Lade Inhalt...

Die Europäische Investitionsbank

Funktion und Kontrolle im unionalen Verfassungssystem

von Katharina Kramer (Autor:in)
©2015 Dissertation 299 Seiten

Zusammenfassung

Das Buch untersucht die Funktion und Kontrolle der Europäischen Investitionsbank (EIB) im unionalen Verfassungssystem. Katharina Kramer zufolge ist die EIB ein multifunktionales Integrationswerkzeug der EU, bei dem jedoch ein demokratisches Kontroll- und Rechenschaftsdefizit besteht. Zu diesem Schluss gelangt sie nach einer eingehenden Untersuchung der Kontrollmechanismen, denen das Handeln der EIB unterworfen ist. Zugleich zeigt sie Möglichkeiten zur Behebung des Kontrolldefizits auf.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • 1. Kapitel: Einführung
  • A. Die Bank der Europäischen Union
  • B. Autonomie und politische Kontrolle
  • C. Gang der Untersuchung
  • 2. Kapitel: Die Institution „Europäische Investitionsbank“
  • A. Die Entstehungsgeschichte der Europäischen Investitionsbank
  • B. Die Stellung der EIB im institutionellen Gefüge der Union
  • I. Rechtspersönlichkeit
  • 1. Unionsinterne Rechtspersönlichkeit
  • 2. Unionsexterne Rechtspersönlichkeit
  • II. Die Organisationsstruktur der EU
  • 1. Schichtenmodell
  • 2. Einordnung der EIB
  • a. Grundlegende Einordnung der EIB
  • b. Institutionelle und funktionelle Autonomie
  • c. Doppelnatur der Bank
  • III. Zusammenfassung
  • C. Die Organisationsstruktur der EIB
  • I. Rechtsgrundlagen
  • II. Mitglieder
  • 1. Akzessorietät der Mitgliedschaft
  • 2. Rechtsfolgen der Mitgliedschaft
  • a. Mitgliedstaatliche Pflichten
  • b. Mitgliedstaatliche Rechte
  • III. Organe der EIB
  • 1. Der Rat der Gouverneure
  • a. Zusammensetzung
  • b. Aufgaben und Befugnisse
  • c. Beschlussfassung
  • 2. Der Verwaltungsrat
  • a. Zusammensetzung
  • b. Aufgaben und Befugnisse
  • c. Beschlussfassung
  • 3. Das Direktorium
  • a. Zusammensetzung
  • b. Aufgaben und Befugnisse
  • c. Beschlussfassung
  • 4. Der Prüfungsausschuss
  • a. Zusammensetzung
  • b. Aufgaben und Befugnisse
  • c. Beschlussfassung
  • IV. Das Personal der EIB
  • V. Kapitalausstattung der EIB
  • 1. Gezeichnetes Kapital
  • 2. Eingezahltes Kapital
  • 3. Haftkapital
  • D. Die Europäische Investitionsbank-Gruppe
  • I. Der Europäische Investitionsfonds
  • II. Das Institut der Europäische Investitionsbank
  • E. Zusammenfassung
  • 3. Kapitel: Die Aufgabe der Europäischen Investitionsbank
  • A. Primärrechtliche Aufgabenbeschreibung
  • I. Aufgabenwahrnehmung im Interesse der Union
  • II. Sachlicher Zuständigkeitsbereich
  • 1. Vorhaben zur Erschließung weniger entwickelter Gebiete
  • 2. Vorhaben zur Modernisierung von Unternehmen und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze
  • 3. Vorhaben von gemeinsamem Interesse
  • 4. Zusammenfassung
  • III. Räumlicher Zuständigkeitsbereich
  • 1. Unionsinterner Bereich
  • 2. Unionsexterner Bereich
  • a. Primärrechtliche Rechtsgrundlagen
  • aa. Art. 16 Abs. 1 UAbs. 2 EIB-Satzung
  • bb. Art. 309 UAbs. 1 AEUV
  • cc. Art. 209 Abs. 3 AEUV
  • dd. Art. 212 Abs. 1 S. 1 AEUV
  • b. Das Außenmandat der EIB
  • aa. Mandatierungsverfahren
  • bb. Inhalt des Außenmandats
  • IV. Kooperationsverpflichtung
  • 1. Finanzierungsinstrumente der EU
  • 2. Internationale Organisationen und nationale Finanzierungsinstitute
  • B. Zusammenfassung
  • 4. Kapitel: Die Finanzierungstätigkeit der EIB
  • A. Die Mittel der EIB
  • I. Eigene Mittel
  • II. Mittel des Kapitalmarkts
  • III. Treuhandmittel
  • B. Allgemeine Geschäfts- und Finanzierungsgrundsätze der EIB
  • I. Fehlen eines Erwerbszwecks
  • II. Grundsatz der Teilfinanzierung und der Subsidiarität
  • III. Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und der Einzelprojektfinanzierung
  • C. Das Aktivgeschäft der EIB
  • I. Finanzierungsinstrumente
  • 1. Darlehen und Bürgschaften
  • 2. Weitere Finanzierungsinstrumente
  • 3. Förderungsempfänger
  • 4. Kreditvergabeverfahren
  • 5. Finanzierungsvoraussetzungen
  • 6. Rechtswahl
  • II. Das Passivgeschäft der EIB
  • 1. Refinanzierungsinstrumente
  • 2. Territoriale Beschränkung
  • 3. Interesse der Union
  • D. Zusammenfassung
  • 5. Kapitel: Die Funktion der EIB im unionalen Verfassungssystem
  • A. Die Finanzierungsfunktion der EIB
  • I. Das Finanzierungssystem der EU
  • 1. Mittelausstattung
  • a. Einnahmen
  • aa. Entwicklung des Eigenmittelsystems
  • bb. Eigenmittelarten
  • (1) Traditionelle Eigenmittel
  • (2) Mehrwertsteuereigenmittel
  • (3) BNE-Eigenmittel
  • cc. Sonstige Einnahmen
  • b. Ausgaben
  • c. Die Möglichkeit der Kreditfinanzierung
  • aa. Zweckungebundene Kreditaufnahme
  • bb. Zweckgebundene Kreditaufnahme
  • cc. Kreditinstrumente der Union
  • (1) Zahlungsbilanzhilfe
  • (2) Finanzhilfe für Drittstaaten
  • d. Zusammenfassung
  • 2. Der Finanzierungsbeitrag der EIB
  • a. Die Eigenmittel
  • b. Die Anleihekompetenz der EIB
  • c. Mittelkombination
  • aa. Kofinanzierung
  • bb. Zinszuschüsse
  • cc. Haushaltsgarantien
  • 3. Haushaltsexternalisierung
  • II. Fazit
  • B. Die Förderungsfunktion der EIB
  • I. Binnenmarktförderung
  • II. Unionale Strukturpolitik
  • III. Entwicklungszusammenarbeit
  • IV. Fazit
  • C. Die Dienstleistungsfunktion der EIB
  • I. Die Beratungsfunktion der EIB
  • 1. Exekutivberatung
  • 2. Legislativberatung
  • 3. Fazit
  • II. Die Verwaltungsfunktion der EIB
  • 1. Entwicklung der Verwaltungstätigkeit der EIB
  • a. Unionsexterne Verwaltungstätigkeit
  • b. Unionsinterne Verwaltungstätigkeit
  • c. Ausgestaltung der Verwaltungstätigkeit
  • 2. Primärrechtliche Rechtsgrundlage
  • 3. Haushaltsvollzugsfunktion
  • a. Der unionale Haushaltsvollzug
  • aa. Vollzugsmethoden
  • (1) Direkte Mittelverwaltung
  • (2) Geteilte Mittelverwaltung
  • (3) Indirekte Mittelverwaltung
  • bb. Gesamtverantwortlichkeit der Kommission
  • cc. Haushaltsvollzug in unionsexternen Bereichen
  • b. Einbeziehung der EIB in den Haushaltsvollzug
  • 4. Fazit
  • III. Zusammenfassung
  • D. Die Sanktionsfunktion der EIB
  • I. Unionsinterner Bereich
  • II. Unionsexterner Bereich
  • III. Autonomie der EIB
  • IV. Fazit
  • E. Die Umverteilungsfunktion der EIB
  • I. Das unionale Finanzumverteilungssystem
  • II. Die unionalen Umverteilungsinstrumente
  • 1. Das unionale Einnahmensystem
  • 2. Die Ausgaben der EU
  • 3. Die EIB
  • a. Kapitalausstattung
  • b. Darlehenskonditionen
  • c. Vorhabenselektion
  • d. Treuhänderische Mittelverwaltung
  • III. Fazit
  • F. Integrationsfunktion
  • I. Bedeutung des Binnenmarktziels
  • II. Binnenmarktausrichtung der EIB
  • III. Fazit
  • G. Zusammenfassung
  • 6. Kapitel: Die Kontrolle der Europäischen Investitionsbank
  • A. Kontrollbedürftigkeit der EIB
  • I. Mitgliedstaatliche Gesichtspunkte
  • II. Unionale Gesichtspunkte
  • B. Kontrollmaßstäbe für das Handeln der EIB
  • I. Allgemeines Völkerrecht
  • II. Unionsrecht
  • 1. Primärrecht
  • 2. Sekundärrecht
  • III. Recht der Mitgliedstaaten
  • IV. Zusammenfassung
  • C. Die gerichtliche Kontrolle der EIB
  • I. Kontrolle durch den Gerichtshof der Europäischen Union
  • 1. Aufsichtsklagen gem. Art. 271 lit. a AEUV
  • 2. Nichtigkeitsklage gem. Art. 271 lit. b, c AEUV
  • a. Allgemeines
  • b. Anfechtung eines Beschlusses des Rates der Gouverneure
  • c. Anfechtung eines Beschlusses des Verwaltungsrats
  • 3. Weitere Zuständigkeiten des Gerichtshofs der Europäischen Union
  • a. Personalstreitigkeiten der EIB
  • b. Schadenersatzklagen
  • aa. Die unionale Amtshaftung
  • (1) Tätigwerden der EIB im Auftrag und für Rechnung der Union
  • (2) Tätigwerden der EIB im eigenen Namen und für eigene Rechnung
  • (a) Autonomie
  • (b) Organ im haftungsrechtlichen Sinne
  • (c) Amtstätigkeit
  • bb. Eigenhaftung der EIB
  • cc. Zusammenfassung
  • c. Untätigkeitsklagen
  • d. Nichtigkeitsklagen Privater
  • aa. Anfechtung von Beschlüssen des Verwaltungs- und Gouverneursrats
  • bb. Anfechtung von Beschlüssen des Direktoriums
  • cc. Zusammenfassung
  • e. Vorabentscheidungsverfahren
  • II. Kontrolle durch mitgliedstaatliche Gerichte
  • 1. Zuständigkeitsbereich
  • 2. Schiedsvereinbarung
  • III. Fazit
  • D. Die politische Kontrolle der EIB
  • I. Mitgliedstaaten
  • 1. Mitgliedschaft im Rat der Gouverneure
  • 2. Nichtigkeitsklage
  • 3. Absolutes Vetorecht
  • II. Kommission
  • 1. Mitgliedschaft im Verwaltungsrat
  • 2. Nichtigkeitsklage
  • 3. Relatives Vetorecht
  • III. Europäisches Parlament
  • 1. Berichterstattungspflichten
  • 2. Entschließung zum Jahresbericht der EIB
  • IV. Rat
  • V. Europäischer Rat
  • VI. Europäische Zentralbank
  • VII. Unionsbürger
  • 1. Nichtigkeits- und Schadenersatzklagen
  • 2. Das Beschwerdeverfahren der EIB
  • VIII. Zusammenfassung
  • E. Die haushaltsrechtliche Kontrolle der EIB
  • I. Das unionale Haushaltskontrollsystem
  • 1. Der Gesamthaushaltsplan der EU
  • a. Aufstellung und Struktur des Gesamthaushaltsplans
  • b. Rechtsnatur und Rechtswirkung des Gesamthaushaltsplans
  • c. Funktionen des Gesamthaushaltsplans der EU
  • 2. Bedeutung der Haushaltskontrolle
  • 3. Haushaltskontrollmechanismen
  • a. Die Haushalts- und Finanzgrundsätze der EU
  • b. Interne Haushaltskontrollmechanismen
  • aa. Primärkontrolle
  • bb. Sekundärkontrolle
  • cc. Tertiärkontrolle
  • dd. Geteilte und indirekte Mittelverwaltung
  • c. Externe Haushaltskontrollmechanismen
  • aa. Europäischer Rechnungshof
  • (1) Prüfungsgegenstand
  • (2) Prüfungsauftrag
  • (3) Prüfungskompetenzen
  • (4) Bedeutung
  • bb. Europäisches Parlament
  • cc. Rat
  • 4. Fazit
  • II. Die Einbeziehung der EIB in das unionale Haushaltskontrollsystem
  • 1. Budgetierung
  • a. Die Eigenmittel der EIB
  • b. Mittel des Europäischen Entwicklungsfonds
  • c. Anleihe- und Darlehensinstrumente der EU
  • 2. Kontrolle durch die Kommission
  • a. Rechnungsprüfung
  • b. Systemprüfung
  • c. Informationspflichten der EIB
  • d. Fazit
  • 3. Kontrolle durch das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung
  • 4. Kontrolle durch den Europäischen Rechnungshof
  • a. Zuständigkeit
  • aa. Eigenmittel
  • bb. Treuhandmittel
  • b. Tripartite Agreement
  • aa. Gegenstand des Tripartite Agreement
  • bb. Prüfung der Rechnungsunterlagen
  • cc. Vor-Ort-Kontrolle
  • dd. Durchsetzung der Kontrollbefugnisse
  • (1) Das Vermittlungsverfahren
  • (2) Gerichtliche Durchsetzung
  • c. Fazit
  • 5. Kontrolle durch das Europäische Parlament
  • a. Gegenstand der Entlastungsentscheidung
  • aa. Eigenmittel der EIB und Mittel des EEF
  • bb. Haushaltsmittel der EU
  • b. Adressatin der Entlastungsentscheidung
  • c. Fazit
  • 6. Kontrolle durch den Rat
  • 7. Fazit
  • III. Die internen Haushaltskontrollmechanismen der EIB
  • 1. Dienststellen der EIB
  • a. Die Generalinspektion
  • b. Das Compliance Office
  • c. Weitere Dienststellen
  • 2. Direktorium
  • 3. Der Prüfungsausschuss
  • a. Prüfungsgegenstand
  • b. Prüfungsauftrag
  • aa. Ordnungsmäßigkeit der Geschäfte und Rechnungslegung
  • bb. Best Practice
  • c. Prüfungskompetenzen
  • d. Bedeutung
  • 4. Der externe Abschlussprüfer
  • 5. Der Rat der Gouverneure
  • 6. Fazit
  • IV. Zusammenfassung
  • F. Bankenaufsichtsrechtliche Kontrolle
  • G. Zusammenfassung
  • 7. Kapitel: Die Transparenzpolitik der EIB
  • A. Rechtlicher Rahmen
  • I. Primärrechtliche Vorgaben
  • II. Sekundärrechtliche Vorgaben
  • B. Ziele der Transparenzpolitik
  • C. Inhalt der Transparenzpolitik
  • I. Einbeziehung der Öffentlichkeit
  • II. Grundsatz der guten Verwaltung
  • III. Bereitstellung von Informationen
  • 1. Berichte der EIB
  • 2. Zugang zu Informationen
  • IV. Das Beschwerdeverfahren
  • 1. Die interne Beschwerdestelle
  • 2. Der Europäische Bürgerbeauftragte
  • D. Fazit
  • 8. Kapitel: Lösungsansätze zur Behebung des Kontroll- und Rechenschaftsdefizits
  • A. Anteilseignerschaft der EU
  • B. Unionale Bankenaufsicht
  • C. Publizität
  • D. Zusammenarbeit mit dem Europäischen Rechnungshof
  • E. Reform der Haushaltsordnung
  • F. Zusammenfassung
  • 9. Kapitel: Schlussbetrachtung
  • A. Zusammenfassung
  • B. Resümee
  • Literaturverzeichnis

| 21 →

Abkürzungsverzeichnis

| 25 →

1. Kapitel: Einführung

A. Die Bank der Europäischen Union

Die Europäische Investitionsbank (EIB) ist eine besondere Bank, denn sie ist „Die Bank der Europäischen Union“1. Sie ist im unionalen Primärrecht vorgesehen und damit eine öffentlich-rechtliche Einrichtung und Teil des unionalen Verfassungssystems. Die zentralen Vorschriften des AEUV, welche die EIB betreffen, bilden Art. 308, 309 AEUV. Außerdem verfügt die EIB über eine eigene Satzung, welche dem AEUV als Protokoll beigefügt ist.2 Anders als die Europäische Zentralbank (EZB), eine weitere Bank, die im unionalen Primärrecht vorgesehen ist,3 nimmt die EIB keine währungspolitischen Aufgaben wahr. Die zentrale Aufgabe der EIB besteht vielmehr darin, die Europäische Union bei der Verwirklichung ihrer politischen Ziele durch die Bereitstellung zusätzlicher Finanzmittel zu unterstützen. Diese Aufgabe ist in Art. 309 UAbs. 1 AEUV niedergelegt, wonach die EIB zu einer ausgewogenen und reibungslosen Entwicklung des Binnenmarkts im Interesse der Union beiträgt, wozu sich die EIB ihrer eigenen Mittel sowie der Mittel der Kapitalmärkte bedient. Sie stellt Darlehen und Bürgschaften zur Finanzierung von Investitionsvorhaben in allen Wirtschaftszweigen bereit, ohne dabei einen Erwerbszweck zu verfolgen. Aus dieser Aufgabenbeschreibung lässt sich herauslesen, dass es sich bei der EIB um eine Entwicklungsbank handelt, die speziell auf die Bedürfnisse der Europäischen Union ausgerichtet ist. Die Anteilseigner der EIB sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union.4 Diese statten die EIB mit dem nötigen Eigenkapital aus, welches die EIB zur Ausführung ihres Finanzierungs- und Förderauftrags benötigt. Derzeit beläuft sich das gezeichnete Kapital der EIB auf 243.284.154.500 EUR.5 Mit Hilfe dieses Kapitals konnte die EIB im Jahr 2012 Darlehen in Höhe von 52 Mrd. EUR an Förderungsempfänger vergeben und finanzierte damit 400 Investitionsprojekte in über 60 Ländern.6 Die EIB zählt damit zu den größten Finanzierungsinstitutionen der ← 25 | 26 → Welt.7 Sie versteht sich selbst als „Schlüsselakteur des Projektes Europa“8. Von der Öffentlichkeit und in der rechtswissenschaftlichen Diskussion wird die EIB jedoch nicht in dieser Deutlichkeit wahrgenommen.9

Anliegen dieser Untersuchung ist es daher, die EIB einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Der Fokus liegt dabei auf der Funktion und der Kontrolle der EIB im Verfassungsgefüge der Europäischen Union.

B. Autonomie und politische Kontrolle

Gem. Art. 309 UAbs. 1 S. 1 Hs. 1 AEUV ist es die zentrale Aufgabe der EIB, zu einer ausgewogenen und reibungslosen Entwicklung des Binnenmarkts im Interesse der Union beizutragen. Zu diesem Zwecke stellen die Mitgliedstaaten der EIB Eigenkapital zur Verfügung. Mit Hilfe dieses Eigenkapitals soll die EIB an den internationalen Kapitalmärkten Kredite aufnehmen und dadurch zusätzliches Kapital erlangen. Dieses zusätzliche Kapital soll die EIB zur Investitionsförderung einsetzen, indem sie daraus beispielsweise Darlehen für förderungswürdige Investitionsprojekte bereitstellt. Um ein erfolgreiches Tätigwerden der EIB an den Kapitalmärkten zu gewährleisteten, ist es wichtig, dass die EIB nach bankwirtschaftlichen Gesichtspunkten frei von politischer Einflussnahme agiert. Dies erkannten auch die Mitgliedstaaten und ließen der EIB eine besondere Stellung im unionalen Verfassungssystem zuteilwerden. Sie versahen die EIB mit eigener Rechtspersönlichkeit10, wodurch die EIB einen weitgehend autonomen Status gegenüber der Union und den Unionsorganen inne hat. Die Autonomie der EIB erschwert eine wirksame Kontrolle der EIB seitens der Union. Bedenklich erscheint dies, da die Union auf dem Demokratieprinzip basiert, welches die Union zur umfassenden Rechenschaft gegenüber den Unionsbürgern verpflichtet.11 Dieses Prinzip verpflichtet auch die EIB, denn sie ist Teil des unionalen Verfassungssystems. Auf Grund der beschränkten Kontrolle der EIB und der damit einhergehenden mangelnden demokratischen Legitimation regen sich seit langem Bedenken, dass die EIB nicht nur die Bank der Europäischen Union, sondern zugleich ein „Schattenhaushalt“ ← 26 | 27 → dieser sei.12 Erschwerend kommt hinzu, dass der EIB im Laufe des Integrationsprozesses über den in Art. 309 UAbs. 1 S. 1 AEUV enthaltenen Finanzierungs- und Förderungsauftrag hinaus, weitere Funktionen übertragen worden sind. Mit dem Zuwachs an Funktionen hat die EIB zunehmend Bedeutung für die politischen Prozesse in der Europäischen Union erlangt. Diese Entwicklung steigert die rechtsstaatlich-demokratische Notwendigkeit, die Tätigkeit der EIB zu kontrollieren und damit demokratisch zu legitimieren. Verschärft wird die Problematik vor dem Hintergrund des im Jahr 2009 in Kraft getretenen Vertrags von Lissabon, denn ein zentrales Anliegen der jüngsten Vertragsreform ist es, die Demokratie und Transparenz in Europa zu stärken.

Die zuvor beschriebene Problematik hat den Anlass dazu gegeben, die Funktion und Kontrolle der EIB im unionalen Verfassungsgefüge einer rechtswissenschaftlichen Untersuchung zu unterziehen, welche zum einen klärt, welche Funktion, oder genauer gesagt welche Funktionen, der EIB heute im unionalen Verfassungssystem zukommt bzw. zukommen und zum anderen untersucht, inwieweit die EIB einer Kontrolle seitens der Union unterstellt ist. Die Aspekte „Funktion“ und „Kontrolle“ stehen dabei in einem engen Zusammenhang, denn erst wenn die Funktion der EIB im Verfassungssystem der EU geklärt ist, erschließt sich, warum es notwendig ist, die EIB einer Kontrolle zu unterwerfen, welche Kontrollmaßstäbe dabei anzulegen sind und welche Kontrollmechanismen eingreifen.

C. Gang der Untersuchung

Nach dem einführenden ersten Kapitel widmet sich das zweite Kapitel der Institution der EIB. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Stellung der EIB im unionalen Verfassungssystem, denn diese steht in einem engen Zusammenhang mit den Funktionen der EIB und bildet den Ausgangspunkt für die Kontrollproblematik. Zudem wird die Organisationsstruktur der EIB vorgestellt. Das dritte Kapitel hat die in Art. 309 AEUV niedergelegte zentrale Aufgabe der EIB zum Gegenstand. Darauf aufbauend wird die Finanzierungstätigkeit der EIB beleuchtet. Das sich anschließende Kapitel fokussiert die Frage nach den heutigen Funktionen der EIB im unionalen Verfassungssystem. Das sechste Kapitel untersucht sodann die Frage der Kontrolle der EIB. Im anschließenden Kapitel wird die sog. Transparenzpolitik der EIB erörtert. Diese interne Politik der EIB soll ← 27 | 28 → Transparenz, Bürgernähe und Rechenschaftspflichtigkeit der EIB gegenüber ihren Anteilseignern, der Union und den Unionsbürgern gewährleisten. Im achten Kapitel werden Lösungsansätze vorgestellt und diskutiert, die zur Verbesserung der Kontrolle und der demokratischen Legitimität des Handelns der EIB beitragen können. Das abschließende Kapitel enthält eine Zusammenfassung und ein Resümee hinsichtlich der gefundenen Ergebnisse.

1 Europäische Investitionsbank, Die Bank der Europäischen Union.

Details

Seiten
299
Jahr
2015
ISBN (PDF)
9783653060812
ISBN (ePUB)
9783653954753
ISBN (MOBI)
9783653954746
ISBN (Paperback)
9783631669624
DOI
10.3726/978-3-653-06081-2
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2015 (Juli)
Schlagworte
Integrationswerkzeug demokratische Kontrolle Transparenz Kontrolldefizit
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2015. 299 S.

Biographische Angaben

Katharina Kramer (Autor:in)

Katharina Kramer studierte Rechtswissenschaft mit dem Schwerpunkt Europa- und Völkerrecht an der Universität Hamburg und der University of East Anglia in Norwich (UK). Nach der Ersten Juristischen Staatsprüfung erfolgte ein Promotionsstudium an der Universität Hamburg. Derzeit arbeitet sie als Rechts-referendarin am Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg.

Zurück

Titel: Die Europäische Investitionsbank
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
book preview page numper 26
book preview page numper 27
book preview page numper 28
book preview page numper 29
book preview page numper 30
book preview page numper 31
book preview page numper 32
book preview page numper 33
book preview page numper 34
book preview page numper 35
book preview page numper 36
book preview page numper 37
book preview page numper 38
book preview page numper 39
book preview page numper 40
302 Seiten