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Planungsrechtliche Regelungen zur Begrenzung der Flächeninanspruchnahme im Rechtsvergleich mit England

von Christiane Diehl (Autor:in)
©2016 Dissertation 262 Seiten

Zusammenfassung

Da in Deutschland täglich etwa 73 Hektar freie Fläche in Siedlungs- und Verkehrsfläche umgewandelt werden, beschäftigt sich die Autorin mit der Frage, wie der quantitative Bodenschutz verbessert werden kann. Die hohe Flächeninanspruchnahme führt zu zahlreichen Problemen und insbesondere zu einer zunehmenden ökologischen Belastung. Ausgehend von der Sachlage, dass in England weit weniger Fläche in Anspruch genommen wird, betrachtet die Autorin das deutsche und das englische Planungsrecht rechtsvergleichend. Dabei arbeitet sie die Schwächen des deutschen und die Vorzüge des englischen Planungsrechts heraus. Abschließend geht sie der Frage nach, ob und wie weit das englische Planungsrecht Impulse zur Verbesserung in Deutschland geben kann, und formuliert konkrete Änderungsvorschläge.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • 1. Kapitel: Grundlagen der Flächeninanspruchnahme
  • A. Entwicklung der Flächeninanspruchnahme in Deutschland und England
  • I. Entwicklung der Flächeninanspruchnahme
  • 1. Deutschland
  • 2. England
  • II. Flächennutzung in Deutschland und England
  • B. Beeinflussungsfaktoren der Flächeninanspruchnahme
  • I. Suburbanisierung
  • II. Wandel der Wohnverhältnisse
  • III. Bauweise
  • IV. Verkehrsmobilität
  • V. Konsum, Freizeit und Tourismus
  • VI. Problembewusstsein und gegenläufige individuelle Interessen
  • VII. Bevölkerungsentwicklung
  • C. Auswirkungen der Flächeninanspruchnahme
  • I. Ökologische Auswirkungen
  • 1. Bodenversiegelung
  • 2. Zerschneidungen
  • 3. Auswirkungen auf das Landschaftsbild
  • 4. Sonstige ökologische Auswirkungen
  • II. Ökonomische Auswirkungen
  • III. Auswirkungen auf Mensch und Gesellschaft
  • D. Zusammenfassung
  • 2. Kapitel: Planungsrechtliche und bauordnungsrechtliche Regelungen zur Begrenzung der Flächeninanspruchnahme in Deutschland
  • A. Verfassungsrechtlicher Rahmen
  • I. Baufreiheit gemäß Art. 14 GG
  • II. Kommunale Planungshoheit gemäß Art. 28 II GG
  • III. Staatsziel Umweltschutz gemäß Art. 20a GG
  • B. Entwicklung des Planungsrechts
  • I. 1960er- und 1970er-Jahre
  • II. 1980er-Jahre
  • III. 1990er-Jahre
  • IV. 2000er-Jahre bis Heute
  • C. Raumordnungsrecht
  • I. Berücksichtigung der Flächeninanspruchnahme im ROG
  • 1. Nachhaltige Raumentwicklung gemäß § 1 II ROG
  • 2. Grundsätze der Raumordnung gemäß § 2 ROG
  • a) Grundsätze mit Bezug zur Flächeninanspruchnahme
  • aa) Nachhaltige Raumentwicklung gemäß § 2 II Nr. 1 ROG
  • bb) Raum- und Siedlungsstrukturen gemäß § 2 II Nr. 2 ROG
  • cc) Verringerung des Verkehrs gemäß § 2 II Nr. 3 ROG
  • dd) Schutz der Natur und Landschaft gemäß § 2 II Nr. 5 ROG
  • ee) Gewährleistung der ökologischen Funktionen gemäß § 2 II Nr. 6 ROG
  • b) Bewertung der Grundsätze der Raumordnung
  • 3. Raumordnungspläne
  • a) Inhalt der Raumordnungspläne
  • b) Ziele der Raumordnung
  • 4. Vorranggebiete und Vorbehaltsgebiete gemäß § 8 VII 1 Nr. 1, 2 ROG
  • 5. Umweltprüfung gemäß § 9 ROG
  • II. Inhalt der landesweiten Raumordnungspläne
  • 1. Allgemeine Vorgabe zur Begrenzung der Flächeninanspruchnahme
  • 2. Vorgaben zur Siedlungsentwicklung
  • 3. Vorgaben zum Schutz des Bodens und des Freiraums
  • 4. Vorranggebiete und Vorbehaltsgebiete
  • 5. Sonstige freiraumschützende Vorgaben
  • III. Zusammenfassung und Bewertung des Raumordnungsrechts
  • D. Bauplanungsrecht
  • I. Verhältnis des BauGB zu anderen Gesetzen
  • 1. Verhältnis zum BBodSchG
  • 2. Verhältnis zum BNatSchG
  • II. Planerforderlichkeit gemäß § 1 III 1 BauGB
  • III. Anpassungsgebot gemäß § 1 IV BauGB
  • IV. Bodenschutz in der Abwägung gemäß § 1 V-VII BauGB
  • V. Bodenschutz- und Umwidmungssperrklausel gemäß § 1a II BauGB
  • 1. Entstehungsgeschichte
  • 2. Bodenschutzklausel gemäß § 1a II 1 BauGB
  • a) Zweck und Inhalt der Bodenschutzklausel
  • aa) Sparsamer und schonender Umgang mit Grund und Boden
  • bb) Verringerung der zusätzlichen Flächeninanspruchnahme
  • cc) Begrenzung der Bodenversiegelung
  • b) Gewichtung der Bodenschutzklausel
  • aa) Bodenschutzklausel als Optimierungsgebot
  • bb) Bodenschutzklausel als Abwägungsbelang
  • cc) Reichweite der Bodenschutzklausel
  • 3. Umwidmungssperrklausel gemäß § 1a II 2 BauGB
  • a) Flächen für Landwirtschaft, Wald und Wohnzwecke
  • b) Reichweite und Gewichtung der Umwidmungssperrklausel
  • c) Begründungspflicht gemäß § 1a II 4 BauGB
  • 4. Bewertung des § 1 a II BauGB
  • VI. Eingriffsregelung gemäß § 1a III BauGB
  • 1. Inhalt der Eingriffsregelung
  • 2. Bewertung des § 1a III BauGB
  • VII. Gebiete der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie gemäß § 1a IV BauGB
  • VIII. Umweltprüfung gemäß § 2 IV BauGB
  • IX. Darstellungs- und Festsetzungsmöglichkeiten gemäß §§ 5, 9 BauGB
  • 1. Darstellungsmöglichkeiten im Flächennutzungsplan
  • 2. Festsetzungsmöglichkeiten im Bebauungsplan
  • X. Bebauungsplan der Innenentwicklung gemäß § 13a BauGB
  • 1. Entstehungsgeschichte
  • 2. Ziel des § 13a BauGB
  • 3. Anwendungsvoraussetzungen des § 13a BauGB
  • a) Maßnahmen der Innenentwicklung
  • aa) Begriff der Innenentwicklung und räumlicher Anwendungsbereich
  • bb) Wiedernutzbarmachung von Flächen
  • cc) Nachverdichtung
  • dd) Andere Maßnahmen der Innenentwicklung
  • b) Größenbegrenzung der Bebauungspläne der Innenentwicklung
  • aa) Größenberechnung
  • bb) Größengrenze des § 13a I 2 Nr. 1 BauGB
  • cc) Größengrenze des § 13a I 2 Nr. 2 BauGB
  • dd) Berechnung nach § 13a I 3 BauGB
  • c) Negative Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß § 13a I 4, 5 BauGB
  • 4. Verfahrenserleichterungen gemäß § 13a II BauGB
  • 5. Bewertung des § 13a BauGB
  • XI. Innenbereichssatzungen gemäß § 34 IV 1 Nr. 2, Nr. 3 BauGB
  • XII. Außenbereich gemäß § 35 BauGB
  • 1. Privilegierte Vorhaben gemäß § 35 I BauGB
  • 2. Sonstige Vorhaben gemäß § 35 II BauGB
  • 3. Öffentliche Belange gemäß § 35 III BauGB
  • a) Bodenschutz gemäß § 35 III 1 Nr. 5 BauGB
  • b) Splittersiedlung gemäß § 35 III 1 Nr. 7 BauGB
  • c) Umwelt- und Naturschutz gemäß § 35 III 1 Nr. 3, 5 BauGB
  • d) Planvorbehalt gemäß § 35 III 3 BauGB
  • 4. Begünstigte Vorhaben gemäß § 35 IV BauGB
  • 5. Vorhabenausführung und Sicherungsmaßnahmen gemäß § 35 V BauGB
  • a) Bauausführung gemäß § 35 V 1 BauGB
  • b) Rückbauverpflichtung gemäß § 35 V 2 BauGB
  • aa) Anforderungen der Rückbauverpflichtung
  • bb) Anwendungsbereich der Rückbauverpflichtung
  • 6. Außenbereichssatzungen gemäß § 35 VI BauGB
  • 7. Bewertung des § 35 BauGB
  • XIII. Besonderes Städtebaurecht
  • 1. Baugebot gemäß § 176 II BauGB
  • 2. Rückbau- und Entsiegelungsgebot gemäß § 179 BauGB
  • 3. Sonstige Instrumente des besonderen Städtebaurechts
  • 4. Bewertung des besonderen Städtebaurechts
  • XIV. Baulandkataster gemäß § 200 III BauGB
  • XV. Zusammenfassung und Bewertung des Bauplanungsrechts
  • E. Baunutzungsverordnung
  • I. Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung gemäß § 16 BauNVO
  • 1. Mindestfestsetzungen gemäß § 16 III BauNVO
  • 2. Festsetzungen von Höchst- und Mindestmaßen gemäß § 16 IV BauNVO
  • 3. Bewertung des § 16 BauNVO
  • II. Obergrenzen des Maßes der baulichen Nutzung gemäß § 17 BauNVO
  • 1. Obergrenzen des § 17 BauNVO
  • a) Grundflächenzahl gemäß § 19 BauNVO
  • b) Geschossflächenzahl gemäß § 20 BauNVO
  • c) Baumassenzahl gemäß § 21 BauNVO
  • 2. Überschreitung der Obergrenzen gemäß § 17 II BauNVO
  • 3. Bewertung des § 17 BauNVO
  • III. Bauweise gemäß § 22 BauNVO
  • IV. Zusammenfassung und Bewertung der Baunutzungsverordnung
  • F. Bauordnungsrecht
  • I. Gestaltung der nichtüberbauten Flächen
  • II. Errichtung von Stellplätzen
  • III. Zusammenfassung und Bewertung des Bauordnungsrechts
  • G. Zusammenfassung und Bewertung des deutschen Rechts
  • 3. Kapitel: Planungsrechtliche Regelungen zur Begrenzung der Flächeninanspruchnahme in England
  • A. Rechtliche Rahmenbedingungen in England
  • I. Entwicklung des Planungsrechts
  • 1. 19. Jahrhundert
  • 2. 1900er-bis 1930er-Jahre
  • 3. 1940er-bis 1980er-Jahre
  • 4. 1990er-Jahre bis Heute
  • II. Rechtsquellen des englischen Planungsrechts
  • 1. Parlamentsgesetze
  • 2. Sekundärrechtsakte
  • 3. Case Law
  • 4. Planning Policy
  • III. Für die Planung relevante Institutionen
  • 1. Secretary of State for Communities and Local Government
  • 2. Planning Inspectorate
  • 3. Lokale Planungsbehörden
  • IV. System des englischen Planungsrechts
  • 1. Planaufstellungsverfahren
  • a) Development Plan Documents
  • aa) Local Development Documents
  • bb) Local Development Scheme
  • cc) Statement of Community Involvement
  • dd) Monitoring Report
  • b) Neighbourhood Development Plans
  • c) Befugnisse des Secretary of State
  • d) Rechtsschutz
  • 2. Nachhaltige Entwicklung und Umweltprüfung
  • a) Gesetzliche Vorgaben
  • b) Vorgaben der Planning Policy
  • 3. Baugenehmigungsverfahren
  • a) Genehmigungsbedürftigkeit
  • b) Erteilung der Baugenehmigung
  • aa) Development Order
  • bb) Entscheidung durch lokale Planungsbehörde
  • cc) Bedingungen und Verpflichtungen
  • dd) Bauaufsichtsrechtliche Maßnahmen
  • c) Befugnisse des Secretary of State
  • d) Rechtsschutz
  • V. Zusammenfassung
  • B. Gründe für die geringe Flächeninanspruchnahme in England
  • I. Planning Policy
  • 1. Green Belts
  • a) Geschichte der Green Belts
  • b) Aktuelle Planning Policy bezüglich Green Belts
  • c) Aktuelle Probleme der Green Belts
  • d) Bewertung der Green Belts
  • 2. Flächenrecycling
  • a) Geschichte des Flächenrecyclings
  • b) Aktuelle Planning Policy bezüglich Flächenrecycling
  • c) Aktuelle Probleme des Flächenrecyclings
  • d) Bewertung des Flächenrecyclings
  • 3. Verdichtung
  • 4. Sonstige Vorgaben der Planning Policy
  • II. Gesamtkonzeption des englischen Planungssystems
  • 1. Kontrolle der baulichen Entwicklung
  • 2. Einfluss der Zentralregierung auf lokale Planungsentscheidungen
  • III. Stellenwert der Natur in der Bevölkerung
  • IV. Zusammenfassung und Bewertung
  • 4. Kapitel: Bewertung und Verbesserungsvorschläge
  • A. Bewertung des Planungsrechts in Deutschland und England
  • I. Bewertung des deutschen Planungsrechts
  • 1. Positive Aspekte
  • 2. Negative Aspekte
  • II. Bewertung des englischen Planungssystems
  • 1. Positive Aspekte
  • 2. Negative Aspekte
  • III. Vergleichende Bewertung
  • B. Verbesserung des deutschen Planungsrechts
  • I. Einschränkung der gemeindlichen Planungshoheit
  • II. Mengenbegrenzung
  • III. Absolut geschützte Flächen
  • IV. Pflicht zur vorrangigen Ausnutzung der Innenentwicklungspotenziale
  • V. Abschaffung der Innenbereichssatzungen
  • VI. Strengerer Schutz des Außenbereichs
  • VII. Sonstige Ansatzpunkte
  • Ergebnis
  • Literaturverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis

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Einleitung

In Deutschland werden täglich ungefähr 73 Hektar1 freie Flächen in Siedlungs- und Verkehrsflächen2 umgewidmet, also etwa die Fläche von 104 Fußballfeldern.3 Diese Umwandlung wird als Flächeninanspruchnahme4, häufig aber auch als Flächenverbrauch bezeichnet.5 Der Begriff Flächeninanspruchnahme ist jedoch präziser, da Fläche nicht im eigentlichen Sinne „verbraucht“, sondern lediglich in Anspruch genommen werden kann.6

Gelingt es nicht die Flächeninanspruchnahme zu begrenzen, so wird es in Zukunft immer weniger unbebaute Gebiete in Deutschland geben. Schon heute sind freie Flächen durch die starke Ausdehnung der Siedlungs- und Verkehrsflächen zu einem knappen und wertvollen Gut geworden.7 Erschwerend kommt hinzu, dass es kaum möglich ist, nicht mehr benötigte Siedlungs- und Verkehrsflächen in freie Flächen zurück zu wandeln, da natürliche Bodenfunktionen nur schwer und erst nach langer Zeit wiederhergestellt werden können.8

Durch diesen zunehmenden Verlust von bislang unberührten Böden entstehen vielfältige Probleme. Diese betreffen insbesondere Natur und Landschaft, da dadurch unter anderem Bodenversiegelungen und Zerschneidungen verstärkt hervorgerufen ← 19 | 20 → werden. Aber auch für die Gesellschaft können negative Auswirkungen auftreten wie beispielsweise soziale Entmischung durch Suburbanisierung. Die Begrenzung der Flächeninanspruchnahme (sog. quantitativer Bodenschutz) ist vor allem vor dem Hintergrund des demografischen Wandels bedeutsam. In Zukunft werden aufgrund des Bevölkerungsrückgangs, auch wenn dieser durch die neuerdings starke Zuwanderung wahrscheinlich abgeschwächt wird, weniger Siedlungs- und Verkehrsflächen als bisher benötigt werden. Die kommenden Generationen werden die negativen Auswirkungen der hohen Flächeninanspruchnahme der letzten Jahrzehnte tragen müssen.

Wegen der mit der Flächeninanspruchnahme einhergehenden Probleme muss mit den verbleibenden freien Flächen sparsam und schonend umgegangen werden. Am Besten wäre eine drastische Begrenzung der Flächeninanspruchnahme. 1998 sah das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit diesbezüglich Handlungsbedarf und legte fest, dass bis 2020 die Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsflächen auf 30 Hektar pro Tag begrenzt werden sollte.9 Hierbei handelte es sich allerdings nicht um eine rechtlich verbindliche Vorgabe, sondern lediglich um eine politische Absichtserklärung. Später wurden das Ziel eines Nullwachstums der Flächeninanspruchnahme bis 2050 und ein Zwischenziel von 80 Hektar pro Tag im Jahr 201010 sowie von 55 Hektar pro Tag im Jahr 2015 ergänzt.11 Das 30-Hektar-Ziel wurde 2002 in der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie der damaligen Bundesregierung aufgegriffen.12 An diesem Reduktionsziel, welches nach wie vor rechtlich nicht verbindlich ist, halten seitdem alle Bundesregierungen fest.13 Betrachtet man den aktuellen Wert von 73 Hektar pro Tag so wird deutlich, dass das Zwischenziel für 2015 nicht erreicht wurde und das 30-Hektar-Ziel noch in weiter Ferne liegt.

Untersucht man die Flächeninanspruchnahme in England, so zeigt sich ein ganz anderes Bild. Dort wurden in den letzten Jahren täglich etwa 10 Hektar als reine Siedlungs- und Verkehrsfläche (also ohne Erholungsfläche) neu ausgewiesen.14 Somit ist die Flächeninanspruchnahme in England deutlich niedriger als in Deutschland. Dies gilt auch, wenn die Flächeninanspruchnahme auf die Einwohnerzahl bezogen wird. Nimmt man, wie üblich,15 100.000 Einwohner als Bezugsgröße, so ← 20 | 21 → werden momentan in England etwa 6,5 Hektar pro 100.000 Einwohner und Jahr und in Deutschland etwa 23 Hektar pro 100.000 Einwohner und Jahr für reine Siedlungs- und Verkehrsfläche in Anspruch genommen.16 Damit beträgt die Flächeninanspruchnahme bezogen auf die Einwohnerzahl in Deutschland noch immer mehr als das 3,5-fache von England. Das politische Ziel der Reduktion der Flächen­inanspruchnahme in Deutschland auf 30 Hektar pro Tag entspricht etwa 11 Hektar pro 100.000 Einwohner und Jahr.17 Somit liegt dieses Ziel etwa bei dem 1,5-fachen des Wertes, den England bereits heute erreicht.

Obwohl das englische Planungsrecht, wie das deutsche, Bebauungspläne und Baugenehmigungen vorsieht, bestehen hinsichtlich der Inanspruchnahme von Flächen erhebliche Unterschiede. Daher liegt eine rechtsvergleichende Betrachtung des Planungsrechts der beiden Länder nahe. Dabei sollen unter anderem folgende Fragen diskutiert und beantwortet werden: Warum ist die Flächeninanspruchnahme in Deutschland im Vergleich zu England derart hoch? Wie erreicht England diesen geringen Wert? Wie ist das englische Planungsrecht ausgestaltet, dass so wenige Flächen in Anspruch genommen werden? Wo liegen die Schwächen des deutschen Planungsrechts, sodass derart hohe Werte entstehen? Hat das englische Planungssystem hinsichtlich des quantitativen Bodenschutzes Vorteile gegenüber dem deutschen Planungsrecht? Kann das englische Planungsrecht Impulse für eine Verbesserung des deutschen Planungsrechts hinsichtlich der Begrenzung der Flächeninanspruchnahme geben?

Zu diesen Fragen gibt es bislang keine ausführlichen Untersuchungen. Zwar wurde in der deutschen Literatur England vereinzelt als Vorbild für die geringe Flächeninanspruchnahme genannt,18 dabei wurde allerdings nicht ausführlich erörtert, warum das englische System derart effektiv ist. Es wurden lediglich einige ← 21 | 22 → mutmaßliche Gründe wie beispielsweise ein restriktives zentrales Planungssystem ohne kommunale Planungshoheit sowie der hohe Stellenwert der Natur in der Bevölkerung genannt.

Mit dieser Arbeit soll das englische Planungssystem hinsichtlich des Umgangs mit freien Flächen ausführlich analysiert werden. Die oben aufgeworfenen Fragen sollen beantwortet und vor allem die Schwächen des deutschen Planungsrechts und die Erfolgsfaktoren des englischen Planungssystems bezüglich der Begrenzung der Flächeninanspruchnahme herausgearbeitet werden.

Das erste Kapitel der Arbeit gibt einen Überblick über Entwicklung, Gründe und Auswirkungen der Flächeninanspruchnahme in Deutschland und England. Das zweite Kapitel analysiert das deutsche Planungsrecht hinsichtlich seiner Effektivität zur Begrenzung der Flächeninanspruchnahme. Dazu wird der verfassungsrechtliche Rahmen und die Entwicklungsgeschichte dargelegt, das Raumordnungsrecht sowie das Bauplanungsrecht ausführlich untersucht, die Baunutzungsverordnung sowie das Bauordnungsrecht kurz betrachtet. Das dritte Kapitel ist dem englischen Planungsrecht gewidmet. Zentrale Aspekte sind dabei die geschichtliche Entwicklung und die Grundlagen des englischen Planungsrechts sowie die Unterschiede zum deutschen Planungsrecht. Sodann werden die Faktoren des englischen Planungssystems herausgearbeitet, die eine derart geringe Flächeninanspruchnahme ermöglichen. Im vierten Kapitel erfolgt eine Bewertung der Ergebnisse der vorherigen Kapitel. Schwerpunkt bildet die Frage, welche Aspekte des englischen Systems in das deutsche übernommen werden könnten. Abschließend werden Verbesserungsvorschläge für das deutsche Planungsrecht formuliert.


1 Statistisches Bundesamt, Bodenfläche nach Art der tatsächlichen Nutzung, S. 22.

2 Zu Siedlungs- und Verkehrsflächen gehören Gebäude- und Freifläche, Betriebsfläche (ohne Abbauland), Erholungsfläche, Verkehrsfläche und Friedhof: Statistisches Bundesamt, https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/LandForstwirtschaftFischerei/Glossar/SiedlungsUndVerkehrsflaeche.html?view=getColorboxEntry, abgerufen am: 24.07.2016.

3 Statistisches Bundesamt, Bodenfläche nach Art der tatsächlichen Nutzung, S. 22.

4 Köck, Reduzierung des Flächenverbrauchs durch Bodenschutzplanung in: Führ/Wahl/von Wilmowsky (Hrsg.), Umweltrecht und Umweltwissenschaft: Festschrift für Eckard Rehbinder, S. 397, 398; Rink/Banzhaf, Flächeninanspruchnahme als Umweltproblem in: Groß (Hrsg.), Handbuch Umweltsoziologie, S. 445, 448. Die Problematik wird oft auch unter den Begriffen Freiraumschutz, Flächen-, Land- oder Landschaftsverbrauch sowie speziell unter Bodenversiegelung diskutiert.

5 Die Begriffe Flächenverbrauch und Flächeninanspruchnahme werden häufig synonym verwendet. So auch: Risch, Neue Instrumente zur Begrenzung des Bodenverbrauches, S. 21; UBA, Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, S. 364; bezüglich Verbrauch der offenen Landschaft bejahend: Franz, Freiraumschutz und Innenentwicklung, S. 27 ff.

6 Zum Begriff siehe ausführlich: Rink/Banzhaf, Flächeninanspruchnahme als Umweltproblem, S. 445, 447 f.

7 Vgl. Schimansky, Die Problematik des Freiflächenverbrauchs in Deutschland, S. 1.

8 Bückmann, Nachhaltiges Landmanagement und Klimaschutz, UPR 2009, S. 407, 414; KBU beim UBA, Bodenschutz beim Anbau nachwachsender Rohstoffe, S. 27; UBA, Schutz der biologischen Vielfalt und Schonung von Ressourcen, S. 13.

9 BMU, Nachhaltige Entwicklung in Deutschland, S. 60 ff.

10 UBA, Reduzierung der Flächeninanspruchnahme durch Siedlung und Verkehr, S. 4 f.; 109.

Details

Seiten
262
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783631697771
ISBN (ePUB)
9783631697788
ISBN (MOBI)
9783631697795
ISBN (Paperback)
9783631697764
DOI
10.3726/978-3-631-69777-1
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (April)
Schlagworte
Reduktion des Flächenverbrauchs Quantitativer Bodenschutz Freiraumschutz Landschaftsverbrauch Englisches Planungssystem
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2016. 262 S.

Biographische Angaben

Christiane Diehl (Autor:in)

Christiane Diehl studierte Rechtswissenschaften an der Universität Heidelberg und an der Lund University in Schweden. Sie wurde an der Universität Heidelberg promoviert und absolvierte einen Forschungsaufenthalt an der Newcastle University in England.

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