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Die einheitliche Auslegung des Tatbestandsmerkmals «verleiten» in geltenden deutschen Straftatbeständen

Zugleich ein systematischer Vergleich sämtlicher Verleitungsdelikte

von Kristian Ohde (Autor:in)
©2017 Dissertation 168 Seiten

Zusammenfassung

Eine mit dem Wort «verleiten» beschriebene Tathandlung findet sich in 15 verschiedenen Tatbeständen des deutschen Strafrechts. Der Autor untersucht erfolgreich die Möglichkeit, Zweckmäßigkeit und Gebotenheit der Bestimmung eines einheitlichen Verleitensbegriffs. Mittels einer systematisch vergleichenden Analyse sämtlicher der teils seit mehr als 140 Jahren geltenden Verleitungsdelikte ermittelt er einen einheitlichen Inhalt des Verleitens und seines Wesens. In der Rechtswissenschaft handelt es sich damit um die erste umfassende und verallgemeinernde Abhandlung zum Verleitensbegriff. Abschließend befasst sich der Autor mit strafrechtsdogmatischen Einzelfragen, die sich aus der Verwendung des Merkmals «verleiten» ergeben.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Einleitung
  • § 1 Übersichtlichkeit der Untersuchung
  • I. Grundlegende Struktur der Verleitungstatbestände
  • II. Identischer Inhalt der Strukturmerkmale
  • 1) Verleitung zu Kriegswaffenverkehr und Kernexplosion
  • 2) Insiderverleitung
  • 3) Einbeziehung des § 49 BörsG in die Kategorie der Insiderverleitungsdelikte
  • 4) Weitere Zusammenfassung identischer Verleitungstatbestände
  • 5) Gegenstand der weiteren Untersuchung
  • § 2 Charakteristische Wesensmerkmale der Verleitungskontexte
  • I. Ermittlung der verleitungsexklusiven Tatkonstellationen
  • 1) Exklusive Verleitungskonstellationen im Hinblick auf die fehlende objektive Tatbestandsmäßigkeit der verleitungstatbestandlichen Handlung des Verleiteten
  • 2) Ermittlung verleitungsexklusiver Tatkonstellationen für die §§ 160 Abs. 1, 357 Abs. 1 StGB, die Verleitungstatbestände zu Kriegswaffenverkehr und Kernexplosion sowie die Insiderverleitungstatbestände
  • a) § 160 Abs. 1 StGB
  • b) § 357 Abs. 1 StGB
  • c) Tatbestände der Verleitung zu Kriegswaffenverkehr und Kernexplosion
  • d) Insiderverleitungstatbestände
  • e) Ergebnis zur Ermittlung exklusiver Verleitungskonstellationen
  • II. Vergleich der straftatbestandlich exklusiven Verleitungskonstellationen untereinander
  • 1) Verleitungssubjekt / der Verleitende
  • 2) Verleitungsziel / Handlung des Verleiteten
  • a) Tatbestandsmäßigkeit der Handlung des Verleiteten
  • b) Schutzgutbezogenheit der Handlung des Verleiteten
  • aa) Intensität des Schutzgutangriffs
  • bb) Gemeinsamkeiten der Verleitungsschutzgüter
  • cc) Ergebnis zur Schutzgutbezogenheit der Handlung des Verleiteten
  • c) Strafrechtsdogmatische Charakteristika der Handlung des Verleiteten
  • aa) Aktive bewusste Tätigkeit
  • bb) Kein verleitungstatbestandlich vorausgesetzter Erfolg der Handlungsvornahme
  • cc) Eigenhändigkeit der Handlungsvornahme
  • dd) Ergebnis zu den strafrechtsdogmatischen Charakteristika der Handlung des Verleiteten
  • d) Beziehung der Handlung des Verleiteten zu einem das jeweilige Schutzgut gefährdenden Objekt
  • e) Ergebnis zur Handlung des Verleiteten
  • 3) Verleitungsobjekt / Der Verleitete
  • a) Tatbestandliche Konkretisierung der Person des Verleiteten
  • aa) Befund zur tatbestandlichen Charakterisierung des Verleiteten
  • bb) Vergleich und Ermittlung von Typizität
  • (1) Eigenschaftsbestimmung
  • (2) Rechtliche Rollenzuweisung
  • (3) Rollenbezogene Verleitungskonstellationen der §§ 120 Abs. 1, 160 Abs. 1, 323b, 357 Abs. 1 StGB, 84 Abs. 1 AsylG
  • (4) Die Person des Verleiteten in den umgangsbezogenen Verleitungskonstellationen
  • (5) Exkurs: Überschneidungen zwischen rollen- und umgangsbezogenen Verleitungskonstellationen
  • cc) Bewusstheit des Verleiteten im Hinblick auf die Schutzgutgefährlichkeit seines Verhaltens
  • dd) Materielle Begründung eines Verantwortlichkeitsdefizits des Verleiteten
  • (1) § 120 Abs. 1 StGB
  • (2) § 323b StGB
  • (3) § 84 Abs. 1 AsylG
  • (4) § 357 Abs. 1 StGB
  • (5) § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 10 BtMG
  • (6) Ergebnis zur materiellen Begründung des Verantwortlichkeitsdefizits
  • ee) Unterlegenheit in der materiellen Verantwortlichkeit gegenüber dem Verleitenden
  • ff) Verlockungswirkung als typisches Phänomen der Verleitungskonstellationen
  • b) Ergebnis zum Strukturmerkmal des Verleiteten
  • 4) Verleitungstypisches Kontextmuster
  • III. Vergleich der Verleitungskonstellationen mit ähnlichen Tatkonstellationen des geltenden deutschen Strafrechts
  • 1) § 174 Abs. 3 Nr. 2 StGB: zur Vornahme sexueller Handlungen bestimmen
  • 2) § 180a Abs. 2 Nr. 2 StGB: zur Prostitution anhalten
  • 3) § 232 Abs. 1 S. 1 StGB: zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution bringen
  • 4) § 234a Abs. 1 StGB: veranlassen, sich in ein Gebiet außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des StGB zu begeben
  • 5) § 237 Abs. 1 S. 1 StGB: zur Eingehung der Ehe nötigen
  • 6) § 19 Abs. 1 UWG: zu bestimmen versuchen, eine Straftat nach §§ 17, 18 UWG zu begehen
  • 7) § 33 S. 1 WStG: zur rechtswidrigen Tat bestimmen
  • 8) Ergebnis des Vergleichs mit artverwandten Tatkonstellationen
  • IV. Ergebnis zur Ermittlung charakteristischer Wesensmerkmale der Verleitungskonstellationen
  • § 3 Schlussfolgerungen aus der Untersuchung der Verleitungskontexte
  • I. Einheitliche Auslegung der Tathandlung des Verleitens
  • II. Dogmatisches Wesen des Verleitens
  • § 4 Der Inhalt der Tathandlung des Verleitens
  • I. Der einheitliche Inhalt der Tathandlung des Verleitens
  • II. Dogmatische Einwände gegen die hier vertretene Auslegung
  • 1) Grammatische Einwände
  • a) Allgemeine Wortbedeutung
  • aa) der Begriffsbestandteil „leiten“
  • bb) Vorsilbe ver-
  • cc) „Verleiten“ in Abgrenzung zu „Verführen“
  • b) Zwischenergebnis zum Überschreiten der Wortlautgrenze
  • c) Zweckmäßigkeit der Wortwahl
  • d) Redmanns pragmatischer Ansatz
  • e) Ergebnis zu den grammatischen Einwänden
  • 2) Historische Einwände
  • a) Verleiten als Anstiftungshandlung in § 34 des preußischen StGB
  • b) Gesetzgeberische Intention der Verleitungstatbestände
  • c) Ergebnis zu den historischen Einwänden
  • 3) Systematische Einwände
  • a) Vergleich mit weiteren Tathandlungen im tatbestandlichen Zusammenhang der Verleitungsdelikte
  • b) Konkurrenz zu den allgemeinen Beteiligungstatbeständen
  • c) Vereinfachung der Lösung der Irrtumsproblematik
  • d) Systembruch zum allgemeinen Beteiligungssystem
  • e) § 357 Abs. 1 StGB und § 33 S. 1 WStG
  • f) Ergebnis zu den systematischen Einwänden
  • 4) Teleologische Einwände
  • 5) Ergebnis zu den dogmatischen Einwänden
  • § 5 An die einheitliche Auslegung des Verleitens anknüpfende dogmatische Fragen
  • I. Bestimmung eines einheitlichen Vollendungszeitpunkts des Verleitens
  • II. Anwendung der allgemeinen Versuchsregelungen auf die exklusiven Verleitungskonstellationen
  • 1) Grundsätzliche Auswirkungen einer auf Anstiftungssachverhalte eingeschränkten Auslegung des Verleitens
  • 2) Tatentschluss und unmittelbares Ansetzen gem. § 22 StGB
  • 3) Strafbefreiender Rücktritt vom Versuch
  • a) § 24 Abs. 1 StGB
  • b) § 24 Abs. 2 StGB
  • c) § 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB
  • d) Ergebnis zum strafbefreienden Rücktritt
  • 4) Ergebnis zur Anwendung der allgemeinen Versuchsregelungen
  • III. Strafbare Beteiligung am Verleiten
  • 1) Kettenverleitung
  • 2) Notwendige Teilnahme
  • 3) Anstiftung zur Verleitungstat durch den Verleiteten selbst
  • 4) Anwendbarkeit von § 28 StGB
  • 5) Ergebnis zur Anwendung der allgemeinen Beteiligungsregelungen
  • IV. Verleiten durch Unterlassen, § 13 StGB
  • V. Ergebnis der dogmatischen Überprüfung einer selbständigen Auslegung des Verleitens
  • § 6 Zusammenfassung der Ergebnisse
  • Literaturverzeichnis

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Abkürzungsverzeichnis

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Einleitung

Das deutsche Strafrecht dient dem Rechtsgüterschutz.1 In den geltenden Straftatbeständen wird ein Verhalten sanktioniert, dessen rechtsgutsbeeinträchtigende Wirkung – Verletzung oder Gefährdung – die Rechtsordnung nicht hinzunehmen bereit ist.

Wie die Vorschriften der §§ 8, 9, 11 Abs. 2, 13–17, 20f. StGB zeigen, ist das Handeln einer Person der Anknüpfungspunkt für die Unrechtsverwirklichung und den Schuldvorwurf im deutschen Strafrecht. Demgemäß enthalten auch die Straftatbestände die Beschreibung einer bestimmten Handlung (Tun oder Unterlassen, s. § 13 Abs. 1 StGB) als unverzichtbares strukturelles Merkmal: die sog. Tathandlung.

In 15 geltenden deutschen Straftatbeständen ist die Tathandlung (teilweise neben weiteren Tathandlungen) mit dem Wort „verleiten“ beschrieben, nämlich in den §§ 120 Abs. 1, 160 Abs. 1, 323b, 328 Abs. 2 Nr. 4, 357 Abs. 1 StGB, § 84 Abs. 1 AsylG2, § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 10 BtMG, § 49 BörsG, § 38 Abs. 1 Nr. 2 (iVm § 39 Abs. 2 Nr. 4 WpHG), § 38 Abs. 2a Nr. 2 b) WpHG, § 95a Abs. 2 Nr. 2 b) des Energiewirtschaftsgesetzes3 (EnWG), §§ 19 Abs. 1 Nr. 1 a), 20 Abs. 1 Nr. 1 a), 20a Abs. 1 Nr. 2 des Kriegswaffenkontrollgesetzes4 (KWKG) sowie § 17 Abs. 1 Nr. 2 des Ausführungsgesetzes zum Chemiewaffenübereinkommen5 (CWÜAG).

Art. 103 Abs. 2 GG enthält den strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz, wonach neben der Strafandrohungsbestimmtheit insbesondere die Tatbestandsbestimmtheit bezweckt, dass der Normadressat vorhersehen kann, welches konkrete Verhalten strafbar ist.6 Dabei ist der Wortlaut maßgebend; die Erfassung eines vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Verhaltens ist aber auch nicht zwingend zweckuntauglich und mit dem Grundgesetz unvereinbar.7 ← 17 | 18 →

Im Hinblick auf die hier untersuchungsgegenständlichen Verleitungstatbestände muss demgemäß das Tatbestandsmerkmal des Verleitens für sich genommen einen bestimmten, den Vertrauensschutz des Normadressaten sichernden dogmatischen Gehalt aufweisen. Dies gilt umso mehr, als das Verb „verleiten“ zur Beschreibung einer straftatbestandlichen Handlung verwendet wird, also unmittelbar ein bestimmtes Verhalten des Normadressaten zum Inhalt hat.

Im Zusammenspiel mit weiteren allgemeinen Auslegungsprinzipien, nämlich dem rechtsethischen Gebot8 der Widerspruchsfreiheit der Auslegung sowie dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung9 sollte die Tatbestandsbestimmtheit zudem zur Folge haben, dass der in den verschiedenen Verleitungstatbeständen einheitlich formulierten Tathandlung auch ein einheitliches Auslegungsergebnis zugeordnet wird.

Details

Seiten
168
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631724224
ISBN (ePUB)
9783631724231
ISBN (MOBI)
9783631724248
ISBN (Paperback)
9783631724132
DOI
10.3726/b11194
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (Mai)
Schlagworte
Strafrechtsdogmatik Beteiligung Mittelbare Täterschaft Anstiftung Veranlassung Urheberschaft
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. 168 S., 1 s/w Abb.

Biographische Angaben

Kristian Ohde (Autor:in)

Kristian Ohde studierte Rechtswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin und wurde an der Universität Potsdam promoviert. Dort ist er am Lehrstuhl für Strafrecht als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig.

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