empfehlung v. 11.06.2013, Gemeinsame Grundsätze für kollektive Unterlassungs- und Schadensersatzverfahren in den Mitgliedstaaten bei Verletzung von durch Unionsrecht garantierten Rechten, (2013/396/EU).

13 Kommission, Empfehlung der Kommission vom 11.06.2013 (2013/396/EU), Erwägungsgrund 7.

14 Mehr dazu in Kapitel 3 § 2 III 2.

15 Vgl. dazu ausführlich Kapitel 2 § 2.

16 Vgl. dazu ausführlich Kapitel 2 § 1 III.

17 Vgl. dazu das Beispiel in Kapitel 2 § 1 III.

18 Dies ist beispielsweise die Prozesskostenhilfe gemäß §§ 114 ff. ZPO.

19 Dazu gehört beispielsweise die Rechtsschutzversicherung.

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Gang der Untersuchung

Ziel der Arbeit ist es, Lücken bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen aufzuzeigen und diese anhand von verfassungs- und europarechtlichen Gesichtspunkten zu analysieren.

Zur Einordnung des Gegenstands und der Thematik der Arbeit stellt Kapitel 1 die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen für Rechtsschutzstrategien zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen dar und gibt eine Definition des Begriffs „Rechtsschutzstrategie bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen“. Zu differenzieren ist hinsichtlich der Zielrichtung zwischen Individual- und Kollektivverfahren, da anders als bei Individualverfahren Kollektivverfahren auch öffentlichen Interessen gewidmet sind.

Kapitel 2 analysiert die Rechtsschutzstrategien im Individualprozess auf Grundlage der in Kapitel 1 gegebenen Definition des Begriffs „Rechtsschutzstrategie“. Dabei werden die einzelnen Komponenten der Definition dargestellt und analysiert. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Analyse der Finanzierungshilfen.

Kapitel 3 untersucht die Verfahren der zivilprozessualen Kollektivierung in Deutschland im Hinblick auf Rechtsdurchsetzungsdefizite mangels eigenständigem Gruppenverfahren auf Schadensersatz. Daran schließt sich die Darstellung der europäischen Maßnahmen zur „Europäischen Sammelklage“ an.

Anschließend findet ein Rechtsvergleich zwischen den europäischen Mitgliedsländern statt, um die fortschreitende Rechtsangleichung darzustellen und deren Bedeutung für das nationale Verfahrensrecht herauszuarbeiten.

In Kapitel 4 erfolgt auf der Grundlage der Ergebnisse aus den Kapiteln 2 und 3 eine verfassungs- und europarechtliche Analyse des Zustands de lege lata. Die aufgefundenen Defizite werden anhand der verfassungs- und europarechtlichen Prozessrechte und -grundrechte untersucht. Darauf aufbauend ist die Frage nach der Handlungspflicht und der Umsetzung durch den Gesetzgeber Inhalt von Kapitel 5. Es werden die verfassungs- und zivilprozessualen Grenzen aufgezeigt und ein Überblick über die Diskussion in Deutschland zur Behebung des Rechtsdurchsetzungsdefizits bei Massen- und Individualverfahren gegeben.

Abschließend fasst Kapitel 6 die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit zusammen. ← 21 | 22 →

← 22 | 23 →

Thesen

Der vorliegenden Arbeit liegen drei Thesen zu Grunde:

These 1: Praktische Rechtsdurchsetzungsdefizite ergeben sich im Individual- und Kollektivrechtsschutz durch eine Finanzierungslücke. Das Rechtsdurchsetzungsdefizit verstößt gegen verfassungs- und europarechtliche Vorgaben.

These 2: Die Kollektivenrechtsschutzstrategien de lege lata sind zur effektiven und effizienten Durchsetzung von Massenschadensersatzansprüchen nicht ausreichend. Die Lücke, welche dadurch entsteht, verstößt gegen verfassungsrechtliche und europarechtliche Grundsätze.

These 3: Der Gesetzgeber hat eine Handlungsverpflichtung zur Beseitigung der Rechtsschutzlücken bei der Durchsetzung von Massen- und Individualschadensansprüchen. ← 23 | 24 →

← 24 | 25 →

Kapitel 1:  Tatsächliche und rechtliche Grundlagen

§ 1  Rechtsschutz (Rechtlicher Rahmen)

Damit Schadensersatzansprüche von den Betroffenen durchgesetzt werden können, bedarf es eines rechtlichen Rahmens im Sinne eines Rechtssystems.

Ein Rechtssystem benötigt Regeln, die für die Individuen sicherstellen, dass ein Zugang zum Recht besteht.20 Der gleiche Rechtsschutzzugang für alle Individuen ist nicht nur Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Rechtssystem, sondern auch unerlässlich für die Herstellung von Gerechtigkeit, da dem deutschen Rechtssystem das Verbot der Selbsthilfe inhärent ist.21

Der Rechtszugang muss nicht nur möglich, sondern auch effektiv sein. Dies bedeutet, dass Verfahren in angemessener Zeit bearbeitet werden müssen22, damit der Kläger Rechtssicherheit erfährt und die Justiz nicht übermäßig belastet wird.23 Die Gewährleistung des rechtlichen Gehörs ist durch die Verfassung in Art. 103 Abs. 1 GG und europarechtlich durch Art. 6 EMRK und Art. 47 Abs. 2 Grundrechte Charta garantiert. Rechtsschutzstrategien haben die Aufgabe, Rechtszugang zu gewähren. Darüber hinaus müssen sie effektiv und effizient sein. Die Ausführungen dieser Arbeit sind auf die Analyse des Rechtsschutzzugangs im Zivilprozess unter dem Aspekt der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen beschränkt.

§ 2  Die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen

Details

Seiten
244
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653063578
ISBN (ePUB)
9783653959260
ISBN (MOBI)
9783653959253
ISBN (Hardcover)
9783631667415
DOI
10.3726/978-3-653-06357-8
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (April)
Schlagworte
Individualrechtsschutz Bagatellschäden Massenschäden Finanzierungshilfen
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016. 244 S.

Biographische Angaben

Claudia Fechner (Autor:in)

Claudia Fechner studierte Rechtswissenschaften in Frankfurt (Oder). Sie war dort Studentische Hilfskraft am Institut für Konfliktmanagement und am Masterstudiengang für Mediation sowie Wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Wirtschaftsrecht. Sie arbeitete als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt-Universität zu Berlin, an der sie promoviert wurde.

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