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Recht und Rechtssprache in Korea und Deutschland

Probleme bei der Übertragung juristischer Texte aus übersetzungswissenschaftlicher Sicht unter besonderer Berücksichtigung des Ehe- und Familienrechts

von Young-Ju Youn (Autor:in)
©2016 Dissertation 389 Seiten

Zusammenfassung

Im Rahmen der Globalisierung gewinnen Verflechtungen und die Zusammenarbeit zwischen den Staaten immer mehr an Bedeutung. Die Autorin untersucht für die Interaktionen zwischen Korea und Deutschland, wie Rechtstexte gerichts- und notarfest zu übersetzen sind. Neben unternehmerischen Fragen betrifft dies das Arbeits- und Sozialversicherungsrecht sowie das Ehe- und Familienrecht. Dieses Buch präsentiert ein Kompendium aller übersetzungswissenschaftlichen und juristischen Ansätze zum Komplex Rechtssprache sowie deren Übersetzung für das Sprachenpaar Koreanisch/Deutsch samt einer kritischen Auseinandersetzung. Es thematisiert Theorie und Praxis von Rechtssprache und Rechtsvergleichung bei divergierenden Sprach- und Rechtssystemen und hilft Juristen wie Übersetzern, die in deutsch-koreanischen Beziehungen involviert sind.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • 1 Einleitung
  • 1.1 Forschungsthema, Problembereich und Gründe für deren Untersuchung
  • 1.2 Einordnung in die fachliche Diskussion in der Übersetzungswissenschaft
  • 1.2.1 Zum Forschungsstand
  • 1.2.2 Zur Diskussion um die Übersetzung juristischer Texte
  • 1.3 Forschungslücke, Gegenstand und Fragestellungen der Untersuchung
  • 1.3.1 Forschungslücke
  • 1.3.2 Gegenstand der Untersuchung, Fragestellungen und Gliederung
  • 1.4 Methodik, verwendetes Material und Zugang
  • 1.5 Begriffserklärungen und Vorbemerkungen
  • 2 Rechtssprache(n) und deren Übersetzung
  • 2.1 Recht und Sprache
  • 2.1.1 Gemeinsprache und Fachsprache(n)
  • 2.1.2 Rechtssprache(n) als Fachsprache
  • 2.1.2.1 Merkmale von Fachsprachen
  • 2.1.2.2 Fachsprachliche Merkmale von Rechtssprache
  • 2.1.2.2.1 Verständlichkeit als ein Dilemma von Rechtssprache(n)
  • 2.1.2.2.2 Exaktheit: Termini
  • 2.1.2.2.3 Vagheit: Polysemie und unbestimmte Rechtsbegriffe
  • 2.1.2.2.4 Sprachökonomie: Standardformeln, Kurzwörter und Abkürzungen
  • 2.1.2.2.5 Anonymität und textkonventionelle Aspekte von Rechtstexten
  • 2.1.2.3 Rechtstextsorten und ihre Konvention
  • 2.1.3 Rechts- und gemeinsprachliche Besonderheiten des Koreanischen
  • 2.2 Rechtssprache, Rechtsvergleichung und Übersetzung
  • 2.2.1 Systemgebundenheit von Rechtssprache
  • 2.2.2 Kernprobleme bei der Übersetzung von Rechtstexten
  • 2.2.2.1 Juristische Auslegung
  • 2.2.2.2 Rechtsinstitute, normative Rechtsbegriffe
  • 2.2.2.3 Äquivalenz und Präsupposition
  • 2.2.3 Drittsprache
  • 2.3 Koreanische Rechtssprache in der Kritik
  • 2.3.1 Japanische Rechtsterminologie und chinesische Schriftzeichen in der koreanischen Rechtssprache
  • 2.3.2 Gesetzgebungsverfahren zum Zivilgesetz und seine Folgen für die Rechtssprache
  • 2.3.3 Sprachliche Modernisierungsbemühungen und deren Problematik
  • 2.3.3.1 Einflüsse aus dem Japanischen und deren Überwindung
  • 2.3.3.1.1 Rechtsbegriffe: Koreanische oder japanische Terminologie?
  • 2.3.3.1.2 Unterschiedliche Lesart der chinesischen Zeichen in Japan und Korea
  • 2.3.3.1.3 Getrenntschreibung
  • 2.3.3.1.4 Grammatikalisch falsche Formulierungen
  • 2.3.3.2 Verzicht auf die chinesischen Zeichen vs. Notwendigkeit ihrer Verwendung in der Rechtssprache
  • 2.3.4 Erkenntnisse und Folgerungen aus dieser kritischen Auseinandersetzung
  • 2.4 Übersetzungswissenschaftliche Fragestellungen bei der Übertragung koreanischer Rechtstexte ins Deutsche
  • 2.4.1 Rechtskulturelle Unterschiede
  • 2.4.2 Änderungen in Recht und Rechtssprache und Umgang damit beim Übersetzen
  • 2.4.3 Übersetzungstechnik
  • 2.5 Exkurs: Übersetzungsfehler im Text des Freihandelsabkommens mit der EU
  • 2.6 Zwischenergebnis
  • 3 Geschichtliche Entwicklung und Grundzüge des Familien- und Eherechts in Korea und Deutschland
  • 3.1 Einordnung der Rechtsgebiete in ihren jeweiligen historischen Kontext: Rechtskreise im Überblick
  • 3.2 Die koreanische Rechtsrezeption
  • 3.2.1 Deutsch-Koreanische Beziehungen und Rechtsrezeption
  • 3.2.2 Drei Phasen der Rechtsrezeption
  • 3.3 Geschichtliche Entwicklung des koreanischen Ehe- und Familienrechts bis heute
  • 3.3.1 Einführung
  • 3.3.2 Entstehungsgeschichte des Zivilgesetzes (ZG)
  • 3.3.2.1 Die familienrechtliche Lage vor Inkrafttreten des ZG
  • 3.3.2.2 Debatte zur Zeit der Kodifizierung des ZG
  • 3.3.2.3 Wesentliche familienrechtliche Vorschriften in der Urfassung des ZG
  • 3.3.3 Die Familienrechtsreform von 1977
  • 3.3.4 Familienrecht und fortschreitende Globalisierung
  • 3.3.4.1 Die Familienrechtsreform von 1990
  • 3.3.4.2 Das Staatsangehörigkeitsgesetz von 1998
  • 3.3.4.3 Die Reform des koreanischen internationalen Privatrechts (IPR) von 2001
  • 3.3.5 Familienrecht im Lichte der koreanischen Verfassung und seine Entwicklung (insb. durch Entscheidungen des Verfassungsgerichts)
  • 3.3.5.1 Eheverbot zwischen Personen mit gleichem Familiennamen und gleicher Stammsitzbezeichnung (KVerfG-Urteil vom 16 Juli 1997, 95 heonga 6 bis 13)
  • 3.3.5.2 Familienoberhauptsystem (KVerfG vom 3. Februar 2005, 2001 heonga 9 bis 15; 2004 heonga 5)
  • 3.3.5.3 Familienname des Kindes (KVerfG vom 22. Dezember 2005, 2003 heonga 5, 6)
  • 3.3.5.4 Die Familienrechtsreform von 2005
  • 3.3.6 Die Familienrechtsreform von 2007
  • 3.3.7 Die weitere Familienrechtsreform 2013
  • 3.4 Geschichtliche Entwicklung des deutschen Ehe- und Familienrechts bis heute
  • 3.4.1 Einführung
  • 3.4.2 Familienrecht von der Kodifikation des BGB bis Ende des zweiten Weltkrieges
  • 3.4.3 Gleichberechtigung nach dem Grundgesetz und die Rolle des BVerfG bei deren Umsetzung
  • 3.4.4 Die Eherechtsreform 1977
  • 3.4.5 Weitere Reformen des Familienrechts
  • 3.4.6 Andere Formen des Zusammenlebens
  • 3.4.6.1 Lebenspartnerschaft
  • 3.4.6.2 Nichteheliche Lebensgemeinschaft
  • 3.5 Zwischenergebnis
  • 3.5.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Entwicklungstendenzen von Ehe- und Familienrecht in Korea und Deutschland
  • 3.5.2 Schlussfolgerungen für die Übersetzung
  • 4 Recht und Rechtssprache in Korea und Deutschland im Vergleich und die Aufgabe des Übersetzers
  • 4.1 Einleitung
  • 4.2 Ziele und Abgrenzung von Rechtsvergleichung
  • 4.3 Gestaltung des Familienrechts des ZG und des BGB
  • 4.4 Struktur der Rechtssätze und Verweistechnik
  • 4.5 Einschlägige Begriffe und Rechtsinstitute
  • 4.5.1 Familie (kajok 가족 家族) und Verwandtschaft (ch’injok 친족 親族)
  • 4.5.1.1 Besonderheiten: sedae 세대 世帶
  • 4.5.1.2 Besonderheiten: Eltern-Kind-Verhältnis
  • 4.5.2 Haushalt (kagu 가구 家口)
  • 4.5.3 Ehe (honin 혼인 婚姻)
  • 4.5.4 Lebenspartnerschaft (tongsŏnghon 동성혼 同性婚)
  • 4.5.5 Eheverbote und ihre Rechtsfolgen: Aufhebung (ch’wiso 취소 取消) und Nichtigkeit (muhyo 무효 無效) der Ehe
  • 4.5.6 Ehe- und Familiennamen (sŏng 성 姓)
  • 4.5.7 Ehevertrag (pubujaesan’gyeyak 부부재산계약 夫婦財産契約) und gesetzlicher Güterstand (pŏpcpŏngjaesanje 법정재산제 法定財産制)
  • 4.5.8 Scheidung (ihon 이혼 離婚) und Getrenntleben (pyŏlgŏ 별거 別居)
  • 4.5.9 Scheidungsfolgen, insb. Unterhalt nach Scheidung und Versorgungsausgleich
  • 4.5.10 Adoption, Annahme als Kind (ibyang 입양 入養)
  • 4.5.11 Standesregister
  • 4.5.12 Geschäftsfähigkeit
  • 4.5.12.1 Minderjährigkeit (misŏngnyŏn 미성년 未成年)
  • 4.5.12.2 Geschäftsfähigkeit volljähriger Personen
  • 4.5.12.3 Ehemündigkeit (honinjŏngnyŏng 혼인적령 婚姻適齡)
  • 4.5.13 Das eingetragene Siegel (in’gam 인감 印鑑) in Korea
  • 4.6 Familiengerichte und Verfahren
  • 4.6.1 Familiengerichte und Verfahren in Familiensachen nach deutschem Recht
  • 4.6.2 Familiengerichte und ihre Stellung im koreanischen Gerichtssystem
  • 4.6.3 Das Verfahren in Familiensachen nach dem koreanischen Recht
  • 4.6.4 Exkurs: Schlichtung vs. Mediation
  • 4.7 Aktenzeichen
  • 4.8 Der gesetzliche Auftrag des Übersetzers
  • 4.9 Zwischenergebnis
  • 5 Analyse typischer Übersetzungsprobleme und Fehlerquellen in juristischen Fachtexten
  • 5.1 Einleitung
  • 5.1.1 Gegenstand
  • 5.1.2 Maßstäbe für die kritische Untersuchung
  • 5.2 Übersetzungsfehleranalyse
  • 5.2.1 Verstöße gegen übersetzungswissenschaftliche Grundregeln
  • 5.2.1.1 Wörtlich vs. sinngemäß
  • 5.2.1.2 Willkürliches Hinzufügen von Wörtern oder Erweitern und Einengen von Bedeutungen
  • 5.2.1.3 Übernahme einer vorhandenen Übersetzung
  • 5.2.1.4 Verwendung drittsprachlicher Übersetzungen
  • 5.2.1.5 Sonstige Verwendung von Drittsprachen
  • 5.2.1.6 Inkonsequente Verwendung derselben Bezeichnung für verschiedene Begriffe und unterschiedliche Bezeichnungen für einen Begriff
  • 5.2.1.7 Präsupposition; willkürliche Transkription ohne Erläuterung
  • 5.2.1.8 Tautologie
  • 5.2.1.9 Transkription
  • 5.2.1.10 Aktenzeichen u. ä.
  • 5.2.1.11 Orthografiefehler, die den Sinn verfälschen, oder versehentliche Verwendung falscher Begriffe
  • 5.2.2 Fehler auf der linguistischen Ebene
  • 5.2.2.1 Fehler auf der Ebene der Wortbildung
  • 5.2.2.2 Grammatikalische Fehler im traditionellen Sinn: auf der Ebene der Morpho-Syntax
  • 5.2.2.2.1 Präpositionalobjekt vs. Genitiv
  • 5.2.2.2.2 Reflexivpronomen
  • 5.2.2.2.3 Subjekt vs. Thema (Thema-Rhema-Gliederung in der koreanischen Sprache) und Agens
  • 5.2.2.2.4 Artikel
  • 5.2.2.3 Grammatikalische Fehler auf der Ebene von Semantik und Phraseologie
  • 5.2.2.3.1 Wortbedeutung
  • 5.2.2.3.2 Feste Redewendungen
  • 5.2.2.3.3 Fachsprachliche Phraseologie
  • 5.2.2.4 Schrift und Übersetzung
  • 5.2.3 Fehler auf der textlinguistischen Ebene
  • 5.2.3.1 Übersetzung von Gesetzestexten: Textnorm
  • 5.2.3.1.1 Zitieren von Gesetzestexten, Verweistechnik
  • 5.2.3.1.2 Formale Gliederung der Rechtssätze
  • 5.2.3.1.3 Textverfälschung in scheinbaren oder vorgeblichen direkten Zitaten durch Hinzufügen, Weglassen, Zusammenziehen und Verändern
  • 5.2.3.2 Falsche Begrifflichkeits-Ebene in der Zielsprache
  • 5.2.3.3 Falsche Zuordnung der Ebenen: Fachsprache – Gemeinsprache
  • 5.2.4 Fehler auf der Ebene der Rechtssprachen – insb. bei der Rechtsvergleichung
  • 5.2.4.1 Verwendung von Rechtssprachen aus anderen Rechtssystemen
  • 5.2.4.2 Übersetzungsfehler aufgrund institutioneller Unterschiede zwischen dem koreanischen und dem deutschen Rechtssystem
  • 5.2.4.2.1 Ein minderjähriges Kind oder ein unterhalts- und fürsorge-berechtigtes Kind?
  • 5.2.4.2.2 Familienoberhaupt
  • 5.2.4.2.3 Entmündigt vs. geschäftsunfähig
  • 5.2.4.2.4 Zustimmung
  • 5.2.4.2.5 Ehevertrag
  • 5.2.4.2.6 Ehegüterrecht
  • 5.2.4.2.7 Art der Scheidung
  • 5.2.4.2.8 Schlichtung oder Mediation?
  • 5.2.4.2.9 Leihe oder Darlehen? – Der koreanische Begriff kye 계 契
  • 5.2.4.2.10 Kaution? – Der koreanische Begriff chŏnse 전세 傳貰
  • 5.2.4.3 Falsche terminologische Zuordnung von in beiden Systemen bestehenden Rechtsinstituten bei der Übersetzung
  • 5.2.4.3.1 Eigentümer oder Besitzer?
  • 5.2.4.3.2 Kindesanerkennung und Legitimation
  • 5.2.4.3.3 Abschrift, Kopie oder (Aus-)Fertigung?
  • 5.2.4.3.4 Nichtigkeit oder Aufhebung der Ehe? Eine Frage der (Rück-)Wirkung
  • 5.2.4.3.5 Geldstrafe, Bußgeld oder Ordnungsgeld?
  • 5.2.4.3.6 Zustellung oder Erhalt? Vorgeschriebene Formen
  • 5.2.4.3.7 Kläger/Beklagter oder Antragsteller/Antragsgegner?
  • 5.2.4.3.8 Urteil oder Beschluss? Art der Gerichtsentscheidung
  • 5.2.4.3.9 Schmerzensgeld, Schadensersatz oder Entschädigung?
  • 5.2.4.3.10 Antrag, Anspruch oder Recht?
  • 5.2.4.3.11 Hinderungsgründe für eine Scheidung
  • 5.2.4.3.12 Antrag oder Anmeldung?
  • 5.2.4.3.13 Weitere unrichtige Zuordnungen in die juristische Terminologie der ZS
  • 5.2.4.4 Fachjargon
  • 5.2.4.5 Übersetzung von Namen und Bezeichnungen
  • 5.2.4.5.1 Gerichtsbezeichnungen
  • 5.2.4.5.2 Bezeichnung der Gesetze
  • 5.2.5 Außersprachliche Darstellungsfehler
  • 5.3 Transkriptionsprobleme (insb. anhand eines anschaulichen Beispiels aus dem Namensrecht)
  • 5.4 Zwischenergebnis
  • 6 Fazit
  • 6.1 Probleme bei der Übersetzung von Rechtstexten aus Sicht der Übersetzungswissenschaft
  • 6.2 Erkenntnisse aus vorliegender Arbeit im Einzelnen
  • 6.2.1 Rechtssprache in Korea und Deutschland – Besonderheiten und Gemeinsamkeiten in Geschichte und Gegenwart und Folgerungen für Übersetzer
  • 6.2.2 Erkenntnisse aus der Untersuchung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden der historischen und gegenwärtigen Rechtssituation in Korea und in Deutschland
  • 6.2.3 Ergebnisse der Rechtsvergleichung im Hinblick auf Rechtssprachen und Übersetzung
  • 6.2.4 Bewertung der Ergebnisse im Hinblick auf ihre Relevanz für die Rechtsvergleichung und die Übersetzung von Rechtstexten
  • 6.2.5 Typische Fehlerquellen, deren Gründe und Folgen
  • 6.3 Einige Regeln und Hinweise für eine einwandfreie, für Rechtsvergleichung und Praxis brauchbare Übersetzung von Texten mit juristischem Inhalt
  • 6.4 Folgerungen für Übersetzungspraxis, Forschung und Lehre – Ausblick
  • Literaturverzeichnis
  • Anhang
  • Glossar

Abkürzungsverzeichnis

Abs.Absatz
AcPArchiv für die civilistische Praxis
a.F.alte Fassung
Art.Artikel
ASAusgangssprache
ATAusgangstext
Az.Aktenzeichen
BeurkGBeurkundungsgesetz
BGBBürgerliches Gesetzbuch
BGBl.Bundesgesetzesblatt
BGHBundesgerichtshof
BGHZEntscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen
BVerfGBundesverfassungsgericht
BVerfGEEntscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (amtliche Sammlung)
bzw.beziehungsweise
Diss.Dissertation
dt.deutsch
EGBGBEinführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
EheGEhegesetz
1. EheRGErstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts
FamFGGesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit
FamGFamiliengericht
FamRZZeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht, Erbrecht, Verfahrensrecht, Öffentlichem Recht
FGFinanzgericht
FGGGesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
Fn.Fußnote
GGGrundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
GGOGemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien
GVFamGesetz über das Verfahren in Familienangelegenheiten (Korea)
GRFamGesetz über die Registrierung des Familienstandes (Korea)
GVGGerichtsverfassungsgesetz
Hbd.Halbband
Hrsg.Herausgeber
Hs.Halbsatz
i. d. F.in der Fassung
i. d. R.in der Regel
IPRInternationales Privatrecht ← 15 | 16 →
jap.japanisch
Jh.Jahrhundert
JZJuristenezeitung
kor.koreanisch
KVKoreanische Verfassung
LGLandgericht
LiLiZeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik
m. E.meines Erachtens
n. F.neue Fassung
NJWNeue Juristische Wochenschrift
Nr.Nummer
OLGOberlandesgericht
PStGPersonenstandsgesetz
RabelsZRabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht
RGBl.Reichsgesetzblatt
Rn.Randnummer
S.Satz (beim Zitieren von Gesetzen)
SLJSeoul Law Journal (= sŏultaehakkyobŏphak 서울대학교법학, Zeitschrift, herausgegeben von der juristischen Fakultät der Seoul National University). Seoul Law Journal ist der englische Nebentitel, der auf dieser Zeitschrift angegeben ist.
StAGStaatsangehörigkeitsgesetz
StAZZeitschrift für Standesamtswesen
StGBStrafgesetzbuch
StPOStrafprozessordnung
VwVfGVerwaltungsverfahrensgesetz
WRVVerfassung des Deutschn Reichs vom 11. August 1919 (Weimarer Reichsverfassung)
z. B.zum Beispiel
ZGZivilgesetz (Korea)
ZPOZivilprozessordnung
ZSZielsprache
ZTZieltext

Gesetzestexte, bei denen nicht explizit eine staatliche Zugehörigkeit angegeben ist, sind deutsche Gesetzestexte. ← 16 | 17 →

1    Einleitung

Die Kommunikation unserer Gesellschaft ist stark internationalisiert und erfordert zwangsläufig Mehrsprachigkeit. Während z. B. Englisch in manchen Bereichen wie in der Wirtschaft als Lingua Franca fungieren kann, ist im Bereich Recht die Sprache des jeweiligen Landes die einzig geltende Sprache. So bestimmt das koreanische Gerichtsverfassungsgesetz in Art. 62, dass vor Gericht die koreanische Sprache zu benutzen ist und, wenn ein Prozessbeteiligter der koreanischen Sprache nicht mächtig ist, ein Dolmetscher beizuziehen ist. Gemäß Art. 277 des koreanischen Zivilprozessgesetzes ist eine Übersetzung beizufügen, wenn die Dokumente in einer fremden Sprache erstellt sind. Entsprechende Bestimmungen gibt es auch in Deutschland.

Beschäftigt man sich vom übersetzungswissenschaftlichen Ansatz her mit der Übertragung juristischer Fachtexte, so zeigt sich sehr rasch, dass es dabei typische Probleme und Fehler gibt, wobei die Fehlerquellen auf allen Ebenen liegen, d. h. von der grammatikalischen über die stilistische (wie zu erwarten), aber auch die gemeinsprachliche Ebene bis hin zu fachsprachlichen Aspekten und zwar auf beiden Seiten (also der jeweiligen Ausgangs- wie der entsprechenden Zielsprache). Dabei spielen vor allem auch die unterschiedliche Rechtskultur und die betroffenen Rechtssysteme und Rechtsgebiete eine maßgebliche Rolle.

Rechtssprache ist eine Fachsprache, welche offensichtlich eine ganz eigene Prägung in Stil und Terminologie, aber auch bezüglich weiterer sprachlicher Elemente aufweist. Bei weiterem Eindringen und beim Vergleich zwischen verschiedenen Ländern ist festzustellen, dass es wohl nicht die Rechtssprache gibt. Jedes Land hat ein eigenes Rechtssystem, das sehr stark dessen sprachliche Ausprägung formt. Sowohl Recht als auch Sprache sind wiederum von gesellschaftlichen Vorstellungen und deren historischer Entwicklung bestimmt. Wenn man eine Übersetzung von Texten mit juristischem Inhalt angeht, sind deshalb Recht, (Gemein-)Sprache und Rechtssprache beider Länder zu beachten. Kenntnisse von Rechtsgeschichte über geltende Gesetze und Rechtsinstitute, die Rechtsprechung dazu in beiden Ländern, Rechtsvergleichung sowie ein subtiles Verständnis für sprachliche Feinheiten in Gemein- und Rechtssprache und deren wohlüberlegter Einsatz sind offenbar erforderlich.

1.1   Forschungsthema, Problembereich und Gründe für deren Untersuchung

Auch ein alltägliches Ereignis wie die Heirat wird kompliziert, wenn es zu einem internationalen Akt wird. Welche Rechtsordnung ist anzuwenden, wenn ein Koreaner und eine Deutsche oder umgekehrt eine Ehe schließen, aus der auch Kinder hervorgehen können, oder wenn sie sich scheiden lassen wollen? Es geht hierbei nicht nur um das materielle Recht beider Staaten, was mitunter in einem wahren Labyrinth von Hin- und Zurück-Verweisungen zwischen den Heimatrechten endet und seinen Gipfel ← 17 | 18 → erreicht, wenn die Beiden gar in einem Drittland die Ehe schließen und dort leben wollen. Wichtig sind auch die ganzen erforderlichen Dokumente und deren Verständlichkeit für den handelnden Richter, Standesbeamten, Notar usw. Deren Übersetzungen müssen richtig und nachvollziehbar sein. Dies garantieren vereidigte bzw. ermächtigte Übersetzer. Dies setzt entsprechende Ausbildungsgänge, Fortbildungsmöglichkeiten und dort erworbenende Kenntnisse in den verlangten Sprachen, aber ebenso in den entsprechenden Rechtsgebieten und Rechtssprachen voraus. Auch deren Anwendung, die den genannten Erwartungen entspricht, muss sichergestellt sein. Hier haben sich bei Durchsicht von wissenschaftlichen Arbeiten wie auch in der Übersetzungspraxis der Verfasserin bedauerlicherweise enorme Defizite aufgetan.

Es gibt viele Übersetzungsfehler, die zwar dem Leser (Auftraggeber, Anwalt, Richter usw.) Probleme beim Erfassen des Text-Inhalts bereiten, bei denen man sich den Sinn jedoch aus der gemeinsprachlichen Bedeutung erschließen kann, sodass manch einer sie als hinnehmbar (wenn auch sehr störend!) bezeichnen mag. Gerade bei juristischen Texten finden sich aber aufgrund der vielen Fachbegriffe und der von der gemeinsprachlichen Bedeutung abweichend gebrauchten Bezeichnungen Übersetzungsfehler, die nicht akzeptabel sind. Wegen der Rechtsfolgen können diese finanzielle oder persönliche Katastrophen bewirken. Es können linguistische oder juristische Fehler sein, aber auch solche wegen kultureller Unterschiede.

Vorliegende Arbeit beleuchtet die Merkmale der koreanischen und deutschen Rechtssprache sowie deren Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Auf dieser Basis werden die sprachlichen, aber auch rechtlichen Probleme in Theorie und Praxis dargestellt, die bei Übersetzungen zwischen Deutsch und Koreanisch in rechtlich relevanten Bereichen, insb. im Ehe- und Familienrecht entstehen können. Dazu werden Lösungswege aufgezeigt.

Die wichtigsten Anregungen für die Wahl des Arbeitsthemas ergaben sich aus Folgendem:

1.2   Einordnung in die fachliche Diskussion in der Übersetzungswissenschaft

1.2.1     Zum Forschungsstand

Das Übersetzen von Rechtstexten und sonstigen Texten mit juristischem Inhalt hat eine lange Tradition. Die wohl älteste bekannte schriftliche Überlieferung dazu ist der zweisprachige ägyptisch-hethitische Friedensvertrag von 1259 v. Chr.1 Der römische Corpus Iuris Civilis wurde erst ins Griechische und später in zahlreiche andere Sprachen übersetzt. Gewiss haben die uns unbekannten Übersetzer dieser und anderer Rechtsexte der vergangenen Jahrhunderte auch methodologische Überlegungen angestellt. Diese sind aber leider nicht überliefert.

Erst in jüngster Zeit hat in Deutschland die systematische Auseinandersetzung mit den Problemen bei der Übersetzung von Rechtstexten eingesetzt. In offiziell zwei- oder mehrsprachigen Staaten gehört dies dagegen zu den Standardthemen der juristischen Forschung und Lehre.2 So ist nicht verwunderlich, dass Vorschläge und Anstöße vor allem von Italien und Kanada gekommen sind. Die ‚internationale Academie für Rechtsvergleichung‘ veranstaltete 1986 in Sydney auf Vorschlag Italiens eine Disskussion zur Rechtsübersetzung unter rechtsvergleichender Sicht. Kanada spielt eine führende Rolle in der Forschung auf diesem Problemfeld, u. a. in dem dortigen ‚Centre de traduction et terminologie juridique‘; Ergebnisse finden sich in kanadischen Veröffentlichungen.3 Das Institut für Translationswissenschaft der Universität Innsbruck beschäftigt sich mit Rechtsterminologie bezüglich Italien-Südtirol-Österreich, deren rechtskulturelle Unterschiede wegen der unterschiedlichen Rechtssysteme beim Übersetzen Probleme bereiten.

In den Institutionen der EU ist es praxisbedingt ein Dauerthema, jedoch auch noch nicht befriedigend aufgearbeitet. Die Rechtssysteme der Mitgliedsstaaten ha ← 19 | 20 → ben sich aus wenigen einheitlichen Wurzeln parallel entwickelt und dann wechselseitig beeinflusst. Es sind zwar nur zwei Grundsysteme: römisch-germanisches und anglo-amerikanisches Recht bzw. eine systematische Rechtsordnung und sog. common- und case-law. Jedoch bereiten die enormen Unterschiede zwischen diesen die größten Probleme. Innerhalb desselben Grundsystems sind sie zumindest nicht so gravierend. Immerhin gibt es in der EU-Kommission eine Generaldirektion Übersetzung mit einer eigenen Direktion S, die sich mit Übersetzungsstrategien und Mehrsprachigkeit beschäftigt und Studien und Analysen erstellt.

Die große Menge der linguistischen und juristischen Untersuchungen4 zum Problembereich ‚Sprache und Recht‘ führte u. a. auch zur Erstellung von einigen Bibliographien.5 Die Publikationen, die in diesen Literatursammlungen enthalten sind, stammen von Sprachwissenschaftlern oder Juristen und haben meistens sprachkritischen Charakter.6

Bei der bisherigen Behandlung des Gegenstands ‚Rechtssprache‘ hat sich die linguistische Forschung im Wesentlichen auf zwei Aspekte beschränkt: 1. Stil, vor allem die Schwerverständlichkeit der Verwaltungssprache,7 und 2. Kommunikation vor Gericht, d. h. Rechtsdiskursanalyse, die meist ebenfalls das Verständigungsproblem beim Zusammentreffen von Experten und Laien zum Ausgangspunkt hat. Das erste betrifft vor allem Schriftsprache, das zweite mündliche Texte.8 Es gibt stilkritische oder gesprächsanalytische Arbeiten, aber kaum übersetzungswissenschaftliche Untersuchungen. Speziell über die bei der Übersetzung der juristischen Texte auftretenden Probleme, ob und in welcher Hinsicht der juristische Wortschatz ein Problem für die Bedeutungstheorie darstellt, v. a. für die lexikalische Semantik, ist nur bei wenigen Autoren wie SANDRINI oder SCHMIDT-KÖNIG etwas zu lesen. ← 20 | 21 →

Übersetzungswissenschaft ist ohnehin eine relativ junge Disziplin.9 VERNAY schreibt 1984, dass dieser Begriff sich „in den letzten Jahren“ eingebürgert habe, trotz mancher Leugnung ihrer Existenz als Wissenschaft.10 Zu Recht betont SNELL-HORNBY ihre Eigenständigkeit und meint, die Übersetzungswissenschaft sollte sich nicht als Teilbereich der angewandten Sprachwissenschaft, sondern als eigenständige Disziplin verstehen. Übersetzungswissenschaft sei eine interdisziplinäre, multiperspektivische Einheit, gehe von der komplexen Realität des Übersetzens und nicht von den axiomatischen Modellen der Linguistik aus und zeichne sich durch eine verbindende Perspektive aus.11

1.2.2     Zur Diskussion um die Übersetzung juristischer Texte

Eigentliche Fachübersetzungsproblematik wurde erst in den 1960er Jahren wissenschaftlich behandelt, so bei JUMPELT.12 Fachübersetzung ist inzwischen aber ein Dauerthema in der Übersetzungswissenschaft. Wie die vorliegende Arbeit noch zeigen wird, ist es allerdings nur bedingt möglich, die im Rahmen der jungen Übersetzungswissenschaft entwickelten Methoden auf die Übersetzung von Rechtstexten anzuwenden.

Ist diese Thematik überhaupt Gegenstand der allgemeinen übersetzungswissenschaftlichen Literatur, wird sie nicht differenziert behandelt, so dass der Unterschied von Rechtstexten gegenüber anderen fachlichen, vor allem naturwissenschaftlich-technischen Texten nicht deutlich wird, z. B. bei JUMPELT13 und MOUNIN.14/15 In einigen Arbeiten u. a. bei KOLLER wird zwar erwähnt, dass Rechtstexte und andere sozial- und geisteswissenschaftliche Texte durch ihre Kulturgebundenheit von naturwissenschaftlichen Texten differieren.16 Die aus juristischer Sicht offensichtliche Besonderheit von Rechtstexten wird jedoch vor allem in drei Punkten nicht ← 21 | 22 → ausreichend berücksichtigt: Erstens wird die Systemgebundenheit der Rechtssprache nicht deutlich genug herausgearbeitet. Zweitens gehen die Übersetzungswissenschaftler von einer einheitlichen juristischen Fachsprache aus, die es so gar nicht gibt. Drittens berücksichtigt die bislang vorgenommene Unterscheidung von Rechtstext-Sorten nicht deren spezifische Adressatenproblematik und dementsprechenden Anforderungsprofile an die Sprache, wegen denen der Übersetzer ganz unterschiedliche Übersetzungs-Strategien wählen und die geforderte Äquivalenz daran ausrichten muss.

Bezüglich der Übersetzbarkeit reicht die Bandbreite der Meinung von der Behauptung der Unmöglichkeit des Übersetzens, so z. B. bei WEISGERBER17 und HJELMSLEV,18 über vermittelnde Ansätze bis zu ‚alles ist möglich‘-Behauptungen, da die Einzelsprache eine Sonderform einer ‚lingua universalis‘ sei.19

Auch unter Juristen werden Fragen der juristischen Übersetzung seit einigen Jahren vor allem im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung und Harmonisierung des Rechts mit zunehmendem Interesse diskutiert.20 In der spezifischen Literatur zur juristischen Übersetzung wird zumindest die Systemgebundenheit der Rechtssprache und deren Bedeutung bei der Übersetzung hervorgehoben, so z. B. bei DE GROOT, ŠARČEVIĆ, SANDRINI, STOLZE. Dabei wurde sie vorwiegend unter dem Blickwinkel der Terminologie untersucht.21 Man befasste sich im Wesentlichen mit der Frage, wie Begriffe eines Rechtssystems in äquivalente Rechtsbegriffe eines anderen Rechtssystems übertragen werden, und mit der Untersuchung semantischer Übereinstimmung von Rechtsbegriffen. Die Aufgabe des Übersetzers sei es, zwischen AT und ZT ein Äquivalenzverhältnis, d. h. eine inhaltliche Gleichwertigkeit herzustellen. ← 22 | 23 →

Über den Äquivalenz-Begriff ist vor allem in linguistisch orientierten Arbeiten diskutiert worden.22 Gelegentlich ist Äquivalenz gar als Illusion bezeichnet worden.23 REISS/VERMEER beschreiben Äquivalenz als „Relation zwischen einzelnen sprachlichen Zeichen eines Textpaares und als Relation zwischen ganzen Texten“ und betonen, Textäquivalenz gehe „über die sprachliche Textmanifestation hinaus und umfasse auch kulturelle Äquivalenz“.24 Bei KOLLER bedeutet Äquivalenz bzw. Übersetzungsäqivalenz zunächst nur, dass zwischen zwei Texten eine Übersetzungsbeziehung vorliegt; es gibt fünf Bezugsrahmen, die bei der Übersetzungsäquivalenz eine wichtige Rolle spielen: denotative, konnotative, textnormative, pragmatische und formal-ästhetische Äquivalenz.25 Schließlich wird der Äquivalenzbegriff als absolute Größe26 von REISS/VERMEER mit ihrer Skopostheorie relativiert: Der Zweck, die Funktion einer Übersetzung und der Adressat bestimmen alle übersetzerischen Entscheidungen beim Transfer eines AT in einen ZT.27 Mit Hilfe dieses dynamischen Äquivalenzbegriffs scheinen auf den ersten Blick auch die Übersetzungsprobleme bei Rechtstexten leichter lösbar zu sein. Bei näherem Zusehen weisen juristische Texte aber insb. bezüglich der Adressaten und Funktion viele Besonderheiten auf.

In der Terminologiearbeit gibt es bereits einige Untersuchungen (ARNTZ, WIESMANN).28 Auf terminologischer Ebene besteht die Hauptschwierigkeit bei Rechtstexten darin, dass Rechtsbegriffe an Rechtsordnungen gebunden sind, so stellvertretend für viele DE GROOT.29 Er diskutiert die Problematik im Begriffsrahmen der Rechtsvergleichung, die nach seiner Auffassung den Kern der Übersetzung juristischer Texte ausmacht. SANDRINI betont deren Eigenschaft als (Rechts-)Kulturtransfer.30

Neuere linguistische Ansätze, für die die Arbeit von ŠARČEVIĆ von Bedeutung ist, stellen eher pragmatische Aspekte der Rechtstexte in den Vordergrund und unterstreichen das Erreichen des Kommunikationsziels, somit auch die Notwendigkeit der Kreativität beim funktionalen Übersetzen.31 Juristisch fundierte Untersuchungen wie die von DE GROOT unterstreichen wiederum die rechtsvergleichende ← 23 | 24 → Komponente und strengere Orientierung am Ausgangstext, obwohl sie zunehmend textuelle Aspekte in rechtsvergleichende Analysen miteinbeziehen. Es zeichnet sich eine Annäherung ab sowie das Bestreben, die Probleme der Übersetzung von Rechtstexten in einem breiteren Kontext zu diskutieren, der der Komplexität der rechtlichen und der linguistischen Probleme gleichermaßen angemessen ist.

1.3   Forschungslücke, Gegenstand und Fragestellungen der Untersuchung

1.3.1     Forschungslücke

Rechtssprache ist also schon seit etlicher Zeit Forschungsobjekt der Germanistik im deutschsprachigen Raum und seit den 90er Jahren auch in der Übersetzungswissenschaft, oft gibt es eine Zusammenarbeit zwischen Juristen und Sprachwissenschaftlern.32 Auch in der Praxis hat sich einiges getan: Zum Redaktionsstab Rechtssprache für die Bundesministerien im Bundesministerium der Justiz (BMJ) wurde ein Beirat eingerichtet, in dem sprachwissenschaftlicher und juristischer Sachverstand vertreten sind. Er kommt seit Oktober 2009 zusammen. Des Weiteren gibt es eine eigene Homepage des im Herbst 2008 gegründeten Zentrums für Rechtslinguistik, einer Kooperation der Gesellschaft für deutsche Sprache und des Germanistischen Instituts der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.33

Juristische Texte stehen in ihrer übersetzungspraktischen Bedeutung an dritter Stelle der Textvorkommen.34 Dies bestätigt auch die persönliche Erfahrung der Verfasserin als ermächtigte Übersetzerin und allgemein vereidigte Dolmetscherin für die Sprachen Koreanisch und Japanisch.

Bezogen auf die Textsorte Rechtstexte in der Sprachenkombination Deutsch zu Englisch, Französich (SCHMIDT-KÖNIG35), Spanisch, Italienisch (SANDRINI36), auch Norwegisch (SIMONNŒS37) und Griechisch (VLACHOPOULOS38) gibt es bereits Forschungsergebnisse. ← 24 | 25 →

Zwischen Korea und Deutschland bestehen mittlerweile ebenfalls enge wirtschaftliche Kontakte. Es gibt viele Germanistik- und Jura-Studenten aus Korea an deutschen Universitäten.39 Dennoch und trotz erheblicher inhaltlicher Übereinstimmungen insb. im Zivilrecht (Rechtsrezeption in Korea) steht aber eine vergleichende Analyse der deutschen und der koreanischen Rechtssprache bisher aus. Es gibt auch keine deutsch-koreanischen Datenbanken im juristischen Bereich. Dies ist umso erstaunlicher, als sich Teile der koreanischen Rechtswissenschaft auch heute mit dem deutschen Rechtswesen beschäftigen.40

Und doch scheinen in Korea Themen aus dem Bereich Rechtssprache und Übersetzung noch immer kein größeres Interesse zu finden. Es gibt zwar unter Juristen Diskussionen über die Rechtsvergleichung, die Rechtsübersetzung erfährt dabei aber keine Erwähnung,41 obwohl sie doch Basis für die Rechtsvergleichung ist. Auch Sprachwissenschaftler und Übersetzungswissenschaftler scheinen an dem Thema ‚Rechtssprache‘ in Korea kaum interessiert zu sein. Der relativ junge Verein für Übersetzungswissenschaft veröffentlicht seit 2000 wissenschaftliche Aufsätze in seinen Zeitschriften; bei den meisten handelt es sich um Literaturübersetzung, wie die Übersetzungskritik zu den Gedichten Rilkes; zu der rechtssprachlichen Thematik gab es lediglich einen Beitrag über Gerichtsdolmetschen Englisch-Koreanisch.42 Dabei ist es bei der heutigen Globalisierung doch offenkundig, dass dieser Thematik eine immense Bedeutung zukommt. Für Erwerb und Ausbau der wissenschaftlichen Grundlagen ist die systematische Erfassung und Übersetzung der Rechtsgrundlagen des jeweils anderen Landes sowie eine Rechtsvergleichung ebenso von Bedeutung wie die korrekte Übersetzung von Rechtstexten im bilateralen wirtschaftlichen und behördlichen Umgang.

Seit Beginn des 21. Jahrhunderts begann sich im Zusammenhang mit den Bestrebungen nach einer moderneren und verständlicheren Gesetzessprache bei koreanischen Juristen endlich etwas mehr Interesse zu zeigen. Im Zuge der Zi ← 25 | 26 → vilrechtsreform sahen sie sich mit Formulierungsproblemen konfrontiert und erkannten dabei die Möglichkeit, die seitherigen gesetzlichen Formulierungen auch sprachlich anders zu fassen. In diesem Zusammenhang beschäftigte man sich endlich mit Rechtssprache in anderen Ländern und im eigenen Land und mit Übersetzungsfehlern. Eine der ersten Arbeiten waren die Veröffentlichungen des Ministry of Government Legislation, in denen vor allem einige in der juristischen Praxis wichtige Probleme wie juristische Termini japanischer Herkunft oder grammatikalisch falsche Konstruktionen beschrieben wurden. Es handelt sich hierbei aber eher um Sprachkritik, in der u. a. der Gebrauch von ‚Jargonwörtern‘ kritisiert oder auf andere sprachliche Mängel hingewiesen wurde. Dabei waren bei der Rezeption des westlichen Rechts durch Japan bereits viele gravierende sprachlich-begriffliche Fehler bei der Verwendung chinesischer Schrift-Zeichen entstanden. Weitere kamen bei deren ersten Übertragung ins Koreanische hinzu. Sie alle blieben wegen des konservativen Charakters der Rechtssprache bis dato erhalten, sind als eigenständige juristische Terminologie etabliert und damit nur noch schwer ‚auszurotten‘ (vgl. 2.3.3). Jedoch scheint sich in Korea noch kein verstärktes Bewußtsein für die Notwendigkeit und Bedeutung der Beschäftigung mit Rechtssprache und deren Übersetzung im Rahmen der Internationalisierung herausgebildet zu haben, wie am Beispiel des Skandals um Übersetzungsfehler bei den Freihandelsabkommen deutlich wird (vgl. 2.5).

In Deutschland beschäftigt man sich – wie aufgezeigt – zwar generell mit dieser Problematik, nicht jedoch speziell in Bezug auf Korea und Koreanisch. Konkrete und vor allem in die Tiefe gehende Untersuchungen zu dem gesamten Komplex gibt es also für das Sprachenpaar Deutsch und Koreanisch bisher weder in Deutschland noch in Korea. Dementsprechend fehlen auch Erkenntnisse über Probleme, typische Fehlerquellen und Lösungsansätze sowie Hilfestellungen für Übersetzer von Rechtstexten in diesem Sprachenpaar.

Details

Seiten
389
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783653068498
ISBN (ePUB)
9783653957709
ISBN (MOBI)
9783653957693
ISBN (Paperback)
9783631675052
DOI
10.3726/978-3-653-06849-8
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2016 (Mai)
Schlagworte
Verständlichkeit Fachterminologie Systemgebundenheit Rechtssicherheit
Erschienen
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2016. 389 S., 7 Tab., 3 Graf.

Biographische Angaben

Young-Ju Youn (Autor:in)

Young-Ju Youn studierte Germanistik in Korea und Leipzig sowie Übersetzungswissenschaft (Koreanisch/Japanisch) und Jura in Bonn. Sie wurde dort an der Philosophischen Fakultät promoviert und war als Lehrerin und Dozentin in Korea, Kasachstan und an der Universität Bonn tätig. Sie ist ermächtigt als Übersetzerin für Koreanisch und Japanisch. Ihren Arbeitsschwerpunkt bilden Rechtstexte.

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Titel: Recht und Rechtssprache in Korea und Deutschland
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