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Symbolon - Band 20

Gesellschaft für wissenschaftliche Symbolforschung e. V., Jahrbuch Band 20. Neue Folge

von Hermann Jung (Band-Herausgeber:in)
©2017 Dissertation 310 Seiten
Reihe: Symbolon, Band 20

Zusammenfassung

Band 20 des Jahrbuchs SYMBOLON dokumentiert Vorträge aus unterschiedlichen Disziplinen, die bei den Jahrestagungen der Gesellschaft für wissenschaftliche Symbolforschung e. V. 2012–2014 in Köln, Erfurt und Essen gehalten wurden. Die Beiträge behandeln die folgenden Themenkreise: «Von Schiffen & Fischen. Zeichen und Symbole im Lebensraum Wasser» (Boschs «Versuchungen des hl. Antonius»), «Flüsse & Meere. Symbole und Mythen» (Der «aquatische Stier», Symbolik des Wassers, Symbolik der Muschel, symbolische Darstellung von Wasser in Musik, Ägypten) und «Die Gestirne. Symbole und Mythen» (Symbolik der Gestirne, die Milchstraße, Sonnenpferd und -wagen, Dantes Commedia, Giordano Bruno, Genter Altar, der symbolhafte Achtstern).

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autoren-/Herausgeberangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Inhalt
  • Vorwort des Herausgebers
  • Tagung 2012, Köln: Von Schiffen und Fischen. Zeichen und Symbol im Lebensraum Wasser
  • Schiffe und Fische in Boschs Gemälde „Versuchungen des hl. Antonius“ (Lissabon) (Ulrich Fritsche)
  • Tagung 2013, Erfurt: Flüsse & Meere. Symbole und Mythen
  • Der „aquatische Stier“. Eine mythische Synonymität zwischen Stier und Wasser und die Rolle des Wasserstieres im Schöpfungsgeschehen und im mythischen Weltbau (Gerald Unterberger)
  • Zur Quelle, zum Strom, zum Ozean. Symbolik des Wassers im Wandel der Weltbilder (Martin Weyers)
  • Unerschöpflich wie das Meer – Symbolik der Muschel (Brigitte Romankiewicz)
  • Zur symbolischen Darstellung von Wasser in Musik am Ende des ‚langen‘ 19. Jahrhunderts. Zusammenfassung eines Workshops (Thomas Hochradner / Michaela Schwarzbauer)
  • Ägypten – Flusstal-Oase zwischen Urozean und „Großer Salzflut“ (Peter Eschweiler)
  • Tagung 2014, Essen: Die Gestirne. Symbole und Mythen
  • Symbolik der Gestirne: Eine Übersicht (Werner Heinz)
  • Himmelsfluss, Ouroboros, Seelenweg und Orientierungshilfe. Die Milchstraße in Symbolik, Mythen und Ritualen (Michael A. Rappenglück)
  • Die Symbolik von Sonnenpferd und -wagen (Ulrich Fritsche)
  • „Dann traten wir hinaus und sahn die Sterne“. Dantes Commedia und die moderne Kosmologie (Axel Voss)
  • Was wissen die Gestirne? Gedanken zu Giordano Brunos Kosmologie der All-Lebendigkeit (Jochen Kirchhoff)
  • Die Sterne des Genter Altars – eine Darstellung der Konstellation Virgo? (Ralf Piolot)
  • Der symbolhafte Achtstern und bethlehemitische Geschichten (Werner Heinz)
  • Buchbesprechungen
  • Biographisches und Bibliographisches

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Vorwort des Herausgebers

Mit dem vorliegenden Band des Jahrbuchs SYMBOLON hat die Gesellschaft für wissenschaftliche Symbolforschung wieder ein kleines Jubiläums zu feiern: Er ist die Nr. 20 der „Neuen Folge“, die seit 1972 erschienen ist. Die alte Folge von 1960 bis 1971 umfasste sieben Bände. Wir dürfen stolz sein auf eine solche Kontinuität, die Wissenschaftlern und Kunstschaffenden über Jahrzehnte ein Forum geboten hat und weiterhin bieten wird, die Erkenntnisse ihrer Forschung wie ganz eigenes, persönliches Verstehen von Symbolik und Symbolen in den Jahrestagungen und dann im Jahrbuch einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.

SYMBOLON 20 nimmt die Beiträge auf, die als Vorträge auf den drei Tagungen 2012, 2013 und 2014 gehalten wurden und dem Herausgeber als überarbeitete Druckfassungen vorlagen. Leider wurde von den Vorträgen 2012 trotz mehrmaliger Nachfrage nur ein einziger geliefert, so fehlen hier u. a. die christliche Schiffssymbolik in Literatur und Kunst oder die Ursula-Legende und die Schiffssymbolik als Kölner Besonderheit.

Unter dem Motto „Von Schiffen & Fischen. Zeichen & Symbole im Lebensraum Wasser“ stand die Tagung 2012 in Köln. Ulrich Fritsche, der sich seit Jahrzehnten mit den Gemälden Jheronimus Boschs und ihrer Deutung beschäftigt, stellt eine persönliche Interpretation des Triptychons „Versuchungen des hl. Antonius“ vor: Fische und Schiffe zeigen in ihrer Verfremdung das Christentum zwischen Gesellschaft und Individuum, geistlicher und weltlicher Macht.

Die Thematik wurde in der Tagung 2013 in Erfurt in modifizierter und erweiterter Form fortgeführt. „Flüsse und Meere. Symbole und Mythen“ belegen in besonderer Weise das feuchte Element: das fließende Wasser als Zeitphänomen, wie es Heraklit gesehen hat: „Wer in denselben Fluss steigt, dem fließt anderes und wieder anderes Wasser zu.“ Daraus wurde der spätere Aphorismus „alles fließt / alles im Fluss“ abgeleitet. Das Meer dagegen macht uns die Polarität von endloser Bewegtheit und ewiger Ruhe bewusst. Goethe zieht im Gesang der Geister über dem Wasser einen bedeutungsträchtigen Vergleich: „Des Menschen Seele / Gleicht dem Wasser: / Vom Himmel kommt es, / Zum Himmel steigt es, / Und wieder nieder / Zur Erde muß es / Ewig wechselnd.“ Erst wenn man sich etwas länger und intensiver mit dem Phänomen Wasser beschäftigt hat, erkennt man, wie elementar und allumfassend Wasser für alles biologische und gesellschaftliche Leben auf der Erde ist: die Quelle des Lebens und zugleich die Quelle der menschlichen Phantasie. Es birgt Geheimnisse und Gefahren, es bestimmt seit Urzeiten die politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen unsers Daseins. Wasser kann in der Natur und beim Menschen Wunder und Heilung bewirken, durch ein Übermaß an ← 7 | 8 → Gewalt als Hochwasser, Überschwemmung und sintflutartigem Regen oder Verschmutzung und ökologischen Raubbau zur Zerstörung aller Kreatur beitragen.

Zur ungebrochenen Aktualität des Themas hat Hartmut Böhme in seiner Kulturgeschichte des Wassers (Frankfurt am Main 1988) eine bedenkenswerte These aufgestellt. Er spricht davon, dass einerseits die industriellen Gesellschaften den Bezug zum Wasser als einem Element des Lebens und der Kultur verloren hätten, dass andererseits in den Kulturwissenschaften kaum beachtet werde, wie grundlegend Wasser für Aufbau und Geschichte der Gesellschaft sei – „ein Mißstand, der mit der Verdrängung der Naturbasis des Menschen und dem schier unausrottbaren Anthropozentrismus der Neuzeit zusammenhängt. (12) […] Im Zeitalter der Wissenschaften wurden die religiösen, philosophischen, ästhetischen und phantasmatischen Dimensionen des Wassers verdrängt. Eine Aufhebung dieser Verdrängung scheint notwendig. […] Natürlich wird niemand mehr Kosmogonien wiederholen wollen, die alle Schöpfungen aus dem Wasser hervorgehen lassen oder philosophisch den Urgrund des Seins in das Prinzip Wasser legen, wie es Thales tat. […] In Wahrheit haben wir die mythopoetische Geschichte des Wassers nicht dadurch überwunden, daß sie aus dem, was als rationales Wissen in den Wasser-Disziplinen privilegiert ist, ausgeblendet wird. Vielmehr hat die Verdrängung der Symbolgeschichte des Wassers die blinde und rücksichtslose Ausbeutung, Verwendung und Zerstörung dieses Naturreiches zur Kehrseite.“ (15)

Gerald Unterberger gibt einen faszinierenden Einblick in die Beziehungen von „Wasser“ und „Stier“ in Mythen, Sagen und Kosmologien, von der indischen Rigveda über die griechisch-römische Antike bis zu germanischen, iranischen, armenischen oder slawischen Überlieferungen, als göttlicher Stier, als Herrscher in Flüssen und Meeren. In den tiefen Urgewässern stehend, trägt er die „Säulen der Erde“, ist durch seine Bewegungen verantwortlich für Erderschütterungen und verursacht den Weltuntergang. Aus dem Blickwinkel der vergleichenden Mythologie geht Martin Weyers dem Wandel unseres Weltbildes vom Mittelalter bis in die Gegenwart nach, wie es sich in der Kunst und in der Literatur zeigt. Die „unerschöpfliche“ Symbolik der Muschel erschließt Brigitte Romankiewicz aus ihrem Erfahrungsreichtum mit einer Vielzahl von Beispielen: So deuten geöffnete Muschelschalen auf antiken Sarkophagen auf Wiedergeburt hin, Jakobus, Geleiter zu den Wandlungsmysterien seines Heiligen Grabes in Santiago de Compostela, trägt stets die Muschel am Pilgerhut, Muschelornamente bekrönen Nischen, Portale, Altäre, Throne und zieren Prunkmöbel. Michaela Schwarzbauer und Thomas Hochradner stellen musikalische „Übersetzungen“ von Wasser, ihre Symbolik in verschiedensten Formen vor, angefangen bei Franz Schubert und E.T.A. Hoffmann über Richard Wagner bis zu Claude Debussy und Arnold Schönberg. Die lange Zeitspanne schließt zugleich den Wandel von einem romantischen, auf harmonischer Spannung aufbauenden ← 8 | 9 → kompositorischen Konzept zu ganz neuen Voraussetzungen mit ein, ein Prozess, der sich bis weit ins 20. Jahrhundert erstreckt. Schließlich vermag Peter Eschweiler eindrucksvoll zu belegen, wie der Nil die im Flusstal eingewanderten Menschen zum einheitlichen „Kulturvolk“ der Ägypter werden ließ. Er wurde zum Maßstab ihres Alltagslebens, zum prägenden kulturellen Faktor, der in Mythologie und Religion allgegenwärtig war.

Ein neues thematisches Kapitel schlägt die Tagung 2014 in Essen auf, das in den folgenden Jahren mit Modifikationen weitergeführt werden wird: „Die Gestirne. Symbole und Mythen“. „Indem wir nach den Sternen greifen, greifen wir nach dem Un(be-)greifbaren. Gestirne gelten als Symbol für Transzendenz und kosmische Ordnung, vom Alten Reich der Ägypter, die den Untergang des Sonnengottes und der Gestirne, dem Lauf der Sonne folgend, an den Himmelsrichtungen festmachten, über den römischen Sol Invictus bis zu Sphärenharmonien und der Vorstellung vom Menschen als Mikrokosmos.“ (Martin Weyers) Mit einer kleinen Übersicht vom alten Ägypten bis zum europäischen Mittelalter und darüber hinaus führt Werner Heinz in ein großes Thema ein. Michael A. Rappenglück unternimmt eine Kategorisierung der wesentlichen Funktionen und Bedeutungen der Milchstraße, die sich von den anderen Himmelsgebilden fundamental unterscheidet. Die mit ihr verbundenen Symbole, Mythen und Riten reichen von den archaischen bis zu den jüngsten Kulturen. Ulrich Fritsche spürt Pferden und ihren Wagen als Symbole des Sonnenlaufs zu unterschiedlichen Zeiten nach und bezieht auch literarische Zeugnisse wie die Merseburger Zaubersprüche oder europäische Märchen mit ein. Für Axel Voss stellen sich Dantes Jenseitsreisen auf symbolischer, substanzieller und ethischer Ebene als Brückenschlag zwischen Forschungswissen und Traditionsweisheit dar. Mit Giordano Brunos Kosmologie und Symbolik der Gestirne setzt sich Jochen Kirchhoff auseinander. Sie basieren „auf der hermetischen Wie-oben-so-unten-Korrespondenz und der Entsprechung von Makrokosmos und Mikrokosmos, die ein Kernstück der Naturphilosophie des Paracelsus ist. Beide Konzepte, die ja eng miteinander verbunden sind, fließen in die von Bruno entwickelte Kosmologie der Unendlichkeit und der universalen Lebendigkeit ein, ja verschmelzen mit ihr. So repräsentieren die Gestirne das Unendlich-Lebendige als Manifestation der göttlichen Allgegenwart im Raum, wobei der Raum, der unbegrenzte Weltenraum, in gewisser Weise die Weltseele selbst ist.“ (S. 249/50) Eine neue Deutung der Sterne auf dem Genter Altar durch Bildanalysen und mit Hilfe von Spezialaufnahmen stellt Ralf Piolot vor. Den Abschluss des Bandes bildet ein Beitrag von Werner Heinz zum Achtstern, ein uraltes Zeichen, dessen mehrfache Symbolik insbesondere anhand von Kunstdenkmälern durch die Jahrhunderte verfolgt wird.

Hermann Jung

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Tagung 2012, Köln:
Von Schiffen und Fischen.
Zeichen und Symbol im Lebensraum Wasser

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Ulrich Fritsche

Schiffe und Fische in Boschs Gemälde „Versuchungen des hl. Antonius“ (Lissabon)1

Einführung in die Thematik

Das wohl schaurigste Werk des spätmittelalterlichen Malers Jheronimus Bosch enthält Szenen mit höchst seltsam verfremdeten Schiffen und Fischen. Es handelt von „Versuchungen des hl. Antonius“ und befindet sich in Lissabon. Einen hl. Antonius gab es im Altertum und auch im Mittelalter. Von ersterem ist bekannt, dass er teuflischen Anfechtungen ausgesetzt war. Er lässt sich einwandfrei auf diesem Dreitafelbild identifizieren, auch gibt es hier und da Hinweise auf seine Legende,2 aber das allermeiste ist rätselhaft und wird gewöhnlich als phantastisch abgetan. Ohne Einzelheiten, Zusammenhänge und Komposition zu begreifen, hat man versucht, das Geschehen zu benennen. Geht es um Magie, Ketzerei, Inquisition oder gar Weltuntergang, wie kürzlich ein populärwissenschaftliches Magazin behauptet hat?3

Mit solchen Schlagworten ist es nicht getan. Man sollte zur Kenntnis nehmen, dass eine umfassende Erläuterung dieses Gemäldes existiert, die alle Details berücksichtigt!4

Traurigerweise liegt die Bosch-Rezeption im Argen. Diesem Maler gelang es, erstaunlich subtile Gedankengänge bildlich darzustellen. Man hat seine symbolisch verschlüsselten Werke allerdings kaum verstanden, was diese und ihn selbst vor Vernichtung bewahrt hat. Der Preis war, dass man ihn hauptsächlich als Erfinder phantastischer Ungeheuer schätzt. Man begnügt sich weitgehend mit oberflächlichem Verständnis seiner Gemälde und übersieht dabei die tiefe übertragene Bedeutung, die eigentlichen Konzepte. Man will nicht glauben, dass er in mehreren ← 13 | 14 → Punkten vom Hauptstrom des Christentums abwich,5 war er doch geschworenes Mitglied der Liebfrauenbruderschaft seiner Heimatstadt. Und so will man seine Botschaft noch immer nicht wahrhaben.

Christian Morgenstern hat solche Ignoranz folgendermaßen aufs Korn genommen:6

Weil, so schließt er messerscharf,

nicht sein kann, was nicht sein darf!

Für 2016 sind umfangreiche Aktivitäten eingeleitet worden, um das 500. Todesjahr Boschs zu feiern.7 Obwohl dieser einzigartige Maler im ausgehenden Mittelalter lebte, vermag er uns mit seiner erstaunlichen Symbolik und faszinierenden Weltanschauung noch immer Lehrreiches zu vermitteln. Wünschen wir ihm, dass nun endlich seine eigentliche Leistung anerkannt wird!

Workshop

Einer Anregung folgend wurde ein workshop durchgeführt. Nach Einführung in Boschs spezielle Symbolik und die Antonius-Thematik wurden Gruppen gebildet, denen verschiedene Szenen des Gemäldes zugeteilt wurden. Sie sollten versuchen, anhand von entsprechendem Bildmaterial und einer Aufstellung der hier relevanten Symbolik die übertragene Bedeutung zu erfassen.

Jeweils ein Gruppensprecher stellte das Ergebnis dar, worüber diskutiert wurde. Der Leiter des workshops fasste jeweils die in genanntem Buch beschriebenen Erkenntnisse zu den Schiff- und Fischszenen zusammen und erläuterte diese im Kontext mit der Gesamtthematik. Das beinhaltete auch, kurz auf die Außenseite und die Szene im Zentrum der Mitteltafel einzugehen.

Wer war dieser hl. Antonius?

Er lebte in Ägypten, wollte Christus nacheifern, wurde Einsiedler, kämpfte gegen Versuchungen, vor allem Hochmut und Wollust. Er wurde zum Vorbild für Einsiedler und ein Vater des christlichen Klosterlebens. Aber: Wahres Christentum verwirklicht sich in Nächstenliebe: Man soll sich nicht auf die Bedürfnisse des Körpers beschränken, aber auch nicht in geistiger Verstiegenheit absondern! ← 14 | 15 →

Der Antoniterorden widmete sich der Krankenpflege. Antonius wurde zu einem vielseitigen Schutzheiligen. Auf Boschs Antonius-Triptychon wandert er gewissermaßen durch die Geschichte als Vor-Bild eines wahren Christen, bedrängt durch die Verfälschungen ausgesetzte Kirche.

Zu Boschs Symbolik

Bosch verfügte über ein spezielles Symbolsystem, womit er wie kein anderer Maler komplexe Gedankengänge auszudrücken vermochte. Das ist zwar nicht in sogenannten Symbolfibeln und dergleichen zu finden, lässt sich aber plausibel ableiten. Für das Thema „Fische und Schiffe“ können wir uns auf die folgenden Grundlagen beschränken.

Seiner Auffassung gemäß ist der Mensch dreifach gegliedert in Geist, Seele, Körper, wobei Seele als vermittelndes Prinzip zu verstehen ist. Diese Daseinsfaktoren sind Oberbegriffe in einem triadischen Analogiesystem (siehe Tab. 1). Die Bedeutung der Tiergruppen „Vogel, Fisch, Landtier“ ergibt sich aus den jeweils bevorzugten Elementen „Luft, Wasser, Erde“. Alles verweist auf Menschen, auch die Körperteile. In gesellschaftlichem Zusammenhang ist die Analogie geistlich, christlich, weltlich zu beachten. Christus vermittelt zwischen den Gegensätzen.

Neben triadisch geordneten Symbolen sind auch einige Begriffspaare wichtig (siehe Tab. 2). Für das hier zu behandelnde Gemälde wird vor allem die übertragene Bedeutung von Mann und Frau benötigt, wie sie Paulus beschrieben hat (besonders klar im Epheserbrief 5, 21–33): „Mann und Frau“ entsprechen „Obrigkeit und Gemeinde“ (aus heutiger Sicht unannehmbar!).

Mit diesem Rüstzeug können wir nun Szenen untersuchen, die Fische und Schiffe beinhalten. Fisch bedeutet wie üblich christlich, und Schiff bedeutet die Gesellschaft, besonders die Kirche.

Hinweise zum Bildmaterial

In den Text sind Bildausschnitte (schwarz-weiß) eingefügt, soweit es der Umfang erlaubte. Die Interpretation geht mit einer Beschreibung einher, doch sei zum besseren Verständnis empfohlen, nach Möglichkeit zusätzlich Farbdrucke des hier erläuterten Gemäldes heranzuziehen. ← 15 | 16 →

Tab. 1: Triaden

Tab. 2: Begriffspaare

Außenseite, Christi Leidensgeschichte: Vor-Bilder für negatives Verhalten in falsch verstandenem Christentum

Außenseite links: Gefangennahme (Abb. 1)

Furcht haben die Jünger, welche bei Jesu Gefangennahme flüchten. Bestechlichkeit drückt sich im Verhalten des Judas aus, welcher mit dem für seinen Verrat erhaltenen Geldbeutel davonschleicht. Im Vordergrund sieht man als dramatischen Höhepunkt, wie Petrus einem Mitläufer der Häscher ein Ohr abschlägt. Daraufhin hat Jesus das Ohr geheilt, Petrus getadelt und die Kirche trotzdem auf ihn gegründet. Dennoch ist das hier ein erstes Beispiel für Gewalttat in falsch verstandenem Christentum.

Außenseite rechts: Kreuztragung (Abb. 2)

Details

Seiten
310
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631705551
ISBN (ePUB)
9783631705568
ISBN (MOBI)
9783631705575
ISBN (Hardcover)
9783631705544
DOI
10.3726/b10606
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (Januar)
Schlagworte
Mythen Gestirne Symbolik Achtstern Genter Altar Sonnenpferd
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 310 S., 49 s/w Abb., 4 s/w Tab.

Biographische Angaben

Hermann Jung (Band-Herausgeber:in)

Hermann Jung ist Professor emeritus für Musikwissenschaft an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim und war bis 2013 1. Vorsitzender von SYMBOLON. Gesellschaft für wissenschaftliche Symbolforschung e. V.

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Titel: Symbolon - Band 20
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