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Biographische Identitätsarbeit beim Übergang vom Beruf in die Hochschule

Eine explorative Studie zur Bestimmung von Motiven, Realisationen und Identitätskonstruktionen von Studierenden mit beruflicher Qualifikation

von Anne Vanessa Schreiber (Autor:in)
©2017 Dissertation XIV, 308 Seiten

Zusammenfassung

Die Autorin diskutiert die Begriffe Sozialisation, Biographie und Identität und entwickelt ein Modell mit Bezug zu den Fachdisziplinen Berufspädagogik, Pädagogik, Soziologie, Psychologie. Sie untersucht dieses Modell in einer qualitativen Studie mit beruflich qualifizierten Studierenden in der Forschungspraxis, um unterschiedliche Konzepte biographischer Identitätsarbeit sowie Motivkonstellationen und Realisationen in Bezug auf das Studium beruflich Qualifizierter zu ermitteln. Das Buch behandelt die Darstellung biographischer Identitätsarbeit von Studierenden mit beruflicher Qualifikation aus subjektiver und bildungspolitischer Perspektive vor dem Hintergrund, ein Beschreibungs- beziehungsweise Erklärungswissen über diese Studierendengruppe zu erlangen.

Inhaltsverzeichnis

  • Cover
  • Titel
  • Copyright
  • Autorenangaben
  • Über das Buch
  • Zitierfähigkeit des eBooks
  • Danksagung
  • Vorwort
  • Inhaltsverzeichnis
  • Abbildungsverzeichnis
  • 1. Einführung
  • 1.1 Problemstrukturelle Verankerung des Themas
  • 1.1.1 Veränderungen auf gesellschaftlicher Ebene
  • 1.1.2 Veränderungen auf wirtschaftlicher Ebene
  • 1.1.3 Veränderungen auf bildungspolitischer Ebene
  • 1.1.4 Veränderungen auf individueller Ebene
  • 1.2 Einordnung aktueller Forschungsansätze und -befunde
  • 1.3 Erkenntnisinteresse, Forschungsfragen und Aufbau der Arbeit
  • 2. Theoretische Ansätze biographischer Identitätsarbeit
  • 2.1 Untersuchungsspezifische Betrachtung des Sozialisationsprozesses
  • 2.1.1 Der Sozialisationsbegriff
  • 2.1.2 Instanzen der Sozialisation
  • 2.1.3 Übergänge, Statuspassagen und soziale Räume
  • 2.1.4 Motivation und Übergangshandeln bei Sozialraumwechseln
  • 2.2 Biographie als Element der Identitätsentwicklung
  • 2.2.1 Lebenslauf und Biographie – Begriffsbestimmungen
  • 2.2.2 Normal-, Berufs- und Bildungsbiographie
  • 2.2.3 Konzepte biographischen Handelns
  • 2.2.4 Biographisierung und Biographizität
  • 2.2.5 (Berufs)Biographische Gestaltungskompetenz
  • 2.2.6 Bilanzierungen, Aspirationen und Realisationen entlang der Biographie
  • 2.2.7 Typen der Biographiegestaltung
  • 2.3 Identitätsentwicklung und Identitätsarbeit
  • 2.3.1 Der Identitätsbegriff
  • 2.3.2 Gegenwärtige Ansätze zu Identität und Identitätsentwicklung
  • 2.3.3 Identitätsarbeit als Grundlage der Biographiegestaltung
  • 2.3.4 Ein Modell alltäglicher Identitätsarbeit
  • 2.3.5 Identität als zweidimensionales Konstrukt
  • 2.3.6 Untersuchungsansätze zu Identitätsarbeit
  • 2.4 Zwischenfazit: Sozialisation, Biographie und Identität als Grundlage für biographische Identitätsarbeit
  • 2.4.1 Sozialisationsbegründete Zugänge zu biographischer Identitätsarbeit
  • 2.4.2 Biographisierung als Element der Identitätsarbeit
  • 2.4.3 Identitätsarbeit als Grundlage der biographischen Gestaltung
  • 3. Empirische Untersuchung zu biographischer Identitätsarbeit
  • 3.1 Auswahl der Erhebungsform und Entwicklung des Erhebungsinstruments
  • 3.2 Konzeption und Durchführung der Erhebung
  • 3.3 Auswertung der Erhebung
  • 3.4 Darstellung der Ergebnisse
  • 3.4.1 Kriteriengeleitete Einzelfallanalyse
  • 3.4.1.1 Soziodemographische und bildungsbiographische Zusammensetzung der Zielgruppe
  • 3.4.1.2 Einzelfallzusammenfassungen
  • 3.4.1.3 Motive zur Aufnahme des Studiums
  • 3.4.1.4 Übergang vom Beruf in die Hochschule
  • 3.4.1.5 Erfahrungen im Studium
  • 3.4.1.6 Vor- und Nachteile im Studium durch den Beruf
  • 3.4.1.7 Identitätsarbeit
  • 3.4.1.8 Resümee der Studienzeit
  • 3.4.2 Vergleich der Ergebnisse mit unterschiedlichen Analyserahmen und Typologien
  • 3.4.2.1 Berufsbiographische Gestaltungsmodi als Analyserahmen
  • 3.4.2.2 Biographietypologien als Analyserahmen
  • 3.4.3 Diskussion und Interpretation zweier Konzepte biographischer Identitätsarbeit
  • 3.4.3.1 Identitätskonzept als Mix aus beruflicher und akademischer Identität
  • 3.4.3.2 Identitätskonzept Akademiker
  • 4. Biographische Identitätsarbeit beim Übergang vom Beruf in die Hochschule
  • 4.1 Beantwortung der Forschungsfragen vor dem Hintergrund der theoretischen und empirischen Befunde
  • 4.2 Schlussbilanz und Ausblick
  • Literatur
  • Anhang
  • Interviewleitfaden zur qualitativen Befragung Studierender mit beruflicher Qualifikation
  • Transkriptionen und Codierung der Interviews
  • Reihenübersicht

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Abbildungsverzeichnis

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1.  Einführung

Die Aufnahme eines Studiums nach einer beruflichen Qualifikation bedingt verschiedenste Veränderungen im Leben einer Person. Inhaltlich eröffnet sich ein neuer Erfahrungsraum und der Alltag erfährt organisatorisch und nicht zuletzt auch finanziell eine Umstellung. Neben der Einmündung in einen neuen und unbekannten Bildungsbereich erleben beruflich qualifizierte Personen auch persönlichkeitsbezogene, kulturelle und soziale Veränderungen.

Vor dem Hintergrund der Trennung des deutschen Bildungssystems in die beiden Säulen der Berufsbildung und der Allgemeinen Bildung, die zwar entstehungsgeschichtlich begründet, aber auch heute noch bildungsbiographisch relativ unflexibel gestaltet ist, besteht für beruflich qualifizierte Personen ein Spannungsfeld, in dem Bildungsentscheidungen beim Übergang vom Beruf in die Hochschule nicht immer reibungslos ablaufen. Effekte dieser Herausforderungen sind hinsichtlich der individuellen Entwicklung einer Person erkennbar, denn bildungs- und berufsbiographische Erfahrungen und Umorientierungen haben stets Auswirkungen auf den Bereich der Persönlichkeits- und Identitätsbildung.

Gerade die Entscheidung, ein Hochschulstudium aufzunehmen, welches nach Aussagen verschiedener Bildungsexperten den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, ist auch heute noch, je nach Herkunftsmilieu oder Schulabschluss, nicht selbstverständlich. Trotz verschiedenster bildungspolitischer Neuerungen münden nach wie vor hauptsächlich Abiturienten1 in ein Hochschulstudium ein und Personen mit ausschließlich beruflichen Bildungsabschlüssen stehen vor formalen Barrieren im Bereich des Hochschulzugangs aber auch vor sozialen Schließungsmechanismen. „An dem immer wieder bestätigten Befund, dass das soziale Milieu maßgeblich für frühe Bildungsentscheidungen verantwortlich ist und erste Bildungs- und Berufsabschlüsse entscheidend den Korridor für den individuellen Werdegang festlegen, hat sich nichts verändert, im Gegenteil scheint sich neuerdings durch eine Verschärfung von Selektionsprozessen im Bildungssystem wieder eine soziale Polarisierung durch Bildung abzuzeichnen, die nachhaltig auf die Entwicklungsmöglichkeiten sozialer Chancen wirkt. ← 1 | 2 → Erwerbsbiographische Chancen werden zu einem erheblichen Teil von dem jeweils erreichten Bildungs- und Qualifikationsniveau festgelegt.“ (Hendrich 2005, 19)

Aber nicht nur Personen, die sich aus ihrem Herkunftsmilieu lösen, prekäre Arbeitssituationen vermeiden oder sich angesichts arbeitsmarktpolitischer Veränderungen fachlich weiterqualifizieren müssen, wählen den Weg aus dem Beruf in die Hochschule. Auch der selbstbestimmte Wunsch, die eigene Bildungsbiographie auszubauen, sich weiterzubilden, sich selbst zu verwirklichen, die Persönlichkeit weiterzuentwickeln und identitätsstiftende Momente durch eine akademische Weiterbildung zu erleben, veranlasst in der heutigen Zeit nicht wenige Menschen dazu, nach einer beruflichen Qualifikation ein Studium aufzunehmen.

Eine Einflussnahme dieses Übergangs auf die Identitätsentwicklung ist nicht von der Hand zu weisen. Grundlegend für die aktive und erfahrungsbasierte Gestaltung der eigenen Biographie ist in diesem Zusammenhang eine Identitätsarbeit, die es ermöglicht, sich fortwährend und selbstreflexiv mit der Umwelt auseinanderzusetzen und so andauernd eine Strukturierung von neuen Erfahrungsinhalten sowie Bildungsintentionen und -realisationen vorzunehmen. Die biographische Identitätsarbeit, die sich in diesen Handlungsspielräumen vollzieht, ist entscheidend, um diese Übergangsphasen zu bewältigen. Deshalb ist die Fragestellung von Bedeutung, wie sich die biographische Identitätsarbeit von Studierenden mit beruflicher Qualifikation darstellt, wie beruflich Qualifizierte dadurch die beiden Sozialräume und Erfahrungsbereiche Beruf und Hochschule miteinander verknüpfen können und welche Erkenntnisse sich hinsichtlich ihres Identitätsempfindens als Berufstätige oder Akademiker ableiten lassen.

Gleichzeitig hat auch das Identitätsempfinden einer Person Einfluss auf die Ausgestaltung ihrer Biographie, ob im Beruf oder an der Hochschule. Aus berufspädagogischer Perspektive muss in dieser Einordnung auf einen entsprechenden Ansatz abgezielt werden, der einerseits dem Phänomen des Wechsels vom Beruf in die Hochschule Rechnung trägt und andererseits den Individuen eine aktive Beeinflussung ihrer Bildungs- und Erwerbsbiographie sowie die Bewältigung neuer Statuspassagen in einer identitätsförderlichen Weise ermöglicht (vgl. ebd., 21). Da sich persönliche Bildungserfahrungen sowie berufliche oder akademische Gestaltungsspielräume als identitätsstiftend und -bestimmend herauskristallisieren, bieten Phasen des Umbruchs und der Neuorientierung stets neue Erfahrungs- und Handlungsspielräume. Von großem Interesse sind in diesem Bereich folgerichtig die Entscheidungen, die zur Aufnahme des Studiums nach ← 2 | 3 → einer beruflichen Qualifikation geführt haben sowie die Auswirkungen dieses Schritts auf das Identitätsempfinden einer Person.

Die vorliegende Forschungsarbeit widmet sich dementsprechend der Analyse der Veränderungen im Identitätsempfinden einer Person nach der Entscheidung, aus dem Beruf heraus ein Studium aufzunehmen und eine Umorientierung in der Bildungsbiographie vorzunehmen. Neben den entsprechenden Zusammenhängen aus sozialisatorischer, biographietheoretischer und identitätsbezogener Perspektive müssen die aus dem Wechsel vom Beruf in die Hochschule resultierenden Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung und die Identitätsarbeit zur Klärung des Themenkomplexes umfassend beleuchtet werden.

1.1  Problemstrukturelle Verankerung des Themas

Durch verschiedene gesellschaftliche Prozesse der vergangenen Jahrzehnte wurden Debatten angeregt, die sich mit Themen wie Modernisierung, Individualisierung und lebenslangem Lernen befassen. Die Auflösung von bekannten Mustern, beispielsweise die Normalbiographie in der berufspädagogischen und arbeitsmarktpolitischen Einordnung, bedingen Veränderungen und Neuorientierungen von gewohnten Verläufen und (Berufs-)Biographien. Die strukturelle Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt spielt den Prozessen der Individualisierung großes Gewicht zu. Thesen wie die des Arbeitskraftunternehmers (vgl. Voß/Pongratz 1998) werden vermehrt aufgegriffen, wenn es darum geht, auszuloten, wie Menschen in einer veränderten Gesellschaft ihre Biographie gestalten. Von welchen sozialisatorischen bzw. gesellschaftlichen Instanzen die Biographiegestaltung abhängig ist, von welchen kulturellen und historischen Bedingungen sie beeinflusst wird, welche schichtspezifischen Zuweisungen ausschlaggebend sind, welche Freiheitsgrade dabei bestehen oder welche interpretativen Leistungen vom Individuum vorgenommen werden müssen, steht in diesem Zusammenhang stets zur Diskussion.

Details

Seiten
XIV, 308
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783631722060
ISBN (ePUB)
9783631722077
ISBN (MOBI)
9783631722084
ISBN (Hardcover)
9783631721988
DOI
10.3726/b11090
Sprache
Deutsch
Erscheinungsdatum
2017 (April)
Schlagworte
Biographieforschung Durchlässigkeit des Bildungssystems Bildungswege zur Hochschule Ansätze zu Identität und Identitätsentwicklung Übergänge und Statuspassagen Hochschuldidaktik und -sozialisation
Erschienen
Frankfurt am Main, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Warszawa, Wien, 2017. XIV, 308 S., 30 s/w Abb.

Biographische Angaben

Anne Vanessa Schreiber (Autor:in)

Anne Vanessa Schreiber studierte Pädagogik mit Schwerpunkt Berufspädagogik. Sie wurde am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) promoviert und ist als Akademische Mitarbeiterin am Institut für Berufspädagogik und Allgemeine Pädagogik tätig.

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